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Drei gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band!
Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.
Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1978 - 1989 und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.
Tausende Fans können nicht irren - ca. 250 Seiten Horrorspaß garantiert!
Dieser Sammelband enthält die Folgen 52 bis 54:
52: DER DOPPELTE DÄMON
Die Luft war von einem unheimlichen Sausen und Brausen erfüllt. Sie flimmerte. Und dann stand er da: der Schwarze Tod, die rechte Hand des Teufels. Sein bleicher Schädel sah grauenerregend aus. Die hellen Augen starrten unentwegt auf den mächtigen Granitblock, den sieben Mönche vor vielen Jahren vor den Eingang der Höhle gewälzt hatten. Aus der Knochenhand des Schwarzen Todes zuckte ein Blitz auf den Granitblock zu. Der Felsen zersprang mit Donnergetöse. Sardo, der doppelte Dämon, erwachte ...
53: DIE GEISTERHAND
Sein Spiel verzauberte Tausende! Sie nannten ihn den Meister am Piano oder den Mann mit den Goldenen Händen. Wenn er spielte, vergaßen seine Zuhörer die Welt und ließen sich gefangen nehmen von einem Rausch an Klängen und Melodien. Antonio Scaramanga! Dieser Name ließ die Musikwelt aufhorchen. Doch niemand ahnte, dass seine Genialität nicht angeboren war. Er hatte sie gekauft, vom Satan ...
54: DIE GRÜNE HÖLLE VON FLORIDA
Zagarro war ein Einzelgänger, der vor vielen Jahren im Urwald von Florida sein Unwesen trieb. Ohne ersichtlichen Grund war er damals verschwunden, bis eine Revolverkugel den Vampir aus dem Tiefschlaf erweckte. Jetzt steht Zagarro auf seinem ehemaligen Grab, bereit, neue Schreckenstaten in der grünen Hölle von Florida zu begehen ...
Niemand ahnte, dass diese Busfahrt ein Ausflug ins Jenseits werden würde.
Drei Mal Gruselspannung in einem Band. Jetzt herunterladen und sofort losgruseln!
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Seitenzahl: 388
Veröffentlichungsjahr: 2018
Jason Dark
John Sinclair Collection 18 - Horror-Serie
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Die Luft war von einem unheimlichen Sausen und Brausen erfüllt. Sie flimmerte. Und dann stand er da: der Schwarze Tod, die rechte Hand des Teufels. Sein bleicher Schädel sah grauenerregend aus. Die hellen Augen starrten unentwegt auf den mächtigen Granitblock, den sieben Mönche vor vielen Jahren vor den Eingang der Höhle gewälzt hatten. Aus der Knochenhand des Schwarzen Todes zuckte ein Blitz auf den Granitblock zu. Der Felsen zersprang mit Donnergetöse.Sardo, der doppelte Dämon, erwachte …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-2806-3
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Die Luft war von einem unheimlichen Sausen und Brausen erfüllt. Sie flimmerte. Und dann stand er da: der Schwarze Tod, die rechte Hand des Teufels. Sein bleicher Schädel sah grauenerregend aus. Die hellen Augen starrten unentwegt auf den mächtigen Granitblock, den sieben Mönche vor vielen Jahren vor den Eingang der Höhle gewälzt hatten.
Aus der Knochenhand des Schwarzen Todes zuckte ein Blitz auf den Granitblock zu. Der Felsen zersprang mit Donnergetöse.
Und die knöcherne Erscheinung rief mit dröhnender Stimme: »Steh auf, Sardo! Verlasse dein Felsengrab, denn ich habe dich befreit. Gehe hin, und tue Böses!«
Ein tiefes Seufzen drang aus der Höhle.
Sardo, der doppelte Dämon, erwachte …
Sardo ächzte. Im schwarzen Schatten der Höhle lag er auf dem harten Boden. Noch war er schwach. Aber die Kraft der Hölle, vom Schwarzen Tod übermittelt, zeigte allmählich Wirkung.
Sardo war ein grauenhaftes Scheusal. Er gehörte zu den schrecklichsten Dämonen, die Australien jemals heimgesucht hatten.
Er hatte geraubt, gemordet und gebrandschatzt. Er hatte die Lehren des Teufels im Land verbreitet und hatte viele Seelen in die Dimensionen des Grauens hinabgeschleudert.
Die Unterwelt hatte mit ihm zufrieden sein können. Er hatte entsetzliche Morde verübt und Angst und Schrekken unter den Menschen verbreitet.
Einmal – nur ein einziges Mal war er unvorsichtig gewesen. Er hatte die sieben Mönche unterschätzt, die sich aufgerafft hatten, um ihm das Handwerk zu legen.
Er hatte sie ausgelacht und verspottet, als sie mit ihren Fackeln angerückt kamen. Er hatte geglaubt, sie könnten ihm nichts anhaben, und er war entschlossen gewesen, ein furchtbares Blutbad unter ihnen anzurichten.
Aber es war anders gekommen.
Die Mönche hatten sich mit Symbolen des Lichts bewaffnet. Keiner von ihnen trug ein Schwert, eine Pistole oder ein Gewehr.
Nein, Wahrzeichen des Guten trugen sie in ihren Händen. Von ihnen ging eine lähmende Kraft aus, gegen die sich Sardo nicht zu schützen vermochte. Er fühlte sich krank und schwach.
Zum ersten Mal in seinem verderbten Leben musste er fliehen. Heulend und tobend nahm er vor den sieben mutigen Mönchen Reißaus.
Er verbarg sich in einer Höhle, ohne zu begreifen, dass er sich damit selbst eine Falle gestellt hatte.
Mit vereinten Kräften und unter Zuhilfenahme von stabilen Hebeln wälzten die Mönche einen gewaltigen Granitblock vor den Höhleneingang. Und damit ihn Sardo mit seinen mächtigen Fäusten nicht fortbewegen konnte, sicherten sie den Felsen mit weißmagischen Symbolen.
Tagelange Gebete entkräfteten den Dämon schließlich so schwer, dass er sich auf den Höhlenboden legen musste.
Er fiel in einen viele Jahre währenden Tiefschlaf. Die Mönche dachten, Sardo wäre tot. Aber das war ein Irrtum.
Wie ein Insekt, das ohne Nahrung größere Zeitspannen überlebt und aus irgendeinem Anlass wieder erwacht und erneut zur Plage wird, so überdauerte auch Sardo die Zeiten.
Von den sieben Mönchen lebte keiner mehr. Sie waren dorthin gekommen, was sie Himmel nannten. Sardo wusste davon.
Er bedauerte, dass diese Männer bereits tot waren, denn dadurch war es ihm nicht mehr möglich, Rache an ihnen zu nehmen.
Dort, wo die Mönche nun waren, konnte ihnen der Dämon nichts anhaben. Sie waren eingetaucht in das ewige Licht, wo sie für immer vor dem Bösen sicher waren.
Abermals ächzte Sardo.
Er richtete sich auf. Hässlich war er. Abstoßend hässlich. Er war nackt, wenn man von der roten Hose und den schäbigen alten Schuhen absah. Unter seiner glatten Haut zuckten stählerne Muskeln. Sein Kopf erinnerte an den eines Gorillas, und seine Augen versprühten dämonische Bosheit.
Frei!
Er war wieder frei!
Der Schwarze Tod hatte den für Sardo unüberwindlichen Granitblock zertrümmert, und nun tauchten die Kräfte des Bösen in seinen koloßhaften Körper ein.
Wohlbefinden breitete sich in ihm aus. Er erstarkte wieder, fühlte sich unbesiegbar wie einst. Sein Gehirn produzierte bereits wieder schreckliche Gedanken.
Er wollte sein Werk fortsetzen, hatte die Absicht, dem Bösen auf dieser Welt die Wege zu ebnen, damit es sich ausbreiten und den gesamten Erdball überwuchern konnte.
Die Nacht neigte sich ihrem Ende entgegen. Im Osten zog ein heller Schimmer am Horizont herauf. Sardo war zwar ein Schattenwesen, aber er hatte das Tageslicht nicht zu fürchten.
Er war kein Untoter, kein Vampir …
Mit einem bösartigen Knurren verließ er die Höhle. Nie wieder würde er in dieses steinerne Gefängnis zurückkehren. Die Zeiten der Ruhe waren vorbei. Der Schwarze Tod hatte ihn nicht befreit, damit er dem Müßiggang huldigte. Die rechte Hand des Teufels wollte Taten sehen.
Und an solchen Taten würde es – bei Asmodis – bestimmt nicht mangeln!
Sardo prüfte seine dämonischen Reflexe. Nur langsam besann er sich wieder all der Fähigkeiten, die vor vielen Jahren in ihm gewesen waren.
Tappend und schwerfällig machte er die ersten Schritte.
Die Erde erzitterte unter seinen Füβen. Er blähte den Brustkorb auf und entfesselte einen Sturm, den er über das Land blies. Ein Baum, der in Sardos unmittelbarer Nähe stand, wurde entwurzelt, hochgerissen und weit fortgeschleudert.
Sardo stieß ein dröhnendes Gelächter aus.
Er trommelte mit seinen mächtigen Fäusten auf den voluminösen Brustkorb. »Ich bin wieder der Alte!«, brüllte er in das feuchte Morgengrauen hinein. »Die neue Menschengeneration, die das Erbe ihrer Väter übernommen hat, wird mich von meiner schrecklichsten Seite kennenlernen. Ich war gezwungen, lange Zeit zu ruhen, musste untätig sein, doch damit ist es nun vorbei! Ich bin wieder da, und ich werde furchtbarer wüten als je zuvor!«
Der Tag brach an.
Die Natur erwachte. Sardo testete seinen Körper weiter. Immer neue Fähigkeiten von einst kommen ihm wieder in den Sinn.
Es machte ihm Spaß, sie auszuprobieren. Im Moment konzentrierte er sich auf seinen koloßhaften Körper.
Sardo begann sich schlagartig zu verkleinern. Er schrumpfte so schnell, dass ein Mensch den Prozess nur mit Mühe beobachten konnte.
Bald war er nur noch wenige Zoll groß.
Aber dann schoss er wieder jäh empor und nahm die bedrohliche Größe eines mehrstöckigen Hauses an.
Das vergnügte ihn. Er lachte aus vollem Halse. Er war übermütig, stieß sich vom Boden ab und raste durch die Luft.
In Gedankenschnelle legte er eine Meile zurück. Als seine Füße wieder den Boden berührten, machte er sich probehalber unsichtbar.
Und als er wieder sichtbar war, spaltete sich sein Körper. Zunächst nur bis zur Hüfte. Jetzt hatte er zwei Köpfe und vier Arme. Und als er gleichzeitig einen Schritt nach links und einen nach rechts machte, stand er in doppelter Ausführung da.
Diese Fähigkeit der Verdoppelung besaßen nur wenige Dämonen. Und weil er dazu imstande war, war er in die Annalen der Geschichte als der doppelte Dämon eingegangen.
Der Vormittag verging.
Sardos Übermut ließ allmählich nach. Er begann Pläne zu schmieden. Er wollte seine alte Tätigkeit wieder aufnehmen, hatte aber die Absicht, sich hinter einer menschlichen Fassade zu verbergen.
Er brauchte deshalb einen Wirtskörper, in den er sich einnisten konnte. Jeder Körper war dafür geeignet.
Sardo würde nicht wählerisch sein. Jede Person war ihm recht.
Hämisch grinsend stellte er mehrere magische Fallen. Danach legte er sich auf die Lauer.
Am späten Nachmittag war es dann soweit. Zwei Männer schlenderten über die unbefestigte Straße.
Geradewegs auf die unsichtbare Fallezu …
*
Wir waren bester Laune. Der Schwarze Tod, mein Supergegner, Myxin, der Magier, und der Spuk waren für kurze Zeit vergessen. Wir flachsten und alberten wie Kinder und waren so fröhlich wie schon lange nicht.
Ich lenkte meinen silbergrauen Bentley mit dem nötigen Feingefühl. Neben mir saß die Privatdetektivin Jane Collins. Sie war die reinste Augenweide.
Ein herrliches Wochenende lag hinter uns. Wir hatten es abseits vom Londoner Großstadttrubel in der Einsamkeit der Chiltern Hills verbracht. Es hatte keine Geister und Dämonen gegeben, keine Kriminalfälle, kein Telefon. Wir hatten uns nicht einmal eine Zeitung gekauft.
Nichts sollte die friedliche Zweisamkeit stören, und nichts hatte sie gestört. Wir hatten es beide nötig gehabt, neue Kräfte zu tanken, denn sowohl Jane als auch ich hatten in letzter Zeit eine Menge um die Ohren gehabt.
Da der Mensch keine Maschine ist, braucht er hin und wieder auch eine kleine Verschnaufpause, um hinterher mit neuem Schwung und Elan an die Arbeit heranzugehen.
Es hatte darüber hinaus auch der Beziehung zwischen Jane und mir gutgetan, dass wir dieses Wochenende für uns allein gehabt hatten, denn in den letzten Wochen hatten wir uns kaum gesehen.
Der Himmel war bleigrau. Die Dämmerung setzte ein.
Die blonde Jane schüttelte ihre wilde Mähne. Sie betrachtete mein Profil und sagte: »Du bist der hübscheste Oberinspektor von Scotland Yard, den ich kenne, John.«
»Vielen Dank für die Blumen. Soll ich dir jetzt auch ein Kompliment machen, oder möchtest du lieber die Wahrheit hören?«, erwiderte ich feixend.
»Hast du vielleicht etwas an mir auszusetzen?«
»Nicht doch. Ich liebe deine krummen Beine. Ich bin ganz verrückt nach deinem flachen Busen und den Fettwülsten an deiner Hüfte. Und ganz besonders hat es mir deine breite Boxernase angetan.«
Nichts von dem, was ich gesagt hatte, stimmte. Jane war bildschön. Sie wusste das auch.
Deshalb lachte sie aus vollem Halse und sagte: »Du bist ein Scheusal, John. Aber vermutlich liebe ich dich gerade deshalb.«
Es waren nur noch wenige Meilen bis nach London. Jane fragte mich, ob sie mich mit einem Lutschbonbon verwöhnen solle.
Ich hatte nichts dagegen. Sie richtete sich auf, drehte den Oberkörper und streckte die Hand nach ihrer Tasche aus.
Der Sicherheitsgurt hinderte sie jedoch daran, die Handtasche auf dem Rücksitz zu erreichen.
Deshalb hakte sie ihn kurz los.
Sie hätte es nicht tun sollen!
Kaum hatte sich Jane losgeschnallt, da passierte es …
Die Fahrt war bisher ruhig und ohne Zwischenfall verlaufen, deshalb erschrak ich ziemlich heftig, als ich plötzlich einen Wagen auf unserer Fahrbahnseite auf uns zurasen sah.
Die gegenüberliegende Fahrspur war frei!
Der Fahrer, der uns mit seinem Fahrzeug entgegenkam, überholte kein anderes Fahrzeug. Er fuhr einfach rechts. Als hätte er die Absicht, sich auf diese unverantwortliche Weise das Leben zu nehmen.
Und damit er nicht allein ins Jenseits gehen musste, wollte er Jane Collins und mich auf den langen Weg mitnehmen.
Wir hatten aber keine Lust, das Zeitliche zu segnen.
Ich stieß einen Warnschrei aus. Jane Collins zuckte herum. Alles ging so schnell, dass ich kaum mit dem Denken mitkam.
Mein Pulsschlag wollte die Gelenke sprengen. Mein Herz schien hoch oben im Hals zu schlagen. Ich presste die Kiefer fest zusammen. Meine Augen wurden schmal.
Mit ganzer Kraft trat ich auf die Bremse. Der Bentley rutschte mit blockierten Pneus über die graue Asphaltdecke. Die Reifen quietschten schrill. Ich achtete darauf, dass das Fahrzeug nicht ausbrach.
Jane stemmte sich mit beiden Händen gegen das Armaturenbrett.
Ab einem gewissen Zeitpunkt lief vor meinen Augen alles wie in Zeitlupe ab. Die Katastrophe schien nicht mehr zu verhindern zu sein.
Der schwarze Wagen, der uns entgegenkam, verringerte sein Tempo nicht. Im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl, dass der Fahrer, der den Verstand verloren haben musste, sogar noch beschleunigte.
Die grauenvollen Sekunden dehnten sich.
Ich war machtlos.
Mir schoss durch den Kopf, dass nur ich angegurtet war. Der Aufprall würde Jane zum Verhängnis werden.
Der schwarze Wagen raste auf uns zu.
Das Licht der Bentley-Scheinwerfer stach durch die Frontscheibe und erfasste eine Horrorgestalt.
Ich sah den bleichen Totenschädel, die hellen Augen und wusste sofort, wen ich vor mir hatte.
Es war der Schwarze Tod!
Er wollte Jane und mich umbringen. Ich reagierte in letzter Sekunde instinktiv, riss das Lenkrad nach links und zog den Bentley damit von der Straße. Es rumpelte, knirschte und krachte.
Der Bentley kippte links vorne nach unten und sackte in den Graben. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Jane nach vorn gerissen wurde.
Ich selbst schlug mit dem Kopf hart gegen die Türstrebe und war nahe daran, die Besinnung zu verlieren.
Mitten hinein in meine dumpfe Benommenheit hallte ein höhnisches Gelächter und dann vernahm ich die schaurige Stimme meines mächtigen Gegners. Er brüllte: »Wir sehen uns in Australien wieder, John Sinclair!«
Die Stimme verhallte.
Stille folgte. Und ich kämpfte verbissen gegen eine bleierne Ohnmacht an.
*
Sie schritten nebeneinander her, die beiden Australier. Der eine hieß Noah Nantwick und war Maler. Der andere hieß Nico Nantwick und war Schafzüchter. Noah und Nico waren Brüder.
Nico war achtunddreißig, vier Jahre älter als Noah. Sie waren beide gleich groß, hatten scharfgeschnittene Züge, waren schlank und wirkten kräftig.
Man hätte sie bei flüchtigem Hinsehen für Zwillinge halten können. Auf Anhieb konnte man sie nur durch ihre Haarfarbe unterscheiden. Noah war weizenblond, während Nico fast schwarzhaarig war.
Nico Nantwicks Schafzucht im Norden von Melbourne konnte sich sehen lassen. Die Großfarm stand finanziell auf gesunden Beinen.
Mit der Wolle und dem Fleisch von Schafen war ein gutes Geschäft zu machen. Vor zehn Jahren war die Farm noch ein mittelmäßiger Betrieb unter der Leitung von Barry Nantwick, dem Vater der Brüder, gewesen.
Nach Barry Nantwicks Tod hätte Noah die Hälfte der Farm übernehmen können. Er hatte aber darauf verzichtet, denn er war ein künstlerisch veranlagter Mensch, den es an die Staffelei drängte.
Er sah keinen Lebensinhalt darin, mit den Schafen Geld zu verdienen. Zu Geld hatte Noah Nantwick ein eher gestörtes Verhältnis, während Nico Nantwick gut mit Geld umgehen konnte.
»Ich bin froh, dass wir uns wieder vertragen, Noah«, sagte Nico Nantwick lächelnd.
Noah blieb stehen. Er schaute dem Bruder in die Augen und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich auch, Nico. Brüder sollten sich nicht streiten. Sie sollten wie Pech und Schwefel zusammenhalten.«
»Von nun an werden wir das.«
»Ja, Nico.«
»Deine Hand darauf«, verlangte Nico Nantwick. Er streckte Noah die Hand entgegen.
»Ich habe mich unmöglich benommen«, sagte Noah und senkte verlegen den Blick.
»Ich konnte deine Reaktion verstehen. Du hast mit Mildred ein halbes Jahr zusammen gewohnt. Du hast sie geliebt …«
»Ich wollte sie heiraten.«
»Davon wusste sie nichts. Als ich ihr begegnete, war mir, als hätte mich ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen. Es war mir unmöglich, Mildreds Nähe zu meiden. Ihr ging es genauso. Wir spürten von Anfang an, dass wir füreinander bestimmt waren. Mein Herz sagte mir, dass Mildred mit dir nicht glücklich werden würde, weil sie mich liebte. Als ich sie fragte, ob sie meine Frau werden wollte, weinte sie deinetwegen. Sie wollte dir nicht wehtun, hatte aber gleichzeitig den unbändigen Wunsch, mich zu heiraten …«
»Ich hätte Verständnis dafür aufbringen müssen«, sagte Noah Nantwick ernst. »Statt dessen reagierte ich mit Zorn und Wutanfällen. Ich war nicht Mildreds Mann. Sie war frei. Sie durfte sich ungehindert entscheiden. Trotzdem habe ich sie geschlagen. Das werde ich mir nie verzeihen.«
»Du solltest es vergessen. Auch Mildred trägt es dir nicht mehr nach. Es gibt nichts mehr, was unser Verhältnis zueinander trübt, Noah, und darüber freue ich mich.«
Die Männer gingen weiter.
Sie näherten sich einer kleinen Baumgruppe.
»Ich habe dich gehasst«, gestand Noah Nantwick.
»Das weiß ich«, sagte Nico. »Ich konnte dich verstehen.«
»Du hast mir, als wir noch Kinder waren, immer alles weggenommen. Wenn ich mich wehrte, hast du mich verprügelt.«
»Ich verspreche dir, ich werde dir nie wieder etwas wegnehmen, Noah.«
»Du hast ja jetzt alles.«
»Lass uns über deine künstlerischen Pläne reden, Noah«, schlug Nico Nantwick vor. »Was macht die Malerei?«
»Nach den anfänglichen Hungerjahren haben sich inzwischen die ersten Erfolge eingestellt.«
»Das freut mich für dich, Noah.«
»Ich reise viel. Meine Bilder werden in Perth, Adelaide, Canberra, Sydney und anderen Städten ausgestellt. In vier Wochen gibt es in Melbourne eine Vernissage. Der Kulturstadtrat von Melbourne hat mich beauftragt, ein riesiges Mosaik zu entwerfen, das in einem neuen Park seinen Platz haben soll. Du weißt, ich konnte mit Geld noch nie viel anfangen, deshalb hat es mir auch nichts ausgemacht, dass ich lange Zeit keines hatte. Jetzt wächst mein Bankkonto von Monat zu Monat, aber ich lebe immer noch so einfach und bescheiden wie früher …«
Noah Nantwick stockte plötzlich.
Er hatte zu Boden gesehen, während er sprach. Als er dann Nico wieder anschauen wollte, war dieser nicht mehr da.
Verständnislos blickte Noah Nantwick sich um. Er war an der kleinen Baumgruppe vorbeigeschlendert, ohne es zu merken.
War Nico hinter einen der Bäume getreten? Wieso hatte er nichts gesagt?
Er hatte ihn, Noah, einfach weiterreden lassen. Noah Nantwick ärgerte sich darüber. Nicos Aufmerksamkeit und Interesse waren nur geheuchelt gewesen. In Wirklichkeit schien es ihn nicht zu interessieren, was die Malerei machte und wie es seinem Bruder ging.
Verdrossen machte Noah Nantwick auf den Absätzen kehrt.
»Nico!«, rief er. »Nico, wo bist du?«
Er erhielt keine Antwort. Das vergrößerte Noahs Ärger. Was bezweckte Nico damit? Warum versteckte er sich?
»Also, Nico, ich muss schon sägen, ich finde dieses Versteckspielen wirklich zu albern. Wir sind keine Kinder mehr!«
Noah erreichte die Bäume. Ihre Kronen waren ausladend und spendeten reichlich Schatten.
»Nico, lass doch den Quatsch!«, rief Noah Nantwick erbost. Er sah hinter jeden Baum. Nico schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
»Jetzt reicht’s mir!«, rief Noah brummig. »Wenn du das witzig findest, dann muss ich dir sagen, dass ich nicht darüber lachen kann. Ich gehe jetzt zum Landrover zurück. Wenn du nicht mitkommst, fahre ich ohne dich ab.«
Verdrossen verließ Noah Nantwick den Schatten der Bäume.
Plötzlich vernahm er das Knacken eines morschen Astes. Er drehte sich um und sah Nico.
»Also wirklich, ich fand das überhaupt nicht ulkig«, knurrte Noah.
Nico Nantwick ging auf ihn zu. Er war plötzlich verändert. Seine Miene war härter geworden. Die Augen blickten unerbittlich, böse und gemein.
»Wo hast du gesteckt?«, wollte Noah wissen. Ihm fiel die Veränderung an seinem Bruder nicht auf. Er spürte zwar die Kälte, aber ihm wurde nicht bewusst, dass Nico es war, der sie verströmte.
Nico antwortete nicht.
»Ich habe dich etwas gefragt!«, sagte Noah missgelaunt. »Bist du auf einen Baum geklettert? Was wolltest du damit beweisen? Dass du immer noch gelenkig bist?«
Nico schwieg weiter.
Noah konnte nicht wissen, dass sein Bruder seit wenigen Augenblicken den Dämon Sardo im Leib hatte.
Wortlos gingen die Männer nebeneinander her. Wie Fremde.
Noah setzte sich in seinen Landrover. Nico nahm neben ihm Platz. Er starrte stumm durch die Frontscheibe.
Noah schüttelte verständnislos den Kopf. Nico musste den Verstand verloren haben. Anders konnte er sich diese plötzliche Wesensänderung nicht erklären.
Schlecht gelaunt brachte er Nico nach Hause. Die Bruchstelle, die eben erst von beiden Seiten mit gutem Willen gekittet worden war, klaffte mit einem Mal wieder tief auf.
Und es sah danach aus, als ob die Brüder nun vollends voneinander getrennt würden …
*
Ich hatte ein ekelhaftes Würgen im Hals. Mühsam gelang es mir, zu verhindern, dass ich das Bewusstsein verlor. Mit vom Unfallschock zitternden Händen löste ich meinen Gurt.
Ich öffnete die Tür und pumpte Sauerstoff in meine Lungen. Langsam erholte ich mich. Mein Herz krampfte sich zusammen, als mein Blick auf Jane Collins fiel.
Mich überlief es kalt.
Ich dachte, Jane wäre tot.
Sie lehnte am Dachholmen. Blut rann ihr über das bleiche Gesicht. Sie regte sich nicht. Ihre Augen waren geschlossen. Das blonde Haar klebte an ihrer feuchten Stirn.
Mein Herz hämmerte gegen die Rippen. »Jane!«, schrie ich. Verzweiflung lag in meiner Stimme, die sich fremd und spröde anhörte.
Ich sprang aus dem Bentley. Meine Beine wollten mir nicht gehorchen. Ich knickte ein, fing mich an der Wagentür, zog mich zähneknirschend hoch.
Wütend warf ich einen Blick über das Wagendach. Von dem Fahrzeug, in dem der Schwarze Tod gesessen hatte, war nichts mehr zu sehen.
Ich war sicher, dass das schwarze Fahrzeug sich in dem Moment, wo wir in den Graben gesaust waren, in Luft aufgelöst hatte.
Verbissen zwang ich mich, auf den Beinen zu bleiben. Meine Knie waren weich wie Gummi. Aber ich erholte mich allmählich wieder.
Hastig lief ich um das Auto herum. Vorsichtig öffnete ich die Tür auf der Beifahrerseite. Jane rutschte mir entgegen.
»Jane!«, flüsterte ich besorgt und fing sie auf. Sie fühlte sich kalt an. »O mein Gott!«, stöhnte ich.
Behutsam hob ich sie aus dem Wagen. Ich legte sie ins Gras, zog mein Jackett aus, bettete ihren Kopf darauf.
Sie sah schrecklich aus. Ihr ganzes hübsches Gesicht war voll Blut. Ich tastete nach ihrem Puls.
In meiner Aufregung konnte ich ihn nicht mehr fühlen. Das machte mich nervös.
Aber dann spürte ich doch das leise Klopfen – ein vages Zeichen, dass Janes Lebensuhr noch nicht stehen geblieben war.
Ich richtete mich auf, beugte mich in den Wagen, griff nach dem Hörer des Autotelefons und forderte einen Krankenwagen an.
Kaum hatte ich den Hörer in die Halterung zurückgeschoben, da hielt auf der Straße ein schwerer amerikanischer Straßenkreuzer an.
Ein untersetzter, übergewichtiger Mann, elegant gekleidet, erschien in meinem Blickfeld. »Unfall gehabt?«
»Leider ja.«
»Wie ist es passiert? Haben Sie etwas getrunken?«
»Keinen Tropfen«, erwiderte ich, und dann berichtete ich von einem verrückten Autorowdy, der uns auf unserer Fahrbahn entgegengekommen sei.
»Das sind die Kerle, die ihren Führerschein im Lotto gewonnen haben«, sagte der Mann und nickte mit finsterer Miene. »Glauben Sie mir, von diesen Typen kann ich ein Lied singen. Ich bin Vertreter. Täglich auf Achse. Da kommt einem schon einiges unter. Was ist mit dem Mädchen? Ist sie … tot?«
»Zum Glück nein.«
»Sie braucht einen Arzt.«
»Ein Krankenwagen ist bereits unterwegs«, gab ich zurück.
»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Sir? Mein Name ist übrigens Christopher Bron.«
»John Sinclair«, stellte ich mich vor.
»Besitzen Sie ein Abschleppseil, Mr. Sinclair?«
»Natürlich.«
»Dann werden wir Ihren Bentley aus dem Graben ziehen«, sagte Christopher Bron. Er eilte zu seinem »Amerikaner« zurück und brachte den Wagen in die richtige Position.
Ich holte inzwischen das Abschleppseil aus dem Kofferraum. Sobald es an beiden Fahrzeugen befestigt war, setzte sich Bron wieder in seinen Straßenkreuzer.
Er ließ den Wagen langsam anrollen. Surrend spannte sich das widerstandsfähige Seil. Mein Bentley ächzte.
Die Räder begannen sich zu drehen. Zoll um Zoll schob sich mein Wagen aus dem Graben auf die Fahrbahn zurück.
Zwei Minuten später war das Werk vollbracht. Ich löste das Seil. Christopher Bron stieg aus.
»So, das hätten wir.«
»Ich danke Ihnen«, sagte ich. »Sie waren mir eine große Hilfe.«
»Wenn ich noch etwas für Sie tun kann, Mr. Sinclair … Ich habe Zeit. Bin auf der Heimfahrt. Und zu Hause wartet ein feuerspeiender Drache auf mich, mit dem ich seit fünfzehn Jahren verheiratet bin.«
Wir vernahmen das Signal des Rettungswagens. Ich bedankte mich noch einmal bei dem hilfsbereiten Autofahrer und drehte mich nach dem Krankenwagen um, der rasch näherkam.
»Hoffentlich geht es Ihrer Freundin bald wieder besser, Mr. Sinclair«, sagte Christopher Bron.
»Das hoffe ich auch«, gab ich zurück. Bron schloss die Wagentür und fuhr nach Hause.
Der Krankenwagen hielt an. Ich erklärte den Leuten kurz die Situation. Der Rettungsarzt, ein junger Mann mit Brille, untersuchte Jane, die immer noch ohne Besinnung war. Dann winkte er seine beiden Helfer herbei.
Sie hoben Jane vorsichtig auf die Trage. Man sah, dass sie genau wussten, wie man mit Verletzten umgehen musste.
Meine Augen hefteten sich fragend auf das Gesicht des Rettungsarztes. Damit er mir mehr sagte als irgendwelchen anderen Leuten, wenn sie sich in einer ähnlichen Situation befanden, zeigte ich ihm die Identy Card von Scotland Yard.
»Wie sieht’s aus, Doc?«
»Das viele Blut hat Sie erschreckt, nicht wahr, Oberinspektor.«
»Ja. Ist es nicht so schlimm?«
»Ich konnte lediglich eine Platzwunde über dem Haaransatz feststellen. Das schließt natürlich nicht aus, dass das Mädchen … Wie ist übrigens ihr Name?«
»Jane Collins.«
»Sie kann natürlich irgendwelche innere Verletzungen erlitten haben. Man wird sie im Krankenhaus gründlich untersuchen. Danach wird man Ihnen mehr sagen können.«
Jane befand sich bereits im Krankentransportraum. Die Türen klappten zu. Ich hatte festgestellt, dass das Blech meines Bentleys zwar zerknautscht war wie ein alter Regenmantel, dass der Wagen aber nach wie vor fahrtüchtig war.
Also setzte ich mich in das Fahrzeug und fuhr hinter dem Krankenwagen her.
Wir erreichten London.
Jane Collins wurde in eine moderne Unfallklinik gefahren.
Mehrere Ärzte nahmen sich ihrer sofort an.
Während Jane untersucht wurde, rannte ich im Wartezimmer wie ein gereizter Tiger hin und her. Ich wurde in dieser Zeit zum Kettenraucher. Ich hatte schreckliche Visionen, die sich nicht vertreiben lassen wollten.
Eine davon war: Jane gelähmt! Ein Leben lang an den Rollstuhl gefesselt! Der Schweiß brach mir aus allen Poren, denn ich fühlte mich für Janes Zustand verantwortlich.
Sie hatte in meinem Wagen gesessen. Ich hatte das Fahrzeug gelenkt. Auf mich hatte es der Schwarze Tod abgesehen gehabt. Ich hatte den Bentley in den Straßengraben gelenkt …
Ich konnte keine Ruhe finden. Meine Handflächen waren feucht. Ich, ein Mann, der normalerweise hart im Nehmen war, den nichts so schnell erschüttern konnte, war dieser nervlichen Belastung kaum noch gewachsen.
Es ist nicht dasselbe, gegen eine Ausgeburt der Hölle kämpfen oder untätig zwischen weiß gestrichenen Mauern auf eine Nachricht warten zu müssen.
Einen Kampf kann man beeinflussen. Man kann seinen Ausgang tatkräftigst mitbestimmen. Doch in dieser Situation konnte ich nichts weiter tun als warten – und das machte mich beinahe verrückt.
Endlich erbarmte sich meiner ein Arzt.
Er hieß Lind Whelan.
»Mr. Sinclair«, sagte er mit sonorer Stimme.
Ich drückte meine Zigarette im Aschenbecher aus und eilte auf den Arzt zu. »Wie geht es Jane, Dr. Whelan?«
»Sie hatte großes Glück. Wir haben die Platzwunde genäht. Innere Verletzungen konnten wir keine feststellen. Trotzdem möchte ich Miss Collins noch kurz zur Beobachtung hierbehalten.«
Ich nickte. »Selbstverständlich. Ist sie bei Bewusstsein?«
»Ja.«
»Darf ich sie sehen?«
»Sie steht noch unter Schock.«
»Nur zwei Minuten, Doktor. Bitte.«
Lind Whelan seufzte. »Na schön, Mr. Sinclair. Zwei Minuten. Aber nicht länger.«
Für mich waren diese hundertzwanzig Sekunden ein großes Geschenk. Dr. Lind Whelan brachte mich zu dem Krankenzimmer, in dem Jane Collins lag.
Er sagte: »In zwei Minuten hole ich Sie raus.«
»Okay, Doc«, sagte ich und betrat den kleinen Raum, in dem alles weiß war: das Bett, der Schrank, der Stuhl, die Wände, das Nachtkästchen, der Turban, den Jane trug – und Janes Gesicht …
Mir gab es einen Stich, als ich sie so daliegen sah, und dabei musste ich froh sein, dass sie noch am Leben war.
Mit matten Augen sah sie mich an. »John«, hauchte sie. Etwas schnürte mir die Kehle zu. Ich konnte nicht sprechen. »Was für ein Misston nach einem so wunderschönen Wochenende, nicht wahr?«
Ich bebte innerlich, war bemüht, es mir nicht anmerken zu lassen. »Wie fühlst du dich?«, krächzte ich. »Hast du Schmerzen?«
Jane schüttelte kaum merklich den Kopf. »Dr. Whelan hat mir etwas gegeben …«
»Du musst ein bisschen hierbleiben.«
»Nur über Nacht«, sagte Jane.
»Ich hole dich selbstverständlich ab.«
»Was ist mit dem Wagen?«
Ich winkte ab. »Das kann ich verschmerzen.« Ich entschuldigte mich wegen des Unfalls, obwohl er das Werk des Schwarzen Todes gewesen war. Kaum jemals hatte ich meinen Supergegner mehr gehasst als in diesen Minuten.
Jane kannte den Schwarzen Tod. Sie wusste, wer das war. Schon seit Jahrhunderten geisterte er durch Legenden und Sagen vieler Völker. Er hatte in der Vergangenheit die Geschichte beeinflusst, und für die Zukunft hatte er sich vorgenommen, die Welt den Mächten der Finsternis zu übergeben.
»Du musst dich vorsehen, John«, flüsterte Jane.
Ich nickte geistesabwesend. Leise sagte ich: »Als wir in den Graben donnerten, hat er etwas Seltsames gesagt.«
»Was, John?«
»>Wir sehen uns in Australien wieder, John Sinclair!« Ich habe nicht die Absicht, mich dorthin zu begeben.«
»Vielleicht kann er in die Zukunft sehen.«
»Das konnte er, als das Dämonenauge noch existierte. Ich habe es jedoch zerstört …«
Die Tür öffnete sich hinter mir. Ich seufzte. Das war Dr. Whelan, der mich vom Krankenlager Janes fortholte.
»Ich komme morgen wieder«, versprach ich Jane. »Mit einem riesigen Strauß dunkelroter Rosen.«
Jane lächelte. Dieses Lächeln wärmte mein Herz. Es gab mir Berge, denn es verriet mir, dass es nicht so schlimm gekommen war, wie der Schwarze Tod es beabsichtigt hatte.
*
Noah Nantwick begleitete seinen Bruder Nico in das flache Gebäude. Mildred kam ihnen lächelnd im Wohnzimmer entgegen. Helle keramische Fliesen bedeckten den Boden. Mildreds Absätze klapperten darauf.
Auch sie war froh, dass der Zwist zwischen den Brüdern beigelegt war. Da sie der Zankapfel gewesen war, hatte sie darunter besonders stark gelitten.
Doch nun war das Kriegsbeil begraben, und ihr aller Verhältnis zueinander würde sich wieder normalisieren. Mildred war eine schöne Frau mit einer unglaublichen Ausstrahlung. Jeder Mann, der ihr in die Nähe kam, spürte ihre schwelende Sinnlichkeit, mit der sie bis unter die Haarwurzeln ihrer brandroten Mähne aufgeladen zu sein schien.
Allein ihr Gang war schon aufregend und aufreizend. Sie hatte lange Beine, schmale Hüften und ein herzförmiges Gesicht mit ausdrucksstarken Augen.
Mildred Nantwick merkte nicht, dass das Verhältnis zwischen den Brüdern bereits wieder abgekühlt war.
Nico setzte sich in einen der Korbsessel. Er starrte schweigend vor sich hin. Mildred lächelte Noah freundlich an und fragte: »Wie war der Spaziergang? Habt ihr euch ausgesprochen?«
»Ich glaube, es ist Zeit für mich, in die Stadt zurückzufahren«, sagte Noah Nantwick ausweichend.
Mildred schaute ihn verwundert an. »Aber … Ich dachte, du bleibst zum Abendessen.«
Noah warf Nico Nantwick einen grimmigen Blick zu. »Tut mir leid, das lässt sich leider nicht machen. Ich muss morgen früh aus den Federn. Es wäre nicht vernünftig, wenn ich mir die Nacht um die Ohren schlagen würde. Der morgige Tag ist für mich in vielerlei Hinsicht sehr wichtig.«
Noah ließ keinen Einwand gelten.
Er blieb dabei, dass er nach Melbourne zurückkehren müsse.
Zum Abschied küsste er Mildred auf beide Wangen. Er tat dies kalt und emotionslos. Wenn er sie früher in seine Arme genommen hatte, hatte er immer ein brennendes Prickeln verspürt, das sich durch seinen ganzen Körper gezogen hatte. Damit war es nun vorbei. Seit Mildred Nicos Frau geworden war, empfand Noah nichts mehr für sie.
Er war froh, dass es so war.
Wenn es anders gewesen wäre, hätte er sich nie wieder in Mildreds Nähe gewagt.
Nachdem er sie flüchtig geküsst hatte, verließ er das Haus. Seinen Bruder würdigte er keines Blickes.
Mildred hätte blind sein müssen, wenn Sie das nicht mitgekriegt hätte. Sie trat auf die Terrasse und schaute Noah besorgt nach.
Sie sah, wie er in den Landrover stieg, den Motor startete und abfuhr. Eine Staubfahne stieg hinter dem Geländewagen hoch.
Erst als sich die Wolke wieder gesetzt hatte, kehrte Mildred in das Haus zurück. Sie begab sich zu Nico, setzte sich ihm gegenüber und betrachtete ihn eingehend.
Er blickte starr an ihr vorbei.
»Was hat Noah?«, fragte Mildred.
»Nichts«, knurrte Nico Nantwick.
»Ihr beide könnt mir nichts vormachen. Dazu kenne ich euch zu gut. Was ist zwischen euch vorgefallen, Nico?«
»Nichts.«
»Willst du es mir nicht sagen? Habt ihr euch denn nicht ausgesprochen? Gab es wieder Streit?«
»Wir haben uns nicht gestritten. Wir fanden nur, dass wir uns nichts mehr zu sagen haben.« Nico Nantwick kniff die Augen zusammen. »Er wird nicht wiederkommen.«
»Hat er das gesagt?«, fragte Mildred erschrocken.
Nicos Wangenmuskeln zuckten. »Es wäre besser für ihn, wenn er nicht mehr in mein Haus käme!«
»Die alte Feindschaft ist also wieder aufgeflackert. Oh, was seid ihr nur für Narren. Warum könnt ihr euch nicht vertragen? Ist das denn so schwierig für euch?«
»Uns trennen Welten. Das verstehst du nicht, Mildred!«
»Noah ist doch kein Fremder. Er ist dein Bruder! Wie kommst du dazu, zu sagen, es wäre besser für ihn, wenn er nicht mehr in dein Haus käme? Es ist auch mein Haus, Nico Nantwick, und ich möchte, dass Noah hier Gast sein darf, wann immer er möchte. Er soll mir stets willkommen sein!«
Nico starrte seine Frau wild an. Sie erschrak. Diesen durchdringenden Blick kannte sie nicht. Er beunruhigte sie, machte ihr Angst.
Sie fasste sich unwillkürlich an die Kehle.
»Wieso stellst du dich schützend vor ihn?«, fauchte Nico Nantwick gereizt. »Bedeutet er dir etwa immer noch etwas?«
»Das ist doch Unsinn, Nico. Du weißt, dass ich nur dich liebe.«
»Vor mir hast du aber Noah geliebt.«
»Ich dachte, es wäre Liebe – bis ich dir begegnete. Erst dann wusste ich, dass das mit Noah ein Irrtum gewesen war.«
Nico Nantwick blickte seine Frau lauernd an. »Bist du sicher?«
»Was bezweckst du mit dieser Frage? Zweifelst du an meiner Liebe? Willst du mich beleidigen?«
»Ist es nicht vielmehr so, dass du Noah nur deshalb den Laufpass gegeben hast, weil ich mehr Geld besaß als er?«
Mildred sprang auf. Es funkelte in ihren Augen. »Du bist niederträchtig und gemein!«, schrie sie. Tränen traten ihr in die Augen.
Sie wandte sich um und rannte aus dem Raum. Wütend warf sie die Tür hinter sich zu. Der Knall hallte durch das gesamte Gebäude.
Nico Nantwick bleckte die Zähne. Er hatte seiner Frau mit voller Absicht wehgetan. Er war sich seiner Boshaftigkeit bewusst.
Sardo hatte sie ihm eingeimpft. Er trug den Dämon in sich, war mit ihm eins geworden, und er fühlte sich zu jeder Art von Bosheit und Gemeinheit hingezogen.
Grinsend erhob er sich.
Er hörte Mildred nebenan schluchzen, doch das berührte ihn nicht. Im Gegenteil, es freute ihn, zu hören, wie sie litt.
Er zündete sich eine Zigarre an. Der Dämon in seinem Inneren hatte keine Lust, länger auf der Farm zu bleiben.
Sardo führte mit Nico Nantwick ein Zwiegespräch. »Lass uns das Haus verlassen«, sagte der Dämon.
»Meinetwegen«, gab Nico Nantwick zurück. »Was unternehmen wir?«
»Bring mich nach Melbourne«, verlangte Sardo.
Nico Nantwick griente. »Was hast du in der Stadt vor?«
»Ich möchte etwas tun. Irgendetwas. Ich war sehr lange zur Untätigkeit verurteilt. Nun möchte ich Taten setzen, damit die Menschheit auf mich aufmerksam wird.«
Nico Nantwick scherte sich nicht um seine Frau. Er sagte ihr nicht, dass er in die Stadt zu fahren beabsichtigte, verließ einfach das Haus, setzte sich in seinen Jeep und fuhr los.
Mildred würde schon sehen, dass er nicht da war.
Und sie konnte froh sein, dass sich er und Sardo nicht zu Hause, sondern in Melbourne austobten …
*
In Melbourne, nahe dem Spencer-Bahnhof, gab es eine drittklassige Bar, die sich »Hell and Devil« nannte. Und dort drinnen sah es wirklich aus wie im Vorzimmer zur Hölle.
Der Teufel war der Barkeeper, dem der Schuppen auch gehörte. Seine Stirn wies tatsächlich zwei Ausbuchtungen auf, die wie der Ansatz zu Hörnern aussahen.
Das Gesicht des Mannes war eine von Pockennarben entstellte Fratze. Man brauchte gute Nerven, um ihn anzusehen und nicht zu schaudern.
Blutrotes Licht ergoss sich über die Gesichter der Gäste. Ein illustres Publikum war das. Alles in allem bekam man spielend hundert Jahre Knast zusammen. Den Wirt noch nicht mal mitgerechnet.
In dieser Bar kassierte soeben der Zuhälter Sal Banacek ab. Er konnte dabei keine Zuschauer brauchen, deshalb zog er sich mit seiner Biene ins Hinterzimmer zurück.
Seine gute Laune verging ihm sehr schnell, als er sah, was Natalie George vor ihm auf den Tisch legte. Sal Banacek starrte die magere Ausbeute an.
Er war ein großer, kräftiger Bursche mit einem Gebiss, mit dem er Eisenstäbe beißen zu können schien. Er gefiel sich in Cowboykleidung.
Seine Wildlederjacke war mit langen Fransen besetzt. In einer Lederscheide am Gürtel steckte ein Bowiemesser. An den Füßen trug er weiche Stiefel, die eine handbreit über die Knöchel ragten.
Er war das, was man im Allgemeinen als schön bezeichnet. Deshalb war Natalie auch auf ihn hereingefallen. Vor etwa drei Jahren war sie vom Land in die Stadt gekommen.
Sie hatte kaum Ersparnisse mitgebracht, hatte von einem besseren Leben geträumt, hatte nicht gewusst, wo sie unterkommen sollte und wovon sie leben sollte.
Als sie ihren letzten australischen Dollar in Essen umgesetzt hatte, hatte sie sich zu fragen begonnen, ob es richtig gewesen war, nach Melbourne zu gehen.
Daheim hatten die jungen Leute von der großen Stadt gesprochen, als wäre es das Mekka der Jugend. Ein Schlaraffenland, in dem einem die gebratenen Hähnchen in den Mund fliegen würden.
Doch die Wirklichkeit hatte anders ausgesehen. Natalie George hatte sich die Hacken schiefgelaufen, ohne Erfolg. Niemand gab ihr Arbeit, denn sie hatte nichts gelernt.
Sie war auf der elterlichen Farm Mädchen für alles gewesen. Aber die Betriebe, in denen Natalie nach Arbeit fragte, brauchten Girls, die für den freien Posten bereits vorgeschult waren.
Mit unehrlichem Bedauern schüttelte man überall den Kopf und schickte das blonde Mädchen immer wieder weg.
Da man von falschem Mitgefühl nicht satt wird, quälte das Mädchen schon bald der Hunger. Sie kam sich erbärmlich vor, als sie in die Selbstbedienungsrestaurants ging und dort die Reste hinunterschlang, die andere Leute übrig ließen. Aber sie war zu stolz, um auf das Land zurückzukehren und zuzugeben, dass es ein Fehler gewesen war, das Dorf zu verlassen.
Sie hatte Angst vor dem spöttischen Grinsen der Leute, vor ihrem Gelächter, vor ihrem Hohn. Deshalb blieb sie in Melbourne.
Und damit begann ihr Leidensweg, denn in dem Augenblick, wo es ihr am dreckigsten gegangen war, tauchte Sal Banacek als »rettender Engel« auf.
Heute wusste sie, dass sie sich damals nicht von ihm hätte helfen lassen dürfen. Doch der Abend ist immer klüger als der Morgen. An der Tatsache, dass ihr Sal Banacek geholfen hatte, war nun nichts mehr zu ändern.
Er erhob sich mit gerunzelter Stirn. Sein durchdringender Blick musterte Natalie. Sie trug ein einfaches rotes Kleid, das ihre Rundungen betonte. Sie hatte üppige Brüste, einen strammen Po und wohlgeformte Hüften.
Ein Mädchen, das so anziehend aussah wie Natalie George, musste einfach mehr Geld verdienen als die paar Kröten, die sie soeben vor Sal Banacek auf den Tisch gelegt hatte.
Der Zuhälter hakte die Daumen in seinen Gürtel. »Sag mal, wofür hältst du mich, Baby?«
Natalie George holte tief Luft. Sie hatte befürchtet, dass es nicht genug sein würde, was sie Sal Banacek gegeben hatte.
Sie stellte sich aber dumm und erwiderte: »Ich verstehe nicht, was du meinst, Sal.«
Zorn funkelte in Sal Banaceks Augen. »So. Verstehst du nicht. Dann will ich es dir mal erklären.« Er wies auf die Banknoten. »Denkst du, ich lasse mich mit diesem Bettel abspeisen? Wofür hältst du mich? Bin ich ein Almosenempfänger? Baby, das Leben in dieser Stadt ist nicht billig. Soll ich mich etwa einschränken, weil du zu faul bist, ein bisschen mehr zu arbeiten?«
»Sal, ich war zwei Tage krank. Ich war nicht in der Lage, auf die Straße zu gehen …«
»Interessiert mich nicht. Dann hättest du eben an den restlichen Tagen ’ne Sonderschicht einlegen sollen.«
»Ich bin doch keine Maschine, Sal.«
»Ich werde dir zeigen, was du bist!«, herrschte der Zuhälter das Mädchen an. Er holte aus und schlug zu. Die Ohrfeige riss Natalie George beinahe von den Beinen.
Ihre Wange brannte und war feuerrot. Tränen schimmerten in ihren Augen. Sie begann zu schluchzen.
Sal Banacek schlug ein zweitesmal zu. Diesmal fiel Natalie. Sie fing zu weinen an, schüttelte zitternd vor Angst den Kopf und bettelte: »Nicht mehr schlagen, Sal. Bitte, schlag mich nicht mehr. Sag mir, wie viel du haben möchtest. Ich gebe es dir von meinem Geld.«
Er nannte den Betrag, der ihn versöhnlich stimmen würde.
»Okay«, keuchte das Mädchen. »Okay, du kriegst den Rest. Ich hole das Geld, Sal. Du kannst es heute noch haben.«
Jetzt grinste er wieder. Wenn die Kasse stimmte, war er zufrieden. Er war sogar wieder »Gentleman«. Hilfreich stützte er Natalie, als sie sich erhob. Er streichelte ihre rote Wange und sagte sanft: »Glaube mir, es tut mir in der Seele weh, wenn ich dich schlagen muss, Baby. Aber wenn ich zu wenig Geld auf dem Tisch sehe, muss ich befürchten, dass meine Existenz gefährdet ist, und das macht mich sauer. Ich hoffe, du bist mir nicht böse, weil mir die Hand ausgerutscht ist. Ich bin eben ein temperamentvoller Mensch.«
»Es ist schon gut, Sal«, presste Natalie hervor. Sie putzte sich geräuschvoll die Nase und wischte die Tränen ab.
Er küsste sie. Sie hätte ihn am liebsten weggestoßen, doch sie hatte nicht den Mut dazu.
»Geht es dir wieder besser?«, fragte er fürsorglich.
»Ja, Sal. Ich bin schon wieder okay.«
Banacek nahm die Scheine an sich. Er stopfte sie achtlos in die Tasche seiner eng anliegenden Hose.
Plötzlich hatte Natalie George das Gefühl, eine Eisschicht hätte sich über ihren Körper gebreitet. Ihr war so kalt, als befände sie sich nackt in einem Kühlhaus.
Was war das für eine Reaktion? Warum reagierte ihr Körper auf diese ungewöhnliche Weise? Über ihrem Kopf knisterte die Luft.
Dann fühlte sie sich zur Seite gestoßen, obwohl außer ihr und Sal Banacek niemand im Hinterzimmer war.
Und dann geschah das Unvorstellbare …
Sal Banacek riss entsetzt die Augen auf. Er stieß einen krächzenden Schrei aus. Sein Gesicht verzerrte sich in panischem Schrecken.
Natalie George wich bestürzt zurück. Sie konnte sich nicht erklären, was passierte. Mit schreckgeweiteten Augen verfolgte sie das grauenvolle Schauspiel, das soeben seinen Anfang genommen hatte.
Ein unsichtbarer Gegner schien Sal Banacek angegriffen zu haben. Der Zuhälter wurde schlagartig totenblass.
Seine Hände fuhren an seine Kehle. Er taumelte, stieß gegen den Tisch, warf einen Stuhl um. Es sah aus, als würde er gegen sich selbst kämpfen. Es hatte den Anschein, als hätte er die Absicht, sich zu erwürgen.
Ein neuerlicher Schrei entrang sich seiner zugeschnürten Kehle. »Natalie!« , gurgelte er. »Natalie … Hilf mir!«
Das Mädchen wich verstört zurück. Was geschah mit Sal Banacek? Was ging mit ihm vor? Helfen? Wie sollte sie ihm helfen?
Der Zuhälter wurde gerüttelt und geschüttelt. Er wurde hin und her geschleudert. Natalie George vernahm ein unheimliches Schnaufen.
Das Unsichtbare schien Sal Banacek vernichten zu wollen. Obwohl Natalie George dem Zuhälter schon oft den Tod gewünscht hatte, krampfte sich jetzt, wo es wirklich zu passieren schien, ihr Herz zusammen.
Wie eine Strohpuppe flog Sal Banacek hin und her. Sein Mund wurde zu einem stummen Schrei geöffnet.
Verzweifelt kämpfte er mit dem Unsichtbaren um sein Leben. Er schlug wie von Sinnen um sich. Er hieb mit seinen Fäusten in die Luft, vermochte den grausamen Angreifer jedoch nicht zu treffen.
Natalie George presste die Hände an ihre brennenden Wangen. Sie wich Schritt um Schritt zurück. Hier passierte etwas Unheimliches.
Etwas, das das menschliche Fassungsvermögen bei Weitem überstieg. Das Mädchen zitterte. Sie sah, wie die Augen des Zuhälters in Todesangst aufgerissen waren.
Staksend erreichte Natalie George das Ende des Raumes. Sie lehnte sich an die Wand. Sie war so furchbar aufgeregt, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Und der Horror eskalierte …
Sal Banacek hob vom Boden ab.
Tatsächlich, er schwebte in der Luft. Einen Meter, über dem Boden. Er zuckte und zappelte. Sein Körper bäumte sich wild auf.
Er schraubte sich herum, wollte sich aus dem Griff des Unsichtbaren herauswinden, hatte damit aber keinen Erfolg.
Für den Bruchteil einer Sekunde hing er nur in der Luft. Doch plötzlich begann er im Hinterzimmer hin und her zu rasen.
Er flog über die Tische hinweg und prallte Augenblicke später gegen die Wand.