John Sinclair 53 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 53 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Die Geisterhand. Sein Spiel verzauberte Tausende! Sie nannten ihn den Meister am Piano oder den Mann mit den Goldenen Händen. Wenn er spielte, vergaßen seine Zuhörer die Welt und ließen sich gefangen nehmen von einem Rausch an Klängen und Melodien. Antonio Scaramanga! Dieser Name ließ die Musikwelt aufhorchen. Doch niemand ahnte, dass seine Genialität nicht angeboren war. Er hatte sie gekauft, vom Satan ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumDie GeisterhandVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Die Geisterhand

Sein Spiel verzauberte Tausende!Sie nannten ihn den Meister am Piano oder den Mann mit den Goldenen Händen.Wenn er spielte, vergaßen seine Zuhörer die Welt und ließen sich gefangen nehmen von einem Rausch an Klängen und Melodien.Antonio Scaramanga! Dieser Name ließ die Musikwelt aufhorchen. Doch niemand ahnte, dass seine Genialität nicht angeboren war. Er hatte sie gekauft, vom Satan …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-2807-0

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Die Geisterhand

Sein Spiel verzauberte Tausende!

Sie nannten ihn den Meister am Piano – oder den Mann mit den Goldenen Händen.

Wenn er spielte, vergaßen seine Zuhörer die Welt und ließen sich gefangennehmen von einem Rausch an

Klängen und Melodien.

Antonio Scaramanga! Dieser Name ließ die Musikwelt aufhorchen.

Doch niemand ahnte, dass seine Genialität nicht angeboren war. Er hatte sie gekauft – vom Satan!

Und der Höllenfürst gibt nie etwas umsonst, auch keine Geisterhand.

Allmählich wurde es dunkler. Es war wie im Kino, kurz vor dem Film. Spannung und Nervenfieber hatten den kleinen Kreis der Auserwählten ergriffen. Denn sie warteten auf ihn – auf den Meister.

Dunkelheit.

Stille.

Nur hier und da ein unterdrücktes Hüsteln, ein schwerer Atemzug. Der kleine Theaterraum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Luft war schlecht. Zu wenig Sauerstoff, dafür Parfümwolken, die unsichtbar unter der stuckverzierten Decke schwebten.

In den vorderen Reihen war es ein wenig kühler. Hin und wieder fächerte dort ein Luftzug vorbei.

Im Orchestergraben stand niemand. Denn derjenige, der heute auftrat, brauchte keine untermalende Begleitung. Er war Künstler genug.

Künstler? Nein, seine Anhänger bezeichneten ihn als Genie, als absoluten Top-Star, als jemand, dem niemand zuvor das Wasser reichen konnte.

Der schwarze Vorhang war mehr zu ahnen als zu sehen. Wenn an ihm der Luftzug vorbeistrich, bewegten sich die Stoffwellen wie bei einem Meer.

Der Meister ließ sich Zeit.

Die Spannung wuchs.

Flüstern. Dann eine zischende Stimme: »Ruhe! Sie verderben ja alles!«

Das Flüstern verstummte.

Wann endlich trat der Meister auf?

Da! Der Vorhang raschelte. Deutlich war es zu hören. Dann fuhren die beiden Hälften auseinander.

Zwei Punktstrahler durchschnitten die Dunkelheit. Ihr Ziel befand sich auf der Bühne und riss zwei in weißen Handschuhen steckende Hände aus der tintigen Schwärze.

Zehn Finger!

Finger, die sich bewegten, die kreisten, zeigten, aufforderten, und die dem Willen eines dämonischen Befehlshabers folgten.

Die Hände glitten in die Höhe, die Spotlights folgten, begleiteten sie, ließen sie nicht einen Augenblick los und machten das Spiel der Finger zu einer wahrhaft faszinierenden Schau.

Zwei Hände!

Teufelshände? Normale Hände? Hände eines Genies – oder alles zusammen …?

Ein Tusch!

Laut hallte er durch das kleine Theater. Die Zuschauer zuckten zusammen.

Lichterflut. Urplötzlich, übergangslos. Sie riss die Bühne aus der anonymen Schwärze, fast explosionsartig und schockierend.

Im Mittelpunkt stand der Meister.

Strahlend, lächelnd, sich seines Sieges und der Ovationen jetzt schon bewusst.

Beifall brandete auf. Die Zuschauer sprangen hoch, klatschten und trampelten mit den Füßen. Beifall und Trampeln steigerte sich zu einem wahren Orkan, der gegen die Decke des kleinen Theaters stieg.

Der Meister wusste, dass er gern gehört wurde. Sein Name war weltbekannt. Er war es, der die Herzen der Musikliebhaber hatte höher schlagen lassen. Ein Meister auf dem Klavier, ein Tasten-Virtuose, der Mann mit den Wunderhänden.

So hatte man ihn genannt.

Ihn – Antonio Scaramanga!

In Siegerpose stellte er sich auf und ließ den Beifall an sich vorüberrauschen. Die Arme hatte er hochgestreckt und die Hände über seinem Kopf zusammengelegt. Ein strahlendes Siegerlächeln zeichnete sein asketisch schmales Gesicht, doch die Augen erreichte das Lächeln nicht. Sie blieben kalt, wie dunkle Murmeln, die ihm jemand in die Augenhöhlen gesetzt hatte.

Doch das bemerkte keiner der Anwesenden. Denn die, die gekommen waren, glaubten an ihn. Sie wollten ihn sehen und spielen hören. Sie waren ihm hörig.

Der Dämon am Flügel, so hatte ihn einmal eine Zeitung genannt. Und das war nicht übertrieben, denn wenn er spielte, drang seine Musik in die Seelen der Menschen ein und verzauberte sie.

Schon als Kind erhielt er den Beinamen ›der Wunderknabe‹. Das Klavierspielen war ihm mit in die Wiege gelegt worden. Er brauchte keinen Lehrer, er setzte sich hin und spielte.

Er gab Konzerte in allen Hauptstädten Europas. Als Zwanzigjähriger erlebte er den Ausbruch des Krieges mit und verschwand in der Versenkung.

Niemand wusste, wo er geblieben war. Nach dem Krieg tauchte er hier und dort wieder auf. Aber er trat nie mehr in öffentlichen Konzerten auf. Wenn er sich an den Flügel setzte, dann sammelte er einen kleinen Kreis Zuhörer um sich und berauschte sie mit seiner Musik.

Antonio Scaramanga war da und verschwand ebenso rasch.

Keiner wusste, wo er wohnte. Bis auf einen ständigen Begleiter hatte er keinen Freund.

Sein Diener, Leibwächter und Sekretär war ein Türke, taub von Geburt an und dem Meister absolut ergeben. Er begleitete ihn auf jedem Konzert.

Langsam verebbte der Beifall.

Der Meister trat zurück und gab ein Zeichen. Der große Lichtkreis wanderte weiter, bis er auf einem schwarzglänzenden Flügel hängenblieb.

Der Deckel war hochgeklappt. Ein Stab hielt ihn aufrecht. Das Licht wurde von dem glänzenden schwarzen Lack des Flügels reflektiert. Die weißen Tasten leuchteten wie Knochenfinger.

Antonio Scaramanga trat auf den kleinen Drehhocker zu. Geschickt warf er die langen Frackschöße zurück und nahm Platz. Sekundenlang blieb er in seiner leicht gebückten Haltung sitzen, und seine Finger in den weißen Handschuhen schwebten über der Klaviatur. So wie er da saß, wirkte er wie ein Kurzstreckenläufer am Start. Das weiße Gesicht mit dem scharfen Raubvogelprofil gab ihm eine ungeheuer männliche Note. Die Lippen waren zusammengepresst. Hart und eckig sprang das Kinn vor.

Ein letzter Atemzug, dann fielen die Hände nach unten.

Antonio Scaramanga begann zu spielen …

*

Ted Kronos bezeichnete sich selbst als Menschenjäger.

Er nahm jeden Job an. Wollte ein Gangsterboß einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg haben, wandte er sich an Kronos. Brauchte eine Versicherung Informationen, die nur auf einem illegalen Weg beschafft werden konnten, bekam Kronos den Job. Und suchte irgendein obskurer Geheimdienst einen Mietkiller, der keine Fragen stellte, wurde Kronos. gerufen.

Sein Vater war Grieche, die Mutter Schottin. Er wuchs in Athen und Glasgow auf, doch inzwischen war sein Arbeitsgebiet die ganze Welt geworden.

Und nun war er hinter Scaramanga her.

Im Auftrag eines Multimillionärs suchte er den Klavierspieler. Sein Klient gab Scaramanga die Schuld am Tode seiner Tochter und hatte Kronos angewiesen, Beweise und Scaramanga selbst zu beschaffen.

Hunderttausend Dollar sollte der Job bringen.

Die Hälfte war bereits überwiesen.

Kronos hatte Scaramangas Spur gefunden. In einem kleinen Privattheater im Londoner Stadtteil Soho trat er an diesem Abend auf. Kronos wollte die Gelegenheit nutzen, um in die Garderobe des Meisters einzudringen. Sicherlich bewahrte er dort belastendes Material auf. Falls er keins fand, würde er sich an Scaramanga persönlich halten. Seine Methoden waren international bekannt. Um Aussagen von jemandem zu bekommen, kannte Kronos keine Skrupel.

Bewaffnet war er mit einem Colt Ruger und einem Stilett.

Das Theater lag in einer Seitenstraße, in der Nähe der Kingsly Street.

Der Stuckfassade nach schien es aus der Jahrhundertwende zu stammen. Über eine Mauer musste Kronos klettern, um in den schmalen Hinterhof zu gelangen.

Dort presste er sich an die Wand und blieb erst einmal stehen.

Es war dunkel. Nicht einmal eine Laterne brannte, und Kronos wartete, bis sich seine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten.

Er war ein knochiger Typ mit leicht hervorquellenden Augen und einem eckigen Gesicht. Das Haar trug er links gescheitelt. Es fiel halb über die Ohren.

Bekleidet war er mit einem Jackett und einer engsitzenden Cordhose. Vor der Hintertür blieb er stehen, holte seine Punktleuchte hervor und besah sich das Schloss.

Ein geringschätziges Lächeln flog über sein Gesicht, als er erkannte, wie einfach es sein würde, das Schloss zu knacken. Mit einem Griff hatte er das hierzu erforderliche Werkzeug gefunden, ließ einen schmalen Stab teleskopartig ausfahren und werkelte einige Sekunden lang im Türschloss herum.

Es schnappte auf.

Kronos nickte befriedigt und drückte die Tür nach innen auf. Das war geschafft.

Der Killer hatte sich vorher genau über den Grundriss des kleinen Theaters informiert. Es machte ihm deshalb nichts aus, plötzlich in einem stockfinsteren Gang zu stehen. Er wusste genau, wo er langging.

Kronos ließ hin und wieder seine kleine Lampe aufblitzen, erreichte eine Treppe und schlich auf Zehenspitzen die Stufen hoch. Er glaubte, die Klaviermusik zu hören. Aber das konnte auch Einbildung sein. Er konzentrierte sich auf die Geräusche um ihn herum.

Still war es nicht.

Überall knackte und raschelte es. Das alte Haus lebte, das Holz arbeitete. Es bewegte sich, wie die Stufen unter den Füßen des sich anschleichenden Killers.

Die Garderoben lagen in der ersten Etage des Theaters. Winzige Räume, kalt und feucht.

Man brauchte keinen Wert mehr auf Image zu legen. Wer hier gastierte, der hatte sowieso kaum eine Chance, einmal nach ganz oben zu kommen.

Es wurde viel Experimentiertheater gespielt. Für bestimmte Gruppen von Zuschauern, die so etwas toll fanden.

Umso erstaunlicher war es, dass Antonio Scaramanga in diesem Theater auftrat.

Dafür musste es keinen Grund geben.

Und Ted Kronos war entschlossen, ihn herauszufinden. Außerdem lockten noch weitere Fünfzigtausend. Und die waren nicht zu verachten. Er erreichte die erste Etage.

Der Lampenschein huschte für einen Moment an der Wand entlang, und Kronos sah einen Pfeil, der in Richtung Bühne wies. Er schlug den entgegengesetzten Weg ein.

Dorthin, wo die Garderoben lagen.

Die Mauer des Ganges war nicht mehr neu verputzt worden. Das alte Zeug war abgeblättert und lag auf dem Boden herum. Es knirschte, wenn Kronos darüber schritt.

Er war sicher, dass man ihn nicht hörte. Der Stumme bestimmt nicht, und Personal gab es nicht, soviel er wusste. Überhaupt war Scaramangas Auftritt ziemlich rätselhaft, und Ted Kronos fragte sich, was er damit bezweckte.

Bestimmt nichts Gutes. Doch das war Kronos im Prinzip egal. Er kümmerte sich auch nicht um bestehende Gesetze. Hauptsache, die Mücken stimmten.

Es standen mehrere Garderobenräume zur Verfügung. Die meisten waren abgeschlossen. Der Eindringling fand nur zwei offene Türen.

Er schaute in den ersten Raum und sah im Strahl seiner Minilampe nur verstaubte Requisiten. Dort hielt sich sein ›Opfer‹ bestimmt nicht auf.

Der zweite Raum war interessanter und auch größer. Er umfasste zwei Zimmer, durch eine Schiebetür getrennt.

Über einem Schminkspiegel brannte eine einsame Lampe. Ihr Licht reichte kaum aus, um die Ecken auszuleuchten. Es roch nach einem herben Männerparfüm. Kronos bewegte witternd die Nasenflügel.

Er wurde plötzlich übervorsichtig und zog seinen Ruger Colt. Fest umspannte die Hand den Kolben.

Ted Kronos witterte förmlich die Gefahr. Etwas lag in der Luft. Aber was?

Was stimmte hier nicht?

War es der alte Holzschrank, der ihn so nervös machte? Oder lauerte die Gefahr hinter der Schiebetür?

Kronos dachte an die zweite Möglichkeit und bewegte sich auf Zehenspitzen vor. Sein Körper hatte sich in eine Maschine verwandelt. Ted Kronos war bereit, schon bei der geringsten Bewegung oder beim kleinsten verdächtigen Geräusch sofort zu schießen.

Die Schiebetür stand soweit offen, dass er bequem hindurchschreiten konnte.

Dicht davor blieb er stehen.

Seine Augen hatten sich zu schmalen Sicheln verengt. Licht und Schatten bildeten einen verwirrenden Kontrast. Kronos spürte plötzlich etwas von der unheimlichen Aura, die dieser Raum ausströmte, und zum ersten Mal seit langem bekam er das Gefühl der Angst. Bisher war er bei all seinen Jobs eiskalt gewesen, doch nun sträubten sich ihm die Nackenhärchen.

Umkehren?

Vielleicht war dies sogar richtig, aber da lockten noch fünfzigtausend Dollar, und diese Summe gab schließlich den Ausschlag. Ted Kronos, der eisenharte Bursche, schüttelte das Gefühl ab wie ein nasser Hund die Wassertropfen.

Er wuchtete sich förmlich durch den Spalt und kreiselte mit angeschlagener Waffe sofort herum.

Da stand er.

Antonio Scaramanga!

Die Augen des Eindringlings weiteten sich. Ein Schauer jagte über seinen Körper.

Das durfte nicht sein. Das war unmöglich.

Antonio Scaramanga befand sich im Theater und spielte Klavier. Er hatte es doch gehört.

Scaramanga lachte. Es war ein widerliches, leises, aber auch gefährliches Lachen. Obwohl Kronos seine Waffe in der Hand hielt, fühlte er sich klein und schwach. Dieser unbewaffnete Scaramanga schien ihm haushoch überlegen zu sein.

Aber wieso? Er hatte doch die Waffe, und der Künstler stand waffenlos vor ihm. Deutlich sah er die Hände mit den weißen Handschuhen.

Antonio Scaramanga sprach ihn an. »Du wolltest mich töten?«, fragte er.

Kronos schluckte. Was sollte er darauf antworten? Hastig schüttelte er den Kopf. »Nein, ich …«

»Ja bitte?«

Die Frage klang überheblich. Scaramanga war sich seiner Lage und Situation sehr wohl bewusst, als könnte ihn nichts mehr auf dieser Welt erschüttern.

Und das ließ in Kronos die Galle hochsteigen. »Piano-Hengst!«, flüsterte er, »du mieser Caféhaus-Klimperer. Ich werde es dir zeigen. Ich weiß nicht, wer an deiner Stelle vor dem Flügel sitzt und spielt, aber ich weiß, dass du jetzt mit mir kommen wirst, und wenn du dich weigerst, dann pumpe ich dich voll Blei.«

»Narr«, erwiderte Scaramanga. »Hirnloser, überheblicher Narr. Ich bin stärker als du.« Er lachte wieder. »Denn wer den Teufel zum Freund hat, fürchtet keine Menschen mehr.«

Die Sprache verstand Kronos. »Dann sind wir uns einig«, sagte er. »Auch ich habe den Schwarzen Bruder zum Freund. Ich verlasse mich immer auf ihn.«

Scaramanga hob die Hände.

Kronos war beruhigt. »Endlich wirst du vernünftig«, sagte er.

»Moment!« Scaramangas Stimme klang im Befehlston. »Ich möchte nur meine Handschuhe ausziehen.«

»Wenn’s dir Spaß macht …«

»Danke.«

Kronos lächelte überheblich. Er war jetzt sicher, dass er den Kerl geschafft hatte. Die Mündung des schweren Colt-Revolvers wich um keinen Zoll ab.

Scaramanga sollte Angst haben.

Und von seinem türkischen Diener und Leibwächter war auch nichts zu sehen. Vielleicht hockte der sogar vor dem Flügel und klimperte auf der Klaviatur herum.

Antonio Scaramanga nahm erst den linken Handschuh. Mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand fasste er zu und lupfte den Handschuh ab.

Warum machte er davon so viel Wirbel? Kronos wunderte sich. Wenn jemand seine Handschuhe auszog, dann war das ein ganz normaler Vorgang, aber der Kerl hier tat, als wäre er ein Zauberer.

Oder hatte er einen schmutzigen Trick in der Hinterhand? Wenn ja, würde ihm Kronos den austreiben.

Der erste Handschuh fiel zu Boden. Deutlich hob sich der weiße Stoff vor dem Dunkelrot der Dielen ab.

Der nächste Handschuh.

»Leg’mal einen Zahn zu, Freund«, sagte Kronos. »Ich will hier keine Wurzeln schlagen.«

»Gemach, mein Lieber.« Scaramanga lächelte. »Du wirst noch früh genug sterben.«

»Was war das?« Kronos’Stimme klang drohend und lauernd zugleich.

»Augenblick.« Der Künstler gab sich sehr souverän, als er den zweiten Handschuh zu Boden fallen ließ.

»Okay, Freund«, sagte Scaramanga. »Bis hierher habe ich das Spiel mitgemacht. Doch jetzt läuft es nach meinen Regeln weiter. Sieh her!«

Im gleichen Augenblick streckte Scaramanga seinen rechten Arm aus und drehte die Hand so, dass Kronos dabei auf die Fingernägel schauen konnte.

Vier sahen normal aus.

Doch der fünfte …?

Ted Kronos hatte plötzlich das Gefühl, verrückt zu werden. Der Daumen zeigte keinen normalen Nagel mehr, sondern ein Bild.

Einen Mann.

Ted Kronos.

Wie auf einer Leinwand waren Kronos und Scaramanga auf dem Daumennagel zu sehen. Und er zeigte noch mehr. In seinem Rücken tauchte plötzlich eine Gestalt auf. Diese Gestalt hielt ein Messer in der Hand. Ein Messer mit langer, leicht gekrümmter Klinge, deren Spitze auf Kronos’Rükken zeigte.