John Sinclair 1255 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1255 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!

Böser schöner Engel (1. Teil).

Tamara war jung, sie war schön, sie war wunderbar - und sie war zugleich etwas Besonderes.

Unheilbar Kranke wurden unter ihren heilenden Händen wieder gesund. Konnten zurück ins Leben gehen und es genießen.

Aber die Heilungen hatten ihre Schattenseiten. Für jeden Menschen, der wieder gesund wurde, starb ein anderer, denn die Hölle gibt nichts umsonst.

Als Erste fiel es Karina Grischin auf, denn sie ahnte, dass hinter dieser engelhaften Person genau das Gegenteil steckte, und sie wusste zugleich, dass dies ein Fall für mich, John Sinclair, war ...

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumBöser schöner Engel (1. Teil)Vorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Böser schöner Engel (1. Teil)

Tamara war jung, sie war schön, sie war wunderbar – und sie war zugleich etwas Besonderes.

Unheilbar Kranke wurden unter ihren heilenden Händen wieder gesund. Konnten zurück ins Leben gehen und es genießen.

Aber die Heilungen hatten ihre Schattenseiten. Für jeden Menschen, der wieder gesund wurde, starb ein anderer, denn die Hölle gibt nichts umsonst.

Als Erste fiel es Karina Grischin auf, denn sie ahnte, dass hinter dieser engelhaften Person genau das Gegenteil steckte, und sie wusste zugleich, dass dies ein Fall für mich, John Sinclair, war …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-3989-2

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Böser schöner Engel (1. Teil)

Das Öffnen der Tür. Das verschwitzte Gesicht der alten Ärztin. Der traurige Ausdruck in den Augen. Das alles war so bezeichnend für die Situation.

„Ist sie … ist sie …?“

Die Ärztin blieb in der offenen Tür stehen. Sie musste sich anlehnen, weil sie erschöpft war. „Nein, sie ist nicht …“, ein tiefer Atemzug, „sie ist nicht tot.“

Svetlana, die Mutter, hielt den Atem an. Das Gesicht sah bleich aus. Die Haut war aufgequollen, aber sie zeigte auch Flecken, die das lange Weinen gefärbt hatte. Svetlana wusste in diesen Augenblicken nicht, was sie sagen sollte. Jamina lebte, aber die Ärztin hatte sich nicht gut angehört. Aus ihrer Stimme hatte keine Hoffnung geklungen.

Vor der Mutter blieb die Frau mit dem Haarknoten im Nacken stehen. Sie legte Svetlana die Hände auf die Schultern, um sie zu beruhigen. „Du solltest jetzt nicht die Hoffnung verlieren.“

Svetlana blickte hoch. „Warum sagst du das? Jetzt sprichst du anders. Hast du nicht selbst gesagt, dass Jamina … dass sie … ich meine, dass keine Chance mehr besteht?“

„Ja, das habe ich.“ Sie räusperte sich. „Aber nicht so direkt, verstehst du?“

„Nein!“

„Dann will ich es dir sagen.“ Die Ärztin sprach noch nicht sofort weiter. Sie ging zur Seite, zog einen Hocker in ihre Nähe und nahm Platz. Sie war nicht mehr die Jüngste und hatte die Siebzig bereits hinter sich gelassen. Eigentlich praktizierte sie nicht mehr, doch die Menschen im Ort brauchten einfach ihre Hilfe, und so tat sie, was sie tun musste.

Auch jetzt musste sie eine Mutter wieder aufrichten, und sie suchte nach den richtigen Worten. „Es gibt vielleicht noch eine Möglichkeit für deine Tochter.“

Svetlana reagierte nicht. Zunächst nicht. Sie fühlte sich zu dumpf an im Kopf. Erst allmählich drang zu ihr durch, was die andere Frau ihr gesagt hatte. „Was meinst du denn damit?“, fragte sie mit tonlos klingender Stimme.

„Nun ja“, erwiderte die alte Frau flüsternd, „ich habe gehört, dass sie in der Stadt ist.“

Svetlana runzelte die Stirn. „Sie, meinst du?“

„Genau sie.“

„Oder er?“

„Du kannst beides sagen.“

„Also“, Svetlana schluckte. „Du meinst den Engel, nicht wahr?“

„Ja, genau ihn.“

Die Mutter sagte nichts. Aber sie dachte nach, und sie quälte sich dabei. Sie rutschte auf dem Stuhl hin und her und war plötzlich nervös geworden. Schweiß erschien auf ihrer Stirn. Er glänzte wie kleine Perlen. Sie musste mehrmals schlucken und suchte nach den richtigen Worten für eine Antwort.

„Soll ich ihn holen?“

Svetlana überlegte noch immer. „Ich weiß es nicht. Ich habe davon gehört. Ob aber alles so stimmt, das ist die Frage. Man kann sich nie sicher sein.“

„Du kennst sie doch.“

„Nein.“ Die Mutter schüttelte den Kopf. „Ich habe nur von ihm oder von ihr gehört, aber ich habe ihn nicht gesehen.“

„Soll ich ihn holen?“

Jetzt wusste Svetlana, dass sie an einer direkten Antwort nicht vorbeikam. Alles lastete jetzt auf ihren Schultern. Wenn die Ärztin sagte, dass es die letzte Möglichkeit war, dann gab es eigentlich keine andere Lösung für sie.

„Ich würde an deiner Stelle nicht zu lange zögern, sonst stirbt Jamina. Sie ist schon so schwach geworden. Sie kann sich aus eigener Kraft nicht mehr bewegen. Die Lungenentzündung hat ihr zu sehr zugesetzt. Denk daran wie jung sie ist. Erst zehn Jahre. Da muss man alles versuchen, um sie zu retten.“ Sie deutete auf sich. „Meine Kunst ist am Ende. Ich kann nichts richten, und eine moderne Klinik gibt es hier nicht. Das weißt du selbst.“

„Ja, das weiß ich.“

„Also?“

Svetlana hob den Blick. Ja, sie hatte sich entschieden. Sie musste alles tun, um ihre Tochter zu retten. Wäre dies nicht geschehen, sie wäre ihres Lebens nicht mehr froh geworden, und deshalb stimmte sie auch zu. „Wenn du alles so genau weißt, dann bitte hole sie her.“

Über das faltige Gesicht der alten Ärztin glitt ein Lächeln. „Es ist die beste Entscheidung, die du treffen konntest, Svetlana. Tamara wird kommen und dir helfen.“

„Nein, nicht mir. Nur meiner Tochter.“

„Auch dir wird geholfen werden, wenn deine Jamina erst mal auf dem Weg zur Besserung ist. Das weiß ich. Du brauchst mir nichts zu erzählen. Dann kannst auch du richtig durchatmen, und all deine Sorgen werden vergessen sein.“

Svetlana seufzte. „Wenn es nur schon so weit wäre. Ich … es … es … ist schrecklich, hier allein zu sitzen und zu warten und zu wissen, dass man nichts tun kann. Du glaubst gar nicht, wie grausam das alles ist.“

„Das weiß ich. Ich will dich wieder lachen sehen. Deshalb habe ich dir auch den Vorschlag gemacht.“

„Kennst du sie denn?“

Die Ärztin lächelte nur vage und hob die Schultern. Auch ihre Antwort klang nicht eben konkret. „Man muss die Augen offen halten und eben alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Ich will ehrlich sein. Auf dem normalen Wege ist Jamina nicht zu retten. Wir müssen den Engel holen. Der wird sie heilen.“

„Ja, das hoffe ich. Und was ist, wenn er nicht will?“

„Darüber solltest du nicht nachdenken. Tamara wird nicht ohne Grund als Engel bezeichnet, und ich denke, dass Engel gute Geschöpfe sind.“

Die Mutter stimmte durch ihr Nicken zu. Sie wusste nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Mit leerem Blick schaute sie zu, wie sich die Ärztin von ihrem Platz erhob, einmal durch das dichte braune Haare der Dreißigjährigen strich, sich abwandte und den Raum mit leisen Schritten verließ. Es war nicht mal zu hören, dass die Haustür zufiel. Wie ein Geist war die Ärztin verschwunden.

Svetlana Tomkin blieb allein zurück. Es war plötzlich so still und leer in dem kleinen und mit alten Möbeln überladenen Zimmer geworden. Auch so kalt und unheimlich, als hätte der Tod persönlich bereits beide Hände ausgestreckt, um sich das Mädchen zu krallen.

Er war da. Die Frau spürte es. Die Krankheit ihrer Tochter hatte sie sensibel für bestimmte Dinge werden lassen, denn immer wieder hatte sie sich in der letzten Zeit mit den schrecklichen Dingen auseinandersetzen müssen, die den Abschied für immer bedeuteten.

Ausgerechnet Jamina. Ausgerechnet sie. Svetlana hatte sie immer als ihren Engel angesehen. Sie hatte sich um sie gekümmert und sie großgezogen. Einen Vater gab es nicht mehr. Er war Soldat in der Armee gewesen und in einem anderen Land gefallen. Seine Tochter hatte er erst gar nicht zu Gesicht bekommen.

Jamina war ein fröhliches und wunderschönes Kind. Bei allen beliebt. Sie war auch in der Schule gut mitgekommen, und nun passierte dies. Die verfluchte Krankheit hatte sie erwischt und nicht mehr losgelassen. Es war in den letzten Wochen ein regelrechtes Siechtum gewesen, das sich ihre Mutter nicht hatte erklären können. Aber es war so gewesen, und daran hatte sie nichts ändern können.

Und jetzt die Rettung!

Svetlana schluckte. Sie konnte es noch nicht glauben. War es wirklich die Rettung für ihre Tochter? Sie musste daran glauben, aber es fiel ihr nicht leicht.

Andere Menschen hatten von einem Engel gesprochen, der auf die Erde gekommen war, um seine Zeichen zu setzen. Er sollte die Menschen aufrütteln und sie dazu bringen, sich anders zu verhalten. Was nun stimmte, wusste sie nicht, aber es hatte sich in der Gegend um Moskau herumgesprochen, dass es jemanden gab, der den Menschen wohlgesonnen war und sie heilte, wenn die Kunst der Ärzte versagte.

Auch Svetlana wusste davon, aber sie hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, bis eben zu dem Zeitpunkt, an dem ihre Tochter krank geworden war.

Da war es nun passiert. Und jetzt hatte ihr sogar die Ärztin den Rat gegeben, sich auf Tamara zu verlassen, von der niemand wusste, woher sie kam und wohin sie wollte. Sie stand völlig außen vor. Sie war ein Mensch oder ein Geist. Ein Engel, eine Tote, eine Lebende, eine Heilige. Das alles schrieb man ihr zu.

Svetlana brauchte mehrere Minuten, um sich zu einer Entscheidung durchzuringen. Als das geschehen war, stand sie mit einem Ruck auf. Nebenan im Zimmer lag ihre Tochter. So sehr Svetlana sie liebte und immer gern angeschaut hatte, so stark wurde ihr Herzklopfen, als sie sich jetzt der braun gestrichenen Tür näherte.

Sie passierte dabei das Heiligenbild an der Wand, warf ihm einen flehenden Blick zu und öffnete wenig später leise die Tür zum Zimmer ihrer Tochter.

In den letzten Tagen hatte sie stets das Gefühl gehabt, dass Jamina nicht allein im Raum war. Es hielt sich immer jemand in ihrer Nähe auf, den sie allerdings nicht sah. Nur in ihren Träumen sah sie die grässliche Gestalt des Sensenmanns, der sich über das Bett ihrer Tochter gebeugt hatte und seine mörderische Waffe in die Brust der Kleinen stieß.

Es war nie dunkel in der kleinen Kammer. Selbst in der Nacht ließ sie das Licht der kleinen Lampe auf dem schmalen Tisch brennen. Es war nicht zu hell, denn ein Schirm aus Pergament filterte einen Teil des Lichts. Allerdings breitete es sich so aus, dass es auch das Bett erreichte, in dem das schwer kranke Mädchen lag.

Ja, Jamina lag da wie immer. Wie am letzten Tag, wie vor einer Woche, und wieder bekam die Mutter eine Gänsehaut, als sie mit einem längeren Schritt die Schwelle übertrat. Ihr Herz klopfte schneller. Abermals spürte sie die Echos im Kopf und merkte auch das Zittern in ihren Gliedern. Sie war die Mutter, doch wie so oft kam sie sich vor wie eine Fremde, weil auch die Tochter sie an ein fremdes Kind erinnerte. Was war nur aus diesem so fröhlichen Mädchen geworden.

Eine Krankheit hatte brutal zugeschlagen und sie in die Nähe der Schwelle zum Jenseits geschoben.

Sie ging mit leisen Schritten an das Bett heran. Auf keinen Fall wollte sie stören. Im Raum roch es frisch, denn die Ärztin hatte das kleine Fenster schräg gestellt.

Die Mutter empfand es als zu kalt für ihre Tochter, und deshalb schloss sie das Fenster. Danach holte sie den Schemel heran, um sich neben das Bett zu setzen.

Sie kannte diese Haltung. Sie wusste, was geschehen würde. Sie würde in das Gesicht der auf dem Rücken liegenden Tochter schauen, ihr ab und zu über die Stirn wischen und auch versuchen, mit ihr zu reden, obwohl es immer ein Monolog wurde, denn sie hatte nicht erlebt, dass Jamina auch antwortete. Dazu war sie einfach zu schwach oder nicht in der Lage, die Worte der Mutter zu hören.

Auch jetzt fiel es ihr schwer. Sie suchte nach den richtigen Worten und hoffte, dass sie auch gehört wurde.

„Bitte, Jamina, wenn du mich hören kannst, dann gib mir ein Zeichen. Bewege einfach die Augen – ja?“

Svetlana wartete vergebens. Ihre Tochter tat nichts. Sie lag einfach nur da, und es war überhaupt nicht zu merken, dass sie etwas gehört hatte. Der Vergleich mit einer Puppe kam Svetlana in den Sinn. Das blasse und runde Gesicht, die braunen lockigen Haare, der kleine Mund, die Wangen, die immer so rosig geschimmert hatten und jetzt so schrecklich bleich waren – all das konnte die Mutter noch immer nicht fassen, und sie glaubte auch jetzt an einen Albtraum, der irgendwann ein Ende haben musste. Nur nicht mit dem Ableben der Tochter.

Jamina lag auf dem Rücken wie eine Person im Koma. Das hatte Svetlana mal im Fernsehen gesehen, wenn die Bilder diese Patienten zeigten. Sie waren zwar noch da, aber sie waren trotzdem der normalen Welt entrückt und lebten in einem Vakuum. So kam ihr Jamina auch vor. Ein Kind im Koma. Doch das stimmte nicht. Sie musste sich einfach von dem Gedanken befreien. Sie lag nicht im Koma. Sie war krank, und diese Krankheit hatte sie so grausam geschwächt.

Bekam sie alles mit? Oder war jede Ansprache vergebens? Svetlana wusste es nicht. Sie tendierte gedanklich nicht in diese Richtung, denn sie rechnete damit, dass es einzig und allein die Krankheit gewesen war, die ihre Tochter so geschwächt hatte. Das Fieber und die verfluchte Lungenentzündung.

Medikamente hatten nicht geholfen. Vielleicht waren sie auch zu schwach gewesen. Um an stärkere heranzukommen, fehlte einfach das Geld, und so hatte Svetlana passen müssen, was ihr in der Seele leid tat. Ihr Kind würde sterben, weil sie arm war. Ein im Krieg getöteter Vater, ein Staat, der kein Geld hatte, um sich um die Hinterbliebenen der Soldaten zu kümmern, das war schon ein verfluchtes Schicksal, das sie umschlungen hielt wie die Arme eines Kraken.

Auch als sie zwei Minuten am Bett ihrer Tochter gesessen hatte, bewegte sich das Kind nicht. Svetlana seufzte. Sie verkrampfte sich wieder und hatte Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Sie wollte nicht weinen, ihre Tochter sollte den Schmerz nicht hören, aber sie streckte den Arm aus und ebenfalls die Hand, um das Gesicht der Zehnjährigen zu berühren. Mit den Fingerkuppen strich sie darüber hinweg, spürte die sehr warme und fieberheiße Haut und nahm auch ihr letztes Zittern wahr, eine Folge der Berührung.

Hatte sie doch etwas bemerkt?

Svetlana hoffte es. Eine normale Antwort erhielt sie nicht. Jamina schwieg immer.

Ihre Augen hatte sie nicht ganz geschlossen, und so ging die Mutter davon aus, dass sie möglicherweise sah, wer an ihrem Bett Platz genommen hatte.

Svetlana zwang sich zu einem Lächeln. „Es gibt wieder Hoffnung, mein kleiner Schatz. Es gibt Hoffnung, das weiß ich. Und ich möchte es dir auch sagen. Du sollst es erfahren. Du darfst nicht sterben. Wir haben alles versucht, verstehst du? Wir haben auch die letzte Möglichkeit in Betracht gezogen. Halte durch. Nur eine kurze Zeit. Es wird nicht lange dauern, bis die Ärztin zurückkommt und den Engel mitbringt. Er wird dich heilen. Er hat die heilenden Hände. Davon bin ich überzeugt, und dann bist du wieder gesund.“

So hoffnungsfroh hatte Svetlana in den letzten Tagen nie gesprochen. Es war zudem kein Grund vorhanden gewesen. In diesem Fall hoffte sie, von Jamina gehört worden zu sein.

Sie lag regungslos auf dem Rücken und bewegte sich um keinen Millimeter. Der Mund war nicht ganz geschlossen, sodass sie auch durch ihn Luft holen konnte. Nur war es für die Mutter kaum zu sehen, auch jetzt nach dieser Ankündigung veränderte sich nichts, und genau das machte Svetlana traurig.

Im Zimmer war es noch kälter geworden, obwohl das Fenster nicht mehr offen stand. Die Frau wusste auch nicht, woher die Kälte kam, und wieder dachte sie daran, dass möglicherweise der Tod irgendwo im Hintergrund lauerte. Die Haut auf ihrem Rücken zog sich zusammen, und sie drehte sich auf dem Stuhl um, ohne sich von ihm zu erheben. Sie suchte nach einem Hinweis auf das, mit dem sich ihre Gedanken beschäftigten. Sie dachte auch an das Jenseits und an die Geister, die darin ihre neue Heimat gefunden hatte. Es war der Platz für die Toten, doch manchmal nahmen die Verstorbenen Kontakt zu den Menschen auf. Davon hatte sie gehört und auch gelesen.

Zu sehen war nichts. Nur zu spüren. Etwas sehr Kaltes hatte sich ausgebreitet und war wie mit langen Fingern an sie heran gekommen. Es strich an ihr vorbei. Es berührte sie, und Svetlana merkte, dass die Angst immer stärker in ihr hoch drang. Nur mühsam hielt sie sich auf dem Stuhl.

Die Überraschung aber erlebte sie nicht aus dem Jenseits, sondern direkt in ihrer Nähe.

Was seit Tagen nicht mehr geschehen war, passierte jetzt.

Jamina sprach.

Sehr deutlich hörte sie die Stimme ihrer Tochter, die fragte: „Kommt wirklich der Engel?“

*

Nein, sie hatte sich nicht verhört. Es war tatsächlich Jamina gewesen, die diese Frage gestellt hatte. Es war das eingetreten, auf das sie so lange gewartet hatte, und jetzt, als es geschehen war, da konnte sie nicht mehr, da hatte sie das Gefühl, keinen Stuhl mehr unter dem Körper zu spüren und in der Luft zu schweben.

Jamina hatte ihr eine Frage gestellt, und diese Frage hatte sich auf das bezogen, was gesprochen worden war. Es ließ nur den Schluss zu, dass sie alles mitbekommen hatte und auch in der Lage war, zu reagieren.