John Sinclair Gespensterkrimi Collection 6 - Horror-Serie - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Gespensterkrimi Collection 6 - Horror-Serie E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

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Fünf gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band


Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.

Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind und erlebe mit, wie die Serie Kultstatus erreichte.


Dieser Sammelband enthält die Folgen 26 - 30 der John Sinclair Gespensterkrimis:

26 Die Geisterhöhle

27 Der Fluch aus dem Dschungel

28 Der Hexenclub

29 Das Phantom von Soho

30 Die Drachenburg


Tausende Fans können nicht irren - über 320 Seiten Horrorspaß garantiert!

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Vincente Ballestar ISBN 978-3-7325-6676-1

Jason Dark

John Sinclair Gespensterkrimi Collection 6 - Horror-Serie

Inhalt

Jason DarkJohn Sinclair Gespensterkrimi - Folge 26Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Die Geisterhöhle. Der Sage nach wurde ein Dämon vor Jahrhunderten in eine verlassene Höhle verbannt. Neben dem Fluch, der auf ihm lag, sollte auch ein großes Kreuz am Ausgang seiner Gruft die Mächte des Bösen fernhalten. Als vier Männer eines Tages das Kreuz aus dem Boden rissen, konnten sie nicht ahnen, was Schreckliches passieren würde. Doch da hatte das Unheil schon seinen Lauf genommen... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 27Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Der Fluch aus dem Dschungel. Als ein Gelegenheitsdieb die Totenmaske bei einem Amsterdamer Geschäftsmann stiehlt, ahnt er nicht, dass dies der Beginn einer Reihe grauenhafter Abenteuer ist. Auf Umwegen gelangt die Maske nach England und damit in die Hände des Reporters Bill Conolly. Auch er weiß nicht, welch schreckliches Geheimnis die Maske birgt, bis er durch sie in eine andere Zeit geschleudert wird und einem Dämon geopfert werden soll ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 28Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Der Hexenklub. Welches Geheimnis verbirgt sich hinter dem Hexenclub? Und wer war die geheimnisvolle schwarzhaarige Frau, die jeden Mann in ihren magischen Bann zog? Geisterjäger John Sinclair versucht, hinter das Geheimnis der Hexe zu kommen und gerät dabei immer tiefer in den teuflischen Kreis dieser Vereinigung ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 29Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Das Phantom von Soho. Dreizehn Morde hatte Monty Parker bereits auf dem Gewissen, als es John Sinclair gelingt, den irren Killer zu stellen und dem Richter zu übergeben. "Das Phantom von Soho" kann endlich verurteilt werden und seine gerechte Strafe erhalten - doch vorher schwört Parker blutige Rache an seinen Widersachern. Fünf Jahre später scheint sich sein grausamer Schwur zu erfüllen. Als Erster wird der Richter tot aufgefunden. Alles deutet auf Parker als Täter hin, doch das Phantom von Soho hat ein bombensicheres Alibi. Oberinspektor John Sinclair ist sicher, dass etwas nicht stimmt und steht vor den schwersten Fall seiner Laufbahn ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair Gespensterkrimi - Folge 30Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1973 - 1978, die in der Reihe Gespenster-Krimi erschienen sind! Die Drachenburg. In einer unwirklichen, menschenfeindlichen Landschaft die Drachenburg versteckt. Ein grauenvolles Geheimnis umgab das Gemäuer, das sich ein finsterer Druidengott als Hort ausgesucht hatte. Nicht nur einer Frau, deren Wissensdrang zu mächtig gewesen war, wurde die Burg zum Verhängnis. Auch John Sinclair bewegte sich nah an der Grenze zwischen Leben und Tod. Doch der Geisterjäger sagte den Mächten des Bösen den Kampf an und stellt sich den Mächten des Bösen! John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Über die Serie

Über den Autor

Impressum

DIE GEISTERHÖHLE

Vorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

DIE GEISTERHÖHLE

Der Sage nach wurde vor Jahrhunderten ein Dämon in eine verlassene Höhle verbannt. Neben dem Fluch, der auf ihm lag, sollte auch ein großes Kreuz am Ausgang seiner Gruft die Mächte des Bösen fernhalten.

Als vier Männer eines Tages das Kreuz aus dem Boden rissen, konnten sie nicht ahnen, was Schreckliches passieren würde. Doch da hatte das Unheil schon seinen Lauf genommen …

Der Dämon tobte!

Klauenhände krallten sich um die Gitterstäbe. Rot glühten die Augen in dem schwarzen, hässlichen Gesicht. Gelbe Schwefelwolken drangen stoßweise aus dem weit geöffneten Maul. Ein mörderisches Kreischen erfüllte die Höhle.

Es war die Hölle!

Sechs Männer waren ausgezogen, um den Dämon zu besiegen. Sie hatten es geschafft. Formeln der Weißen Magie hatten das schreckliche Ungeheuer gebannt. Jetzt war der Dämon gefangen. Und nichts konnte ihn mehr retten.

Die Männer hielten brennende Pechfackeln in den schwieligen Händen. Das Licht erfüllte die Höhle mit tanzenden, zuckenden Schatten.

Fledermäuse verkrochen sich in die dunkelsten Nischen und Winkel. Sie hatten sich an dem Gestein festgekrallt und beobachteten aus stecknadelkopfgroßen Augen das finstere Geschehen.

Die Männer hatten die große Höhle per Zufall entdeckt. In tagelanger Arbeit hatten sie die Höhle mit einem stabilen Eisengitter abgetrennt. Es besaß eine hüfthohe Klappe, durch die man den Dämon ins Innere gestoßen hatte.

Magische Zeichen und Formeln waren auf den Steinboden gemalt worden. Denn es bestand durchaus die Möglichkeit, dass der Dämon das Gitter auseinanderriss. Seine Kraft war übermenschlich.

Doch jetzt war der Terror vorbei. In einem Umkreis von vielen Meilen konnten die Menschen wieder frei atmen.

Die Gesichter der Männer waren bleich und mit Schweiß bedeckt. Man konnte es den Mutigen ansehen, dass sie versuchten, ihre Angst zu unterdrücken.

Einer hielt in der freien Hand eine kleine Kanne mit geweihtem Wasser.

Der Mann trat einen Schritt vor, übergab die Fackel einem Nachbarn und tauchte seine rechte Hand in das Weihwasser. Er wölbte die Handfläche zur Mulde und riss gedankenschnell den Arm hoch.

Das Weihwasser spritzte durch die Gitterstäbe. Die Tropfen sahen aus wie eine schimmernde Perlenkette.

Der Dämon konnte nicht schnell genug ausweichen. Ein Großteil des geweihten Wassers benetzte seinen Körper.

Der Höllenbote schrie grässlich auf. Er tauchte zurück in die Dunkelheit seines Verlieses, um dem Weihwasser zu entgehen.

Wieder schleuderte der Mann das geweihte Wasser.

Der Dämon wand sich am Boden. Dort, wo ihn die Tropfen getroffen hatten, entstanden dicke, qualmende Flecken.

Die Männer waren jetzt allesamt an das Gitter getreten. Mit fiebernden Blicken beobachteten sie den Todeskampf des Dämons.

Über zehn Minuten starrten sie in das Verlies. Dann wandten sie sich ab.

Das geweihte Wasser hatte das Böse vernichtet. Nur noch ein dunkler Schatten war von dem Dämon zu erkennen.

Aber war die Höllenbestie tatsächlich tot?

Die Männer nahmen es an und kamen nun zum zweiten Teil ihres Planes.

Schnell verließen sie die Stätte des Bösen.

Draußen empfing sie die Nacht.

Der scharfe Seewind schnitt durch ihre Kleidung. Vier Fackeln wurden gelöscht. Die anderen wurden noch gebraucht, damit die Männer etwas erkennen konnten.

Die schweren Steine lagen schon bereit.

Während der Wind dunkle Wolkenberge über den Himmel jagte und das Licht der Sterne und des Mondes verdeckte, machten sich die vier kräftigsten Männer an die Arbeit.

Stein für Stein schleppten sie vor die dunkle Höhlenöffnung. Schon bald war von dem Eingang nichts mehr zu erkennen. Aber das war noch nicht genug. Für die Nachwelt sollte noch ein besonderes Mahnmal dort hingestellt werden.

Ein Kreuz!

Es war ein stabiles, selbst gezimmertes Holzkreuz, das doppelt so groß wie ein normal gewachsener Mann war. Man hatte es mit einem Pferdefuhrwerk herauftransportiert.

Das Loch war schon gegraben, in dem das Holzkreuz seinen Halt finden sollte.

Unter großen Anstrengungen wuchteten die Männer das Kreuz hoch. Erst beim zweiten Anlauf gelang es ihnen, das Kreuz in die dafür vorgesehene Öffnung zu rammen.

Zu dritt mussten sie dann das Kreuz festhalten.

Doch plötzlich geschah etwas Seltsames.

Von einer Sekunde zur anderen legte sich der Wind. Nicht einmal das leiseste Säuseln war zu hören. Die Wolkendecke riss auf. Sterne funkelten in voller Pracht.

Die Männer standen einige Minuten still und schickten stumme Gebete zum Himmel.

Dann sagte einer: »Kommt, lasst uns weitermachen! Wir müssen noch in dieser Nacht fertig werden.«

Die Männer häuften Lehm, Steine und Erde in das Loch, in dem das Kreuz stand.

Mit fortschreitender Zeit bekam es mehr Standfestigkeit. Durch unten angesetzte Querhölzer hatte es dann den entsprechenden Halt. Nun würde es auch der wildeste Sturm nicht mehr herausreißen können.

Einer der Männer holte ein Messer aus seiner Tasche und klappte es auf.

Mit ruhigen Bewegungen schnitzte er magische Bannsprüche in das Holz des Kreuzes.

Die Männer konnten zufrieden sein. Ihr Werk war vollbracht. Der Dämon war vernichtet.

Für immer.

Wirklich für immer?

Gemeinsam gingen die sechs Männer den Hügel hinab. Am Fuß dieses kleinen Berges lag das Dorf, ein kleiner Ort, dessen Bewohner von der Landwirtschaft und vom Fischfang lebten.

Hier glaubte man noch an Geister und Dämonen. Und wie recht man daran tat, hatte der letzte Fall angeblich bewiesen.

Niemand warf mehr einen Blick zurück. Der Hügel war von nun an tabu. Keiner würde sich dort oben blicken lassen.

Die Gruppe erreichte den Dorfeingang.

Angstvolle Gesichter sahen den Tapferen entgegen. Der Anführer, ein großer Mann mit schwarzem Haar, trat vor. Er sah seine Mitmenschen einige Sekunden lang an. Dann sagte er: »Der Dämon ist vernichtet. Er wird keinen von euch zu sich in sein finsteres Reich holen.«

Die Menschen atmeten auf. Und dann ging plötzlich ein Jubelsturm durch die Bewohner des Dorfes.

Kirchenglocken begannen zu läuten und trugen den Sieg des Guten weit über das Land.

Für die Menschen in dem kleinen Ort war heute die Nacht der Freude.

Über drei Jahrhunderte vergingen. Zeit und Natur deckten den Mantel des Vergessens über das Dämonengrab.

Neue Generationen wuchsen heran. Sie hatten andere Probleme, mussten die Tücken der aufkommenden Technik bewältigen.

Nur manchmal, besonders an langen Herbst- und Winterabenden, sprach man in den umliegenden Ortschaften noch von dem Dämonengrab. Meist waren es die Alten, die diese Geschichten erzählten. Sie wurden von den Jungen belächelt, doch auf den Hügel wagte sich keiner. Selbst die Schäfer mit ihren Herden mieden den Ort.

Strauchwerk, Moos und Flechten hatten die Steine im Laufe der Zeit mit einem grünen Mantel bedeckt. Und der ewige Westwind bog das Gras wie mit einem riesigen Kamm.

Unten rauschte die Brandung gegen die Klippen. Das Meer war rau und wild und die nächste schützende Bucht eine gute Meile entfernt.

Als warnendes Mal stand das verwitterte Holzkreuz auf dem Hügel. Es hatte die Jahrhunderte überstanden, als letzte Erinnerung an die Vernichtung eines schrecklichen Dämons.

Über lange Zeit hinweg hatte alles seinen normalen Gang genommen. Bis zum Jahr 1975.

Jetzt, in der Gegenwart, sollten noch einmal die Schrecken einer vergangenen Zeit beschworen werden. Grausamer und teuflischer als je zuvor.

Alles begann an jenem denkwürdigen Samstag in London.

Überlaut röhrten die schweren Motoren auf. Grauweißer Qualm drang aus den silberglänzenden Auspuffrohren. Der Krach pflanzte sich an den tristen Häuserzeilen fort und kam als verstärktes Echo zurück.

Die Bewohner verschwanden schnell von der Straße. Sie zogen sich in ihre Wohnungen zurück und schlossen die Fenster.

Sie wussten, was kam, und bebten innerlich vor Angst.

Die Rocker waren in ihrem Element.

Fünf Typen waren es. Sie hatten sich am Anfang der Straße aufgebaut und hockten auf ihren schweren Maschinen. Rücksichtslos versperrten sie die Fahrbahn, nicht einmal ein Fahrrad kam mehr durch.

Grellrote Helme bedeckten ihre Haare. Nur der Anführer trug einen gelben. Die schwarzen Lederjacken glänzten. Mit weißer Farbe aufgepinselte Totenköpfe grinsten höhnisch. Die Gesichter der Rocker waren unter den Brillen nur zu erahnen. Wohl konnte der Beobachter die Kinnpartien sehen und Lippen, die sich fest zusammenpressten.

Die ebenfalls aus Leder bestehenden Hosen lagen eng an den Beinen. Handschuhe schützten die Hände.

Die Rocker waren startklar.

Der Anführer hob den Arm. Der Bursche fuhr eine Harley-Davidson 1200 Electra Glide.

Die anderen vier Rocker nickten. Sie hatten verstanden.

Und dann ging es los.

Wie vom Katapult geschnellt, zogen die Maschinen ab. Ein infernalischer Krach jagte durch die enge Straße. Fensterscheiben begannen zu vibrieren.

Die Rocker fuhren wie vom Teufel besessen. Sie jagten über Bürgersteige und rasten dicht an den Hauswänden vorbei. Manch ängstliches Gesicht zuckte hinter den Scheiben zurück.

Zehn Sekunden nur, dann hatten sie die Straße geschafft.

Die Rocker wendeten.

Und wieder röhrten die Motoren.

Doch nun fuhren die Rocker hintereinander. Langsam, beinahe gesittet.

Der Schein trog.

Jeder der fünf Rocker hielt plötzlich einen faustgroßen Stein in der Hand. Diese Steine hatten sie unter den Lederjacken verborgen gehabt. Sie dienten einem bestimmten Zweck.

Die Wurfgeschosse fegten durch die Luft. Sekunden später zerklirrten Fensterscheiben.

Jeden Wurf begleiteten die Rocker mit einem gellenden Lachen. Für sie war es ein Siegesgebrüll.

»Jetzt die andere Seite!«, brüllte der Anführer, als sie die Straße wieder durchfahren hatten.

Die Rocker drehten. Langsam fuhren die Maschinen an der rechten Straßenseite vorbei.

Die nächsten Steine flogen. Ein Brocken knallte in die Schaufensterscheibe eines kleinen Lebensmittelgeschäfts. Der Besitzer hatte neben der Theke gestanden und nicht schnell genug in Deckung gehen können.

Der Stein streifte ihn am Kopf.

Mit klaffender Wunde fiel der Mann gegen ein Regal und rutschte daran zu Boden.

Kein Anwohner stellte sich der Rockerhorde entgegen. Alle hatten sie Angst, denn diese Typen kannten keine Gnade.

Sie waren die Bestien auf ihren heißen Feuerstühlen. So pflegten sie sich meistens selbst zu nennen.

Insgesamt zehn Fensterscheiben waren zerstört worden. Doch das war erst der Auftakt gewesen.

Wie Raubkatzen glitten die Rocker von den Sätteln. Nebeneinander bockten sie ihre Maschinen auf.

Ihr Anführer stellte sich mitten auf die Straße. Er hatte beide Arme in die Hüften gestützt und die Beine leicht gegrätscht. Diese Stellung hatte er mal bei einem Filmhelden bewundert und fand sie äußerst eindrucksvoll.

Der Rocker lockerte den Kinnriemen des Helms und brüllte: »Ich warte!«

Es war immer das gleiche Spiel. Die Leute, bei denen die Fensterscheiben zertrümmert worden waren, mussten zahlen. Eine bestimmte Summe. Im Laufe eines Jahres kam dann jeder nochmals an die Reihe.

Einmal war die Polizei aufgekreuzt. Da waren die Rocker wie der Blitz verschwunden. Aber sie waren zurückgekommen. Ein Mann hatte ihre Rache nicht überstanden. Er lag jetzt schon drei Monate unter der Erde.

Der Rockerchef hieß Tom Tarras. Tarras war siebenundzwanzig Jahre alt und gewalttätig bis in den letzten Nerv. Aber er hatte auch noch andere negative Qualitäten. Er war gemein, verschlagen und tückisch. Er kannte alle Tricks. Unzählige Schlägereien hatten ihn abgestumpft.

Tarras hatte eine Idealfigur. Er war breit in den Schultern und schmal in den Hüften. Dabei befand sich kein überflüssiges Gramm Fett an seinem Körper.

Sein Gesicht glich dem eines Indianers. Markant und von harten Linien durchfurcht. Die Augen waren von einer undefinierbaren Farbe. Eine lange Messernarbe zog sich quer über die Stirn des Rockers. Der Typ, der ihm dieses Zeichen beigebracht hatte, lebte heute auch nicht mehr.

»He! Soll ich hier versauern?!«, schrie Tarras.

Seine vier Kumpane lachten.

»Wir könnten den Mistkerlen ja noch mal Zunder geben«, schlug Soccer vor.

Soccer war ein Mischling. Seine Mutter hatte sich einmal mit einem Schwarzen eingelassen, und aus dieser Verbindung entstammte Soccer. Er war ein Meister in der Handhabung der Fahrradkette. »Wo Soccer hinschlägt, wächst kein Knochen mehr«, hieß ein geflügeltes Sprichwort in Rockerkreisen.

Soccers wulstige Lippen waren stets feucht. Auch ein Grund, warum er noch nie eine richtige Braut hatte. Außerdem strotzte sein Gesicht vor Pickeln. Soccer übernahm Aufgaben, die andere ablehnten.

Zögernd traten die ersten Menschen aus ihren Häusern. Es waren meist ältere Leute, die in dieser tristen Londoner Vorstadtstraße lebten und sich jetzt unter dem Terror der Rocker duckten. Es war bezeichnend, dass in der Straße kein einziger Wagen parkte.

Tarras ließ die Menschen regelrecht antreten. Sein spöttischer Blick glitt über die Männer und Frauen, und Tarras fühlte sich als Herr der Welt.

Ja, sie hatten Angst. Das konnte man ihnen ansehen. Angst vor ihm und seinen Kumpanen.

»Da fehlt einer«, sagte Tarras. »Es sind nur neun.«

Die Menschen blickten sich an.

»Wir wissen es nicht, Sir«, meinte ein älterer Mann mit zitternder Stimme.

»Haltet ihr mich für dämlich?«, brüllte Tarras los. »Verdammt, ich will wissen, wo die letzte von euch Memmen ist? Wenn ich in drei Sekunden nicht Bescheid weiß, nehmen wir euch auseinander.«

»Ich glaube, es ist der Lebensmittelhändler«, sagte der ältere Mann wieder.

»Und warum ist er nicht gekommen?«

»Wir wissen es nicht, Sir.«

Tarras überlegte einen Augenblick und gab dann einen knappen Befehl. »Los, Soccer, sieh nach!«

Soccer setzte sich in Bewegung. Sein Gang war wiegend und ganz auf Schau eingestellt. Im Vorbeigehen rempelte er eines der Opfer an. Es war eine Frau. Sie fiel zu Boden und schlug sich den Ellenbogen auf.

Die anderen Rocker lachten.

Zwei Männer halfen der Frau hoch, die Mühe hatte, ihre Schmerzen zu unterdrücken.

Soccer kam nach einer Minute zurück. Auf seinem Gesicht lag ein dreckiges Grinsen. Er hatte seine Brille abgenommen und schwenkte triumphierend einige Geldscheine.

»Der Alte war dem Stein im Weg«, sagte er. »Er liegt vor einem Regal und schläft sich aus.«

»Tot?«, fragte Tarras.

»Keine Ahnung. Hab nicht nachgesehen.«

»Ist auch egal.« Tarras wandte sich wieder an die schreckensstarren Menschen. »Los, her mit dem Geld!«

Nacheinander überreichten die Erpressten dem Rockerboss das Geld. Es kam eine schöne Summe zusammen. Sie würde den Rockern helfen, sich das Wochenende kurzweiliger zu gestalten.

Die Übergabe war schnell vollzogen, und die Menschen durften sich wieder in ihre Wohnungen begeben.

»Lasst die Scheiben ersetzen!«, rief ihnen Tarras nach. »Sonst finden wir beim nächsten Mal zu wenig Ziele.«

Die Rocker grölten. Dann wurde das Geld geteilt.

»Und was machen wir jetzt, Tom?«, fragte Red Bull, Tarras’ Stellvertreter und Unterführer der Bande.

»Wir holen erst mal Ginny ab.«

Ginny war Tarras’ Braut. Sie war neunzehn und verkommen durch und durch. Sie passte zu der Bande wie die Faust aufs Auge. Ginny – manchmal auch Mutter genannt – machte alles mit.

Red Bull nickte. Er war der Typ, der Befehle brauchte. Denken war nicht seine größte Stärke. Red Bull wog über zwei Zentner und fuhr eine Moto Guzzi 850 California. Die pflegte er besser als ein Soldat sein Gewehr.

Red Bull hatte brandrotes Haar und stammte aus Irland. Sein Vater war von Beruf Knastologe, seine Mutter hatte er nie gesehen. Er selbst hatte auch schon eine Zelle von innen kennengelernt, bevor er sich den Rockern angeschlossen hatte. Durch einige »Mutproben« war er dann bis zum Unterführer aufgestiegen.

Der vierte im Bunde hieß Fabio Tosta. Er war Italiener und wurde nur Stiletto genannt. Tosta war der schmalste von allen. Er wurde oft unterschätzt, aber das war ein Fehler, denn niemand konnte mit dem Messer so gut umgehen wie Tosta. Daher auch sein Spitzname. In Italien fahndete man nach ihm wegen Polizistenmordes.

Fehlte nur noch Skipper. Er wusste selbst nicht mehr, wie er wirklich hieß. Da er zwei Jahre zur See gefahren war, nannte man ihn einfach Skipper. Hatte er mal keinen Helm auf, so trug er eine Matrosenmütze, die ihm meistens weit im Nacken hing.

Skipper war ein Schläger. Seine Fäuste erinnerten an Dampfhämmer, und es gab niemanden, vor dem Skipper Angst gehabt hätte. Nur vor Tom Tarras, dem Karatekünstler, hütete er sich.

Skipper war es auch, der den Vorschlag machte. »Ich wäre dafür, wir fahren heute mal aufs Land. Dort wissen die Leute doch noch gar nichts von uns. Was meint ihr, wie die sich freuen. Na, wie ist es?«

Der Vorschlag wurde begeistert aufgenommen, und Skipper sonnte sich in seinem Ruhm.

Auch Tom Tarras war einverstanden.

»Auf geht’s«, rief er. »Dann wollen wir die alten Farmer mal ein bisschen auf Trab bringen!«

Johlend stürzten sich die Rocker auf ihre Maschinen. Sie ahnten noch nicht, dass Skippers Vorschlag für sie grausame Folgen haben würde …

Ginny wartete vor der Haustür.

Sie stand dort wie eine Prostituierte und ließ ihren Kaugummi von einem Mundwinkel in den anderen wandern. Sie hatte beide Hände in die Hüften gestemmt und blickte sich immer wieder provozierend um.

In gewisser Weise ähnelte Ginny auch den Straßenmädchen. Der Minirock war giftgrün und wurde von einem breiten Gürtel gehalten. Dazu stand die quittengelbe Farbe des Pullovers in einem perfekten Kontrast. Auf gewisse Weise war Ginnys Gesicht hübsch zu nennen, wäre nicht der ordinäre Zug um die Mundwinkel gewesen.

Ginnys Nase war klein und wurde umrahmt von einigen Sommersprossen, die bisher jeder Entfernungscreme getrotzt hatten. Am auffälligsten waren Ginnys Haare. Die langen, rotblonden Strähnen hingen bis auf den Rücken und flatterten – wenn Ginny auf der Maschine ihres Freundes saß – wie eine lange Fahne hinter ihr her.

Im Großen und Ganzen war Ginny die Attraktion der tristen Londoner Vorstadtstraße. Die Neunzehnjährige war in dieser Slumgegend aufgewachsen. Ihren Vater hatte sie höchstens dreimal im Leben gesehen, und dann war er betrunken gewesen. Die Mutter verdiente ihr Geld in Soho. Früher als Stripperin, heute als Zufallsbraut für Ausgeflippte, die höchstens zehn Schillinge zahlen konnten.

Klar, dass dieses Leben auf Ginny abgefärbt hatte. Erziehungsanstalten kannte sie besser als das Alphabet. Als ihr vor einem Jahr ein Zuhälter zu nahe auf den Leib rücken wollte, war Tom Tarras aufgetaucht. Hinterher hatte sich der Zuhälter in aller Form entschuldigt und schleunigst das Weite gesucht.

Tarras hatte Ginny augenblicklich in Besitz genommen. Und Ginny war froh darüber gewesen. Sie hatte jetzt immer Geld und konnte sich kaufen, was sie wollte. Auf die Straße brauchte sie nicht mehr zu gehen, und anfassen ließ sie sich auch nicht mehr.

Ginny gefiel das Leben. An die Gegend hatte sie sich so gewöhnt, dass sie von hier nicht mehr weggehen wollte.

Auf der Straße war an diesem sonnigen Samstag einiges los. Arbeitslose Männer schlichen mit gesenkten Köpfen herum. Frauen keiften sich an, und Kinder spielten in der Gosse. Was noch an Pflastersteinen im Erdreich steckte, war herausgerissen und einfach auf die Straße geworfen worden. Niemand kümmerte es.

Ginny fühlte die Blicke der Männer beinahe wie tastende Finger. Doch keiner wagte es, die Rockerbraut anzusprechen. Zu groß war die Furcht vor Tom Tarras.

Ginny lächelte verächtlich. So hatte sie sich das immer vorgestellt. Diese scharfen Kerle sollten selbst sehen, wo sie blieben.

Ungeduldig blickte Ginny auf die Uhr. Die Rocker waren schon seit zehn Minuten überfällig. Sie hatten noch etwas zu »erledigen« gehabt und wollten Ginny dann abholen.

Das Girl spuckte den Kaugummi aus und klemmte sich eine filterlose Zigarette zwischen die kirschrot geschminkten Lippen. Tom mochte nicht, wenn sie Filterzigaretten rauchte. Und was Tom wollte, war für sie ein Befehl.

Ein sechsjähriger Steppke gab ihr Feuer. Dafür revanchierte sich Ginny mit einer Zigarette, die sich der Junge hinter das rechte Ohr klemmte.

Ginny stieß den Rauch durch die Nasenlöcher aus. Dann ging sie zwei Schritte zur Seite, weil die Spätsommersonne sie blendete.

Lässig schnippte Ginny den Zigarettenstummel nach einigen Minuten in den Rinnstein.

Und da hörte sie schon den Lärm.

Die Rocker kamen.

Wie die Höllenhunde des Satans rasten sie um die Ecke und bogen in die schmale Straße ein.

Blitzartig flüchteten die Menschen auf die Bürgersteige. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass einer von den Rockern über den Haufen gefahren worden wäre.

Tom Tarras hielt die Spitze. Er war der unumschränkte Rockerkönig von London. Wenigstens bildete er sich das ein. Seine vier Vasallen folgten in einer Kette, jagten über die Breite der Straße.

Ginny bekam glänzende Augen und trat einen Schritt vor.

Tom Tarras – oder auch der Vollstrecker, wie er von Ginny genannt wurde – raste auf den Bürgersteig und bremste direkt vor dem Girl ab.

»Hi Baby«, sagte er nur und blieb auf der Harley sitzen. Seine Füße berührten den Boden.

Die anderen hatten einen Halbkreis gebildet.

Tarras nahm seine Brille ab und bleckte die Zähne. Es war Gesetz bei den Rockern, keine Helme mit Sichtklappen zu tragen, sondern weiterhin altmodische Motorradbrillen.

Ginny flog auf ihren Freund zu. Die beiden demonstrierten das große Liebespaar. Tarras ließ seine Hände ungeniert über Ginnys Körper wandern. Es machte ihm auch nichts aus, seine Finger unter den Pullover zu schieben.

Ginny kicherte wie eine schüchterne Jungfrau und schmiegte sich noch enger an Tom Tarras.

»Du Vollstrecker«, hauchte sie ihm ins Ohr, und Tarras grinste geschmeichelt, weil er genau wusste, wie Ginny das meinte.

Doch dann schob er Ginny ziemlich abrupt zur Seite.

»Schluss jetzt«, sagte er. »Wir wollen den Affen hier keine Schau bieten. Ich habe was anderes vor.«

»Was denn?« Ginnys Blick hing gebannt an Tarras’ Lippen.

»Wir werden eine Tour aufs Land machen.«

»Aufs Land? Aber wohin denn?«

Tarras wandte sich grinsend um. »Brauchen wir ein Ziel, Boys?«

Red Bull war es, der antwortete. »Wir werden die Bauern mal ’n bisschen auf Trab bringen, und das können wir überall.«

»Zufrieden, Ginny?« Tarras’ Stimme klang lauernd.

»Und wie«, jubelte das Girl. »Wann geht’s los?«

»Sofort.«

Begeistert schwang sich Ginny auf den Rücksitz. Hinter ihr knurrte der pickelige Soccer: »Die Bauern sollen tolle Weiber haben. Werd’ mir mal so zwei Mütter anhauen.«

»Aber erst jagen wir zweihundert Meilen durch die Felder«, sagte Tarras.

Er ließ den Motor aufheulen. Die anderen taten es ihm nach, und Sekunden später brauste die Rockerhorde davon. Manch einer atmete auf, und die meisten wünschten die Rocker zum Teufel. Sie ahnten nicht, wie schnell und direkt sich ihr Wunsch erfüllen sollte …

Die Rocker fuhren natürlich nicht quer über die Felder, sondern nahmen die gut ausgebaute Autobahn nach Southampton. Es herrschte reger Betrieb, doch die Rocker gaben ihren Ofen die Sporen und überholten alles, was sich ihnen in den Weg stellte.

Ginny genoss die Fahrt. Eng klammerte sie sich an Tom Tarras. Trotzdem schnitt der Fahrtwind durch ihre Kleidung, und Ginny machte sich Vorwürfe, nicht den Lederanzug angezogen zu haben.

Der Rock war noch höher gerutscht. Ein mit Spitzen besetzter roter Slip schimmerte unter dem Mini hervor.

Hundertfünfzig Meilen jagten sie über die Autobahn. Dann lenkte Tarras die Maschine auf eine Abfahrt. Sie durchquerten eine mittelgroße Stadt und rissen die Bewohner aus ihrer Nachmittagsruhe.

Und weiter ging es.

Wiesen, Felder und Waldgebiete flogen an ihnen vorbei. Sie jagten in haarsträubendem Tempo in gefährliche Kurven und hatten oft Glück, dass ihnen niemand entgegenkam.

Die Luft wurde frischer. Von der See her wehte ein böiger Sommerwind.

Der Geruch von frisch gemähtem Gras lag über dem Land. Der Abend kündigte sich an. Die Sonne stand schon tief am Himmel. Einige Wolken hatten sich gebildet, und vorwitzige Sonnenstrahlen lugten dahinter hervor wie helle Speere.

Es war ein friedliches Bild.

Irgendwo läuteten Kirchenglocken, doch der Klang ging in dem Geräusch der donnernden Motoren unter.

Eine Ortschaft tauchte auf. Scalford stand auf einem Schild. Tarras fuhr langsamer. Die anderen schlossen auf.

»Hier werden wir den Teufel losmachen«, brüllte er seinen Kumpanen zu.

Die Rocker nickten begeistert. Und auch Ginny war froh. Sie dachte bereits an die Nacht und daran, wie sie mit Tom im Heu liegen würde.

Im Zehn-Meilen-Tempo fuhren die Rocker durch den Ort.

Es war ein gepflegtes Dorf. Die Häuser waren sauber und die Vorgärten mit Liebe angelegt. Ein paar Wagen parkten am Straßenrand. Menschen standen auf den Bürgersteigen und sprachen miteinander. Ängstliche, aber auch wütende Blicke wurden den Rockern zugeworfen, und man war froh, als die Maschinen am Dorfausgang verschwanden.

Tarras lachte. »Die werden sich wundern, wenn wir zurückkommen. Wir geben den Spießern noch eine Stunde Zeit, dann geht es rund.«

»Ich habe auch schon ’ne Pinte entdeckt!«, schrie Skipper, der Alkohol wie Wasser trank.

»Und ich ’ne Mutter!«, brüllte Soccer.

Red Bull sagte nichts. Dafür entdeckte er aber den Hügel mit dem Kreuz auf der Spitze.

»He, Leute! Was ist das denn?«

»Da oben wurde bestimmt der Dorfpfarrer begraben«, sagte Ginny und kicherte. Es hatte sie jedoch niemand verstanden, da sie zu leise gesprochen hatte.

»Nichts wie hin«, rief Tarras und drehte auf.

Ein Feldweg führte den Hügel hinauf. Die Maschinen zogen lange Staubfahnen hinter sich her, und schon bald waren die Rocker mit einer feinen Pulverschicht bedeckt.

Skipper kam mit seiner BMW 900 einmal vom Weg ab und raste in den Graben. Er konnte die Maschine doch im letzten Augenblick noch herumreißen und hing schon bald wieder auf der Spur seiner Kumpane.

Als Skipper die Hügelkuppe erreichte, hatten die anderen ihre Öfen schon aufgebockt.

Skeptisch betrachteten sie das Kreuz. Auch Ginny ließ ihren Blick an dem verwitterten Holz auf- und abwandern. Plötzlich spürte sie ein komisches Gefühl in der Magengegend.

So etwas wie Angst.

Irgendetwas stimmte hier nicht. Die ganze Atmosphäre wirkte unheimlich. Ginny konnte nicht vermeiden, dass eine Gänsehaut über ihren Rücken kroch.

»Und nun?«, fragte Stiletto und trat gegen das Holz des Kreuzes. Danach verzog er schmerzhaft das Gesicht.

»Wir reißen es raus!«, brüllte Red Bull. »Was soll das überhaupt?«

»Mensch«, rief Soccer plötzlich. »Sieht aus, als wäre hier der verschüttete Eingang einer Höhle. Seht euch mal den Steinhaufen an, den haben bestimmt Menschen aufgeschichtet.«

»Vielleicht sogar ’ne Schatzhöhle«, sagte Skipper. »Ich kannte mal einen, der hatte einen alten Plan, und …«

»Interessiert uns nicht, was der hatte«, knurrte Tom Tarras. »Aber die Höhle, die sehen wir uns an. Habt ihr Taschenlampen mit?«

»Sicher.«

»Gut. Aber erst schaffen wir die Steine weg.«

»Und das Kreuz?«, fragte Soccer. »Irgendwie stört es mich.«

»Räumen wir auch weg!«

»Nein«, wollte Ginny sagen, hielt aber dann doch den Mund, um sich nicht lächerlich zu machen.

Ginny beobachtete, wie sich die Rocker anstrengten, das Kreuz, das jahrhundertelang den Dämon gebannt hatte, aus dem Boden zu reißen …

»Verdammt, ist das Ding schwer!«

Die vier Rocker keuchten. Gemeinsam stemmten sie sich gegen das wuchtige Holzkreuz, das die Zeiten überdauert hatte und sich auch jetzt gegen die menschliche Kraft wehrte.

Tom Tarras sah zu. Schließlich hielt er es nicht mehr aus.

»Ich packe mit an«, sagte er.

»Nein, nicht!« Ginny war es, die das rief.

Überrascht und wütend drehte sich Tarras um. In seinen schmalen Augen blitzte es gefährlich. »Hast du was gesagt?«

Ginny schluckte. Die anderen Rocker hatten innegehalten und beobachteten mit schmutzigem Grinsen die sich anbahnende Auseinandersetzung. Dem Girl stand einiges bevor, denn es hatte gegen den absoluten Gehorsam verstoßen.

»Ich – ich bitte dich, Tom. Hilf nicht dabei mit! Dieses Kreuz – es ist mir nicht ganz geheuer.«

»Weibergewäsch«, zischte Tarras. Plötzlich hielt er ein Messer in der rechten Hand. Ein Sonnenstrahl brach sich blitzend auf der Klinge.

Das Messer zerschnitt die Luft. Dicht vor Ginnys Gesicht fegte die tödliche Klinge vorbei.

Das Girl stand zitternd auf dem Fleck. Es hatte die Augen weit aufgerissen und erwartete den schnellen Schnitt in eine ihrer Wangen.

Doch Tarras trat zurück.

Er grinste wölfisch und ließ die Klinge verschwinden.

»Freu dich, Baby, dass ich heute gute Laune habe.«

Ginny atmete auf. Sekunden später lag sie in Tarras’ Armen, Tränen füllten ihre Augen.

»Ich … ich habe es doch nur gut gemeint«, schluchzte sie.

Tarras stieß sie weg. »Okay, wir machen weiter.«

Wieder stemmten sich die Rocker gegen das schwere Holzkreuz. Sie schufteten verbissen. Schon knirschte das erste Querholz. Die Rocker stimmten ein Triumphgeheul an.

»Weiter«, keuchte Tarras. »Gleich haben wir es.«

Das Kreuz wankte.

Wieder brach ein Querholz. Augenblicke später das nächste.

Und dann neigte sich das schwere Kreuz zur Seite. Wie ein riesiger Schornstein, der durch eine Sprengung aus dem Fundament gerissen wird.

Die Rocker sprangen aus der Fallrichtung.

Erde und Steine wurden aus dem Boden gerissen. Die letzten Querbalken knickten weg, als wären es nur Streichhölzer.

Mit einem dumpfen Laut krachte das schwere Kreuz auf den Boden. Staub wallte hoch.

Und im gleichen Moment geschah etwas Seltsames.

Urplötzlich wurde der Himmel dunkel. Wind begann zu heulen und zerrte an den langen Haaren der Rocker. Drei, vier Blitze spalteten den Himmel. Die Gesichter der Rocker leuchteten fahlgelb.

Die Grabschänder sahen sich an. Angst lag auf einmal in ihren Blicken. Hier war etwas geschehen, was sie sich nicht erklären konnten, was nicht mit ihrem Verstand zu fassen war. Sollte es eine Warnung gewesen sein?

»Ich habe es geahnt«, flüsterte Ginny. »Ich habe es geahnt. Dieser Ort ist verflucht.«

Niemand hörte auf ihre Worte.

Die ganze Erscheinung dauerte nur Sekunden. Dann war alles wieder wie vorher.

Eine tiefstehende Sonne stand am Himmel und versuchte vergeblich gegen die hereinbrechende Dämmerung anzukämpfen. Mücken tanzten ihren ewigen Reigen.

Die Natur schien sich wieder beruhigt zu haben. Allerdings stand das Kreuz nicht mehr.

Geschändet lag es auf dem Boden. Die Rocker ahnten nicht, welche Kräfte sie in Bewegung gesetzt hatten.

Tom Tarras war es, der die Initiative wieder übernahm.

»Los, jetzt räumen wir die Steine weg. Ich will endlich wissen, was in dieser verdammten Höhle liegt.« Der Anführer wandte sich an Ginny. »Du kannst auch mithelfen«, sagte er.

Die fünf Rocker machten sich an die Arbeit. Von den unheimlichen Vorfällen sprach niemand. Und doch steckte eine unerklärliche Angst in den Knochen dieser brutalen Kerle. Sie zeigten sie nur nicht.

Stein für Stein wurde weggeräumt. Der Schweiß lief den Rockern wie Wasser vom Körper. Soccer und Stiletto zogen ihre Lederjacken aus.

Stilettos Körper war vernarbt. Andenken zahlreicher Messerstechereien.

Auch Ginny musste kräftig mit anpacken. Sie hütete sich, noch ein Wort zu sagen. Noch einmal traf sie Tarras nicht bei so guter Laune an.

Es war wie beim Kohleschaufeln. Die Rocker hatten das Gefühl, es würden immer mehr Steine, anstatt weniger.

Skipper schrie nach Whisky. Er tat, als hätte er keine Lust mehr. Dafür kassierte er von Tarras zwei knallharte Karateschläge. Danach schrie Skipper nicht mehr, da er jetzt genug damit zu tun hatte, seine Schmerzen zu verbeißen.

Längst hatte die Dunkelheit die Rocker eingeholt. Und die Höhle war immer noch nicht freigelegt.

Doch schließlich – nach weiteren zehn Minuten – hatten sie den ersten Erfolg zu verzeichnen. Ein Stück des Höhleneingangs tauchte auf.

Die Rocker arbeiteten verbissen weiter. Längst brannten die starken Taschenlampen.

Auch unten im Dorf waren die Lichter angezündet worden. Sie bildeten Lichtinseln im Meer der Dunkelheit.

Und dann lag die Höhle offen vor den Rockern.

Dunkel und unergründlich gähnte ihnen der Eingang entgegen. Unwillkürlich wichen die Rocker zurück. Diese Höhle strömte etwas Unheimliches aus, etwas Gefährliches, das sie nicht genauer erklären konnten.

Tom Tarras zündete sich eine Zigarette an. Mit einer herrischen Bewegung warf er einen Blick in die Runde.

»Wir machen ein Feuerchen«, sagte er. »Holz gibt es ja genug.«

Soccer und Red Bull sammelten trockene Äste.

Skipper ging zu Tom Tarras. Die Prügel hatte er schon vergessen.

»Sag mal, willst du hier übernachten?«

Tarras schüttelte den Kopf. »Sehe ich so aus? Aber zum Teufel, wir gehen nicht alle in die Höhle. Ein paar müssen ja auf die ›Öfen‹ aufpassen.«

»Wer bleibt denn draußen?«, fragte Skipper und legte den Kopf schief.

»Wir losen.«

Ginny hatte das Gespräch mit angehört. Schnell fasste sie nach Tarras’ Arm.

»Bleib du doch hier, Tom, bitte.«

»Und weshalb?«

Ginny lächelte. »Ich habe ja noch etwas gutzumachen. Wir beide allein … das Lagerfeuer …«

Tarras lachte blechern. Und auch Skipper grinste schief.

»Seit wann machst du auf Romantik?«, fragte der Rockerboss.

»Es kam mir eben in den Sinn.«

Die übrigen Rocker hatten das Holz schon bereitgelegt. Feuerzeuge klickten. Das trockene Holz fing Feuer.

Wie lange, gierige Finger züngelten die Flammen an den Zweigen und Ästen hoch. Wind trieb den dünnen Rauch weg. Es wurde richtig gemütlich.

Soccer und Stiletto hatten ihre Jacken wieder angezogen. Die Rocker hielten Taschenlampen in den Händen.

Tarras gab das Startsignal. »Okay, seht mal nach, was ihr da findet. Hoffentlich Gold.«

Noch ahnte niemand von ihnen, welches Geheimnis die Höhle tatsächlich barg …

Red Bull ging als Erster. Es war klar, dass er als stellvertretender Anführer die Spitze übernommen hatte.

Modrige, abgestandene Luft strömte den Rockern entgegen und legte sich beklemmend auf die Atemwege. Die vier Taschenlampen stachen helle Lichtbahnen in die Dunkelheit.

Die Höhle war zum Glück hoch genug, sodass niemand von ihnen mit dem Kopf an die Decke stieß.

Totenstill war es.

Noch erreichte die Rocker der Schein des kleinen Feuers, doch schon bald wurden sie von der Dunkelheit verschluckt.

»Hier finden wir höchstens ein paar tote Ratten«, knurrte Red Bull, »aber kein Gold.«

»Man kann nie wissen«, flüsterte Stiletto, der von Natur aus abergläubisch war und dem die ganze Sache sowieso zu unheimlich vorkam. Er hätte lieber draußen Wache gehalten.

Unter den Stiefeln der Rocker knirschte Dreck. Das waren die einzigen Geräusche, die die Stille durchbrachen.

Selbst die abgebrühten Rocker hielten den Atem an.

Plötzlich blieb Red Bull stehen. Soccer, der nicht aufpasste, rannte auf.

Red Bull zischte einen wütenden Fluch und rammte seinen Ellenbogen in Soccers Magen.

»Mistkerl!«, ächzte Soccer, unternahm aber nichts.

Soccer beschrieb mit seiner rechten Hand einen Kreis. Und jetzt sahen es auch die anderen.

Ein Eisengitter verhinderte ein Weitergehen.

»Mensch, dahinter liegt bestimmt ein Schatz«, flüsterte Skipper. »Das Gitter werden wir auch noch schaffen.«

Er wollte losrennen, doch Red Bull hielt ihn zurück.

»Ich vertrete hier den Boss. Oder willst du ein paar Zähne verlieren?«

»Kannst es mal versuchen.«

Red Bull antwortete nicht, sondern ging weiter. Nach fünf Schritten stand er vor dem Gitter.

Es war völlig verrostet und bestand aus armdicken Eisenstangen. Auch die anderen Rocker waren an das Gitter getreten und leuchteten mit ihren Taschenlampen in das dahinterliegende Verlies.

Eine seltsame Kälte lag plötzlich in der Luft. Es war ein eisiger Hauch, der die vier Rocker umwehte.

Noch merkten sie nichts, ahnten nicht, dass sie bereits in der Falle des Dämons saßen.

Die Lichtfinger der Lampen erhellten das Verlies. Stück für Stück tasteten sie es ab, leuchteten auch in den letzten Winkel.

Und dann sahen sie die Gestalt.

Sie lag auf dem Boden, und ein grässliches Stöhnen drang aus ihrem Mund.

Lange Totenfinger tasteten über den Boden. Ein schreckliches Gesicht schälte sich aus der Dunkelheit.

Es war nicht das Gesicht eines Menschen. Es gehörte einem Ungeheuer.

Rote Augen glühten in der Physiognomie. Augen, die die Rocker auf der Stelle bannten. Gleichzeitig wurde der Hauch noch kälter, umklammerte die Körper der Eindringlinge und ließ sie fast zu Stein erstarren.

Der Dämon lachte schaurig. Seine Arme schlugen magische Zeichen. Sein Mund formte Worte.

»Ihr habt mich befreit, und deshalb werde ich euch am Leben lassen und zu Dienern des Teufels machen.«

Die Totenhände schoben sich durch die Gitterstäbe, malten seltsame Symbole der Schwarzen Magie auf die Gesichter der Rocker.

Und dann geschah das Grauenhafte.

Die Köpfe der Rocker begannen sich zu verwandeln. Die Haut trat zurück und gab die blanken Knochen frei. Die langen Haare fielen ab. Kahl glänzten die Schädel.

Der Dämon hatte den ersten Teil seiner Rache vollendet. Er hatte die Köpfe der Rocker in Totenschädel verwandelt, zum Brandmal eines besessenen Teufels …

Tom Tarras war am Höhleneingang stehen geblieben. Angewidert verzog er das Gesicht. Die herausströmende modrige Luft schlug ihm auf den Magen. Jetzt war er froh, nicht mitgegangen zu sein.

Die Umrisse der vier Rocker verschmolzen im Innern der Höhle mit der Dunkelheit. Dann und wann huschte nur noch der schwache Strahl einer Taschenlampe durch die Dunkelheit.

Tom Tarras drehte sich um. Mit dem Jackenärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Das Lagerfeuer warf zuckende Schatten auf sein kantiges Gesicht.

Lässig schnippte sich Tarras ein Stäbchen aus der Packung.

»Gib mir auch eine«, hörte er Ginnys Stimme.

Das Girl hockte am Feuer. Ginny hatte es sich auf einem Stein bequem gemacht und das rechte Bein lang ausgestreckt. Das linke hatte sie angewinkelt. Der Minirock war weit hochgerutscht, und die sonst weißen Schenkel wurden durch das Feuer mit einem rötlichen Schimmer übergossen.

Es lag auf der Hand, was Ginny wollte.

Tom warf ihr einen Glimmstängel zu, den Ginny geschickt auffing. Sie griff nach einem brennenden Zweig und zündete sich die Zigarette an.

Würziger Rauch kräuselte in den Nachthimmel.

Tom Tarras legte sich neben Ginny. Er hatte die Augen halb geschlossen und blinzelte in den dunklen Himmel. Die Zigarette verqualmte zwischen seinen Lippen.

Ginny beugte sich zur Seite. Leicht stieß sie den Rockerboss an. Tarras wandte nicht einmal den Kopf. »Was willst du?«

»Kannst du dir das nicht denken?«

»Deshalb sollten wir also allein bleiben.«

»Genau.«

Tom Tarras wälzte sich träge herum. »Ich hab aber keine Lust. Vielleicht nachher.«

»Wer weiß, was dann ist«, maulte Ginny.

Sie konnte sich diesen Ton erlauben, da Tom und sie allein waren. Wenn Toms großkotzige Freunde nicht in der Nähe waren, konnte er manchmal ganz zugänglich sein.

Tom legte die Zigarettenkippe auf seine Mittelfingerkuppe und schnippte den Glimmstängel mit einer lässigen Bewegung seines Daumennagels ins Feuer.

Auch Ginny warf ihre Zigarette weg. Ihre Hände fuhren mit einer spielerischen Handbewegung unter Toms Lederjacke. Die Fingerspitzen streichelten seine behaarte Brust.

Dicht über sich sah Tom die verlockenden Lippen seiner Braut. Und er spürte, wie er schwach wurde.

»Nun, du Vollstrecker? Jetzt zeig mal deine Kunst«, hauchte Ginny und knabberte an Toms Ohrläppchen herum.

Der Rockerboss war in seiner Eitelkeit gekränkt. Er wollte seinem Namen alle Ehre machen.

Mit einem gekonnten Griff hatte er Ginnys Pullover hochgeschoben. Das Girl kicherte und drehte sich zur Seite. Es war wie immer. Sie zierte sich bewusst, weil das Tom noch mehr anstachelte.

Und Tarras reagierte prompt.

Seine Hände schnappten nach Ginny. Dabei musste er sich ein Stück zur Seite wälzen.

Im gleichen Augenblick erstarrte er zur Salzsäule. Sein Blick war auf den Höhleneingang gefallen und auf die Gestalt, die dort stand.

»Aber, Tom, was ist …«

Da sah es auch Ginny.

Zwei, drei Sekunden lähmte sie das Entsetzen. Sie saugte das Bild förmlich in sich auf, das sich ihren Augen bot.

Die Gestalt trug die Kleidung der Rocker. Doch der Kopf war verschwunden.

Er hatte einem Totenschädel Platz gemacht!

Die Flammen des Feuers tanzten über das beinerne Gebilde. Die Augenhöhlen glühten in einem seltsamen Licht. Der Mund klaffte auseinander. Das Gebiss bestand aus lückenhaften, spitzen Zahnstummeln.

Und da entlud sich Ginnys Entsetzen in einem gellenden Angstschrei, der wie ein Trompetenstoß in die Nacht hinausjagte, sich überschlug und mit einem Wimmern erstarb.

Das Girl schlug beide Hände vors Gesicht und warf sich in Toms Arme.

Auch Tarras war geschockt. Er konnte nicht begreifen, was er dort sah.

Diese Gestalt, dieses Ungeheuer – das musste Red Bull sein!

Tarras stöhnte. Ohne dass er es wollte, gruben sich seine Fingernägel tief in Ginnys Fleisch. Ein gequälter Atemzug drang aus seinem offenen Mund.

Ginny zitterte wie Espenlaub. Sie hatte ihr Gesicht an Toms Schulter vergraben.

Nur Sekunden waren seit dem Auftauchen der ersten Gestalt vergangen. Doch diese Zeit kam Tom Tarras wie eine Ewigkeit vor. Das Grauen umfasste ihn mit einer Riesenkralle.

Red Bull bewegte sich.

Staksig, unsicher.

Er kam aus der Höhle wie ein von Mordgier besessener Roboter. Aus dem grässlichen Totenmund drang ein schauriges Heulen, das sich in der Weite des Landes verlor.

Die Horrorgestalt ging auf Tom und Ginny zu. Langsam, aber unaufhaltsam.

Auch die zweite Gestalt hatte sich in Bewegung gesetzt. Tom erkannte, dass es Soccer war.

Mittlerweile hatte der Rockerboss auch seine Fassung wiedergewonnen. Er hielt alles für einen üblen Scherz. Übel, weil es diesmal ihn betraf.

»Lass den Mist, Red Bull«, rief er, »sonst schlage ich dir den dämlichen Schädel von den Schultern.«

Red Bull konnte oder wollte nicht hören. Er hatte sich schon bis auf drei Schritte dem Rockerboss genähert.

Da wurde es Tom Tarras zu viel.

Mit einer schnellen Bewegung warf er Ginny zur Seite und rammte seine Karatefaust gegen den blanken grinsenden Totenschädel.

Es gab ein hohles Geräusch, und gleichzeitig brüllte Tom Tarras schmerzerfüllt auf.

Er hatte sich beinahe seinen Mittelfingerknochen gebrochen.

Und nun schlug Red Bull zu.

Eine stahlharte Pranke dröhnte gegen Tarras’ Brust und schleuderte den Rockerboss gegen den Steinhaufen. Tarras fluchte und rollte sich ab.

Schon war die Horrorgestalt bei ihm. Sie hielt einen faustgroßen Stein zwischen den Fingern, hob beide Hände über den Schädel und wollte Tom den Stein auf den Kopf schmettern.

Der Rockerboss besaß glänzende Reflexe.

Wie eine wendige Forelle schnellte er zur Seite.

Der Stein pfiff über ihn hinweg.

Sofort war Tarras wieder auf den Beinen.

Da stieß Ginny einen gellenden Angstschrei aus.

Tarras riss den Kopf herum. Sein Herzschlag drohte zu stocken.

Die zweite Horrorgestalt hatte Ginny gepackt. Zwei gnadenlose Hände pressten ihren Hals zusammen.

Tom Tarras hetzte los. Er flog förmlich über den Boden und schmetterte seine geballten Fäuste in Soccers Rücken.

Soccer wurde zur Seite geschleudert und ließ Ginny los. Das Girl fiel zu Boden, doch Tarras riss es sofort wieder auf die Beine.

»Komm! Wir müssen weg hier!« Seine Stimme überschlug sich.

Wie ein Stoffbündel zog er Ginny hinter sich her. Der Körper des Mädchens schleifte über den Boden. Rock und Pullover rissen auf. Spitze Steine zogen blutige Schrammen über Ginnys Körper, doch das Girl spürte den Schmerz nicht.

Auch Tarras keuchte.

Zum Glück hatte er seine Maschine günstig abgestellt. Er brauchte nicht zu drehen, um hinunter ins Dorf fahren zu können.

Doch auch Red Bull hatte erkannt, was Tarras vorhatte. Er schnitt dem Rockerboss den Weg ab.

Wieder drang dieses schreckliche Geheul aus seinem Mund. Die Arme weit vorgestreckt, stürzte er auf Tom Tarras zu.

Tom ließ Ginny los.

Er wirbelte herum und sprang den Unheimlichen mit gestreckten Beinen an.

Seine Füße krachten gegen die Brust des Monsters. Hinter dem Stoß lag eine ungeheure Wucht, und Red Bull wurde einige Meter zurückgeschleudert.

Er prallte auf den Boden und überschlug sich mehrere Male.

Sofort setzte Tarras nach. Er wusste mit einem Mal, dass er es nicht mehr mit Menschen zu tun hatte, sondern mit modernen Ungeheuern.

Red Bull war schon wieder halb hochgekommen. Er war sich seines Sieges sicher, denn mit normalen Waffen konnte man ihm nicht beikommen.

Abermals traf Tom Tarras richtig.

Wie vom Katapult abgezogen, segelte der Unheimliche nach hinten. Genau auf das Feuer zu.

Brennende Zweige und Äste brachen unter seinem Gewicht. Funken stoben auf. Gierig griffen die Flammen nach der ledernen Kleidung. Im Nu stand das Monster in Flammen.

Tarras wandte sich ab. Er rannte zu Ginny zurück.

Auf halbem Weg erreichte ihn Red Bulls Todesschrei. Tarras drehte sich nicht um. Er wollte dieses Ungeheuer nicht mehr sehen.

Ginny hatte sich gegen die Maschine gestützt. Der Schrecken stand in ihrem Gesicht wie eingemeißelt.

Tarras kickte den Ständer weg, schwang sich auf den ledernen Sattel.

»Rauf, verdammt!«, brüllte er.

Ginny gehorchte automatisch. Sie kletterte auf den Rücksitz, während Tom schon den Starter durchtrat.

Die Harley kam sofort.

Tarras gab Gas. Wuchtig preschte die Maschine vor. Der Scheinwerfer jagte eine helle Lichtbahn in die Nacht, streifte auch den Höhleneingang, als Tarras einem Felsbrocken ausweichen musste.

Für einen Sekundenbruchteil sah er die beiden anderen Rocker auftauchen. Auch auf ihren Schultern saßen die schrecklichen Totenschädel.

Dann war der Spuk vorbei.

Im halsbrecherischer Manier jagte Tom Tarras den Weg hinunter. Ihm saß im wahrsten Sinne des Wortes der Teufel im Nacken.

Tarras sah jedoch nicht, dass die drei Monster-Rocker zu ihren Maschinen liefen und sich auf die Sättel schwangen.

Sekunden später dröhnten die Motoren. Die Monster-Rocker waren zu einer gnadenlosen Hetzjagd aufgebrochen.

Sie wollten nur noch eins.

Töten!

So fest es ging, klammerte sich Ginny an den vor ihr sitzenden Tom Tarras. Sie hatte den Kopf schützend gegen den breiten Rücken des Rockers gepresst und konnte trotzdem das heiße Angstgefühl nicht überwinden.

Ja, Ginny hatte Angst, höllische Angst vor diesen unheimlichen Gestalten. Sie zitterte am ganzen Leib. Ihre Zähne schlugen wie im Schüttelfrost aufeinander, und sie tat das, was sie seit langer Zeit nicht mehr gemacht hatte – beten.

Tom Tarras fuhr wie der Teufel persönlich. Noch nie hatte er seine Harley-Davidson so schnell einen schmalen Weg hinuntergejagt. Es war ein regelrechtes Glücksspiel. Nur die kleinste unbedachte Drehung, und die beiden würden im Graben landen. Was das bei der Geschwindigkeit bedeutete, war jedem klar.

Tom Tarras wollte weg von diesem Ort. Er hatte vor, direkt nach London durchzufahren und sich dort erst einmal von den schaurigen Erlebnissen zu erholen.

Doch innerhalb von Sekunden musste er diesen Entschluss ändern.

Ginny war es, die plötzlich aufschrie.

»Sie kommen hinter uns her, Tom!«, brüllte sie gegen den heulenden Fahrtwind an. »Tom, fahr schneller. Ich bitte dich.«

Und Tarras gab noch mehr Gas.

Ginny hatte den Kopf gewandt. Sie sah die drei Scheinwerfer der Rockermaschinen. Die Kegel kamen ihr vor wie leuchtende gelbe Fratzen.

»Wir werden im Dorf Schutz suchen!«, schrie Tarras. »Bis London schaffen wir es nicht mehr. Wenigstens nicht mit der Tankfüllung. Und wenn wir erst mal aufgehalten werden, ist sowieso alles vorbei.«

Ginny gab keine Antwort. Stattdessen stieg ein trockenes Schluchzen in ihrer Kehle hoch.

Die Ortschaft rückte näher.

Schon konnte man deutlich die ersten Lichter erkennen. Noch eine Kurve, und dann waren sie da.

Der Rockerboss ging vom Gas. Dann kam die Kurve. Der breite Scheinwerferstrahl schwenkte und glitt über ein aufgestelltes Plakat.

»Feuerwehrfest in Scalford« war dort in bunten Buchstaben aufgepinselt.

Schlagartig kam dem Rockerboss die Idee. Wo Menschen waren, konnten sie sich verstecken.

Tom Tarras drosselte die Geschwindigkeit noch weiter. Er kniff die Augen zusammen und hielt nach einem Wegweiser Ausschau, der ihn zu dem Festplatz führen sollte.

Er fand ihn. Es war ein Transparent, geschmückt mit einem grünen Pfeil.

Tarras lenkte die Maschine durch mehrere kleine Seitenstraßen und erreichte schließlich das Ortsende.

Bis hier war der Lärm des Festes zu hören.

Tarras stoppte. »Aus dem Sattel«, rief er seiner Braut zu.

Ginny sprang auf den Boden, während Tarras seine Harley-Davidson in eine schmale Gasse schob. Er stellte sie kurzerhand an einer Hauswand ab.

Dann lief er wieder zu Ginny zurück. Beide waren in Schweiß gebadet. Es war nicht nur die Hitze, sondern auch die Angst, die ihnen das Wasser aus den Poren trieb.

»Und jetzt?«, fragte Ginny bibbernd.

Tarras blickte sich kurz um. Mit einer automatischen Handbewegung wischte er sich den Schweiß aus der Stirn.

»Wir werden uns unter die Leute bei der Feier mischen. Dann warten wir ab, bis alles ruhig ist, und verschwinden hinterher. Ich möchte noch in dieser Nacht in London sein.«

Ginny fasste nach Toms Hand und drückte sie. Der Rockerboss erwiderte den Druck. Er spürte plötzlich, dass dieses Girl etwas für ihn übrig hatte. Ein seltsames, nie gekanntes Gefühl bemächtigte sich seiner. Bisher hatte er alle Bräute nur fürs Vergnügen genommen, aber das hier war anders. Das Wissen um die Gefahr hatte die beiden jungen Leute zusammengeschweißt, und Tom Tarras wurde klar, dass er Ginny jetzt beschützen musste.

Er zog sie mit sich fort. »Komm, gehen wir.«

»Aber wie ich aussehe. Ich kann doch nicht so …«

»Denkst du, darauf können wir jetzt Rücksicht nehmen? Es geht um unser Leben, verstehst du?«

»Ja, Tom, du hast recht«, erwiderte Ginny leise und nickte tapfer.

Der Ort Scalford hatte an diesem Samstag seinen großen Tag. Heute sollte das jährlich stattfindende Feuerwehrfest gefeiert werden.

Alles, was Rang und Namen hatte, war auf den Beinen. Der Bürgermeister nebst den übrigen Honoratioren des Ortes, eine Tanzgruppe und natürlich die Einwohner.

Dafür hatte man das große Zelt aufgebaut. Es stand am östlichen Rand des Dorfes und fasste einige hundert Personen. Zwei Musikkapellen waren engagiert worden, die schon am frühen Nachmittag damit angefangen hatten, die Leute durch ihre Marschrhythmen in Stimmung zu bringen.

Doch das richtige Programm begann erst am Abend. Der Nachmittag gehörte den Kindern, die sich um die zwei Karussells geschart hatten und für einige Pennys damit ihre Runden drehen konnten.

Pünktlich um neunzehn Uhr begann das Fest. Jeder Platz in dem großen Zelt war besetzt. Die gestaute Hitze trieb den Gästen den Schweiß auf die Stirn, und je mehr die Leute tranken, umso größer wurde ihr Durst und umso stärker gerieten sie ins Schwitzen. Doch das alles tat der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil, es ging erst richtig los.

Es war wie beim Aufmarsch der Gladiatoren. Hintereinander zogen die Mitglieder der zwei Kapellen ein. Stolz hielten sie ihre Musikinstrumente in den Händen. Blinkende Blechorden prangten auf den Uniformröcken, und man sah es den Gesichtern der Männer an, wie ergriffen die Musiker waren.

Kaum hatte der Erste das Zelt betreten, als jemand einen Klatschmarsch anstimmte. Schon bald hallte das rhythmische Händeklatschen durch das Dorf.

Militärisch zackig marschierten die Musiker durch die engen Tischreihen bis zu ihrem Podium an der langen Querseite des Zeltes.

Ein Tusch dröhnte durch den Saal.

Und dann trat der erste Redner an das Mikrophon. Es war der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr.

Seine Ansprache war weitschweifig und beinhaltete letzten Endes nichts. Die Menschen begannen sich zu langweilen, und einige jüngere Gäste stießen schon die ersten Pfiffe aus.

Auch Dave Lipton gefiel die Selbstbeweihräucherung nicht. Er saß mit Jenny Sheer ziemlich am Ende der langen Tischreihe.

Dave kam aus London, war aber hier in Scalford geboren. Nach der Schule war er in die Hauptstadt gegangen, da dort die Chancen wesentlich besser für ihn waren. Und Dave hatte es geschafft. Er war zur Polizei gekommen und schon mit achtundzwanzig Jahren stellvertretender Leiter eines kleinen Vorstadtreviers. Sein Verdienst war nicht schlecht, und so konnte er auch ans Heiraten denken.

Befreundet war der gutaussehende, schlanke Dave schon seit einiger Zeit mit Jenny Sheer, der Tochter eines Tierarztes. Sie kannten sich seit ihrem Kindesalter, und daraus hatte sich dann im Laufe der Jahre eine Freundschaft entwickelt, die schließlich mit einer Verlobung geendet hatte. Heiraten wollte man erst im nächsten Jahr, denn dann war es Dave erst möglich, an eine geeignete Wohnung zu kommen.

Obwohl Jenny, wie man im Volksmund sagt, auf dem flachen Land aufgewachsen war, sah sie wahrhaftig nicht aus wie die Hauptfigur aus einem Heimatroman. Jenny war aufgeschlossen und stets nach der neuesten Mode gekleidet. Sie trug ihr dunkelbraunes Haar in kunstvolle Locken gelegt und hatte eine Figur zum Anbeißen. Jedenfalls pflegte das Dave immer zu sagen, und er musste es wissen.

Natürlich langweilte sich Jenny ebenfalls. Dave sah es an ihrem Gesichtsausdruck, aber da Jennys Vater zugleich einer der führenden Bürger der Stadt war, konnte sie es sich nicht leisten, einfach wegzugehen.

Im Gegensatz zu Dave Lipton. Er beugte sich nach rechts und brachte seinen Mund dicht an Jennys Ohr.

»Ich werde mal für ein paar Minuten verschwinden. Halt mir so lange den Platz warm. Das Geschwafel ist ja nicht zum Aushalten.«

Jenny nickte. »Ist gut.«

Dave erhob sich behutsam und schlich über die dicken Holzbohlen des Zeltbodens nach draußen. Seinen Eintritt hatte er bezahlt, und als äußeres Zeichen dafür blinkte eine kleine Plakette an seinem Hemd.

Die Zeltwächter, die auch das Eintrittsgeld kassiert hatten, hockten auf ihren Stühlen und zählten die Einnahme.

»Lasst sie euch nur nicht stehlen«, meinte Dave und grinste.

»Keine Angst. Wir wissen ja, dass du Polizist bist und auf uns aufpasst.«

Dave lachte. »Ich bin außer Dienst.«

»Ein Polizist ist immer im Dienst.«

»Wenn ihr das meint«, sagte Dave und schlenderte weiter.

Die Luft draußen war eine richtige Wohltat gegen den stickigen Mief im Zelt. Dave Lipton reckte sich, als wolle er damit seine Müdigkeit aus den Knochen schütteln. Dann fischte er nach seinen Zigaretten.

Vorhin im Zelt hatte er nicht geraucht. Die Luft war sowieso schon schlecht genug. Dave kam der Gedanke, sich Jenny zu schnappen und einfach zu verschwinden. In irgendeinen Wald gehen und dort den Rest der Nacht verbringen. Das Wetter war dafür ideal. Es hatte lange keinen so schönen Sommer gegeben.

Gedankenverloren blies Dave Lipton den würzigen Rauch in den Himmel. Er hatte sich einige Schritte vom Zelt entfernt, passte nicht auf und stolperte über eines der Halteseile.

Dave konnte sich im letzten Augenblick noch an der Zeltplane festhalten. Die Zigarette fiel zu Boden. Der Polizist trat sie mit dem Absatz aus. Er hob den Kopf und wollte sich gerade wieder umdrehen, da sah er die beiden Gestalten.

Es waren ein Mann und eine Frau. Sie hatten sich beide mit dem Rücken gegen die Zeltwand gepresst und beobachteten Dave aus schmalen Augen.

Dave Lipton kannte sie nicht. Aber das hatte nichts zu bedeuten, schließlich lebte er die meiste Zeit des Jahres in London und kam nur zu Besuch nach Scalford.

»Wollt ihr nicht ins Zelt kommen?«, rief er.

»Ich weiß nicht, ob wir eingeladen sind«, erwiderte der Mann und kam näher.

Jetzt erkannte Dave, dass er in seinem Alter war, wenn nicht noch jünger. Und Dave kannte auch die Lederkleidung. Er wusste haarscharf, wo er den Kerl einzustufen hatte.

Sofort stellte sich der Polizist auf Abwehr ein. »Was wollt ihr hier?«

Tarras grinste schmal. Er ließ Ginny los und stand plötzlich mit zwei Sprüngen vor Dave Lipton.

»Wir brauchen ein Versteck, Kumpel, verstehst du? Nur für diese eine Nacht. Du brauchst es auch nicht umsonst zu tun. Ich bezahle es dir.«

Lipton lachte spöttisch. »Ein Rocker, der für etwas bezahlt? Sehr merkwürdig.«

In Tarras schoss wieder die Wut hoch. Aber er musste sich beherrschen.

»Okay, Kumpel, ich habe jetzt keine Lust mehr, mit dir darüber zu diskutieren, aber uns sitzt die Angst im Nacken, und wenn du nicht aufpasst, wird es dir ebenso ergehen.«

Tarras’ Stimme klang beschwörend, und Dave war Menschenkenner genug, um zu wissen, dass dieser Rocker nicht bluffte.

»Was ist geschehen?«

»Wenn ich dir das erzähle, glaubst du es mir doch nicht. Wir werden verfolgt. Von sogenannten Rockern. Aber es sind keine normalen Menschen, sondern …« Tarras’ Gesicht wurde plötzlich zur Maske. »Verdammt, da kommen sie schon!«

Dave Lipton riss den Kopf herum.

Zuerst hörte er das Dröhnen der Motoren, dann sah er die drei hellen Lichtbahnen, die von den Scheinwerfern in die Dunkelheit gestochen wurden, und den Platz vor dem Zelt taghell erleuchteten.

»Was soll das? Was …«

»Weg hier!« Tarras packte den jungen Polizisten an der rechten Schulter und zog ihn gegen die Zeltwand.

Doch da waren die Rocker schon heran.

Wie Monster aus einer anderen Welt tauchten sie auf und rasten genau auf den Zelteingang zu …

Die Monster-Rocker entfesselten die Hölle!

Drei mörderische Todesboten jagten in einem halsbrecherischen Tempo auf den Zelteingang zu. Der infernalische Krach der Motoren übertönte sogar den Lärm, der aus dem Zelt drang.

Auch die beiden freiwilligen Kassierer hatten den Lärm gehört. Wie aufgescheuchte Hühner sprangen sie nach draußen.

In der nächsten Sekunde schon blendeten sie grelle Scheinwerferstrahlen. Schützend rissen die Männer ihre Arme vor die Gesichter.

Die Monster-Rocker jagten auf die Kassierer zu. Staub und Dreck wurde von den durchdrehenden Rädern in dicken Wolken aufgewirbelt.

Die Männer hatten keine Chance.

Zwei grässliche Schreie mischten sich in den Lärm der fahrenden Maschinen. Wie Puppen flogen die Männer zur Seite und blieben bewegungslos liegen.

Die Rocker rasten in das Zelt.

Die schweren Maschinen fegten die kleine Holzkasse zur Seite, als wäre sie eine Streichholzschachtel. Geldmünzen klirrten über den Boden.

Dann waren die Rocker auf der Tanzfläche. Alles ging rasend schnell, und kaum einer der Festgäste begriff, was geschah.

Die Monster-Rocker jagten über die leere Tanzfläche und fuhren genau auf die Reihen zwischen den langen Tischen zu.

Vorn am Podium hatten die Musiker noch nicht mitbekommen, was geschehen war. Sie spielten weiter, bis der Motorenkrach ihre Musik übertönte.