John Sinclair Gespensterkrimi Collection 5 - Horror-Serie - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Gespensterkrimi Collection 5 - Horror-Serie E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

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Fünf gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band


Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.

Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind und erlebe mit, wie die Serie Kultstatus erreichte.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 21 - 25 der John Sinclair Gespensterkrimis:

21 Der See des Schreckens

22 In Satans Diensten

23 Hochzeit der Vampire

24 Doktor Tods Höllenfahrt

25 Wenn der Werwolf heult


Tausende Fans können nicht irren - über 320 Seiten Horrorspaß garantiert!

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Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 695

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Vincente Ballestar ISBN 978-3-7325-6675-4

Jason Dark

John Sinclair Gespensterkrimi Collection 5 - Horror-Serie

Inhalt

Jason DarkJohn Sinclair Gespensterkrimi - Folge 21Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Der See des Schreckens. Ein schreckliches Monster steigt aus den Fluten des Loch Awe. Panik und Grauen brechen in dem kleinen Touristenort neben dem See aus. Wasserleichen gehen um und töten ohne Erbarmen! John Sinclair nimmt den Kampf auf. Doch schon bald muss er erkennen, dass hinter den grauenhaften Ereignissen ein Mann steckt, der ihm kein Unbekannter ist - DOKTOR TOD! John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 22Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! In Satans Diensten. Doktor Tod, der Satansdiener und Menschenhasser, kidnappt Inspektor John Sinclair und erschafft einen Doppelgänger. Während der echte John Sinclair in Spanien um sein Leben kämpft, taucht sein Doppelgänger in London auf und nicht einmal Sinclairs engste Freunde durchschauen das teuflische Spiel ... Hat Doktor Tod den Geisterjäger endgültig in seiner Macht? John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 23Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Hochzeit der Vampire. Horror-TOURS nennt sich das Unternehmen, mit dem man für 200 Sterling nach Transsylvanien reisen kann - in die Heimat des Grafen Dracula. Auch Inspektor John Sinclair ließ es sich nicht nehmen mitzufahren. Sicher, John hatte der ganzen Sache nicht so recht getraut. Als Geisterjäger vom Scotland Yard kann ihn wenig schocken. Doch was dann geschah übertraf seine schlimmsten Erwartungen. Nicht nur das Wiedersehen mit seinem Erzfeind Dr. Tod machte John Sinclair schwer zu schaffen, er wird auch noch Ehrengast auf der Hochzeit der Vampire ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 24Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Doktor Tods Höllenfahrt. Der Regisseur Mike Callahan hatte sich eine ganz besondere Marketingaktion ausgedacht: Die Premiere seines neuen Horrorfilms sollte am Drehort selbst stattfinden - auf Schloss Darwood. Der Plan ging auf und die Veranstaltung wurde eine Sensation! Nicht nur die Filmschauspieler und Statisten waren eingeladen, sondern auch die Presse und viele Ehrengäste. Aber ein Gast kündigte sein Kommen nicht an: Doktor Tod. Und sein Plan ist es die Party zu einem Fest des Schreckens zu verwandeln ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 25Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Wenn der Werwolf heult. In einem Sanatorium an der schottischen Grenze geschieht vermehrt Unheimliches. Man hört Menschen bei Vollmond heulen und wehklagen. Jeden Abend wälzen sich die Patienten auf den Pritschen und versuchen ihre Angst zu unterdrücken. Doch die Angst wird geschürt, Nacht für Nacht! Denn die bedauernswerten Opfer treibt ein unheimlicher Drang in den naheliegenden Wald und lässt sie zu animalischen Bestien werden, die keine Gnade kennen ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Über die Serie

Über den Autor

Impressum

DER SEE DES SCHRECKENS

Vorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

DER SEE DES SCHRECKENS

Ein schreckliches Monster steigt aus den Fluten des Loch Awe. Panik und Grauen brechen in dem kleinen Touristenort neben dem See aus. Wasserleichen tauchen auf und töten ohne Erbarmen!

John Sinclair nimmt den Kampf auf. Doch schon bald muss er erkennen, dass hinter den grauenhaften Ereignissen ein Mann steckt, der ihm kein Unbekannter ist – DOKTOR TOD!

»Und jetzt pass mal auf, Shirley!«

Ted Bulmer stand auf dem weit vorspringenden Baumast. Wie poliertes Silber schimmerte unter ihm die Wasseroberfläche des Sees.

Ted wippte noch ein paar Mal, beugte dann seinen Körper vor und stieß sich kräftig mit den Füßen ab. Für einen winzigen Augenblick schwebte der sonnenbraune Körper waagerecht in der Luft, dann zischte er wie ein Pfeil der Wasseroberfläche entgegen und verschwand. Kaum ein Spritzer flog hoch.

Shirley Adams klatschte begeistert Beifall.

Schon tauchte Ted wieder auf, warf mit einer Kopfbewegung seine nassen Haare aus dem Gesicht, lachte, winkte – und …

Plötzlich drang ein gurgelnder Schrei aus seinem Mund. Teds Gesichtszüge verzerrten sich. Etwas umklammerte seine Beine und zerrte ihn gnadenlos in die Tiefe …

Shirley Adams bekam den grässlichen Vorgang so schnell gar nicht mit. Sie hörte noch den Schrei, und auf einmal war Ted verschwunden.

Ted Bulmer, der beste Schwimmer! Sportskanone Nummer eins! Unmöglich!

Shirleys Gedanken kreisten wie ein Mühlrad.

… er ist ein guter Schwimmer … Herzschlag … Mein Gott, ich muss etwas tun …

Sie tat nichts, starrte aus weit aufgerissenen Augen auf die Wasseroberfläche.

Ein paar Luftblasen stiegen hoch, zerplatzten.

Das war alles.

Und Ted tauchte nicht wieder auf. Wie festgeleimt stand Shirley am sandigen Ufer. Immer noch begriff sie nicht, was geschehen war. Immer noch hoffte sie, Ted würde irgendwann auftauchen und ihr sagen …

Shirleys Gedanken stockten.

Das Wasser geriet plötzlich in Bewegung. Genau dort, wo Ted eingetaucht war.

Sollte er wieder auftauchen?

Erregung packte das Mädchen.

Ein Strudel entstand. Das Wasser schäumte. Der unheimliche Strudel bildete einen Trichter, der bis auf den Grund des Sees zu reichen schien.

Plötzlich war ein gewaltiges Pfeifen zu hören. Eine schwarze Wolke schob sich vor die Sonne. Es wurde dunkel – und kalt.

Gebannt starrte Shirley auf den Wassertrichter, aus dessen unauslotbarer Tiefe eine grässliche Gestalt stieg.

Ein Monster!

Riesengroß und über und über mit Tang und Schlick bedeckt. Grüngraue Haare hingen in dicken Strähnen am Kopf des Monsters herab, bedeckten fast völlig das entstellte Gesicht.

Ein grauenhaftes Maul tat sich auf, aus dem urplötzlich ein schauriges, nervenzerfetzendes Heulen drang.

Das kalte Entsetzen fuhr Shirley Adams bis ins Mark. Sie sah die beiden unförmigen Arme des Monsters, auf denen ein Mensch lag.

Ein Mensch, den sie kannte.

Ted Bulmer!

Noch einmal heulte das Monster auf. Dann verschwand es mit dem Körper des jungen Mannes in der Tiefe des Sees.

Shirley Adams Augen waren geweitet. Die Nerven bis an die äußerste Grenze belastet.

Dann kam der Schock.

Auf einmal drehte sich alles vor ihren Augen. Der Wald, das Wasser, die Wolken.

Einige Herzschläge später stürzte Shirley Adams bewusstlos auf den weichen Sandboden. Ihr rechter Arm war weit vorgestreckt, und die auslaufenden Wellen umspielten ihre Finger.

Das Monster aber war verschwunden. Der See lag ruhig und spiegelglatt in der heißen Mittagssonne. Ein Bild des Friedens.

Doch in der Tiefe lauerte das Verderben …

»Sie kommt zu sich. Endlich!«

Wie aus weiter Ferne hörte Shirley Adams die Männerstimme. Sie hatte das Gefühl, über einem Abgrund zu schweben, wie auf riesigen Händen getragen. Doch plötzlich ließen sie diese Hände los – und …

Shirley öffnete die Augen.

Ein rosiges Gesicht mit einem buschigen Schnäuzer zwischen Oberlippe und Nase sah sie an.

Etwas zu dicke Lippen verzogen sich zu einem sparsamen Lächeln.

»Wieder da, Miss?«

Shirley wollte sich aufrichten, doch sofort begann sich alles vor ihren Augen zu drehen. Sie spürte, dass sie trotz der Sonnenstrahlen fror. Feucht klebte ihr knapper Tanga am Körper. Die zwei Stoffstücke ließen ihre ausgereiften Formen deutlich hervortreten.

Shirley wandte den Kopf. Sie sah einen Rettungswagen. Zwei Männer in weißen Kitteln lehnten daran. Die beiden betrachteten sie ungeniert. Einer stieß hastig den Rauch einer Zigarette aus.

Shirley blickte zur Seite. Wieder sah sie die Augen über sich.

»Ich bin Doktor McGrath«, stellte sich der Mann mit dem Schnurrbart vor.

Shirley öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ein anderer Mann trat in ihr Blickfeld. Er trug eine Uniform, war demnach Polizeibeamter.

Der Uniformierte wandte sich an den Arzt. »Hat sie irgendwas gesagt?«

»Noch nicht.«

»Na ja, wird schon werden.«

»Helfen Sie mir hoch, Doc, bitte«, flüsterte Shirley. »Außerdem friere ich.«

»Holt mal eine Decke«, fuhr der Arzt die beiden Männer an.

Einer verzog sich, kramte in dem Rettungswagen herum und breitete wenig später eine Decke über Shirleys Körper aus.

Der Arzt und der Polizist halfen Shirley auf die Beine. Sie mussten das Mädchen stützen, denn augenblicklich setzte wieder das Schwindelgefühl ein.

»Was ist denn geschehen?«, fragte der Polizist, während sie zu dem Rettungswagen gingen.

Diese Frage wirkte bei Shirley wie ein Startschuss. Sie ruckte herum, umfasste mit ihren Fingern den Arm des Polizisten.

»Ted, Sie müssen ihn retten. Er ist ertrunken. Er ist …« Shirleys Stimme versagte.

»Nun mal langsam«, mahnte der in Ehren ergraute Sergeant, schon seit Jahren Polizeigewaltiger des Ortes. »Was ist genau geschehen?«

»Ted Bulmer, mein Freund, er ist in den See gesprungen. Da, von diesem Ast dort.«

Die Männer wandten unwillkürlich die Köpfe.

»Er sprang in das Wasser – und tauchte nicht mehr auf. Bis das Monster plötzlich kam.«

»Das Monster?« Die Frage des Polizisten klang eher lauernd als überrascht. »Was für ein Monster?«

Shirley zitterte wie Espenlaub.

»Es sah schrecklich aus. Übergroß, mit Tang und Schlick behangen. Und dann die strähnigen Haare. Es hielt was in den Armen. Ted! Meinen Ted. Er war tot, ertrunken. Ich weiß nicht. Vielleicht auch nicht, ach, es ist alles so schrecklich. Ich bin völlig durcheinander.«

»Weiter, Miss …«

»Adams, Shirley Adams.«

»Schön, Miss Adams. Was geschah dann?«

»Dann bin ich ohnmächtig geworden. Das heißt, nachdem das Monster wieder verschwunden war.«

Nach diesem Bericht war es für eine Weile still. Der Arzt warf dem Polizeibeamten bedeutsame Blicke zu. Anscheinend wussten die Männer mehr, als sie zugaben.

Shirleys Atem ging schnell. »Ja, so unternehmen Sie doch was! Sie können doch nicht einfach nur herumstehen. Sie müssen den See absuchen. Vielleicht ist Ted irgendwo angeschwemmt worden. Und er lebt noch. Möglich ist doch alles.«

»Beruhigen Sie sich, Miss Adams. Wir werden alles tun, was in unseren Kräften steht. Aber jetzt werden wir Sie erst mal in das Hospital bringen.«

Shirley schüttelte entschieden den Kopf.

»Nein, ohne mich. Von einer Ohnmacht stirbt niemand. Ich will dabei sein, wenn die Rettungsarbeiten beginnen.«

»Das ist unmöglich, Miss Adams.«

»Warum?« Shirley sah den Polizisten mit flammendem Blick an.

»Wei … weil … nun, Doc, so sagen Sie doch auch mal etwas«, stotterte der Sergeant.

»Weil es für Sie vielleicht einen Schock geben kann, wenn wir die Leiche Ihres Freundes bergen. Ich will damit nicht gesagt haben, dass er tot ist, aber …«

»Sparen Sie sich die Ausreden, Doc! Eine Leiche habe ich schon öfter in meinem Leben gesehen. Ich bin Krankenschwester und in gewissen Sachen nicht gerade zart besaitet. Ich merke aber genau, Sie verbergen etwas. Ich soll nicht dabei sein, unter keinen Umständen. Was ist der Grund?«

»Es gibt keinen Grund«, entgegnete der Sergeant scharf. »So, und jetzt ziehen Sie sich an. Wo sind Ihre Sachen?«

»Sie liegen dort hinter dem Baum.«

»Bitte schön.«

Shirley ging los. Sie spürte fast körperlich die Blicke der Männer in ihrem Nacken. Sie dachte an Ted. Seltsamerweise konnte sie nicht weinen, obwohl ihr Ted doch einiges bedeutet hatte. Aber dieser Unfall, der kein Unfall war … nein, hier stimmte was nicht. Hier sollte etwas verborgen werden. Und sie würde es auch herausfinden.

Shirley schlüpfte in Jeans und Pulli. Aus ihrer gebückten Haltung heraus sah sie, dass die Männer in ein angeregtes Gespräch vertieft waren.

Schließlich wandte sich der Sergeant um und kam auf sie zu.

»Wir brauchen Ihre genauen Personalien, Miss Adams. Und auch die Pension, in der Sie hier wohnen.«

»Ich wohne in keiner Pension«, verriet Shirley. »Ted und ich, wir haben am Südufer des Sees gezeltet. Auf dem großen Campingplatz.«

»Und weshalb sind Sie hier baden gegangen? Dort am Campingplatz gibt es doch ein tadelloses See-Schwimmbad.«

»Das meistens überfüllt ist«, antwortete Shirley lakonisch.

Ihr Blick glitt über den See. Einige Boote kreuzten auf der leicht gekräuselten Wasseroberfläche. Die bunten Segel wirkten wie farbige Tupfer.

Der See war schmal, aber sehr lang. Man konnte das gegenüberliegende Ufer gut erkennen. Dort lag Aweshire, der Touristenort. Aweshire war in den letzten Jahren aus dem Boden gestampft worden, und heute eine Hochburg des schottischen Touristenverkehrs.

Shirley spürte plötzlich eine Gänsehaut über ihren Rücken laufen.

»Sie brauchen mich ja doch nicht mehr«, wandte sie sich an den Sergeant.

»Im Moment nicht, Miss Adams. Aber halten Sie sich weiter zur Verfügung.«

»Ja, natürlich.« Shirley bückte sich und hob Teds Sachen auf.

»Wollen Sie zu Fuß zum Campingplatz laufen?«

»Nein. Unser Wagen steht oben, direkt an dem kleinen Spazierweg.«

»Ist es der knallrote Mini-Cooper?«

»Ja, richtig.«

»Dann sehen Sie zu, dass sie wegkommen. Die Streichholzschachtel parkt nämlich verbotswidrig.«

Shirley überhörte das Wort Streichholzschachtel und kletterte den Hang hoch. Wenig später war sie im Wald verschwunden.

Dr. McGrath hatte sich eine Zigarette angezündet.

»Was hältst du von der Sache, Tim?«

Tim Riordan, der Sergeant, antwortete mit einer Gegenfrage. »Denkst du das Gleiche wie ich?«

»Wahrscheinlich.«

»Dann rechne mal damit, dass der alte Fluch wahrgeworden ist. Ausgerechnet jetzt, wo Aweshire zu einem Touristenzentrum angewachsen ist. Verdammt, verdammt. Aber eins sage ich dir, Doc. Das darf nicht an die große Glocke gehängt werden. Dem Jungen ist nicht zu helfen. Wir werden pro Forma eine Rettungsaktion organisieren, mehr auch nicht. Denn wenn erst einmal die Touristen spitzkriegen, was hier geschehen ist, packen sie ihre Koffer, und wir können sehen, wo wir bleiben.«

Dr. McGrath stimmte da völlig mit dem Polizeibeamten überein.

»Wenn uns nur das Mädchen keinen Ärger macht«, sagte er. »Das ist eine von den energischen Typen. Hast du dir übrigens die Namen der beiden Spaziergänger aufgeschrieben, die uns alarmiert haben?«

»Ja. Sind aber harmlose Leute. Ein Rentnerehepaar aus London.«

»Dann ist ja alles gut. Wenn du mich brauchst, ich bin in meiner Praxis.«

Der Arzt tippte an eine imaginäre Hutkrempe und stieg mit den beiden Gehilfen in den Rettungswagen.

Sergeant Riordan ging zu seinem Motorrad, das er an einen Baum gelehnt hatte. Während er startete, fluchte er leise vor sich hin. Er sah einigen Ärger auf sich zukommen.

Der Sergeant sollte sich nicht geirrt haben, denn Aweshire wurde zur Hölle …

Urplötzlich kam der Schock.

Die Welle der Verzweiflung lief wie ein Stromstoß durch Shirleys Körper. Es war ihr unmöglich, das Lenkrad zu halten und sich zu konzentrieren.

Shirley Adams bremste.

Tränen traten in ihre Augen, und das graue Asphaltband der Straße verschwamm in einem milchigen Schleier.

Shirleys Kopf fiel nach unten. Mit der Stirn knallte sie gegen das Lenkrad. Sie spürte den Aufprall gar nicht.

Ein verzweifeltes Schluchzen schüttelte ihren Körper. Einige ältere Spaziergänger, die vorbeikamen, blickten verwundert in den Wagen und gingen dann kopfschüttelnd weiter. Niemand wollte sich mit den Problemen des anderen belasten.

Nach einer Viertelstunde war der Anfall vorbei. Shirley setzte sich wieder auf. Im Innenspiegel sah sie ihr verquollenes, vom Weinen stark gerötetes Gesicht. Ihre Handtasche stand auf dem Beifahrersitz. Shirley zog ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase.

Mit der Zeit gewann sie wieder an Sicherheit und Selbstvertrauen.

Ted Bulmer war tot. Daran konnte sie nichts mehr ändern. Aber sie konnte seinen Tod rächen, den oder die Mörder fassen.

Shirley dachte an das Monster und daran, wie schwer ihre Aufgabe war. Doch das spielte keine Rolle. Irgendwie würde sie es schon schaffen. Der Polizei traute sie nicht viel zu. Die konnten höchstens einen Hühnerdieb schnappen, große Aktivitäten würde der Sergeant sowieso nicht entfalten, allein schon, um den Ruf dieses Erholungsortes nicht zu gefährden. Nein, von der Seite konnte und wollte sie keine Hilfe bekommen.

Der Mini-Cooper setzte sich langsam wieder in Bewegung. Shirley wollte nicht zum Campingplatz fahren, sondern in den Ort hinein.

Während der Fahrt rauchte sie eine Zigarette.

Shirley Adams war zweiundzwanzig Jahre alt und mit allen Vorzügen der Natur ausgestattet. Ihr Haar trug sie zur modernen Lockenfrisur gedreht. Ihr Gesicht war rund, und die Nase hatte einen leichten Schwung nach oben, was Shirley ein etwas puppenhaftes Aussehen verlieh. Shirleys Lippen waren voll, und der Mund ein wenig zu klein, fand sie.

Aber niemand konnte sich malen, und die ideale Frau musste erst noch geboren werden.

Shirley Adams drückte die Zigarette aus. Sie war inzwischen um den Campingplatz herumgefahren und näherte sich Aweshire.

Die Straße wurde breiter. Wagen kamen ihr entgegen, und eine Horde Rocker überholte sie mit lautem Getöse. Auch diese Typen gab es hier.

Shirley parkte ihren Mini auf dem Marktplatz direkt neben einer Anschlagsäule.

Als sie ausstieg, fingen einige Typen, die sich um einen kleinen Springbrunnen versammelt hatten, zu pfeifen an.

Shirley kümmerte sich nicht darum. Sie schloss ihren Wagen sorgfältig ab und ging durch die wärmende Nachmittagssonne in Richtung See.

Aweshire bestand praktisch aus zwei Teilen. Einmal das Touristenzentrum und zum anderen die eigentliche Altstadt.

Das Touristenzentrum, bestehend aus Hotels und Geschäften, die sich zumeist um den See gruppierten, war erst vor einigen Jahren aus dem Boden gestampft worden. Vorher galt Aweshire praktisch als das Ende der Welt.

Jenseits der Uferpromenade standen die Verkaufspavillons. Es waren Läden, in denen man alles kaufen konnte, zu erhöhten Preisen versteht sich.

Da der See von Bergen umgeben war, waren die Hotels und Pensionen am Hang gebaut worden. Mit Blick auf den Loch Awe. Man sagte den Schotten zwar nass, geizig zu sein, aber die Hoteliers geizten hier wirklich nicht mit ihren Preisen.

Die Altstadt war noch so ursprünglich wie vor Hunderten von Jahren. Hier schien das Leben manchmal stillzustehen. Selbst die vielen Touristen hatten kein Interesse, durch die engen Gassen zu schlendern. Außerdem gab es kaum Kneipen. Selbstverständlich dehnten sich die Hotels immer mehr aus, aber bisher hatten es die Einwohner verstanden, den Rummel von sich fernzuhalten.

Shirley stieg die große Treppe hinunter, die zur Promenade führte.

Spaziergänger bevölkerten die breite Allee. Hohe Bäume warfen Schatten. Alle Bänke waren besetzt. Es war ein friedliches Urlaubsbild, wie es die Prospekte immer versprachen.

Mit schnellen Schritten näherte sich Shirley Adams der Pavillonkette. Ihr Ziel war ein Geschäft, das ganz am Ende der Promenade lag, dicht neben dem kleinen Hafen, in dem die Segel- und Motorboote dümpelten.

Die großen Panoramascheiben blitzten im Sonnenlicht, als Shirley vor dem Schaufenster stehen blieb. Allerlei Sportartikel waren ausgestellt. Vor allen Dingen aber Geräte, die dem Wassersport dienten.

Shirley betrat das Geschäft. Sie war nicht die einzige Kundin, und so musste sie einige Zeit warten und hatte Zeit, sich die Gegenstände genau anzusehen.

Taucherausrüstungen interessierten sie.

Shirley hatte mal einen Tauchkurs mitgemacht und auch mit Erfolg bestanden. Deshalb war dieses Gebiet kein Neuland für sie.

»Kann ich Ihnen helfen, Miss?«, fragte eine ölige Stimme hinter ihrem Rücken.

Shirley wandte den Kopf und sah sich einem verschwitzten Verkäufer gegenüber.

»Ja«, sagte sie, »ich möchte gern eine Taucherausrüstung kaufen.«

»Oh, da kann ich Ihnen einiges zeigen. Bitte folgen Sie mir.«

Sie gingen in den Keller, und nach einer halben Stunde hatte Shirley alles, was sie brauchte. Sogar vier Sauerstoffflaschen.

Shirley bezahlte mit einem Scheck.

Man hatte ihr die Ausrüstung, so gut es ging, eingepackt. Trotzdem war es doch eine unbequeme Schlepperei für das Mädchen. Aber sie hatte ja nicht weit zu gehen. Bis nebenan zu dem Bootsverleiher.

Der Verleiher war ein mickriges Männchen mit einer Nickelbrille. Er wollte Shirley natürlich ein teures Boot andrehen, doch sie entschied sich für ein Schlauchboot mit Außenbordmotor.

Das Mädchen bezahlte die Leihgebühr und ging mit dem Vermieter zur Anlegestelle.

Ihr Boot war ein gelbes Etwas, was auf den Wellen hin- und herschwang.

Der Vermieter probierte den Motor aus. Er lief.

Shirley bedankte sich und packte ihre Sachen in das Boot. Dann knatterte sie los. Das kleine Boot ließ sich gut lenken, und Shirley war sehr zufrieden.

Sie fuhr bis an eine einsame Stelle des Sees und wartete den Anbruch der Dämmerung ab. Sie wollte dann tauchen, wenn kein Betrieb mehr auf dem See war. Sehen konnte sie auch in der Dunkelheit, dafür hatte sie sich einen Scheinwerfer mitgenommen.

Doch Shirley stellte sich alles zu einfach vor, denn die Mächte der Finsternis streckten schon ihre Fühler nach der jungen Frau aus …

Sergeant Riordan schloss hastig die Haustür hinter sich ab. Mit langen Schritten hetzte er die Holztreppe hoch und verschwand in seinem Schlafzimmer.

Er war nass geschwitzt. Das Hemd klebte ihm nur so an seinem Körper. Auch die Uniformjacke wies dunkle Schwitzflecken auf. Riordan zog beides aus.

Sein Blick fiel in den Spiegel. Ein faltiges, von der Sonne gerötetes Gesicht starrte ihn an. Immer mehr wurde dem Beamten bewusst, dass er die fünfzig schon überschritten hatte. Längst waren seine rötlich-blonden Haare weißgrau geworden, und mit den Jahren hatte er Speck angesetzt.

Sergeant Riordan war nie verheiratet gewesen und hatte auch jetzt kein Interesse mehr daran. Außerdem war er keine Schönheit. Sein Gesicht wirkte ziemlich brutal, und die dicke knorpelige Nase war nach zweimaligem Bruch nicht mehr richtig zusammengewachsen.

Riordan ließ sich auf das Bett fallen. In seiner Jacke suchte er nach Zigaretten, fand aber keine.

Der Beamte knurrte wütend und zog die Nachttischschublade auf. Das Reservepäckchen lag neben einem dicken Bündel Geldscheinen.

Beim Anblick der Scheine leuchteten Riordans Augen auf. Schlagartig fiel ihm der Mann ein, den er jetzt eigentlich anrufen musste.

Sergeant Riordan griff zum Telefon. Die Nummer kannte er auswendig.

»Ja?«, fragte nach einigen Sekunden eine metallene Männerstimme.

»Ich bin es, Riordan.«

»Hat alles geklappt?«

Der Sergeant wand sich. »Ja und nein.«

»Was heißt das?«

»Der junge Mann ist verschwunden. Das Monster hat jedoch übersehen, dass es einen Zeugen gegeben hat. Die Freundin des Jungen. Sie ist ziemlich wütend.«

Für einen Augenblick war der Mann auf der anderen Seite still. Doch dann begann er zu fluchen, und Riordan trat ein noch dickerer Schweißfilm auf die Stirn.

Schließlich befahl der Mann: »Das Mädchen muss weg. Verstehen Sie?«

Riordan nickte, obwohl er seinen Gesprächspartner nicht sehen konnte.

»Hören Sie mir überhaupt noch zu, Riordan?«

»Ja, ja, natürlich.«

»Machen Sie nur keinen Mist. Sie dürfen die Sache nicht gefährden. Das Monster und ich würden uns furchtbar rächen. Ich habe bewusst diesen Ort ausgesucht, und Sie sind einer der Wenigen, die nicht sterben werden. Alle anderen sind dem Tod geweiht. Sieben Opfer braucht das Monster. Das wievielte war es jetzt?«

»Das fünfte.«

»Gut, dann sind es ja nur noch zwei!« Der Mann lachte. »Ist auch niemandem etwas aufgefallen?«

»Bis jetzt nicht. Es lagen ja immerhin einige Wochen dazwischen. Und deshalb, meine ich, sollte man mit dem nächsten Opfer warten.«

»Nein, Riordan!«, erklang die metallische Stimme. »Ich will nicht länger warten. Die Menschheit soll endlich von mir erfahren. Das nächste Opfer wird das Mädchen sein.«

»Ja, ganz wie Sie wünschen«, sagte Riordan demütig. »Aber da ist noch etwas?«

»Reden Sie!«

»Wir müssen heute Abend eine Rettungsaktion durchführen. Das heißt Rettungsaktion ist der falsche Ausdruck. Ich habe dem Mädchen versprochen, nach der Leiche ihres Freundes suchen zu lassen. Leider unter Zeugen, und deshalb muss ich so tun als ob.«

»Sie machen aber auch in letzter Zeit nur Mist«, knurrte der Mann. »Können Sie das nicht abwimmeln?«

»Ich will es versuchen.«

»Oder nein, lassen Sie nur. Außerdem ist es nachts sowieso Unsinn, nach einer Leiche zu suchen.«

»Ich weiß, aber am Tage kriege ich die Mannschaft nicht zusammen. Das habe ich dem Mädchen zu verstehen gegeben.«

Der Mann am anderen Ende der Leitung schwieg einige Sekunden. Dann hörte Riordan wieder seine Stimme. Und diesmal klang sie sanft. Tödlich sanft.

»Riordan, Sie machen mir in der letzten Zeit zu viele Fehler. Passen Sie nur auf, dass Sie nicht das siebte Opfer werden. Und blasen Sie diese dämliche Rettungsaktion ab. Ich will das Mädchen! Nur sie.«

»Ja«, krächzte Riordan.

Er wollte noch etwas sagen, doch sein Gesprächspartner hatte aufgelegt.

Sergeant Riordan ließ sich auf sein Bett sinken. Jetzt zündete er sich die Zigarette an. Er befand sich in einem Teufelskreis. Aus purer Neugierde hatte er sich mit einem Mann eingelassen, der einen grauenhaften, uralten Fluch Wirklichkeit werden lassen wollte. Und Riordan hatte sich einfangen lassen, seine Ehre verkauft.

Nervös zog er an seiner Zigarette. Einmal nur hatte er den Mann gesehen. Aber das war in einem Raum gewesen, in dem nur ein Teil erhellt gewesen war. Eben der, wo er gestanden hatte. Der Unbekannte jedoch hatte sich im Dunkeln gehalten. Und bei diesem Unbekannten liefen alle Fäden zusammen. Ein Mann, den niemand kannte und der doch der größte Feind der Menschheit war.

Denn es war kein Geringerer als – Doktor Tod!

Doktor Tod! Eine Person, die alles hasste, was menschlich war.

Nach seiner letzten Niederlage in London hatte er zu einem neuen Schlag ausgeholt.1) Hier oben in Schottland hatte er einen idealen Nährboden für seine Verbrechen gefunden.

Wieder war ihm Asmodis, der Höllenfürst, zu Hilfe gekommen. Er hatte ihn in diese Gegend geschickt. Und überall gab es Menschen, die mit dem Satan praktizierten und die für Geld alles taten.

Wie, zum Beispiel, Sergeant Riordan, von dessen Doppelspiel niemand etwas ahnte.

Der größte Feind dieses unheimlichen Verbrechers war ein gewisser Inspektor Sinclair. Star-Agent von Scotland Yard und gewissermaßen eine Feuerwehr für hochbrisante Fälle. Doch noch wusste dieser Sinclair nicht, dass Doktor Tod wiederaufgetaucht war. Wenn er es merkte, war es zu spät, dann hatte die Hölle schon triumphiert. Noch einmal würde der Inspektor nicht gewinnen.

Doktor Tod wusste, dass in den Tiefen des Loch Awes seit Jahrtausenden ein finsterer Dämon schlummerte. Er hatte ihn geweckt und dafür gesorgt, dass er auch seine Opfer bekam.

Menschenopfer!

Sieben sollten es insgesamt sein. Nach dem siebenten Opfer würde der grausame Dämon den Fluten entsteigen und, vereint mit Doktor Tod, eine Schreckensherrschaft beginnen.

Doktor Tod lächelte, als er daran dachte. Noch fehlten zwei Menschen. Aber das würde sich bald ändern. Zum Glück war auf Tim Riordan Verlass. Wenn dieser Mann Geld sah, dann tat er alles.

Riordan war nicht der einzige Helfer in Aweshire, den Doktor Tod hatte. Es gab noch eine Reihe von Menschen, die geschworen hatten, ihm zu dienen.

Doktor Tod selbst wohnte in einem verlassenen Haus, in der Nähe des Sees. Er hatte das Haus vor einigen Wochen erworben und etwas umgebaut. Außerdem war es mit den modernsten Sicherheitsanlagen versehen worden.

Eigentlich konnte ihm nichts passieren. Er musste nur noch etwas Geduld haben …

Es schellte.

Tim Riordan fuhr erschrocken hoch.

Wieder ging die Klingel.

Riordan stand auf und warf einen Blick durch das Fenster. Die Sonne stand schon tief am Horizont, demnach musste es früher Abend sein.

Riordan lief zur Tür. Er nahm die Treppenstufen und fühlte, wie ihm leicht schwindlig wurde.

Das ist der Kreislauf, dachte er und räusperte sich, um den schlechten Geschmack aus dem Mund zu kriegen.

Als er unten im Flur war, klingelte es zum dritten Mal.

»Ja, ja, ich bin schon da«, knurrte Riordan und schloss die Tür auf.

Auf den Treppenstufen stand Dr. McGrath.

»Nanu, was willst du denn hier?«, wunderte sich der Polizeibeamte und gab gleichzeitig die Tür frei.

McGrath stampfte an ihm vorbei. »Ich dachte, die Rettungsaktion würde beginnen.«

Riordan schloss die Tür. »Ach, ich habe es mir einfach anders überlegt. Es hat doch keinen Zweck. Der Mann ist tot und damit fertig.«

Dr. McGrath war überrascht stehen geblieben.

»Hast du tatsächlich gesagt, du willst alles abblasen?«, fragte er.

Riordan lachte. »Was heißt abblasen? Ich habe noch gar nichts unternommen. Aber ehe du dich aufregst, komm rein, und wir bereden alles in Ruhe.«

»Meinetwegen.«

McGrath ging vor. Er wusste, wo Riordans Wohnzimmer lag, das gleichzeitig auch Arbeitsraum war.

Das Zimmer wirkte wie immer bedrückend auf den Mediziner. Die alten dunklen Möbel, die verstaubten Tapeten, der muffige Geruch – all das trug dazu bei, sich hier nicht gerade wohlzufühlen.

»Willst du was trinken?«

»Nein, danke«, lehnte McGrath ab und ließ sich in einen Sessel fallen. Die Sprungfedern ächzten.

Während Riordan sich einen Whisky einschenkte, gönnte sich der Arzt eine Zigarre. Schon bald schwebten graublaue Rauchschwaden durch den Raum.

»Was ist eigentlich mit dir los, Tim?«, fragte McGrath.

»Wieso? Was soll mit mir los sein? Ich verstehe dich nicht.«

»Nun – du bist zum Beispiel nicht in deinem Büro gewesen. Verschluderst die Dienstzeit, das alles passt eigentlich nicht zu dir. Mir ist aufgefallen, dass du seit einiger Zeit deinen Dienst vernachlässigst. Und zwar auf die übelste Weise. Denk an die fünf Vermissten oder Toten. Man hat nie eine Spur von ihnen gefunden. Das ist doch seltsam. Normalerweise treibt eine Leiche nach gewisser Zeit an die Oberfläche.«

»Du vergisst das Monster«, warf Riordan ein.

»Nein.« Der Arzt stäubte seine Asche ab. »Ich habe es nicht vergessen. Ich kenne auch den Fluch und glaube – im Gegensatz zu vielen anderen – an gewisse überirdische Dinge, aber hier kommt es mir so vor, als wäre das Auftauchen des Monsters gesteuert. Und zwar sehr bewusst. Dabei richtet sich mein Verdacht auch gegen dich, Tim. Nach deinem Benehmen in der letzten Zeit muss ich darauf schließen.«

Der Polizist hatte die Vorwürfe überraschend ruhig aufgenommen. Er sagte nur: »Was wirfst du mir konkret vor, Doc?«

Der Arzt beugte sich über den Tisch, der zwischen den beiden Männern stand.

»Ich habe das Gefühl, Tim, dass du auf der falschen Seite stehst.«

In diesem Moment wurde Riordan klar, dass der Arzt mehr wusste, als er bisher gesagt hatte. Dass er zu einer Gefahr geworden war. Und darum musste er sterben.

Heute noch!

»Was ist?«, drang McGraths Stimme in Riordans Gedanken. »Was sagst du zu den Vorwürfen, die ich dir gemacht habe? Ich bin hier, um mit dir alles zu besprechen.«

Sergeant Riordan wandte dem Arzt das Gesicht zu. Er wunderte sich selbst, wie ruhig er in diesen Augenblicken blieb.

»Es gibt wirklich ein Geheimnis, Doc«, sagte er leise. »Ich werde es dir sagen. Komm mit hoch, in mein Schlafzimmer.«

»Gut.« Dr. McGrath stand auf.

Riordan triumphierte innerlich. Dieser ahnungslose Wicht folgte ihm tatsächlich.

Und in der Nachttischschublade lag sein Messer!

Die Männer gingen die Treppe hoch. Sie sprachen kein Wort, denn zwischen ihnen schien auf einmal eine Wand zu bestehen.

»Setz dich«, sagte Riordan oben im Schlafzimmer und deutete auf einen Stuhl.

Nichtsahnend nahm der Arzt Platz. »So, nun mal raus mit der Sprache, Tim.«

»Moment, Doc, Moment.«

Riordan trat an den kleinen Nachttisch. Er schwitzte plötzlich. Nimm dich zusammen, schrie es in ihm. Ein Stoß mit dem Messer, und er ist nicht mehr.

Riordan zog die Schublade auf. Das feststehende Messer sprang ihm förmlich ins Auge. Es hatte eine schmale, höllisch spitze Klinge. Der Griff war geriffelt und ließ sich gut fassen.

Riordans Finger umklammerten das Messer. Dann riss er die Hand mit einem Ruck aus der Schublade hervor und wirbelte gleichzeitig herum.

Dr. McGrath saß bewegungslos auf seinem Stuhl. Er begriff noch nicht, was Tim Riordan von ihm wollte.

Und als er es merkte, war es zu spät. Da stand der Polizist schon dicht vor ihm, und die Klinge zeigte auf die Brust des Arztes.

»Ja!«, zischte Riordan. »Dein Verdacht war richtig. Hier geht einiges nicht mit rechten Dingen zu. Und ich mische in diesem Spiel gehörig mit. Verstehst du? Aber du weißt zu viel, und deshalb musst du sterben.«

Jetzt erst kam McGrath richtig zu Bewusstsein, dass dieser Mann seinen Tod wollte. Tim Riordan, den er für einen Freund gehalten hatte.

Das durfte nicht wahr sein.

»Aber Tim«, keuchte der Arzt, »komm doch zu dir. Du bist ja verrückt. Du bist ja nicht mehr Herr deiner Sinne.«

Da packte Riordan zu. Sein linker Arm schoss vor, die Faust traf McGraths Gesicht.

Der Arzt kippte vom Stuhl und fiel zu Boden.

Breitbeinig stand Riordan vor ihm. Sein Gesicht hatte sich zu einer Grimasse verzogen.

»Ich werde dich töten!« Leidenschaftslos klang seine Stimme. »Und anschließend deine Leiche dem Monster vorwerfen. Dann braucht es nur noch ein Opfer, um wieder zurückkehren zu können. Und das wird das Mädchen sein.«

»Mensch, Tim, hör auf!«, keuchte McGrath. »Lass uns doch reden, Tim. Lass uns …«

»Nein!«

Wie ein Pistolenschuss hallte das Wort durch den Raum. Und McGrath sah ein, dass er keine Chance mehr hatte. Wenn er sich nicht wehrte.

Noch fühlte sich Riordan sicher.

McGrath war nie in seinem Leben ein Kämpfer gewesen, aber jetzt erwachte doch der Lebenswille in ihm.

Urplötzlich warf er sich gegen Riordans Beine. Der Sergeant fluchte und verlor das Gleichgewicht. Wild ruderte er mit den Armen. McGrath sprang auf, wollte in Richtung Tür rennen.

Auf halbem Weg traf ihn Riordans Faustschlag. Der Arzt wurde zurückgeschmettert und fiel auf das Bett. Blut schoss aus seiner getroffenen Nase.

Mit einem siegessicheren Schrei sprang Riordan vor. Das Messer hielt er in der rechten Hand. Mit aller Macht ließ er es auf McGrath heruntersausen.

Der Arzt bäumte sich auf.

Ein brennender Schmerz schien seine Brust zerreißen zu wollen. Die Wände, die Decke – alles verschwamm vor seinen Augen, löste sich in einen blutigen Nebel auf.

McGrath röchelte. Mit letzter Kraft riss er sich noch einmal zusammen und öffnete die Augen.

Keuchend stand Riordan vor ihm.

»Du … du … hast dich verrechnet, Tim. Ich habe schon längst einen Brief nach Scotland Yard geschrieben und sie auf die Vorfälle hier aufmerksam gemacht. Sie … sie … werden bestimmt jemanden schicken. Und dann bist du … ahh …«

Der Körper des Schwerverletzten bäumte sich noch einmal auf. Einen Lidschlag später war Dr. McGrath tot. Seine glasigen Augen starrten gegen die fleckige Zimmerdecke.

Einige Sekunden blieb Riordan keuchend stehen. Die letzten Worte des Toten brannten in seinem Hirn. Scotland Yard wusste Bescheid. Vielleicht waren die Schnüffler sogar schon hier im Ort. Nein, dann wären sie bestimmt zu ihm gekommen.

Riordan überlegte fieberhaft. Er dachte auch daran, Doktor Tod zu benachrichtigen. Doch dann verwarf er den Gedanken wieder. Noch bestand keine akute Gefahr.

Zuerst musste die Leiche des Arztes einmal weggeschafft werden. Es würde nicht schwierig sein, in der Dunkelheit ungesehen an den See zu gelangen und sie dort ins Wasser zu werfen. Hoffentlich nahm das Monster das Opfer an.

Riordan holte eine alte Decke und wickelte den Toten darin ein. Die Leiche verstaute er im Kofferraum seines Wagens.

Anschließend verwischte er in seiner Wohnung die Spuren und reinigte sich die Hände.

Langsam kehrte die alte Sicherheit wieder zurück. Eigentlich hatte er sich den ersten Mord schwerer vorgestellt. Und wenn alles gut lief, bekam er heute noch das Mädchen zwischen die Finger. Denn diese Shirley Adams konnte ihm als Einzige noch gefährlich werden …

Wie Riesenfinger krochen die langen Schatten der Dämmerung in das Tal. Schlagartig wurde es kühler. Die Sonne leuchtete nur noch als kleiner Zipfel über den Bergen.

Auch die Oberfläche des Sees änderte ihre Farbe. Sonst bleigrau oder silbrig hell, wurde sie jetzt dunkel, fast schwarz. Nur die glitzernden Schaumkronen der Wellen leuchteten dann und wann wie funkelnde Kristalle auf.

Längst hatten die Segel- und Motorboote die beiden am See liegenden Häfen angelaufen. Ein leichter Wind war aufgekommen und strich säuselnd über die Oberfläche des Loch Awe.

In der kleinen Bucht war es still. Unzählige Mücken hatten sich zu Schwärmen vereinigt und flirrten zwischen den Büschen.

Shirley Adams hielt die Zeit für gekommen. Sie hatte bereits ihren Taucheranzug übergestreift, die Schwimmflossen angelegt und auch die beiden Sauerstoffflaschen umgeschnallt.

Das Schlauchboot dümpelte auf den Wellen, die in einem immerwährenden Rhythmus klatschend gegen das Ufer geworfen wurden. Shirley hatte das Boot an einem Baumstamm befestigt. Die Leine war zum Glück lang genug gewesen.

Sie rauchte noch eine letzte Zigarette. Eigentlich war es ja Unsinn, aber sie musste ihre Nervosität irgendwie unter Kontrolle kriegen.

Vergeblich hatte sie bisher auf die offiziellen Rettungsarbeiten gehofft. Aber das hatte Shirley irgendwie vorausgesehen, denn die Worte des Polizisten hatten nicht gerade überzeugend geklungen.

Shirley rauchte in der hohlen Hand. Der Glutpunkt einer Zigarette war oft Hunderte von Metern auszumachen, und das war nicht gerade in Shirleys Sinn.

Nach einigen Minuten schnippte sie die Zigarette ins Wasser, wo sie zischend verglühte.

Dann löste Shirley die Leine und tappte, ungelenk wegen ihrer Schwimmflossen, zu dem kleinen Schlauchboot hin.

Das Boot schaukelte bedrohlich, als Shirley einstieg, sodass sie Mühe hatte, ihr Gleichgewicht zu behalten. Doch alles ging gut.

Shirley zog die Antriebsleine des Außenborders. Es klappte nach dem zweiten Anlauf.

Überlaut kam Shirley das Tuckern des Motors vor. Sie hatte das Gefühl, jeder könne sie hören.

Sicherheitshalber hatte sie noch ein Paddel mitgenommen. Es war an dem Innenwulst des Schlauchbootes befestigt.

Das Boot nahm Fahrt auf. Shirley saß hinten, wo sie auch steuern konnte.

Überraschend schnell stieß sie in die weite Fläche des Sees vor. Das Boot hoppelte über Wellenkämme, und Gischt spritzte auf.

Shirley sah schnell die Berghänge mit der Dunkelheit verschmelzen und spürte auch den kühlen Wind, der ihr Gesicht streifte. Die Luft wurde mit einem Mal feucht und kühl, und es bildete sich Sommernebel.

Es ging alles so rasch, dass sich Shirley im Nu von einer Nebelwand umschlossen sah.

Jetzt konnte sie sich nicht mehr orientieren. Mit Nebel hatte sie nicht gerechnet.

Shirley stellte den Motor ab. Noch ein letztes Tuckern, und dann war es still.

Unheimlich still.

Nicht einmal das Springen der Fische war zu hören. Der Nebel schluckte jedes Geräusch.

Und er wurde noch dichter.

Shirley kam sich plötzlich wie in Watte eingepackt vor. Was sollte sie jetzt machen. Wieder zurück ans Ufer fahren? Das käme einer Aufgabe gleich.

Nein! Shirley schüttelte entschieden den Kopf. Sie würde tauchen und versuchen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Das war sie Ted Bulmer schuldig.

Shirley zog die Taucherbrille über die Augen, blies noch einmal durch das Mundstück und steckte es richtig in den Mund. Dann rollte sie sich über die wulstige Wand des Bootes.

Das Wasser war noch warm. Shirley spürte es an Ihrem Gesicht, das nur zum Teil bedeckt war.

Den Unterwasserscheinwerfer hatte sie sich um den Hals gehängt. Eine Batterie sorgte dafür, dass sie maximal zwei Stunden Licht hatte. Und in dieser Zeit wollte sie es geschafft haben. Nur flüchtig dachte sie daran, dass sie keine Waffe mitgenommen hatte. Nicht einmal ein Messer.

Shirley Adams glitt tiefer, Fische glotzten sie stumm aus großen Augen an. Tang und Algen schwammen vorbei. Das Licht des Scheinwerfers verlor sich in der dunklen Tiefe.

Shirley wollte sehen, dass sie nicht zu weit von dem Boot abkam, denn es würde hinterher schwierig sein, es bei diesem Nebel zu finden.

Das Mädchen hatte sich vorher über die Tiefe des Sees erkundigt. Es war zum Glück nicht so, dass sie einen Druckanzug gebraucht hätte.

Und sie hatte auch von der Stadt gehört, die vor Hunderten von Jahren in den Fluten versunken war. Überreste sollte es noch geben, davon hatten auch viele Taucher erzählt.

Natürlich war dieser See nicht so populär wie Loch Ness, in dem ja bekanntlich ein Ungeheuer hausen sollte, das mittlerweile zu einer Touristenattraktion geworden war. Aber wenn das stimmte, was Shirley gesehen hatte, war Loch Awe wesentlich gefährlicher.

Immer tiefer tauchte die mutige Frau. Längst war das Wasser tintenschwarz, und selbst der starke Lichtstrahl hatte Mühe, die Umgebung einigermaßen zu erhellen.

Die Stille war bedrückend. Shirleys Atem ging ruhig und regelmäßig. Sie beherrschte die Technik, hatte nichts verlernt.

Und dann sah sie den Grund.

Der Lichtschein war auf einen Hügel gefallen, der aus Schlick und Sand bestand.

Shirley schwamm näher. Fische zuckten aus dem Lichtkreis. Manche verharrten auch und glotzten neugierig auf den Ankömmling.

Shirley stoppte und wühlte mit beiden Händen in dem Sand, der zu dichten Wolken aufquoll. Das Wasser wurde noch trüber.

Langsam drang auch die Kälte durch den Anzug. Shirley fröstelte.

Plötzlich ertasteten ihre Hände etwas Hartes. Sie wühlte weiter und hatte nach kurzer Zeit ein Stück Mauer freigelegt.

Gehörte sie zu der versunkenen Stadt?

Jagdfieber erfasste das Mädchen.

Mit ruhigen Bewegungen schwamm sie um den Hügel herum, der auf der Rückseite steil abfiel.

Shirley schwamm in die Tiefe, die dunkel und gefährlich vor ihr lag.

Da geschah es!

Wie aus dem Nichts war plötzlich der Sog da, erfasste Shirleys Körper und zog das Mädchen in die Tiefe.

Shirley stemmte sich verzweifelt dagegen an. Ohne Erfolg. Wie ein Spielball wurde sie hin- und hergeworfen und unaufhaltsam in die gähnende Tiefe gezogen.

In ihren Ohren rauschte es. Einem eisernen Ring gleich legte sich der Druck auf ihren Schädel.

Das ist das Ende, dachte Shirley. Auf einmal war alles vorbei. So schnell wie sie gekommen war, war die Strömung auch wieder verschwunden. Automatisch machte Shirley einige Schwimmbewegungen.

Ihre Lampe brannte noch.

Shirley drehte sich im Kreis – und zuckte vor Überraschung zusammen.

Sie befand sich in der versunkenen Stadt, mitten zwischen den Ruinen.

Sie sah Häuser, die zum Teil sogar noch erhalten waren. Eine dicke gelbgrüne Algenschicht lag über den Mauern. Die Türen und Fensteröffnungen gähnten dem Mädchen entgegen.

Shirley schwamm langsam weiter, hielt genau auf eines der Häuser zu.

Sekunden später tauchte sie in die Türöffnung ein.

Die Atmosphäre war bedrückend. Shirley durchschwamm die einzelnen Zimmer und dachte mit Schaudern daran, dass sie hier eventuell noch Tote finden würde.

Das war nicht der Fall.

Dafür entdeckte sie noch allerlei Gegenstände, die die Menschen damals hatten liegengelassen, bevor die große Flut gekommen war.

Zum Teil waren die Mauern auch zerstört. Balken und Bretter lagen sperrig herum.

Shirley drehte sich. Sie wollte durch eines der Fenster hinausschwimmen.

Im gleichen Augenblick verhielt sie mitten in der Bewegung.

Draußen war ein Schatten am Fenster vorbeigehuscht.

Angst stieg in Shirley hoch. War sie hier unten doch nicht allein?

Ihr Herz klopfte schneller.

Shirley nahm allen Mut zusammen und schwamm auf das Fenster zu.

Es war nichts zu sehen.

War wohl eine Täuschung, dachte sie und wandte sich wieder um. Sie fühlte selbst, dass ihre Nerven nicht mehr die besten waren, und wollte so schnell wie möglich wieder an die Oberfläche.

Nur mit den Beinen bewegte sie sich vorwärts. Schon tauchte das Türrechteck im Licht des Scheinwerfers auf. Es kam Shirley vor wie der Eingang zu einer unbekannten Höhle.

Shirley schwamm durch die Tür. Mit der linken Hand fasste sie nach dem Scheinwerfer an Ihrer Brust, ließ den Lichtstrahl wandern – und …

Das nackte Entsetzen sprang Shirley Adams an.

Vor ihr schwebten fünf Leichen!

Der schnittige Bug des kleinen Motorbootes durchstieß die Nebelwand.

Dieses Wetter kam Sergeant Riordan gerade recht. Niemand würde sehen, wenn er sein grausiges Werk vollendete.

Riordan hielt das kleine Steuer mit beiden Händen fest umklammert. Auf seinem Gesicht lag ein entschlossener Zug. Dieser Mann hatte sich voll und ganz in die Dienste eines Satans gestellt.

Die Leiche des Arztes lag wohlverpackt auf der kleinen Sitzbank. Riordan hatte sie zusätzlich mit Steinen beschwert, damit auch ja nichts schiefging.

Dicht wie Watte schwebte der Nebel über dem See. Nur das Geräusch des Motors war zu hören. Niemand befand sich in Riordans Nähe, der ihn hätte beobachten können.

Der Sergeant kannte den See wie seine Westentasche. Er wusste genau, an welche Stelle er zu fahren hatte.

Nach weiteren fünf Minuten hatte er es geschafft. Hier war der See am tiefsten.

Der Polizist stellte den Motor ab. Noch von der eigenen Fahrt getrieben, schwamm das Boot ein kleines Stück weiter und kam dann zum Stillstand.

Wellen schwappten gegen die Bordwand.

Riordan wandte sich um und ging die zwei Schritte zu der Sitzbank.

Er hatte die Leiche zusätzlich mit den Steinen in einen Sack gesteckt. Der Sack war aus Jute und mehr als haltbar. Beobachtet hatte ihn niemand, und das war gut so. Schließlich genoss Riordan in Aweshire einen besonderen Ruf.

Er lächelte zynisch, als er daran dachte, und packte dann den Sack mit beiden Händen.

Teufel, war das Ding schwer.

Riordan fluchte leise vor sich hin. Er hatte genau fünf Pflastersteine mit hineingetan, und es war nicht gerade leicht, bei dem schwankenden Boot, den Sack über die Bordwand zu hieven.

Doch dann hatte er es geschafft.

Mit einem klatschenden Geräusch berührte der Sack die Wasseroberfläche und versank in der Tiefe.

Riordan blickte ihm einige Sekunden nach.

»Das sechste Opfer«, flüsterte er. Dann wandte er sich ab.

Trotz der kühlen Temperatur lag ein fester Schweißfilm auf seiner Stirn. Die Arbeit hatte ihn ganz schön angestrengt.

Riordan gönnte sich eine Zigarette und nahm einen Schluck Whisky aus der Taschenflasche.

Das scharfe Getränk wärmte ihn bis in die Zehenspitzen.

Riordan wischte sich über den Mund. Dieser verdammte Brief machte ihm doch mehr Sorgen, als er zugeben wollte. Aber vielleicht hatte der Arzt nur geblufft?

Doch Riordan verwarf diesen Gedanken wieder. Nein, McGrath hatte es ernst gemeint. Sicher würde bald jemand vom Yard antanzen und in Aweshire herumschnüffeln. Und sicher war auch, dass der Mann zu ihm kommen würde. Er würde ihm schon die richtige Antwort geben.

Riordan schnippte die Zigarette ins Wasser. Er blickte auf seine Uhr.

Noch eine Stunde bis Mitternacht. Es wurde Zeit, dass er wieder nach Hause kam.

Der Sergeant drückte den Starter. Der Motor blubberte kurz auf und kam dann aber.

Wenig später kurvte Riordan wieder auf dem See herum.

Der Nebel war nicht mehr dichter geworden. Riordan hatte auch kein Licht gesetzt, denn um diese Zeit hatte hier sowieso niemand was zu suchen.

Mit zusammengekniffenen Augen starrte Riordan in die dicken Nebelschwaden.

Plötzlich stutzte er.

Ein gelber Fleck schimmerte auf der Wasserfläche.

Riordan nahm das Gas zurück.

Der Fleck kam näher.

Sergeant Riordan fuhr einen Bogen, stellte den Motor aus und trieb jetzt dem Fleck entgegen.

Der Fluch, den Riordan ausstieß, war nicht gerade salonfähig. Was er insgeheim befürchtet hatte, war eingetreten.

Dieser gelbe Fleck war nichts anderes als ein Schlauchboot.

Aber wo war der Besitzer? Und vor allen Dingen: wer trieb sich um diese Zeit auf dem See herum? Kein normaler Mensch. Es sei denn, er hätte etwas zu verbergen oder wollte etwas herausfinden.

Sergeant Riordan kannte nur eine, die dafür infrage kam.

Shirley Adams!

Bei dem Gedanken an das Mädchen grinste Riordan wölfisch. Der Zufall hatte ihm das siebte Opfer in die Hand gespielt. Eigentlich brauchte er nur zu warten, bis die Kleine auftauchte, und dann …

Riordan tastete nach seinem Messer, das er sicherheitshalber mitgenommen hatte.

Ein Stoß würde reichen, dann war der Weg frei.

Er hieß John Sinclair, war Inspektor bei Scotland Yard, und wurde von seinen Kollegen scherzhaft Geisterjäger genannt.

Diesen Spitznamen hatte er sich in unzähligen Kämpfen mit den Mächten der Finsternis redlich verdient. Was dieser Mann schon erlebt hatte, ging über die Grenzen des Fassbaren. Erst sein letztes Abenteuer mit den Teufelsmönchen hatte ihm alles abverlangt.2)

Dass der Brief des Arztes kein Bluff gewesen war, bewies die Tatsache, dass das Schreiben momentan bei John Sinclair auf dem Schreibtisch lag.

Der Inspektor hatte es schon ein paar Mal gelesen und sich seine Gedanken gemacht.

Aus dem Brief ging hervor, dass es in Aweshire, einem Touristenort in Schottland, nicht geheuer war. Menschen waren auf rätselhafte Weise verschwunden. Der Arzt schrieb von einem Seedämon, der in den Tiefen des Loch Awe lauern sollte.

Für John Sinclair war dieser Brief kein Hirngespinst wie für manch andere. Zu viel hatte er schon erlebt. Schon nach einer Viertelstunde lag der Fall klar. Er würde hinfahren.

Inspektor Sinclair griff zum Telefonhörer und ließ sich mit seinem Chef, Superintendent Powell, verbinden. Wenige Minuten später saß er ihm in dessen Büro gegenüber.

Powell war mit John Sinclairs Einsatz sofort einverstanden und gab ihm die Order, noch heute zu fahren.

John hatte eigentlich vorgehabt, einige ruhige Tage zu verleben, denn sein bester Freund, Bill Conolly, war mit seiner Frau von einer mehrmonatigen Reise aus Süd- und Mittelamerika zurückgekehrt.

Mit Bill Conolly hatte John schon manchen Strauß gefochten, und der Reporter hatte sich immer mit Feuereifer auf einen Fall gestürzt.

Bill Conolly konnte es sich leisten, so zu leben, wie er gerade mochte. Durch seine Heirat hatte er sich unter anderem auch finanziell saniert und arbeitete als freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitschriften in der ganzen Welt. Meistens zeichnete er für die heißesten Reportagen verantwortlich. In den letzten zwei Jahren allerdings hatte er sich mehr auf das Übersinnliche spezialisiert.

John seufzte auf, als er an die große Einweihungsparty dachte, die Bill und seine Frau Sheila geben wollten.

Die beiden hatten sich nach langem Hin und Her ein fantastisches Haus am Stadtrand von London gebaut. Eine Bude mit allen Schikanen, wie Bill immer zu sagen pflegte. Das Haus war während ihrer Abwesenheit fertiggestellt worden.

John griff zum Telefonhörer und wählte Bill Conollys Nummer. Zum Glück war der Reporter selbst am Apparat, denn seine Frau witterte bei Johns Anrufen sofort Unheil.

»Ich bin’s, Bill«, sagte John. »Ich habe eine wirklich interessante Neuigkeit für dich. Du musst die Party heute Abend ohne mich feiern.«

Erst einmal war es ruhig. Dann prustete Bill Conolly los.

»Du bist ja verrückt, Mensch. Wenn du nicht kommst, lass ich den ganzen Mist sausen. Mann, John, stell dich nicht so an! Ich habe extra ’ne Puppe für dich eingeladen. Ein Weib, sage ich dir.« Bill schnalzte mit der Zunge.

John musste grinsen, doch seine Antwort machte Bill klar, dass mit ihm nicht zu rechnen sei.

»Dann hängt dir ein Fall am Hals«, sagte der Reporter.

»Genau.«

Bill pfiff durch die Zähne. »Drei Monate ist es bestimmt her, dass ich mich zum letzten Mal mit Geistern herumgeschlagen habe. Das war mit der Mumie. Wird Zeit, dass ich wieder mitmische, sonst roste ich noch ein. Also, wo geht es hin?«

»Und deine Party?«

»Wird verschoben. Keine Angst, ich mach das schon. Sheila hat bestimmt dafür Verständnis.«

»Da bin ich gar nicht mal so sicher.«

»Lass mich nur machen, alter Geisterjäger. Pass auf. Ich bin in spätestens einer Stunde bei dir. Und dann geht’s ab. Wo fahren wir eigentlich hin?«

»Nach Schottland.«

»Aha. Ins Land der Geister und Gespenster. Also, bis später. Bin schon unterwegs.«

John Sinclair legte lächelnd den Hörer auf. Er hatte gewusst, dass Bill so reagieren würde. Dafür kannte er seinen Freund lange genug. John Sinclair fuhr nach unten und ging in die Tiefgarage, wo sein generalüberholter metallicfarbener Bentley parkte.

Der Inspektor fühlte das gewisse Kribbeln, das ihn immer überfiel, wenn er vor einem neuen Fall stand. Er ahnte allerdings noch nicht, dass er in Aweshire mit seinem größten Feind zusammentreffen würde.

Mit Doktor Tod, dem Mann, dem John Sinclair geschworen hatte, ihn gnadenlos zu vernichten …

Shirley erlebte das perfekte Grauen! Die fünf Gestalten hingen wie von unsichtbaren Fäden gehalten im Wasser. Sanft schwangen die Körper hin und her, in einem schaurigen Rhythmus.

Schreckliche Fratzen starrten Shirley Adams an.

Die Gesichter waren zum Teil zur Unkenntlichkeit aufgedunsen. Das Wasser des Sees hatte an der Haut gefressen. Bei zwei Körpern schimmerten die blanken Wangenknochen durch die Haut.

Doch ein Gesicht erkannte Shirley ganz genau.

Es gehörte zu Ted Bulmer!

Ihr Ted schwang wie eine leblose Puppe vor ihr. Jede Einzelheit erkannte Shirley durch ihre Taucherbrille. Die Augen der Wasserleiche quollen weit aus den Höhlen. Der Mund war halb geöffnet, und die Zunge hing ein Stück über die Unterlippe. Wie zwei Seile baumelten Teds Arme herab.

Einige Sekunden hatte Shirley die grässlichen Gestalten angestarrt. Doch ihr kam es so vor, als wären es Stunden gewesen. Diese Augenblicke prägten sich unauslöschbar in ihrem Bewusstsein fest.

Plötzlich kam Bewegung in die fünf Toten. Sie begannen mit den Beinen zu rudern, schwebten auf Shirley zu. In einer hilflos anmutenden Bewegung streckten sie ihre Arme aus.

Panik überflutete das Girl. Von einem Augenblick zum anderen wich die Starre.

Shirley drehte eine Rolle, schwang sich somit herum und glitt wieder zurück in das Haus.

Zum Glück war Shirley die Strecke schon einmal geschwommen und wusste, wo die größte Fensteröffnung lag.

Lautlos glitt sie in das dazugehörige Zimmer, schreckte einen Fischschwarm auf und drehte sich dem Fenster zu.

Verschwommen sah sie die Öffnung.

Noch ein letzter Schwung mit den Beinen – und …

Der Unheimliche lauerte vor dem Fenster. Leblos glotzten seine Augen. Die Arme waren vorgestreckt. Die Finger zu Krallen gebogen.

Im letzten Augenblick drehte Shirley ab. Wie ein Pfeil glitt sie neben dem Fenster an der Wand hoch, erreichte die Decke und tauchte wieder nach unten der Türöffnung zu.

Erst jetzt kam Shirley zu Bewusstsein, dass die Horror-Gestalten sie eingekesselt hatten. Dass sie so lange in dem Haus bleiben musste, bis ihr Luftvorrat erschöpft war. Und dann …

Unwillkürlich atmete sie schneller. Sie glaubte auf einmal, ersticken zu müssen.

Luftblasen perlten hoch und zerplatzten an der Decke.

Shirley schwamm im Kreis. Es gelang ihr nur mühsam, die Panik niederzukämpfen.

Das nächste Zimmer. Es hatte ebenfalls Fenster. Shirley glitt durch das offene Türrechteck und schwang sofort herum.

Auch hier hockte eine Leiche am Fenster.

Langsam wurde sie verrückt. Wild und unkontrolliert schwamm Shirley in dem versunkenen Haus herum und fand keinen Ausweg aus der Falle.

Die Toten hatten sie eingekreist!

Ein Blick auf die Anzeige machte ihr bewusst, dass der Luftvorrat langsam zu Ende ging.

Wenn sie bis dahin keinen Ausweg gefunden hatte, würde sie elendig ersticken.

Dann hatten die Toten ihr Ziel erreicht!

Shirleys Herz hämmerte wie verrückt. Innerlich betete sie nach einem Ausweg.

Sie schwamm von einem Zimmer ins andere. Es nützte nichts. Die Toten ließen sie nicht aus ihren Krallen.

Jetzt wurde es kritisch. Shirley musste sich etwas einfallen lassen.

Noch fünfzehn Minuten Sauerstoff!

Nun bedauerte sie es, keine Waffe mitgenommen zu haben. Es gab nichts, womit sie sich hätte verteidigen können. Dazu kamen noch ihre angeknacksten Nerven, die kaum einen klaren Gedanken aufkommen ließen.

Shirley wusste nicht, zum wievielten Male sie schon das Haus durchschwommen hatte, als ihr plötzlich etwas auffiel. In der Ecke des ehemaligen Hausflurs stand eine Luke offen. Sie war so schmal, dass nur ein schlanker Mensch hindurchkommen konnte.

Shirley war schlank. Sie setzte alles auf eine Karte, wand sich durch die Öffnung.

Das Mädchen gelangte in den Keller des Hauses. Er war klein, und der Scheinwerfer leuchtete jede Ecke aus.

Auch hier waren die Wände mit Algen und Tang überzogen. Der grüngraue Schleier war mehr als fingerdick. Langsam durchschwamm Shirley den Kellerraum.

Ein paar Fische kreuzten ihren Weg und starrten den Eindringling neugierig an.

Da sah Shirley das Gerümpel. Es lag in einer Ecke des Kellers und war ebenfalls von einer dicken Algenschicht bedeckt.

Shirley tauchte hin, wühlte mit beiden Händen und fand eine mehr als armlange Stange.

Shirleys Augen blitzten hinter der Brille auf, als sie die Stange in der Hand hielt.

Das Mädchen schabte die Algenschicht ab und stellte erfreut fest, dass der Gegenstand aus Eisen war.

Jetzt fühlte sie sich nicht mehr ganz so hilflos.

Für zehn Minuten reichte der Sauerstoff noch!

Shirley verließ den Keller, schwamm wieder nach oben in das eigentliche Haus.

Es hatte sich nichts verändert. Die Gestalten lauerten noch immer vor den Fenstern.

Shirley hatte beide Hände um die Stange gekrallt, bewegte sich nur noch mit den Beinen voran. Sie nahm die Fensteröffnung, die am breitesten war, da sie auch dort eher ausweichen konnte.

Shirley kam es vor, als warte der Tote bereits auf sie.

Langsam schwamm sie näher. Sie hatte sich wieder einigermaßen in der Gewalt und wusste, dass sie jetzt alles geben musste.

Die starren Augen des Toten fixierten ihren Körper. Shirley kam es vor, als würde dieser Blick bis in ihre Seele dringen.

Noch einmal stieß sie sich kräftig mit den Beinen ab. Dann hatte sie das Fenster erreicht.

Zur Hälfte war ihr Oberkörper schon durch die Öffnung, als der Tote zupackte.

Seine gekrümmten Hände zielten nach Shirleys Hals.

Da schlug das Mädchen zu.

Es war klar, ein Schlag, den sie hier anbrachte, hatte nicht die gleiche Wirkung, wie unter normalen Umständen. Dafür bremste das Wasser zu sehr. Aber solch ein Hieb konnte den Toten aus dem Konzept bringen.

Die Stange traf den Schädel.

Der Tote wurde zurückgetrieben, machte für einen Augenblick die Fensteröffnung frei.

Shirley glitt hindurch, verließ die verfluchte Falle.

Doch gleichzeitig sahen auch die anderen Horror-Gestalten, was geschehen war.

Es waren noch zwei, die sich auf dieser Seite des versunkenen Hauses befanden.

Sie schwammen Shirley entgegen.

Das Mädchen stieß sich ab!

Zwei Arme griffen nach ihr. Blitzschnell zog Shirley die Beine an, entkam der tödlichen Klammer.

Nur noch für fünf Minuten reichte ihr Sauerstoffvorrat!

Mit verzweifelten Bewegungen schwamm Shirley nach oben, ließ die Stange los, die sie jetzt behinderte. Sie warf keinen Blick zurück. Sie wollte nur weg aus dieser schrecklichen Tiefe.

Sie spürte, dass sie zu schnell auftauchte. Der Druck auf ihrem Kopf wurde stärker.

Shirley musste langsamer werden und trat schließlich Wasser.

Dann erst riskierte sie einen Blick nach unten.

Niemand folgte ihr.

Noch wagte Shirley nicht, aufzuatmen, denn plötzlich trudelte etwas an ihr vorbei.

Sie schrak zusammen.

Soviel sie erkennen konnte, war es ein Sack, den jemand ins Wasser geworfen haben musste. Irgendetwas befand sich darin, und Shirley meinte für einen Moment, den Umriss einer menschlichen Gestalt ausmachen zu können.

Dann war der Sack verschwunden.

Shirley setzte sich wieder in Bewegung. Immer näher kam sie der rettenden Oberfläche.

Der Sauerstoff neigte sich seinem Ende zu. Noch ein paar tiefe Atemzüge, dann …

Da durchstieß Shirley Adams die Wasseroberfläche. Sie hätte aufschreien können vor Freude.

Shirley riss sich die Maske ab, nahm das Mundstück von den Lippen und atmete die herrlich frische Nachtluft ein.

Shirley Adams war dem Tod entronnen! Sie hatte das Gefühl, zum zweiten Mal geboren worden zu sein.

Automatisch machte Shirley ein paar Schwimmbewegungen. Jetzt erst fühlte sie, wie erschöpft sie war.

Der Nebel hatte sich etwas gelichtet. Shirley hoffte, nicht zu weit von ihrem Schlauchboot aufgetaucht zu sein.

Sie trat Wasser und sah sich um.

Noch war von dem Boot nichts zu sehen. Shirley wusste ungefähr, wo das Ufer lag, von dem aus sie gestartet war. In diese Richtung bewegte sie sich fort.

Schon nach einer Minute tauchte ein gelber verwaschener Fleck aus der Nebelbrühe auf.

Das Schlauchboot!

Shirley schwamm schneller, und schon bald rollte sie sich in das kleine Boot.

Gerettet!

Shirley nahm die Maske ab, schnallte die beiden Sauerstoffflaschen vom Rücken und ließ sich erschöpft auf die Knie sinken.

Sie griff nach der Reißleine des Außenborders.

Da röhrte ein Motor auf.

Überlaut drang das Geräusch durch die herrschende Stille.

Ein Boot!, schoss es ihr durch den Kopf. Mehr nicht, denn der Schatten raste genau auf sie zu …

Das Haus lag fernab von jeglichem Touristenrummel. Es war klein und duckte sich wie eine zu große Streichholzschachtel gegen die Bergwand.

Für Doktor Tod war es nahezu ideal.

Vorn und seitlich von Bäumen umgeben, führte nur ein schmaler Weg zu dem Haus hin, und der war auch noch teilweise zugewachsen.