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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Der Vampir von Manhattan. Er ist zurückgekehrt auf die Erde, um endlich seinen teuflischen Plan zu verwirklichen. In New York, auf der Insel Manhattan, will er mit seinen Gehilfen ein Reich des Schreckens gründen, ein Königtum der Vampire. Vampyrodam! John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Er ist zurückgekehrt auf die Erde, um endlich seinen teuflischen Plan zu verwirklichen. In New York, auf der Insel Manhattan, will er mit seinen Gehilfen ein Reich des Schreckens gründen, ein Königtum der Vampire.Vampyrodam!
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-2797-4
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Der Vampir von Manhattan ist auf die Erde zurückgekehrt, um endlich seinen teuflischen Plan zu verwirklichen. In New York, auf der Insel Manhattan, will er mit seinen Gehilfen ein Reich des Schreckens begründen, ein Königtum der Vampire.
Vampyrodam.
Frank Harper zitterte, obwohl der Sommerabend mild und warm war. Unschlüssig ging er am Washington Square mitten in Greenwich Village auf und ab. Er rauchte eine Zigarette nach der andern, er nahm seine Umgebung kaum wahr.
Greenwich Village war das Künstlerviertel New Yorks. Vom Hudson River bis zur 4. Avenue, von der Houston Street bis zur 14. Straße erstreckte es sich. Hier gab es keine Hochhäuser, sondern geräumige, ehemalige Villen, die zu Apartmenthäusern umgebaut worden waren, viele Künstlerkneipen, kleine Cafés und Restaurants, Klubs, Jazzkeller und alle möglichen Geschäfte.
Pflastermaler waren auch jetzt am Abend noch in ihre Tätigkeit versunken. Im Washington Square Park lagerten langhaarige Hippies auf dem Rasen, rauchten Marihuana und diskutierten über den Lauf der Welt und wie man das Leben auf Erden verbessern könnte.
Eine ungezwungene Atmosphäre herrschte. Die Skyline der Hochhäuser und Wolkenkratzer im Hintergrund erschien wie eine andere Welt.
Der junge Mann konnte sich nicht entschließen, in das Haus am Waverly Place 85 hineinzugehen. Er hatte das Gefühl, dass er damit einen unwiderruflichen Schritt unternahm. Dabei hatte er jahrelang nachforschen müssen, um dieses Haus zu finden. Ein innerer Zwang, der ihn schon von Kindheit an immer wieder heimsuchte, trieb ihn her.
Zwei widerstrebende Kräfte rangen in Frank Harper.
Der junge Mann warf wieder eine Zigarettenkippe weg und wandte sich einem kleinen Ecklokal zu. Frank Harper war groß und kräftig gebaut. Er hatte lockiges braunes Haar, ein sympathisches Gesicht und ein Grübchen am Kinn. Mit seinem bunten Hemd, der leichten Freizeitjacke und den Jeans unterschied er sich nicht von Hunderten von anderen jungen Leuten.
Im Lokal schlug ihm verräucherte Luft entgegen. Die Musikbox dröhnte, und zum Teil recht verwahrloste Gestalten drängten sich am Tresen oder hingen mehr an den Tischen, als dass sie saßen. Normalerweise hätte Frank Harper ein solches Lokal nicht aufgesucht.
Er zwängte sich an einen noch »freien« Stehplatz an der Theke und bestellte bei dem schmuddligen Wirt einen doppelten Whisky. Pur. Das Glas war nicht gerade sauber, aber der Wirt goss reichlich ein.
Frank kippte den Doppelten mit einem Schluck, das Zeug brannte in der Kehle wie Feuer und ließ ihn die Augen aufreißen. Das Etikett auf der Flasche war glatt gelogen, der Wirt hatte irgendeinen Rachenputzer eingefüllt, den er jetzt als Johnnie Walker verkaufte.
Frank lehnte einen zweiten Whisky ab und bezahlte einen überhöhten Preis. Ein dürrer junger Mann mit den übergroßen Augen eines Rauschgiftsüchtigen bettelte ihn an.
»Ich habe seit drei Tagen nichts mehr gegessen. Gib mir einen Dirne.«
Das war ein Vierteldollar. Frank schob den Junkie zur Seite, der hinter ihm auf den Boden spuckte, und verließ das Lokal. Den Kopf zwischen die Schultern gezogen, ging er auf das Haus Waverly Place 85 zu. Wenn er sich noch länger herumdrückte, nützte es auch nichts, und der Fusel änderte nichts.
Er musste in dieses Haus, er musste sich davon überzeugen, ob das, was er in Erfahrung gebracht hatte, der Wahrheit entsprach. Frank Harper trug ein Allzweck-Messer in der Tasche, damit wollte er das Geheimfach in der Täfelung an der in dem alten Dokument beschriebenen Stelle öffnen.
Frank zögerte nicht mehr länger. Es war weniger sein eigener Entschluss, der ihn trieb. Ihm ging es wie jemanden, der in einen Sog hineingezogen wurde, dem er sich unvorsichtigerweise zu sehr genähert hatte.
Die dreistöckige Villa mit der Stuckfassade, den Balkonen und Erkern und dem breiten Treppenaufgang zur Haustüre war für amerikanische Verhältnisse sehr alt. Aber hervorragend renoviert.
Der junge Mann klingelte bei der Mietpartei im ersten Stock, zu der er wollte, und eine Frauenstimme meldete sich über die Sprechanlage. Frank nannte seinen Namen, er hatte sich telefonisch angemeldet.
»Ah, Mr. Harper. Mein Mann und ich sind schon sehr gespannt. Bitte, kommen Sie doch herein.«
Der Türöffner summte, Frank trat in ein sehr geräumiges Treppenhaus, stieg die Treppe hoch und wandte sich im ersten Stock zu der Wohnung rechts. Eine hübsche Frau um die Dreißig mit dunklem Haar und ausgeschnittenem tiefrotem Cocktailkleid hatte die Wohnungstüre bereits geöffnet.
»Hallo, Mr. Harper, ich bin Daisy Munro. Mein Mann und ich fürchteten schon, Sie würden nicht mehr kommen.«
»Entschuldigen Sie bitte, ich habe mich verspätet.«
»Das kann passieren. Das ist ja toll, dass in diesem Haus vor zweihundert Jahren einmal ein richtiger Hexer gewohnt haben soll. Ganz geheuer war uns das Bild in der Wandtäfelung allerdings nicht. Oft wollte ich es entfernen lassen. Aber, so merkwürdig es klingt, ich fürchtete mich davor. Der Raum, in dem es sich befindet, wird auch kaum benutzt.«
Das Geplappere ging Frank Harper auf die Nerven. Daisy Munro lachte schrill, sie führte den jungen Mann in einen kleinen Salon mit einem sehr großen Kamin, der zu einem Wandschrank umgebaut worden war. Der Salon war erst später abgeteilt worden, früher hatte es hier einen Saal gegeben.
Für große Gesellschaften und Bankette. Im Lauf von fast zweihundert Jahren war in dem Haus manches baulich verändert worden.
Ein großer, schlanker Mann mit angegrautem Haar und Klubjacke stand bei dem umgebauten Kamin und stützte sich mit dem Ellbogen auf den noch vorhandenen Sims. Er hielt einen Drink in der Hand und versuchte, spöttisch und überlegen zu wirken.
Aber es gelang ihm nicht ganz.
Rechts vom Kamin war ein Bild in die Eichenholztäfelung eingelassen. Es zeigte einen hohlwangigen Mann von düsterem Aussehen. Es handelte sich um ein Brustporträt, Kleidung und Frisur des Dargestellten entsprachen der Mode des späten 18. Jahrhunderts.
Die Farben waren nachgedunkelt, dennoch schien das Porträt zu leben. Besonders die Augen waren es, die den Betrachter faszinierten. Sie fixierten ihn, wo immer er auch stand. Tiefliegende Augen mit einem düsteren Glanz.
Der Mann mit dem angegrauten Haar, der Hausherr, sagte nichts, als Frank Harper auf das Bild zutrat.
»Das ist er«, flüsterte Frank wie im Selbstgespräch. »Montague Harper, der Hexer von Salem, an den sich nicht einmal Cotton Mather heranwagte. 1648 von Schottland, als ihm der Boden zu heiß wurde, in die Neue Welt geflüchtet, wo er auf die vampirische Hexe Asenath traf, seine Gefährtin des Grauens. 1793 gebannt und mit Asenath lebendig begraben.«
»Was reden Sie da?«, fragte der Wohnungsinhaber. »Das hört sich aber keineswegs amüsant an. Ich bin Wallace D. Munro, Rechtsanwalt. Sie haben meiner Frau am Telefon allerhand erzählt, junger Mann, aber ich glaube nicht im Ernst …«
»Schweigen Sie!«, sagte Frank Harper und vollführte eine schroffe Handbewegung. »Das Bild ist da, jetzt will ich sehen, ob es auch das Geheimfach gibt.«
Er trat an die Täfelung heran und zählte und maß ab. Den Anwalt und seine Frau schien er vergessen zu haben. Sie musterten sich hinter seinem Rükken, und Wallace D. Munro zuckte die Schultern.
Frank zog sein Taschenmesser und klappte es auf. Er fuhr mit der großen Klinge in die verstaubte Ritze, die er ausfindig gemacht hatte, und suchte einen Widerstand, jenen kleinen Vorsprung, der den Hebelmechanismus auslösen sollte.
Da war er, es klickte leise, und dann sprang ein viereckiges Türchen in der Täfelung auf. Eine Platte, die sich in nichts von den anderen unterschied. Frank Harper steckte das Messer weg und fasste eilig in die staubige Öffnung.
Er fand zwei Dinge in dem kleinen Geheimfach, nahm beide heraus und legte sie auf den Tisch. Der Rechtsanwalt und seine Frau beobachteten ihn mit wachsender Spannung. Frank Harper griff noch einmal in das Wandfach, er bückte sich und blies den Staub weg, der wie eine kleine Wolke herausstob.
Aber da war nichts mehr. Wallace D. und Daisy Munro waren an den Tisch getreten und betrachteten die beiden Gegenstände. Eine kleine Flasche mit einem Glasstöpsel und ohne Aufschrift. Und ein Buch, das in ein seltsames, pergamentartiges Leder eingebunden war.
»Esq. Montague Harper, Master of the Black Art«, stand in steiler Handschrift mit verblasster Tinte auf dem vergilbten Etikett. »Esquire Montague Harper, Meister der Schwarzen Kunst«.
»Da haben Sie ja doch etwas Interessantes gefunden«, sagte der Rechtsanwalt Munro und berührte den Einband des Buches. »Ein merkwürdiges Leder. Möchte wissen, was das ist.«
»Gegerbte Menschenhaut«, sagte Frank Harper und öffnete das Buch. Er durchblätterte es flüchtig. Die vergilbten Blätter waren mit handschriftlichen Aufzeichnungen bedeckt. »Vielen Dank für Ihr Entgegenkommen, Mr. und Mrs. Munro. Leben Sie wohl.«
Er steckte die Flasche ein, klemmte das Buch unter den Arm und wandte sich zum Gehen.
»He, Augenblick mal«, protestierte der Anwalt. »Sie haben diese Dinge in unserer Wohnung gefunden. Wenn sie überhaupt jemandem gehören, dann uns. Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, worum es sich handelt. Aber so bleiben Sie doch hier, junger Mann! He, halt!«
Frank Harper verließ den Salon und ging zur Wohnungstür. Er beachtete den Anwalt und seine Frau überhaupt nicht. Munro eilte ihm nach und hielt ihn am Ärmel fest, als Frank schon die Klinke der Wohnungstür in der Hand hatte.
Frank Harper war wie in einem Bann gefangen. Er wusste kaum, was er tat, als er sich umdrehte und den Anwalt mit einem Kinnhaken zu Boden streckte. Mrs. Munro schrie auf. Frank Harper aber eilte hinaus, warf die Wohnungstür hinter sich ins Schloss und lief die Treppe hinunter.
Daisy Munro bemühte sich um ihren Mann, der zwar noch bei Bewusstsein, aber angeschlagen und geschockt war. Sie half ihm auf die Beine und führte ihn in den Living-room. Wallace D. Munro betastete sein Kinn.
Seine Frau holte ihm ein feuchtes Tuch und einen Drink. Der Anwalt nahm einen großen Schluck von dem Martini.
»So ein verdammter Kerl! Der war nicht zurechnungsfähig. Er hat uns bestohlen, wir müssen etwas unternehmen. Die Polizei verständigen. Das war Hausfriedensbruch, Diebstahl und Körperverletzung. Das wird ihn teuer zu stehen kommen. Aber jetzt ist er weg, und es ist sinnlos, ihn im Gewirr des Village zu suchen. Kennst du seine Adresse, Daisy?«
»Nein, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er mit Nachnamen Harper heißt. Er erzählte mir am Telefon von seinem Vorfahren, dem Hexer Montague Harper, der einmal hier gewohnt habe. Ich erlaubte ihm, hierheriukommen. Du hattest auch keine Einwände.«
»Harper, Harper, Harper. Hast du eine Ahnung, wie viele Harpers es in New York City gibt? Ich kann mich nur an das nächste Polizeirevier wenden und seine Beschreibung angeben. Vielleicht sind seine Fingerabdrücke registriert.«
Doch Wallace D. Munro war skeptisch. Er ahnte bereits, dass er nichts erreichen würde.
*
Drei Tage später, vierzig Minuten nach Mitternacht. Frank Harper war mit dem alten Buch und der zugestöpselten Flasche in die Kelleräume des Wolkenkratzers an der Ecke Dritte Avenue – 24. Straße vorgedrungen. Er befand sich im Heizungskeller, dieser Bau war nicht an das Fernheizungssystem angeschlossen. Rohre zogen sich unter der Decke hin. Der massige Brenner mit seinen Skalen und Röhren und der Wassertank mit der Umwälzpumpe nahmen einen großen. Teil des Kellerraumes ein.
Der Öltank war nebenan, er wurde durch eine Pipeline aufgefüllt. Die schmutzigen Neonröhren verbreiteten spärliches Licht. Es roch nach Öl, die Luft war abgestanden, warm und dumpf. Ein gleichmäßiges Summen ertönte aus der Heizungsapparatur.
Frank Harper hielt das alte Buch unter dem linken Arm, in der rechten Hand hatte er die dickwandige Flasche. Mit konzentriertem Gesichtsausdruck schritt er langsam durch den Keller.
Der Hausmeister und Schließer, der auch die Heizungsanlagen zu kontrollieren hatte, betrachtete ihn von der Tür aus. Dieser Hausmeister war ein großer, schwergewichtiger Neger mit einem schmutzigen blauen Overall. Er hielt den jungen Mann für einen Spinner.
Er wusste auch gar nicht so recht, was Frank Harper hier unten eigentlich wollte, es hatte irgendetwas mit Magie und einem Geist zu tun. Der schwarze Hausmeister hielt beides für Humbug. Aber der junge Mann hatte ihm hundert Dollar dafür gezahlt, dass er ihn um Mitternacht in die Kellerräume des Wolkenkratzers einließ.
Für diesen Betrag konnte der junge Kerl spinnen, so viel er wollte. Der Hausmeister hatte seine Taschen durchsucht und ihn abgeklopft, da war nichts, was ihm gefährlich erschienen wäre. Keine Waffe, kein Brandsatz oder Sprengstoff.
Die kleine Flasche enthielt nur grauen, modrig riechenden Staub, der nicht mal brennbar war.
»Na, Mister, sind Sie jetzt am richtigen Fleck?«, fragte der Hausmeister. »Stören Sie mich nicht!«, sagte Frank
Harper streng, ohne sich umzudrehen. »Lassen Sie mich allein.«
»Wie Sie meinen.« Der Hausmeister beschloss, in dem Verschlag vor den Abstellräumen, der zwanzig Meter entfernt war, eine Zigarette zu rauchen und Kaffee aus der Thermosflasche zu trinken. Dort stand auch eine alte Couch, auf die er sich setzen konnte. »Aber beeilen Sie sich. Um Punkt ein Uhr gehen Sie, so ist es abgemacht.«
Frank Harper antwortete nicht. Der Hausmeister schloss kopfschüttelnd die Feuerschutztür und entfernte sich. Auf jeden Fall war er um hundert Dollar reicher.
Frank Harper stand mit leicht gespreizten Beinen auf dem schmutzigen Betonboden. Seine sämtlichen Muskelfasern vibrierten, er spürte eine fast unerträgliche Spannung. Die Flasche in seiner rechten Hand schlug mehrmals so heftig nach unten aus, dass er sie kaum festhalten konnte.
Es war wie bei einer Wünschelrute. Auf die gleiche Art und Weise hatte Frank Harper auch hergefunden. Er war überzeugt, dass er über dem Grab von Montague Harper und Asenath stand. Im Jahre 1793 waren beide an dieser Stelle eingescharrt worden, in einem großen geweihten Sarg, der mit Silbernägeln verschlossen und mit silbernen Bändern versehen war.
Jetzt, fast zweihundert Jahre später, stand ein Wolkenkratzer an der Stelle. Dass man beim Ausheben und Aussprengen der Fundamente nicht auf den Sarg gestoßen war, darauf verschwendete Frank Harper keinen Gedanken.
Wo Schwarze Magie im Spiel war, galten keine normalen Maßstäbe.
Sein Herz hämmerte bis zum Hals, der kalte Schweiß brach ihm aus. Etwas in ihm sträubte sich, eine innere Stimme riet ihm, schleunigst wegzulaufen, so weit fort wie nur möglich. Aber Frank wollte und konnte nicht.
Denn sonst wäre die Arbeit vieler Monate sinnlos gewesen. Er musste Bescheid wissen und redete sich ein, ihm könne nichts passieren.
Frank Harper murmelte eine Beschwörung, die er dem alten Buch entnommen hatte. Er stand genau an der richtigen Stelle. Er zog den Glasstöpsel aus der Flasche, neigte sie und ließ das darin befindliche Pulver auf den Kellerboden rieseln.
Zunächst geschah nichts. Frank Harpers Spannung wuchs, seine Knie zitterten.
Dann flackerten die Neonröhren. Eine eisige Kälte breitete sich aus, und wie ein Nebel wolkte es vom Boden hoch. Ein Rauschen übertönte die Geräusche der Heizungsanlage, Wispern, eigenartige Laute und fernes Stimmengemurmel erklangen.
Frank Harper bebte.
»Montague Harper!«, stieß er mit heiserer Stimme hervor. »Hexer Montague, du Freund des frischen Blutes! Asenath, schreckliches Wesen aus ferner Zeit! Tochter der Nacht!«
Die Worte flogen ihm zu, er wusste nicht woher. Ein fahles, grünliches Leuchten erhellte den Keller, der Nebel kroch an Frank Harpers Körper hoch: Der junge Mann fror bis ins Mark, seine Zähne klapperten.
Das Buch und die Flasche rutschten ihm aus der Hand, er spürte es nicht. Beides schwebte so langsam wie Federn zu Boden.
Plötzlich ertönte ein lautes Brausen. Ein satanisches Gelächter voller Hohn und Bosheit gellte. Der Boden bewegte sich wie bei einem leichten Erdbeben.
Und übergroß und geisterhaft stiegen sie aus den Tiefen der Erde, durch den Stahlbeton der Wolkenkratzerfundamente. Montague Harper und seine Gefährtin Asenath: Durchscheinende weiße Erscheinungen, die Eiskälte verströmten. Ihre Augen glühten rot.
»Frank Harper, heißgeliebter Nachkomme, armseliger Menschenwurm!«, dröhnte die Stimme des Hexers Montague. »Ich danke dir von ganzem Herzen, dass du uns aus dem Reich der Schatten zurückgeholt hast. Jetzt sind wir wieder da, unsere Macht ist größer denn je. Nun rückt es in greifbare Nähe, unser großes Ziel zu Lebzeiten.«
»Diese Narren haben uns sogar noch einen Gefallen getan, als sie uns begruben«, kicherte Asenath. »Denn jetzt sind wir der lästigen Beschränkungen ledig, die der Körper eines sterblichen Menschen auferlegt. Könige der Nacht sind wir geworden.«
»Vampire!«, rief Montague. »Das war schon immer unser Traum.«
Asenath streckte Frank Harper ihre blasse, eiskalte Hand entgegen.
»Wir werden nicht allein bleiben. Das Königreich der Vampire wollen wir gründen, hier an den Ufern des Hudson. Vampyrodam soll es heißen! Merk dir den Namen gut: Vampyrodam! Die Welt soll vor ihm zittern.«
»Vampyrodam!«, sprach auch der dämonische Montague. »Gib mir dein Blut, mein Nachkomme. Es soll mich stärken.«
Frank Harpers Nackenhaare sträubten sich. Er begriff, dass er hereingelegt worden war und Montague und Asenath nur als Werkzeug gedient hatte. Von Grauen erfasst, flüchtete er aus dem Heizungskeller, rannte schreiend den Kellergang entlang und die Treppe hoch.
Er floh aus dem Seitenausgang des Wolkenkratzers, und noch immer gellte ihm Montagues und Asenaths Hohngelächter in den Ohren. Schreiend rannte er die Dritte Avenue entlang und rang die Hände.
Unseliger, hämmerte ihm eine innere Stimme ins Gehirn, was hast du getan? Dem Grab, das sie nie mehr hätte freigeben dürfen, sind sie entstiegen, durch deine Schuld.