John Sinclair Gespensterkrimi Collection 4 - Horror-Serie - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Gespensterkrimi Collection 4 - Horror-Serie E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

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Fünf gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band


Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.

Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind und erlebe mit, wie die Serie Kultstatus erreichte.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 16 - 20 der John Sinclair Gespensterkrimis:

16 Das Höllenheer

17 Amoklauf der Mumie

18 Horrofest am Galgenhügel

19 Doktor Tod

20 Bruderschaft des Satans


Tausende Fans können nicht irren - über 320 Seiten Horrorspaß garantiert!

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Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 664

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Vincente Ballestar ISBN 978-3-7325-6674-7

Jason Dark

John Sinclair Gespensterkrimi Collection 4 - Horror-Serie

Inhalt

Jason DarkJohn Sinclair Gespensterkrimi - Folge 16Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Das Höllenheer. Die Göttin Kalhori plant eine schreckliche Herrschaft über die Menschen auf der Erde und schickt ihre Schergen aus, um ihre Rückkehr auf die Erde vorzubereiten. Ihre Gefolgsleute sind gesichtslose Wesen in Mönchskutten, die gnadenlos alles töten, was sich ihnen in den Weg stellt. John Sinclair versucht alles, um die Pläne der Göttin zu durchkreuzen. Er findet eine Waffe, mit deren Hilfe er der Göttin entgegentreten kann. Doch um sie wirksam bekämpfen zu können, muss er eine weite Reise ins das Reich der Dämonen antreten John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!.Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 17Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Amoklauf der Mumie. Der bekannte Archäologe Professor Cornelius findet nach langer Suche endlich das Grabmal des An Chor Amon, ein legendärer ägyptischer Pharao. In seiner Gier und in der Absicht, seinen Namen international bekannt zu machen, hebt er die Mumie aus dem Sarg und bringt sie nach London, um sie Fachkollegen aus der ganzen Welt vorzuführen. Doch dann kommt alles anders. Die Mumie erwacht zum Leben, und eine schreckliche Mordserie nimmt ihren Anfang. Niemand kann die mordende Mumie stoppen. Selbst Geisterjäger John Sinclair vom Scotland Yard steht auf verlorenem Posten ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!.Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 18Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Horrorfest am Galgenhügel. 400 Jahre ist es her, seitdem eine aufgehetzte Meute Noah Kilrain und seine Schergen zum Galgenhügel außerhalb eines irischen Dorfes schleppte - unter dem Befehl des Hexenjägers Horace Kennan. In der Gegenwart stolpert die Bibliothekarin Sarah Duffy über einen alten Brief. Handelt es sich um das Vermächtnis Noah Kilrains? Es scheint, als hätte sich der unselige Fluch des Galgenhügels erfüllt, denn sowohl Kilrain als auch sein Widersacher Kennan sind zurückgekehrt, um Rache zu nehmen ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!.Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 19Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Doktor Tod. Zum ersten Mal trifft Geisterjäger John Sinclair auf einen Gegner, der ihm ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist: Doktor Tod. Ein unheimliches Spiegelkabinett ist die Attraktion des Jahrmarktes von Tonbridge, einem kleinen Städtchen südlich von London. Auch Jessica Clay und Hank Dillinger zählen zu dessen Besuchern. Kurze Zeit später werden die beiden blutüberströmt im nahe gelegenen Park aufgefunden. Ein Bekennervideo trifft bei Scotland Yard ein - von Doktor Tod, dem größten Feind der Menschheit! John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!.Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 20Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Bruderschaft des Satans. Seit Jahrhunderten treiben die Teufelsmönche ihr Unwesen. Schaurige Gesänge der Untoten hallen nachts über das Land. Angstvoll ziehen sich die Bewohner der kleinen Dörfer in ihre Häuser zurück. Und Niemand weiß, wer das nächste Opfer sein wird ... Doch es gibt ein Mittel, die Macht der Teufelsmönche zu brechen: Der Kelch des Feuers! Allerdings steht er Hunderte Meilen entfernt in einer von Dämonen bewachten und entweihten Kapelle ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!.Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Über die Serie

Über den Autor

Impressum

Das Höllenheer

Vorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

Das Höllenheer

Die Göttin Kalhori plant eine Herrschaft des Schreckens über die Menschen und schickt ihre Schergen aus, um ihre Rückkehr auf die Erde vorzubereiten. Ihre Gefolgsleute sind gesichtslose Wesen in Mönchskutten, die gnadenlos alles töten, was sich ihnen in den Weg stellt.

John Sinclair will die grausamen Pläne der Göttin durchkreuzen, doch dazu muss er zusammen mit seinem neuen Mitstreiter Mandra Korab ins Reich der Dämonen eindringen!

Irgendwann in der Nacht kam Mary-Lou Nikuta nach Hause.

Sie schloss die Tür des kleinen Einfamilienhauses auf und streifte zuerst die Schuhe von den Füßen. Durch den dunklen Wohnraum ging sie zu der kleinen Treppe, die in das Obergeschoss führte.

Ihre rechte Hand umfasste das Geländer – und …

Mary-Lous Herz machte einen Sprung.

Zwischen ihren Fingern klebte eine glitschige Flüssigkeit.

Die Frau schluckte. Ekel überfiel sie. Sie wandte sich um und hastete zum Lichtschalter, drückte ihn herunter …

Der sternförmige Leuchter an der Decke flammte auf.

Mary-Lou starrte auf ihre Hand. Sie war blutverschmiert!

Wie lange Mary-Lou unbeweglich auf einem Fleck gestanden hatte, wusste sie nicht.

Erst später überfiel sie das Grauen.

Ihr Schrei gellte durch das verlassene Haus und endete in einem leisen Wimmern.

Wie magnetisch wurde ihr Blick von dem blutigen Geländer angezogen.

Das Blut zog sich wie ein dunkelroter Film über den gesamten Handlauf, bis zu dem ersten Knick, der den Beginn eines Ganges anzeigte.

»Ich – ich kann nicht mehr!«, stöhnte die Frau und schlug beide Hände vor das Gesicht.

Die blutige, rechte Handfläche schmierte über ihre Haut. Mary-Lou spürte die klebrige Flüssigkeit und riss die Hände angewidert zurück.

Schluchzend sank sie zusammen. Sie fiel auf den mit dicken Teppichen belegten Boden und vergrub ihr Gesicht in den angewinkelten Armen.

Sie hatte es geahnt! Der grässliche Fluch der Kalhori war Wirklichkeit geworden. Erst hatte sie es nicht wahrhaben wollen, aber jetzt …

Mary-Lou Nikuta hatte sich zum Spaß dieser Sekte angeschlossen. Einer Sekte, die eine schreckliche Dämonengöttin aus dem fernen Tibet verehrte.

Mary-Lou hatte eigentlich nur vorgehabt, etwas Außergewöhnliches zu erleben. Ihr ganzes Dasein war nach dem Tod ihres Mannes sinnlos geworden. Langeweile kroch in ihr Leben. Dann war sie durch Zufall auf die Sekte gestoßen. Jetzt hatte sie wieder eine Aufgabe gehabt. Sie war eingeweiht worden in geheimnisvolle fernöstliche Rituale, hatte sich mit den Lehren der Dämonengöttin Kalhori befasst und war schließlich zu einer Dienerin der Göttin geworden.

Doch dann verlangte man von ihr das erste Opfer.

Sie sollte einen Menschen töten.

Ein junges Mädchen!

Mary-Lou Nikuta hatte abgelehnt. Und ihr war bewusst gewesen, dass dies einem Todesurteil gleichkam. Denn die Rache der Göttin war grauenhaft.

Zwei Wochen waren seitdem vergangen. Wochen, in denen sich nichts ereignet hatte.

Bis zu der heutigen Nacht.

Langsam hob die Frau den Kopf. Noch immer stierte sie aus weit geöffneten Augen auf das blutverschmierte Treppengeländer, und ihr wurde überdeutlich bewusst, dass sie Kalhoris Rache nicht entgehen konnte.

Plötzlich hörte sie Schritte!

Mary-Lou erstarrte.

Die Schritte kamen aus dem Obergeschoss, näherten sich mit einer nahezu brutalen Gleichmäßigkeit.

Mary-Lous Herz pochte rasend.

Wollte man sie jetzt holen? War die Stunde der Vergeltung gekommen?

Die Schritte verstummten.

Mary-Lous Atem ging keuchend. Hatte sie sich das alles nur eingebildet? Spielten die überreizten Nerven ihr einen Streich?

Nein, das blutbesudelte Geländer blieb!

Mary-Lous Blicke wanderten höher, tasteten jede einzelne Stufe ab. Und dann sah sie den Mann!

Groß, drohend und unheimlich stand er vor der letzten Stufe. Das Licht reichte gerade aus, um alles genau erkennen zu können.

Der Mann war ein Mönch! Ein Diener Kalhoris.

Er trug eine gelbe Kutte und hatte die Arme in die weiten Aufschläge seiner Ärmel geschoben. Der Mönch trug eine schreckliche Maske, die das Aussehen eines Vogels hatte. Über dem langen Schnabel wuchsen zwei riesige Augen, in denen rote Kreise flirrten. Der Mund war eine kleine, ovale Öffnung. In unregelmäßigen Abständen quollen heiße Schwaden daraus hervor.

Dieser Mönch war eine Kreatur der Hölle!

Der Unheimliche begann zu sprechen. In einer fremden, uralten Sprache, die Mary-Lou Nikuta nie zuvor gehört hatte und doch plötzlich verstand.

»Du hast der Göttin den Gehorsam verweigert. Und deshalb wird Kalhori dich in ihr finsteres Reich nehmen. Du wirst sterben und doch nicht sterben. Die Qualen des Dämonenreichs werden dir zuteilwerden, und du wirst es bereuen, eine Abtrünnige geworden zu sein!«

Der Mönch setzte sich in Bewegung. Langsam nahm er die Stufen. Wie ein programmierter Roboter. Jedenfalls kannte er nur ein Ziel: der Göttin zu dienen.

Mary-Lou Nikuta schüttelte den Kopf. Ihr dunkles Haar wirbelte hin und her. Sie hatte beide Handflächen auf den Boden gestützt und konnte das Unheimliche nicht begreifen.

Dicht vor der Frau blieb der Mönch stehen.

Seine Hände glitten aus den weiten Ärmeln. Schwarze, verkohlte Haut kam zum Vorschein. Seine Hände sahen aus, als wären sie verbrannt worden. Die Finger waren lang und extrem kräftig, regelrechte Mordwerkzeuge.

Mary-Lou Nikuta sah nur diese Finger. Sie spürte sie schon um ihren Hals und hatte plötzlich das Gefühl, sich übergeben zu müssen.

»Steh auf!«, befahl der Mönch.

Die Frau gehorchte.

Sie bebte an allen Gliedern, lehnte mit dem Rücken gegen die Tür und dachte doch nicht einen Moment an Flucht.

Die rechte Hand des Mönchs verschwand unter seiner gelben Kutte. Als sie wieder hervorkam, hielten die Mörderfinger einen spitzen Stab umklammert.

Der Stab war durchsichtig und funkelte im Lampenlicht in unzähligen Farben.

»Es ist der Stab der Rache«, sagte der Mönch. »Er ist Jahrtausende alt und von der Göttin selbst erschaffen worden. Durch diesen Stab wirst du als Mensch die Hölle der Dämonen kennenlernen, wirst in einem ewigen Feuer dahinsiechen.«

Der Mönch hob den Arm.

Jetzt endlich erwachte Mary-Lou aus ihrer Erstarrung.

»Nein!«, flüsterte sie. »Ich will nicht sterben. Bitte, lass mich leben! Ich werde alles tun, ich werde alles …«

»Zu spät, Abtrünnige!«

Der Stab glitzerte vor Mary-Lous Augen. Sie sah die Spitze, scharf wie ein Diamant.

Mit einer verzweifelten Bewegung warf Mary-Lou Nikuta sich vor, prallte mit einem letzten Aufbäumen gegen die Gestalt des Unheimlichen.

Der Mönch wurde von dem plötzlichen Angriff überrascht. Er wich automatisch zurück.

Dadurch bekam die Frau seine Maske zu fassen.

Mit einem Ruck riss sie sie ab!

Das Entsetzen sprang sie an wie ein Tier.

Der Mönch hatte kein Gesicht!

Eine blaugraue schwammige Fläche bot sich den Augen der Frau. Und plötzlich begann die Fläche zu strahlen, wurde immer heller und schien mit einem leisen Knall zu zerplatzen.

Aber das sah Mary-Lou bereits nicht mehr. Bewusstlos lag sie am Boden.

Ihre Nerven hatten nicht mehr mitgespielt.

Dier Mönch beugte sich über die leblose Frau. Dann stieß er mit dem gläsernen Dolch zu.

Die Göttin Kalhori hatte ihre Rache vollendet.

Schneeflocken tanzten wie kleine, glitzernde Punkte durch die Luft.

Es war kalt, und dazu fegte noch ein schneidender Februarwind über London. Wer in dieser Nacht nicht unbedingt hinaus musste, blieb in der Wohnung.

Anders die beiden Männer.

Sie standen in einer Einfahrt, einigermaßen geschützt vor dem kalten Wind. Sie trugen dicke, fellgefütterte Wintermäntel und hatten die Kragen hochgeschlagen.

»Wenn wir uns hier umsonst die Füße anfrieren, kündige ich dir die Freundschaft«, sagte der große, blondhaarige Mann und unterdrückte gewaltsam ein Niesen.

Sein Begleiter schüttelte den Kopf. »Sei doch nicht so verdammt ungeduldig. Wenn ich sage, dort drüben ist es, dann stimmt das. Mein Informant ist zuverlässig.«

»Wie heißt noch das Sprichwort? Irren ist menschlich.«

»Bei dir vielleicht.«

»Da hast du sogar recht, mein lieber Bill«, erwiderte John Sinclair. »Ich mache den Fehler nicht noch einmal und suche mir dich doch als Freund aus.«

John Sinclair und Bill Conolly beobachteten das Haus schon über zwei Stunden. Bill hatte gehört, dass sich dort eine Sekte versammeln sollte, die irgendeinen Dämon oder den Teufel anbetete. Und John Sinclair interessierte sich immer für solche Dinge.

John Sinclair war Inspektor bei Scotland Yard. Er war praktisch die Ein-Mann-Feuerwehr dieser Organisation und wurde nur dort eingesetzt, wo normale kriminalistische Mittel versagten. Immer wenn etwas Übersinnliches im Spiel war, trat John Sinclair in Aktion. Er hatte in seiner kurzen Laufbahn schon die haarsträubendsten Abenteuer erlebt, die ein normal denkender Mensch kaum begreifen konnte. Dabei war John Sinclair oft nur knapp mit dem Leben davongekommen, und es war immer eine Frage, ob er auch den nächsten Fall überstehen würde, denn wer sich mit der Welt der Geister und Dämonen anlegt, bleibt meistens der zweite Sieger.

John Sinclair war groß, sportlich durchtrainiert und hatte blondes, kurz geschnittenes Haar. Seine Augen blickten meist etwas spöttisch, und um seine Mundwinkel lag immer ein jungenhaftes Lächeln.

Sein Freund Bill Conolly, mit dem er in dieser zugigen Toreinfahrt stand, war Reporter von Beruf. Er arbeitete nach seiner Heirat als freier Mitarbeiter bei allen großen Magazinen der Welt, und was John Sinclair als Beruf hatte, war bei ihm Hobby. Sehr zum Leidwesen seiner jungen, außerordentlich hübschen Frau Sheila, die auch schon in manches Abenteuer mit hineingezogen worden war.

Das Haus, das die beiden Männer beobachteten, lag in einer schmalen Straße im Londoner Stadtteil Soho. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein.

Die Häuser waren schmal und uralt. Die Fassaden waren zum Teil abgeblättert, sodass das Mauerwerk durchkam.

In der Nähe des Hauses, das sie beobachteten, brannte eine alte Laterne, deren Schein jedoch noch nicht einmal den Boden erreichte.

Bis jetzt war noch niemand in das Haus gegangen. Nur einmal war ein Betrunkener daran vorbeigeschlichen.

Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht.

Die Zeit schlich träge dahin. Irgendwo in der Nähe lachte eine Frau. Das Gelächter klang schrill und abgehackt. Wenig später fuhr ein Wagen durch die Straße. Schemenhaft erkannte John vier Männer in dem Fahrzeug. Die Kerle hatten bestimmt auch nicht vor, ihre Großmütter zu besuchen.

»Was hast du deiner Frau eigentlich erzählt?«, fragte John irgendwann.

»Ich wäre mit einem Verleger zum Essen?«

John grinste. »So spät noch?«

»Wir gehen ja indonesisch essen. Mindestens neun Gänge.«

Um Antworten war Bill Conolly nie verlegen.

»Langsam bin ich sauer, Bill. Dein komischer Informant hat dich ganz schön reingelegt.«

»Vielleicht fangen sie erst um Mitternacht an.«

»Dann müssten sie aber allmählich eintrudeln. Außerdem sucht sich kaum eine Sekte solch eine Bruchbude aus.«

»Vielleicht gibt es einen Geheimgang«, vermutete Bill

»Kann ich mir auch nicht so recht vorstellen.«

»Wir können ja mal nachsehen.«

John Sinclair war einverstanden.

Sie verließen die schützende Einfahrt. Augenblicklich peitschte ihnen der nasse Pappschnee ins Gesicht.

Das Schneetreiben wurde immer dichter.

Dann standen sie vor dem Haus.

Es sah aus der Nähe noch älter aus.

Die Männer stellten auch fest, dass das Haus nicht bewohnt war. Jedenfalls gab es keine Namensschilder.

Zu der Tür führten fünf Stufen hoch.

John nahm seine kleine Bleistiftleuchte und ließ sie aufblitzen.

Überrascht pfiff er durch die Zähne. Die Tür war wesentlich stabiler als das Haus selbst. John erkannte eine gebogene Klinke und darunter ein hochmodernes Sicherheitsschloss.

Das war natürlich interessant. Wer investiert in ein unbewohntes Haus solch ein Schloss? Kaum jemand, es sei denn, er hätte etwas zu verbergen.

Eine Geheimsekte, hatte Bill gesagt. Er konnte recht haben.

»Hast du was gefunden?«, hörte John die Stimme des Reporters.

»Ja. Ein modernes Sicherheitsschloss. Sieh es dir an.«

»Ich glaube, hier ist etwas im Busch. Und was sagt der große Meister?«

»Wir werden zusehen, dass wir in das Haus kommen.«

»Aber wie? Durchs Fenster?«

»Kaum. Wenn die Tür so gesichert ist, wird es bei dem Fenster nicht anders sein. Lass uns mal nachsehen.«

Die Fenster lagen ziemlich hoch. John und Bill mussten sich schon auf die Zehenspitzen stellen, um alles genau unter die Lupe nehmen zu können.

John klopfte mit dem behandschuhten Fingerknöchel gegen die Scheibe.

Das Geräusch klang dumpf, anders als bei normalen Scheiben.

»Das ist Panzerglas«, sagte John Sinclair.

»Dann gibt es wahrscheinlich auch eine Alarmanlage«, meinte Bill.

»Durchaus möglich.«

»Und nun, großer Geisterjäger? Denk mal an meinen Geheimgang.«

John war schon ein Stück zurückgetreten und suchte nach Kellerfenstern.

Dabei warf er zufällig einen Blick die Straße hinauf.

Durch das Schneetreiben sah er zwei große, gelbweiße Flecke. Die Scheinwerfer eines Wagens.

»Da kommt jemand, Bill!«

Der Reporter sprang die Stufen der Treppe hinunter.

Der Wagen näherte sich langsam. Der Motor war kaum zu hören.

Ein ungutes Gefühl veranlasste John, in den Schatten der Hauswand zu treten.

Jetzt war der Wagen heran.

Die Fahrertür wurde aufgestoßen. Ein Mann stieg aus. Er trug eine gelbe Kutte – und …

John fasste nach Bills Arm.

»Sieh dir das Gesicht an!«

Der Reporter schluckte. »Verdammt«, flüsterte er. »Das ist ja gar kein Gesicht. Das ist eine Dämonenfratze.«

Noch hatte der Unheimliche die beiden Männer nicht gesehen. Er wandte sich wieder um und schloss die Fondtür des Wagens auf. Weit beugte er den Oberkörper hinein.

Dann zerrte er irgendetwas vom Rücksitz.

Johns Gesicht wurde hart. Er hatte erkannt, was der Unheimliche aus dem Wagen geholt hatte.

Es war eine Leiche.

Die Leiche einer Frau!

Die Arme baumelten leblos zu beiden Seiten des Körpers hinab, das Haar fiel wie ein dunkler Schleier nach unten.

Der Unheimliche wandte sich um.

Im gleichen Augenblick entdeckte er die Männer. Ganz kurz nur zuckte er zusammen. Dann stieß er einen Zischlaut aus.

John und Bill sprangen vor.

Der Unheimliche ließ die Frau fallen.

Dumpf klatschte der Körper auf das Pflaster.

Und schon krachte ihm Johns mörderischer Schlag in die Dämonenfratze.

Der Mönch wurde zurückgefegt, knallte gegen den Wagen.

Er hatte für einen Moment die Übersicht verloren, doch dann besann er sich auf seine magischen Kräfte.

Ehe John nachsetzen konnte, vollführte der Unheimliche mit der rechten Hand eine kreisförmige Bewegung.

Und plötzlich schoss eine Flammenwand zwischen ihm und John Sinclair hoch.

Der Inspektor prallte zurück. Er sah die Flammen auf sich zuzucken und erkannte darin grässliche Dämonengesichter. Nur Hitze spürte er nicht.

Es war ein kaltes Feuer.

Höllenfeuer!

Blitzschnell breitete sich die Feuerwand aus, raste auf Bill Conolly zu.

Der Reporter stand wie festgenagelt. Zu sehr hatte ihn dieser Vorfall überrascht.

»Bill!!!« Johns Schrei brach sich an den Häuserwänden und kam als lang gezogenes Echo wieder zurück.

Im gleichen Augenblick hatte das Höllenfeuer den Reporter erreicht …

Bill Conolly sah die Flammenwand auf sich zurasen. Er wollte fliehen – doch irgendetwas bannte ihn auf der Stelle.

Eine magische Falle!

Geschaffen von dem unheimlichen Mönch, der durch uralte Zaubersprüche diesen Bann um den Reporter gelegt hatte.

John Sinclair, der dies alles in Sekundenbruchteilen mitbekommen hatte, hechtete auf Bill zu, wollte ihn aus der tödlichen Falle reißen …

Er kam zu spät.

Hart prallte der Inspektor auf das Pflaster, zurückgeworfen von einer unsichtbaren Wand.

Bill Conollys Schreie gellten in seinen Ohren. Das Höllenfeuer überflutete den Reporter wie eine riesige Welle.

Doch dann war alles vorbei.

Von einer Sekunde zur anderen sackte die Flammenwand in sich zusammen und erstarb.

John Sinclair und Bill Conolly lagen auf dem Boden wie tot. Ein teuflisches Gelächter scholl hinter ihnen auf.

Dann wurde ein Motor angelassen. Sekunden später war der Wagen verschwunden.

Erst jetzt wich der Bann.

John fühlte die Kälte durch seine Hosenbeine dringen und zog die Beine an. Hart und schnell ging sein Atem. Torkelnd kam er auf die Füße.

Auch Bill Conolly hatte den dämonischen Schock überwunden. Er zog sich an der Hauswand hoch und schüttelte verwundert den Kopf. Dann sah er den Inspektor.

»Zum Teufel, John, was ist geschehen?«

John Sinclair zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, Bill.«

»Aber dieses Feuer. Es kam auf mich zu. Ich – ich müsste normalerweise verbrannt sein.«

»Tut mir leid, Bill. Aber ich habe keine Erklärung. Noch nicht.«

Es schneite noch immer. Der Flockenwirbel war sogar dichter geworden.

»Mensch, John.« Der Reporter fasste den Arm des Inspektors. »Die Frau. Der Unheimliche hatte sie liegen gelassen.«

Erst jetzt nahm John Sinclair das leblose Bündel am Straßenrand wahr.

Mit ein paar Schritten war er bei der Toten.

Die Frau lag auf dem Bauch.

John drehte sie herum. Die Tote trug einen leichten Mantel und darunter Rock und Bluse.

In Höhe des Herzens klaffte eine Wunde. Sie musste von einem Dolch oder irgendeinem anderen spitzen Gegenstand stammen. So genau konnte John das in der Dunkelheit nicht feststellen. Die Tote hatte langes Haar und war überdurchschnittlich hübsch. Außerdem trug sie keine Schuhe.

»Die Frage ist, was wollte dieser Kerl mit der Toten hier«, sagte Bill Conolly.

John Sinclair nagte nachdenklich an der Unterlippe. »Ich sehe nur eine Möglichkeit. Er wollte sie in das Haus bringen.«

»Aber weshalb? Eine Tote?«

»Das werden wir herausfinden. Komm, fass mal mit an!«

Sie trugen die Leiche in den Hauseingang. »Die Mordkommission können wir später anrufen.«

»Hast du dir die Autonummer gemerkt?«, fragte Bill.

»Nein, ich habe ja kaum den Wagentyp erkannt. Ich vermute, dass es ein französisches Fabrikat war, mehr nicht.«

John wollte noch etwas sagen, als er hörte, wie an der bewussten Haustür von innen ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde.

John und Bill brauchten sich erst gar nicht groß durch Worte zu verständigen. Sie sprangen schnell die paar Stufen hinunter und pressten sich links und rechts des Einganges gegen die Hauswand.

Die Tür schwang zurück.

Sekunden später hörten sie einen überraschten Aufschrei. Die Person hatte die Leiche entdeckt.

Ehe sich der Unbekannte von dem Schock erholen konnte, wunderte er sich ein zweites Mal.

Da standen nämlich zwei Männer vor ihm, wobei einer ihn mit einer kleinen Bleistiftlampe anleuchtete.

Dieser Mann war John Sinclair.

Er sah in ein bärtiges Gesicht mit tiefliegenden Augen und dicht über der Nasenwurzel zusammengewachsenen Brauen. Und – was das Überraschendste war ‒ der Mann trug ebenfalls eine Kutte.

Allerdings eine braune.

Die Tür in seinem Rücken stand jetzt offen. Lichtschein drang aus dem dahinterliegenden Treppenflur und beleuchtete die drei Personen.

»Ich glaube, Sie sind mir eine Erklärung schuldig«, sagte John.

»Ich?« Der Kuttenträger ballte die Fäuste. »Wenn jemand eine Erklärung schuldig ist, dann sind Sie es. Was wollten Sie hier? Einbrechen? Oder eine Leiche vor die Tür legen?« Während dieser Worte deutete er auf die tote Frau.

»Das Letztere stimmt kaum«, erwiderte John. Er griff in seine Manteltasche und zückte den Dienstausweis. »Scotland Yard. Nur damit Sie beruhigt sind.«

Der Kuttenträger erschrak. Für einen winzigen Augenblick flackerte in seinen Augen Angst auf. Doch dann hatte er sich wieder in der Gewalt.

»Ja, dann ist ja alles klar«, sagte er. »Ich hatte angenommen, Sie wären zwei Mörder, die mir hier eine Leiche auf die Stufen gelegt haben. Aber wenn das so ist.«

John Sinclair schüttelte den Kopf. »Für Sie mag alles klar sein. Aber für uns nicht.«

»So …?«, dehnte der Mann.

»Ich hätte da nämlich noch einige Fragen. Zum Beispiel über die Bewohner dieses seltsamen Hauses. Sie können mir sicher Auskunft geben.«

Der Kuttenträger stockte einen Moment. »Ich – äh – ich wohne hier allein. Deshalb sind auch keine Namensschilder angebracht. Ich habe das Haus gekauft, wollte, wie man so schön sagt, meine Ruhe haben.«

John musste innerlich lachen. Diese Ausrede rangierte noch unter dem Wort billig. Aber John ließ den Mann in seinem Glauben, ihn überzeugt zu haben.

»Das sehe ich ein«, sagte der Inspektor. »Übrigens, darf ich Ihren Namen erfahren, Mister?«

»Selbstverständlich. Ich heiße Gordon Fleisher.«

»Gut, Mister Fleisher. Ich möchte doch gern die Mordkommission anrufen. Sie gestatten?«

Mit diesen Worten drängte er sich an dem verdutzten Kuttenträger vorbei.

Gordon Fleisher wandte sich um. »Moment mal, Inspektor. So einfach geht das nicht. Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«

John blieb stehen. »Ich will nicht Ihre Wohnung durchsuchen, sondern nur telefonieren. Wo leben Sie. Im ersten oder zweiten …?«

»Ich habe kein Telefon!«, schrie Fleisher.

»Aber Mister.« John lächelte mokant. »Ein Mann, der Panzerglasscheiben und Sicherheitsschlösser in sein Haus einbauen lässt, hat doch wohl ein Telefon. Es sei denn, er will es nicht zugeben und hat etwas zu verbergen.«

Gordon Fleisher sah seine Felle davonschwimmen. Er drehte durch. Ehe John es verhindern konnte, war seine Hand unter der Kutte verschwunden. Als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine Pistole, Marke Luger.

»Angriff auf einen Yard-Beamten kostet Sie einiges, Mister Fleisher«, sagte John.

Der Kuttenträger lachte. »Wer sagt denn, dass ich Sie nur angreifen will. Ich werde Ihnen eine Kugel durch Ihren dummen Polizistenschädel blasen.«

Der Kuttenträger ging vor, wollte sich noch besseres Schussfeld verschaffen.

Da knallte plötzlich ein brettharter Handkantenschlag auf seinen pistolenbewehrten Arm. Die Waffe wurde ihm aus den Fingern geprellt und schlidderte über den gefliesten Boden. Ehe der Kuttenträger überhaupt zu einer Gegenreaktion kommen konnte, warf ihn Bill Conollys zweiter Schlag gegen die Hauswand.

»Halt!«, rief John, als er sah, dass der Reporter zum dritten Mal ausholen wollte. »Mister Fleisher wird bestimmt genug haben.«

Der Kuttenträger hatte. Wie ein Häufchen Elend hockte er auf dem Boden.

John steckte die Luger ein und zog ihn hoch. Dabei sagte er: »Man soll nie den zweiten Mann vergessen, Mister Fleisher. So, und jetzt werden Sie verstehen, dass wir uns ganz besonders für dieses Haus interessieren. Bill, nimm ihn in den Polizeigriff.«

»Nichts lieber als das«, brummte der Reporter.

Der Flur, in dem sie standen, war ziemlich lang. Etwa auf der Hälfte wurde er breiter, denn von dort führte eine Treppe in die oberen Geschosse. Treppe war zu viel gesagt, denn es waren oft nur noch Holzreste vorhanden.

Oben konnte also niemand hausen. Blieb der Keller. Die Eingangstür lag am Ende des Flures, versteckt in einer kleinen Nische.

Die Tür war offen. Rötlicher Lichtschein enthüllte eine Steintreppe. In der Luft hingen seltsame Gerüche. Sie erinnerten John an Räucherstäbchen aus Indien oder Japan.

Gordon Fleisher ging mit Bill Conolly vor. Die Treppe hatte nur acht Stufen und endete ebenfalls in einem Gang.

Die Wände waren mit schwarzem Samt behangen, auf dem seltsame Figuren und Zeichen dem Betrachter einen Angstschauer über den Rücken jagten.

Es waren Masken aus dem Dämonenreich, grässliche Gestalten, die aus einer anderen Welt kamen und irgendwo auf der Erde verehrt wurden.

Eine Ahnung stieg in John Sinclair auf. Sollte hier die Rückkehr eines Dämons beschworen werden? John wurde unwillkürlich an einen Fall erinnert, in dem es ähnlich zugegangen war und er den Dämonendiener erst im letzten Augenblick in einem dramatischen Kampf in den Unterwasserkanälen von London hatte stellen können.1)

Je weiter sie gingen, umso stärker und intensiver wurde der Geruch.

Vor einem Durchlass blieb Gordon Fleisher stehen. Es war eine Öffnung in der Mauer, die nach oben spitz zulief und ebenfalls durch einen schwarzen Vorhang verdeckt war.

»Los, geh weiter!«, knurrte Bill.

»Nein! Kein Ungeweihter darf diese Stätte betreten!«

Fleishers Stimme klang endgültig. Sie hatte eine Bestimmtheit, wie sie nur Fanatikern zu eigen war.

»Mach ja keinen Ärger, du …«

»Lass ihn, Bill«, sagte John Sinclair. Er ging an den beiden vorbei und schob den Vorhang auseinander.

Die Dunkelheit umfing ihn wie ein Tuch.

Im gleichen Augenblick legten sich zwei Hände um John Sinclairs Hals …

Plötzlich knallte die Kellertür zu!

Das Geräusch klang wie ein Pistolenschuss.

Bill Conolly kreiselte herum. Dabei lockerte er zwangsläufig den Griff, mit dem er Gordon Fleisher festgehalten hatte.

Der Kuttenträger nutzte die Gelegenheit und tauchte zur Seite weg. Mit einer wilden Bewegung machte er sich frei.

»Verdammt, ich …«

Bill kam nicht mehr dazu, weiterzusprechen.

Eine Gestalt kam langsam die Treppe hinunter.

Der rötliche Lichtschein zeichnete deutlich die Konturen einer Frau ab – und …

Bill Conolly stockte der Atem.

Die Frau war niemand anders als die Tote aus dem Hauseingang.

Bill Conolly würgte es im Hals. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er der »Toten« entgegen.

»Das ist doch unmöglich«, krächzte er. »Das kann doch nicht wahr sein …«

Aus einer Ecke hörte er das Kichern des Kuttenträgers.

»Kalhori! Sie wird sich rächen. Wird dich mitnehmen in ihr dämonisches Reich!«

Bill Conolly erschauderte. Überdeutlich erkannte er die Wunde in der Brust der »Toten«. Die Wunde glühte tiefrot. Ein seltsames Strahlen ging von ihr aus.

Wieder hörte er das Kichern des Kuttenträgers. »Die Zeit der Rache ist gekommen. Kalhori holt sich ihre Opfer. Auch du, Elender, wirst in das schreckliche Reich der Göttin eingehen und ihr Diener sein!«

Die Frau war stehen geblieben, starrte Bill Conolly an.

Der Reporter hatte seinen ersten Schreck überwunden. Er wusste, dass er sich in einer Falle befand, war sich aber auch gleichzeitig klar, dass er sich kampflos nie ergeben würde.

Bill suchte nach einer Waffe. Seine Augen tasteten den Gang ab. Die Dämonenfratzen kamen ihm noch schrecklicher vor. Es schien, als würden sie auf einmal leben.

Augen rollten und wurden zu glühenden Punkten. Aus den aufgerissenen Mündern fauchte heißer Dampf, der sich betäubend auf Bills Atemwege legte.

Der Reporter taumelte.

Da sah er auch wieder den Kuttenträger. Gordon Fleisher kam mit seltsam verzerrtem Gesicht auf ihn zu. In den Händen hielt er zwei Messer.

Bill wich zurück, berührte mit dem Rücken den Vorhang, der plötzlich hart wie Stein war.

John ist verloren!, schoss es dem Reporter durch den Kopf.

Die Messer wischten dicht an seinen Augen vorbei. Die »Tote« stimmte plötzlich einen Klagegesang an. Die Sprache war fremdartig und klang grell in Bills Ohren.

Und dann geschah das Unfassbare.

Auf einmal veränderte sich der Boden unter Bills Füßen, wurde weich wie Butter.

Bis zu den Knöcheln sank der Reporter ein. Er wollte seine Beine hochreißen, doch eine andere Gewalt zog ihn mit aller Macht in die Tiefe.

Dicht vor sich sah Bill Gordon Fleishers verzerrtes Gesicht. Auch die »Tote« hatte sich ihm soweit genähert, dass er sie greifen konnte.

Mit einem verzweifelten Ruck warf sich Bill Conolly vor. Er wollte sich an der Kleidung des Kuttenträgers festklammern.

Ein Tritt fegte ihm die Hände zur Seite.

Immer tiefer sackte Bill weg. Die Masse hatte bereits seine Hüften erreicht, näherte sich seinem Brustkasten.

»Das Reich der Dämonen wird dich verschlingen!«, hörte er Gordon Fleishers Stimme.

Der Reporter stieß noch einen gellenden Schrei aus, ehe ihn die wabernde Masse zusammendrückte.

Es war nur eine Frage von Sekunden, bis Bill Conolly endgültig verschwunden sein würde …

Zwei Trunkenbolde drückten sich kichernd in den Hauseingang. Ihnen war ein für ihre Verhältnisse großer Fischzug gelungen. Sie hatten sich zwei Flaschen Whisky besorgt.

»Das wird ein Fest«, sagte der eine und zog den Korken mit den Zähnen heraus. Gierig trank er die scharfe Flüssigkeit. »Hier, Paddy, nimm auch einen Schluck!«

Doch Paddy schüttelte den Kopf.

»Bist du krank?«

»Nee«, erwiderte Paddy. »Aber hier liegt eine.«

»Wo?«

»Hier, auf der letzten Stufe.«

Neugierig beugte sich der andere Trunkenbold nach unten. Er musste sich abstützen, denn er hatte schon vorher einiges verkonsumiert.

»Tatsächlich«, flüsterte er. »Ob die tot ist?«

»Ich glaube, ja.«

»Du, Paddy, die hat einer alle gemacht. Guck mal. Die Brust, die ist ja ganz …«

»Mensch, lass uns abhauen. Nachher kriegen sie uns hoch dran. Du weißt doch, wie die Bullen sind.«

»Wird wohl das Beste sein. Komisch, wer …« Der Betrunkene stutzte. »Mensch, Paddy, die bewegt sich. Die ist gar nicht tot. O Lord.«

Er hatte sich nicht getäuscht. Die »Tote« erhob sich, zog die Tür auf und ging in den dahinterliegenden Flur.

Die beiden Männer standen wie angewachsen. Ihnen schlotterten die Knie.

Doch dann hatten sie den Schreck überwunden. Wie von Furien gehetzt rannten sie los. Paddy fiel unterwegs die Whiskyflasche aus der Manteltasche. Er achtete nicht darauf. Flucht!, war sein einziger Gedanke.

Das Echo ihrer Schritte hallte durch die enge Straße. Sie erreichten die nächste Querstraße, bogen um die Ecke.

»Moment mal, Freunde, nicht so schnell.«

Zwei Polizisten packten mit stahlharten Griffen die beiden Trunkenbolde an den Oberarmen.

»Habt ihr es so eilig?«

»Officer«, keuchte Paddy. »Wir haben eine Leiche entdeckt!«

Jetzt wurden die Polizisten hellhörig.

»Wo?«

»Hier in der Straße, auf einer Treppe. Aber – die Leiche ist wieder aufgestanden.«

»War wohl ’ne Schnapsleiche, was?«

»Nein, Sir. Ich habe – wir haben ja selbst die Wunde gesehen. Fürchterlich. Die Frau war tot.«

Die beiden Beamten sahen sich an.

»Gut, wir werden uns das Haus ansehen. Aber wehe, du hast uns reingelegt, Freundchen.«

Die Betrunkenen schüttelten wie auf Kommando die Köpfe.

Nach einigen Minuten hatten sie das bewusste Haus erreicht. Von einer Leiche war keine Spur.

»Sie – sie ist tatsächlich verschwunden«, stotterte Paddy.

»Am besten, wir sperren euch zur Ausnüchterung in eine Zelle«, sagte einer der Beamten, »und dann …«

Plötzlich zuckte er zusammen. Ein grässlicher Schrei war an seine Ohren gedrungen.

Die Polizisten sahen sich kurz an und stürmten gemeinsam in den Hausflur …

John Sinclairs Schrecken dauerte nicht einmal eine Sekunde. Blitzschnell winkelte er beide Arme an und rammte sie nach hinten.

Die Ellenbogen knallten gegen eine harte widerstandsfähige Masse. Erfolg zeigte sich nicht. Der Griff blieb nach wie vor brutal und gnadenlos.

John wurde die Luft knapp. Aber der Inspektor hatte solche Situationen mehr als einmal erlebt, sodass er nicht gleich in Panik verfiel.

Mit einer fließenden Bewegung riss John die Arme hoch, beugte seinen Oberkörper etwas zurück und bekam die Hände des Würgers zu packen.

Die Gelenke waren hart wie Metall.

Das war kein Mensch, der ihn hier töten wollte.

Kein Atemzug, kein Keuchen oder Schnaufen hörte er von seinem unsichtbaren Gegner. Er spürte nur die mörderischen Krallen, die ihm immer mehr die Luft aus den Lungen pressten.

John Sinclair nahm alle Kraft zusammen.

Praktisch aus dem Stand warf er seinen Oberkörper nach vorn und schleuderte seinen Gegner über sich weg.

Er hörte den Aufprall, der seltsam hart und metallen klang. Luft strömte wieder durch Johns misshandelte Kehle.

Der Inspektor verlor keine Sekunde. Er wollte weg aus dieser Rattenfalle.

Seine Hände tasteten nach dem Vorhang. Doch da war nichts.

Nur glatte kalte Mauer.

Johns Herzschlag stockte.

Und plötzlich wusste er, dass ihn die Dämonen überlistet hatten. Sie hatten durch ihren magischen Zauber alles verändert. John Sinclair war ihr Gefangener.

Dazu kam noch die Dunkelheit. Es war eine pechschwarze Finsternis, die an den Nerven zerrte.

Und irgendwo in diesem Dunkel lauerte ein höllisches Geschöpf, um dem Inspektor den Garaus zu machen.

John ging in die Hocke. Er wollte so wenig Ziel wie möglich bieten. Außerdem atmete er durch den offenen Mund, um sich nicht zu schnell zu verraten.

Aber John wusste selbst, dass dies kaum helfen würde. Ein Dämon war oft in der Lage, im Dunkeln zu sehen.

Aber weshalb griff er nicht an?

John hörte ein eigentümliches Schaben auf dem Boden und ahnte, dass sich der Unheimliche auf ihn zubewegte.

Augenblicklich wechselte der Inspektor die Stellung.

So leise es ging huschte er durch den pechschwarzen Raum. Er hatte die Arme weit ausgestreckt, um jedes Hindernis so schnell wie möglich ausmachen zu können.

Plötzlich berührten seine Hände einen Gegenstand. Blitzschnell tastete John ihn ab.

Das Hindernis entpuppte sich als quadratischer Stein, ähnlich wie ein Opferaltar.

Johns Finger glitten höher, erfassten einen runden Gegenstand.

Im gleichen Augenblick hörte der Inspektor hinter sich ein Geräusch. Der Unheimliche war schon dicht bei ihm.

Was John dazu veranlasste, die Kugel in beide Hände zu nehmen, hätte er später auch nicht zu sagen gewusst.

Er tat es jedenfalls.

Und das war sein Glück.

Ein greller Blitz spaltete plötzlich die herrschende Finsternis. Auf einmal wurde es taghell in dem von dämonischen Fallen verseuchten Raum.

Der Unheimliche hinter John stieß einen irren Schrei aus. Er fiel zurück und riss beide Arme in die Höhe.

Auch John warf sich herum. Die Kugel hielt er dabei fest in der Hand.

Der Unheimliche war bis zur Wand zurückgeschleudert worden. Bläuliche weiße Blitze zuckten auf ihn zu, drangen wie Nadeln in seinen Körper. Er wand sich unter schrecklichen Krämpfen.

John kannte den Unheimlichen.

Es war der Mönch, der vorhin die Leiche der Frau aus dem Wagen geholt hatte. Aber wie war er hierhergekommen?

John erkannte genau die grässliche Dämonenfratze, die glühenden Augen und die Mundöffnung, aus der heißer Brodem kroch.

Mit verzweifelten Bewegungen versuchte der Mönch, den Blitzen zu entkommen. Er schaffte es nicht.

Kraftlos sackte er an der Wand zu Boden. Unmenschliche Schreie drangen aus seinem Mund, als er auf John zu gekrochen kam. Der Inspektor sah das schwarze, verbrannte Fleisch der Arme und schauderte unwillkürlich zusammen.

»Die Kugel«, krächzte der Mönch, »die Kugel der Kalhori. Kein Ungeweihter darf sie in die Hand nehmen. Du musst sie hergeben. Die Göttin – sie wird dich bestrafen.«

Der Mönch hatte fast Johns Hosenbein erreicht. Er streckte die Hand aus, wollte nach dem Inspektor greifen.

John trat ihm gegen den Kopf.

Der Dämon kippte zurück. Ein undefinierbares Geräusch drang aus seinem Mund, seine Glieder zuckten, und plötzlich tanzten kleine Flämmchen auf seiner Kleidung.

Ein mörderischer Todeskampf begann.

Der Mönch verbrannte innerlich. Kein Rauch, nichts war zu sehen.

Nur noch Asche blieb übrig.

John Sinclair atmete schwer.

Nach dem Tode des Unheimlichen hatte die Dunkelheit wieder von dem Raum Besitz ergriffen.

John, der immer noch die Kugel in der Hand hielt, tastete sich vor.

Er bekam den Vorhang zu fassen!

Mit dem Tode des Unheimlichen war auch dieser Spuk vorüber.

Im gleichen Augenblick hörte John einen gellenden Schrei eines Menschen. Ausgestoßen in höchster Verzweiflung.

Der Inspektor riss den Vorhang zurück, gelangte wieder in den dahinter liegenden Kellerflur …

Er erfasste die Situation mit einem Blick.

Bill Conolly steckte fast bis zum Hals in einer wabernden zähen Masse. John sah aber auch zwei Polizisten, die die Treppe heruntergelaufen kamen und von dem mit Messern bewaffneten Gordon Fleisher erwartet wurden.

»John!«, schrie Bill in höchster Not. »Mein Gott, die Masse, sie wird hart. Hilf mir, hilf … ahhh …!«

John Sinclair legte blitzschnell die Kugel auf den Boden, sprang zu dem Reporter und packte ihn unter beide Schultern.

Bill schrie wie am Spieß.

Unter Einsatz seiner letzten Kraft gelang es John, den Reporter aus der erstarrenden Masse zu ziehen.

Dann wandte er sich den beiden Polizisten zu.

Die unbewaffneten Beamten wurden von Gordon Fleisher mit den Messern angegriffen.

Einer der Männer blutete an der Schulter und war vor der Treppe zusammengesunken.

Seinem Kollegen wurde gerade durch einen Messerstich die Uniformhose zerfetzt, und der blitzende Stahl drang ihm ins Bein.

Der Mann fiel auf die Knie, hielt sich mit beiden Händen die Wunde.

Gordon Fleisher lachte siegessicher. Er war bereit, dem Polizisten den tödlichen Stoß zu versetzen.

Da griff John Sinclair ein.

Wie eine Rakete flog er durch die Luft und krachte Fleisher genau in den Rücken.

Gordon Fleisher schlug mit dem Gesicht auf die Treppenstufen. Er brüllte auf. An seine Messer dachte er nicht mehr.

John Sinclair machte kurzen Prozess. Ein genau berechneter Handkantenschlag schickte Fleisher ins Reich der Träume.

Schwer atmend wandte sich Inspektor Sinclair um. Sein Gesicht zuckte. Die vergangenen Minuten waren auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen.

»Wer sind Sie?«, keuchte der Polizist, der die Stichwunde am Bein abbekommen hatte. Er versuchte sich aufzurichten, schaffte es aber nicht.

»Ich bin Inspektor Sinclair«, sagte John.

»Scotland Yard?«, ächzte der Beamte.

»Ja.«

»Da haben wir ja noch mal Schwein gehabt.«

John sah zu Bill Conolly hin. Der Reporter lag auf dem Rücken. Schwer atmend und völlig groggy.

Der Beamte, mit dem John gerade gesprochen hatte, griff hinter seinen Rücken.

»Ich habe Handschellen, Sir. Vielleicht können Sie sie diesem Kerl anlegen.«

»Nichts lieber als das«, erwiderte John und verpasste Gordon Fleisher die stählerne Acht.

»Ich werde versuchen, eine Ambulanz anzurufen«, sagte John und ging die Treppe hinauf.

Die beiden Trunkenbolde, die die Polizisten alarmiert hatten, wollten sich schon verkrümeln, als sie John sahen.

Doch der Inspektor beruhigte sie und fragte nach einer Telefonzelle.

»Hier ist keine. Aber in der nächsten Kellerkneipe finden Sie Telefon.«

John gab den Männern ein wenig Geld, denn es war ihnen anzusehen, dass sie es nötig hatten, und beauftragte sie, die Ambulanz zu benachrichtigen. Er selbst wollte sich nicht unnötig weit von dem Haus entfernen.

Die zwei zogen ab.

John ging wieder hinunter in den Keller.

Das rote geheimnisvolle Licht brannte noch immer. Die grässlichen Masken und Zeichnungen an den Wänden schienen es auszustrahlen. Sie mussten mit irgendeinem Stoff präpariert worden sein.

Bill Conolly ging es wieder besser. Er war aufgestanden und lehnte schweißtriefend an der Wand. Dabei war sein Gesicht bleich wie selten.

»Mensch, John«, keuchte er, »das war knapp!«

Der Inspektor nickte. »Ich weiß.«

Bill schüttelte immer wieder den Kopf. »Was war das, John? Es zog mich auf einmal in die Erde. Und ich konnte nichts dagegen tun. Dann fuchtelte dieser Wahnsinnige noch mit den verdammten Messern herum. Ich dachte, es wäre zu Ende. Und jetzt ist die Stelle wieder hart. Wie Stein.« Bill klopfte mit dem Absatz dagegen.

»Genau kann ich es dir auch nicht sagen«, erwiderte John. »Ich schätze jedoch, es war eine von Dämonen aufgestellte Falle. Dieses Haus ist verseucht. Oder war verseucht«, verbesserte er sich.

Die beiden verletzten Polizisten starrten ihn nur an. Sie konnten das alles nicht begreifen. Von seinem Kampf erzählte John nichts. Er wollte die Männer nicht noch mehr beunruhigen.

»Also ein Hort der Dämonen!«, stellt Bill Conolly fest. »Und das mitten in London. Mein Gott, dass es so etwas gibt.« Dann sah er die Kugel, die John gerade aufhob. »Was ist das für eine Kugel?«

John betrachtete das Beutestück genauer. Die Kugel war etwa handtellergroß. Sie war aus Kristall und leuchtete in allen Farben. Für ihre Größe war sie ziemlich schwer, und John, der in magischen Dingen einigermaßen Bescheid wusste, ahnte, dass diese Kugel ihm weiterhelfen würde. Allerdings musste er erst das Geheimnis ergründen.

»He, bist du stumm«, sagte Bill.

John blickte seinen Freund an. »Ich weiß es noch nicht, was es mit der Kugel auf sich hat. Aber – lass dir gesagt sein, Bill, ich werde es noch herausbekommen.«

Plötzlich stieß Bill Conolly einen überraschten Laut aus. »John, die Tote, sie ist verschwunden.«

»Welche Tote?«

»Die Frau, die dieser Mönch aus dem Wagen geholt hat. Sie war wieder lebendig. Dort!« Bill streckte den Arm aus, »dort ist sie die Treppe hinabgekommen.«

Unwillkürlich blickte John zu den Stufen hin.

Sie waren leer.

Er fragte die Polizisten. »Haben Sie eine Frau gesehen?«

»Mit einer Wunde in der Brust«, fügte Bill hinzu. »Die Wunde leuchtete tiefrot.«

Die Beamten schüttelten den Kopf. Außerdem konnte man an ihren Gesichtsausdrücken erkennen, dass sie diese Geschichte nicht glaubten. Sie klang auch zu unwahrscheinlich.

»Draußen war sie auch nicht«, sagte John nachdenklich.

»Mit anderen Worten, in London läuft eine lebende Leiche herum.«

»So ist es, Bill!«

»Da können wir uns ja auf etwas gefasst machen«, murmelte der Reporter.

Der Polizeiarzt untersuchte Gordon Fleisher noch in der gleichen Nacht und gab ihn anschließend zum Verhör frei.

Natürlich hatte Bill Conolly darauf bestanden, bei dem Verhör zugegen zu sein, und John war schließlich nichts anderes übrig geblieben, als seine Einwilligung zu geben. Er kannte schließlich seinen Freund.

Der Reporter war außergewöhnlich blass. Die überstandenen Erlebnisse steckten noch tief in seinen Knochen. Außerdem hatte er seine Frau angerufen, die von seinem Vorhaben, die weitere Nacht im Yard zu verbringen, nicht gerade begeistert war. Doch Bill blieb hart.

Er fand John Sinclair in dessen Büro. Der Inspektor hockte hinter seinem Schreibtisch und wärmte sich die Hände an einem Plastikbecher mit Automatenkaffee. Die magische Kugel stand vor ihm auf der Schreibtischplatte. Das kalte Leuchtstofflicht brach sich in dem geschliffenen Kristall.

Bill ließ sich auf den Besucherstuhl fallen.

»Wenn du Kaffee willst, musst du ihn dir holen«, sagte John.

»Nee, danke. Wenn ich sehe, dass du dir die Hände daran wärmst, muss die Brühe lauwarm sein.«

»Ist sie auch.«

»Ich hab mit Sheila gesprochen, John. Sie weiß, dass ich die Nacht hier im Yard-Gebäude verbringen werde.« Bill Conolly grinste.

John trank seinen Becher leer. »Okay, dann lass uns gehen.«

Ehe er aufstand, steckte der Inspektor die Kugel in seine Jackentasche. Sie passte gerade hinein.

»Was willst du denn damit?«, fragte Bill.

»Sehen, wie der gute Fleisher darauf reagiert.«

Mit dem Aufzug fuhren die Männer in das weitverzweigte Kellergeschoss, in dem auch die Zellen für Untersuchungshäftlinge lagen.

Laut hallten die Schritte der Männer an den kahlen Wänden wider.

Johns Gesicht war ernst und verschlossen. Er sah einen Fall von ungeheurer Tragweite auf sich zurollen. Schon allein, dass eine lebende Tote in London herumgeisterte, war eine reine Herausforderung an ihn. Der Inspektor hatte, so schnell es ging, die vage Beschreibung der Frau an alle Reviere durchgegeben. Vielleicht war ihnen ein Erfolg beschieden.

John und Bill gelangten in den Trakt für die Untersuchungshäftlinge.

In einer Glaskabine saß ein müder Beamter über einen Krimi gebeugt.

Er sprang sofort auf, als er die Männer sah.

»In welcher Zelle sitzt der Untersuchungshäftling Gordon Fleisher«, fragte John.

»Nummer sechs.«

»Führen Sie uns zu ihm.«

»Jawohl, Sir!«

Der Beamte schloss die große Stahltür zu dem Zellengang auf. Sie war erst nachträglich eingebaut worden, da vier Häftlingen in einem Zeitraum von drei Wochen die Flucht gelungen war.

Zweimal ratschte der Schlüssel des Wärters im Schloss, ehe die Tür mit der Nummer sechs aufgezogen werden konnte.

Es gab einen PVC-Fußboden, einen Tisch, zwei Stühle und ein Klappbett, auf dem einige Magazine und Zeitungen lagen. Nur das kalte Leuchtstofflicht an der Decke störte.

Gordon Fleisher saß auf der Bettkante. Als die Männer eintraten, stand er langsam auf. Auf seinem Gesicht erschien ein lauernder Ausdruck.

»Sie können gehen«, sagte John zu dem Beamten. »Aber lassen Sie den Zellenschlüssel hier.«

»Sir, es ist verboten …«

»Ja, ich weiß. Hier sind jedoch besondere Umstände gegeben, die ich Ihnen nicht näher erläutern kann. Bitte, gehen Sie.«

Der Beamte zog ab.

Bill Conolly musste grinsen.

Gar nicht nach Grinsen zumute war es Gordon Fleisher. Feindselig starrte er die beiden Männer an. »Was wollen Sie hier? Kann man nicht mal nachts seine Ruhe haben?«

»Nicht, wenn so viel auf dem Spiel steht«, erwiderte John.

»Wollen Sie mich verhören?«

»Ja.«

Fleisher lachte. »Na, dann fangen Sie mal an.«

John setzte sich auf einen der Stühle. »So, Mister Fleisher, nun erzählen Sie mal, was es mit dem gewissen Haus und der Göttin Kalhori auf sich hat.«

Fleisher hatte sich wieder auf das Bett fallen lassen. »Gar nichts werde ich sagen!«, zischte er. »Sie können mich nicht reinlegen. Außerdem können Sie mir nichts beweisen.«

»Bewaffneter Angriff auf zwei Polizisten. Einen Mordversuch an einem Scotland-Yard-Beamten. Ist das nichts?«

Gordon Fleishers Gesicht hatte die Farbe gewechselt. Es war jetzt ziemlich bleich. Er hatte wieder die Hände in seine weiten Kuttenärmel vergraben und starrte ins Leere.

John ließ ihm einige Minuten Zeit. Dann sagte er: »Sie wollen also nichts sagen.«

»Genau, denn ich weiß, dass die Göttin stärker ist als Sie.«

John Sinclair lächelte mokant. »Sie reden immer von einer Göttin. Nun, ich weiß nicht, ob sie tatsächlich so stark ist, dann hätte sie so schnell nicht aufgegeben, denn der Mönch, der ja wohl auch zu ihr gehörte, ist von mir besiegt worden.«

Gordon Fleisher sah auf. Ungläubiges Staunen lag in seinem Blick. »Sie haben ihn … besiegt?«

»Ja. Und mir sogar noch ein kleines Souvenir mitgebracht.« John griff in seine rechte Jackentasche und zog die Kugel hervor. »Da, sehen Sie selbst.«

Gordon Fleisher zuckte zusammen. Sein Mund öffnete sich. Er wollte etwas sagen, doch er brachte keinen Ton hervor. Schließlich ächzte er: »Die heilige Kugel. Was machen Sie mit der heiligen Kugel?«

»Ich sagte doch schon, ein Andenken.«

Gordon Fleisher schlug beide Hände vors Gesicht. Er ließ sich plötzlich nach hinten auf das Bett fallen, rollte sich herum und trommelte wild auf der Matratze herum.

»Nehmen Sie die Kugel weg!«, keuchte er. »Bitte, nehmen Sie sie weg. Der Geist der Göttin – er frisst in meinem Gehirn. Ahhh …!«

John Sinclair hatte die Kugel auf den Tisch gelegt und war aufgesprungen. Er packte Gordon Fleisher an beiden Schultern und schüttelte ihn durch.

»Was ist mit der Kugel?«, schrie der Inspektor. »Sagen Sie es mir, und ich stecke sie weg!«

Er wusste, was er hier machte, war hart. Aber es musste sein. Nur so konnte er das Geheimnis ergründen, das wie ein Schleier um die Göttin Kalhori lag.

Gordon Fleisher wimmerte. Aus seinem Mund rann Speichel und benetzte das Bettlaken.

»Was ist mit der Kugel?«, wiederholte John seine Frage. Hart drehte er den Mann auf den Rücken.

John Sinclair zuckte zusammen. Wie hatte sich das Gesicht des Gefangenen verändert!

Seine Augen waren blutunterlaufen, und aus dem halb geöffneten Mund rann ununterbrochen der Speichel.

Welch eine magische Kraft musste diese Kugel haben, dass sie einen Menschen so beeinflussen konnte!

Aber noch war der Schrecken nicht zu Ende.

Plötzlich hörte John hinter seinem Rücken eine raue Stimme: »Du sollst die Kugel wegstecken!«

Der Inspektor wirbelte herum.

Er starrte genau in das dunkle Loch einer Pistolenmündung.

Der Mann, der die Waffe in der Hand hielt, war sein Freund Bill Conolly …

Zwei, drei Sekunden war John sprachlos.

Dann zischte er: »Bist du verrückt, Bill?«

Das Gesicht des Reporters war nur noch eine Maske. Kalt und bleich. Doch in seinen Augen glühte es fanatisch.

John warf einen zweiten Blick zu der Kugel hin. Sie glühte in einem tiefen, dunklen Rot. So stark, dass es den Augen schmerzte.

»Du sollst die Kugel wegstecken!«, schrie Bill. »Oder ich schieße!«

John Sinclair blieb ganz ruhig. Er ahnte, dass auch sein Freund in den Einfluss des magischen Kristalls geraten war.

Der Inspektor näherte sich dem Tisch, streckte die Hand aus.

Er fühlte plötzlich ein leichtes Prickeln in den Fingerspitzen. Ein unsichtbarer Strom schien durch seine Hände zu gleiten.

Bill Conolly starrte ihn unverwandt an, beobachtete jede seiner Bewegungen.

»Bill«, sagte er, »ich möchte dich …«

John sprach nicht mehr weiter. Aus der Drehung heraus schlug er zu. Von ungeheurer Wucht wurde Bills Pistolenhand zur Seite geschleudert. Die Waffe flog dem Reporter aus den Fingern und prallte gegen die Wand.

Mit einem irren Schrei wollte Bill Conolly darauf zustürzen. Doch Sinclair warf sich ihm entgegen. Die beiden Männer prallten zusammen. Bill wurde gegen die Tür geschleudert, und ehe er sich noch fangen konnte, knallte ihm Johns Faust in den Magen. Der Reporter klappte zusammen. Für einen Augenblick war sein Kinn ungedeckt.

John traf genau auf den Punkt.

Bewusstlos sackte Bill Conolly zu Boden.

Schritte trampelten auf dem Flur. Dann schlug jemand gegen die Tür.

»Inspektor Sinclair! Ist alles in Ordnung? Ich muss sonst die Wache alarmieren.«

»Ja, es ist alles klar«, erwiderte John.

Er bückte sich nach der Pistole und steckte sie ein.

Es war die Luger, die er Gordon Fleisher in dem Hausflur abgenommen hatte. John hatte sie nach den Ereignissen Bill Conolly zur Aufbewahrung gegeben. Dass der Reporter sie benützen würde, um ihn erschießen zu wollen, hätte er nie gedacht.

Aber es war ja auch nicht Bill gewesen, sondern der Geist einer anderen.

Der Göttin Kalhori!

Johns Blick fiel auf die Kugel. Sie sah wieder so normal aus wie sonst. Nichts erinnerte mehr an ihre schreckliche Wirkung.

Wirklich nichts?

Der Inspektor trat an das Bett, auf dem noch immer Gordon Fleisher lag.

Der Mann hatte die Finger beider Hände in die Decke verkrallt. Seine Augen standen weit offen. Das Gesicht war schmerzverzerrt.

John Sinclair ahnte Schreckliches.

Er brauchte erst gar nicht zweimal hinzusehen, um zu erkennen, was mit Gordon Fleisher los war.

Er war tot.

Die magische Kugel hatte ihn umgebracht …

Mary-Lou Nikuta irrte durch London.

Sie war tot und lebte trotzdem. Eine paradoxe Kombination, die es nicht geben durfte.

Und doch war es so.

Eine magische Kraft hielt Mary-Lou Nikuta am Leben.

Aber sie merkte auch, dass diese Kraft langsam nachließ, von Minute zu Minute dahinschwand.

Noch immer fiel der Schnee wie ein dichter weißer Schleier vom dunklen Himmel. Die vereinzelten Straßengeräusche hörte Mary-Lou nur gedämpft. Trotz ihrer nackten Füße spürte sie keine Kälte. Sie war gegen Einflüsse, die ihre Haut direkt berührten, unempfindlich.

Die ersten Frühaufsteher gingen schon durch die verschneiten Straßen. An manchen Stellen orgelten Automotoren auf. Stimmen fluchten über das Wetter.

All dies berührte Mary-Lou wenig. Sie kannte nur ein Ziel. Sie musste neue Kraft schöpfen. Und das konnte sie nur durch die Kugel.

Jemand hatte die Kugel in seinen Besitz gebracht und sich damit von dem Haus, in dem sie ihren Platz gehabt hatte, entfernt. Aber die magische Kugel war noch heil. Deutlich, wenn auch nur schwach, spürte Mary-Lou Nikuta die Strahlen.

Instinktiv lief sie den magischen Wellen nach, wie von einem unsichtbaren Band geführt.

Die Strahlen wurden stärker.

Mary-Lou Nikuta beschleunigte ihre Schritte. Sie ließ den Stadtteil Soho hinter sich, gelangte in die am Tage verkehrsreiche Londoner City.

Auch jetzt waren schon einige Wagen unterwegs. Ihre Scheinwerferstrahlen glitten über die Fahrbahnen und berührten die Bürgersteige.

Die »Tote« hielt sich immer außerhalb der Lichtkegel, ging eng an Häuserwände gepresst weiter. Auch mied sie die hellerleuchteten Schaufenster der Geschäfte, nahm lieber Seitenstraßen und tauchte in Toreinfahrten und Nischen unter, wenn ihr jemand zu nahe kam.

Einmal wurde die »Tote« von einer Dirne angehalten.

»He, du, hier ist mein Revier. Scher dich weg, du Rattenbalg, sonst zerkratz ich dir die Visage.«

Mary-Lou Nikuta wandte nur den Kopf. Dabei nahm sie ihre Hand von der Brust, und die große Wunde wurde sichtbar.

Die Dirne kreischte auf und rannte wie von Furien gehetzt davon.

Die »Tote« ging weiter. Die Wellen der magischen Kugel führten sie zielsicher.

Mary-Lou erreichte die Wohnviertel der City. Moderne Apartmenthäuser, oft zehn und mehr Stockwerke.

Immer stärker war das Strahlen geworden.

Die »Tote« begann zu rennen.

Die Wunde in ihrer Brust glühte, der ganze Körper der Untoten sehnte sich nach der Kraft.

Auf einmal blieb sie stehen. Direkt vor einem mehrgeschossigen Apartmenthaus. Ihr Blick wanderte die Fassade hoch. Hinter einigen Fenstern brannte schon Licht. Und dort, in irgendeiner der Wohnungen, musste sich auch die magische Kugel befinden.

Mary-Lou Nikuta ballte die Hände zu Fäusten. Ein unsichtbarer Drang ließ sie auf das gläserne Eingangsportal zugehen.

Die Tür schwang durch Kontakt zurück.

Warme Luft strömte der Toten entgegen. Sie spürte es nicht.

Linker Hand sah sie die unzähligen aluminiumverkleideten Briefkästen. Geradeaus ging es zu den Lifts.

Einer war unten.

Schnell lief Mary-Lou Nikuta darauf zu. Sie wusste auf einmal mit hundertprozentiger Sicherheit, wie weit sie fahren musste, um in den Besitz der Kugel zu gelangen.

Sie zog die Tür auf.

»He, was machen Sie denn da? Zu wem wollen Sie?«

Die »Tote« wandte den Kopf. Der Nachtportier kam angelaufen. Er hatte in einer Ecke des Flures die Blumen gegossen. Die Kanne hielt er während des Laufes in der Hand. Mehrmals schlug der Ausguss gegen sein Knie.

Mary-Lou verschwand im Lift. Sie drückte auf die sechste Etage.

Der Lift glitt hoch.

Durch die beiden Guckfenster sah die »Tote« noch das wütende Gesicht des Nachtportiers.

Eins, zwei, drei …

Schnell glitten die einzelnen Etagen vorbei.

Und immer stärker wurde die magische Ausstrahlungskraft. Ein wohliger Schauer durchfuhr den Körper der »Toten«.

Der Lift stoppte.

Mary-Lou Nikuta drückte gegen die Tür.

Die »Tote« huschte in einen menschenleeren Flur. Er war erleuchtet, und an seinem Ende befand sich ein Lichtschacht.

Die »Tote« zögerte einen Moment, dann wandte sie sich nach rechts. Hier spürte sie die Strahlen am intensivsten.

Die Wände des Flures waren grün gestrichen, die Türen dunkelbraun gebeizt.

Jetzt, da sie am Ziel ihrer Wünsche stand, konnte sie niemand mehr aufhalten.

Türen huschten vorbei.

Urplötzlich blieb die »Tote« stehen. Langsam wandte sie sich um, starrte einige Augenblicke auf das braungebeizte Holz und dann auf das an der Wand befestigte Schild.

Ein Name stand darauf.

John Sinclair!

»Verdammt noch mal, John, du kannst mich doch nicht einfach hier liegen lassen!«

Der Reporter setzte sich wütend im Bett auf. Er schlug mit der Faust auf die Decke und zeigte dann auf seine Kleider, die sorgfältig geordnet auf einem Stuhl lagen. »Man wird hier ja wie ein Baby behandelt.«

John legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Bleib ruhig, Bill, in ein paar Tagen ist alles vorbei.«

»In ein paar Tagen! Wenn ich das schon höre. Wer weiß, wie lange man mich in dieser komischen Klapsmühle behält.«

»Das ist keine Klapsmühle, sondern eines der Krankenzimmer im Yard-Gebäude. Schließlich liegst du nicht umsonst hier.«

Bill Conolly ließ sich zurücksinken. Was ihm John erzählt hatte, klang unglaublich. Er sollte auf seinen besten Freund mit der Pistole angelegt haben, um ihn zu erschießen? Bill konnte das einfach nicht begreifen, obwohl es durchaus möglich war. Dem Reporter fehlte nämlich eine Stunde. So ähnlich war es ihm nach mancher Kneipentour gegangen, nur hatte er sich da wenigstens noch an einige Dinge erinnern können. Aber jetzt? Auf einmal hatte sein Gedächtnis einfach ausgesetzt. Schluss – nur noch gähnende Leere.

John hatte Bill nach dem Niederschlag hierherbringen lassen. Gordon Fleishers Leiche lag bereits auf dem Seziertisch. John war gespannt, was bei einer Untersuchung herauskommen würde. Leider konnte er die Ergebnisse erst morgen Nachmittag bekommen.

»Du willst also wirklich die Sache allein durchstehen«, sagte Bill nach einer Weile.

»Ich muss.«

»Mensch, John, wenn du mich verschaukelst, dann ist was los, das kann ich dir flüstern. Dann spring ich aus dem Bett und bringe den Laden auf Vordermann.«

John musste grinsen. Er kannte schließlich das Temperament seines Freundes. »Beruhig dich, Bill. Es wird dir hier keiner was tun. Außerdem muss Sheila gleich kommen. Sie wird sogar froh sein, dass du mal ein bisschen an die Kette gelegt worden bist.«

»Ja, das glaube ich!«, knurrte Bill. »So, und jetzt hau ab, damit ich dich nicht mehr sehe.« Der Reporter drehte sich auf die andere Seite. »Und das nennt sich Freund!«, schimpfte er.

John war schon fast an der Tür, als ihn Bills Anruf zurückhielt. »Pass auf dich auf, John.«

»Wird schon schiefgehen«, erwiderte der Inspektor zuversichtlich.

Es war genau vier Uhr morgens, als er auf seinen Bentley zuging. Der Wagen stand in der Tiefgarage des Yard-Gebäudes.

Der Inspektor wollte nach Hause fahren und sich noch einige Stunden aufs Ohr legen. Die nächsten Tage versprachen, hart zu werden.

Der Motor des silbergrauen Bentleys schnurrte wie ein zufriedenes Kätzchen. Mit mäßiger Geschwindigkeit rollte John durch das stille London.

Er fuhr den Wagen nicht erst in die Garage, sondern stellte ihn für die kurze Zeit auf einem Parkstreifen vor dem Apartmenthaus ab.

Der Nachtportier stand gähnend neben seinem Kasten.

»Guten Morgen, Inspektor«, sagte er. »Wieder auf Killerjagd gewesen?«

»So ähnlich.«

John schlenderte zu den Lifts und fuhr nach oben. Die Kristallkugel hatte er wieder in seine Jackentasche gesteckt.

Hinterher legte er sie in seinem Apartment auf den Wohnzimmertisch.

Anschließend genehmigte sich John noch einen guten Whisky, zog sich dann aus und verschwand in seinem Bett.

Er schlief sofort ein.

Er wusste nicht, wie lange er gelegen hatte, als ihn ein lautes Summen aus dem Schlaf riss.

John Sinclair war sofort wach. Noch im Dunklen tastete er nach dem Wecker.

»Verdammtes Ding, hör endlich …«

Aber der Wecker war es nicht, der summte.

Es war die Türklingel.

Jetzt wurde John misstrauisch. Wer konnte ihn um diese Zeit noch besuchen? Jemand vom Yard? Wohl kaum, denn die riefen immer an.

Der Inspektor schlüpfte in seinen Morgenmantel und schaltete die Nachttischlampe ein. Dann holte er seine Pistole und verstaute sie in der Tasche des Morgenmantels.