John Sinclair 1681 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1681 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!

Die Frau tauchte auf wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Ich hätte beinahe noch einen Unfall verursacht, denn mit so etwas rechnet man als Fahrer nicht. Mitten auf der Straße stand sie und wurde nicht nur von mir gesehen.

Aber dann war sie weg. Einfach so. Und ich hatte ein Problem, das sogar einen Namen besaß ...

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

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EPUB

Seitenzahl: 135

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumTödliche Fata MorganaVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Tödliche Fata Morgana

Die Frau tauchte auf wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Ich hätte beinahe noch einen Unfall verursacht, denn mit so etwas rechnet man als Fahrer nicht. Mitten auf der Straße stand sie und wurde nicht nur von mir gesehen.

Aber dann war sie weg. Einfach so. Und ich hatte ein Problem, das sogar einen Namen besaß …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-4452-0

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Tödliche Fata Morgana

Alles ging so schnell, dass es mir kaum möglich war, zu reagieren, und langsam war ich nun wirklich nicht. Besonders nicht als Autofahrer. Diesmal allerdings lief alles anders ab.

Der Fahrer des Lieferwagens vor mir bremste!

Im Dämmerlicht wirkte er monströs. Die Rücklichter verwandelten sich in große dunkle Augen, die mir befahlen, auf die Bremse zu treten, was ich sofort tat.

Es wurde knapp, ich schaffte es trotzdem. Der Rover stand, bevor er den Wagen vor mir auch nur mit der Stoßstange antippen konnte. Ich rührte mich eine Weile nicht. Wie eine Eisfigur blieb ich hinter dem Lenkrad sitzen, obwohl eine Figur aus Eis bei diesen Temperaturen kaum Überlebenschancen gehabt hätte. Nur mein Herz bewegte sich, und das recht schnell.

Ich wusste nicht, aus welchem Grund der Fahrer vor mir so plötzlich abgebremst hatte, aber ich würde es herausfinden. Er war noch nicht wieder gestartet.

Was den Verkehr anging, so hatte ich Glück. Zwar hatten sich hinter meinem Rover auch andere Wagen befunden, aber so weit entfernt, dass die Gefahr eines Zusammenstoßes nicht bestanden hatte. Hinter mir hatte sich auch keine Schlange gebildet. Die Straße war breit genug, sodass sich die anderen Autos an unseren beiden Fahrzeugen vorbeischlängeln konnten.

Ich stieg aus.

Die Luft wirkte wie feuchte Pappe. Es war unangenehm, sie einzuatmen. Im Wagen hatte die Klimaanlage für Kühle gesorgt, nun aber hatte ich das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen.

Es war ein dunkler Transporter, der vor mir so plötzlich gebremst hatte. Kein großer Lastwagen, sondern einer dieser Kastenwagen oder Flitzer, die auf den Autobahnen ziemlich schnell werden konnten.

Bis zum Fahrerhaus waren es nur ein paar Schritte. Um durch die Seitenscheibe schauen zu können, musste ich mich etwas recken. Ich sah den Umriss eines Mannes, der sich aber nicht bewegte. Er schien ebenso zu einer Eisfigur geworden zu sein wie ich zuvor.

Ich klopfte gegen die Scheibe. Eine Reaktion erlebte ich nicht. Da schien eine Leiche hinter dem Lenkrad zu sitzen.

Da der Fahrer auf meine Freundlichkeiten nicht reagierte, ging ich anders vor. Ich glaubte nicht, dass die Fahrertür verschlossen war, probierte es am Griff – und zog sie auf.

Es wäre normal gewesen, wenn der Mann mit den kurzen Haaren und den breiten Schultern zusammengezuckt wäre, auch das war nicht der Fall.

Er saß da, bewegte sich nicht, hielt seinen Blick nach vorn gerichtet und schien seine Umwelt nicht wahrzunehmen.

Ich sprach ihn an. »He, schlafen Sie?«

Das tat er nicht. Er hatte mich gehört und gab ein leises Stöhngeräusch von sich.

»Was ist los mit Ihnen? Ist Ihnen schlecht? Geht es Ihnen dreckig, haben Sie Probleme mit dem Wetter?«

»Nein …«

Ein leises Wort nur hatte er gesprochen, und ich war froh, eine Reaktion erlebt zu haben.

»Was ist es dann? Warum haben Sie so plötzlich gebremst? Ich wäre beinahe aufgefahren.«

Er nickte nur.

Ich war ein geduldiger Mensch und musste das in diesem Fall einmal mehr beweisen. »Gab es einen Grund, dass Sie so plötzlich angehalten haben und zu einem Verkehrshindernis geworden sind?«

»Ja, den gab es.«

»Und welchen? Darf ich das wissen?«

Er drehte mir sein Gesicht auch nicht zu, als er mit langsamen Worten Antwort gab.

»Sie ist plötzlich da gewesen. Auf einmal. Ich habe sie zuvor nicht gesehen. Aber dann schien sie aus dem Himmel gefallen zu sein und stand plötzlich vor mir.«

»Sie meinen vor Ihrem Auto?«

Eine Bestätigung erhielt ich nicht. Er saß da und dachte nach. Das jedenfalls kam mir so vor.

»Gut. Und wer ist Ihnen da erschienen?«

Ich hörte ihn stöhnen. »Wenn ich Ihnen das sage, halten Sie mich für verrückt.«

»Versuchen Sie es trotzdem.«

»Also gut«, flüsterte er, »es ist eine Frau gewesen.«

Ich war schon überrascht, wollte seine Aussagen auch nicht in Zweifel ziehen, fragte aber dennoch nach.

»Sind Sie sicher?«

»Ja, ja, ja …«, brach es aus ihm hervor, und sein Körper zuckte. »Ich bin mir sicher, das können Sie mir glauben. Sie erschien aus dem Nichts, dann war sie wieder weg. Wie eine Fata Morgana.«

»Ist sie weggelaufen?«

»Keine Ahnung. Möglich. Aber ich denke, dass sie sich eher aufgelöst hat. So schnell, wie sie kam, war sie auch wieder verschwunden. Als hätte es sie nie zuvor gegeben. Das ist schon ein Hammer gewesen, kann ich Ihnen sagen. Ich – ich – musste einfach bremsen, sonst hätte ich sie überfahren. Da habe ich ja noch gedacht, dass sie aus Fleisch und Blut ist. Aber jetzt sieht das alles anders aus. Da frage ich mich, ob ich verrückt bin.« Zum ersten Mal drehte er den Kopf zur Seite und schaute mich an. »Ja, Mister, das fragt man sich.«

»Sicher.« Ich wusste nicht, was ich mit der Aussage anfangen sollte. War das die Wahrheit oder hatte der Mann sich eine Wahrheit zurechtgelegt, um besser dazustehen? Da war eigentlich alles möglich. Auf mich machte er allerdings nicht den Eindruck, als hätte er sich etwas zusammengesponnen. Die Augen blickten schon klar und nüchtern, doch eine gewisse Angst konnte er nicht verbergen.

Ich hütete mich davor, ihn auszulachen. Ganz im Gegenteil, ich wollte jetzt mehr Details wissen und sprach ihn noch mal auf das Erscheinen der Frau an.

»Können Sie mir sagen, wie sie aussah?«

»Ja.«

Die Antwort überraschte mich. »Sie haben Sie also länger gesehen? Oder sagen wir so lange gesehen, um sich ihr Aussehen einzuprägen. Liege ich da richtig?«

»Das tun Sie.«

»Und weiter?«

Er furchte die Stirn. Sein Blick wurde leicht misstrauisch. »Hören Sie, Mister, warum interessiert Sie das alles so? Warum mischen Sie sich ein?«

Ich wollte ihm natürlich nicht sagen, wer ich war und woher mein Interesse stammte, so gab ich ihm eine Antwort, die nicht mal wie eine Ausrede klang.

»Sie haben sehr plötzlich angehalten. Im letzten Augenblick ist es mir gelungen, zu bremsen. Da hat man natürlich ein gewisses Interesse, warum so stark gebremst wurde.«

»Ja, stimmt.«

»Und jetzt sagen Sie mir, dass es die Frau gewesen ist, die plötzlich verschwand.«

»Genau.«

»Und Sie wissen nicht, wohin sie gelaufen ist? Nach rechts, nach links oder vielleicht zurück?«

Er hob die Arme an. »Sie war weg, verstehen Sie? Einfach wie aufgelöst. Würde ich an Geister glauben, so hätte ich jetzt gesagt, dass sie ein Geist gewesen ist. Ich habe mich für den Begriff Fata Morgana entschieden. Sie ist für mich ein Trugbild gewesen. Sie tauchte plötzlich auf und dann war sie wieder weg!«

Ich nickte.

Das konnte er nicht begreifen. »Sie glauben mir nicht, wie?«

»Doch, Mister, ich denke nur nach und frage mich, ob Ihnen die Frau fremd gewesen ist.«

»Und ob sie das war. Ich habe sie nie zuvor gesehen.«

»Sie sagten vorhin, dass Sie die Person beschreiben könnten.«

Der Fahrer überlegte nicht lange. »Ich habe sie nur kurz gesehen, aber ich habe noch genau vor mir, wie sie aussah. Das war auch nicht normal, kann ich Ihnen sagen.«

»Wieso nicht?«

Er überlegte und bewegte dabei unruhig seine Hände. »Sie sah so anders aus und passte eigentlich nicht hierher, obwohl in London ja genug ausgeflippte Typen herumlaufen. Für mich sah sie exotisch aus.«

Die Beschreibung half mir auch nicht weiter. »Mehr können Sie über die Person nicht sagen?«

»Nackt war sie nicht. Sie trug ein weißes dünnes Kleid, das nur bis zu den Knien ging. Ihr Haar war lang und dunkel. Dann hatte sie etwas an der Stirn, was ich aber nicht genau beschreiben kann.«

»Und ihr Gesicht?«

Er winkte ab. »Fragen Sie mich nicht danach. Das habe ich so genau nicht gesehen. Ich würde es trotzdem als exotisch bezeichnen. Das ist alles.« Er nickte und sagte mit fester Stimme: »Jetzt werde ich fahren müssen, ich will nach Hause, ich habe Feierabend.«

Das konnte ich verstehen. Aber ich wollte ihn nicht einfach so fahren lassen, denn mein Bauchgefühl riet mir, nicht so leicht aufzugeben und diese Begegnung nur als Episode anzusehen.

»Darf ich Ihren Namen wissen?«

»He, warum das denn?«

»Ich heiße John Sinclair.« Meinen Ausweis hatte ich während des Sprechens hervorgeholt.

Der Fahrer las ihn, fing an zu schlucken und konnte erst dann sprechen.

»Polizei?«

»Ja.«

Als er mir meinen Ausweis zurückgab, zitterte seine Hand. Meine letzte Frage hatte er noch nicht beantwortet, was er nun nachholte.

Er hieß Luke Stadler und nannte mir sogar seine Adresse, die ich mir einprägte. Außerdem erfuhr ich, dass er als Mini-Transportunternehmer arbeitete und dabei nur von seiner Frau unterstützt wurde. Für die kleine Firma fuhren zwei Autos.

Ich gab ihm auch meine Telefonnummer, unter der er mich beim Yard erreichen konnte.

»Danke, aber das wird wohl nicht nötig sein.«

»Man kann nie wissen.«

Er steckte die Karte weg und zog die Nase hoch. »Mal ehrlich, Mr Sinclair, glauben Sie mir wirklich? Oder halten Sie mich für einen Spinner? Das können Sie ruhig sagen. Ich bin da nicht sauer.«

»Das weiß ich. Wenn ich Sie für einen Spinner gehalten hätte, glauben Sie wirklich, ich hätte Ihnen dann meine Karte gegeben? Eher nicht – oder?«

Er nickte. »Ja, das muss man wohl so sehen, Sir.« Er blies die Luft aus und sagte: »Ich werde dann mal fahren.«

»Tun Sie das.«

Er startete noch nicht, sondern fragte: »Können Sie mir sagen, weshalb gerade ich diese Erscheinung gesehen habe?«

»Nein, das kann ich nicht. Auch Polizisten sind leider nicht allwissend, Mr Stadler.«

Er grinste und meinte: »Irgendwie beruhigt mich das.«

Ich trat von der Tür weg, damit er sie schließen konnte. Sein Arm befand sich schon in der entsprechenden Bewegung, hielt dann aber urplötzlich wieder an. Aus seinem Mund drang ein undefinierbares Geräusch, seine Augen weiteten sich, und er wies mit einer zitternden rechten Hand nach vorn.

»Da – da …«

Ich hatte mich schon abgewandt, doch seine Reaktion machte mich wieder wach. Ich blickte dorthin, wohin Luke Stadler zeigte.

Vor dem Wagen mitten auf der Straße stand die Frau, die Luke Stadler als eine Fata Morgana bezeichnet hatte …

*

Es war auch für mich eine Überraschung, und ich hatte in meinem Leben schon einiges erlebt. Aber diese Person zu sehen, das war auch für mich neu und überraschend. Auch ich hatte nicht erkennen können, woher sie gekommen war, sie stand einfach nur da und sah aus, wie Stadler sie mir beschrieben hatte.

Lange dunkle Haare, ein weißes und irgendwie luftiges Kleid – und keine Schuhe an den nackten Füßen.

Woher sie gekommen war, hatte ich nicht gesehen. Sie war aber da und schien zu warten oder uns zu locken.

Luke Stadler war wie aus dem Häuschen. Seine Starre hatte er überwunden. Er rutschte auf seinem Sitz hin und her. Dabei zuckte seine rechte Hand vor und zurück.

»Da, das ist sie! Das ist die Frau, von der ich Ihnen erzählt habe!«

»Gut«, sagte ich und fügte hinzu, dass er bitte ruhig bleiben solle.

»Klar. Da müssen Sie nichts befürchten. Denn ich habe gewaltigen Schiss. Woher kommt sie so plötzlich? Das war wie vorhin, als ich bremsen musste.«

Ich hatte ihn reden lassen. Mein Plan war längst gefasst. Ich wollte wissen, um wen es sich bei dieser Person handelte. Da brachte es nichts, wenn ich stehen blieb und darauf wartete, dass sie mir mit einer Antwort entgegenkam. Ich musste schon selbst etwas unternehmen und ging auf die Person zu, von der ich nicht wusste, ob sie stofflich oder feinstofflich war. Ich konzentrierte mich dabei auf die Umrisse. Für mich war es eine Sache der Erfahrung, es war durchaus möglich, dass sie leicht vibrierte. Sollte das der Fall sein, konnte ich davon ausgehen, keine normale Person vor mir zu haben.

Ja, es traf zu. Auch wenn es nur sehr schwach zu sehen war. Die Umrisse flimmerten leicht, als würde eine bestimmte Energie sie davon abhalten, nach außen zu dringen.

Auch weiterhin schoben sich andere Fahrzeuge an uns vorbei. Die Fahrer mussten stark mit dem Tempo herabgehen, und sicherlich nahmen sie auch die Frau auf der Straße wahr, aber sie kümmerten sich nicht darum. In London liefen viele ausgeflippte Typen herum, die sich ungewöhnlich verhielten, das gehörte schon beinahe zum normalen Straßenbild.

Die Frau sah mich an. Das zumindest glaubte ich. Und ich erwiderte ihren Blick. Um die Farbe der Augen erkennen zu können, war es einfach nicht hell genug. Das weiße Kleid stach deutlich von der dunklen Haut ab und ich ging davon aus, dass es sich bei der Person um eine Exotin handelte.

Es reizte mich natürlich, sie anzufassen, doch dazu musste ich noch näher an sie heran. Ich rechnete zudem damit, dass sie zur Seite zucken würde, was jedoch nicht geschah. Dafür blieb ich stehen, und das hatte seinen Grund, denn es geschah etwas mit uns. Von ihr strahlte etwas aus, was mich traf. Es war keine Berührung, dazu war die Lücke zwischen uns zu groß, aber es gab so etwas wie eine Aura, die an mir entlang strich. Ich spürte sie auf dem Gesicht, dann weiter am gesamten Körper – und ich erlebte auch so etwas wie eine Gegenreaktion, denn als diese Strahlung meine Brust erreichte, da handelte das Kreuz.

Das versetzte mir zwar keinen Schock, aber es wunderte mich schon, denn das Kreuz sandte keinen Wärmestoß ab. Trotzdem tat sich etwas auf meiner Haut. Dort breitete sich ein leichtes Kribbeln aus, als würden dünne Spinnenbeine darüber hinwegleiten.

Das war schon mehr als seltsam, und ich musste zugeben, dass ich so etwas noch nie erlebt hatte. Es war ein Strom, den diese Fremde aussandte. Er hatte sich auf meinen Talisman konzentriert.

Natürlich dachte ich darüber nach, das Kreuz unter der Kleidung hervorzuziehen. Es blieb jedoch beim Vorsatz, denn meine Arme kamen mir so schwer vor, als wären sie mit Blei gefüllt.

Was wollte diese Person? Wer war sie? Warum war sie gekommen? War sie echt oder nur eine Fata Morgana, wie Luke Stadler behauptet hatte?

Ich sprach sie an und flüsterte ihr zu: »Kannst du reden?«

Sie bewegte ihre Lippen, das war deutlich zu sehen. Doch ich hörte nichts.

Sie flüsterte nicht, sie schüttelte auch nicht den Kopf, aber ihr Gesichtsausdruck schien mich auf etwas hinweisen zu wollen. Er sah traurig aus, zugleich warnend, und einen Moment später drehte sie sich um und ging davon.

Die Unbekannte ließ mich stehen, ohne dass es mir gelungen war, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Ich wollte sie eigentlich nicht laufen lassen und dachte auch an eine Verfolgung. Die konnte ich mir schenken, denn schon knapp drei Meter weiter gab es die Frau nicht mehr. Da hatte sich die Fata Morgana aufgelöst und hatte mich zurückgelassen wie einen dummen Jungen …

*

Es verging eine ganze Weile, bevor ich mich umdrehte. Mein Blick traf Luke Stadler, der nicht mehr in seinem Wagen saß. Er hatte ihn verlassen und stand jetzt neben der Tür. Er war zum Zeugen dieses Vorgangs geworden, und seinem Gesichtsausdruck war abzulesen, dass er nichts, aber auch gar nichts begriff.

Mir erging es ähnlich, aber ich hatte meine Sprache nicht verloren und stellte ihm eine Frage.

»Haben Sie alles gesehen?«

Luke Stadler nickte heftig.

»Dann habe ich ja einen Zeugen.«