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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!
GIER NACH GOLD!
Schon seit Jahrtausenden waren Menschen hinter diesem edlen Metall her. Und immer ist versucht worden, aus unedlen Metallen Gold herzustellen. Bisher hatte es niemand geschafft. Selbst die größten Wissenschaftler hatten davor kapituliert.
War das wirklich so gewesen? Hatte es nicht doch jemand gegeben, dem dies gelungen war?
Wie aus dem Nichts wurde ich mit diesem Thema konfrontiert. Der Fall führte Godwin de Salier und mich in die Templer-Katakombe ...
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 141
Veröffentlichungsjahr: 2016
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
GIER NACH GOLD!
Schon seit Jahrtausenden waren Menschen hinter diesem edlen Metall her. Und immer ist versucht worden, aus unedlen Metallen Gold herzustellen. Bisher hatte es niemand geschafft. Selbst die größten Wissenschaftler hatten davor kapituliert.
War das wirklich so gewesen? Hatte es nicht doch jemand gegeben, dem dies gelungen war?
Wie aus dem Nichts wurde ich mit diesem Thema konfrontiert. Der Fall führte Godwin de Salier und mich in die Templer-Katakombe …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-4414-8
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Es sollte eigentlich nicht sein, aber in diesem Fall machten Ellen Radix die dunklen Mauern der Kirche Angst.
Im Sommer hätte sie über dieses Gefühl sicherlich gelacht, aber jetzt im Herbst, wo die Tage kürzer wurden und der Wind das schon bunt gefärbte Laub durch die Luft trieb, sah alles irgendwie anders aus. Zumal die Kirche an einem etwas einsamen Platz stand und von einer kleinen grünen Lunge umgeben war.
Genau an diese Stelle war sie hinbeordert worden.
Hier sollte sie auf ihren Vater warten …
Vater!
Beinahe hätte sie gelacht. Ja, sie hatte einen Vater, aber sie hatte ihn doch nicht. Seit Jahren waren sie sich nicht mehr begegnet. Genau seit dem Tag, als er sich aus dem Staub gemacht hatte. Seine Frau und die Tochter verlassen, ohne viel zu sagen. Er hatte nur erklärt, dass keine andere Frau dahintersteckte, dass er dennoch gehen müsste, um gewisse Dinge zu klären.
Welche das waren, das hatte er weder Ellen noch ihrer Mutter anvertraut.
Er war einfach fort gewesen, doch richtig im Stich gelassen hatte er sie nicht. In regelmäßigen Abständen trafen Geldüberweisungen ein. Die Summe war ihnen stets in bar und durch die Post zugestellt worden, wobei es keinen Absender gab. Dass das Geld immer pünktlich eingetroffen war, sah Ellen jetzt noch als Wunder an.
Sie und ihre Mutter hatten es gut gebrauchen können. Es hatte sogar ausgereicht, um Ellen ein Studium zu finanzieren, und so hatte sie schließlich einen Job in einem Verlag bekommen. Mit dem Gehalt konnte sie keine Reichtümer erwerben, aber es reichte aus, um die Wohnung zu bezahlen und sie zu ernähren.
Und jetzt wollte er sie treffen. Nur sie, nicht die Mutter, die auch noch lebte, jedoch über das Verschwinden ihres Mannes nicht hinweggekommen war, denn sie war in Depressionen verfallen, die sich besonders in der dunklen Jahreszeit zeigten.
Warum? Was war der Grund?
Ellen wusste es nicht. Ihr Vater hatte ihr keinen Hinweis gegeben, doch seine Stimme hatte sehr bittend und auch drängend geklungen. Das hatte Ellen nicht vergessen, und deshalb ging sie davon aus, dass ihr Vater in Schwierigkeiten steckte, was sie sich bei ihm gar nicht vorstellen konnte, denn sie sah ihn in ihrer Erinnerung stets als einen starken Menschen, den nichts erschüttern konnte.
Doch auch er war älter geworden und hatte den Jahren Tribut zollen müssen. Wahrscheinlich besann er sich jetzt darauf, dass er noch eine Familie hatte.
So leicht wollte Ellen es ihm nicht machen. Wenn er kam und sich entschuldigen wollte, würde sie das nicht akzeptieren. Da mussten schon härtere Geschütze aufgefahren werden, das stand für sie fest, allerdings wollte sie auch nicht zu hart vorgehen, denn bei seinem Anruf hatte er bestimmt nicht geschauspielert.
Sie zog den linken Ärmel ihrer dreiviertellangen Jacke zurück und schaute auf die Uhr. Dabei verzogen sich ihre Mundwinkel, denn Roland Radix, ihr Vater, hatte sich bereits um fünfzehn Minuten verspätet. Das sah sie nicht eben als gutes Zeichen an.
Aber er hatte ihr gesagt, dass sie auf jeden Fall warten sollte, weil es möglicherweise Schwierigkeiten gab, was sich ebenfalls gefährlich angehört hatte.
Also weiterhin warten. Ihr Handy stand auf Empfang. Die Nummer hatte sie ihrem Vater mitgeteilt. Es wäre an sich seine Pflicht gewesen, sie anzurufen, doch darauf wartete sie vergeblich.
Je mehr Zeit verging, umso stärker wurde ihre Nervosität. Das Rauchen hatte sich Ellen eigentlich abgewöhnt, jetzt aber kramte sie die Packung hervor und steckte sich das Stäbchen zwischen die Lippen. Die Flamme des Feuerzeugs schirmte sie mit der Hand ab, wie jemand, der nicht dabei erwischt werden wollte. Sie hielt die Zigarette zudem so, dass die Glut verdeckt wurde.
Auf dem Fleck stehen zu bleiben schaffte sie nicht. Ellen ging auf und ab. Bis zum Eingang der nicht sehr großen Kirche, der verschlossen war, und wieder zurück.
Kam er noch? Kam er nicht?
Ellen kamen Zweifel, die sie allerdings wegscheuchte, weil sie es nicht glauben konnte, dass ihr Vater sie versetzt hatte. Seine Botschaft hatte einfach zu intensiv geklungen.
Sie trat die Zigarette aus und blieb wieder dort stehen, wo sie schon immer gestanden hatte. Mittlerweile war es noch dunkler geworden. Die Nacht hatte ihr Tuch über der Stadt ausgebreitet. Der abendliche Herbstwind brachte den Geruch des Hafens mit. Er erinnerte sie stets an die weite Welt, die sie gern kennengelernt hätte. Doch von Fernreisen konnte sie nur träumen. Gerade jetzt in der Krise mussten alle den Gürtel enger schnallen.
Wenn sie nach vorn schaute, fiel ihr Blick auf einen Buschgürtel. Er war nicht mehr ganz so dicht wie noch vor Wochen, und so sah sie durch die Lücken das Schimmern der Lichter, das immer dann auftrat, wenn Autos über die wenig befahrene Straße fuhren.
Wieder verging Zeit. Wieder klopfte ihr Herz schneller. Immer intensiver achtete sie auf die Geräusche, die sie umgaben. An das Rascheln des Laubes, das der Wind über den Boden trieb, hatte sie sich gewöhnt, und doch schreckte sie zusammen, wenn es mal anders klang.
Es war ein recht einsamer Ort. Hier konnten sich lichtscheue Gestalten verstecken, ohne schnell entdeckt zu werden.
Die Kirche war geschlossen. Das hatte sie schon ausprobiert, denn sie hatte auch damit gerechnet, dass ihr Vater möglicherweise in der Kirche wartete.
Wann kam er?
Es war noch immer nichts zu sehen und auch nichts Verdächtiges zu hören. Wenn er kam, würde er sich möglicherweise anschleichen oder von der Straße her kommen und dann über den schmalen Weg gehen, der an einer Stelle die Buschgruppe teilte.
Und dann sirrte ihr Handy. Ellen hatte den Klingelton sehr leise gestellt. Als sie ihn jetzt hörte, erschrak sie trotzdem.
Sekunden verstrichen, bevor sich Ellen meldete. Sie tat es mit einem gehauchten: »Ja …«
»Du bist da, Ellen?«
Ein Wutstrahl schoss in ihr hoch, als sie die Stimme ihres Vaters hörte. Aber sie riss sich zusammen und gab die Antwort mit normaler Stimme.
»Ja, ich warte schon.«
»Das ist gut. Hat dich jemand gesehen?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Bist du sicher?«
Ellen verdrehte die Augen. »Was willst du, Vater? Ich habe keinen anderen Menschen in meiner Nähe entdecken können. Meine Güte, warum fragst du so etwas? Was ist denn los? Deine Vorsicht oder Furcht geht mir auf die Nerven.«
»Sie ist nicht unbegründet«, antwortete Roland Radix. »Ich spiele dir hier nichts vor.«
»Du fürchtest dich?«
»Ja.«
»Und wovor?«
»Das werde ich dir jetzt nicht sagen. Sei gewiss, dass ich meine Gründe dafür habe.«
»Okay, das akzeptiere ich. Wo steckst du? Wann kannst du endlich bei mir sein?«
»Ich bin schon fast da. Hat dir die Zigarette geschmeckt?«
Ellen erschrak. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Das war einfach verrückt. Sie hatte gedacht, dass ihr Vater sie hatte sitzen lassen, und jetzt war er in der Nähe und …
»Hör mal, ich werde allmählich …«
»Nein, nein, nein«, sagte er scharf. »Alles, was ich tue, hat seinen Grund. Das musst du mir glauben, Kind.«
Kind! Ja, so hatte sie früher genannt. Plötzlich schossen Erinnerungen in ihr hoch, die sie rasch wieder verdrängte. Möglichst sachlich sagte sie: »Dann kannst du ja jeden Augenblick bei mir sein.«
»Das bin ich auch. Tu mir einen Gefallen und bleib dort stehen, wo du jetzt bist.«
»Klar. Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«
»Bis gleich.«
Ellen Radix atmete tief aus. Erleichtert war sie nicht gerade. Sie spürte schon den Pudding in den Knien und hätte sich am liebsten auf den Boden gesetzt. Das letzte Gespräch hatte sie aufgeputscht, sogar auf ihrer Stirn lag ein dünner Schweißfilm. Sie wusste nicht mal, ob sie sich darüber freuen konnte, dass ihr Vater in der Nähe war. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass etwas auf sie zurollte wie eine große schwarze Wand, der sie nicht entkommen konnte.
Noch sah sie ihn nicht. Wenn sie nach vorn schaute, dann gab es nur die abendliche Finsternis.
Plötzlich knirschte es rechts neben ihr. Sie drehte sich zur Seite und hörte zugleich die Stimme ihres Vaters, der sich angeschlichen hatte.
»Hallo, Ellen …«
*
Nein, jetzt nicht durchdrehen. Keine Gefühle zeigen. Wenn möglich cool bleiben. Alles andere wäre jetzt verkehrt gewesen. Sie hatte sich auf dem Weg zum Treffpunkt einiges vorgenommen, was sie ihrem Vater hätte sagen wollen. Davon nahm sie jetzt Abstand, außerdem waren die Sätze auch weg.
Er kam langsam näher und stoppte erst dann, als er dicht vor ihr stand und Ellen ihn trotz der Dunkelheit recht gut anschauen konnte. War das ihr Vater?
Er war älter geworden. Er hatte sich verändert. Aber noch immer war die hohe Stirn vorhanden. Dahinter und auf dem Kopf wuchs ein weißer Haarkranz, der als schmaler Bart an beiden Seiten des Gesichts entlang lief und sich unter dem Kinn zu einem dünnen Bart vereinigte. Der schmale Mund und die gebogene Nase hatten sich nicht verändert. Sie musste an das Bild denken, das im Schlafzimmer ihrer Mutter auf dem Nachttisch stand und schon so viele Tränen gesehen hatte.
»Ja«, sagte er und nickte. »Wenn ich dich so anschaue, kann ich stolz auf meine Tochter sein.«
Beinahe hätte sie über diese Bemerkung gelacht. »Aber ich kann nicht auf dich stolz sein. Du hast dich aus unserem Leben geschlichen. Du hast Mutter und mich im Stich gelassen. Wir beide haben …«
»Bitte, nicht jetzt!«
Es kam über sie. Zu viel hatte sich in den Jahren angestaut. »Doch, Vater, das muss einfach sein, was immer du auch mit dieser Begegnung vorhast. Darüber muss gesprochen werden.«
»Nein!«
Dieses Nein hatte er gezischt, und plötzlich leuchtete in seinen Augen etwas auf, was Ellen Angst machte. Unwillkürlich wich sie zurück und registrierte, dass ihr Vater mit beiden Händen abwinkte. Bei den nächsten Worten beruhigte sich seine Stimme wieder.
»Es tut mir leid, dass ich dich angefahren habe. Aber es musste sein. Dass wir uns hier getroffen haben, ist kein Zufall. Dafür gibt es einen triftigen Grund.«
Sie lachte in seine Erklärung hinein. »Sag jetzt nur nicht, dass du dich entschuldigen willst.«
»Ich hätte allen Grund dazu.«
»Gut, dass du es einsiehst.«
»Aber das ist hier nicht der richtige Ort und auch nicht der richtige Zeitpunkt. Es geht um etwas anderes, Ellen.«
»Aha. Und um was? Was ist denn wichtiger als eine Erklärung oder Entschuldigung?«
»Es geht um Leben und Tod!«
Ellen Radix sagte nichts mehr. Sie hatte fragen wollen, warum sie hierher bestellt worden war, wenn es nicht der richtige Ort oder Zeitpunkt war, doch nun hatte es ihr die Sprache verschlagen. Konnte sie ihrem Vater, der ihr mehr wie ein Fremder vorkam, überhaupt trauen?
Sie sah ihn vor sich, hörte ihn schwer atmen, und sie erkannte auch seine Unsicherheit. Er blickte immer wieder nach allen Seiten, allerdings drehte er sich nie ganz um, sondern immer nur halb.
»Sollen wir von hier weggehen?«, fragte sie mit ruhiger Stimme. Je mehr Zeit verstrich, umso ruhiger wurde sie, und sie sah, dass ihr Vater heftig nickte.
»Und wohin?«
»Ich würde am liebsten in die Kirche gehen. Aber die ist verschlossen, das habe ich schon ausprobiert. Lass uns auf die Rückseite gehen. Da ist das Gelände unübersichtlicher.«
»Wie du meinst.«
Bevor Roland Radix den ersten Schritt tat, schaute er sich um. Da war nichts zu sehen, was ihnen hätte gefährlich werden können. Dann gingen sie los, und es war mehr ein Schleichen. Roland Radix schaffte es nicht, sich locker zu bewegen. Sein Verhalten wirkte wie das eines Menschen, der sich von allen Seiten bedroht fühlte.
An der Rückseite der Kirche war das Gelände tatsächlich dichter bewachsen. Aber die direkte Nähe der Kirchenmauer war frei, und dort konnten sie sich hinstellen.
Ellen hörte das Schnaufen ihres Vater, als er sich mit dem Rücken gegen die Kirchenmauer gelehnt hatte. »Falls ich noch dazu komme, werde ich dir später erklären, warum ich mich so lange Zeit nicht gemeldet habe. Ich sage dir nur, dass ich meine berechtigten Gründe gehabt habe.«
»Ist das nicht zu egoistisch betrachtet?«
Ein entschiedenes Nein war die Antwort. Dann sagt er: »Es war kein Egoismus. Es diente allein eurem Schutz. Ich wollte euch auf keinen Fall in Gefahr bringen.«
Ellen schluckte. Normalerweise hätte sie den Kopf geschüttelt. Das wagte sie nicht mehr. Die Stimme ihres Vaters hatte sehr ehrlich und ernst geklungen.
»Was ist denn passiert?«, fragte sie.
»Die Antwort ist leicht. Ich habe Forschungen betrieben, um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen.«
»Super.« Ihre Stimme klang sarkastisch. »Und deshalb bist du über Jahre hinweg verschwunden?«
»Das musste sein.«
»Und welch ein Geheimnis ist das gewesen?«
Er drückte sich zunächst um eine Antwort herum. »Es ist schwer für mich, dir dies konkret zu sagen, aber es hat mit dem Begriff Alchemie zu tun.«
»Ach …«
»Verstehst du?«
»Ja, nur nicht in Einzelheiten. Da muss man wohl Hunderte von Jahren zurückkehren. Haben diese Spinner oder Alchemisten nicht versucht, Gold herzustellen?«
»Ja, das haben sie. Überall in Europa. An den Höfen der Fürsten, Könige und Adeligen. Jeder, der etwas auf sich hielt und der genug Geld besaß, hat sich einen Alchemisten an den Hof geholt. Die Sucht nach dem gelben Metall war ungemein stark.«
»Davon habe ich gehört, Vater. Nur ist es keinem gelungen, aus Blei Gold zu machen.«
Roland Radix schwieg.
Darüber wunderte sich seine Tochter. Sie hatte damit gerechnet, dass ihr Vater ihr zustimmte. Stattdessen sagte er kein Wort. Die Muskeln in seinem Gesicht bewegten sich zuckend, als stünde er unter einem gewaltigen Druck.
»Warum sagst du nichts?«
»Bist du dir sicher?«, flüsterte er.
»Du meinst das mit dem Gold?«
»Ja, genau.« Er nickte. »Das Gold war und ist das Maß aller Dinge. Das ist bis heute so geblieben. Nicht umsonst beruht die Währungsstabilität auf Goldreserven. Aber das ist jetzt unwichtig. Mich hat immer fasziniert, dass Menschen versucht haben, Gold herzustellen, und ich bin der Überzeugung, dass sie es auch geschafft haben. Es hat dieses fast reine Metall gegeben, das alles in den Schatten stellt, was die Menschen an Gold kennen. Das hat mich fasziniert. Deshalb bin ich losgezogen, um das Rätsel zu lösen. Ich habe geforscht, aber ich habe mich nicht nur mit der Theorie befasst. Ich tauchte in die Praxis ein und bin einem Ergebnis sehr nahe gekommen.«
»Das kann ich nicht glauben, Vater.«
Roland Radix ließ sich nicht beirren. Er redete weiter und legte dabei seine Hände auf die Schultern der Tochter. »Leider bin ich zu unvorsichtig gewesen. Es gibt sehr gefährliche Menschen, die ebenfalls hinter diesem Geheimnis her sind oder es hüten wollen. So genau weiß ich das nicht. Aber sie setzen alles daran, dass nichts an die Öffentlichkeit gelangt. Ich habe zwar den richtigen Ort gefunden, doch den fanden meine Verfolger heraus. Ich bin ihnen im letzten Augenblick entwischt. Sie gaben aber nicht auf. Sie haben mich gejagt, und sie jagen mich immer noch. So ist mein Leben auch weiterhin in großer Gefahr.«
»Dann hast du sie nicht abschütteln können?«
»So ist es.«
Ellen schwieg. Noch vor Kurzem hatte sie ihren Vater für einen Spinner gehalten. Jetzt dachte sie anders über ihn. Was er ihr gesagt hatte, das hatte nicht nach einem Märchen geklungen. Er hatte es sehr ernst gemeint, und als sie in seine Augen schaute, erkannte sie nicht den Schimmer einer Unaufrichtigkeit. So etwas wie ein Gefühl des Mitleids stieg in ihr hoch. Sie schaffte sogar ein weiches Lächeln und fragte: »Was habe ich mit deinen Forschungen zu tun?«
»Du bist meine letzte Chance, Ellen!«
»Bitte?« Sie war so erstaunt, dass sie den Kopf schüttelte. Andererseits musste es einen Grund geben, dass er nach seiner Tochter gesucht hatte.
»Ja, Ellen. Ich weiß nicht, ob ich es jemals schaffe, meinen Verfolgern zu entkommen. Deshalb will ich auf Nummer sicher gehen. Ich werde dir etwas übergeben.«
»Und was?«