John Sinclair 1311 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1311 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!

Die Teufelszunge.

Die Teufelszunge war nicht die Zunge des Teufels, so wurde ein begnadeter Trompeter genannt, der teuflisch gute Musik machte.

Leider gab es eine Macht, die dies nicht akzeptieren konnte. Bei einem Solo-Konzert schlug sie zu, und so wurde der Trompeter zu einer Gefahr für die Menschheit ...

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumDie TeufelszungeVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Die Teufelszunge

Die Teufelszunge war nicht die Zunge des Teufels, so wurde ein begnadeter Trompeter genannt, der teuflisch gute Musik machte.

Leider gab es eine Macht, die dies nicht akzeptieren konnte. Bei einem Solo-Konzert schlug sie zu, und so wurde der Trompeter zu einer Gefahr für die Menschheit …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-4057-7

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Die Teufelszunge

Etwas Kaltes strich über den schlafenden Mann hinweg wie der Eishauch aus dem Reich der Toten.

Walter Shols wollte die Augen öffnen. Es gelang ihm nicht. Schwer wie Blei waren die Lider. Und so blieb er bewegungslos auf der Couch liegen, eingehüllt in das Halbdunkel seines Zimmers unter dem Dach seines Hauses.

Er stellte auch fest, dass er nicht wirklich schlief. Shols erlebte einen Zustand zwischen Wachsein und Träumen. Er wusste genau, dass er allein war, und trotzdem wollte er es nicht glauben. Er hatte die ungewöhnliche Berührung nicht vergessen, aber das war nicht alles, denn etwas Fremdes, aber nicht Unangenehmes durchbrach die Stille.

Er hörte das leise Singen …

Die Stimme, die diese Melodie sang, gehörte einer Frau. Sie klang so wunderbar weich, überhaupt nicht aufgeregt oder schrill. Man konnte den Gesang als wunderschön bezeichnen. Sehr melodisch, aber zugleich auch unendlich traurig. Das jedenfalls glaubte der Mann, aus dieser Botschaft herauszuhören.

Er bewegte sich nicht. Weiterhin blieb er auf dem Rücken liegen. Im Halbschlaf zuckten nur seine Lippen und blieben in einer halbrunden Form. Der Mann lächelte. Er freute sich über die gesungene Botschaft, obwohl er die Person nicht sah, die ihm diesen Gesang schickte.

Trotz seines Zustands versuchte er es mit Konzentration. Er, der Musiker, dachte darüber nach, ob er die Stimme schon mal gehört hatte. Aufgrund seines Berufs kannte er zahlreiche Sängerinnen, diese Stimme allerdings war ihm unbekannt. Sie hörte sich so jung an, so frisch. Er glaubte nicht, dass sie einem Profi gehörte. Aber er fragte sich, wie die Person in sein Zimmer gelangt war. Jemand hätte ihr öffnen müssen. Nur befand er sich allein im Haus. Seine Frau war nicht da. Sie besuchte eine Bekannte und würde erst später zurückkehren.

Der Gesang blieb. Er lenkte Shols von seinen grüblerischen Gedanken ab. Vergeblich wartete er auf einen Text, der ihm diese Botschaft näher gebracht hätte. Es gab keinen. Oder die Sängerin behielt ihn für sich. Sie summte weiterhin nur die Melodie vor sich hin.

Seltsamerweise überkam ihn keine Furcht. Es war so beruhigend, das Summen zu hören. Als er ein Kind gewesen war, hatte die Mutter an seinem Bett gesungen, damit er einschlafen konnte. So ähnlich war es hier auch. Nur schlief er nicht ein. Sein Zustand blieb bestehen, und er lauschte weiterhin diesen Tönen. Noch immer ohne Text, und trotzdem konnte sich Shols etwas darunter vorstellen.

Eine wunderschöne Landschaft. Ein herrlicher Frühlingstag. Hügel, bestückt mit blühenden Bäumen. Ein weiter Himmel, auf dem vereinzelt Wolken schwebten, doch dazwischen die traurigen Töne, als sollte dieses Bild von einem herbstlichen Flair zerstört werden.

Shols versuchte, die Augen zu öffnen. Es ging nicht. Er schaffte es auch nicht, seinen Kopf zu drehen und zur Tür zu schauen, denn von dort hatte ihn der Gesang erreicht.

Er suchte nach einer Erklärung. Er wollte diesen Gesang irgendwie plastisch machen. Worte dafür finden. Er klang so ätherisch, so anders, als käme die Sängerin nicht von dieser Welt. Als wäre sie eine Person, die andere Sphären verlassen hatte, um hier ein Gastrecht zu erwerben.

Aber wer war sie?

Walter Shols bemühte sich, nachzudenken. Er schaffte es nicht. Es war nicht möglich, weil der Gesang alles überdeckte. Das Gefühl für Zeit war ihm verloren gegangen. Er hätte nicht sagen können, wie lange der Gesang schon angedauert hatte, und wenn er ehrlich war, dann spürte er kaum die Unterlage. Er glaubte, über seiner Liege zu schweben, als hätte ihn der Gesang einfach fortgetragen, hinein in andere Welten.

Irgendwann veränderte sich die Tonlage. Die Stimme sank. Er hörte sie nicht mehr so genau, spürte jedoch wieder den kalten Hauch, der sein Gesicht streifte.

Obskure Gedanken trieben durch seinen Kopf. Er dachte plötzlich an Verstorbene und an das Jenseits. Er hatte mal gelesen, dass es einen kalten Hauch schicken konnte, der aber mit einer normalen Kälte nichts zu tun hatte.

Es wurde still!

Die Sekunden tropften dahin. Shols hatte den Mund geöffnet und atmete tief ein.

Shols wusste, dass sich die Sängerin in seiner Nähe aufhielt. Sie musste neben seinem Bett stehen, da war er sich sicher. Eine Drehung nach rechts, die Augen öffnen, dann hätte er sie sehen können. Der Wunsch blieb Vater des Gedankens.

Dafür hörte er die Stimme. Auch wieder so sanft und zugleich sehr bestimmend.

„Du wirst spielen, Walter. Du wirst heute Abend unsere Musik spielen, verstehst du …“

„Jan“

Er hatte keine normale Antwort geben können, sondern nur eine in Gedanken. Sie schien dem für ihn unsichtbaren Wesen auszureichen, denn er hörte ein glockenklares Lachen.

„Unsere Musik, Walter. Unsere Melodien. Du wirst sie kennen. Sie werden in dir brennen. Und du wirst nicht anders können, als sie zu spielen. Ist das verstanden?“

Er lächelte.

Es war Antwort genug.

Im gleichen Augenblick spürte er die Bewegung neben seiner Liege. Der kalte Hauch zog sich zurück, und die Normalität nahm wieder von ihm Besitz.

Tiefes Durchatmen. Darauf warten, dass sich der Herzschlag beruhigte. Das alles klappte wunderbar. Und noch mehr geschah, denn plötzlich gelang es ihm wieder, die Augen zu öffnen.

Sein erster Blick fiel gegen die Decke. Dort hatte sich nichts verändert. Sie war gleich geblieben. Hell gestrichen mit einem leicht gelblichen Ton.

Dann drehte er doch den Kopf.

Er schaute zur Zimmertür hin.

Und genau dort stand sie!

Walter Shols konnte nicht glauben, was er mit seinen eigenen Augen zu sehen bekam …

*

„Du gehst mit, John!“, erklärte Bill, der mich um zehn Uhr morgens in meinem Büro besucht hatte und seine Worte dadurch unterstrich, dass er mit dem Zeigefinger auf mich zeigte.

„In dieses Konzert?“

„Ja.“

„Aber ich …“

„Keine Ausrede. Ich habe drei Karten ergattern können. Nun ist etwas eingetreten, was ich nicht vorhersehen konnte. Sheila hat sich schwer erkältet, und deshalb wollte ihre Bekannte auch nicht mitgehen. Ich habe zwei Karten übrig. Glenda Perkins konnte ich innerhalb kürzester Zeit überzeugen, aber du zeigst dich bockig.“

„Was soll ich denn da?“

„Zuhören.“ Bill lächelte mich breit an.

Ich verzog meinen Mund. „Und wem bitte?“

„Der Teufelszunge!“

Plötzlich war ich wach. Mein Blick schärfte sich. Ich sah Bill grinsen und nicken.

„Wieso denn das?“

„Ja, man nennt den Trompeter die Teufelszunge. Der Mann ist einfach perfekt. Ein Trompeter, der als Solist Konzerte gibt, das ist einmalig. Und die sind voll.“

„Super, Bill. Dann brauche ich ja nicht hinzugehen. Es reicht, wenn sie ausverkauft sind.“

„Dir könnte aber ein wenig Abwechslung gut tun“, erklärte er mir.

Ich musste lachen. „Wer hat dir denn den Floh ins Ohr gesetzt?“

„Glenda.“

„Aha. Die muss es ja wissen.“

„Das weiß sie auch. Deine letzten Fälle waren ja nicht gerade die reine Erholung.“

Da hatte der Reporter Recht. Erst der Killer aus der Schweizer Garde, danach der Fall mit den fünf toten Polizisten, die auf das Konto der blonden Bestie Justine Cavallo gingen, und all die Warnungen, die mich vor der Zukunft erreicht hatten. Da konnte man schon ins Grübeln kommen. Ich hatte in den letzten beiden Nächten auch nicht besonders gut geschlafen, weil die Dinge immer wieder hochgekommen waren.

Suko, der sich ebenfalls im Büro aufhielt, sich aber nicht eingemischt hatte, meldete sich jetzt. „Ich an deiner Stelle würde hingehen, John.“

„Klar, dann geh du doch.“

„Es ist nicht meine Musik.“

„Meine auch nicht.“

„Außerdem habe ich Shao versprochen, bei ihr zu blieben.“

„Das ist eine Ausrede“, behauptete ich.

Er wies auf das Telefon. „Ruf sie an.“

Ich winkte ab. „Schon gut, lass mal.“

„Also gehst du mit“, sagte Bill und schaute mich direkt an.

Ich seufzte. „Mir bleibt auch nichts erspart, verdammt noch mal. Was spielt dieser Trompeter denn? Jazz, klassische Trompetenmusik? Konzertant und …“

„Alles“, sagte Bill.

„Wieso?“

„Sowohl als auch. Er ist ein Genie auf seinem Instrument. Weshalb hat man ihm wohl den Beinamen Teufelszunge gegeben? Denk mal darüber nach, Alter.“

„Und wo findet das Konzert statt?“

Bill lehnte sich zurück. „Heute Abend. Und zwar in einem E-Werk.“

„Was?“

„Keine Panik. Du weißt selbst, dass alte Hallen, die noch aus der Zeit des Jugendstils stammen, nicht abgerissen wurden, sondern nun anderen Zwecken dienen. Das können Museen sein. Partyräume oder eben welche, um Veranstaltungen durchzuziehen. Nicht nur Discos, sondern auch die besonderen Livekonzerte.“

Überzeugt hatte mich Bill Conolly noch nicht. „Ich weiß nicht so recht“, murmelte ich und fuhr mit der Hand über mein Haar. „Den Abend hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt.“

„Wie denn?“, fragte Glenda Perkins, die vom Vorzimmer her in diesem Moment unser Büro betrat und den Kaffee brachte. Sie trug das Tablett auf beiden Händen und hatte zur Feier des Tages, weil Bill Conolly anwesend war, auch etwas Knabbergebäck dazugelegt.

Ich verdrehte die Augen. Jetzt war alles aus. Wenn Glenda sich einmischte, dann hatte ich keine Chance mehr.

Sie stellte das Tablett ab und drehte mir den Kopf zu, „So, John, jetzt möchten wir eine Erklärung haben.“

Ich räusperte mich, um etwas Zeit zu gewinnen. Suko saß mir gegenüber und grinste. Von ihm würde ich ebenfalls keine Unterstützung bekommen und moserte ihn deshalb an.

„Ein schöner Freund bist du.“

„Etwas Privatleben solltest du dir wirklich gönnen. Bill hat Recht. Die Zeiten sind stressig genug gewesen.“

Glenda stellte die Tassen hin. Ich kam als Letzter an die Reihe, und sie blickte mir von oben her ins Gesicht. „Oder willst du nicht gehen, weil ich dabei bin?“

Diese Worte verschlugen mir die Sprache. Ich musste regelrecht nach Luft schnappen. „Wie kommst du denn darauf?“

„Hat sich fast so angehört.“

„Nein, nein, was denkst du? Okay, ich … ich freue mich sogar, wenn du mitkommst.“

„Ha!“, rief sie und richtete sich hastig auf. Dann deutete sie mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf mich. „Ihr habt es gehört. Er wird mit uns gehen.“

„Moment, das habe ich nicht …“ Ich sprach nicht mehr weiter und winkte ab. Es hatte sowieso keinen Sinn, wenn ich weiterhin versuchte, mich dagegen zu wehren.

„Gehst du nun mit uns oder nicht?“, fragte Bill. Ziemlich theatralisch meinte er: „Entscheide dich jetzt!“

Ich nickte.

„Du stimmst zu?“

„Ja, um Himmels willen …“

*

Der Trompeter saugte seinen Atem an. Er zwinkerte. Er schüttelte auch den Kopf. Er kniff sich in den linken Oberschenkel, doch das Bild vor der Tür verschwand nicht. Er hatte es sich nicht eingebildet. Er sah dieses Mädchen, diese junge Frau oder dieses Wesen als eine reale Person. Das war kein Spuk.

Er lag auf einer Liege und war nicht in der Lage, sich zu erheben. Sein Atem ging keuchend.

Eine wunderschöne junge Frau. In gewisser Hinsicht elfenhaft schön. Ein blasses Gesicht, ein ebenfalls blasser Körper, der von keinem Kleidungsstück bedeckt wurde.

Trotzdem kam ihm dieses Mädchen nicht nackt vor. Es war keine provozierende Nacktheit, mit der es sich präsentierte. Sie war irgendwie verschämt und verschüchtert, und ihre gespreizten Hände hatte sie vor ihre Brüste gelegt.

Walters Blick wanderte zu ihrem Gesicht hin, dessen Züge sehr fein geschnitten waren. Auch hier dominierte die blasse Haut, die im krassen Gegensatz zu den roten Lippen stand, die den gleichen Farbton hatten wie die Haare. Der Mittelscheitel teilte sie in zwei Hälften. Lang senkte sich die rötliche Flut bis zu den nackten Schultern hin, und die letzten Strähnen erreichten noch die Ansätze ihrer Brüste.

Die Augen lagen nicht eben tief in den Höhlen. Durch ein dunkles Make-up sah es allerdings so aus, als hätten sie sich zurückgezogen, und deshalb war dieser etwas unheimliche Ausdruck entstanden. Oder traurige. Vielleicht auch verlorene.

Shols wusste das nicht so genau. Er konnte überhaupt nicht reden, weil ihn diese Person einfach nur faszinierte. Sie war für ihn ein Lebewesen, zugleich auch ein ätherisches Gebilde von einer elfenhaften Schönheit, und sie schien nicht von dieser Welt zu sein, sondern aus einem fernen Märchenland zu stammen.

Walter Shols atmete tief ein. Das musste er tun. Er wollte feststellen, ob er noch lebte. Er freute sich darüber, dass er seinen Herzschlag spürte und sich auch wieder normal bewegen konnte. Die junge Frau ließ er nicht aus den Augen, und er stellte fest, dass hinter ihr die Tür des Zimmers verschlossen war.

Wie war sie dann hereingekommen?

Er wollte sie fragen, aber seine Stimme versagte. Er bemerkte, dass sie ihm nicht feindlich gesonnen war, denn auf ihren rötlich geschminkten Lippen erschien ein Lächeln.

Plötzlich sprach sie. Es war die gleiche Stimme, die er schon mal gehört hatte, nur wurde er von ihr direkt angesprochen.

„Hallo … du bist wach, das ist gut. Ich möchte dir nur sagen, dass wir uns wiedersehen werden. Spiele heute Abend unsere Melodie. Offne damit die Tore. Tu es für uns, für dich, für viele andere …“

„B … bitte?“

„Lass uns hineingleiten in diese wunderbaren Welten. In die anderen Reiche. Sei zufrieden. Spiele. Mach deinem Namen alle Ehren, Teufelszunge …“

Sie ließ die Worte ausklingen und drehte sich langsam um.

Jetzt fiel auch der letzte Rest der Starre von ihm ab. „Bitte – wie heißt du?“

Er hatte nicht damit gerechnet, eine Antwort zu bekommen. Sie gab ihm trotzdem eine. „Ich heiße Marisa … nur Marisa …“

Es reichte ihr aus. Kein weiteres Wort mehr drang über ihre Lippen. Dafür öffnete sie die Tür, die lautlos nach innen schwang. Sie benötigte nicht sehr viel Platz, um nach draußen zu gehen. Sie schob ihren schmalen, nackten Körper durch den Spalt, erreichte den kleinen Vorflur vor der Treppe und ging die Stufen hinab.

Shols hatte sich auf seiner Liege aufgerichtet. Er starrte ihr nach. Er wollte ihr auch nachlaufen, aber das war nicht möglich, denn ihn hielt ein bestimmtes Ereignis fest, das er nicht begriff.

Marisa hatte die Treppe erreicht. Sie ging auch die erste Stufe, danach die Zweite – und war weg!

Shols lachte komisch auf. Er rieb seine Augen. Er stierte durch die Tür, aber er hatte sich nicht geirrt. Er hätte Marisa auf der Mitte der Treppe sehen müssen, aber da war sie nicht, denn sie hatte sich schon auf der dritten Stufe aufgelöst. Als hätte ihr Körper aus Nebel bestanden, der in starkes Sonnenlicht geraten war.

Der Musiker konnte es nicht begreifen. Er saß auf seiner Liege und schüttelte den Kopf. Beide Hände hatte er gegen sein Gesicht geschlagen. Er lachte in sich hinein und ließ die Hände nach einer Weile wieder sinken.

Nichts hatte sich verändert. Noch immer stand die Tür offen. Noch immer sah er den Beginn der Treppe, aber dort war niemand zu sehen. Der Besuch schien ein Traum gewesen zu sein. Nur – wer hätte dann die Tür öffnen sollen?

Shols kannte sich. Er war kein Schlafwandler. Er hatte die ganze Zeit über in seinem Bett gelegen und war erst durch die kalte Berührung richtig erwacht.

„Das ist doch nicht möglich“, flüsterte er vor sich hin. „Verdammt noch mal. Ich bin nicht verrückt. Ich bin kein Spinner. Ich drehe doch nicht durch …“

Weiter sprach er nicht mehr. Er kam sich so anders vor. Er hatte nie über gewisse Dinge nachgedacht, nun aber kamen sie ihm in den Sinn. Es war für ihn eine Spukerscheinung gewesen. Vielleicht die Gestalt aus einem Traum, die plötzlich wahr geworden war.

Nun aber nicht mehr …

Es gab sie nicht. Sie war nicht nur verschwunden, sie hatte sich sogar aufgelöst, und das hatte er mit eigenen Augen gesehen. Trotz seiner 60 Jahre war er nicht senil und noch immer top.

Aus dem unteren Teil des Hauses hörte er ein Geräusch. Eine Tür wurde zugeschlagen. Wenig später hallte die Stimme seiner Frau Charlotte zu ihm hoch.

„Bist du noch oben, Walter?“, rief sie.

„Ja, das bin ich“, flüsterte er vor sich hin …

*

„Nein“, sagte Charlotte Shols nur und schauteihren Mann über den gedeckten Tisch hinweg an. „Das kann ich nicht glauben. Das hast du dir eingebildet. Du hast geträumt.“

Walter schüttelte langsam den Kopf. „Ich wollte, ich hätte geträumt. Es ist leider nicht der Fall gewesen. Alles, was ich dir gesagt habe, trifft hundertprozentig zu. Ich bin von einer nackten jungen Frau besucht worden. Sie hat sich mir als Marisa vorgestellt. Sie