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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979!
Die teuflischen Puppen.
Sinistro war entkommen!
Er, der Magier ohne Kopf, den wir in New York aufs Kreuz gelegt hatten, schwor uns finstere Rache.
Während Suko, Bill und ich unter den Trümmern des eingestürzten unterirdischen Ganges begraben waren, setzte sich Sinistro nach London ab. Er wollte sich an unseren Freunden rächen. Hierzu entwickelte er einen satanisch genialen Plan. Er legte sich zahlreiche Helfer zu. Die teuflischen Puppen ...
John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Sinistro war entkommen!Er, der Magier ohne Kopf, den wir in New York aufs Kreuz gelegt hatten, schwor uns finstere Rache.Während Suko, Bill und ich unter den Trümmern des eingestürzten unterirdischen Ganges begraben waren, setzte sich Sinistro nach London ab. Er wollte sich an unseren Freunden rächen. Hierzu entwickelte er einen satanisch genialen Plan. Er legte sich zahlreiche Helfer zu. Die teuflischen Puppen …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-2831-5
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Sinistro war entkommen!
Er, der Magier ohne Kopf, den wir in New York so geleimt hatten, schwor finstere Rache.
Während Suko, Bill und ich unter den Trümmern des eingestürzten unterirdischen Ganges begraben lagen, setzte sich Sinistro nach London ab. Er wusste, dass dort Freunde von uns lebten, und wollte sich an ihnen schadlos halten.
Um seine Rache zu verwirklichen, entwickelte er einen satanisch genialen Plan. Er legte sich zahlreiche Helfer zu. Es waren die teuflischen Puppen!
HARRODS – ein Name, ein Begriff! Und das nicht nur in Merry Old England.
Harrods ist das Kaufhaus in Europa schlechthin. Das behaupten die, die es wissen müssen.
Bei Harrods bekommt man alles. Vom Hosenknopf bis zum Flugzeug. Eine Kaufhauswelt voller Gegensätze, ein Tummelplatz für Schau- und Kauflustige.
Harrods erfüllt jeden Wunsch. Und ist er noch so verrückt. Bei Harrods gibt es keinen Streik, bei Harrods ist der Kunde König. Harrods muss man gesehen haben. Eine Pflichtübung für jeden London-Touristen.
Täglich stürmen sie in das Kaufhaus. Sie kommen aus Frankreich, Deutschland oder Italien und sogar aus Übersee, wo Harrods im kaufhauseigenen Versand natürlich auch hinliefert. Nur bei rosa Elefanten wird es etwas schwierig, obwohl jemand behauptete, bei Harrods bekäme man auch sie.
Das Haus sieht aus wie ein altes Schloss. Vier Etagen zählt es. Rechnet man das Erdgeschoss hinzu, sind es fünf. Unter dem Erdgeschoss befindet sich das Parkhaus.
Die Menschen drängen sich täglich vor den zahlreichen Schaufenstern und stürmen regelrecht die Eingänge. Man hört viele Sprachen. Deutsch, Englisch, Italienisch …
Bei Harrods kauft jeder ein.
Auch Menschen, die in London wohnen.
Wie Shao, zum Beispiel.
*
Shao war erst vor wenigen Monaten von Hongkong aus in die Hauptstadt übergesiedelt, an der Seite ihres chinesischen Freundes Suko. Shao war hineingeraten in eine Welt voller List, Tücke und Gewalt. Sie hatte den Horror am eigenen Körper erfahren müssen, war zu einer Zwergin verkleinert worden und hatte auch dieses Grauen überstanden. Suko half ihr sehr dabei, und im Augenblick kümmerte sich Sheila Conolly um die aparte Chinesin mit den lackschwarzen, rückenlangen Haaren, da Suko sich in New York befand und dort gegen einen gefährlichen Dämon kämpfte. Zusammen mit Bill Conolly, Sheilas Mann, und dem Geisterjäger John Sinclair.
Sheila und Shao waren allein in London zurückgeblieben. Sheila konnte nicht weg, sie musste sich um ihren Sohn Johnny kümmern.
Die beiden Frauen waren viel spazieren gegangen. Sheila hatte Shao einmal London gezeigt. Sie waren in Museen gewesen und hatten sich auch eine Theateraufführung angesehen.
Nur Harrods hatten sie bisher ausgelassen.
Das wollte Shao nachholen.
Allein …
Sheila erwartete an diesem Nachmittag Besuch von einer Bekannten, und da wollte Shao die beiden nicht stören. Also fuhr sie in die Brompton Road, um sich bei Harrods einmal umzuschauen. Außerdem wollte sie für Johnny Conolly eine Kleinigkeit kaufen, ein Dankeschön, weil Sheila sich so sehr um sie gekümmert hatte.
Shao betrat durch einen der Haupteingänge das Kaufhaus. Das heißt, sie wurde vorangeschoben, von schwitzenden, erwartungsvollen Kundinnen mit ihren mürrischen Ehemännern.
Dicht hinter dem Eingang blieb Shao erst einmal stehen. Obwohl um sie herum heftiges Gedränge herrschte und es Ablenkung genug gab, fiel Shao doch auf.
Sie musste es einfach.
Die Chinesin trug ein knöchellanges buntes Sommerkleid, das von zwei dünnen Trägern über den Schultern gehalten wurde. Das Kleid betonte die schmale Taille und wurde dann etwas weiter, um sich an der linken Seite zu einem langen Schlitz zu teilen. Bei größeren Schritten öffnete er sich und gab den Blick auf ein gut gewachsenes Bein frei.
Zudem trug Shao keinen BH. An ihr konnte die Miederindustrie wirklich nicht viel verdienen, außerdem hatte sie es nicht nötig.
Das lange Haar floss nicht nur bis auf den Rücken, es umrahmte auch ein sehr apartes Gesicht mit schrägstehenden Mandelaugen und vollen naturroten Lippen, zwischen denen perlweiße Zähne schimmerten.
Shao war nicht stehen geblieben, um sich von Männern anstarren zu lassen, sie wollte sich orientieren.
Die Tafel sah sie bald. Einige Schritte brachten sie bis zu dem Wegweiser durch das Kaufhaus.
Shao suchte die Abteilung, in der es Spielwaren gab.
THIRD FLOOR – las sie. Dritter Stock also. Wo auch die riesige Möbelabteilung lag.
Shao konnte sich zwischen einer der zahlreichen Treppen entscheiden oder einen Lift nehmen. Es standen genügend zur Auswahl.
Sie entschied sich für den Fahrstuhl.
Drei Kabinentüren befanden sich nebeneinander. Vor jeder wartete eine Menschenschlange. Die Leute waren mit Tüten und Paketen bepackt. Sie redeten wild durcheinander. Keiner verstand das Wort des anderen.
Das Kaufhaus weckte eben Erwartungen.
Shao war in einer der Kosmetikabteilungen gelandet. Die führenden Hersteller aus Paris besaßen innerhalb des Kaufhauses kleine Studios, in denen solvente Käufer sich bequem und vor allen Dingen ungeachtet der Hetze und des Trubels die entsprechenden Duftwässerchen aussuchen konnten.
Der Lift kam von oben, hielt, die Tür glitt zur Seite, und die Menschen quollen heraus.
Eine Gruppe wollte hinein, die andere verließ den Lift.
Es gab ein heilloses Durcheinander, das sich nur langsam entwirrte.
Shao befand sich unter den letzten, die den Lift bestiegen. Neben ihr stand der Fahrstuhlführer, der große Augen bekam, als er die Chinesin sah.
Der Aufzug fuhr an.
Erste Etage.
Einige Käufer stiegen aus, andere ein.
Dann ging es weiter.
Die Luft im Aufzug war schlecht. Der Geruch von Schweiß und Parfüm machte das Atmen nicht geradezu einer Freude.
Shao ließ alles über sich ergehen. Sie wartete darauf, dass sie aussteigen konnte.
Endlich hielt der Aufzug in der dritten Etage.
Shao verließ ihn, und die lüsternen Blicke des Fahrstuhlführers folgten ihr.
Der Aufzug hatte inmitten der Abteilung für orientalische Teppiche gehalten. Bis zu den Spielwaren musste die Chinesin noch einige Yards zurücklegen.
Sie schritt an einigen Telefonzellen vorbei, gelangte in die Abteilung für amerikanische Möbel und sah schon das Hinweisschild, auf dem »Toys« stand.
Shao hörte es auch, dass sie sich in der Spielwarenabteilung befand. Die Kinderstimmen überwogen. Kleine Jungen und Mädchen zogen ihre Mütter und Väter zu den Ständen, an denen sie etwas Besonderes entdeckt hatten.
Auch Shao wollte in diese Richtung. Der kleine Johnny sollte ein Spielzeug bekommen, an dem er Freude hatte. Shao dachte an ein Auto oder ein ähnliches Gefährt.
Die Abteilungen für Jungen- und Mädchensachen waren getrennt. Links von Shao standen die mit Puppen gefüllten Regale, während es auf der gegenüberliegenden Seite elektrische Eisenbahnen und Autorennbahnen gab.
Shao ging nach rechts.
Zahlreiche Stände und Regale waren zu einem regelrechten Wirrwarr aufgebaut, durch dass sich ein Uneingeweihter kaum zurechtfinden konnte.
Shao blieb stehen und schaute sich um.
Sie wusste einfach nicht, wo sie anfangen sollte zu suchen. Am besten war es, sich eine Verkäuferin heranzuwinken.
Aber im Augenblick sah Shao keine. Nur an den Kassen saßen die Frauen. Der Chinesin blieb nichts anderes übrig, als sich dort zu erkundigen.
Sie machte eine halbe Drehung und wollte auch weitergehen, als sie stockte.
Deutlich hatte sie den Schrei vernommen!
Trotz des Trubels war er für Shao nicht zu überhören gewesen. Und sie hatte sich auch gemerkt, aus welcher Richtung er aufgeklungen war.
Aus der Abteilung, wo die zahlreichen Puppen standen.
Sofort lief Shao los.
Ihr Weg verlief zwischen zwei menschenhohen Regalen. Sie waren vollgestopft mit Kästen und Puppenstuben.
Da sah Shao den Mann.
Er taumelte ihr entgegen. Sein Gesicht war weiß wie eine Kinoleinwand. Die Augen hatte er weit aufgerissen. Das dunkle Haar hing ihm in die Stirn, und die Arme hielt er in einer flehenden Geste weit vorgestreckt.
Shao lief auf ihn zu. Sie ahnte, dass der Mann zusammenbrechen würde, und wollte ihn stützen.
Schemenhaft sah sie die Gesichter der anderen Menschen, die hinter dem Mann auftauchten. Jemand rief nach der Polizei.
Da brach der Mann zusammen.
Shao kam zu spät, um ihn noch aufzufangen. Er blieb liegen, sein Kopf berührte fast Shaos Fußspitzen, und die Chinesin konnte seinen Rücken sehen.
In ihm steckte ein Messer!
*
Der Niedergestochene trug einen hellen Anzug. Um die Wunde herum hatte sich ein Blutkranz gebildet, der langsam vom Stoff aufgesaugt wurde.
Shao kniete vor dem Mann. Er versuchte, den Kopf zu heben. Shao half ihm dabei, indem sie zwei Finger unter das Kinn des Schwerverletzten legte.
Ihre Blicke trafen sich.
Shao hatte in ihrem Leben genug gesehen, um zu wissen, dass diesem Mann niemand mehr helfen konnte. Er stand bereits auf der Schwelle zwischen Tod und Leben.
Über seine Augen hatte sich ein Schleier gelegt, der aus dem Jenseits zu kommen schien, doch der Schwerverletzte riss sich noch einmal mit ungeheurer Kraft zusammen, öffnete den Mund und formte ein paar Worte, die Shao schockten.
Sie hatte plötzlich das Gefühl, allein mit diesem Schwerverletzten zu sein. Die anderen Menschen um sie herum existierten nicht mehr, sie sah sie nicht, sondern nur den Mann …
»Puppen …«, flüsterte er erstickt. »Die Puppen … haben mich … umgebracht … Sie … Messer … Vorsicht … Voodoo …« Ein letzter, tiefer, röchelnder Atemzug – dann brachen die Augen. Der Mann sackte wieder zurück.
Er war tot.
Shao aber blieb sitzen. Ihr Blick floss ins Leere. Sie sah die Leiche, sah sie aber trotzdem nicht. Sie hörte auch nicht die Stimmen der Kunden, sondern ihre Gedanken beschäftigten sich mit den letzten Worten des Toten.
Er hatte von Puppen gesprochen.
Von mordenden Puppen!
Aber wo? Hier im Kaufhaus? Das – das war doch nicht drin. Puppen sind leblose Gegenstände, die können nicht töten. Aber wenn sie jemand mit einem unheilvollen Leben erfüllt hatte? Shao erinnerte sich an das Wort Voodoo.
Voodoo – ein Totenzauber.
»He, Sie!« Shao spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Der Druck war kräftig.
Die Chinesin drehte den Kopf.
Ein etwa dreißigjähriger Mann schaute ihr ins Gesicht. Der Knabe trug einen hellen Anzug, hatte dunkelblondes Haar, das die Ohren berührte, und einen Oberlippenbart, der ihm ziemlich gut stand.
Shao erhob sich. »Er ist tot«, sagte sie.
»Ja, ja.«
Die Chinesin schaute dem Mann ins Gesicht. »Mehr haben Sie nicht zu sagen, Mister?«
»Mein Name ist Clint Cassidy. Ich bin hier der Kaufhausdetektiv. Bitte, ich möchte kein Aufsehen. Dieser Mann …«
»Er ist tot«, wiederholte die Chinesin. »Und er ist hier ermordet worden. In diesem Kaufhaus und in dieser Abteilung.«
Cassidy nickte heftig. »Natürlich, ich weiß, aber …« Er schaute sich lauernd um. »Denken Sie an die Kunden. Wir können hier keinen Skandal brauchen. Es ist … Also Harrods hat ein Image.«
»Aber hier liegt ein Toter«, sagte Shao scharf. »Ein Mensch ist gestorben, und Sie reden nur vom Renommee.«
Der Detektiv schaute sich um und rang die Hände. »Sie müssen verstehen, Miss …«
»Sagen Sie Shao.«
»Gut, Miss Shao. Ein Toter bei Harrods. Es sind bei uns schon Kunden ohnmächtig geworden. Doch ein Mord – nein, das darf einfach nicht passieren.«
»Aber es ist geschehen!«, erwiderte Shao. »Und Sie müssen die Polizei verständigen.«
Der Kreis, der sich um die beiden Personen gebildet hatte, wurde von Minute zu Minute größer. Die Kunden lauschten dem Gespräch, wobei sie hin und wieder scheue Blicke auf den Toten warfen.
Zwei typische Abteilungsleiter – gekleidet in dezentes Grau – brachten eine Decke. Sie breiteten sie über die Leiche. Dann schauten sie Clint Cassidy fragend an.
Der Detektiv sagte: »Es hat einen Toten gegeben. Jemand ist ermordet worden. Die Lady hier«, er zeigte auf Shao, »hat den Toten zuerst gesehen. Wir müssen die Polizei verständigen.«
Die Gentlemen sahen aus, als würden sie jeden Moment in Ohnmacht fallen.
»Auch das noch«, hauchte der Ältere der beiden. »In unserem Haus. Ein Skandal.«
Cassidy nickte.
Shao stieg die Galle hoch. Diese Ignoranz widerte sie an. Die Männer dachten nur an das Geschäft. Vielleicht mussten sie als Abteilungsleiter so reagieren.
»Ich benachrichtige die Polizei«, sagte der Ältere. Seinem Kollegen zischte er zu: »Beruhigen Sie die Kunden. Sorgen Sie dafür, dass sie verschwinden und weiterkaufen.«
»Natürlich.«
»Ein Skandal!«, murmelte der Abteilungsleiter, als er verschwand.
Shao blieb zurück.
Zwei Sanitäter kamen, doch der Detektiv schickte sie wieder weg. Sie waren hier fehl am Platze.
Auch die Zuschauer gingen. Sie würden noch lange Gesprächsstoff haben.
Ein Mord bei Harrods.
Wann hatte es das schon einmal gegeben?
Cassidy wandte sich an die Chinesin. »Es ist Ihnen doch klar, dass Sie sich als Zeugin zur Verfügung halten müssen.«
»Natürlich.«
Bevor der Detektiv die nächste Frage stellte, druckste er herum. »Haben Sie den Mörder wirklich nicht gesehen?«
»Sind Sie von der Polizei?«
»Nein, ich …«
»Dann werde ich Ihnen keine Auskunft geben. Was ich zu tun oder zu lassen habe, das regle ich selbst. Danke.«
Shao wandte sich ab. Sie mochte diesen Geschniegelten nicht, der sich wie ein Filmstar vorkam und sich zwar nicht für den Nabel der Welt, aber zumindest des Kaufhauses hielt.
Shao dachte noch immer über die letzten Worte des Sterbenden nach. Er hatte von Puppen und Voodoo gesprochen. Welche Puppen meinte er damit? Kinderpuppen, die hier in den Regalen zum Verkauf standen?
Eine andere Lösung sah Shao nicht, und deshalb wollte sie die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei nutzen. Von Cassidy unbeobachtet, wandte sie sich der Abteilung zu, in der die Puppen verkauft wurden.
Die Regale nahmen ganze Wände ein. Langsam schritt die Chinesin an ihnen entlang.
Sie sah große Puppen, kleine Puppen, Babypuppen und Stoffpuppen. Die Auswahl war ungeheuer. Der Käufer hatte wirklich die Qual der Wahl.
Sie alle sahen süß und harmlos aus. Mit ihren runden, angehalten Gesichtern, den großen blauen Augen und den rosigen Wangen.
Shao blieb stehen, fasste eine Puppe an und beugte sie nach vorn.
"Mammy!«, quäkte die Puppe.
Die Chinesin lächelte.
Harmlos …
Wenn sie richtig darüber nachdachte, war es eigentlich Unsinn, was der Sterbende da gesagt hatte. Puppen, die mordeten. Unmöglich, das war nicht drin.
Aber sagte ein Sterbender die Unwahrheit?
Das hatte Shao ebenfalls noch nie gehört. Und in Verbindung mit Voodoo bekam die Sache einen ganz anderen Sinn.
Shao erreichte das Regal, in dem die Stoffpuppen standen. Auch hier bemerkte sie nichts Verdächtiges. Die Spielzeuge sahen so harmlos und lieb aus, dass der Verdacht eigentlich lächerlich war.
Trotzdem blieb ein ungutes Gefühl zurück.
Die Chinesin schritt wieder zurück. Sie nahm den gleichen Weg wie zuvor und schaute sich die Puppen noch einmal an.
Sie blickte in die Gesichter, in die Augen, und plötzlich zuckte sie zurück.
Ein Augenpaar hatte sich bewegt!
Sicher, es gab Puppen, die mit den Augen rollten, aber dann musste man sie drehen oder beugen. Doch diese Puppe hatte von allein mit den Augen gerollt.
Shao schaute genauer hin.
Sie streckte die rechte Hand aus, doch sie traute sich nicht, das Spielzeug zu berühren. Eine unerklärliche Angst hielt sie davon ab. Die Puppe starrte sie so hasserfüllt an, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. Die Arme hatte sie angewinkelt, die kleinen Kunststoffhände waren zu Fäusten geballt.
Shao fragte sich, ob sie hier vor der Mörderin des Toten stand. Sie holte noch einmal tief Luft und berührte die Puppe mit den Fingerspitzen.
Die Chinesin erstarrte.
Die Kunststoffhaut war eiskalt!
Jetzt wusste Shao genau, dass mit dieser Puppe einiges nicht stimmte. Dabei sah sie so harmlos aus in ihrem kurzen roten Kleidchen, den weißen Socken und den ebenfalls roten Schuhen.