John Sinclair Collection 16 - Horror-Serie - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Collection 16 - Horror-Serie E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

3 spannende Folgen lesen, nur 2 bezahlen!

Drei gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band!

Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.

Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1978 - 1989 und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.


Tausende Fans können nicht irren - ca. 250 Seiten Horrorspaß garantiert!

Dieser Sammelband enthält die Folgen 46 bis 48:


46: DIE DÄMONENSCHMIEDE
Bill Conolly lag auf dem Steinfußboden eines großen Saales. Die Dämonen sangen und tanzten um ihn herum. Jubelnd reichten sie ihre neue Waffe von Hand zu Hand. Eine Kette aus Vampirzähnen. Mit ihrer Hilfe wollten sie ihren Hauptfeind Sinclair für ewige Zeiten ausschalten. Wird es dem Geisterjäger trotzdem gelingen, seinen Freund aus dieser Hölle zu befreien?

47: DER ALPTRAUM-GARTEN
Wir wussten, dass sich Myxin, der Magier, und der Schwarze Tod bekämpften. Doch der Schwarze Tod dachte nicht daran, sich in den Dimensionen des Grauens im Kampf um die Macht aufzureiben. Er griff zu einem Trick. Von einer Bildhauerin ließ er sich ein Standbild seiner Person anfertigen und lockte uns in den Albtraum-Garten. Erst als ich langsam zu Stein wurde, merkte ich, dass ich den Schwarzen Tod unterschätzt hatte...

48: AUSFLUG INS JENSEITS

"Das wird die Tour Ihres Lebens.", versicherte der geschäftstüchtige Leiter des Reisebüros. "Sie werden diese Schottlandreise niemals vergessen. Aber versäumen Sie nicht, Ihre Beruhigungspillen mitzunehmen, Sie werden sie brauchen. Vielleicht haben Sie schon von den Geistern und Dämonen gehört, die die meisten Schlösser und Burgen Schottlands bewohnen."

Niemand ahnte, dass diese Busfahrt ein Ausflug ins Jenseits werden würde.

Drei Mal Gruselspannung in einem Band. Jetzt herunterladen und sofort losgruseln!

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EPUB

Seitenzahl: 438

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustrationen: Vincente Ballestar ISBN 978-3-7325-6743-0

Jason Dark

John Sinclair Collection 16 - Horror-Serie

Inhalt

Jason DarkJohn Sinclair - Folge 0046Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Die Dämonenschmiede. Bill Conolly lag auf dem Steinfußboden eines großen Saales. Die Dämonen sangen und tanzten um ihn herum. Jubelnd reichten sie ihre neue Waffe von Hand zu Hand. Eine Kette aus Vampirzähnen. Mit ihrer Hilfe wollten sie ihren Hauptfeind Sinclair für ewige Zeiten ausschalten. Wird es dem Geisterjäger trotzdem gelingen, seinen Freund aus dieser Hölle zu befreien? John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0047Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Der Albtraum-Garten. Wir wussten, dass sich Myxin, der Magier, und der Schwarze Tod bekämpften. Doch der Schwarze Tod dachte nicht daran, sich in den Dimensionen des Grauens im Kampf um die Macht aufzureiben. Er griff zu einem Trick. Von einer Bildhauerin ließ er sich ein Standbild seiner Person anfertigen und lockte uns in den Albtraum-Garten. Erst als ich langsam zu Stein wurde, merkte ich, dass ich den Schwarzen Tod unterschätzt hatte... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0048Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1978 - 1979! Ausflug ins Jenseits. "Das wird die Tour Ihres Lebens.", versicherte der geschäftstüchtige Leiter des Reisebüros. "Sie werden diese Schottlandreise niemals vergessen. Aber versäumen Sie nicht, Ihre Beruhigungspillen mitzunehmen, Sie werden sie brauchen. Vielleicht haben Sie schon von den Geistern und Dämonen gehört, die die meisten Schlösser und Burgen Schottlands bewohnen." Niemand ahnte, dass diese Busfahrt ein Ausflug ins Jenseits werden würde. John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen

Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumDie DämonenschmiedeVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Die Dämonenschmiede

Bill Conolly lag auf dem Steinfußboden eines großen Saales.Die Dämonen sangen und tanzten um ihn herum.Jubelnd reichten sie ihre neue Waffe von Hand zu Hand. Eine Kette aus Vampirzähnen. Mit ihrer Hilfe wollten sie ihren Hauptfeind Sinclair für ewige Zeiten ausschalten.Wird es dem Geisterjäger trotzdem gelingen, seinen Freund aus dieser Hölle zu befreien?

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-2800-1

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Die Dämonenschmiede

Der Sommertag war zu Ende. Als die Sonne hinter den tiefgrünen Hügeln Schottlands versank, zog die kalte Nacht über das Land.

Die alte Kräutersammlerin fürchtete sich nicht. Sie lebte seit sechzig Jahren hier und kannte die Gegend. Und von der Dämonenschmiede, die jüngst ihre Arbeit aufgenommen hatte, wusste sie nichts.

Plötzlich hüllte dichter Nebel die alte Frau ein. Schauerliche Rufe und Schreie hallten durch den Wald. Erschrocken blickte die Kräutersammlerin sich um und rannte los. Doch es war bereits zu spät. Die Sendboten der Hölle holten sie ein.

Ethel, die alte Kräuterfrau, hatte immer den Kopf über Leute geschüttelt, die Angst vor dem Wald empfanden. Er war ihr Freund und ernährte sie mit seinen Kräutern, die sie im ganzen Land verkaufte. Sie liebte seine Stille und die majestätische Würde der hohen Bäume.

Doch in diesen Minuten war nichts mehr von Würde oder Liebe übrig geblieben. Das Grauen näherte sich von allen Seiten.

Der Nebel versperrte der alten Ethel die Sicht. Außerdem war es bereits völlig dunkel, und der Mond ging erst später auf. Dennoch glaubte sie, huschende Gestalten zu erkennen, Figuren wie aus alten Illustrationen von Märchen und Sagen.

Es waren Schauergestalten, die sich noch in der Deckung der Bäume hielten, die jedoch unaufhaltsam näher kamen. Sie kreisten die einsame Frau in einem satanischen Tanz ein, schnellten sich von Baum zu Baum, schwangen sich mühelos durch die Wipfel und ließen sich auf den Boden fallen. Dann waren sie wieder verschwunden und erschienen an einer völlig anderen Stelle.

Die alte Ethel strich sich zitternd über die Augen. War sie verrückt geworden? Bildete sie sich das alles nur ein? Das konnte und durfte nicht wahr sein!

»Nein!«, stammelte sie. »Um alles in der Welt, nein! Hilfe!«

Sie hatte nicht die Kraft, laut zu rufen. Das Entsetzen schnürte ihr die Kehle zu.

Erst nach einigen Minuten erkannte sie, dass der Wald von einem geisterhaften Leuchten erfüllt war. Es sah aus wie der Widerschein eines gigantischen Schmiedefeuers. Die alte Ethel glaubte, das Zischen und Fauchen der Esse zu hören. Es konnte aber auch das Wispern und Zischen der Monster sein, die sie umkreisten.

Hastig bekreuzigte sie sich, doch es half nichts. Sie war schutzlos den Bestien der Nacht ausgeliefert, da sie keinen geweihten Gegenstand bei sich trug.

Längst vergessene Erinnerungen an Erzählungen über Dämonen drängten sich in ihre Gedanken. Spukgestalten sollten den Wald bevölkern, hatten in ihrer Kindheit die Alten erzählt. Sie hatte die Geschichten gruselig gefunden und sie als Märchen abgetan.

Nun erlebte sie am eigenen Leib die bittere Wahrheit.

Vor Angst bebend sah sich die alte Frau nach Rettung um. Es gab jedoch keine. Die Geister und Dämonen ließen ihr keine Chance.

Ein schriller Aufschrei ließ sie erschauern. Er war das Kommando für die Bestien.

Von allen Seiten stürzten sie sich auf ihr schutzloses Opfer. Die alte Ethel sah scheußliche Monster mit zwei Köpfen oder mit langen Hörnern, von deren Spitzen Blut tropfte. Andere Gestalten humpelten auf drei Beinen einher, die Krallen auf ihr Opfer gerichtet. Giftbrodem schlug ihr aus aufgerissenen Mäulern mit blitzenden Zähnen entgegen. Schuppige Leiber schimmerten in dem flackernden Höllenfeuer.

Sie sank auf den Waldboden und starb fast vor Angst, noch ehe die ersten Dämonen sie erreichten. Und dann waren sie alle heran. Eiskalte Hände packten sie, hielten sie fest und drückten sie auf den Moosboden, dass sie sich picht mehr rühren konnte.

Stöhnend wartete Ethel auf den Tod, der Erlösung brachte.

Die Dämonen taten jedoch nichts, sondern starrten angestrengt in den Nachthimmel hinauf. Die einäugigen Monstren hatten ihre Gesichter ebenso zur Schwärze des Himmels gewandt wie die Wesen mit zwei oder drei hervorquellenden, funkelnden Augen. Atemlose Stille legte sich über die Versammlung.

Schon fasste die alte Kräuterfrau neue Hoffnung. Kam sie vielleicht doch mit dem Leben davon?

Da ertönte ein sirrender, schwirrender Laut, wiederholte sich und schwoll an.

Stöhnend drehte die alte Ethel den Kopf so weit, dass sie zwischen den Baumwipfeln hindurch den Himmel sah.

Ein großer schwarzer Körper senkte sich zwischen den Ästen herunter.

Im ersten Moment glaubte die hilflose Frau, es wäre ein mächtiger Raubvogel, bis sie die grauenhafte Wahrheit erkannte.

Es war – ein Vampir!

In seinem Gesicht funkelten heimtükkische Augen. Der Vampir riss das Maul weit auf. Blitzende Eckzähne schoben sich über die blutleeren Lippen.

Da brach ein Schrei aus der Kehle der Frau. Er gellte durch den Wald und verhallte.

Im nächsten Moment stürzte sich der Vampir auf sie hinab.

*

»Langweilst du dich?«, erkundigte sich Sheila lächelnd und beugte sich über ihren Mann, der auf der Couch im Wohnzimmer lag und zur Decke starrte.

Er schlang seine Arme um sie und zog sie an sich. Doch ehe er sie küssen konnte, meldete sich der Nachwuchs.

Seufzend richtete sich Sheila wieder auf. »Es wäre so schön gewesen. Aber im Ernst, wenn du nicht weißt, was du tun sollst, kannst du mir helfen. Der Staubsauger steht in der Abstellkammer.«

Während sie sich um ihren Sohn kümmerte, stemmte sich Billy Conolly von der Couch hoch und machte sich an die Arbeit. Er konnte seiner Frau nicht sagen, was ihn bedrückte.

Er langweilte sich tatsächlich ein wenig, obwohl er mehr als genug zu tun hatte. Er sehnte sich nach gefährlichen Abenteuern, aber Sheila passte auf, dass er sich auf keine risikoreichen Unternehmen einließ. Dazu liebte sie ihn zu sehr.

Und er liebte seine Frau so sehr, dass er sich an ihre Bitten hielt.

Staubsaugen war ja wirklich ungefährlicher als Geister und Dämonen zu jagen und unschädlich zu machen.

Nach ein paar Minuten klingelte es an der Tür. Bill stellte den Staubsauger ab.

»Ich gehe schon!«, rief er Sheila zu, als sie in der Küchentür auftauchte. Sie warf ihm einen Kuss zu und zog sich wieder zurück.

Als Bill die Tür öffnete, stand er einem Postboten gegenüber. »Telegramm für Mr. Conolly«, sagte der junge Mann. Er schwenkte dabei unternehmungslustig den zugeklebten Umschlag.

»Das bin ich!« Bills Augen saugten sich an dem Telegramm fest. »Geben Sie schon her!«

Der Postbote bekam ein großzügiges Trinkgeld und zog ab. Bill riss noch in der Tür den Umschlag auf.

ULTIMATE WAFFE IN VORBEREITUNG STOP SCHNELLSTENS EINGREIFEN STOP FRAGEN SIE NACH DER ALTEN ETHEL IN RANVERNESS STOP VORSICHT DUNKLE MÄCHTE STOP HÖCHSTE EILE DA SONST ALLES VERLOREN STOP

Die Unterschrift fehlte. Ratlos drehte Bill das Blatt zwischen den Fingern. Das Telegramm war vor drei Stunden in Inverness aufgegeben worden. Er kannte die schottische Kleinstadt und hatte sie in guter Erinnerung. Dieses Telegramm jedoch bedeutete nichts Gutes.

»Wer war es denn?«, rief Sheila aus der Küche. »Bill, wo bleibst du?«

Hastig ließ er das Telegramm in der Brusttasche seines Polohemdes verschwinden.

»Jemand hat sich nach einer Familie Slacker erkundigt, Darling«, antwortete er. »Ich musste ihn wieder wegschicken.«

»Slacker?« Sheila tauchte in der Küchentür auf. »Nie gehört. Sollen diese Leute hier in der Gegend wohnen?«

Bill zuckte die Schultern. »Ich muss noch einmal weg, Darling. Sei vorsichtig, pass auf dich auf!«

»Jetzt?« Sie runzelte die Stirn. »Wolltest du mir nicht das Staubsaugen abnehmen?«

Er warf einen kurzen Blick auf den Apparat. »Später, Liebling, später! Weißt du eigentlich, dass du von Tag zu Tag schöner wirst, du stolze Mutter?«

Sie strahlte ihn verliebt an und ließ sich von ihm küssen. Er lief zur Tür.

»Darling?«, rief sie ihm nach. Er drehte sich noch einmal um. »Darling, wenn du ein Blatt Papier – wie zum Beispiel ein Telegramm – in deine Brusttasche steckst, darfst du mich nicht küssen. Das Papier hat geraschelt, als du mich umarmt hast, du stolzer Vater.«

Bill wurde rot bis zum Haaransatz.

»Außerdem sehe ich vom Küchenfenster aus den Weg zu unserem Haus, Darling«, fügte Sheila mit einem undurchsichtigen Lächeln hinzu. »Ein Telegrammbote wird doch wohl wissen, wo diese Familie Slack oder Platter wohnt, meinst du nicht auch?«

Bill schluckte. Sheila hatte ihn durchschaut.

»Manche Telegrammboten sind eben noch sehr unerfahren«, murmelte er verlegen grinsend.

»Pass auf dich auf«, bat sie und zog sich hastig in die Küche zurück.

*

Ich blickte überrascht von meinem Schreibtisch auf, als sich die Tür mit einem energischen Knall öffnete. Glenda Perkins, meine Sekretärin, kam normalerweise nicht so stürmisch herein.

»Hallo, Bill!«, rief ich, als ich meinen Besucher erkannte. »Lässt du dich auch wieder einmal blicken? Hast du Ausgang bekommen?«

Bill streckte mir die Hand entgegen und nickte lächelnd. »Ja, ja, der Junggeselle kann leicht spotten! Du brauchst auf niemanden Rücksicht zu nehmen. Sheila macht sich eben Sorgen um mich, wenn ich mich in deine Nähe wage.«

»Setz dich, Bill! Ich habe gar nicht gewusst, dass ich einen so schädlichen Einfluss auf dich ausübe.«

»Na ja, John.« Bill zögerte. »Sie hat leider den Telegrammboten gesehen. Und ich habe sie angeschwindelt und behauptet, es wäre jemand, der sich nach etwas erkundigt hat. Jetzt weiß sie natürlich, dass etwas kocht.«

»Kannst du dich etwas deutlicher ausdrücken?« , fragte ich meinen Freund. »Oder ist das dein neuer Stil als Reporter?«

Er berichtete mir im Klartext, dass er ein rätselhaftes Telegramm bekommen hatte, und zeigte es mir. Ich überflog es kopfschüttelnd.

»Was soll denn das?«, murmelte ich.

»Das wollte ich dich fragen, John.« Bill rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Eine ultimate Waffe! Das kann doch nur bedeuten, dass es eine Waffe sein soll, gegen die es keine Abwehr gibt. Aber wer bereitet diese Waffe vor? Gegen wen?«

»Woher soll ich das wissen?«, fragte ich seufzend. »Nur weil ich Oberinspektor bei Scotland Yard bin, kann ich noch lange nicht hellsehen. Hier, wer ist die alte Ethel, nach der du in Ranverness fragen sollst? Und was für dunkle Mächte? Verstehst du auch nur ein Wort?«

Bill schüttelte den Kopf. »Warum, glaubst du wohl, komme ich zu dir, dem berühmten Geisterjäger?«

Ich betrachtete meinen alten Kampfgefährten mit einer Mischung aus Misstrauen und Neugierde. »Du vermutest, dass es ein Fall für mich ist?«

Bill machte ein unschuldiges Gesicht, als wäre er soeben vom Storch abgeliefert worden.

»Immerhin hast du die Mittel, John, um festzustellen, was dahintersteckt«, erklärte er. »Und allein lässt mich Sheila nicht nach Schottland fahren.«

»Ranverness!« Ich drückte kopfschüttelnd die Ruftaste für meine Sekretärin. Glenda Perkins platzte so schnell in mein Büro, als habe sie hinter der Tür gestanden und gelauscht. »Stellen Sie bitte fest, ob es in Ranverness, Schottland, eine Polizeistation gibt. Wenn ja, brauche ich schnellstens eine Verbindung dorthin. Wenn nein, dann …«

»… dann suche ich den nächsten Polizeiposten heraus, ich bin nicht auf den Kopf gefallen«, sagte sie schnippisch und warf Bill einen bösen Blick zu. »Ich habe ihm gesagt, dass man nicht so einfach in das Büro eines Oberinspektors stürmen darf.«

»Ich werde mich bessern«, versprach Bill.

Glenda rauschte hoheitsvoll hinaus und achtete darauf, dass ich das Wiegen ihrer Hüften gut sehen konnte. In den nächsten Minuten unterhielten wir uns über Sheila und den kleinen John. Bill geriet ins Schwärmen. Erst das Klingeln des Telefons brachte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück.

»Ich verbinde mit der Polizeistation in Ranverness«, sagte Glenda berufsmäßig kühl.

Es klickte. Ich bekam einen Constabler an den Apparat, dessen Namen ich wegen der zahlreichen rollenden R nicht verstand. Überhaupt war es ein Kunststück, seinen schottischen Dialekt zu enträtseln. Er besserte sich erst, als er hörte, dass er mit Scotland Yard in London sprach.

»Ich interessiere mich für eine ganz bestimmte Frau aus Ihrem Bereich«, sagte ich und kam mir plötzlich ziemlich dumm vor. Wie klang das nur? »Sagt Ihnen der Name etwas: die alte Ethel?«

Mein Gesprächspartner stieß einen überraschten Ruf auf. »Wieso wissen Sie das schon, Sir?«, fragte er hastig. »Wir haben die Alte erst vor zehn Minuten gefunden.«

»Was heißt, Sie haben sie gefunden?«, wiederholte ich verblüfft. »Soll das bedeuten, dass …?«

»Sie ist tot, Sir«, meldete er diensteifrig. »Der Arzt hat sie sich schon angesehen, aber er ist noch draußen. Sie hat einen Einstich im Hals, genaugenommen sogar zwei.« Der Polizist räusperte sich. »Sehr merkwürdig.«

»Allerdings, sehr merkwürdig.« Ich überlegte nicht lange und dachte auch nicht weiter an Superintendent Powell. Er würde toben, wenn er die Spesenabrechnung für eine Schottlandreise bekam, doch das war mir gleichgültig. »Unternehmen Sie noch nichts, ich komme zu Ihnen«, sagte- ich, ließ es mir bestätigen und legte auf.

»Na, sag schon, was ist los?« Bills Blick hing förmlich an meinen Lippen.

»Ich glaube, dein Telegramm hier ist eine ganz heiße Spur, Bill«, sagte ich ernst und stand auf. »Die alte Ethel ist tot, wer immer sie auch sein mag. Und sie hat zwei Einstiche im Hals.«

Er zuckte zusammen. »Ein Vampir?«, fragte er atemlos.

»Frag mich, wenn wir in Ranverness sind«, antwortete ich. »Oder fährst du nicht mit?«

»Natürlich fahre ich!« Er zögerte. »Kannst du nicht Sheila anrufen und …«

Ich hob sofort abwehrend die Hände. »Das erledige du nur selbst, mein Bester! Schließlich ist sie deine Frau und nicht meine. Oder willst du das ändern?«

Er stürzte sich hastig auf das Telefon. Zehn Minuten später hatte er Sheila die Zustimmung abgerungen.

*

Superintendent Powell war nicht gerade begeistert, als er von meinen Plänen hörte, aber er stimmte zu. Er stärkte mir immer den Rücken. Schließlich wusste er, worum es ging.

Ich hinterließ für Suko und Jane Collins eine Nachricht, da beide nicht zu erreichen waren, und machte mich sofort mit Bill auf den Weg. Auf der Fahrt zum Flughafen machte er noch einen Besuch bei seiner Frau. Erst als ich zehn Minuten später ungeduldig hupte, kam er wieder aus dem Haus.

»Das war aber ein stürmischer Abschied«, stellte ich fest.

Bill antwortete nicht. Es fiel ihm doch schwer, seine Frau und seinen Sohn allein zu lassen und ein ungewisses Abenteuer anzutreten. Ich kannte Bill. Auf der anderen Seite würde bald der Reiz des Neuen kommen und ihn ablenken.

Der Reiz kam sehr bald. Schon auf dem Flug nach Edinburgh sprach er von nichts anderem als von dem bevorstehenden Einsatz. Er stellte die wildesten Vermutungen an, sodass ich keine Sekunde zum Schlafen kam.

»Halt endlich die Klappe«, sagte ich freundschaftlich. »Und versuche auch, ein wenig zu schlafen.«

»Schlafen?« Er sah mich groß an. »Bist du noch zu retten, John? Ich kann doch jetzt nicht schlafen!«

»Ich schon«, erwiderte ich trocken. »Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir in der nächsten Zeit kein Auge zutun werden.«

Damit drehte ich mich zur Seite und schloss die Augen.

Ausgeruht kam ich in Edinburgh an. Bill dagegen hatte tatsächlich kein Auge zugemacht.

Auf dem Flughafen erwartete uns ein Empfangskomitee, bestehend aus einem Inspektor und einem Sergeanten.

»Superintendent Powell hat uns von Ihrer Ankunft verständigt, Oberinspektor«, sagte der Ranghöhere. »Wir stellen Ihnen einen Wagen zur Verfügung. Sergeant Lellan hier wird Ihr Fahrer sein.«

Ich schüttelte den Kopf. »Was wir brauchen, ist ein Hubschrauber, der uns schnellstens nach Inverness bringt, verehrter Kollege. Superintendent Powell hat sich wahrscheinlich am Telefon etwas undeutlich ausgedrückt.«

Zehn Minuten später hatten wir unseren Hubschrauber.

Jetzt im August waren die Tage in Schottland lang. Um zehn Uhr abends setzte erst die Dämmerung ein. Um diese Zeit waren wir aber schon längst in Inverness.

Der Polizeihubschrauber flog zurück, und wir machten uns auf den Weg zu einer Autovermietung.

»John!« Bill rüttelte mich begeistert am Arm. »Sieh dir das an! Fast wie meiner!«

Er deutete auf einen silbermetallicfarbenen Porsche. Ich seufzte.

»Mich erinnert er an meinen Bentley. Aber schlag ihn dir aus dem Kopf. Der Yard zahlt die Spesen. Zuviel kann ich dem Superintendenten nicht zumuten.«

Wir wählten schließlich einen Mittelklassewagen aus. Ich überließ Bill das Steuer.

»Wir werden ungefähr um zehn Uhr in Ranverness sein«, sagte Bill. Er saß entspannt hinter dem Lenkrad und hielt nach einem Hinweisschild Ausschau. »Falls nichts dazwischenkommt.«

»Eben«, murmelte ich. »Die ganze Zeit habe ich schon so ein Kribbeln im Nacken.«

»Vorahnungen?« Bill lachte herzhaft. »Ich würde eher sagen, du hast im Flugzeug zu lange geschlafen.«

Darauf erwiderte ich nichts. Wie sollte ich Bill erklären, dass ich ein sehr mulmiges Gefühl hatte?

Wir fanden die Abzweigung nach Ranverness. Schon nach ein paar Meilen fuhren wir auf einer einspurigen Straße. Die Landschaft veränderte sich schlagartig. Die Wiesen wurden dunkler und waren an manchen Stellen braun gefärbt.

Ich kannte das. Moore.

Die Straße schlängelte sich wie eine betrunkene Viper durch die abweisende Landschaft. Die Sonne versank hinter dem Horizont, aber noch blieb es hell.

Die Straße stieg an. Bill fuhr rasch und konzentriert. Es kam uns kein einziges Fahrzeug entgegen, sodass wir nicht anhalten mussten.

Ich vertraute auf Bills Fahrkünste. Wenn er einen Fehler machte, konnte es für uns tödlich ausgehen. Dann schoss der Wagen nämlich über das schmale Asphaltband hinaus ins Moor. Und weit und breit gab es keinen Menschen, der uns dann geholfen hätte.

Wir schwiegen. Einerseits musste sich Bill auf die Fahrt konzentrieren, und ich dachte an die Probleme, die uns in Ranverness erwarteten. Andererseits war es eine Landschaft, die nicht gerade gesprächig machte.

Schwermut lag über den dunklen Hügeln. Obwohl wir August hatten, wurde es im Wagen empfindlich kalt. Ich kurbelte das Fenster hoch.

Die Straße vor uns schimmerte schwarz, als wäre sie für einen Leichenzug präpariert worden. Je weiter wir kamen, desto düsterer wurde das Land zu beiden Seiten, dass wir die Straße kaum noch von der Umgebung unterscheiden konnten.

»Ist es schon so spät?«, fragte Bill mit zusammengebissenen Zähnen und schaltete die Scheinwerfer ein. Es änderte sich nichts.

»Eigentlich müsste es noch viel heller sein«, antwortete ich und sah mich nach allen Seiten um. Der Himmel war absolut wolkenfrei. Es war, als würde das Licht von der Erde geschluckt und nicht wieder freigegeben.

Bill nahm den Fuß vom Gaspedal. »Ich kann fast nichts mehr sehen«, sagte er leise.

Der Wagen verlor rasch an Geschwindigkeit, und das rettete uns das Leben.

Denn plötzlich war die Straße verschwunden. Vor uns brodelte ein dampfender, Blasen werfender Sumpf.

Mit einem Aufschrei trat Bill voll auf die Bremse.

Der Abgrund schoss auf uns zu.

*

In den offiziellen Listen der Polizei war vermerkt, dass Ranverness einen Polizeiposten besaß. Das stimmte auch, doch man musste diesen Posten kennenlernen.

Er war nur von zwei Personen besetzt. Einem Polizisten, nämlich Constabler Ryan Rattroch, und dessen Ehefrau, an die sich die Leute wandten, wenn ihr Mann unterwegs war.

Der Leichenfund überstieg die Kompetenzen des Constablers. Er musste ihn seiner vorgesetzten Dienststelle melden, doch diese unternahm nichts, weil der Yard sein Eingreifen angekündigt hatte.

Also musste sich Rattroch doch um die Tote kümmern.

Da es im Moment Schulferien gab, bot sich das Schulhaus zur Unterbringung der Toten an. »Schulhaus« war, genauso wie »Polizeiposten«, eine maßlose Übertreibung. Die Lehrerin des Ortes bewohnte ein kleines Natursteinhaus. In einem Anbau unterrichtete sie. Dorthin wurde die alte Ethel geschafft.

Alle im Dorf hatten sie gekannt. Seit sechzig Jahren gehörte sie zu dieser Gegend. Daher wollten alle noch einmal die Tote sehen, doch Constable Rattroch blieb hart.

»Es darf nichts verändert werden«, schnarrte er und warf sich in die Brust.

Auf die Argumente, dass ein kurzer Blick auf die Tote ja nichts veränderte, ging er nicht ein. Erst als seine Frau ein Machtwort sprach, durften die Dorfbewohner Abschied von der alten Kräutersammlerin nehmen. Rattroch blieb jedoch die ganze Zeit neben der Toten stehen.

Allerdings musste auch er sich einmal zurückziehen, und so verschloss er abends das Schulhaus und kehrte in sein eigenes Haus zurück. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass etwas mit der alten Ethel passieren könnte.

Die Dorfbewohner wunderten sich nur, dass es an diesem Abend früher dunkel wurde als sonst. Da aber niemand mehr sein Haus verließ, fiel es auch niemandem auf, dass über dem Wald ein geisterhaftes Leuchten erschien, als würde dort in einer gigantischen Schmiede ein wahres Höllenfeuer brennen.

Gegen neun Uhr abends erreichte der Feuerschein über dem Wald seinen vorläufigen Höhepunkt.

In diesem Moment glitt das weiße Laken zu Boden, mit dem die Tote zugedeckt war. Die Augen der alten Ethel waren weit aufgerissen, als sie sich ganz langsam aufrichtete und von der Holzbank stieg, auf die man ihre Leiche gelegt hatte.

Das Gesicht blieb eine wächserne Maske, als sie das einzige Fenster öffnete und ins Freie kletterte. Wie ein Automat bewegte sie sich vom Dorf weg auf den nahen Wald zu.

Wenige Minuten später hatte sie die Dunkelheit unter den mächtigen Bäumen verschluckt, ohne dass ein Dorfbewohner auch nur etwas davon ahnte.

Mit einer Ausnahme!

*

Die Reifen des Leihwagens kreischten auf dem Asphalt, als der Wagen schlitternd und schleudernd zum Stehen kam. Keine Handbreit trennte uns von dem Sumpf, der sich auf unerklärliche Weise vor uns geöffnet hatte.

»Mein Gott«, flüsterte Bill fassungslos. Seine gedankenschnelle Reaktion hatte uns das Leben gerettet.

»Raus aus dem Wagen!«, zischte ich und stieß die Seitentür auf.

Bevor ich jedoch ausstieg, griff ich nach hinten. Auf den Rücksitzen lag mein Spezialkoffer, in dem ich meine wichtigsten Waffen gegen das Böse mit mir führte. Ohne den Koffer hätte ich den Wagen nicht einmal verlassen, wenn er abgestürzt wäre.

Bill stand schon auf der Straße und lief ein Stück zurück, als ich ins Freie kletterte. Dicht vor mir gluckerte und gluckste das Moor.

Schaudernd rannte ich zu Bill und drehte mich um. Gebannt beobachteten wir den auf unnatürliche Weise entstandenen Sumpf.

Erst als er sich nicht mehr ausdehnte, wagten wir uns näher heran. Unser Wagen stand noch auf festem Boden, aber die Kühlerhaube ragte bereits über den Abgrund hinaus. Es ging ungefähr vier oder fünf Meter in die Tiefe. Über der schleimigen, braunen Masse brodelten nach Pech und Schwefel stinkende Dämpfe, die uns fast den Atem raubten.

»Dieses Moor war doch vorhin noch nicht da, oder irre ich mich?«, fragte Bill zweifelnd.

»Du irrst dich nicht«, antwortete ich grimmig. »Unsere Gegner versuchen, uns aufzuhalten.«

»Das war ein glatter Mordversuch!«, ereiferte sich Bill. »Wäre ich nicht so schnell …«

»Richtig!« Ich nickte ihm dankbar zu. »Du hast uns beiden das Leben gerettet. Aber was jetzt?«

Er nagte an seiner Unterlippe und starrte nachdenklich in das Moor hinunter.

»Und wenn es nun gar nicht da ist?«, meinte er zögernd. »Wenn das alles nur eine Vision ist, die uns abschrecken soll? Dann müsste ich eigentlich auf der Straße weitergehen können.«

»Nicht so hitzig«, bremste ich ihn, bückte mich und hob einen herumliegenden Stein auf.

Kraftvoll schleuderte ich ihn über die Bruchkante hinaus.

Ganz genau konnten wir seinen Flug verfolgen. Er prallte nicht etwa auf Straßenniveau auf, sondern fiel tiefer und tiefer und verschwand mit einem lauten Klatschen im Moor. Sofort begann es an dieser Stelle zu brodeln.

»Da hast du deine Vision«, sagte ich und atmete tief durch. »Wer da reinfällt, der kommt nicht wieder.«

»Wenigstens wissen wir eines, John. Das Telegramm war keine Finte. Hier tut sich wirklich etwas. Dieses Moor ist das Werk von Geistern und Dämonen.«

»Da hast du leider auch wieder recht.« Ich sah mich forschend um. »Wir müssen weiter, jetzt erst recht. Wir müssen nach Ranverness kommen, ganz gleich, wie.«

»Dann lass dir etwas einfallen, Herr Oberinspektor«, forderte Bill mich auf. »Wozu hast du schließlich deinen Zauberkoffer?«

In meinem Koffer lagen Waffen gegen die stärksten Dämone aus dem Reich des Schwarzen Todes. Und. Bill hatte recht: Eines dieser Werkzeuge des Guten musste auch gegen den Sumpf helfen.

Ich legte den Koffer auf den Boden und griff nach dem Schloss. Beim Öffnen musste auch ich vorsichtig sein, damit ich nicht ungewollt den Sicherheitsmechanismus auslöste. Machte sich ein Unbefugter an meinem wertvollen Koffer zu schaffen, strömte sofort ein betäubendes Gas aus.

Kaum berührte ich das Schloss, als Bill mich am Arm packte und rüttelte.

»John!«, hauchte er fassungslos.

Ich fuhr hoch und sah, was ihn so erschreckte. Es war unglaublich.

Das Geistermoor hatte sich nicht verändert, aber mitten durch den Sumpf schwebte eine rötlich schimmernde Wolke auf uns zu, und zwar in Höhe des Straßenniveaus. Es sah so aus, als striche dieser Nebel über die nicht mehr vorhandene Fahrbahndecke dahin.

Und inmitten dieser Wolke ging eine junge Frau, dem Aussehen nach fast noch ein Mädchen, eine Schönheit mit blasser Haut, leicht schräg stehenden Augen und schulterlangen blonden Haaren. Sie trug ein schlichtes blaues Wollkleid, das sich weich um ihre Gestalt schmiegte.

»Die ist nicht von dieser Welt«, flüsterte Bill, als habe er Angst, dass sie beim Ersten lauten Wort in das Moor tief unter ihr abstürzen könnte.

Ich sagte gar nichts, sondern starrte der überirdischen Erscheinung fassungslos entgegen.

Dicht vor uns, aber noch jenseits der Bruchkante blieb sie stehen und lächelte uns entgegen.

»Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Mr. Sinclair«, sagte sie mit einer weichen, samtenen Stimme. »Und auch Sie, Mr. Conolly. Es war höchste Zeit! Beeilen Sie sich, in Ranverness ist etwas Furchtbares geschehen!«

Damit drehte sie sich um und entfernte sich wieder.

*

Wie betäubt blickte ich hinter dem Mädchen her. Es mochte achtzehn oder neunzehn sein, älter auf keinen Fall. Sein Gesicht hatte merkwürdig entrückt gewirkt.

»Was war das?«, fragte Bill fassungslos, als sich die leuchtende Wolke auflöste. Das Mädchen war verschwunden. »Das war doch kein Mensch, oder?«

In meinem Kopf überstürzten sich die Gedanken. »Sieh nach, ob im Kofferraum ein Abschleppseil ist!«

Während Bill zum Wagen ging, öffnete ich meinen Koffer und holte die gnostische Gemme heraus. Bill kam mit einem Abschleppseil wieder.

Aus meinem Taschentuch fertigte ich einen Beutel, band die Gemme darin ein und befestigte das Ganze an einem Ende des Seils. Bill beobachtete mich ziemlich verständnislos.

»Geh zur Seite«, bat ich ihn und schwang das Seil wie ein Lasso über meinem Kopf. Dann warf ich das Ende mit der Gemme wie eine Angel aus.

Atemlos verfolgte ich den Flug der Gemme. In einem weiten Bogen sauste sie durch die Luft.

In der totalen Stille gab es ein schwaches Geräusch, als wäre die Gemme auf ein Hindernis getroffen. Das Ende des Seils mit dem provisorischen Behälter schwebte in der Luft, während der Rest des Seils absackte. Ich zog am anderen Ende und holte das Seil wieder heran. Der Beutel aus meinem Taschentuch schwebte durch die Luft.

»Das verstehe ich nicht«, murmelte Bill beeindruckt.

»Sehr einfach«, antwortete ich. »Die Straße ist noch immer vorhanden, aber dämonische Kräfte haben sie in eine andere Dimension versetzt. Die Gemme hebt durch ihre Wirkung diesen Spuk auf, aber nur für sich selbst. Würden wir weitergehen, müssten wir unweigerlich in den Sumpf stürzen.«

»Dann kommen wir also nicht nach Ranverness«, meinte Bill bedrückt. »Dabei hat dieses Mädchen gesagt, dass dort etwas Furchtbares geschehen ist.«

»Wir kommen hin«, sagte ich verbissen und verstaute erst einmal die Gemme in meinem Koffer. Danach holte ich meinen silbernen Dolch hervor, der nicht nur geweiht war, sondern dessen Griff auch die Form eines Kreuzes besaß und mit Symbolen der Weißen Magie versehen war.

»Das werden wir gleich haben«, sagte ich grimmig, hob einen anderen Stein auf und ritzte mit dem Dolch die gleichen Symbole in den Stein, die sich auch auf dem Griff befanden.

»Und das soll wirken?«, fragte Bill skeptisch. »Wir müssten wissen, mit welchen Mitteln dieses Mädchen vorhin über den Abgrund gehen konnte.«

»Für sie war das Moor überhaupt nicht vorhanden«, behauptete ich. »Wir werden schon herausfinden, warum sie vor dem Bösen geschützt ist. Und jetzt los!«

Ich hatte meine Arbeit beendet und schleuderte den Stein mit voller Kraft über die Kante hinaus.

Er sauste durch die Luft, senkte sich der Erde zu und fiel steil auf das Moor zu.

Ich presste die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. Jetzt musste es sich entscheiden, ob mein Mittel wirkte.

Der Stein durchstieß die unsichtbare Straße und verschwand mit lautem Platschen in dem Morast.

Sekundenlang blieb alles ruhig.

»Schade, es hat nichts genützt«, meinte Bill und wollte sich abwenden.

In diesem Moment stieg eine riesige Schlammfontäne hoch. Ich entdeckte den Stein, der auf der Spitze dieser Fontäne tanzte. Das Böse wehrte sich gegen das Eindringen eines Gegenstandes, der mit Symbolen der Weißen Magie bedeckt war.

Der Stein fiel wieder zurück und verschwand diesmal endgültig in dem Satansmoor, ohne noch einmal aufzutauchen. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann änderte sich vor uns schlagartig die gesamte Landschaft.

Wir sahen das Moor nur mehr undeutlich in der Tiefe brodeln. Darüber entstand, vorläufig noch durchscheinend wie eine dünne Folie, das Abbild der Straße und der angrenzenden Hügel.

So schnell, wie das Teufelsmoor gekommen war, verschwand es wieder. Nichts deutete mehr darauf hin, welche Dämonenfalle hier auf uns gelauert hatte. Ohne Unterbrechung setzte sich die düstere Landschaft fort.

»Dann wollen wir«, sagte ich erzwungen forsch und setzte mich hinter das Steuer des Wagens, nachdem ich den Koffer eingeladen hatte. Bill schob sich auf den Nebensitz.

Es war uns beiden nicht wohl, als ich anfuhr. Niemand garantierte uns, dass sich das Moor kein zweites Mal bildete und uns verschlang. Ich vertraute jedoch auf die Kraft meines Dolches, die sich auf den Stein übertragen hatte.

Nichts passierte, und als ich um die nächste Kurve bog, sahen wir Ranverness vor uns liegen.

*

Die seltsame Botin hatte von etwas Schrecklichem gesprochen, das sich in dem kleinen Dorf abgespielt hatte. Wir merkten nichts davon.

Ich zählte ungefähr zwei Dutzend niedrige Natursteinbauten, die sich nahtlos in die Landschaft einfügten. Auf den letzten zwei oder drei Meilen war die Straße von niedrigen Mauern begrenzt.

Hinter einigen Fenstern der Häuser brannte noch Licht. Die meisten Leute schienen jedoch schon zu schlafen.

Eine schottische Sommernacht! Für viele mag das romantisch klingen. Wir sahen einander jedoch kurz an und starrten dann wieder durch die Windschutzscheibe. Zu viele Fragen waren offen. Die Bedrohung war fast mit den Händen greifbar.

»Wir gehen zuerst zu dem Polizeiposten«, schlug ich vor. »Mein verehrter Kollege kann uns sicher auch am besten sagen, wo wir unterkommen können.«

»Ich habe keine Lust, die Nacht im Freien zu verbringen.« Bill schüttelte sich. »Nicht in dieser unheimlichen Gegend.«

»Du bist verweichlicht«, entgegnete ich. Es sollte ein Scherz sein, damit sich unsere verkrampften Nerven etwas lokkerten, doch er verfehlte seine Wirkung.

Äußerlich unterschied sich kein Haus vom anderen, sodass wir den Polizeiposten sicher nicht so schnell gefunden hätten, wäre uns nicht ein Zufall zu Hilfe gekommen. Unsere Ankunft war bemerkt worden. Ein paar Leute kamen aus ihren Häusern. Dadurch wurden die anderen aufmerksam, und innerhalb weniger Minuten waren wir von einer schweigenden Menschenmenge umringt. Ich schätzte ungefähr hundert Personen, die gesamte Einwohnerschaft von Ranverness.

»Fremde scheinen hier selten zu sein«, bemerkte Bill mit seinem trockenen Humor. »Ich glaube, da ist dein verehrter Kollege, John.«

Er deutete auf einen ungefähr fünfzigjährigen Mann, der nicht gerade wie ein Constabler gekleidet war. Unter einem Trenchcoat ragten die Hosenbeine eines blau-grün-gestreiften Pyjamas hervor. Als Polizist war er nur durch den schwarzen Helm zu erkennen, den er sich auf den Kopf gestülpt hatte.

Ich stieg aus, ging auf den Mann zu und stellte mich vor. »Wir sind unterwegs aufgehalten worden, deshalb kommen wir so spät«, erklärte ich. »Bevor wir uns mit dem Fall beschäftigen, wo können wir wohnen? Gibt es einen Gasthof?«

Der Constabler, der auf den fast unaussprechlichen Namen Ryan Rattroch hörte, schüttelte den Kopf. »Das nicht, aber meine Frau hat das Gästezimmer für Sie beide vorbereitet. Allerdings haben wir nur ein Zimmer für zwei Personen.«

»Das genügt, vielen Dank«, erwiderte ich und wollte noch etwas sagen, als mir Bill den Ellbogen in die Rippen stieß.

Als ich ihn ansah, gab er mir mit den Augen ein Zeichen. Ich blickte in die angegebene Richtung und zuckte zusammen. Etwas außerhalb des Kreises aus Dorfbewohnern stand das hübsche Mädchen, das uns entgegengegangen war.

»Wer ist das Mädchen?«, fragte ich den Dorfpolizisten.

Rattroch zuckte die Schultern. »Kelly MacGowan, die Tochter unserer Lehrerin Miss MacGowan.«

»Sie hat ihren Vater nie gekannt«, erklärte uns eine energische, mehr als vollschlanke Frau. Sie hängte sich demonstrativ bei dem Polizisten ein. Auf diese Weise lernten wir auch Mrs. Rattroch kennen, »Die arme Kelly ist ganz ohne Vater aufgewachsen. Sie kennt nicht einmal seinen Namen.« Dazu schürzte sie abfällig die Lippen.

»Vorurteile haben Sie ja zum Glück nicht«, sagte ich gereizt. Mir gefiel es nicht, wie Rattroch und seine Frau über das Mädchen sprachen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, wo die wirklichen Gründe für die Ablehnung Kelly MacGowans lagen. »Können wir gleich zur Sache kommen? Unser Gepäck laden wir später aus.«

Der Polizist blickte an sich hinunter und stellte fest, dass er nicht gerade vorschriftsmäßig gekleidet war. »Ich ziehe mich nur rasch an, Sir«, sagte er verlegen. »Hier haben Sie den Schlüssel vom Schulhaus. Wir haben die tote Kräuterfrau im Klassenzimmer aufgebahrt. Gehen Sie schon vor, ich komme gleich nach.«

Er deutete auf eines der Häuser am Ortsrand. Der einzige Unterschied zu den anderen Gebäuden war ein flacher Anbau, der eher an einen Schuppen als an ein Schulgebäude erinnerte.

Ich nahm Rattroch wortlos den Schlüssel aus der Hand und ging mit Bill zu der Schule hinüber, schloss auf und betrat den Anbau.

Sofort fiel mir das offene Fenster auf, aber das konnte der Polizist offengelassen haben. Bill schaltete das Licht ein.

Ich sah mich um. Altmodische Holzbänke und Pulte, ein Schreibtisch für die Lehrerin, eine Tafel. Das war alles. Sonst gab es nichts zu sehen.

Vor allem keine Leiche.

»Sie ist weg!«, rief Bill.

»Das habe ich Ihnen doch gesagt!«, erklang eine weiche, samtene Stimme in unserem Rücken.

Wir wirbelten herum und standen Kelly MacGowan gegenüber. Sie sah uns starr aus ihren sanften Augen an.

»Ich habe Sie gewarnt, aber Sie wollten nicht hören«, fuhr sie wie in Trance fort. »Ich habe gesagt, dass Sie sich beeilen sollen. Sie sind zu spät gekommen!«

*

Unter den Einwohnern von Ranverness gab es nur ein Gesprächsthema.

Die Ankunft der beiden Fremden.

Die verrücktesten Vermutungen und Gerüchte schwirrten von einem zum anderen. Mal waren es zwei hohe Regierungsbeamte, dann wieder berühmte Privatdetektive, dann die besten Vertreter von Scotland Yard.

Mrs. Rattroch hüllte sich in eisernes Schweigen und deutete nur an, sie wäre zu strengster Geheimhaltung verpflichtet worden, was natürlich nicht stimmte. Aber so wertete sie sich und ihren Mann auf.

Constabler Rattroch kam in voller Uniform wieder aus seinem Haus und eilte zur Schule hinüber. Er wurde unterwegs jedoch von seinen Nachbarn und Freunden aufgehalten und mit Fragen eingedeckt. Es vergingen Minuten, ehe er sich befreit hatte und seinen Weg fortsetzen konnte.

Der offenbar gewaltsame Tod der allgemein bekannten und beliebten Kräutersammlerin war schon eine Sensation und ein Schock gewesen. Nun noch die Ankunft der rätselhaften Fremden! Ranverness stand Kopf

In der allgemeinen Aufregung achtete niemand auf den nahen Wald. Außerdem war es inzwischen dunkel geworden, sodass nur ein besonders scharfes Auge die schmächtige Gestalt erkannt hätte, die sich an das Dorf heranpirschte.

Es war eine der Personen, um die sich die Gespräche in Ranverness drehten – die alte Ethel.

Leicht vornübergebeugt schlurfte sie über die feuchte Wiese. Ihr Blick war starr nach vorne gerichtet. Ab und zu glitten ihre Lippen von den Zähnen zurück. Dann schimmerten die langen Vampirzähne.

Als sie die halbe Strecke zwischen Wald und Dorf zurückgelegt hatte, blieb sie stehen und lauschte.

Über dem Wald erschien wieder das flackernde Licht, der Widerschein eines mächtigen Feuers. Die Kräutersammlerin nickte, als habe sie eine lautlose Botschaft erhalten, und schlurfte weiter.

Sie hatte ihr Ziel entdeckt. Zwei junge Leute, deren Familien verfeindet waren, nutzten die Gelegenheit und verdrückten sich, solange niemand auf sie achtete. Romeo und Julia in der Einöde des schottischen Hochlandes. Es war eine tödliche Romanze, denn in dieser Nacht gab es eine Dritte im Bunde, und sie war eine Abgesandte der Höllenmächte.

Der junge Mann zog seine Freundin hinter das letzte Haus des Dorfes. Hier war es so dunkel, dass niemand beobachten konnte, wie er das Mädchen umarmte und küsste.

»Ich halte diese Heimlichkeiten nicht mehr aus«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wenn deine. Eltern nicht nachgeben, dann verschwinden wir von hier.«

»Ich bin noch nicht volljährig«, antwortete sie leise. »Mein Vater würde mich sofort von der Polizei suchen lassen.«

»Aber in einem halben Jahr kannst du tun und lassen, was du willst.« Er drückte sie fest an sich. »Und dann hält uns hier nichts mehr.«

»Ich weiß nicht«, meinte sie zögernd. »Ich habe ein wenig Angst davor, so einfach wegzugehen.«

»Willst du dein ganzes Leben in diesem Kaff verbringen?« Der junge Mann blickte sich um. »Warte einen Moment, ich bin gleich wieder bei dir. Wenn unsere Eltern nicht aufpassen, verschwinden wir in den Wald.«

Ehe sie protestieren konnte, lief er zurück zu den anderen.

Von der entgegengesetzten Seite näherte sich unaufhaltsam eine dunkle Gestalt.

Das Mädchen ging unruhig ein paar Schritte weiter.

Plötzlich stand eine Frau vor ihm.

Im ersten Moment dachte das Mädchen, es wäre seine Mutter. Doch dann trat die Frau noch näher an es heran und streckte ihm die Hände entgegen.

Es erkannte das Gesicht.

»Ethel?«, flüsterte es ungläubig.

Die Lippen glitten von langen, nadelspitzen Vampirzähnen zurück. Die Kräutersammlerin sprang ihr Opfer an.

Das Mädchen stieß einen grauenhaften Schrei aus. Es spürte den Biss aber nicht mehr, weil es in den Armen der alten Ethel tot zusammenbrach.

*

»Sie haben mir das Telegramm geschickt!« , rief Bill Conolly spontan. »Das müssen Sie gewesen sein!«

Kelly MacGowan nickte. »Ich habe Ihre Artikel gelesen und sofort an Sie gedacht. Und ich bin extra nach Inverness gefahren. Hätte ich das Telegramm hier aufgegeben, hätte es fünf Minuten später jeder gewusst.«

»Wann haben Sie an meinen Freund gedacht?«, fragte ich. »Was ist geschehen?«

»Ich war im Wald, Mr. Sinclair.« Sie wandte sich mir zu. »Ich gehe oft im Wald spazieren. Auch nachts. Ich habe keine Angst. Und ich habe gesehen, wie ein riesiger Vampir die alte Ethel gebissen und weggeschleppt hat.«

Ich schauderte. Es war noch schlimmer, als ich befürchtet hatte. Das war aber noch nicht alles.

»Ich habe auch gesehen, dass fürchterliche Schauergestalten die arme Ethel festgehalten haben, damit sie sich nicht wehren konnte«, fuhr Kelly fort. Ihre Augen waren auf die Bank gerichtet, auf welcher der Leichnam gelegen hatte. »Ich habe niemandem etwas erzählt. Die anderen im Dorf mögen mich ohnedies nicht besonders.«

»Das habe ich schon gemerkt«, platzte ich heraus. Gleich darauf tat es mir leid.

Kelly jedoch schüttelte den Kopf. »Das hat nichts damit zu tun, dass ich ein uneheliches Kind bin, Mr. Sinclair. Es kommt daher, dass ich manchmal Ahnungen und Visionen habe und Dinge erkenne, die anderen verborgen sind.«

»Latent parapsychologisch begabt«, murmelte Bill.

Vermutlich hatte er recht. Das hätte auch erklärt, wieso Kelly uns auf einer Straße entgegengegangen war, die eigentlich in unserer Dimension nicht existiert hatte. Diese Andersartigkeit erklärte auch die Abneigung der Dorfbewohner, die Kelly nicht verstanden.

»Wo ist die alte Ethel jetzt?«, forschte ich. »Wurde ihre Leiche geraubt?«

Kelly zuckte die Schultern. »Ich glaube nicht, nein, Mr. Sinclair. Sie ist aus eigener Kraft weggegangen. Mehr weiß ich aber nicht.«

»Die ultimate Waffe des Bösen, die Sie in Ihrem Telegramm erwähnt haben.« Bill trat einen Schritt auf das Mädchen zu. »Was wissen Sie darüber?«

Sie zuckte die Schultern. »Es war eine Vision, Mr. Conolly«, sagte sie hilflos. »Ich habe eine gigantische Schmiede gesehen, in der Dämonen und Geister eine Waffe herstellten. Ich weiß nur, dass sie fürchterlich ist. Wenn sie einmal fertig sein wird, kann ihr niemand widerstehen. Niemand!«

»Und wann wird sie fertig sein?«, erkundigte ich mich beklommen.

Sie sah mich lange aus ihren leicht schräg stehenden dunklen Augen an.

»Bald schon, Mr. Sinclair. Sehr bald schon!« Ihre Stimme verebbte, ihre Augen wurden starr.

Ich machte Bill durch ein Kopfnicken auf den seltsamen Zustand des Mädchens aufmerksam, als sich die Tür des Schulraums öffnete. Der Constabler stürmte herein.

»Ach, Sie sind schon hier!«, rief er. »Na, was sagen Sie, Sir? Was hat …?«

Er verstummte, als er die Leiche vermisste.

Ich beobachtete nur Kelly. Um die Schreckensrufe des Constablers kümmerte ich mich nicht.

Kellys Lippen waren blass. Sie bebten und formten einzelne Wörter, die ich erst verstand, als ich mich zu ihr beugte.

»… kommt wieder … schon ganz nahe … ganz nahe … sie ist … Ethel … da … jetzt ist sie … da …!«

»Wo ist die Leiche?«, fragte Constabler Rattroch erschüttert. »Das ist doch gar nicht …«

Ich wirbelte zu Bill herum. »Schnell, die Kräuterfrau kommt wieder!«

Er hatte Kellys Schilderung vom Tod der alten Ethel gehört und begriff sofort, was ihre Rückkehr bedeutete.

Wir stürmten ins Freie.

Kaum verließen wir das Schulgebäude, als ein grässlicher, schriller Schrei die Luft erzittern ließ.

*

Auf dem Platz vor der Polizeistation brach Panik aus. Aufgescheucht liefen die Menschen durcheinander. Offenbar wussten sie nicht, woher der Schrei gekommen war.

Nur ein junger Mann rannte zielstrebig auf den Dorfrand zu. Ich hetzte hinter ihm her.

»Jane?«, schrie er in die Dunkelheit hinaus. »Jane, wo bist du? Antworte, Jane!«

Doch Jane antwortete nicht, wer immer das auch sein mochte.

Ich holte den jungen Mann ein, rannte an ihm vorbei und erreichte die letzten Häuser. Hier blendete mich keine Straβenbeleuchtung, sodass ich ein geisterhaftes Schimmern über dem Wald erblickte. Es sah aus, als würde auf einer Lichtung ein mächtiges Feuer brennen.

»Die Dämonenschmiede!«, rief Bill Conolly, der mich erreichte und neben mir stehen blieb.

Ich sah mich nach dem jungen Mann um, der uns an diesen Platz geführt hatte. Auch er lief nicht weiter, sondern sah sich verwirrt und ängstlich um.

»Wer ist Jane?«, fragte ich ihn. Als er mir nicht antwortete, sondern wie von Sinnen in die Nacht hinausstarrte, rüttelte ich ihn an den Schultern. »Wer ist Jane?«, schrie ich ihn an.

Er zuckte zusammen und erwachte wie aus einem tiefen Schlaf. »Jane Intock, meine Freundin«, stammelte er. »Ich habe sie hier zurückgelassen.«

»John!« Bill stieß mich an. »Dort drüben!«

Er deutete mit dem ausgestreckten Arm auf den Waldrand. Auf halbem Weg entdeckte ich eine gebeugte Gestalt, eine alte Frau, die einen schweren Gegenstand schleppte.

Ich schirmte meine Augen gegen den roten Feuerschein ab und erkannte den »Gegenstand«. Es war ein menschlicher Körper.

Bill schloss sich mir an, als ich die Verfolgung aufnahm. Mein Koffer stand noch in der Dorfschule. Ich hatte keine Zeit, um ihn zu holen. Ganz schutzlos war ich nicht, da um meinen Hals noch immer mein silbernes, geweihtes Kreuz hing.

»Das muss die alte Ethel sein!«, rief Bill.

Ich antwortete nicht. Die Kräutersammlerin war von einem Vampir gebissen worden. Dann war sie aus der Schule geflohen und in den Wald zurückgekehrt – jetzt selbst schon ein Vampir. Und nun hatte sie sich ein Opfer geholt.

Vielleicht gab es noch eine Chance, das Mädchen zu retten. Die alte Ethel hatte Jane entführt und wollte sie ebenfalls in den Wald schleppen, um sie in einen Vampir zu verwandeln. Ich musste das unter allen Umständen verhindern.

Wir hetzten über die unebene Wiese. An manchen Stellen sanken meine Füße in dem weichen Boden ein. Es schmatzte, wenn ich die Schuhe wieder herauszog. Trotzdem kehrte ich nicht um.

Das Leuchten über dem Wald verstärkte sich. Es wies mir den Weg und beleuchtete auch die beiden Gestalten vor uns.

Wir hatten bereits kräftig aufgeholt. Die alte Ethel kam nicht so schnell voran, weil sie das ohnmächtige oder tote Mädchen mitschleppte.

Jane hing schlaff in ihrem Griff. Ihre Beine schleiften über die Wiese.

Es sah nicht sehr ermutigend aus.

»Wir schaffen es!«, schrie Bill zuversichtlich.

Meine Füße flogen förmlich über den tückischen Boden. Mitten im Lauf stieß ich gegen eine Unebenheit, ein besonders hohes Grasbüschel. Es riss mir das rechte Bein weg. Ich warf die Arme in die Luft, stolperte, fing mich aber und rannte weiter. Aber dieses unglückliche Mädchen lebte nicht mehr. Aus größerer Nähe erkannte ich das.

So leicht ließ ich mich nicht aufhalten, trotz allem.

Schon griff ich nach meinem Kreuz, weil mich nur mehr ein Dutzend Schritte von dem weiblichen Vampir und seinem Opfer trennten. Doch da stieß Bill einen Schrei aus.

Ich wirbelte herum. Er steckte bereits bis zu den Hüften in der Erde – nicht in einem Sumpfloch, sondern in der Wiese. Und er versank rasch weiter.

Eine Geisterfalle!

Ich musste die Verfolgung abbrechen und meinem Freund helfen. Sein Gesicht war leichenblass und angstverzerrt. Hilfesuchend streckte er mir die Hände entgegen.

Ich holte das silberne Kreuz unter dem Hemd hervor und schlich geduckt näher. Das war kein Moor. Also halfen die üblichen Vorsichtsmaßregeln nicht. Entweder die Geisterfalle schnappte auch für mich zu, oder mein Kreuz schützte mich vor den bösen Einflüssen der Dämonen.

»Schnell, John!«, rief Bill keuchend. »Sie ziehen mich in die Tiefe, ich …«

Ich packte seine rechte Hand und zerrte mit aller Kraft, aber er rührte sich nicht von der Stelle. Im Gegenteil, er sank noch ein Stück tiefer ein.

»So geht es nicht«, stöhnte er verzweifelt. »Dutzende von Händen und Klauen …«

»Sei still!«, fuhr ich ihn an, nestelte das Kreuz von der Kette los, konzentrierte mich auf die Kraft dieser Waffe des Guten und presste es gegen Bills Stirn.

Sofort war der entsetzliche Sog verschwunden, der ihn in die Tiefe zerrte. Teils befreite er sich selbst, teils zog ich ihn aus dem Erdloch. Taumelnd stand er endlich neben mir und starrte fassungslos in das ungefähr mannstiefe Loch. Im Widerschein der Flammen über dem Wald sah ich deutlich den Boden des Trichters.

»Ich sage dir, die hätten mich tiefer in die Erde hineingezogen«, murmelte Bill erschüttert. »Diese Bestien! Jetzt ist uns der Vampir durch die Lappen gegangen. Was ist mit dem Mädchen? Du hättest dich besser um diese Jane als um mich gekümmert. Vielleicht hättest du ihr noch helfen können.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, sie war tot«, behauptete ich. »Ich habe schon so viele Leichen gesehen, dass ich genau unterscheiden kann, ob jemand ohnmächtig oder tot ist.«

Bill klopfte sich das Erdreich von seinen Kleidern. »Vampire in Schottland! Das hatten wir schon einmal. Soll das die gefährliche Waffe sein?«

Ich schüttelte den Kopf und starrte verbissen zum Wald. Dort drüben war der Vampir mit seinem Opfer verschwunden.

»Es steckt mehr dahinter, da gehe ich jede Wette ein«, erklärte ich leise. »Wenn ich nur wüsste, was es ist! Das ist nicht nur das Wüten von Vampiren.«

Bill klopfte mir auf die Schulter. »Vielen Dank, John. Du hast mir das Leben gerettet.«

»Das silberne Kreuz hat dich gerettet«, verbesserte ich ihn. »Komm, wir gehen ins Dorf zurück.«

»Wie bringen wir es den Leuten bei, und wie erklären wir es?«, fragte er, als wir uns den Häusern näherten.

»Ich glaube, das wird nicht nötig sein.« Ich deutete auf die Dorfstraße, die von Menschen wie leergefegt war. »Vermutlich haben sie schon begriffen, was hier gespielt wird.«

»Da, ihr Freund wartete noch auf uns.« Bill räusperte sich, um seine Nervosität zu überspielen.

Mitten auf der Dorfstraße stand der junge Mann, der vorhin seine Freundin Jane gesucht hatte. Ängstlich und erwartungsvoll blickte er uns entgegen.

Wir blieben einige Schritte vor ihm stehen. Ich zuckte hilflos die Schultern.

Er warf sich herum und rannte wie von Furien gehetzt davon. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie es jetzt in ihm aussah, aber ich konnte nichts für ihn tun.

*

Auch Kelly MacGowan war nirgends zu sehen. Der ganze Ort wirkte wie ausgestorben.

»Die haben begriffen, dass sie einen Vampir ganz in ihrer Nähe haben«, stimmte Bill zu. »Du hast recht, John. Die Leute in dieser Gegend haben noch ein offenes Ohr für solche Geschichten, nicht so wie in London oder anderen Großstädten.«

Ich kam zu keiner Antwort, weil sich die Tür der Polizeistation öffnete. Constabler Rattroch steckte vorsichtig den Kopf mit der imposanten Hakennase heraus. Als er uns sah, merkte er, dass die Luft rein war, und wagte sich ins Freie.

»Sie wollen sich bestimmt in Ihrem Zimmer ausruhen, nicht wahr?« Er deutete einladend auf sein Haus. »Ich habe Ihr Gepäck bereits hineingebracht. Auch Ihren Koffer mit dem seltsamen Schloss, Sir!«

Dabei blickte er mich so erwartungsvoll an, dass ich sofort wusste, was er meinte. Er wollte wissen, was sich in meinem Spezialkoffer befand.

Ich dachte gar nicht daran, den Mann aufzuklären. »Danke, wir sehen uns das Zimmer an«, sagte ich nur und kniff Bill ein Auge zu.

Er nickte. Rattroch tat, als wäre nichts passiert. Er ignorierte jene Vorfälle, gegen die er machtlos war. Ihm und den anderen Dorfbewohnern war ein Licht aufgegangen. Schließlich hatten sie alle die Bisswunde des Vampirs am Hals der alten Ethel gesehen. Wahrscheinlich hatten auch ein paar von ihnen die alte Kräutersammlerin erkannt, als sie sich vorhin ihr Opfer geholt hatte.

Um in unser Zimmer zu gelangen, mussten wir die Amtsstube durchqueren. Die Einrichtung war spärlich und bestand nur aus einem Schreibtisch mit Telefon, einem Fernschreiber und einem Aktenschrank. An der Wand hing ein Bild Ihrer Majestät. Das war alles.

Das Zimmer hingegen war eine angenehme Überraschung, bequem und gemütlich. Hier ließ es sich schon einige Zeit aushalten.

»Eine Fundgrube für alle Freunde des rustikalen Stils der Highlander«, meinte Bill anerkennend. »Schade, dass wir aus einem so unerfreulichen Anlass hier sind. Sheila wäre übrigens begeistert.«

Sein Gesicht verdüsterte sich, als er an seine Frau dachte. Eine Weile schwieg er sehr bedrückt.

Ich benutzte die Gelegenheit zum Auspacken. Mrs. Rattroch wollte uns unbedingt helfen und schielte dabei immer wieder auf meinen Spezialkoffer. Der jedoch blieb geschlossen, sodass sie endlich enttäuscht abzog.