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Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 2000 - 2009!
Zombie-Nacht.
Tropensommer in London. Die Tage brütend heiß. Die Nächte kaum kühler. Ein Wetter, wie es die Stadt noch nie erlebt hatte. Hexenkessel der Gefühle, ein Brutofen, in dessen Zentrum sich Menschen befanden, die litten. Für andere war die Nacht ideal, um zu töten. Keine Menschen, auch wenn sie auf den ersten Blick so aussahen. Es waren Zombies, lebende Leichen. Und sie waren vom Schwarzen Tod geschickt worden, um das gesamte Sinclair-Team auszulöschen.
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2015
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Tropensommer in London. Die Tage brütend heiß. Die Nächte kaum kühler. Ein Wetter, wie es die Stadt noch nie erlebt hatte. Hexenkessel der Gefühle, ein Brutofen, in dessen Zentrum sich Menschen befanden, die litten. Für andere war die Nacht ideal, um zu töten. Keine Menschen, auch wenn sie auf den ersten Blick so aussahen. Es waren Zombies, lebende Leichen. Und sie waren vom Schwarzen Tod geschickt worden, um das gesamte Sinclair-Team auszulöschen.
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-4075-1
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Es kam eigentlich selten vor, dass sich Suko beschwerte, aber in diesem verdammten Sahara-Sommer hatte er allen Grund dazu.
Es war einfach zu heiß, zu trocken und zu schwül. Hinzu kam noch die dürre ausgelaugte Gestalt mit dem fiebrigen Blick, die plötzlich vor uns stand und uns angrinste.
Es war ein Vampir!
Auch er schien der Hitze Tribut gezollt zu haben, denn er war nackt bis auf eine schmutzige, knielange Hose. Am Hals sahen wir eine relativ frische Wunde wie einen breiten Riss.
In der stickig warmen Dämmerung hatte ich es für besser gehalten, mir den Weg mit der Lampe zu leuchten. Das künstliche Licht erwischte seinen Kopf, und nur deshalb war er so gut zu sehen.
„War das nicht anders mit deiner neuen Freundin abgesprochen, John?“
„Justine Cavallo ist nicht meine Freundin.“
„Und was war abgesprochen?“
„Nicht viel. Nur dass wir uns hier in den Themseauen treffen sollen. An einem bestimmten toten Wasserarm.“
„Wo sich die Mücken das große Stelldichein geben.“
„Ich kann es nicht ändern.“
„Aber wir können ihn aus dem Weg schaffen.“
Sukos Vorschlag gefiel mir nicht. „Warte mal ab. Ich möchte keinen Stress in die Situation bringen. Justine hat ihn geschickt. Bestimmt nicht, damit er unser Blut trinkt.“
Suko lachte leise. „Ich spüre förmlich, wie er danach lechzt.“
Vor uns und hinter dem geduckt dastehenden Vampir plätscherte Wasser. Der Lampenkegel bewegte sich von der Gestalt des Blutsaugers weg. So sah ich, dass sich lange Grashalme und auch dünne Schilfrohre zur Seite bewegten, geteilt vom Bug eines Ruderboots.
Ich nickte und lächelte zugleich. Gesprochen hatte noch niemand, trotzdem war ich mir sicher, dass Justine Cavallo den Weg von der Wasserseite her zu uns fand. Denn mit ihr waren wir verabredet.
Noch vor einigen Wochen hätte ich mir das nicht träumen lassen. Aber die Rückkehr des Schwarzen Tods hatte vieles verändert und auch Dinge auf den Kopf gestellt. Das Unnormale war zum Normalen geworden. Wir trafen mit Gegnern zusammen und redeten mit ihnen, die wir zuvor lieber vernichtet hätten.
Nun waren wir gezwungen, zusammenzuhalten. Es galt, gegen einen noch mächtigeren Gegner anzugehen, der auch auf diejenigen keine Rücksicht nahm, die eigentlich an seiner Seite hätten stehen müssen. Darauf allerdings hatte er noch nie etwas gegeben. Er war immer seinen eigenen Weg gegangen, schon damals im alten Atlantis. Dort hatte er mit aller Brutalität seine Zeichen gesetzt.
Das Ruderboot glitt noch etwas vor, dann war der Widerstand zu stark, und es blieb stehen.
Im Boot hockte tatsächlich Justine Cavallo. Das Licht erwischte ihr blondes Haar und ließ es noch stärker leuchten. Die Blutsaugerin winkte uns zu.
„Reißt euch zusammen. Denkt an die Sache und nicht daran, meinen Freund auszulöschen.“
„Wir könnten auch dich killen!“
Sie lachte nur, als sie mich gehört hatte.
„Was ist mit ihm?“
„Lasst ihn in Ruhe. Ich hatte Durst. Er wird euch bestimmt nicht angreifen.“
Davon waren wir nicht überzeugt. Ein Vampir konnte sich nicht zurückhalten und seine Triebe unterdrücken. Er würde irgendwann durchdrehen, um an das Blut zu gelangen.
Genau das wussten wir beide. Da war es uns völlig egal, wie die blonde Bestie darüber dachte. Ein existierender Vampir, der keine bestimmten Pläne verfolgte, bildete sowieso eine Gefahr.
Suko verfolgte die gleichen Gedanken wie ich. Er sagte nur: „Überlass mir die Sache.“
„Bitte.“
Mein Freund schob sich an mir vorbei. Die Riemen der Peitsche hatte er schon ausgefahren. Als er seinen rechten Arm anhob, schien der Blutsauger zu merken, was ihm bevorstand.
Mit einer steifen Bewegung drehte er sich zur Seite weg, brach dabei in das Schilf ein und rutschte noch auf dem feuchten Boden aus. So trafen ihn die drei Riemen am nackten Rücken. Der Druck schleuderte ihn noch stärker nach vorn. Er fiel nach vorn, zwischen das Gras und die Schilfhalme. Wir hörten das dumpfe Geräusch, zusammen mit einem Klatschen. Dann war er nicht mehr zu sehen, allerdings zu hören. Als Mensch hätten uns seine Schreie erbarmt, nicht als Vampir. Es war besser, wenn er nicht mehr existierte.
Wir brauchten nicht nachzuschauen, was geschehen war. Er würde im Schlamm liegen bleiben und vergehen. Wir würden seine „Leiche“ später entsorgen.
Justine Cavallo hatte alles mitbekommen. Sie stand sprungbereit in ihrem Kahn und presste durch die Zähne hervor: „Seid ihr jetzt zufrieden?“
„Ja!“, sagte Suko nur. „Wir können gleich mit dir weitermachen.“
„Dann versucht es mal.“
Wir hörten beide ihr Lachen. Sie wusste genau, dass Suko geblufft hatte, denn leider waren wir in manchen Situationen aufeinander angewiesen.
Man kann das Schicksal eben nicht beeinflussen. Die letzten Wochen waren zu turbulent gewesen, aber auch die Cavallo hatte umdenken müssen. Ich konnte mich noch verdammt gut an die Zeiten erinnern, als sie versucht hatte, mich unter allen Umständen leer zu trinken. Es wäre ihr fast gelungen. Nur mit viel Glück hatte ich mein Leben retten können, und sie hatte sich zudem einen Partner gesucht, den aus der Hölle entlassenen Grusel-Star Vincent van Akkeren, der unbedingt Anführer und Großmeister der Templer werden wollte.
Es war ihm nicht gelungen. Gemeinsam mit meinen Freunden in Frankreich hatte ich die Attacken zurückschlagen können. Leider hatte van Akkeren überlebt. Er war wieder zurück, und er hatte sich jetzt einen noch stärkeren Partner ausgesucht, den Schwarzen Tod.
Ihr gemeinsamer Hass auf meine Freunde und mich war schon unbeschreiblich, und tatsächlich war es ihm gelungen, Lady Sarah Goldwyn umzubringen. Ihr Körper lag bereits in der kühlen Graberde.
Ich sorgte für eine Beruhigung der Lage, indem ich fragte: „Was willst du eigentlich von uns?“
„Wir sollten mal reden.“
Ich provozierte sie weiter. „Über was?“
„Es gibt doch eine Zukunft.“
„Für dich nicht“, flüsterte Suko, der Justine am liebsten den Hals umgedreht hätte.
„Leider können wir nicht hineinsehen. Auch du nicht, Justine.“
„Wir sollten trotzdem darüber reden.“
„Also gut, wir kommen.“
„Geh du vor“, murmelte Suko. „Ich gebe dir Rückendeckung. Man weiß ja nie, was noch kommt.“
Der Weg zum Boot war nur kurz. Ich hätte ihn trotzdem gern schwebend zurückgelegt. So brauchte ich nicht durch den Schlamm und durch das ufernahe knöcheltiefe Wasser zu waten.
Die Hitze des Sommers hatte die Themse viel Wasser gekostet. Sie war schmaler geworden. Einige Menschen waren bereits ertrunken, weil sie den Sog der Schiffe unterschätzt hatten.
Wir befanden uns nicht direkt am Fluss, sondern an einem Seitenarm, aber auch hier hatte die große Hitze ihre Spuren hinterlassen und einiges an Wasser verdunstet.
Justine wollte mir ins Boot helfen. Ich lehnte die Hilfe ab und kletterte in das schwankende Gefährt. Suko folgte mir, während die blonde Bestie sich niedergelassen und die beiden Ruder eingezogen hatte.
Ich ließ mich ebenfalls nieder. Suko folgte meinem Beispiel. Wir stellten fest, dass es zu dritt verdammt eng in diesem Kahn war. Justine saß am Heck. Sie schaute uns an, traf aber noch keine Anstalten, das Boot aus dem Uferbereich zu lösen. Ich hatte mittlerweile kalte und klebrige Füße bekommen, und das bei der Wärme.
„Was soll das geben? Eine nächtliche Kahnpartie?“, fragte ich.
„Auch.“
„Da hätte ich mir an deiner Stelle ein besseres Boot ausgesucht, vor allem ein größeres.“
„Wir werden nicht lange unterwegs sein.“
„Dann kennst du das Ziel?“
„Ja.“
„Und wo fahren wir hin?“
Die Cavallo tauchte die Ruderblätter ins Wasser. „Lasst euch überraschen.“
„Es gibt Menschen, die nicht auf Überraschungen stehen“, erklärte Suko. „Denk daran, was mit deinem Artgenossen passiert ist.“
Justine grinste scharf. Sie zeigte ihre helle Zahnreihe. Es waren auch die beiden Spitzen zu sehen. „Ich denke immer daran, aber auch an die Verhältnisse, die sich geändert haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr sie vergessen habt.“
„Nein.“
Die blonde Bestie sagte nichts mehr. Das Blut eines Menschen hatte sie gestärkt. Mit kräftigen Bewegungen stieß sie sich aus der Uferregion ab, und so glitten wir langsam der Mitte des toten Themsearms entgegen. Man hätte die Nacht als romantisch ansehen können, wenn sie nicht so drückend und schwül gewesen wäre. Von einem Wind konnte man leider nicht sprechen. Nur hin und wieder wehte uns ein sehr lauer Luftstrom entgegen, der keine Kühlung brachte.
Der Himmel war nicht völlig klar. Wer Sterne sehen wollte, der musste schon sehr genau hinschauen, weil sie sich zumeist hinter einer Dunstglocke verbargen, die wie ein Schleier unter dem Himmel lag. Der Mond war auch zu sehen, nur stand er als dicke Sichel am Himmel und nicht als heller Kreis, wie es für Vampire eigentlich perfekt gewesen wäre.
In dieser Umgebung kam mir die Nacht besonders dunkel vor. Zwar befanden wir uns noch immer in London, aber die große Stadt schien meilenweit entfernt zu sein. Sie schlief nie, aber die Geräusche, die sie auch bei Dunkelheit abgab, waren hier nicht zu hören. Alles klang gedämpft, auch das Plätschern des Wassers, das zwangsläufig zu hören war, wenn Justine die Ruderblätter eintauchte.
Wir nahmen ihr diese Arbeit nicht ab. Es hätte auch nicht viel gebracht, denn Justine war gegen Erschöpfung gefeit. Vampire sind keine Menschen. Sie atmen nicht, sie können sich nicht verausgaben, und man kann sie mit Robotern vergleichen. So hätte Justine bis ans andere Ende der Stadt rudern können, ohne zusammenzubrechen.
Bis dahin würden wir nicht reisen. Das Ziel lag irgendwo in der Nähe. Auch wenn wir sie danach gefragt hätten, sie würde uns keine Antwort geben.
Justine war in solchen Situationen so etwas wie eine Siegerin. Sie wusste alles, sie kannte sich aus, und sie behielt auch ihr Grinsen bei, worüber ich mich ärgerte.
Tun konnte ich dagegen nichts, denn die verdammten Umstände zwangen uns, zusammenzuhalten.
Dem Schwarzen Tod war ein erster Sieg gelungen, denn ihm gehörte jetzt die Vampirwelt. Er hatte sie eiskalt übernommen. Da hatte auch der große Gegenkampf nichts gebracht. Letztendlich war er stärker gewesen, und er konnte sich noch zusätzlich auf van Akkeren verlassen.
Die Vampirwelt war leer. Die Gestalten, die dort existierten und nach Blut lechzten, waren von anderen zerrissen worden. Die gleichen Wesen hatten auch Lady Sarah getötet. Wobei es sich bei ihnen nicht um Vampire gehandelt hatte, sondern um genmanipulierte Monster, erschaffen von einem uns unbekannten Wissenschaftler, mit dem allerdings unser „Freund“ van Akkeren Kontakt gehabt hatte.
Ich war alles andere als entspannt. Mir erging es ebenso wie Suko. Unsere Köpfe hielten wir nicht still. Wir suchten die dunkle Wasserfläche und die nicht helleren Uferstreifen ab, aber dort war nichts zu erkennen. Buschwerk, hohe Gräser und Schilf. Der Arm war nicht kanalisiert worden, deshalb gab es auch keine Böschung. Dieses Gebiet war praktisch das Auffangbecken für Hochwasser.
Justine Cavallo musste sich mit einem weiteren Problem herumschlagen. Hundertprozentig sicher waren wir uns nicht, aber wahrscheinlich musste sie ohne ihren Partner Will Mallmann auskommen. Dracula II war geflüchtet oder untergetaucht. Dass er nicht mehr existierte, daran glaubten wir nicht. Momentan stand die blonde Bestie ziemlich allein auf der Welt, was ihr bestimmt nicht gefallen konnte.
Wir taten nichts und schwitzten trotzdem. Es gab keinen Flecken an unserem Körper, der nicht irgendwie feucht war. Da reichte es auch nicht, wenn man sich irgendwelche Leinenklamotten anzog. Die Temperaturen waren einfach zu extrem und für Mitteleuropa nicht geschaffen.
Und es gab die Mücken. Wir waren für sie eine langsam dahingleitende Beute. Sie verfolgten uns. Sie umtanzten unsere Köpfe. Sie schwirrten vor den Gesichtern einher. Hin und wieder schlugen wir nach ihnen. Um Justine Cavallo machten sie seltsamerweise einen Bogen. Sie merkten eben, wo sie sich frisches Blut holen konnten und wo nicht.
„Die Nacht über willst du mit uns nicht rudern – oder?“, erkundigte sich Suko.
„Nein.“
„Das beruhigt.“
„Wir sind nicht mehr lange unterwegs.“
„Dann liegt das Ziel hier am Wasser?“
„Richtig, Suko.“
„Also ein Versteck?“
„Das kann sein. Man kann es so nennen. Und ihr solltet es kennenlernen. Da seht ihr, welch großes Vertrauen ich in euch setze.“
„O ja, dafür bedanken wir uns auch.“
„Ihr könnt es bereits sehen, wenn ihr euch dreht. Von euch aus gesehen am linken Ufer.“
Dass sie bluffte, bezweifelten wir. Suko und ich drehten die Köpfe und sahen sofort, was sie mit ihrer Aussage gemeint hatte. Konkretes war nicht zu sehen, aber uns fiel ein etwas hellerer Streifen auf, der wie eine kleine Glocke in der Nacht stand.
„Da, wo das Licht ist?“
„Ja.“
„Und was …?“
„Lass dich überraschen, Suko.“
Vielleicht wären wir im Normalfall nicht so ruhig geblieben, aber die Hitze machte uns träge. Außerdem wirkte Justine nicht eben wie eine Person, die uns jeden Augenblick anfallen würde, um unser Blut zu schlürfen. Sie änderte bereits den Kurs. Von der Mitte des Wasserarms glitten wir auf die Uferregion zu.
Justine ruderte gut. Fast perfekt. Sie tauchte die Blätter ein, ohne dass es großartig spritzte. Sie wurde besser, und es schien ihr auch Spaß zu machen, denn ihr Lächeln deutete darauf hin. Sicher konnte man bei ihr allerdings nicht sein.
Warum wollte sie zum Licht?
Für einen Blutsauger ungewöhnlich. Andererseits musste sie sich mit den neuen Gegebenheiten abfinden. Man hatte ihr die Heimat genommen, und so musste sie sich etwas Neues einfallen lassen, wenn sie am Ball bleiben wollte.
Das tat sie auch. Man konnte ihr vieles nachsagen, an Aufgabe allerdings dachte sie nicht. So lange sie existierte, würde sie kämpfen. Aber sie hatte einen Nachteil. Zwar war sie in der Lage, sich am Tag zu bewegen, aber die Sonne und die Hitze schwächten sie. Da war es schon besser, wenn sie sich verkroch, und deshalb fiel es ihr auch schwer, im Sonnenlicht zu agieren.
Jetzt aber stand sie voll im Saft. Nicht der geringste Kraftverlust beim Rudern. Sie saß mir und Suko gegenüber und zeigte uns ihr kaltes Grinsen. Unsere Blicke blieben zwangsläufig auf ihren Mund gerichtet, der zu einem perfekten Gesicht gehörte, das wie modelliert wirkte. Immer wieder kam mir der Vergleich mit einer Barbie-Puppe in den Sinn, die man allerdings etwas extrem verkleidet hatte. Justine liebte schwarzes dünnes Leder. Auch jetzt trug sie dieses Outfit wie eine zweite Haut. Natürlich mit diesem Ausschnitt, aus dem die Brüste hervorquollen, sodass beinahe die Warzen zu sehen waren.
Ob Hitze oder Kälte, das Outfit brauchte sie nicht zu wechseln, denn eine Blutsaugerin spürt keine Temperaturunterschiede. Was uns Menschen das Leben schwer machte, steckte sie einfach locker weg.
Mich ärgerten im Moment die Mücken. Sie wollten einfach nicht wegbleiben. Ich hatte es mir auch abgewöhnt, nach ihnen zu schlagen, weil es nichts brachte.
Außerdem näherten wir uns unserem Ziel, und das war interessanter.
Das Licht war nicht viel stärker, aber ich konnte mir vorstellen, dass sich an diesem Ort Menschen aufhielten, auch wenn sie noch hinter dem Ufergestrüpp versteckt waren.
Und noch etwas fiel mir auf. Vom Ufer her ragte ein dunkler Gegenstand in den toten Wasserarm hinein. Er schaute aus dem Wasser hervor und war so etwas wie ein Steg, an dem sogar Ruderboote angetäut waren. Man hatte die Leinen um Pfosten gebunden.
„Das ist doch was“, flüsterte ich. „Die Zivilisation hat uns wieder.“
„Sei nicht so voreilig“, warnte Suko.
„Ich bin eben Optimist.“
Darüber konnte er nicht mal lachen. Vielleicht war ihm auch zu warm. Da schränkte man jede Bewegung und jede Reaktion auf ein Minimum ein.
Nach zwei Schlägen holte die Cavallo die beiden Ruder ein. Der Kahn hatte noch Fahrt genug, um auf den Steg zuzugleiten. Mit der Backbordseite schrammte er leicht über das feuchte Holz, stieß noch gegen ein anderes Boot und kam zur Ruhe.
„Da wären wir.“ Justine schlang das Tau um den Pfahl und stand auf. Auch Suko erhob sich. Ich blieb noch so lange sitzen, bis beide das Boot verlassen hatten, dann drückte auch ich mich in die Höhe und betrat den Steg, dessen Holz ziemlich weich geworden war. Er endete auf dem Trockenen. Normalerweise hätte diese Umgebung auch feucht sein müssen, aber die heiße Sonne hatte jeden Wassertropfen aufgesaugt.
„Wohin?“
„Nicht so eilig, John Sinclair. Und ab jetzt sollten wir recht leise sein.“
„Ach, du willst nicht gesehen werden?“