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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Der Gelbe Satan. Er war ein Dämon aus dem fernen China. Seine Herrschaft war grausam. Die alten Sagen und Legenden erinnerten an die Schrecken, die er über das Land gebracht hatte. Fu-Man-Chu sollte sein Vater gewesen sein. Und diesen Namen nannten die Menschen nur flüsternd. Ferner erzählte man sich, dass der Sohn den Vater an Grausamkeit noch übertraf. Er war der Herr der Ratten und Vampire. Wenn sie gemeinsam auftauchten, dann war auch er nicht weit. So geschah es in Hongkong, dass sich die Ratten sammelten und die Vampire erschienen. Der Gelbe Satan war nah... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
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Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Er war ein Dämon aus dem fernen China. Seine Herrschaft war grausam. Die alten Sagen und Legenden erinnerten an die Schrecken, die er über das Land gebracht hatte.Fu-Man-Chu sollte sein Vater gewesen sein. Und diesen Namen nannten die Menschen nur flüsternd. Ferner erzählte man sich, dass der Sohn den Vater an Grausamkeit noch übertraf.Er war der Herr der Ratten und Vampire. Wenn sie gemeinsam auftauchten, dann war auch er nicht weit.So geschah es in Hongkong, dass sich die Ratten sammelten und die Vampire erschienen.Der Gelbe Satan war nah …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-2804-9
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Er war ein Dämon aus dem fernen China. Seine Herrschaft war grausam und brutal. Die alten Legenden und Sagen erinnerten an die Schrecken, die er gebracht hatte. Fu-Man-Chu sollte sein Vater gewesen sein. Und diesen Namen nannten die Menschen nur flüsternd. Ferner erzählte man sich, dass der Sohn den Vateran Grausamkeit übertraf.
Er war Herr der Ratten und der Vampire. Wenn sie gemeinsam auftauchten, dann war auch er nicht weit. Und in Hongkong geschah es, dass sich die Ratten sammelten und die Vampire erschienen.
Da wusste jeder: Der Gelbe Satan war nah!
Durch die blinden Scheiben fiel kaum Licht in den düsteren Anbau des alten Hauses. Die Gegenstände, die in dem Raum verteilt standen, waren nur schwach zu erkennen.
Und das war gut so.
Nicht jeder sollte sehen, was Huang hier aufbewahrte.
Es waren Särge!
Einfache, billige Totenkisten, aus Fichtenholz gebaut und primitiv zusammengenagelt. Särge für die Armen, für die, die sich nicht den Luxus einer teuren Bestattung leisten konnten. Deshalb standen die Särge auch in einem Anbau und nicht in den Auslagen des Beerdigungsinstitutes, denn Huang zählte zu den größten Bestattern in Hongkong.
Hier starben zahlreiche Menschen, und das Geschäft florierte.
Aus Platzmangel standen die Särge zum Teil übereinander. Die windschiefe Totenkisten-Pyramide sah aus, als würde sie jeden Augenblick umfallen.
Nichts unterbrach die Ruhe in dem kleinen Anbau. Alles war still.
Wirklich still?
Einem Beobachter hätten die Haare zu Berge gestanden, hätte er sehen können, was plötzlich mit einem der Särge geschah.
Der Deckel des obersten Sargs bewegte sich!
Er schabte mit den Seiten über das Unterteil, bis ein kleiner Spalt entstanden war.
Im nächsten Augenblick drang ein schauriges Ächzen aus dem Sarg, und plötzlich schob sich eine gelbweiße Hand mit ungeheuer langen Fingernägeln aus dem Spalt.
Die Finger bewegten sich. Sie krallten sich in das Holz, und von innen drückte eine Schulter gegen den Dekkel der Totenkiste und schob ihn weiter.
Der Spalt wurde größer.
Die Finger ließen den Rand des Unterteils los und bewegten sich wie Schlangen, als würden sie ihre Geschmeidigkeit genau prüfen.
Dann ertönte ein zufriedenes Lachen, und es hörte sich an, als wäre es in den Tiefen der Hölle geboren.
Der Gelbe Satan war erwacht!
*
Ich schnippte meine Zigarettenkippe weg. Sie überschlug sich zweimal in der Luft und landete im Rinnstein.
Ich befand mich in Hongkong. Und Suko war ebenfalls mit von der Partie. Sogar im Auftrag von Scotland Yard. Sir Powell, mein Chef, hatte das durchbekommen. Seitdem er geadelt worden war, tat er Dinge, die er früher mit dem Wort unmöglich bezeichnet hätte. Nun sollte man das alles natürlich nicht überbewerten, denn aus reiner Freundschaft hatte er Suko nicht mitfahren lassen. Schließlich war mein Freund Suko Chinese. Und was lag näher, als ihn in Hongkong, der britischen Kronkolonie, dicht vor der chinesischen Grenze, mitmischen zu lassen. Suko kannte die Mentalität der Asiaten, er wusste, wie man mit den Leuten umzugehen hatte.
Trotzdem hatten wir uns getrennt.
Er recherchierte woanders, und ich stand in New Kowloon inmitten des Hongkonger Trubels.
Ich hatte immer gedacht, in London wäre der Verkehr besonders dicht. Weit gefehlt. Hongkong ließ sich durchaus mit Tokio vergleichen, wo ich ebenfalls bereits ein Abenteuer erlebt hatte. 1
Vom Straßenkreuzer bis zur altmodischen Rikscha quälte und drängte sich alles durch die Straßen, was Räder besaß. Hupen, Sirenen, Klingeln und Stimmen vereinigten sich zu einem Wirrwarr, das für einen Nicht-Hong-konger zum reinsten Stress wurde. Die Menschen schoben sich förmlich über die Gehsteige rechts und links der Fahrbahn. Zahlreiche europäische Touristen waren darunter, die nach Bangkok gefahren waren und für wenige Tage mal kurz rüberjetteten, um sich Hongkong anzuschauen und sich dabei noch billig einzukleiden.
Schneidereien und Schuhmacherwerkstätten lagen eingekeilt zwischen Massage-Salons und Juwelierläden. Aus unzähligen Restaurants drangen exotische Düfte. Kinos und Sex-Shows protzten mit grellen Reklamen. Farbige Glühbirnen rannten hintereinander her, wurden zu Figuren oder zu leuchtenden Werbespots.
Nightklubs hatten schon am Tage geöffnet. Portiers schrien sich die Kehlen heiser, um Kunden zu locken. Taschendiebe und Bettler waren ebenso unterwegs wie Jugendbanden, Schwerverbrecher oder Touristen. Der Trubel dieser ungeheuer bunten Vielfalt war unübersehbar.
Ich musste die Eindrücke erst einmal verdauen, bevor ich an meine eigentliche Arbeit ging.
Es ging um Vampire!
Hongkong gehört bekanntlich zur britischen Krone, und alles was dort geschieht, wird auch in London bekannt. So kam es, dass ich eines Tages zu meinem Chef gerufen wurde und Sir Powell mir eine Zeitung unter die Nase hielt.
»Lesen Sie«, sagte er.
VAMPIRE IN HONGKONG
Die Überschrift sprang mir förmlich ins Auge, und sofort war ich alarmiert.
Der Schreiber berichtete, dass eine uralte Sekte ihre Auferstehung feierte, deren Anführer sich der Gelbe Satan nannte. Er hatte vor Jahrhunderten mit seinem Schiff die Meere unsicher gemacht, war aber dann gefangen und ausgeschaltet worden. Wie das geschehen war, darüber schrieb der Reporter nichts.
Der Mann hieß Mike Kilrain und war Engländer.
Als ich die Zeitung sinken ließ, schaute mich Sir Powell bitterböse an. »Sie werden zwar hier gebraucht, aber der Gouverneur unserer Kronkolonie hat mich gebeten, Sie nach Hongkong zu schicken.«
»Er kennt meinen Namen?«
»Natürlich. Schließlich liest auch er die Polizeiberichte. Unser Kontakt zur Polizei der Kronkolonie ist optimal.«
»Und wann soll ich fahren?«
»Nicht allein.«
Ich grinste. »Suko soll mit.«
»Genau.«
»Na, das wird ihn freuen.«
So kam es, dass Suko und ich uns am anderen Tag in die Maschine setzten und in Richtung Asien flogen.
Jetzt waren wir in Hongkong.
Und ich wartete auf Mike Kilrain, während Suko einen alten Freund besuchen sollte, der in Hongkong überall seine Finger drin hatte und ausgezeichnet Bescheid wusste. Von ihm erhoffte sich Suko wichtige Informationen.
Vom Hotel aus hatte ich Kilrain angerufen. Nach einigen Mühen erreichte ich ihn zu Hause. Seine Stimme klang matt, als er mir sagte, dass er mich vor dem Haupteingang des Kaufhauses Wu-Ling treffen wolle.
Und da stand ich nun.
Nicht direkt vor dem Eingang, denn dort herrschte ein Betrieb, als würde es etwas umsonst geben. Die Menschen schoben sich gegenseitig hinein, und für mich war es ein Rätsel, wie Kilrain mich, trotz eines Fotos, das er von mir besaß, finden wollte.
Ich hatte mich etwas abgesetzt, stand jetzt dort, wo der Betrieb nicht mehr so schlimm war.
Oft wurde ich angestoßen und angerempelt, doch als ich die schmale Hand in meiner Gesäßtasche spürte, war ich voll da.
Eine blitzschnelle Drehung, und ich hatte den Knaben gepackt.
Ein Halbwüchsiger starrte mich an. Sein rechtes Handgelenk hielt ich fest. Obwohl der Taschendieb zerrte, kam er mir nicht davon.
»Und jetzt?«, fragte ich.
Er redete in einem Kauderwelsch auf mich ein, von dem ich kein Wort verstand.
Ich ließ ihn laufen.
Innerhalb von zwei Sekunden war er in der Menge verschwunden. Typen wie ihn gab es in Hongkong zu Tausenden.
Mike Kilrain war schon längst überfällig.
Wir waren für siebzehn Uhr verabredet. Jetzt zeigte meine Rolex siebzehn Uhr fünfzehn.
Langsam wurde ich unruhig.
Es hatte keinen Zweck, den Blick kreisen zu lassen, um Kilrain zu suchen. Ich kannte ihn gar nicht.
Und die Minuten verrannen.
Dann – um genau siebzehn Uhr dreißig – blieb ein Mann neben mir stehen. »John Sinclair?«, fragte er.
Ich wandte den Kopf.
Der Mann musste Mike Kilrain sein. Er hatte brandrotes Haar, ein von der Sonne gerötetes Gesicht und ungeheuer viele Sommersprossen. Er trug einen zerknitterten Leinenanzug und einen Strohhut auf dem Kopf. Seine Augen wirkten wässerig, wie die eines Trinkers. Die fleischigen Lippen zuckten beim Sprechen, und das fliehende Kinn fiel bis zum Hals hin ab.
Insgesamt machte der Knabe auf mich einen unsympathischen Eindruck, aber ich konnte mir meine Geschäftspartner nicht aussuchen.
»Ich bin John Sinclair.«
»Kilrain«, sagte er.
Er stand so dicht neben mir, dass ich seinen Schweißgeruch wahrnehmen konnte. Unbewusst trat ich einen halben Schritt zur Seite.
Der Reporter holte aus seiner Tasche eine bereits gestopfte Pfeife. Gelassen zündete er sie an, rauchte zwei, drei Züge, und der Wind blies mir den Qualm ins Gesicht.
Der kokelnde Tabak roch wie Bahndamm-Verschnitt. Kilrain hatte sich an das Zeug gewöhnt. Er qualmte auf Lunge und grinste zufrieden, während er mit dem Zeigefinger die Pfeife nachstopfte. Er hatte dort so viel Hornhaut wie ich an den Füßen.
»Sie haben die Vampire gesehen?«, fragte ich, um ein Gespräch anzufangen.
Er nickte.
»Und wo?«
»Ich führe Sie hin.«
»Zu den Vampiren?«
Kilrain schaute mich von der Seite an. »Natürlich. Sind Sie überrascht?« Er bewegte beim Sprechen kaum die Lippen.
»Das kann man wohl sagen.«
Kilrain hob die Schultern. Seine Stimme klang spöttisch, als er sagte: »Ich denke, Sie sind so etwas wie ein Geister- oder Vampirjäger. Da dürfte Ihnen doch so etwas gar nichts ausmachen.«
»Das schon. Nur ist es bei uns in London nicht üblich, dass man so mir nichts, dir nichts zu einem Vampirnest geführt wird.«
»Hongkong ist eben anders.«
»Da sagen Sie was.«
Kilrain schaute über die Straße, auf der noch immer endlose Kolonnen von Fahrzeugen aller Art an uns vorbeizogen. » Wir müssen rüber. Sehen Sie dahinten die schmale Gasse?«
»Ja.«
»Dort ist es.«
Mir kam das alles wie ein Traum vor. Ich fuhr nach Hongkong, traf mich mit einem Reporter, und der sagte mir frank und frei, er werde mich zu den Vampiren führen.
Ich zweifelte daran. Während meiner Laufbahn hatte ich mir immer ein gesundes Misstrauen bewahrt. Ich kannte Leute, die erzählten mir wer weiß was, und als es dann soweit war, stellte sich alles als Finte heraus.
War es hier ähnlich?
Kilrain lachte, was ihn mir keineswegs sympathischer machte. »Sie trauen mir nicht, wie?«
»Das kann man nicht so sagen. Ich bin zumindest ein wenig überrascht, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Sie müssen die Hongkonger Lebensart verstehen, Sinclair. Hier prallen Europa und Asien aufeinander. Zwei verschiedene Mentalitäten begegnen sich. Die eine nimmt von der anderen etwas an und umgekehrt. Dass sich die Fronten dabei verwischen, ist mehr als nur natürlich. Hongkong ist ein Schmelztiegel. Was meinen Sie, auf welchem Raum hier die Leute hausen? Mit zehn, zwölf Personen auf einem kleinen Zimmer. Von sanitären Anlagen gar nicht zu reden. Das sind Buden, in denen die wohnen. Und auf der anderen Seite der unheimliche Luxus. Sehen Sie sich die Villen und Prachthäuser an, die im Norden an den Berghängen stehen. Was da allein ein Quadratmeter Boden kostet, das verdient ein Kuli in seinem ganzen Leben nicht. Und die Leute wissen, wer dort oben haust. Dass sie neidisch werden, ist klar. Das ist der Boden, auf dem die Tongs, die Geheimbünde, gedeihen. In Hongkong wimmelt es nur so von diesen Banden. Zahlreiche sind darunter, die sich dem Teufel verschworen haben. Die asiatische Mythologie ist ungeheuer vielfältig. Sie als Europäer werden kaum einen Einblick darin haben. Sie kennen nur ihre Werwölfe, Vampire und was weiß ich noch für Schattenwesen. Aber bei uns leben die Gestalten der Mythologie weiter, und Sie manifestieren sich sogar. Das ist der Unterschied.«
Ich enthielt mich einer Antwort. Ganz so schlimm, wie Kilrain es annahm, war es nun doch nicht. Auch ich hatte nicht nur mit Werwölfen zu kämpfen oder mit Vampiren, aber warum sollte ich mich streiten? Ich brauchte ihn, damit er mich zu den Vampiren führte.
Die Straße überquerten wir als Zickzack-Läufer. Eine Ampel gab es nicht, auch keinen Polizisten, der den Verkehr regelte. Nebeneinander schritten wir auf die Einmündung der Gasse zu.
Auch hier sah ich nur Geschäfte. Die Häuser standen sich dicht gegenüber, sodass die Sonne nur spärlich in die schmale Zeile schien. Offene Garküchen verströmten penetrante Gerüche, die meinen Magen schwer strapazierten.
Vor kleinen Geschäften saßen Händler und boten ihre Waren an. Wir schritten an einem Schaufenster vorbei, in dem, durch Rotlicht angestrahlt, Mädchen saßen und strickten. Der Kunde konnte sich hier die Girls aussuchen, ging dann hinein, sagte die Zahl, die das Mädchen auf ihrem Gewand trug, und konnte mit der Kleinen nach oben verschwinden.
Ein Bordell, wie es Hunderte gab.
Nur noch Touristen blieben stehen und gafften. Einige »Herren« gingen auch hinein.
Wir aber drängten uns weiter, umgingen eine Schlägerei zwischen vier Jugendlichen, durchquerten eine Einfahrt, landeten auf einem winzigen Hof, gingen durch eine offene Tür und standen in einer anderen Gasse.
Ich wusste nicht mehr, wo wir uns befanden.
Am Arm hielt ich Mike Kilrain fest. »Moment, Mister. Ich dachte, unser Ziel läge in der ersten Gasse?«
Kilrain runzelte die Stirn. »Habe ich das gesagt?«
»Laut gedacht bestimmt nicht.«
»Sorry, dann habe ich mich vertan.«
John, sei auf der Hut, sagte mir meine innere Stimme, und ich lockerte sicherheitshalber meine mit Silberkugeln geladene Beretta, die ich im Gürtelhalfter trug. Mein Einsatzkoffer lag wohlverstaut im Tresor des Hotels, der nach Angaben der Direktion absolut einbruchsicher war.
Mike Kilrain schien mir nervöser zu sein, als noch wenige Minuten zuvor. Hastig saugte er an seiner Pfeife, stieß Qualmwolken aus wie eine alte Dampflock und schaute sich immer wieder verstohlen um.
Ich beobachtete ihn von der Seite her. Die Gasse, in der wir uns befanden, war noch enger als die zuvor. Hier gab es kaum Läden oder Geschäfte, und wenn, dann waren sie so mies, dass ich mich gehütet hätte, nur einen Schritt über die Schwelle zu tun. Die Hausfassaden wirkten brüchig und uralt. Nichts Farbiges war zu sehen, hier begann das Armenviertel von Hongkong.
Ich sprach Kilrain darauf an, doch der lachte nur. »Armenviertel? Nein, Sinclair, das ist hier normal, die Armenviertel liegen woanders. Wenn Sie die sehen …« Er sprach nicht mehr weiter, denn wir hatten unser Ziel erreicht.
Es lag am Ende der Gasse, genau dort, wo sie in eine breitere Straße mündete.
Vor einem Schaufenster blieben wir stehen. Ich warf einen Blick durch die Scheibe und sah Urnen in allen Größen und Preisklassen auf kleinen Podesten stehen, die mit roten Samttüchern verdeckt waren.
Das zweite Schaufenster befand sich auf der breiteren Straße, wo wieder mächtig viel Trubel herrschte.
Hinter der Scheibe sah ich zwei prunkvolle Särge, die wertvolle Schnitzereien besaßen und mit Intarsienarbeiten versehen worden waren.
Immer, wenn ich Särge anschaute, lief mir eine Gänsehaut über den Rücken, denn dabei wurde ich an einen schlimmen Fall erinnert, den ich vor etwa einem Jahr erlebt hatte.2
Mike Kilrain stand vor der Tür. Ich zeigte auf den Laden. »Und dort leben Ihre Vampire?«, fragte ich ihn.
»Es führt zumindest eine Spur zu diesem Beerdigungsunternehmer.« Er deutete mit dem Daumen nach oben.
Über der schwarzen Holztür mit dem goldenen Griff las ich den Namen des Bestatters.
HUANG
»Hat er mit den Vampiren einen Pakt geschlossen?«, fragte ich.
»Möglich. Jedenfalls haben die Opfer, mit denen ich noch sprechen konnte, seinen Namen erwähnt.«
»Dann lassen Sie uns hineingehen«, schlug ich vor.
»Ich bleibe lieber hier.«
Kilrain grinste gequält. »Es ist so, Sinclair, Sie fliegen wieder nach London zurück, doch ich muss hierbleiben. Und wenn die Leute herausbekommen, dass ich Ihnen die Informationen gegeben habe, wird man mich irgendwann mit durchschnittener Kehle aus der Bay fischen.« Er führte seine Hand zum Hals. »Und das ist auch nicht das Wahre.«