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Eigentlich klingt es ziemlich verlockend, ein junges, schönes Mädchen zu küssen, nicht wahr? Und Sonja ist schön - und die Mönche im Kloster St. Emanuel Monastery sind sehr einsam! Hellblonde Locken umrahmen ihr zartes Gesicht mit dem herzförmigen Mund. Nur in ihren Augen, da blitzt eine grausame Kälte, wenn sie ihre weichen Lippen langsam auf den Mund ihres Opfers presst und gierig zu saugen beginnt ...
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Seitenzahl: 163
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Blond, engelgleich und tödlich
Briefe aus der Gruft
Vorschau
Impressum
Blond, engelgleich und tödlich
von Jason Dark
Für den Mönch Daniel Wells gab es nur eine Chance. Und die hieß: Flucht.
Er musste fort aus diesen alten Mauern, in die das Gift des Todes eingezogen war.
Um Mitternacht befand Daniel Wells sich noch in dem alten Bau mit den dicken Mauern. Aber in der nächsten Stunde musste es passieren. Dann würde er verschwinden und hoffen, dass man ihn nie mehr finden würde. Wer einmal dem Orden angehörte, der musste bis zum Lebensende bei ihm bleiben. Ein Austreten oder Verschwinden gab es nicht!
Es war erst einige Minuten nach Mitternacht, als er die Tür seiner Zelle aufzog. Er brauchte einen Moment, bis sich seine Augen an die vollkommene Dunkelheit gewöhnt hatten. Aber der Mönch kannte das Kloster. Und um sicher zu gehen, hatte er eine Taschenlampe eingesteckt, die ihm im Notfall schon gute Dienste leisten würde.
Daniel Wells hoffte, dass es so war wie immer. Dass die seine Mitbrüder schliefen und an nichts Böses dachten. Erst wenn sie in der Frühe wach wurden und sich trafen, würden sie feststellen, dass einer von ihnen fehlte. Dann aber wollte Daniel Wells weit genug weg sein, um nicht mehr gefunden zu werden. Es gab zu zum Glück einen Platz, an dem er untertauchen konnte. Da war schon etwas von ihm in die Wege geleitet worden.
Daniel Wells stand jetzt im Flur. Es war totenstill.
Er ging fünf Schritte und blieb stehen.
Nichts war passiert.
Daniel atmete auf und hoffte, dass es so bleiben würde.
Seine Zelle lag in der zweiten Ebene, wie man hier sagte. Wäre er aus dieser Höhe aus dem Fenster gesprungen, hätte er keine Chance gehabt. Sein Körper würde zerschellen.
Den Beginn der Treppe sah er nicht. Er spürte sie wohl. Das sagte ihm die Erfahrung. Trotzdem hatte er bei jeder Stufe das Gefühl, ins Leere zu treten.
Schließlich holte er die Lampe aus der Kuttentasche und schaltete sie ein. Er hielt sie nach unten gedrückt, damit der Schein die Stufen traf und seine Unsicherheit verschwand.
Es klappte auch.
Er kam gut zurecht. Ein Geländer gab es ebenfalls. Es war eine Steinmauer, die sich bis nach unten durchzog. Da sie oben abgerundet war, gab sie einen schlechten Halt ab.
Daniel Wells setzte seinen Weg fort. Den Mund hielt er offen, wagte aber kaum, laut zu atmen. Aus irgendeinem Grund überkam ihn plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden, was aber letztendlich nicht sein konnte. Keiner seiner Mitbrüder wäre hier im Stockfinstern herumgeschlichen.
Ende!
Der letzte Schritt noch, dann hatte er es geschafft. Daniel Wells blieb kurz stehen und atmete tief durch.
Noch wollte sich das Gefühl der Erleichterung nicht einstellen. Erst wenn er draußen die frische Nachtluft einatmen konnte, ging es ihm besser.
Den Weg zum Eingang kannte er im Schlaf. Aber den wollte er nicht nehmen. Angeblich gab es dort eine Alarmanlage, aber so genau wusste er es auch nicht. Deshalb hatte er sich dazu entschlossen, den alten Bau durch einen Seiteneingang zu verlassen. Um ihn zu erreichen, musste er einen anderen Weg einschlagen und einen schmalen Gang benutzen.
Jetzt war es wichtig, dass er eine Lampe bei sich hatte. Auf dem Boden lagen oft Hindernisse, auch wenn sie klein waren, wollte der Mönch nicht über sie stolpern.
Geräusche gab es auch.
Über die musste sich Daniel Wells keine Gedanken machen. Es waren nur seine Schritte und auch seine Atemgeräusche, die er hörte. Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Der schmale Lichtstreifen traf ein Hindernis aus Holz. Es war die Tür, die er gesucht und nun gefunden hatte.
Der Mönch lächelte. Das erste Kapitel seiner Flucht hatte er geschafft. Jetzt glaubte er daran, dass er den Rest auch noch schaffte.
Die Tür war nie abgeschlossen. Es gab zwar ein Schloss, aber das wurde nicht mehr benutzt. Man konnte es als eingerostet bezeichnen. In seinem Mund spürte er eine Trockenheit, die unangenehm war, aber das war nicht weiter tragisch.
Die Tür.
Es gab so etwas Ähnliches wie eine Klinke. Allerdings nur mehr ein Griff. Daniel brauchte ihn, um die Tür zu öffnen. Das tat er auch. Zugleich aber durchzuckte ihn ein anderes Gefühl. Was würde sein, wenn er sich geirrt hatte?
Er schluckte und zog die Tür auf. Nächtlich kühle Luft strömte ihm entgegen. Er atmete sie ein, fröstelte leicht, was ihn nicht störte. Wichtig war, dass er das Ende seines Fluchtwegs erreicht hatte.
Er ging den ersten Schritt, danach den zweiten. Seine Lippen zeigten ein breites Lächeln. Ich bin frei!, strömte es durch seinen Kopf. Jetzt kann ich hingehen, wo ich will.
Er schaute nach vorn.
Was war das?
Nicht weit entfernt und trotz der Dunkelheit zu erkennen, gab es dort ein Hindernis, das sich aufteilte. Er glaubte daran, dass es Büsche waren, aber das traf nicht zu, denn die wuchsen dort nicht. Zumindest bis jetzt nicht.
Sekunden nach dieser Erkenntnis beobachtete er, wie sich die Büsche bewegten.
Jetzt wusste er Bescheid. Es waren keine Büsche, die der Wind bewegt hatte, es waren ...
Menschen. Und die kamen näher ...
Es war der Moment, in dem Daniel Wells das Gefühl hatte, zusammenzubrechen. Aber das passierte nicht.
Reglos starrte er auf die Männer, die sich auf ihn zubewegten, und er hatte das Gefühl, nicht seine Mitbrüder zu sehen, sondern Feinde, die ihm an den Kragen wollten.
Weglaufen?
Plötzlich erschien ihm dies als einzige Alternative. Er wusste, dass er schnell laufen konnte, und die Mönche hatten ihn noch nicht erreicht.
Da war eine Distanz vorhanden, und genau die wollte Daniel Wells ausnutzen.
Mit einem Ruck warf er sich nach rechts. Er hörte die Mönche fluchen, was auch klar war. Er achtete zudem auf keinen Befehl oder Zuruf, sondern rannte weiter, denn er wollte einen Vorsprung herausholen, der nicht so leicht einzuholen war.
In seinem Rücken hörte er das Fluchen und das harte Trampeln der Schritte. Beides zusammen war wie ein Sound, der ihn noch weiter antrieb.
Die Flüche steigerten sich. Die Meute war wohl sauer, weil sie ihn zu weit hatte weglaufen lassen. Für Daniel konnte die Lage nicht besser sein.
Ein Trugschluss. Er hatte sich auf seine Schnelligkeit verlassen, aber es gab etwas, was noch schneller war.
Ein Stein. Und noch ein zweiter. Die beiden Wurfgeschosse blieben dicht beisammen – und sie trafen zur gleichen Zeit.
Daniel Wells spürte den Schmerz in seinem Rücken. Und zugleich auch die Wucht. Die schleuderte ihn nach vorne. Er rannte zwar weiter, aber er kam aus dem Gleichgewicht und stürzte.
Hart prallte er mit der vorderen Körperseite auf, schlug auch mit dem Kinn gegen den Boden und sah Sterne.
Ein Gedanke schoss ihm dabei durch den Kopf. Es ist vorbei. Es ist aus.
Und es war aus. Denn Sekunden später hatten ihn die Mönche erreicht und umringt.
Er hörte sie triumphierend und höhnisch lachen.
Er bekam Tritte in die Seite. Jemand schlug ihm ins Gesicht. Böse Kommentare überfielen ihn.
»Du wolltest wohl besser sein als wir.«
»Das ist dein Ende.«
»Du bist die Beute.«
»Man wird sich auf dich freuen.«
Daniel Wells hatte jetzt die Augen weit aufgerissen. Er sah die Gesichter seiner Mitmönche wie Fratzen und wusste, dass er verloren hatte.
Genau in diesem Augenblick schoss ihm ein bestimmter Gedanke durch den Kopf.
Er dachte an eine Frau. An eine der wenigen weiblichen Personen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben. Und die Frau war ab jetzt wichtiger als er.
»Hoch mit ihm!«
Es waren genügend Hände da, die ihn auf die Beine zogen. Laufen konnte er nicht mehr. Er schwankte und wurde festgehalten. Und er hörte auch den nächsten Befehl, der ihn doch erschütterte.
»Ab in den Kerker mit ihm!«
Da wusste Daniel Wells, dass er endgültig verloren hatte ...
Vier nackte Wände. Eine schmale Tür, die abgeschlossen war. Hinzu kam die absolute Dunkelheit. Nicht mal unter der Tür kroch ein Lichtschimmer herein. Wer hier seinen Platz gefunden hatte, der war wirklich verloren.
Das wusste auch Daniel Wells!
Es gab nichts, was man hätte positiv einschätzen können. Nichts zu essen oder zu trinken. Nur die verdammte Dunkelheit. Davon wurde man nicht satt. Eine schlimme Sache.
Der Mönch hockte auf dem Boden der Zelle. Wann man etwas von ihm wollte und was man von ihm wollte, das wusste er nicht. Es war durchaus möglich, dass man ihn aus dem Weg schaffte.
Hier gab es etwas, mit dem man ihn nicht vertraut gemacht hatte. Er war nicht bereit genug. So hatte man es ihm zu verstehen gegeben. Damit war seine Neugierde angestachelt worden. Er hatte manchmal Fragen gestellt und so gut wie keine Antworten erhalten. Höchstens Warnungen von Brüdern, die es gut mit ihm meinten und länger als er in diesem einsamen Kloster lebten.
Eine Verbindung zur Außenwelt gab es auch. Einmal in der Woche erschien aus dem nahen Ort ein Fahrer, um Lebensmittel oder andere wichtige Dinge zu bringen, die bestellt worden waren.
Und genau diese Chance hatte Daniel Wells genutzt und dem Fahrer heimlich einen Brief zugesteckt, den er der Post übergeben sollte, die dann zusah, dass der Umschlag an die richtige Adresse kam.
Nur das war ihm wichtig, und der Fahrer hatte ihm versprochen, das zu erledigen.
Darauf hatte der Mönch seine Hoffnung gesetzt, die immer kleiner geworden war und jetzt nicht mal als eine Miniflamme brannte. Da war ihm der Gedanke an die Flucht gekommen, die in diesem stockdunklen Verlies geendet war.
Jetzt stellte sich die Frage, ob man ihn hier verhungern und verdursten lassen wollte. Er traute seinen Mitbrüdern beides zu, die sich nicht sehr menschlich gezeigt hatten und für die der Begriff Empathie fremd war.
Dieses Kloster barg ein grausames Geheimnis. Daniel wusste nicht, um was es sich handelte. Es ging um Personen, das war ihm wohl bekannt. Aber welche das waren, konnte er nicht sagen und war auch nicht in der Lage, es zu erraten.
Plötzlich hörte er, nicht weit von der Tür entfernt, ein Geräusch.
Daniel Wells wusste nicht, wie er es einschätzen sollte, aber es war auch egal. Seine Lage war ohnehin aussichtslos.
Jetzt wurde die Tür geöffnet. Der Mönch rechnete damit, dass nun helles Licht in seinen Kerker strömen würde.
Das geschah nicht.
Es gab wohl Licht. Nur war das so schwach, dass es ganz schnell von der Dunkelheit verschluckt wurde.
Die Gestalt aber war zu sehen. Aber sie gehörte nicht zu den Mönchen, sondern war eine Frau.
Oder?
Beim zweiten Hinschauen fragte sich Daniel Wells, ob die Optik ihm einen Streich spielte. Eher nicht. Sie war eine Frau, aber sie hätte auch ein Mann sein können, denn ihr Gesicht zeigte frauliche und zugleich männliche Züge. Auf dem Kopf wuchs ein lockiges und sehr helles Haar, und die Haut war glatt, als wäre sie frisch gebügelt worden. Augen gab es auch. Ob sie eine Farbe besaßen, das konnte Daniel Wells nicht erkennen.
Die Unbekannte stand dicht vor der Tür. Sie tat nichts, schaute nur und wartete ab.
Was wollte sie? War es ein Irrtum, dass sie diese Zelle betreten hatte?
Das glaubte er nicht. In diesem Kloster passierte nichts aus Zufall. Hier lief alles nach Regeln ab, hier wurden die Vorgänge auch immer gelenkt.
Seine Gedanken schaltete er ab, denn jetzt überkam ihn der Wunsch, eine Frage zu stellen.
»Wer ... wer bist du?«
Die Person ging einen Schritt vor und gab dann die Antwort. »Ich bin ein Kind.«
Fast hätte der Mönch gelacht. Das unterdrückte er.
»Nein, nein, das kann ich nicht glauben.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist nicht möglich. Du bist kein Kind mehr.«
»Ein bestimmtes.«
Daniel sah ein, dass es keinen Sinn machte, wenn er dagegen sprach. Er hatte sich auch wieder gefangen und spürte den Druck an der Brust kaum noch.
Eine starke Neugierde hielt ihn umfangen. Es war für ihn nicht zu fassen, zugleich aber glaubte er daran, dass man ihn nicht angelogen hatte, deshalb musste er eine Frage loswerden.
»Du ... du ... siehst nicht aus wie ein Kind. Verflixt, wer bist du wirklich? Wer sind deine Eltern?«
»Engel!«, lautete die knappe Antwort.
Daniel Wells glaubte, sich verhört zu haben. Er wollte lachen, das schaffte er nicht, denn er sah in das Gesicht der Person und erkannte, dass es ihr ernst war. Er wusste nicht, was er noch sagen oder tun sollte. Sein Herz schlug schneller. Er kam sich vor wie jemand, der plötzlich neben dem Leben stand.
Und das Kind der Engel kam näher. Von einem Kind konnte man beim besten Willen nicht sprechen. Die Gestalt war kein Kind mehr, obwohl sie ein Gesicht besaß, das man als alterslos einstufen konnte.
Ein Mensch stand vor ihm. Das war zu sehen. Trotzdem glaubte er, dass es nicht unbedingt ein Mensch war, wie er ihn kannte.
Bisher hatte sich Daniel Wells keine Gedanken darüber gemacht, ob es Engel gab, die, vom Aussehen her, mehr einem Menschen glichen. Abe jetzt musste er darüber nachdenken.
Was wollte das Engelkind von ihm? Warum war es gekommen? Nur um sich zu zeigen, oder gab es noch einen anderen Anlass?
Er befürchtete, dass es einen Grund gab. Und dass dieser mit ihm persönlich zu tun hatte. Das konnte ihm gar nicht gefallen, denn als der Engel den nächsten Schritt machte, da musste der Mönch ihn als eine Gefahr einstufen.
Der Engel schaute ihn an. Und das mit einem Blick, der dem Mönch nicht gefallen konnte. Er hatte das Gefühl, als würde der Engel etwas suchen und dabei sogar sein Inneres durchleuchten.
Das gefiel ihm nicht. Er war ein Mensch, ein Individuum. Er hatte seinen eigenen Willen und ließ sich ungern von anderen Personen etwas aufzwingen. Auch wenn es Engelkinder waren oder so etwas Ähnliches.
Der Engel ging weiter. Dann nickte er und sagte: »Du bist gut. Ich denke, dass du geradezu perfekt bist.«
»Was willst du?«, flüsterte der Mönch in aufsteigender Panik.
»Dich.«
»Aber das geht nicht. Ich ... ich ... gehöre dem Kloster, verstehst du das?«
»Nicht mehr.«
»Hör auf, ich ...« Daniels Stimme brach ab, denn ihm kam jetzt in den Sinn, dass er in die Defensive zurückgedrängt worden war. Hier kam er nicht raus, und er schätzte den Engel auch nicht mehr als harmlos ein.
Der Engel ging den letzten Schritt. Dann blieb er stehen und starrte dem Mönch direkt in das Gesicht. Es sah so aus, als wäre er dabei, etwas zu suchen.
»Gut, gut ...«
Daniel verkrampfte. »Was ist gut?«
»Du bist es.«
»Wieso bin ich gut?«
»Du passt in meinen Plan. Das spüre ich genau. Man hat wirklich gut vorgesorgt.«
Daniel Wells hatte genau verstanden, was da gesagt worden war. Wenn er das richtig interpretierte, dann war es ein heimlich gesponnener Plan, der bei ihm enden würde.
Nicht gut ...
Der Griff nach dem Kinn war wie ein heftiges Schnappen. Sein Schrei versickerte in der Kehle. Dem Mönch wurde der Unterkiefer zusammengedrückt.
»Du gehörst jetzt mir. Verstanden?«
Daniel konnte kaum nicken.
Es reichte dem Engelkind aus. Er ließ den Kiefer los und zischte einen Befehl.
Der Mönch hatte alles gehört, und es war besser, wenn er dem Befehl nachkam. Deshalb tat er, was man von ihm verlangt hatte. Weit öffnete er seinen Mund, und genau das hatte die Gestalt gewollt. Jetzt hatte sie freie Bahn.
Bevor sich der Mund wieder schloss, presste das Engelkind seine Lippen auf die anderen, klammerte sich an dem Körper fest und begann zu saugen. Es war ähnlich wie bei einem Vampir, nur saugte die Gestalt kein Blut, sondern etwas, das unsichtbar war.
Der andere saugte dem Mönch das Leben aus dem Körper. Und er gab auch nicht auf, als die schlaffe Gestalt in seinem Griff zusammensackte. Erst als Daniel fast am Boden lag, nahm er seinen Mund von dem des Mönches weg.
Der Sauger richtete sich auf. Da die Tür noch offen stand, drang auch weiterhin Licht in die Zelle. Reglos lag der Mönch am Boden, und man musste davon ausgehen, dass er nicht mehr lebte.
Es dauerte nicht lange, da betraten zwei andere Mönche den Raum. Sie sahen die helle Gestalt, verneigten sich ehrfürchtig und machten sich an ihre Arbeit.
Sie hoben den starren Körper auf und schafften ihn weg. Zurück blieb der Sauger. Er sah sehr zufrieden aus, denn wieder mal hatte er neue Kraft bekommen.
Dem einen war das Leben genommen worden, der andere genoss es jetzt und fühlte sich noch stärker. Er dachte in diesem Augenblick an den großen Plan.
Was im Kleinen anfing, das sollte irgendwann mal die gesamte Welt überschwemmen. Um nichts anderes ging es bei den großen Plänen der Geschöpfe, die plötzlich aus einer fernen Vergangenheit erschienen waren und nicht daran dachten, sich zurückzuziehen.
Die Welt sollte ihnen gehören, und ein Anfang war gemacht worden. Und nicht nur hier. Heimlich hatten sie viele Stationen der Welt bereits besetzt. Für ihre Pläne sah es gut aus ...
Der Brief war ganz normal mit der Post gekommen, und die Tierärztin Maxine Wells hatte sich gewundert, als sie den Absender las. Geschrieben hatte den Brief ihr Cousin, den sie schon lange nicht gesehen hatte und der als Mönch in einem abgelegenen schottischen Kloster lebte.
Sie war gespannt gewesen, was der Cousin ihr geschrieben hatte. Zugleich war auch ein ungutes Gefühl über sie gekommen. Nachdem sie den Umschlag geöffnet hatte und einen ersten Blick auf das Papier warf, da sah sie, dass nur eine Seite beschrieben war. Schon beim ersten Hinsehen erkannte sie eine etwas zittrige Schrift.
Sie las den Brief.
Dann las ihn noch einmal und konnte nicht fassen, was ihr Cousin da geschrieben hatte. Von einer großen Gefahr für die Welt und für die Menschen schrieb er und dass auch von seinem Kloster eine Bedrohung ausging, die nicht zu unterschätzen war. Daniel selbst fühlte sich angeblich zu schwach, sich der Gefahr entgegenzustellen. Er kam auch so leicht nicht raus aus dem Kloster, deshalb bat er seine Cousine mit diesem Schreiben, Nachforschungen anzustellen. Vor allen Dingen über das Kloster.
Es gab keine Telefonnummer. Aber den Namen des Klosters hatte ihr Cousin aufgeschrieben: St. Emanuel Monastery. Es lag zwischen Dundee und Aberdeen. Die nächste größere Stadt hieß Montrose.
Maxine Wells hatte ihren Cousin seit Jahren nicht mehr gesehen. Und jetzt dieser Brief, den sie durchaus als einen verzweifelten Hilferuf auffasste. Was genau diese Gefahr bedeutete, das hatte er nicht geschrieben, das musste Maxine als Erstes herausfinden.
Die Tierärztin wohnte in ihrem Haus nicht allein. Die zweite Bewohnerin war Carlotta, das Vogelmädchen, das bei ihr nach seiner Flucht aus einem Labor eine Heimat gefunden hatte.
Beide verstanden sich prächtig. Beide hatten keine Geheimnisse voreinander, und deshalb musste Carlotta auch von dem Brief erfahren. Es war schon Abend, als die beiden gegessen hatten und zusammen saßen. Da bekam Carlotta den Brief zu lesen.
Sie nahm ihn und fragte: »Was soll ich damit?«
»Lesen.«
»Ja, ja. Und?«
»Bitte lies erst mal.«
Das Vogelmädchen nickte und nahm das Schreiben an sich. Maxine sagte nichts dazu, sie ließ Carlotta lesen, die dies auch tat. Und zwar mehrmals. Dann ließ sie die Hand mit dem Brief sinken.
»Und?«, fragte Maxine. »Was denkst du darüber?«
»Das ist ein Hilferuf.«
»Das meine ich auch.«
Carlotta räusperte sich. »Und was willst du tun?«
Maxine verzog die Lippen. »Das weiß ich noch nicht. Mein Cousin ist für mich ein Fremder. Ich denke mal, dass er recht haben kann und es um etwas Negatives geht, aber es kann auch sein, dass er zu hoch gepokert hat.«
»Wieso?«
Maxine wiegte den Kopf. »Nun ja, in einem Kloster. So schlecht ist es dort wohl nicht. Meine ich.«
»Keine Ahnung. Aber ich denke, dass du ... dass wir etwas unternehmen müssen. Wo liegt denn das Kloster überhaupt?«
»Auch hier in Schottland, aber an der Küste. Genau zwischen Dundee und Aberdeen.«
»Kann ich hinfliegen?«
»Zu weit für einen Flug. Das müsstest du in mindestens zwei Etappen machen.«