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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Der Pfähler. Der Vampir genoss das fahle Mondlicht, das ihm neue Energie spendete. Deutlich konnte Marek die zackigen Flügel erkennen. Unermesslich groß kamen sie ihm vor. Mit eisernem Griff umspannte Marek den Pfahl. Plötzlich stieß sich der Vampir ab und schwebte mit ausgebreiteten Flügeln wie ein riesiger schwarzer Vogel durch die Luft. Er fühlte sich als Herrscher über Transsylvanien, das Land, das er als sein Eigentum betrachtete. Sekundenlang konnte ihm Marek noch mit den Augen folgen, dann hatte die Schwärze der Nacht den Vampir verschluckt. Der Pfähler hatte den Blutsauger gesehen, bald würde er seine Kräfte mit ihm messen... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
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Seitenzahl: 145
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Der Vampir genoss das fahle Mondlicht, das ihm neue Energie spendete.Deutlich konnte Marek die zackigen Flügel erkennen. Unermesslich groß kamen sie ihm vor. Mit eisernem Griff umspannte Marek den Pfahl.Plötzlich stieß sich der Vampir ab und schwebte mit ausgebreiteten Flügeln wie ein riesiger schwarzer Vogel durch die Luft. Er fühlte sich als Herrscher über Transsylvanien, das Land, das er als sein Eigentum betrachtete.Sekundenlang konnte ihm Marek noch mit den Augen folgen, dann hatte die Schwärze der Nacht den Vampir verschluckt. Der Pfähler hatte den Blutsauger gesehen, bald würde er seine Kräfte mit ihm messen …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-2787-5
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Und es wird die Zeit kommen, wo sich Särge und Gruften öffnen, um den Pesthauch des Bösen in die Freiheit zu entlassen. Oh, ihr Ungläubigen, die ihr die Zeichen nicht erkennt! Hütet euch vor dem Bösen, denn es ist stärker als ihr! Was die Jahrhunderte überdauert hat, was wederKriege noch Verfolgung zerstören konnten, wird euchüberschwemmen wie eine riesige Woge.
Denn niemand hält sie auf.
Die Vampire …
In majestätischem Glanz durchstießen die schneebedeckten Gipfel der Karpaten die grauen Wolkenschleier. Sonnenstrahlen wurden von gewaltigen Gletscherfeldern reflektiert und explodierten zu gleißenden Lichtkaskaden.
Doch die strahlende Schönheit der Gipfelwelt versank ein paar hundert Meter tiefer in den feuchten Wolkenbergen. Hier wurde die Luft kalt und feucht.
Nebelschleier wanden sich wie Bänder um die hohen Tannen, hüllten das saftige Grün in eine undurchsichtige Watteschicht. Die tiefen Wälder mit ihren verwunschenen Orten, zahlreichen Burgen, Schlössern und geheimnisvollen Gräbern, hatten immer wieder Dichter und Schriftsteller angezogen. Es war die geheimnisvolle Landschaft, die die Poeten faszinierte.
Transsylvanien – ein Name, der Schauer erzeugte, der an die Blutnächte eines Grafen Dracula erinnerte, der seine Opfer auf unvorstellbar grausame Weise umgebracht hatte.
Offiziell hatte sich im Laufe der Zeit zwar alles geändert. Mit dem Vampirglauben war aufgeräumt worden, aber unter dem bürokratischen Deckmantel schwelte die Angst weiter.
Die Dörfler wussten genau, dass man die Überfälle der Bösen nicht einfach mit einer Handbewegung abtun konnte. Die Blutsauger ließen sich nicht verspotten, sie lebten weiter.
Ein untotes, ein schreckliches Leben. Wer wusste schon genau, was sich unter den zahlreichen Grabhügeln verbarg? Welche Gestalten auf ihre Auferstehung warteten, um das Rad der Zeit zurückzudrehen. Angst und Schrecken sollten wie früher die Menschen beherrschen.
Noch immer fürchteten sich zahlreiche Menschen vor der Dunkelheit, sahen zu, dass sie vor Einbruch der Dämmerung in ihre Häuser kamen. Fenster und Türen wurden verriegelt, damit das Böse vorbeigehen sollte.
Knoblauch wurde gehortet. Oft gingen mutige Männer um Mitternacht in die Wälder und schnitten starke Eichenäste von den Bäumen. Die Äste wurden vorn zugespitzt und als vampirtötende Pfähle verwahrt. Kreuze, Amulette und geweihtes Silber wurden verwahrt, um sich in Notfällen verteidigen zu können.
Dracula war tot, aber er hatte viele Nachahmer und Nachkommen. Mit ihm hatte die Vampirflut begonnen. Trotz aller Gegenaussagen. Die Einheimischen wussten es besser. Grausam hatte der Graf geherrscht. Unbeschreiblich waren seine blutigen Taten. Flüsternd gingen die Sagen und Legenden von Mund zu Mund. Die Väter erzählten sie ihren Söhnen, die wiederum gaben sie an ihre Kinder weiter. Und so hielt sich der Glaube an das Böse in den einsamen Orten der wildromantischen Gebirgslandschaft.
Kriege hatten das Land erschüttert. Die einst so stolzen Burgen waren in Schutt und Asche gelegt worden, und nur noch Fragmente erinnerten an eine wilde Vergangenheit.
Aber gerade diese geheimnisvollen Burgen und Schlösser waren die düsteren Orte, in denen die Vampire ihre Opfer fanden. Oft gehörte der Schlossherr selbst zu den Blutsaugern, lockte die jungen Dorfschönheiten auf sein Schloss, um anschließend mit ihnen in den dunklen Gewölben unter der Erde zu verschwinden.
Tagsüber sah man die Mädchen nie mehr. Doch nachts streunten die bleichen, blutleeren Gestalten in hellen, wallenden Gewändern durch den Wald, um ebenfalls nach Opfern zu suchen.
Aber es gab auch mutige Männer, die dem Vampirterror entgegentraten. Unter dem Zeichen des Kreuzes sagten sie ihnen den Kampf an. Gruppenweise zogen sie in mondhellen Nächten los, bewaffnet mit angespitzten Eichenpfählen, Weihwasserkesseln und silbernen Kreuzen.
Sie hatten viele Vampire getötet, doch einige überlebten. Sie vegetierten in finsteren Gräbern und Gruften dahin, warteten auf ihre Stunde.
Es gab Mahner und Weise, die dies wussten und immer wieder vor der Gefahr warnten, jedoch nicht ernst genommen wurden. Von den offiziellen Stellen wurden sie sogar verfolgt und wenn es besonders schlimm kam, ins Gefängnis gesteckt.
So sorgten die Menschen dafür, dass einige Blutsauger die Zeiten überstanden und nur darauf warteten, wieder aktiv werden zu können …
*
Es war in einer hellen Mondnacht, als Petroc Jurc plötzlich aus dem Schlaf schreckte.
Verwirrt richtete er sich im Bett auf. Er schaute direkt auf das schmale Fenster seiner Dachkammer, blickte durch die Scheibe und sah den Vollmond wie eine helle Kugel am Himmel stehen.
Sein Licht fiel in den Raum, streifte das Bett und hatte den dreißigjährigen Mann geweckt.
Aber war es tatsächlich nur der Mond gewesen? Oder steckte etwas anderes dahinter?
Petroc Jurc runzelte die Stirn. Sein Blut rauschte in den Adern und hämmerte in den Schläfen. Nein, es war nicht das Licht allein, das ihn aus dem Schlaf gerissen hatte.
Er saß auf der Bettkante und dachte nach. Noch einmal liefen die Ereignisse der vergangenen Tage vor seinem geistigen Auge ab. Wie immer hatte er als Holzfäller im Wald gearbeitet. In einer Pause war er unter den wärmenden Sonnenstrahlen auf einer Lichtung eingeschlafen. Und dann hatte er den Traum gehabt.
Eine Stimme sprach zu ihm.
Die Worte klangen ihm im Ohr nach, als wäre es erst heute gewesen. »Wenn der Mond voll und rund am Himmel steht, wirst du aufbrechen, um das zu tun, was deine toten Ahnen von dir verlangen. Du wirst hingehen zur Burg des Schwarzen Grafen und dort deinen Auftrag erfüllen. Und niemand wird dich aufhalten in dieser Nacht, denn sie ist von der Hölle vorbestimmt worden.«
Automatisch zog sich Jurc an, während er über die Worte nachdachte. Es kam ihm gar nicht in den Sinn, sich zu weigern. Er war ein Mensch, der an die Geister der Natur glaubte. Er wusste, dass es zwischen Himmel und Erde viele Dinge gab, die er nicht begriff. Petroc Jurc handelte nach seinem Gefühl und nach einem Befehl, den nur er hörte.
Er schritt zu der alten Kommode, auf der noch die Waschschüssel stand, und klatschte sich das kalte Wasser ins Gesicht. Die Erfrischung tat gut. Jetzt fühlte er sich seiner Aufgabe gewachsen.
Sein Gesicht sah er in dem halbblinden Spiegel an der Wand. Es waren grobknochige Züge mit zahlreichen Falten und einer wettergegerbten Haut. Petroc Jurc sah älter aus, als er in Wirklichkeit war. Er zog seine alte Jacke über und öffnete das Fenster. Suchend schaute er hinaus.
Leer und einsam lag die Dorfstraße vor ihm. Direkt hinter dem Dorf begann der Wald. Und dort musste er hin. Aber er musste vorsichtig sein, denn seine Wirtsleute hatten einen leichten Schlaf. Oft saß der alte Marek stundenlang am Fenster und schaute in die Dunkelheit. Jurc wusste nicht, weshalb er das tat. Er hatte sich auch nie getraut, nach dem Grund zu fragen. Marek war ein verschlossener Mann. Er betrieb die Schmiede im Dorf. Obwohl seine Vorfahren aus diesem Ort stammten, hatte er nie recht Kontakt gefunden. Es ging die Sage um, dass sein Sohn von einem Vampir geraubt worden war, aber die Leute erzählten viel, wenn sie nichts. anderes zu tun hatten.
Jurc kümmerte sich nicht um die Geschichten. Er hatte seine Arbeit und seine Schlafkammer unter dem Dach. Das reichte ihm.
Er stieg nicht zum ersten Mal durch das Fenster und kannte den Weg haargenau. Unter ihm lag das schräge Vordach mit den altersschwachen Schindeln, die an manchen Stellen ziemlich locker saßen und bei einem unbedachten Schritt herunterfallen konnten. Doch Jurc hatte Glück.
Geschickt drehte er seinen Oberkörper durch das schmale Fenster, tastete erst mit den Händen, prüfte den Druck und schob sieh dann auf das Vordach.
Wenige Sekunden blieb er dort liegen. Dann kroch er auf allen vieren nach rechts auf die Begrenzung zu. Von dort konnte er dann auf den kleinen Anbau steigen, in dem die Schmiede untergebracht war und wo tagsüber das helle Feuer loderte.
In Petrila – dem kleinen Ort in den Karpaten – schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Wie an vielen anderen Dörfern der Karpaten war auch hier die Zivilisation vorbeigelaufen. Sogar die Regierungsstellen kamen mit diesen verschlossenen Menschen nicht zurecht.
Die einzigen Fremden, die Kontakt zu ihnen fanden, waren die Mönche aus dem Kloster. Sie brachten den geistlichen Beistand, wenn welcher gewünscht wurde.
Jurc erreichte die Dachkante und schaute auf den Anbau. Er war ziemlich breit, und der Holzfäller konnte nicht über ihn hinwegsehen. Er drehte sich, rutschte langsam über die Kante des Vordachs und fand mit den Zehenspitzen Halt auf dem Anbaudach.
Er ließ seinen Oberkörper nachrutschen und blieb erst einmal geduckt stehen.
Niemand hatte ihn gesehen.
Ein hartes Lächeln glitt über Jurcs breite Lippen. Nein, ihn würde niemand aufhalten. Er wollte seine Aufgabe durchführen, bis zum bitteren Ende.
Sicher wartete er schon.
Wenn Petroc Jurc an ihn dachte, überzog eine Gänsehaut seinen Körper. Eigentlich müsste er von ihm abgestoßen werden, doch die seltsame Anziehungskraft des Bösen wirkte auch auf ihn.
Bald war es soweit.
Bald …
Jurc schlich zum Rand des Anbaus und schaute in die Tiefe. Er konnte sie glatt mit einem Sprung überwinden, ohne sich zu verletzen.
Petroc Jurc sprang.
Dicht vor dem Eingang prallte er auf die Füße, wurde nach vorn geworfen und stützte sich mit den Händen ab.
Er richtete sich auf und blieb lauschend stehen.
Kein Geräusch warnte ihn. Ausgestorben lag das Dorf vor seinen Augen. Der Mond hing über den Gipfeln der Berge und lockte mit seinem kalten Licht.
Auch Petroc Jurc.
Doch sein Gehör und seine Augen hatten ihn getäuscht. Es gab doch jemand, der seinen nächtlichen Ausflug beobachtet hatte.
Der alte Marek!
Die Schritte auf dem Anbaudach hatten ihn aufhorchen lassen. Und er lauerte in seiner alten Schmiede.
Mit der linken Hand drückte er die Tür auf. Der Spalt wurde größer, doch dann knarrten die Angeln verräterisch.
Jäh wurde Jurc aus seiner Konzentration gerissen. Er kreiselte auf dem Absatz herum.
Die beiden Männer starrten sich an.
Marek und Jurc, eine Generation Unterschied, aber beide mit einem fürchterlichen Wissen behaftet. Jurc sah es in den Augen des Schmieds, dass dieser Bescheid wusste.
Trotzdem fragte Marek: »Du willst weg?«
»Ja!« Die Antwort klang aggressiv und ließ erkennen, dass sich Jurc von keinem aufhalten lassen wollte.
»Und wohin?«
»Das werde ich nicht sagen.«
Der alte Marek nickte gedankenverloren. »Ich wusste es«, murmelte er dann, »ich wusste, dass die Zeit irgendwann kommen würde. Schon lange habe ich die Vorzeichen erkannt und zu deuten gewusst. Aber ich will nicht, dass die Schrecken wieder von vorn beginnen. Wir haben genug von dem Bösen, von den Mächten der Finsternis und den Boten des Grauens. Bleib hier, Jurc!«
»Nein!« Stur schüttelte der jüngere Mann den Kopf.
Der alte Marek atmete schneller. »Ich habe einen Sohn verloren!«, keuchte er, »denk an sein Schicksal.«
Petroc Jurc ballte die Hände. »Du hältst mich nicht auf, Alter. Um leben zu können, muss ich dem Ruf folgen.«
»Nein, mein Junge, nein. Sie lassen sich auf nichts ein. Du wirst es sein, der verliert. So glaube mir doch.«
»Unsinn, ich gewinne!«
Marek nickte verloren. »Dann muss ich es eben auf eine andere Weise versuchen.«
Petroc Jurc wusste, was der Alte damit meinte. Trotz seiner sechzig Jahre besaß der Schmied Marek noch Bärenkräfte.
Aber Jurc war entschlossen, sich durch nichts aufhalten zu lassen. Er warf sich urplötzlich nach vorn. Er zog dabei die mächtige Faust von unten nach oben, traf das deckungslose Gesicht des Alten, und der Schlag schleuderte Marek zu Boden.
Regungslos blieb er liegen.
Jurc rieb sich die Knöchel. »Narr!«, zischte er. »Alter widerlicher Narr! Du hast es nicht anders haben wollen!«
Dann machte er auf dem Absatz kehrt, betrat die Dorfstraße und wurde von der Dunkelheit verschluckt.
Petrila schlief. Zwar war noch nicht Mitternacht, doch die Einwohner gingen meist mit den Hühnern schlafen. Im Herbst oder Winter früher als im Sommer. Sobald die Dunkelheit einbrach, krochen sie in ihre Betten.
Petrila setzte sich aus einer Hauptstraße, mehreren Seiten- und Quergassen und einer Kirche zusammen. Es gab zwar zwei Schänken und einige Handwerksbetriebe, sowie einen Marktplatz, doch von einem Kino oder Theater hatten die Menschen höchstens mal etwas gehört, geschweige gesehen. Es gab tatsächlich Einwohner, die in ihrem ganzen Leben noch nicht aus Petrila herausgekommen waren. Sie waren hier geboren und starben auch hier.
Petroc Jurc gehörte auch zu den Einheimischen. Er hatte zwar schon die Nachbardörfer kennengelernt – aus einem dieser Orte auch ein Mädchen kennengelernt —, doch bis zur nächsten größeren Provinzstadt oder gar bis zur Hauptstadt Bukarest, war er noch nie gekommen.
Und eins sollte man in der Dorfchronik nicht vergessen. Einmal am Tag fuhr ein Bus durch Petrila, ein altersschwaches Gefährt. In Petrila stiegen höchstens dreimal im Jahr Reisende aus. Wer hatte schon in diesem gottverlassenen Ort etwas zu suchen? Der Bus brachte aber die Zeitungen mit. Vier Blätter insgesamt. Zwei davon für den Bürgermeister.
An die Zeitungen musste Jurc denken, als er sich in eine Seitengasse drückte, an einer leer stehenden Scheune vorbeistrich, über einen Zaun flankte und parallel zu einer Wiese auf den Wald zulief.
In einer Zeitung hatte er gelesen, dass Dracula gar nicht so schlimm gewesen sein sollte. Diese bornierten Parteinarren aus der Hauptstadt, dachte er. Wenn die wüssten. Aber sie waren ja zu arrogant, hockten mit den dicken Hintern auf gut gepolsterten Stühlen und hörten nicht auf die Meinung des Volkes.
Aber sie würden sich wundern, alle sollten sich wundern …
Der Weg führte bergan. Wie eine große Decke lag die rabenschwarze Finsternis über dem Land. Wer sich hier nicht auskannte, musste sich unweigerlich verlaufen.
Doch Jurc wusste den Weg genau. Er war zwar noch nicht bis zum Schloss des Schwarzen Grafen gegangen – eine unbestimmte Angst hatte ihn bisher davon abgehalten – aber er hatte das Schloss oft aus der Ferne gesehen. Es stand auf einem Hügel, mit seinen mächtigen dunklen Mauern, den beiden hohen Wehrtürmen und dem breiten eisenbeschlagenen Tor.
Das Schloss hatte die Zeit gut überstanden. Zwar war es einmal zerstört worden, doch der Schlossherr hatte es wieder aufgebaut.
Nun, Jurc wusste nichts über die blutige Geschichte des Gemäuers, für ihn war nur wichtig, dass er dort sein Ziel fand.
Der späte Herbst hatte das Laub nun endgültig von den Bäumen rieseln lassen. Wie ein dicker Teppich bedeckte es den Boden. Es raschelte geheimnisvoll unter Jurcs Füßen, wenn er den schmalen Saumpfad entlangschritt und immer höher gelangte.
Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine grauweiße Nebelwand vor ihm. Baumhoch umschlang sie den Hügel und dämpfte den geheimnisvollen Schrei eines Käuzchens.
Dieses war die Stunde der Nachtvögel. Uhus und Käuzchen gingen auf die Jagd, um mit ihren scharfen Krallen nach Mäusen und anderem Kleingetier zu schlagen.
Jurc tauchte ein in die Nebelwand. Jetzt konnte er die Hand nicht mehr vor Augen sehen. Seine Kleidung wurde klamm und feucht. Sein Atem vermischte sich mit dem Nebel, und obwohl der Abstieg jetzt noch steiler wurde, ging der Holzfäller unverdrossen weiter.
Immer dichter wurde der Wald. Die Bäume standen jetzt so eng zusammen, dass ein Mensch kaum zwischen ihnen durchgehen konnte. Mit seinen schwieligen Händen bog Jurc die im Weg hängenden Äste und Zweige zur Seite, und wenn sie zu starr waren, brach er sie kurzerhand ab.
Viel Zeit blieb ihm nicht mehr.
Um Mitternacht musste er die Burg erreicht haben.
Dann stand der Mond so günstig, dass er sein fahles Licht in den Schlosshof schickte und mithalf, die Kräfte der Finsternis zu aktivieren.
So rasch der Nebel gekommen war, so schnell hörte er auch auf.
Petroc Jurc empfand die Dunkelheit nicht mehr als so dicht, als er aus der grauen Suppe auftauchte.
Petroc sah vor sich etwas zwischen den Bäumen schimmern. Eine weite Fläche, die silbrig glänzte.
Die Lichtung vor dem Schloss! Schon jetzt war sie vom Mondlicht voll beschienen.
Jurc merkte, dass sein Herz vor Erregung schneller klopfte. Er spürte die Kraft, die ihn plötzlich überkam. Er lief schneller. Geduckt legte er die letzten Meter im Laufschritt zurück.
Dann stand er am Rand der Lichtung.
Sie lief über in einen Hang. Und dort, wo er seinen höchsten Punkt erreichte, stand das Schloss.