John Sinclair 1242 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1242 E-Book

Jason Dark

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!

Geheimbund Omega (1. Teil).

Lady Sarah Goldwyn, auch Horror-Oma genannt, konnte es einfach nicht lassen. Auch wenn jemand nur schlichte Auskünfte haben wollte, wie es bei Suko und mir der Fall gewesen war, hängte sie sich rein. Uns ging es um einen Geheimbund OMEGA, der alten Menschen half, ihre Leidenszeit zu verkürzen und dafür sorgte, dass ein Mord aussah wie ein Selbstmord.

Genau das hatte Lady Sarah auch herausgefunden. Nur war es für sie zu spät, denn da lag bereits die Schlinge des Henkers um ihren Hals ...

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2015

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumGeheimbund Omega (1. Teil)Vorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Geheimbund Omega (1. Teil)

Lady Sarah Goldwyn, auch Horror-Oma genannt, konnte es einfach nicht lassen. Auch wenn jemand nur schlichte Auskünfte haben wollte, wie es bei Suko und mir der Fall gewesen war, hängte sie sich rein. Uns ging es um einen Geheimbund OMEGA, der alten Menschen half, ihre Leidenszeit zu verkürzen und dafür sorgte, dass ein Mord aussah wie ein Selbstmord.

Genau das hatte Lady Sarah auch herausgefunden. Nur war es für sie zu spät, denn da lag bereits die Schlinge des Henkers um ihren Hals …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-3976-2

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Geheimbund Omega (1. Teil)

Niemand sah die Angst in den Augen des alten Mannes. Steif wie der berühmte Ladestock stand er an der Kante des Bahnsteigs, den Blick nach vorn auf die gegenüberliegende Seite gerichtet.

Von links näherte sich die Bahn!

Zugleich schob sich eine unauffällige Person hinter den Rücken des Wartenden. Die Menschen waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf ihre Nachbarn zu achten.

Die Person, die den alten Mann auf die Gleise stieß, fiel niemandem auf.

Dann gellten entsetzte Schreie durch die Station …

Der alte Mann schrie nicht. Fliegen! Ich kann fliegen! So jubelte es in ihm. Ich fliege dem Tod entgegen. Ich werde erlöst werden. Ich fliege hinein.

Es war sein letzter Gedanke. Die Schnauze der eisernen Schlange erwischte den Körper noch im Flug. Obwohl der Zug inzwischen langsamer fuhr, hatte der alte Mann keine Chance. Er wurde nicht zur Seite gedrückt, sondern nach vorn geschoben und weggeschleudert wie etwas, das man nicht mehr brauchte.

Erst dann landete er auf den Schienen.

Zu spät kam der Zug zum Stehen. Da war der alte Mann bereits verschwunden. Er lebte nicht mehr, und sein Körper sah auch nicht mehr so aus wie vor einer Minute.

Der Unauffällige aber war längst verschwunden …

*

Vorweihnachtszeit – Stresszeit!

Es ging wieder los. Die Menschen ließen es sich einfach nicht nehmen, sich wieder das Gleiche anzutun wie jedes Jahr. Da strömten sie in die City oder in die mit Geschäften gefüllten Stadtteile und überfüllten die Stadt.

Es war besser, wenn man seinen Wagen stehen ließ und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fuhr. Daran hatten auch wir uns gehalten. Zusammen mit Suko hatte ich mich an diesem Morgen in die U-Bahn gequetscht, die natürlich überfüllt war, sodass wir uns vorkamen wie Fische in der Dose. Hinzu kamen die Gerüche. Wer durch den Regen gelaufen war, dessen Klamoten hatten die Feuchtigkeit aufgesaugt und schienen entsprechend zu dampfen. Ich wusste nicht, wie viele Menschen, die sich um uns herum befanden, an diesem Morgen geduscht hatten, aber viele konnten es nicht sein, denn was sie ausstrahlten war nicht eben für empfindliche Nasen gedacht.

Es gab allerdings auch das Gegenteil.

Parfüm der verschiedenen Marken. Düfte trafen auf Gestank und diese Mischung war einfach noch schlimmer. Beim Einsteigen hatten Suko und ich uns kurz angeschaut, um schließlich ergeben die Achseln zu zucken, denn ändern konnten wir es nicht.

Vorweihnachtsstress und Fülle eben. Das schlechte Wetter tat sein Übriges und es hielten sich zudem noch Besucher in der Stadt auf. Sogar einen deutschen Weihnachtsmarkt gab es in London. Wahrscheinlich wollte man damit erreichen, dass nicht zu viele Insulaner rüber aufs Festland fuhren. Das Geld sollte besser im Land bleiben.

Ich hatte mit beidem nicht viel zu tun, was übrigens auch für Suko galt. Wenn Weihnachtsgeschenke gekauft wurden, waren bei uns die Frauen dafür zuständig, wir hielten uns da schön zurück.

Trotzdem war ich auf irgendeine Art und Weise froh, wieder in London zu sein. Die letzten Fälle hatten mich ins Ausland geführt, und sogar auf der Insel Sylt war ich gewesen, wo ich den Mördermönch von Keitum gejagt hatte.

Jetzt lief wieder alles normal. Ins Büro fahren, die bekannten Gesichter sehen, Glendas Kaffee trinken, auch mit unserem Chef, Sir James, plaudern und sich um die Schreibtischarbeit kümmern.

Eigentlich mochte ich das nicht, aber ich war so lange unterwegs gewesen, dass ein solcher Tag mal gut tat. Es würde mir auch nichts ausmachen, einen zweiten anzuhängen.

Suko dachte, ähnlich. Außerdem konnte man das Wetter vergessen. Dauerregen nannte man so etwas, auch wenn die Nässe nur als Sprüh vom Himmel sickerte.

Suko und ich hatten zwar einen einigermaßen günstigen Platz gefunden, aber der hatte sich später immer mehr verengt durch die zugestiegenen Fahrgäste, und so kamen wir uns ebenfalls wie zerdrückt vor. Aber da musste man durch. Alles andere wäre auch unnormal gewesen.

Ich hatte nur ein kleines Frühstück zu mir genommen. Etwas Rührei und Brot. Am Mittag wollten wir mal wieder beim Italiener um die Ecke essen, und wir hatten Glenda versprochen, sie einzuladen. Ansonsten würde der Morgen locker vergehen.

In meiner Nähe stand ein junges Mädchen. Es trug einen viel zu engen brombeerfarbenen Mantel um den mageren Körper gedreht. Die Haare hatte die Kleine grün gefärbt und sich zudem noch sehr düster geschminkt. Das Mädchen schaute mit leerem Blick ins Nichts, als wäre es in eine tiefe Depression verfallen. Hin und wieder erschien die Zungenspitze aus dem Lippenspalt und bewegte sich um den Mund herum. Dann war die gepiercte Zungenspitze zu sehen. Trotz der Schminke wirkte die Haut sehr blass oder vielleicht wegen ihr und ich konnte mir vorstellen, dass die Kleine auch Stoff nahm.

Männer lasen Zeitung. Frauen redeten mit leisen Stimmen. Junge Typen in Business-Anzügen umklammerten ihre Aktentaschen und Koffer wie wertvolle Goldstücke und waren mit ihren Gedanken längst bei der Arbeit. Es ist eben immer wieder interesant, Beobachtungen in der U-Bahn zu machen. Nur gefiel mir nicht, wenn die Wagen einfach zu voll waren und man kaum Luft zum Atmen bekam.

Es gab auch welche, die sich nur auf die Musik konzentrierten, die aus ihren Walkmen drang.

Ansonsten war es relativ still, was Suko und mir entgegenkam. Auch wir wurden durchgeschüttelt, denn die Wagen rollten nie ruhig über die Schienen hinweg, aber der Spaß würde bald vorbei sein, denn an der nächsten Station mussten wir raus.

Ich freute mich schon auf die bessere Luft, schaute nach vorn durch eine Lücke zwischen den Fahrgästen und stellte fest, dass es bereits heller geworden war. Die Wagenschlange war also dabei, in die Station einzulaufen.

Wir fuhren jetzt auch langsamer. Der Zug wurde bereits abgebremst – und in eine Vollbremsung hineingerissen.

Damit hatte natürlich keiner von uns gerechnet. Es entstand zwar kein Chaos, aber plötzlich gerieten alle Fahrgäste in Bewegung. Jeder hatte normal gestanden und sich natürlich nicht auf das schnelle Bremsen eingestellt. Es gab keinen Menschen, der nicht nach vorn kipppte und seinen Nachbarn anstieß. Der Trouble war plötzlich da. Es sah komisch aus, wie sich die Menschen in Bewegung befanden und wie Puppen reagierten. Ich gehörte nicht zu den Glücklichen, die sich an einer Schlaufe festgehalten hatten, im Gegensatz zu Suko.

Ich wurde nach vorn geschleudert. Plötzlich sah ich das schmächtige Mädchen dicht vor mir. Beide fielen wir übereinander, wurden nach rechts gedreht, und die Kleine klammerte sich an mich wie der Schiffsbrüchige an ein Brett, das ihm auf den Wellen entgegenschwimmt.

Ruckartig bremste der Zug weiter. Das war alles nicht normal. So fuhr man nicht in die Station ein. Es musste etwas passiert sein. Einige Fahrgäste waren entsetzt und schrien auf. Andere lagen am Boden. Ich hatte Glück gehabt. Zusammen mit dem Mädchen war ich gegen eine der noch geschlossenen Türen geprallt und dort hatten wir uns so eben noch halten können.

Ich sah die Angst im Gesicht der Kleinen und lächelte sie an. »Keine Sorge, das packen wir.«

Sie sagte nichts. Es war auch überflüssig, einen Kommentar abzugeben, denn endlich kam die lange Schlange zum Stehen. Es hatte nach dem ersten Bremsvorgang wirklich nur wenige Sekunden gedauert, aber in dieser Zeitspanne hatte sich schon einiges verändert. Da stand niemand mehr so, wie er gestanden hatte. Als der Zug zur Ruhe gekommen war, herrschte ein ungewöhnlich tiefes und sekundenlanges Schweigen. Es gab wohl nicht wenige hier, die an die Vorgänge in New York dachten, denn die Menschen waren noch immer sensibilisiert, und erst als sich die Türen mit den bekannten Zischgeräuschen öffneten, verschwand die Angst, eingeschlossen zu sein. Jetzt gab es nur noch den Gedanken der Flucht. Da wollte jeder so schnell wie möglich den Wagen verlassen.

»Danke«, flüsterte die Kleine, bevor sie sich von mir löste und zum Ausgang drängte.

Nicht nur die Fahrgäste in unserem Wagen hatten das Theater erlebt, alle anderen ebenfalls, die sich weiter vorn oder hinten befanden. Und von der Station her hörte ich ebenfalls laute Rufe oder sogar Schreie. Da musste irgendetwas Schlimmes passiert sein.

Plötzlich war Suko wieder bei mir. »Hast du was abbekommen?«

»Nein, alles noch dran.«

»Super. Aber das war keine normale Bremsung. Ich glaube auch nicht, dass dort jemand das Fahren geübt hat.«

»Stimmt.«

Ich schaute mich um. Ein erster Blick auf den Bahnsteig war mir vergönnt und dort ging es rund. Eine Menschentraube hatte sich an einer bestimmten Stelle gebildet. Ich hörte eine Lautsprecherstimme, verstand aber nicht, was sie sagte und sorgte jetzt dafür, dass ich ebenfalls aus dem Wagen geschwemmt wurde.

Man trat mir auf die Füße. Man schubste mich. Ich sah Menschen weglaufen und andere ankommen. Auch Männer in Uniformen waren da. Mitglieder einer privaten Schutztruppe, die die Stationen mit Argusaugen überwachten.

Schließlich waren wir draußen und konnten nachschauen, was an dieser Station abgelaufen war.

Es war vor dem Zug geschehen, denn dort versuchten drei Männer, Neugierige wegzudrücken. Suko und ich liefen nach vorn, bis wir die Zugmaschine erreichten. Erst dort blieben wir stehen, und wir sahen einen leichenblassen Fahrer in der offenen Tür stehen, der völlig fassungslos war. Der Mann mit dem glatten Bart starrte ins Leere. Seine Lippen bewegten sich, aber er sagte nichts.

Mich fasste eine große Hand an der Schulter. Dann wurde ich herumgezerrt und schaute in das verschwitzte Gesicht eines jungen Mannes in Uniform.

»Gehen Sie hier weg! Hier ist nichts zu sehen!«

»Was ist denn passiert?«

»Verschwinden Sie!«

Als Antwort zog ich meinen Ausweis. »Scotland Yard, Meister. Und ich werde nicht verschwinden.«

»Ja, schon gut.«

Er ging und ließ uns in Ruhe.

»Da ist was mit dem Fahrer, John.«

Suko hatte Recht. Der Mann hatte alles gesehen und erlebt. Er sah aus wie jemand, der sich schuldig fühlte, und ich musste ihn schon laut ansprechen, bevor er überhaupt reagierte.

»Was ist denn los gewesen?«

Der Mann mit dem Bart ballte seine Hände zu Fäusten. Dann sagte er: »Der alte Mann war plötzlich da. Vor mir. Ich konnte nicht mehr bremsen. Ich habe ihn erwischt.«

»Er stürzte auf die Schienen?« Ich wollte es genau wissen.

»Ja. Dann erfasste ihn der Wagen. Er kann nicht mehr leben. Er liegt darunter.«

Suko stellte die nächste Frage. »Haben Sie gesehen, ob er freiwillig in den Tod gesprungen ist?«

»Weiß ich nicht.«

Wir hätten es uns denken können, dass dies der Grund für die starke Bremsung gewesen war. Mit derartigen Ereignissen muss man eben immer rechnen. Es gab genügend Menschen, die auf diese Art und Weise aus dem Leben schieden.

Wir traten zurück und hätten eigentlich gehen können, aber Suko traf keine Anstalten, und ich blieb ebenfalls stehen. Nicht weil uns das Durcheinander auf dem Bahnstieg so gefiel, sondern weil wir etwas gehört hatten.

Nicht weit von uns entfernt unterhielten sich ein Mann und eine Frau. Beide sprachen so laut, dass wir sie verstehen konnten, obwohl der Lärmpegel nicht eben niedrig war.

»Das war der perfekte Selbstmord. Eigentlich ein schöner Tod. Man muss nur einen Punkt überwinden, und dann hat man Ruhe.«

»Das stimmt nicht!«, rief die Frau.

»Wieso? Ich habe es doch gesehen!«

»Ja, schon. Er ist auch gefallen, aber nicht freiwillig. Da ist jemand gewesen, der ihn gestoßen hat.«

»Das sagen Sie!«

»Ich habe es genau gesehen, verdammt!«

Unsere Kollegen trafen ein. Es waren die Männer in den Uniformen, die das Gebiet zunächst mal absperren würden, um sich dann um die Zeugen zu kümmern.

Wir aber hatten etwas gehört. Ich kannte Sukos schrägen Blick und wusste, was er damit meinte. Seine Frage folgte auch prompt. »Gestoßen, John? Du hast es doch auch gehört?«

»Und ob.«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich finde, wir sollten uns darum mal etwas intensiver kümmern.«

»Okay.«

Es war zwar nicht unbedingt unser Job, aber die berufliche Neugierde setzte sich schon durch. Die Frau, die so bestimmt ihre Überzeugung vertreten hatte, war etwas zurückgewichen und stand jetzt an der gekachelten Wand. Sie musste immer noch mit dem Eindruck des Erlebten kämpfen. Sie atmete tief ein und ebenso tief wieder aus, bewegte ihren Kopf und hatte die Handtasche fest gegen ihren Körper gedrückt. Auf mich machte sie den Eindruck einer Person, die dabei war, nach irgendjemandem Ausschau zu halten.

Sie war um die vierzig, hatte blondiertes Haar und trug einen langen dunkelgrünen Ledermantel. Um den Hals hatte sie einen weißen Schal gebunden. Es würde sicherlich noch dauern, bis sie sich von dem Schreck erholt hatte, und diese Zeit wollten wir nutzen.

Um die uniformierten Kollegen kümmerten wir uns nicht. Sie sperrten erst mal ab und suchten noch Zeugen, die den Vorfall beobachtet hatten. Das sah auch die blonde Frau. Wir merkten, dass sie sich melden wollte und ließen es dazu nicht mehr kommen.

Plötzlich standen wir vor ihr. Wir nahmen ihr die Sicht und als sie uns anschaute, erschrak sie.

»Keine Angst«, sagte ich freundlich, »Sie sind genau an der richtigen Adresse gelandet.«

»Wieso?«

»Scotland Yard, Madam.«

Das wollte sie nicht glauben, doch dann sah sie meinen Ausweis und war erleichtert. Sie schloss für einen Moment die Augen und lächelte. »Ich dachte schon, dass Sie … dass Sie …«

»Dass wir wer?«, fragte ich.

»Nichts, schon gut.«

»Nein, nein«, sagte Suko. »Wir sind nicht grundlos zu Ihnen gekommen, denn wir haben gehört, was Sie zu diesem Herrn gesagt haben. Sie halten diesen Unfall nicht für einen Unfall. Sagen wir es mal so.«

»Ja, das stimmt.«

»Also ist es …«

»Mord!«, flüsterte sie uns zu. »Es ist Mord gewesen. Davon bin ich überzeugt.«

»Und was macht Sie so sicher?«

Sie räusperte sich und schaute an uns vorbei. »Ich konnte sehen, wie der alte Mann direkt am Rand des Bahnsteigs stand. Ja, er hielt sich dort auf und bewegte sich nicht. Ich stand schräg hinter ihm. Es war ja auch ein gewisses Gedränge. Das kenne ich. Ich fahre ja jeden Morgen um die gleiche Zeit mit der Bahn. Das ist alles bekannt. Ich kenne sogar die Gesichter vieler Fahrgäste. Wir sind so etwas wie eine große Familie, wenn Sie verstehen.«

»Sicher, schon. Aber was bringt Sie auf die Idee, dass der Mann am Bahnsteig ermordet worden ist?«

»Da war plötzlich der andere«, flüsterte sie. »Der hat ihn gestoßen. Einfach kurz in den Rücken geschlagen. Das müssen Sie sich mal vorstellen. Und das war auch kein Versehen. Es war bewusst getan.«

»Also Mord!«, stellte Suko fest.

»Ja«, hauchte die Frau. »Es ist Mord gewesen. So muss man es wirklich sagen.

Die Erinnerung an den Vorfall erschütterte sie wieder. Sie wischte über die Augen hinweg, schluckte und schaute uns an. »Sie … Sie … müssen mir glauben. Es hat sich alles so abgespielt, wie ich es Ihnen gerade erzählt habe.«

»Aber der Mann vorhin sah es anders«, warf ich ein.

Sie winkte ab. »Der hat sich geirrt. Ich stand ja besser dran. Der alte Mann ist gestoßen worden.«

»Dann müssten Sie auch den Täter erkannt haben«, fuhr ich fort.

»Ja und nein. Ich habe ihn gesehen, aber ich kenne ihn nicht. Er war auch das, was man unauffällig nennt. Verstehen Sie?«

»Im Moment nicht«, gab ich zu.

Die Frau war noch immer erregt. Sie suchte nach den richtigen Worten. »Nun ja, es gibt doch Menschen, die fallen gar nicht auf. Die gehen in der Masse unter. Und so einen habe ich hier erlebt. Das müssen Sie mir glauben.«

»Dann können Sie ihn also nicht beschreiben?«

»Nur schwach. Er war wie ein grauer Schatten. Ein Engel des Todes.« Sie schlug sich gegen den Mund und sprach erst weiter, als die Hand wieder nach unten gesunken war. »Himmel, welch ein Vergleich. Dass mir so etwas in den Sinn gekommen ist.«

»Aber Sie haben nicht Unrecht – oder?«

»Nein, das habe ich nicht. Es ist schon alles so, wie ich es Ihnen gesagt habe.«

»Konnten Sie nichts tun?« erkundigte sich Suko.