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"Da kommt jemand!", sagte Nummer Drei.
"Wo?", fragte Nummer Vier.
"Ich höre Schritte."
"Am Kai? Am Wasser?"
"Kann sein." Nummer Drei zog die Nase hoch. "Aber so genau weiß ich das nicht."
"Dann sollten wir nachsehen."
"Das denke ich auch."
Die beiden Männer der Zahlenbande waren auf Beutezug. Namen interessierten sie nicht. Sie hatten sich für einen Zahlencode entschieden. Das war besser. So konnte man ihnen nichts beweisen ...
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Seitenzahl: 112
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Horror-Spur der Schattenfrau
Jason Dark’s Leserseite
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: breakermaximus/shutterstock
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-7608-1
„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.
www.john-sinclair.de
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Horror-Spur der Schattenfrau
»Da kommt jemand!«, sagte Nummer Drei.
»Wo?«, fragte Nummer Vier.
»Ich höre Schritte.«
»Am Kai? Am Wasser?«
»Kann sein.« Nummer Drei zog die Nase hoch. »Aber so genau weiß ich das nicht.«
»Dann sollten wir nachsehen.«
»Das denke ich auch.«
Die beiden Männer der Zahlenbande waren auf Beutezug. Namen interessierten sie nicht. Sie hatten sich für einen Zahlencode entschieden. Das war besser. So konnte man ihnen nichts beweisen …
Bisher waren die beiden jungen Männer in Deckung geblieben. Jetzt verließen sie den Schutz der alten Plakatwand, blieben für einen Moment stehen und Nummer Drei zeigte dorthin, wo er die Geräusche gehört hatte.
Es war irgendwo im Hafen. Es gab zwar einen Kai, doch an ihm lag kein Schiff. Hin und wieder hörten sie eine Welle, die gegen die Kaimauer schwappte.
Es war nichts zu hören und auch nichts zu sehen. Keine Gestalt schob sich näher. Nur in der Ferne waren Geräusche zu hören, und zwar dort, sich auch das Licht befand, denn da wurde auch noch in der Nacht gearbeitet.
»Was jetzt?«
Nummer Vier nickte. »Lass uns ein Stück gehen. Kann sein, dass wir was sehen.«
»Wie du meinst.«
Sie setzten ihren Weg fort und sorgten dafür, dass sie so gut wie nicht zu hören waren. Und dann blieben sie stehen, denn vor ihnen tat sich etwas.
Jemand kam ihnen entgegen. Sie konnten nicht viel sehen und warteten ab.
Eine Gestalt kam näher und dann direkt auf sie zu. Und jetzt sahen beide, dass es sich um eine Frau handelte.
Nummer Drei lachte. Dann flüsterte er: »Was will denn ein Weib in der Nacht hier am Hafen?«
»Keine Ahnung.«
»Wäre das was für uns?«
Nummer Vier runzelte für einen Moment die Stirn. »Was ist denn, wenn es eine alte Oma ist?«
»Dann hauen wir ab.«
»Gut.« Nummer Vier holte eine Stablampe hervor. Er schaltete sie ein, und der Strahl malte einen hellen Kreis auf den Boden, der bald weiterwanderte, als er die Lampe anhob und den Strahl nach vorne schickte. Er traf sein Ziel. Es war die Frau.
Und was für eine!
Nummer Drei stöhnte auf. »He, ist das ein Schuss. Wir sind genau richtig hier.«
»Meine ich auch.«
Mehr sagten die beiden erst mal nicht. Der Schein blieb auf die Frau gerichtet, deren schwarzes Haar in Wellen auf ihrem Kopf lag. Darunter zeichnete sich ein blasses Gesicht ab. Da konnte man auch von einer Schönheit sprechen, denn mit der Blässe fielen die roten Lippen besonders auf. Auch die dunklen Augen mussten dem Betrachter faszinierend vorkommen.
So konnte man sich ein etwas älteres Schneewittchen vorstellen, aber daran dachten die beiden Männer nicht. Ihnen kam es darauf an, wie die Frau unter dem leichten Sommermantel aussah.
»Ist das unser Glückstag?«, fragte Nummer Vier.
»Sieht so aus.«
»Wir könnten sie mitnehmen.«
»Wäre nicht schlecht. Mal schauen, wie sie reagiert. Angst scheint sie nicht zu haben. Oder siehst du was?«
»Nein, sie wirkt entspannt.«
»Dann wollen wir mal!«
»Und ob.«
Sie bauten sich mit einem Grinsen vor der Frau auf. Nummer Drei griff zwischen seine Beine und deutete mit einer obszönen Handbewegung an, was er mit seiner Beute vorhatte.
Die roten Lippen der Frau umspielte ein feines Lächeln. Dann meldete sie sich zu Wort.
»Was immer ihr vorhabt: Lasst es sein.«
»Was?«
»Ja, ihr solltet verschwinden.«
Nummer Drei und Nummer Vier schauten sich an. Dann fingen sie an zu lachen. Was sie da gehört hatten, das konnten sie nicht glauben. Neugierig blickten sie die schöne Frau an.
»Ihr wollt nicht abhauen?«, fragte sie fast beiläufig.
»Wollen wir nicht«, sagte Nummer Drei.
»Dann werdet ihr ein Schicksal erleiden, das schlimmer als der Tod ist. Glaubt mir.«
Nummer Drei streckte seinen Arm vor. »Das wollen wir sehen!«
Die Frau bewegte ihre Hände. Sie glitten an den Knöpfen des Mantels entlang, doch dabei blieb es nicht, denn sie fing damit an, mit ihren flinken Fingern den Mantel aufzuknöpfen.
Nummer Drei und Vier standen einfach nur da und staunten. Die Unbekannte hatte ihren Mantel bis zum letzten Knopf geöffnet.
Dabei blieb es nicht. Sie umfasste die beiden Hälften und zog sie in verschiedene Richtungen auseinander.
Nummer Drei und Nummer Vier fielen fast die Augen aus dem Kopf. Sie konnten nicht glauben, was sie sehen.
Die Frau war nackt!
☆
Die beiden jungen Männer waren total verblüfft. Eine nackte Frau mitten in der Nacht. Aber was für eine! Das war einfach nur eine Superfrau.
Die beiden Männer waren nicht dafür bekannt, dass sie die Klappe halten konnten. Jetzt aber standen sie stumm da und glotzten. Ihre Gesichter schienen eingefroren zu sein. War das Einbildung? Träumten sie? Doch es war ganz sicher keine Halluzination, die Schönheit vor ihnen war echt.
»Verdammte Scheiße!«, flüsterte Nummer Drei.
»Kannst du laut sagen!«
»Was machen wir?
»Die vögeln wir durch.«
»Super. Und wo?«
Da wussten beide keine Antwort. Sie sahen die Brüste der Frau, auch ihr Dreieck zwischen den Schenkeln, da war alles perfekt. Trotzdem konnten die beiden jungen Männer noch nicht so recht an ihr Glück glauben. Nummer Vier fasste sich ein Herz. »Bist du echt?«
»Glaubst du, ich wäre eine Puppe?«
»Nein, das nicht, aber dir ist schon klar, was wir gleich mit dir machen.« Eine Hand wischte über die Lippen von Nummer Vier.
»Ich kann mir denken, was ihr vorhabt, aber ich möchte euch warnen. Es könnte für euch übel enden.«
Nummer Drei konnte sich kaum noch beherrschen: »Hast du schon mal so einen Scheiß gehört?«, fragte er seinen Kollegen entnervt.
»Habe ich nicht.«
»Dann wollen wir mal.«
»Na, denn kommt mal näher.« Mit einer erotischen Geste öffnete sie den Mantel noch ein gutes Stück. Ihre beeindruckenden Brüste machten eine leichte Bewegung, und die jungen Männer bekamen große Augen.
»Dann kommt doch her!«
Das ließen sich die beiden nicht länger sagen, und mit einem Mal glitten vier Hände über ihren Körper, die ihre Brüste kneteten, sich auch an den Oberschenkeln zu schaffen machten und so in die Sache vertieft waren, dass sie nicht sahen, was mit der Frau passierte.
Die fing an, sich zu verändern. In ihrer Geilheit sahen beide nichts. Die linke Körperhälfte der Nackten dunkelte ein, sie wurde grau, wenig später schwarz, und dann passierte etwas, das Nummer Drei nicht nachvollziehen konnte.
Gerade eben noch hatte er seine Hände am Rücken der Frau auf Wanderschaft gehen lassen, als er plötzlich keinen Widerstand mehr spürte. Es war, als würde er ins Leere greifen.
Aber es war noch etwas da.
Ein Schatten. Die linke Körperhälfte hatte sich in einen Schatten verwandelt, der eine unfassbare Kühle abstrahlte.
Er konnte nicht glauben, was er da sah und schaute nach seinem Freund. Dem stand auch das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, denn auch die andere Körperhälfte hatte sich in etwas verwandelt, dass mit dem Körper einer schönen Frau nichts zu tun hatte. Was eben noch aus Fleisch und Blut war, verwandelte sich in ein graues Etwas, und Sekunden später hatten sich die beiden Körperhälften vor ihren Augen in etwas Neues verwandelt.
Vier Augen starrten das an, was vor ihnen stand. Und das war alles andere beruhigend. Sie sahen ein zweidimensionales Wesen vor sich. Schwarz wie die Nacht.
»Eh, das kann ich nicht glauben.«
»Ich auch nicht.« Nummer Drei hustete. »Komm, wir verschwinden. Das hier ist unheimlich. Das glaubt uns kein Mensch.«
»Okay, wir hauen ab.«
Die Schattenfrau hatte gehört, was sie gesagt hatten. Ihr Körper glich dem einer Statue. Seit ihrer Verwandlung verharrte sie regungslos. Sie schien darauf zu warten, wieder in die Normalität zurückkehren zu können.
Und dann griff die Schattenfrau zu. Beide Männer wussten nicht, was ihnen passierte. Sie selbst bewegten sich nicht. Sie wurden bewegt, und dabei gab es auch ein Ziel.
Es war die Schattenfrau.
Plötzlich wurden sie von ihr angezogen wie das Stück Eisen von einem Magnet. Und in der nächsten Sekunde glitten sie hinein in diesen Schattenkörper, der Platz für beide hatte. Um sie herum wurde es kalt, eiskalt.
Beide wollten schreien, aber es gelang ihnen nicht. Der Schatten und die Kälte bissen zu. Sie hörten noch ein leises Lachen, dann ein Flüstern, das wie eine Beschwörung klang, und plötzlich war der Druck so groß, dass man ihn nicht aushalten konnte.
Dann kam die Schwärze. Sie tauchten ein in die Finsternis, aus der es kein Entrinnen mehr gab …
☆
Tot?
Nein, sie waren nicht tot. Sie waren nur zu etwas ganz anderem geworden. Sie befanden sich in einem Schwebezustand, der an einen Embryo erinnerte, der im Fruchtwasser schwamm.
Die Schatten hatten sie nicht aufgefressen, was sie auf eine unterbewusste Art registrierten. Sie konnten nicht miteinander kommunizieren.
Es war so etwas wie eine Zwischenwelt, in der sie sich befanden. Der Gedanke war ihnen beiden zugleich gekommen, ohne dass sie sich abgesprochen hatten.
Es gab sie noch. Das war das Gute. Aber wo befanden sie sich? Das war die große Frage, auf die sie keine Antwort fanden. Irgendwo im Fremden. In einer anderen Welt vielleicht?
Nein, das auch nicht, gar nicht. Denn hier gab es einen Geruch, den sie kannten. Es roch nach Wasser, nach nassem oder feuchtem Pflaster, und sie hörten etwas klatschen, das nicht weit entfernt sein musste. Dabei konnte es sich nur um das Meer handeln, das sich in Bewegung befand und gegen einen Widerstand prallte. Zum Beispiel gegen eine Kaimauer.
Das muss es sein!, dachte Nummer Drei.
Ja, das muss es sein!, dachte auch Nummer Vier.
Und beide hatten den gleichen Gedanken, nämlich, dass sie noch am Leben waren. Sie öffneten ihre Augen. Da lagen sie, ihre Blicke glitten in die Höhe, und sie schauten in einen dunklen Himmel.
Es war Nacht. Und die war mit Gerüchen gefüllt, die sie kannten.
Das Wasser, die feuchten Steine, auf denen sie lagen, dann die Mauer in der unmittelbaren Nähe.
Das war ihnen nicht unbekannt. Da hatten sie gestanden. Da war dann diese Frau aufgetaucht, die unter ihrem Regenmantel nackt gewesen war.
Etwas mit dem sie nie und nimmer gerechnet hatten.
Und dann?
Ja, dann war alles anders gekommen, als sie geplant hatten. Da hatte es sie dann erwischt. Aber sie lebten noch.
Nummer Vier war der Erste, der die Sprache wiederfand. »Bist du okay?«
»Wie man es nimmt.«
»Wir leben noch.«
»Scheint so«, sagte Nummer Drei. »Aber kannst du mir sagen, wo wir hier sind?«
»Am Kai.«
»Klar, aber wie sind wir hierhergekommen?«
»Da war diese Frau. Sie hatte einen Mantel an, unter dem sie völlig nackt war. Und dann sind wir hin …«
»Der Hammer, oder?«
»Weißt du noch, was danach geschah?«
Nummer Drei dachte nach. »Das war sehr seltsam. Die Frau, die hat sich auf einmal verändert. Sie … sie … wurde zu einem Schatten. Oder ist das Quatsch?«
»Nein, das ist es nicht. Der hat mich auch gepackt.«
»Genau. Und dann?«
Nummer Vier musste lachen. »Keine Ahnung, echt. Etwas hat uns gepackt, und dann weiß ich nicht mehr, was genau passiert ist. Ich fühle mich aber, als hätte mich irgendetwas ausgespuckt.«
»Geht mir auch so.«
»Aber was?«
Beide dachten nach, aber sie hatten keine Erklärung für das, was passiert war.
Sie schwiegen beide, bis Nummer Drei sagte: »Ich … ich … fühle mich so komisch.«
»Du auch?«
»Ja. Mir ist nicht direkt schlecht, aber mein Körper fühlt sich merkwürdig fremd an. So als würde er mir nicht gehören.«
»Ja, du hast recht. Mir geht es genauso.«
»Kannst du denn aufstehen?«
»Ich versuche es.«
»Okay, auf jetzt«, sagte Nummer Drei. Er machte den Anfang, aber ihm war nicht wohl dabei. Trotzdem stand er innerhalb weniger Sekunden auf eigenen Füßen. Er atmete auf.
Aber stand er wirklich?
Ja, ja, das schon. Aber die Umgebung sah jetzt komplett anders aus. Riesengroß.
Genau in diesem Augenblick wurde es ihm klar.
Er war verwandelt worden, und zwar in einen Zwerg!
☆
»Nein!« Nummer Drei schrie panisch auf. Das konnte nicht wahr sein. Er musste träumen, oder? Ein Albtraum zwar, aber …
Er war wach.
Er hatte einen Körper.
Kopf, Arme und die Beine. Aber nichts war davon wie sonst. Denn alles war verkleinert worden auf die Größe eines Zwergs.
Nummer Drei stand noch immer. Er suchte nach seinem Freund. Er fand ihn auf dem Boden sitzend. Und er erkannte sofort die bittere Wahrheit.
Nummer vier war es nicht anders ergangen als ihm.
Auch er war geschrumpft. Geschrumpft auf die Größe eines … Wie groß waren sie jetzt eigentlich? Kleiner als ein Liliputaner jedenfalls. Einem normal gewachsenen Menschen würde er bis zum Oberschenkel reichen, und er würde eine lächerliche Figur abgeben.
Nummer Vier hockte noch immer auf dem Boden und hielt den Kopf gesenkt, wie jemand, der das Pflaster anstarrte.
»He!«
Nummer Vier zuckte zusammen, als er den Ruf hörte. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er bereit war, zu reagieren. Er blickte Nummer Drei mit traurigen Augen an.
»Du auch?«
»Ja.«
»Scheiße.«
»Wie kann das sein?«
»Keine Ahnung.«
Beide schwiegen, bis Nummer Drei voller Unglauben aussprach, was passiert sein musste.
»Es war die Frau!«
»Die nackte Schönheit, die sich geteilt hat.«