John Sinclair Großband 20 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Großband 20 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

10 gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band!


Mit über 250 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.

Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.


Tausende Fans können nicht irren - über 640 Seiten Horrorspaß garantiert!

Dieser Sammelband enthält die Folgen 191 - 200.

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Seitenzahl: 1411

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustrationen: Vincente Ballestar ISBN 978-3-7325-8759-9 www.bastei.de www.luebbe.de www.sinclair.de www.lesejury.de

Jason Dark

John Sinclair Großband 20 - Horror-Serie

Inhalt

Jason DarkJohn Sinclair - Folge 0191Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Fenris, der Götterwolf. Sein Reich war nicht die Unterwelt der Hölle und auch nicht die Erde. Er lebte in einem Zwischenreich, in den Dimensionen der alten Götter. Doch er wollte mehr. Das Leben gefiel ihm nicht. Er wollte ausbrechen und sich auf der Erde einen Stützpunkt erobern. Das gelang ihm mithilfe des Höllenfürsten. Und so kam Fenris, der germanische Götterwolf, auf die Erde. Aber der Teufel gab nichts umsonst. Das merkte Fenris schon sehr bald ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0192Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Hotel zur dritten Hölle. Ein Horror-Film machte seit Wochen in London einen ungeheuren Wirbel. Die Kinos konnten den Massenandrang nicht mehr bewältigen. Jede Vorstellung war ausverkauft. Jeder Zuschauer spürte am eigenen Leib, dass dieser Horror-Schocker anders war, aber niemand wusste, weshalb ihm gerade dieser Film stärker unter die Haut ging als alles bisher da gewesene. Das Geheimnis: Es wurde nicht gespielt. Was hier geschah, war brutale Wirklichkeit. Die Mordszenen waren echt. Und echt waren auch die Monster, die folterten, töteten und fraßen ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0193Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Der Mitternachts-Vampir. Als die Burg zerstört wurde, da hatte man ihn einfach vergessen. Aber er vergaß die Menschen nicht. Während die langen Jahre vergingen, lebte er weiter. Eingesperrt in einer Höhle und mit dem wahnsinnigen Durst nach Menschenblut. Er wusste, dass die Zeit kommen würde, wo er wieder zuschlagen konnte. Der Tag kam. Schwere Abbruchmaschinen räumten den Weg frei. Der Mitternachts-Vampir konnte sein Gefängnis verlassen. Wie vor langen Jahren ging er auf Jagd. Verlernt hatte er nichts ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0194Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Wenn Hexenhände töten. John Sinclair machte einen grausigen Fund. In einer Kiste entdeckte er sechs Hände. Er hatte sich noch nicht von dem Schock erholt, da griffen ihn drei geisterhafte Wesen an. Flirrende Wesen, die keine Hände besaßen. Der Geisterjäger wollte kein Risiko eingehen und dem Teufelswerk deshalb so schnell wie möglich ein Ende bereiten. Seine Rechte zuckte zur Beretta. Auf halbem Wege jedoch riss ein magischer Wirbelsturm sie zur Seite. John Sinclair wurde gegen einen Baum geschleudert. Dann griffen ihn die sechs Geisterhände an ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0195Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Eine schaurige Warnung. Nebel umwallte die einsame, zwergenhafte Gestalt, die auf die Häuser starrte und ihre Lippen zu einem grausigen Lächeln verzog. >>lhr werdet es büßen<<, flüsterte sie, >>alle werdet ihr es büßen. Dieser Wald gehört mir, mir allein. Und so soll es bleiben. Alle, die es ändern wollen, werden vernichtet. Wie er!<< Der Zwerg lachte höhnisch, griff hinter sich und holte einen Gegenstand hervor. Es war ein kopfloses Skelett. Wütend schleuderte Abrakim es auf die Straße und warf den Schädel hinterher ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0196Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Die Mörderklaue. Nach Wales führte uns der nächste Fall. Es gibt Menschen, die sagen, dass in dieser Provinz die Zeit stehen geblieben wäre. So kam es uns auch vor, als Suko, Sarah Goldwyn und ich den seltsamsten Friedhof entdeckten, den wir je gesehen hatten. Und wir bekamen es mit einem uralten Druidenzauber zu tun, durch den die geheimnisvolle Mörderklaue erschien ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0197Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Im Jenseits verurteilt. Maddox, der Dämonenrichter, rieb sich die Hände. »Auf diesen Augenblick habe ich mich seit Langem gefreut«, rief er, und seine gewaltige Stimme donnerte durch den dämonischen Tempel. »Ich bin unschuldig! Ich habe doch nichts getan!«, flehte Glenda Perkins den Unbarmherzigen an. Ihre Worte erstickten in den Tränen. Der Dämonenrichter wehrte ab. »Du gehörst zu Sinclair, und Sinclair ist unser Feind. Du wirst dasselbe Schicksal erleiden wie er ...« Glenda wusste, dass diese Worte das Todesurteil für sie bedeuteten ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0198Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Asmodinas Todeslabyrinth. John Sinclair war unterwegs in eine andere Dimension! Er trieb zwischen den Zeiten und dachte an die Vergangenheit. Nirgends blieb er. Stahlharte Hände rissen ihn weiter. Farbkaskaden stürzten ihm entgegen, er hörte schaurige Geräusche, Schreie und Jaulen. Es war nicht mehr weit zu Asmodinas Todeslabyrinth ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0199Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Das Erbe des Schwarzen Tods. Als der Schwarze Tod vernichtet wurde, brach auch sein Reich zusammen. Dämonen stürzten mit ihm und gingen ein in das Reich des Spuks. Asmodina übernahm die Nachfolge. Sie war ebenso machthungrig wie der Schwarze Tod und wollte alles unter ihre Kontrolle bekommen. Doch an eines dachte sie nicht. Der Schwarze Tod hatte ein gefährliches Erbe hinterlassen. Bei den meisten Schwarzblütlern war es in Vergessenheit geraten. Einer allerdings erinnerte sich. Der grüne Dschinn ... John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen
John Sinclair - Folge 0200Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989! Ich stieß das Tor zur Hölle auf. Der Blick seiner Augen war so kalt wie das Eis eines Gletschers. Und er sagte alles über den Mann. Menschenverachtung, Habgier, Brutalität, Mordlust und eine unbeschreibliche Gefühlskälte. Dieser Blick war immer so. Er spiegelte weder Freude noch Schmerz, weder Lebenslust noch Trauer wider, er blieb hart, kalt und grausam. Diejenigen, die ihn kannten, hatten längst daran gewöhnt. Sie hätten sich nur gewundert, wenn es anders gewesen wäre, denn sie erwarteten auch nichts anderes von einem Mann wie Solo Morrasso, der sich selbst den Namen Dr. Tod gegeben hatte und in einer Person einen wirklich einmaligen Fall darstellte. Er war ein Mensch-Dämon! John Sinclair - der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit!Jetzt lesen

Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumFenris, der GötterwolfVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Fenris, der Götterwolf

Sein Reich war nicht die Unterwelt der Hölle und auch nicht die Erde. Er lebte in einem Zwischenreich, in den Dimensionen der alten Götter.Doch er wollte mehr. Das Leben gefiel ihm nicht. Er wollte ausbrechen und sich auf der Erde einen Stützpunkt erobern. Das gelang ihm mithilfe des Höllenfürsten.Und so kam Fenris, der germanische Götterwolf, auf die Erde. Aber der Teufel gab nichts umsonst. Das merkte Fenris schon sehr bald …

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-2950-3

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Fenris, der Götterwolf

Sein Reich war nicht die Unterwelt der Hölle und auch nicht die der Erde. Er lebte in einem Zwischenreich, in den Dimensionen der alten Götter.

Doch er wollte mehr. Das Leben gefiel ihm nicht. Er wollte ausbrechen und sich auf der Erde einen Stützpunkt erobern. Das gelang ihm mithilfe des Höllenfürsten.

Und so kam Fenris, der germanische Götterwolf, auf die Erde.

Aber der Teufel gab nichts umsonst. Das merkte Fenris schon sehr bald …

Herbst …

Die Tage zwischen Oktober und November. Eine traurige Zeit. Stunden der Besinnung, der Musse, in denen der Mensch wieder an sein Ende denkt. Wo er zusieht, wie sich die Blätter der Bäume und Sträucher färben, kraftlos werden und dann zu Boden fallen, um zu sterben.

Im Herbst sind Beerdigungen noch trauriger, als zu irgendeiner anderen Jahreszeit. Da atmen die Friedhöfe den Geruch von Moder, Tod und Verwesung. Es ist die Zeit, wo sie auch öfter besucht werden. Man gedenkt wieder der Verstorbenen oder seilt sie hinab in das feuchte, kühle Grab.

Der Herbst lässt sterben …

Nebelschwaden drehen sich im geisterhaften Tanz. Und wenn es die Sonne einmal geschafft hat, so versuchen sie, ihr Licht wegzusaugen, um nur keine Helligkeit in die Welt des Trauers und des Sterbens zu lassen.

Die Nächte werden kühl. Erste Fröste härten die Oberfläche des Bodens und machen das herabgefallene Laub steif und knisternd.

Früher hatte auch ich den Herbst gemocht, doch heute gefiel mir die sterbende Natur nicht mehr. Vielleicht weil ich älter geworden war und immer daran erinnert wurde, wie vergänglich doch alles im Leben war. Und noch schlimmer war eine Beerdigung im Herbst. Eine Beerdigung, die mich persönlich sehr berührte, denn wir trugen eine Frau zu Grabe, die mir zu einer sehr guten Freundin geworden war.

Nadine Berger!

Sie war gestorben, und die geballte Kunst der Ärzte hatte es nicht geschafft, den Tod zu überwinden. Der Knochenmann aus dem Jenseitsreich war schneller gewesen. Mich hatte man mit diesem sinnlosen Tod treffen wollen, und meine Gegner hatten mich getroffen. Verdammt tief sogar. Ich hatte Nadines Mörder zwar vernichtet, ein gefährliches giftgrünes Monster aus einem Jenseitsreich, doch auch meine Silberkugeln hatten die Schauspielerin nicht mehr retten können. Zudem war ich noch verletzt worden. Einer von Logan Costellos Killer hatte mir eine Kugel ins Bein geschossen. Ich musste im Krankenhaus liegen. Nur ein paar Zimmer von dem Raum entfernt, in dem Nadine Berger starb. Ich hatte sie tot auf der Bahre liegen sehen. Es war ein Anblick gewesen, den ich nie in meinem Leben vergessen würde, und der Schock saß ietzt noch tief.1 In der abgelaufenen Woche hatte ich das Lachen verlernt. Ich musste im Krankenhaus das Bett hüten, damit die Beinwunde verheilte. Dabei hatte ich Zeit genug gehabt, um nachzudenken. War es ein Fehler von mir gewesen? Hätte ich nicht damit rechnen müssen, dass sich meine Gegner an irgendeiner Person aus meinem Freundeskreis rächen würden? Natürlich, damit musste man immer rechnen, wir lebten in einer permanenten Gefahr. Nur wenn man plötzlich mit dem Tod eines nahestehenden Menschen konfrontiert wurde, dann sah alles anders aus. Das war so schrecklich endgültig. Es war kein Traum, aus dem man erwachen konnte, sondern Realität, wobei die Fragen nie aufhörten. Hätte man nicht etwas retten können? Wäre dann nicht alles anders gelaufen?

Vor allen Dingen in den langen Nächten hatten mich die Selbstvorwürfe gequält. Da lag ich stundenlang wach, grübelte über den Tod der Nadine Berger und dachte auch über meine lebenden Freunde und mich nach. Ich zog eine Art Bilanz und musste mir eingestehen, dass ich in all den Jahren sehr wenig erreicht hatte. Ich war gegen das Böse, gegen die Mächte der Finsternis nicht angekommen. Viele hatte ich besiegen können, vor allen Dingen am Anfang, als sich die Dämonen noch nicht zusammengeschlossen und formiert hatten. Mit der Zeit hatten sie hinzugelernt und waren schlauer geworden. Wenn sie jetzt etwas taten, dann griffen sie konzentriert an und suchten sich Schwachstellen aus, wo sie uns treffen konnten.

Bei Nadine Berger hatten sie es geschafft. Sie war gestorben, und ich hatte es nicht verhindern können.

»Warum quälst du dich, John?« Suko, mein chinesischer Freund und frischgebackener Inspektor, stellte die Frage. Er saß neben mir und lenkte den Bentley, weil ich auf mein Bein noch Rücksicht nehmen musste. Wenn ich es anstrengte, schmerzte die Wunde an meinem linken Oberschenkel noch immer. Deshalb hatte ich es vorgezogen, Suko chauffieren zu lassen.

»Würdest du das nicht tun?« Die Antwort war eine Gegenfrage.

»Wahrscheinlich.«

»Na bitte.«

»Aber du hattest keine Schuld, John.«

Ich drehte meinen Kopf nach rechts und schaute Suko an. »Lass es, bitte, wir haben lange genug darüber diskutiert. Ich muss damit fertigwerden und schaffe es auch. Ich bin nur froh, wenn ich die Beerdigung hinter mir habe.«

»Sicher, John.«

Jetzt wissen Sie, dass wir uns auf der Fahrt zu Nadine Bergers Beerdigung befanden. Allerdings fand die nicht in London oder irgendeinem anderen Ort in England statt, sondern außerhalb, in Irland, einem kleinen Dorf, das Avoca hieß. Von Wales aus hatten wir mit einer Fähre übergesetzt und waren die restlichen 75 Meilen mit dem Bentley gefahren, die uns vom Anlegeplatz der Fähre und dem eigentlichen Zielort trennten.

Zu meiner Überraschung hatte Nadine Berger ein Testament gemacht. Und darin stand, dass sie im Falle ihres Todes gern in Irland beigesetzt würde. Sie hatte auch den Ort und den Friedhof benannt. In ihrer Jugend hatte Nadine einige Jahre in Avoca verbracht bei einer Tante. Die Zeit hatte ihr so gut gefallen, dass sie immer gern daran zurückdachte. Der kleine Ort war eine Oase der Ruhe für sie gewesen. Dort hatte sie sich nach manchen harten Drehtagen entspannt und einen inneren Frieden gefunden.

Hier sollte sie auch den letzten finden.

Wir hatten Avoca bereits erreicht. Ein kleines Nest im grünen Hügelland der Insel. Es gab große Schafsweiden, dichte Wälder, die jetzt voll mit buntem Laub waren, und von der nahen Ostküste wehte immer ein leichter Wind, der sich im Landesinneren verlor.

Es war ein sauberer Ort. Häuser mit roten Dächern, viele Gärten, gepflegte Wege, kleine Gassen und schmale Straßen. Und ein Friedhof, auf den ein Schild hinwies und der von einer hohen Steinmauer umgeben war.

Vom Schild bis zur Mauer war es nicht weit. Höchstens eine Minute fuhren wir.

Einige Wagen parkten an der schmalen Straße, die parallel zur Friedhofsmauer lief. Wir suchten eine Lücke, und Suko rangierte den Bentley hinein.

Wir stiegen aus.

Ich hatte lange gesessen und spürte mein Bein verdammt genau, als ich mich aus dem Wagen schwang. Die Wunde schmerzte, sodass die Stiche meine Hüften erreichten.

»Geht’s?«, fragte Suko.

»Sicher.«

Ein paar Schritte trennten uns von dem Friedhofstor. Es bestand aus Schmiedeeisen, war groß, wuchtig und verschnörkelt gearbeitet. Beide Hälften standen offen.

Wir waren nicht die einzigen, die den Friedhof betraten. Zwei schwarz gekleidete Männer zogen einen Wagen hinter sich her, auf dem mehrere Kränze lagen. Auf den schwarzen Schleifen las ich den Namen Nadine Berger.

Unser Kranz war auch dabei.

Ich verspürte einen Stich in der Herzgegend, als ich die Kränze sah. Hart musste ich schlucken. Irgendwie verloren schaute ich dem Wagen nach, der von den beiden Männern in Richtung Leichenhalle gezogen wurde, wo auch die Trauerfeier stattfand. Es war eine kleine Halle. Ihr angeschlossen war eine Kapelle. Der spitze Turm überragte auch die Kronen der Bäume, die herbstlich bunt und in allen Farben des Spektrums leuchteten. Viele Blätter lagen schon auf dem Boden. Sie bildeten dort einen dichten Teppich, der aufgewirbelt wurde, als wir hindurchschritten.

Der Himmel war bedeckt. Wenn ich hochschaute, sah ich gewaltige Wolkenberge, die weißgrau schimmerten. In den Zwischenräumen leuchtete ein fahles Blau.

»Sollen wir?«, fragte Suko.

Ich nickte, und wir betraten den Friedhof.

Ich konnte schon wieder gut laufen und humpelte auch nicht mehr. Nur wenn ich längere Strecken ging, merkte ich die Wunde. Dann brannte sie, und das Stechen erreichte sogar mein Knie.

Nadine hatte zahlreiche Kollegen gehabt. Einige Leute aus dem Filmgeschäft nehmen an der Beerdigung teil. Sie kamen mit einem Bus. Ich sah ihn, als ich einen Blick über die Schulter warf. Ich fand es gut, dass sie sich von ihrer Arbeit gelöst hatten.

Der Friedhof war alt und sehr gepflegt. Vom Platz vor der Leichenhalle aus konnte ich einen Blick auf ihn werfen. Gräberfelder unter hohen Bäumen. Grauweiße Grabsteine, manche als Kreuz, andere als Figuren oder Skulpturen, die allesamt anzeigten, wie fromm die Menschen hier waren.

Noch hatten wir eine Viertelstunde Zeit, bevor die Trauerfeier begann. Wir blieben vor der großen Eingangstür aus Holz stehen. Ein Kreuz war darauf abgebildet. Zur Tür führte eine Treppe hoch. Drei Stufen zählte ich.

Ich griff in die Tasche, holte eine Zigarettenpackung hervor und entnahm ihr ein Stäbchen. Die Flamme meines Feuerzeugs wurde zweimal ausgeblasen, dann brannte der Glimmstängel.

Ich trug einen dunklen Anzug und hatte mir den Mantel übergehängt. Der Wind spielte mit dem Stoff. Suko hatte sich ebenfalls dunkle Kleidung besorgt. Der Chinese hatte Nadine Berger von allen am besten gekannt. Bill Conolly hatte zwar auch mitkommen wollen, doch eine Grippe war ihm dazwischengekommen, und so blieb er zu Hause.

Still stehen bleiben konnte ich nicht und ging ein paar Schritte und wieder zurück.

Die Kollegen vom Film betraten gemeinsam den Friedhof. Ihre Gesichter waren ebenso blass wie die von Suko und mir. Eine ältere Frau fiel mir auf, die schon sehr oft zu mir hinübergeschaut hatte und immer dann wegblickte, wenn ich sie ansah. Auch Suko war sie aufgefallen. Er fragte mich: »Kennst du sie?«

»Nein.«

Ich hatte das Wort kaum ausgesprochen, als sich die Frau ein Herz fasste und auf uns zuschritt. Sie trug einen schwarzen Mantel, dunkle Strümpfe und Schuhe und auf dem Kopf einen Hut, der vorn an der Krempe einen Schleier besaß. Er reichte bis über die Augen. Ich schätzte die Frau auf über fünfzig Jahre. Obwohl sie den Schleier trug, sah ich, dass ihre Augen vom langen Weinen gerötet waren. In die blasse Gesichtshaut hatten sich scharfe Falten gegraben.

»Mr. Sinclair?«, fragte sie leise.

»Ja, Madam, das bin ich.«

»Mein Name ist Emily Berger. Ich bin Nadines Tante. Vielleicht werden Sie wissen, dass Nadine …«

Ich nickte. »Natürlich, Mrs. Berger. Nadine hat sich hier immer sehr wohl gefühlt.«

»Ja, das hat sie.« Die Frau schluckte. »Und sie hat mich auch nie vergessen. Immer schrieb sie und rief an. Sie war auch hier, als mein Mann vor zwei Jahren starb. Seitdem bin ich Witwe. Selbst hatten wir keine Kinder, Nadine war praktisch unser Kind, wenn sie hier war. Und nun bleibt sie für immer hier«, fügte die Frau leise hinzu, wobei mir ihre Worte einen Schauer über den Rücken trieben.

Ich lenkte vom Thema ab und stellte Suko vor.

Mrs. Berger lächelte verkrampft. »Nadine hat mir viel von Ihnen erzählt. Was Sie alles getan haben, um sie … na ja, Mr. Sinclair, Sie wissen es ja selbst.«

Und ob ich es wusste. Nur zu gut erinnerte ich mich an die herrlichen Stunden, die Nadine und ich in einem kleinen Hotel verbracht hatten. Wir hatten uns damals versprochen, dies irgendwann einmal zu wiederholen. Es gab kein zweites Mal.

Das Schicksal hatte zugeschlagen!

»Wie lange wollen Sie in Avoca bleiben?«, fragte die ältere Frau.

»Nicht sehr lange, Mrs. Berger. Man erwartet uns wieder in London. Sie wissen ja selbst, welch einen Job wir haben.«

»Ja, das hat Nadine erzählt. Zuletzt noch von der Teufelsuhr, die auf ihrer Verlobungsfeier verrückt gespielt hat. Ich habe sie immer gewarnt, sich zu binden. Vor ihrer Verlobung sprach sie noch mit mir und war unglücklich. Sie hatte diesen Menschen nicht geliebt, das wurde ihr plötzlich klar, und sie fragte mich um Rat.«

»Was haben Sie ihr gesagt, Madam?«

»Ich? Abgeraten, Mr. Sinclair. Nun ja, es ist nicht zur Verlobung gekommen, wenn die Umstände auch nicht eben glücklich waren.«

Da hatte sie recht. Ich erinnerte mich noch sehr deutlich an den Fall, der nicht einmal ein Jahr zurücklag.2

»Sie wird ihr Grab hier auf dem Friedhof finden, so wie sie es sich gewünscht hat. Hoffentlich hat sie ihre Ruhe.« Sie nickte uns zu. »Wir sehen uns dann später.«

»Moment noch«, hielt ich Emily Berger auf. »Was hat das zu bedeuten, was Sie da von der Ruhe gesagt haben?«

»Ich?«

»Sie haben gehofft, dass sie ihre Ruhe hat«, stand Suko mir bei.

»Vergessen Sie es.«

Suko und ich tauschten einen Blick. Sollte etwa ein Geheimnis diesen Friedhof umgeben, oder war der Satz nur dahingesagt? Wir wussten es nicht, und es war müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Vielleicht sahen wir auch Gespenster.

Inzwischen hatten sich auch die Leute vom Filmteam versammelt. Ich kannte keine der Personen. Die Frauen trugen Blumensträuße. Die meisten Kollegen hatten schwarze Kleidung angezogen. Mrs. Berger begrüßte ein älteres Ehepaar, das soeben den Friedhof betreten hatte.

Dann wurde die Tür zur Leichenhalle geöffnet. Ein weißhaariger Mann erschien. Er trug einen schwarzen Kittel, der seidig glänzte. Seine Gesichtsfarbe zeigte einen gelblichen Ton, als hätte er auch schon Zeit in einem Grab verbracht.

»Zur Beerdigung Nadine Berger bitte kommen«, sagte er.

Da Suko und ich ziemlich nahe der Treppe standen, waren wir die ersten, die die Leichenhalle betreten. Sie war ziemlich klein, nicht zu vergleichen mit denen auf Londoner Friedhöfen, wo Beerdigungen eine Art Massenabfertigung waren.

Mit Schaudern dachte ich dabei an den Fall der Medusa, der mich auf einen großen Londoner Friedhof geführt hatte. Dort hätte man mich und die Horror-Oma Sarah Goldwyn fast in der Verbrennungskammer verbrannt.

Wie auf Londoner Friedhöfen roch es hier nach Trauer, Tod, Vergänglichkeit und Vergessen. Der Boden war mit dunkelroten Fliesen belegt. Die Türen braun gestrichen. Der Gang führte zur Kapelle, deren Tür geschlossen war.

Dafür standen die beiden Hälften der Tür auf, wo es zur Leichenhalle ging. Wir warteten dicht an der Schwelle und ließen Mrs. Berger den Vortritt. Es hatten sich noch mehrere Menschen aus dem Ort zu ihr gesellt und sie in die Mitte genommen.

Emily Berger weinte, als sie die Halle betrat. Auch mir hing der Kloß schon zwischen Kehle und Magen. Etwas zögernd schritt ich hinter den Ansässigen her, Suko ging einen halben Schritt hinter mir.

Auf einem Podest stand der Sarg.

Unwillkürlich verhielt ich meinen Schritt, als ich die dunkelbraune letzte Ruhestätte sah. Ein Meer von Kränzen umgab ihn. Im Hintergrund saß ein junger Mann an einer Orgel und spielte Trauermusik, als wir eintraten.

Zwei Kerzen säumten den Sarg. Die Dochte brannten. Ein letztes Licht auf dem dunklen Weg in den Tod.

Die Sitzbänke bestanden aus braunem Eichenholz. Wir gingen in die Zweite hinein. Niemand sprach ein Wort. Die Schritte der Trauergäste waren gedämpft. Hin und wieder hörten wir ein leises Schluchzen. Emily Berger hatte bereits Platz genommen und weinte. Das Taschentuch presste sie dabei vor ihr Gesicht.

Wir nahmen Platz.

Nadines Kollegen und Kolleginnen besetzten die Reihen hinter uns. Auch von dort hörte ich das Schluchzen.

Suko und ich saßen mit steinernen Gesichtern in der Bank. Ich hatte meine Hände gefaltet und konnte den Blick nicht von dem Sarg wenden.

Er verschwamm …

Abermals überfielen mich die Erinnerungen. Ich sah Nadine vor mir. Lachend, lebenslustig, von einer Karriere träumend. Dann sah ich sie in Gefahr. Auf der Spitze eines Turms, in den Klauen von Dr. Tod, der sie umbringen wollte. Damals hatte ich ihr beistehen können. Wie auch bei dem Fall mit dem unheimlichen Mönch, der während der Dreharbeiten eines Films erschienen war.

Nie mehr würde ich ihr Lachen hören, ihre Stimme, ihr Gesicht sehen, in die herrlichen Augen schauen …

Das Orgelspiel verstummte, damit brachen auch meine Gedanken ab. Jemand schloss die Eingangstür, dafür wurde eine andere geöffnet. Sie befand sich an der Seite und war wesentlich schmaler.

Ein Pfarrer erschien. Er trug ein schwarzes Messbuch und hatte seine Hände darum gelegt. Mit gemessenen Schritten ging er auf das kleine Pult zu, vor dem er stehen blieb und das Messbuch auf die Schräge legte. Dann schaute er uns an.

»Ich weiß, dass es für alle unfassbar ist, aber Jesus Christus, unser Herr und Gott, geht manchmal Wege, die für einen Menschen unverständlich sind. Er hat ein blühendes Leben aus unserer Mitte gerissen und lässt uns in einem unbegreiflichen Schmerz und grenzenloser Trauer zurück …«

Der Pfarrer redete weiter, und er machte es gut. Er wusste ja nicht, woran Nadine Berger wirklich gestorben war. Ihm war gesagt worden, durch einen Unfall.

Die Zeit verging.

Ich konnte meinen Blick nicht von dem Sarg lösen, während draußen die Blätter von den Bäumen fielen, gegen die Fenster geweht wurden und es so aussah, als wollten die sterbenden Bäume der Toten einen letzten Gruß zusenden.

Als der Pfarrer seine Predigt beendet hatte, mussten wir uns erheben und gemeinsam für die Tote beten.

Es war ein Dialog zwischen Pfarrer und den Trauergästen, und der Geistliche holte nach dem Gebet einen silbernen Weihwassersprenger hervor. Er verließ seinen Platz, trat vor den Sarg und hob den rechten Arm, um die letzte Ruhestätte der Nadine Berger zu segnen.

»So segne ich dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, sagte er, wobei er das Kreuzzeichen mit dem Weihwassersprenger über dem Sarg schlug.

Wir sahen die glitzernden Perlen des Wassers, wie sie in einer langen Tropfenreihe auf das dunkle Holz fielen und dort nasse Flecken hinterließen.

Und jeder von uns hörte das Geräusch.

Es war ein drohendes Knurren.

Und es kam direkt aus dem Sarg!

*

Plötzlich schien die Szene zu erstarren. Der Pfarrer hatte die rechte Hand noch halb erhoben. Sie blieb auch in der Stellung, als er sich umdrehte und uns anschaute.

Angst und Unglauben las ich in seinen Augen.

Mrs. Berger war aufgesprungen. Sie stand in einer verkrampften Haltung vor der Bank, hatte die Hände zu Fäusten geschlossen und flüsterte die Worte, die ich sehr deutlich verstand.

»Der Fluch. Er ist zurückgekehrt …«

»Nein«, sagte der Pfarrer. »Nein …« Er schüttelte den Kopf und wischte sich über die Stirn.

Suko stieß mich an. »John, ich glaube, da stimmt so einiges nicht«, sagte er leise.

Ich nickte.

Hinter uns war es ruhig geworden. Die ehemaligen Kollegen der Toten saßen starr auf ihren Plätzen. Niemand wusste so recht, was er unternehmen sollte.

Suko bewegte sich. Er brachte seine Lippen dicht an mein Ohr, sodass nur ich die Worte verstehen konnte. »Wir müssen nachsehen, John. Um Himmels willen, da geschieht etwas.«

Alle zuckten wir zusammen, als wir das Heulen vernahmen, das dumpf aus dem Sarg klang. Es schien tief in meine Seele zu schneiden, und ich bekam Angst.

»Mein Gott, was ist das?« Eine Frau hatte hinter uns die Frage gestellt und damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Wir wollten der Sache auf den Grund gehen.

Noch vor Suko stand ich auf und drängte mich ein paar Schritte nach links, um das Ende der Bankreihe zu erreichen. Mrs. Berger hatte den Kopf gedreht und schaute uns aus großen, tränenverschleierten Augen an.

Der Pfarrer hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Als er uns neben sich bemerkte, bewegte er die Lippen.

»Was haben Sie vor?«

Ich blieb stehen. Ebenso leise gab ich die Antwort. »Wir müssen den Sarg öffnen.«

Der Geistliche wurde noch blasser. Seine Augen weiteten sich. »Nein, das können Sie nicht machen.«

»Dann geben Sie mir eine Erklärung für das seltsame Geräusch, Herr Pfarrer.«

»Vielleicht ist es überhaupt nicht aus dem Sarg gedrungen«, schwächte der Pfarrer ab.

»Mit dieser Antwort belügen Sie sich selbst.«

Wir konnten nicht mehr lange untätig herumstehen, denn die Trauergäste wurden unruhig. Sehr deutlich vernahmen wir das Tuscheln und Flüstern.

»Sie müssen sich entscheiden, Pfarrer!« , drängte auch Suko.

Der Geistliche nickte. »Gut, wie Sie meinen, meine Herren. Wir lassen den Sarg öffnen, aber nicht jetzt. Wenn die Trauerfeier beendet ist, ziehen wir uns zurück. Ist das eine Lösung, Mister?«

»Ja.« Ich nickte Suko zu. Er drehte sich um, und wir gingen wieder an unsere Plätze, verfolgt von zahlreichen Blicken. Bestimmt wollten die Leute wissen, was wir mit dem Pfarrer beredet hatten, doch ich sah keine Veranlassung, dies breitzutreten.

Wir nahmen wieder Platz. Mrs. Berger drehte sich eine Bankreihe vor uns um. Sie schaute mich an, und ich las Verstehen in ihren Augen. Die Frau wusste mehr, das lag auf der Hand. Vor der Leichenhalle hatte sie ebenfalls eine Bemerkung gemacht, und als das erste Knurren ertönte, hatte sie von einem Fluch gesprochen.

Längst war ich mir sicher, dass hier wieder ein Fall auf uns wartete. Ich hätte wirklich gern nachgeschaut, doch ich sah auch ein, dass wir auf die übrigen Trauergäste Rücksicht nehmen mussten. Meine Blicke konnte ich ebenfalls nicht von dem dunklen Sarg lösen. Welches Geheimnis verbarg er? Lag darin wirklich eine Tote – oder irgendein anderes Lebewesen?

Das war die große Frage, die ich hoffentlich bald beantwortet bekam.

Mit nicht mehr ganz so sicherer Stimme redete der Geistliche weiter. Er führte noch einen kurzen Lebenslauf der Verstorbenen auf, sprach von den Geheimnissen des Schicksals und von den Wegen des Herrn, die oft sehr verschlungen sind.

Eine Mini-Andacht schloss sich an die Predigt an. Mir kam es vor, als wäre der Pfarrer nicht so recht bei der Sache. Immer wieder schweifte sein Blick ab. Er schaute den Sarg an, wobei ich Skepsis in seinen Augen sah.

Schließlich beendete der Geistliche die Trauerfeier. Er machte es sehr geschickt, als er hinzufügte: »Die Versammelten möchte ich doch bitten, in etwa einer Viertelstunde sich am Hinterausgang der kleinen Kapelle zu versammeln. Wir werden von dort aus gemeinsam zum Grab gehen und die Tote auf ihrem Letzten Weg begleiten.«

Wir standen auf.

Sofort begann das Flüstern. Die Trauergäste hatten natürlich nicht vergessen, was geschehen war. Sie redeten darüber, ereiferten sich und manche wollten gar nicht mehr mit. Sie hatten Angst.

Irgendwie konnte ich sie sogar verstehen.

Wir waren die letzten in der Leichenhalle. Die meisten Trauergäste hatten sie bereits verlassen, als Mrs. Berger noch einmal auf uns zukam.

»Sie haben es gehört?«

Wir nickten.

»Und was hat es mit dem Fluch auf sich?«, erkundigte sich Suko. »Sie haben schließlich davon gesprochen.«

»Ja, das ist schlimm. Ich kann nicht mehr sagen. Nicht jetzt, der Pfarrer würde es nicht zulassen, aber es gibt den Fluch. Verlassen Sie sich darauf. Der Herrgott möge Sie beschützen.« Sie sprach die Worte und verschwand hastig.

»Hat Sie Ihnen auch von dem Fluch erzählt?«, fragte der Pfarrer, der plötzlich neben uns stand.

»Ja.«

Der Geistliche lächelte. »Hören Sie nicht darauf. Das ist Unsinn, ein alter Aberglaube.«

»Möglich.«

Scharf schaute mich der Geistliche an. »Oder glauben Sie etwa daran, dass sich die Wölfe der Toten bemächtigen und ihren Platz einnehmen?«

»Das würde zumindest das Heulen und Knurren erklären, das aus dem Sarg gedrungen ist«, hielt ich entgegen.

»Unsinn.« Die Stimme des Pfarrers klang ärgerlich. Scharf wandte er sich ab und ging davon.

Suko runzelte die Stirn. »Da liegt einiges im argen«, sagte er.

»Und wie.«

»Ich frage mich nur, warum der Pfarrer so schroff reagiert hat, John. Wahrscheinlich weiß er etwas und will es nicht wahrhaben«, gab der Chinese sich selbst die Antwort.

»So ist es.« Ein Mann mischte sich in unser Gespräch. Wir drehten uns um und sahen dem Mann entgegen, der vorhin an der Orgel gesessen hatte. Erst jetzt sah ich ihn näher. Er trug ebenfalls dunkle Kleidung, hatte ein schmales, dennoch fleischiges Gesicht und traurig blickende Augen. Die Nase stach zwischen den Wangen hervor wie ein übergroßer Tropfen.

Wir schauten ihn fragend an. Er sagte seinen Namen. Der Orgelspieler hieß Vincent Ulgar. Auch wir stellten uns vor, ließen die Berufsbezeichnung allerdings weg.

Vertraulich beugte Ulgar sich vor. »Der Pfarrer glaubt nicht daran«, sagte er in einem verschwörerischen Ton, aber ich.«

»Woran?«

»An die Wölfe, Mr. Sinclair. Sie sind nicht von dieser Welt. Das sind Geisterwölfe, die sich der Toten bemächtigen. Sie nehmen sogar den Toten die Körper weg. Glauben Sie mir, ich weiß es.«

»Und wie soll das geschehen?«, fragte Suko.

Ulgar schaute sich vorsichtig um. Er wollte sichergehen, dass ihn auch niemand beobachtete. »Die Geister der Wölfe schweben über diesem Dorf. Und wenn ihre Zeit reif ist, dann bemächtigen sie sich der Toten. Es gibt einen Austausch.«

»Und das glauben Sie?«

Ernst und lange sah mich der Organist an. »Ja, Mr. Sinclair, das glaube ich. Sie haben doch vorhin selbst gehört, welch ein Laut aus dem Sarg gedrungen ist.«

»Das hätte auch eine Täuschung sein können.«

»Nein, es war keine. Wirklich nicht. Verlassen Sie sich darauf. Ich bin mir da sicher.«

»Allerdings braucht man da einen Beweis.«

Ulgar ging einen Schritt zurück. »Um Himmels willen, Mr. Sinclair. Da rate ich ab. Die Wölfe sind gefährlich. Machen Sie sich nicht unglücklich. Nein, nur keinen Beweis. Wirklich nicht. Sie müssen mir so glauben.«

»Das fällt uns zumindest schwer«, erwiderte Suko.

»Fragen Sie nach dem verfluchten Kloster. Das will der Pfarrer auch nicht wahrhaben, aber ich war des nachts da und habe gesehen wie die Nonnen …«

»Vincent Ulgar!«

Der Organist zuckte zusammen, als er die Stimme des Pfarrers vernahm. »Ja, ja, ich komme«, antwortete er hastig, zog den Kopf zwischen die Schultern und verschwand.

»Ein seltsamer Kauz«, meinte Suko. »Ob er die Wahrheit spricht?«

Ich schaute auf den Sarg und hob die Schultern. »Keine Ahnung, Suko. Wir sollten trotzdem nachsehen.«

»Ja.«

Recht war mir das nicht. Ich hatte mir vorgenommen, Nadine Berger nicht noch einmal zu sehen, denn ich wollte sie so in Erinnerung behalten, wie sie gewesen war. Jetzt schien es so, als ginge kein Weg daran vorbei.

Suko merkte, was mit mir los war. »Es fällt dir schwer, nicht wahr?«

»Ja.«

»Willst du hinausgehen?«

»Auf keinen Fall. Sollte sich herausstellen, dass wirklich etwas an der Sache ist, möchte ich mich auf keinen Fall drücken. Das ist verständlich.«

»Klar.«

Die beiden Männer, die vorhin die Kränze gefahren hatten, betraten die Halle und schritten auf den Sarg zu. Sie wurden vom Pfarrer begleitet.

Der Geistliche sprach uns an. »Sind Sie immer noch der Meinung, dass der Sarg geöffnet werden muss?«

»Ja.«

»Aber ich sehe keine Veranlassung. Wir …«

Ich hatte mich entschlossen, mit offenen Karten zu spielen, zog den Geistlichen zur Seite und präsentierte ihm meinen Ausweis. Er schaute das Dokument an, und seine Augen wurden groß. »Sie sind von der Polizei, Mr. Sinclair?«

»Ja und mein Kollege auch.«

»Dann haben Sie etwas gewusst und sind …«

»Nein, nein, ich habe nichts gewusst. Nadine Berger war eine sehr gute Bekannte von mir. Ich wollte aus privaten Gründen mit zu ihrem Begräbnis und meinem Kollegen ergeht es ebenso. Ein dienstlicher Auftrag liegt nicht vor. Es könnte allerdings einer daraus werden, wenn sich unser Verdacht bestätigen sollte.«

Der Pfarrer krauste die Stirn. »Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll, Gentlemen, aber wenn Sie darauf bestehen, müssen wir den Sarg öffnen.«

»Ich bitte darum.«

Der Geistliche gab den beiden Männern einen Wink. Sie hatten in respektvoller Distanz gewartet und wohl kaum mitbekommen, dass wir Yard-Beamte waren.

Die Männer traten rechts und links an den Sarg. Ihren kleinen Wagen ließen sie stehen.

Ich warf einen Blick über ihre Köpfe und sah den Organisten an der schmalen Tür, die zur Kapelle führte. Er hatte sie spaltbreit geöffnet und schielte in die Trauerhalle.

Die beiden Helfer lösten die Verschlüsse. Sie arbeiteten geschickt. Man sah ihnen an, dass sie so etwas nicht zum ersten Mal machten. Niemand von uns sprach. Die Spannung hatte sich wie ein unsichtbares Band über uns gelegt.

Welch ein Anblick würde sich unseren Augen bieten? Lag Nadine Berger tatsächlich im Sarg oder war sie verschwunden?

Die Verschlüsse waren offen.

In gebückter Haltung warfen die Männer dem Pfarrer einen fragenden Blick zu.

Der Geistliche nickte.

Gemeinsam packten die Helfer den Deckel an. Sie hoben ihn nicht langsam weg, sondern wuchteten ihn hoch.

Wir hatten einen freien Blick.

Im Sarg lag nicht Nadine Berger, sondern ein Wolf!

*

Der Pfarrer fing sich als Erster. »Mein Gott«, sagte er und schlug hastig ein Kreuzzeichen.

Die Helfer waren blass geworden. Sie gingen zwei Schritte zurück. Ihnen, die viel mit Toten zu tun gehabt hatten, zitterten die Knie. Auch ich hätte am liebsten die Augen geschlossen, doch ich wollte Klarheit haben. Viel hatte ich in meiner Laufbahn gesehen, auch Schrecklicheres, aber was sich nun meinen Blicken bot, das ging mir unter die Haut.

Vielleicht deshalb, weil ich so persönlich betroffen war. Der Wolf lag auf dem Rücken, und er funkelte mich an. Die Augen zeigten eine grünliche Farbe, den gleichen Farbton, den auch die von Nadine Berger gehabt hatte.

Es war schlimm …

Ich musste sehr hart schlucken, um mein Entsetzen zu überwinden. Dieser Anblick traf mich wie ein Keulenhieb. Das dichte Fell des Tieres schimmerte dunkelbraun, und ich war mir nicht einmal sicher, hier einen Werwolf vor mir zu haben. Das Tier sah mir völlig normal aus.

Wenn nur die Augen nicht gewesen wären …

»Schließen sie den Sarg!«, ordnete ich an, und meine Stimme klang heiser.

Die beiden Männer gehorchten.

Als sie den Deckel nahmen, zitterten ihre Hände. Der Pfarrer, Suko und ich hatten uns abgewandt. Während der Deckel sich wieder auf das Unterteil niedersenkte, umklammerten die Hände des Geistlichen ein Holzkreuz. Die Lippen des Mannes bewegten sich im stummen Gebet. Für ihn musste eine Welt zusammengebrochen sein.

Auch Suko und ich hatten uns abgewendet, fuhren jedoch herum, als wir einen Schrei hörten. Einer der beiden Helfer hatte ihn ausgestoßen. Wir sahen den Grund.

Der Deckel lag noch nicht ganz auf dem Unterteil. Er würde auch nicht fest schließen können, denn über den Rand hatte sich eine bleiche Totenhand geschoben, an deren Finger lange Nägel wuchsen.

Die Hand einer Frau …

Eine Hand, die ich kannte, die Nadine Berger gehörte und keinem Wolf.

Ich riss den Männern buchstäblich den Sargdeckel aus der Hand und schaute in das Unterteil.

Dort lag Nadine Berger und kein Wolf …

Sie trug ein langes Totenhemd. Schneeweiß und bis zum Hals geschlossen. Trotzdem sah ich noch etwas von der schrecklichen Wunde, die ihr das Monster beigebracht hatte. Das Haar lag auf dem Kopfkissen. Ausgebreitet wie ein rotes Vlies. Die Augen waren nicht geschlossen. Sie wirkten wie kalte, grüne Murmeln, kein Leben befand sich mehr in ihnen.

Ich hörte mein eigenes Herz klopfen. Wie schwere Trommelschläge hallte es in meinem Kopf wider. Nun sah ich die Tote und keinen Wolf. Hatten wir uns getäuscht?

Der Pfarrer sprach das aus, woran ich auch ein wenig dachte. »Eine Halluzination. Wir sind einer Einbildung erlegen. Es gibt keinen Wolf. Wir haben uns getäuscht, wirklich. Weil wir fest daran geglaubt hatten, nahmen wir auch an, dass es ein Wolf sein müsste, der in dem Sarg lag. Jetzt sehen wir es ja. Es ist eine normale Tote.« Er atmete tief aus, als wäre er beruhigt.

Suko und ich waren es keineswegs. Ich brauchte meinen Freund nur anzuschauen, um zu erkennen, dass er das gleiche dachte wie ich. Nein, der Anblick des Wolfes war keine Halluzination gewesen, sondern echt. Ich war davon überzeugt, es hier mit einem schwarzmagischen Phänomen zu tun zu haben.

»Schließen Sie doch endlich den Sarg!«, fuhr der Pfarrer mich unmutig an.

Ich tat es. Noch einen letzten Blick warf ich auf Nadine Berger. Ihr Anblick ging mir durch und durch. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als würde sie die Hände ausstrecken und mich umarmen.

Ich legte den Deckel passend auf das Unterteil. Die beiden Männer verschlossen ihn wieder.

Als ich mich aufrichtete, war ich nass geschwitzt. Die letzten Minuten hatten mich wirklich stark mitgenommen. Ich konnte das Grauen noch immer nicht fassen.

»Können wir den Sarg jetzt wegschaffen?« , fragte einer der Männer. Er schaute den Pfarrer dabei an.

Der nickte. »Ja, bringen Sie ihn dorthin, wo der Weg beginnt. Wir werden eine normale Beerdigung durchführen.« Als wollte er sich selbst bestätigen, sagte er: »Es gibt keine Wölfe. Es gibt einfach keine. Wir haben uns getäuscht!«

Ich enthielt mich einer Antwort, war jedoch sicher, es besser zu wissen.

Auf seinen Gummirädern rollte der kleine Wagen lautlos davon. Ich schaute dem Sarg so lange hinterher, bis er nicht mehr zu sehen war.

Niemand sprach ein Wort. Bis der Pfarrer schließlich nickte. »Wollen Sie dann mitkommen?«

»Natürlich«, sagte ich.

Die übrigen Trauergäste waren bereits versammelt. Sie standen vor der Kapelle. Blass die Gesichter. Dass das Thema noch nicht erledigt war, entnahm ich ihren Worten. Sie sprachen flüsternd über die Trauerfeier und die seltsamen Geräusche aus dem Sarg. Wir wurden zwar mit fragenden Blikken bedacht, es wagte allerdings niemand, uns anzusprechen. Zu groß war die Unsicherheit.

An der Kapelle formierte sich der Trauerzug. Emily Berger und das Ehepaar aus dem Ort schritten direkt hinter dem Sarg her. Suko und ich bildeten die zweite Reihe. Hinter uns gingen die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen.

Ich mag keine Beerdigungen und auch keine Trauerzüge. Es war ein stiller Marsch über den herbstlichen Friedhof, denn auch die Natur ließ etwas von der Traurigkeit ahnen, die über den Gräberfeldern lag. Von allen Bäumen fielen die Blätter. Man konnte das Gefühl haben, große, bunte Schneeflocken würden in der Luft liegen.

Auch auf den Wegen hatte sich das Laub gesammelt. Es wurde von unseren Füßen aufgewirbelt, wenn wir hindurchgingen. Zuerst schritten wir über den älteren Teil des Friedhofes, wo manche Gräber so groß waren wie kleine Grundstücke. Die Grabsteine waren entsprechend prächtig. Hier hatten es sich die Leute noch etwas kosten lassen, ihre Toten zu begraben. Und sie behielten sie auch in einem ehrenden Andenken. Da war kein Grab ungepflegt, wie man es oft auf Großstadtfriedhöfen erlebt. Auf zahlreichen Gräbern brannten sogar kleine Lampen. Durch buntes Glas wurden die Kerzenflammen vom Wind geschützt.

Den Kies auf den Wegen sah ich kaum. Es wurde zumeist vom bunten Laub bedeckt.

Dann verließen wir den Hauptweg, und gingen dorthin, wo das neue Gräberfeld lag. Hier sah es anders aus. Zwar wuchsen noch Bäume, aber längst nicht so alte und hohe wie auf dem älteren Teil des Friedhofs. Diese hier waren frisch angepflanzt worden und würden erst in einigen Jahren ihre gewaltigen Kronen ausstrecken und ein natürliches Dach über die letzten Ruhestätten der Toten bilden.

In der Ferne sahen wir die sanften Hügelrücken. Sie schimmerten dunkelgrün.

Ich horchte, ob sich die makabren Laute aus dem Sarg nicht wiederholten. Es tat sich nichts, alles blieb ruhig, nur unsere Schritte und das leise Weinen der Trauergäste waren zu hören.

Der Pfarrer schritt vor dem Sarg. Er bog nach links in einen schmalen Weg ein, an dessen Ende wir einen frisch aufgeworfenen Lehmhügel entdeckten.

Unser Ziel!

Wir benötigten zwei Minuten, um es zu erreichen. Dann verteilten wir uns um das Grab, ließen jedoch eine Gasse, um den Pfarrer hindurchzulassen, während die beiden Helfer den kleinen Wagen mit dem Sarg auf der Ladefläche heranschoben.

Noch einmal sprach der Geistliche, und auch ein ehemaliger Kollege ließ es sich nicht nehmen, Nadine Berger einen letzten Gruß mit auf den Weg zu geben.

Ich war sehr froh darüber, dass die Leute vom Film nicht mitbekommen hatten, was sich in dem Sarg abspielte.

Noch einmal wurde mir bewusst, dass ich Nadine nie mehr so sehen würde, wie ich sie kannte. Ob ich wollte oder nicht, meine Augen wurden feucht. Vom Magen her stieß der Kloß in die Kehle und dann noch weiter.

Es war schlimm für mich …

Dann wurde der Sarg in das offene Grab gelassen. Die Männer benötigten zwei Seile. Wir schauten zu, wie er langsam in der Erde verschwand.

Ich wischte mir über die Augen.

Noch einmal trat der Pfarrer an den Rand des Grabes, nahm seinen Weihwassersprenger, und glitzernde Tropfen fielen auf das Holz. Der Geistliche sprach ein letztes kurzes Gebet. Es wurde von keinem Jaulen oder Knurren unterbrochen.

Dann war die Reihe an uns, dicht an das Grab heranzutreten und Blumen sowie Erde auf den Sarg zu werfen.

Emily Berger machte den Anfang. Sie schluchzte, als ein gelber Rosenstrauß auf den Sarg fiel. Ich war zur Seite gegangen, um den Spaten zu holen, der im Lehmhügel steckte. Suko sützte die Tante der Toten.

Etwa eine halbe Minute standen die beiden dort. Emily Berger weinte und flüsterte Worte, die ich nicht verstand. Dann war ich an der Reihe, häufte Lehm auf den Spaten und ließ ihn vom blanken Blatt in die Tiefe rutschen.

Es polterte dumpf, als der Lehm auf den Sargdeckel fiel. Eigentlich hatte ich etwas sagen wollen, letzte Abschiedsworte, aber ich brachte keinen Ton über die Lippen. Stumm stand ich da, und der Sarg verschwamm vor meinen Augen.

Wind wühlte meine Haare auf. Die Seitenteile des Mantels flatterten hoch. Ich sprach ein leises Gebet. Letzte Abschiedsworte für Nadine Berger.

Dann wandte ich mich beinahe abrupt ab, um Suko Platz zu machen. Auch er warf Lehm auf den Sarg und blieb für eine Weile stumm stehen, während ich mir die Nase putzte.

In diesen Augenblicken hatte ich das Bild aus der Trauerhalle vergessen. Mein Blick glitt über die Köpfe der meisten Trauergäste hinweg und verlor sich in der Weite des irischen Hügellandes. Hinter dem Friedhof stieg das Gelände sanft an. Eine prächtige grüne Weide, auf der Schafe das saftige Gras rupften und sich den Winterspeck anfraßen.

Schritte knirschten, und Suko blieb neben mir stehen. Er sagte nichts, sondern nickte nur.

Es dauerte seine Zeit, bis alle Trauergäste der Toten die letzte Ehre erwiesen hatten. Der Priester blieb auch bei uns. Sein Blick hakte sich in meinem Gesicht fest, doch ich zuckte mit keinem Muskel.

Irgendwann gingen wir. Ich hörte, dass Emily Berger in einem Gasthaus eine Kaffeetafel hatte decken lassen. Alle Trauergäste sollten sich dort versammeln.

Suko und ich wollten ebenfalls mitgehen. Allerdings keinen Leichenschmaus halten, aber vielleicht konnten wir etwas über das Geheimnis erfahren, das es in diesem Ort und der näheren Umgebung geben musste.

Wir ließen alle vorgehen, sodass Suko und ich den Schluss bildeten. Auch der Geistliche war schon weg. Als wir uns etwa fünfzig Yards von dem Grab entfernt hatten und uns bereits auf dem Weg befanden, der zum alten Teil des Friedhofs führte, blieb ich noch einmal stehen und drehte mich um.

Mein Blick schweifte über das Gräberfeld. Leer und verlassen lag es dort. Am Himmel segelten dicke Wolken. Sie sahen aus wie riesige, graue Wattebälle und bildeten die triste Staffage für einen Tag voller Trauer und Schmerz.

Und noch etwas sah ich.

Einen Schatten!

»Suko!«, zischte ich und deutete nach vorn.

Er sah den Schatten so eben noch. Er huschte aus dem offenen Grab, in dem eigentlich Nadine Berger hätte liegen müssen.

Ein Wolf!

Ein paar Schritte lief das Tier, blieb stehen, wandte den Kopf und schaute zu uns hinüber.

Dann jagte es mit langen Sprüngen weg, bis dicht wachsende Büsche es unseren Blicken entzogen.

Sofort rannten wir zurück. Gemeinsam erreichten wir das Grab, blieben stehen und schauten in die Tiefe.

Der Sarg befand sich noch dort. Allerdings zertrümmert, als hätten Urkräfte in ihm gewühlt und ihn auseinandergerissen.

Jetzt hatten wir den richtigen Beweis. In dem kleinen Ort Avoca ging etwas Schreckliches vor …

*

Die Gaststube war urgemütlich, allerdings auch überheizt. Für die Hitze sorgte ein Kanonenofen, der in einer Ecke stand und dessen Platte glühend rot strahlte. Die Kaffeetafel war im Hinterzimmer gedeckt worden. Die Trauergäste hatten schon Platz genommen. Wir trafen als Letzte ein, und zwei Kellnerinnen nahmen die Bestellungen auf. Wir schälten uns aus den Mänteln und suchten einen freien Platz.

Bis auf zwei Tische waren alle besetzt. Wir nahmen den dicht am Fenster.

Unaufgefordert stellte uns eine der Kellnerin zwei Gläser mit Schnaps hin. Eine gelblich trübe Flüssigkeit, die irgendwie seltsam roch. Suko schüttelte den Kopf und schob das Glas zu mir rüber. Dann bestellte er zwei Tassen Kaffee. Von dem auf dem Tisch stehenden Kuchen nahmen wir nichts.

Ich trank den ersten Schnaps. Er brannte in der Kehle wie Höllenfeuer. Das war wahrscheinlich ein selbst angesetzter, und den konnte man spüren. Im Magen breitete er sich schnell aus und verströmte gleichzeitig eine Wärme, die glühende Wangen brachte.

Den zweiten Schnaps ließ ich erst einmal stehen und schenkte dafür Kaffee ein. Er war heiß, tat gut und vereinte sich im Magen mit dem Schnaps.

Wir saßen nahe der Tür. Im Hintergrund des Raumes lagen blaugraue Rauchschwaden in der Luft. Die ehemaligen Kollegen der Toten unterhielten sich über Nadine.

Uns gegenüber nahe der Wand saß Emily Berger zusammen mit dem älteren Ehepaar. Worüber die drei redeten, konnten wir nicht verstehen. Sicherlich ging es ebenfalls um die Verstorbene. Mit Emily Berger hätte ich gern gesprochen, sie wusste sicherlich mehr über den Fluch, der die Menschen im Dorf bedrückte.

Der Pfarrer kam.

Als er die Tür öffnete, verstummten die Gespräche für einen Moment. Der Geistliche hob grüßend die rechte Hand, schaute sich um und steuerte unseren Tisch an, wo er sich niederließ, nachdem ich auf den freien Stuhl gezeigt hatte.

Ich sah, wie er auf den Schnaps schaute und bedeutete ihm, das Glas zu leeren.

»Trinken Sie denn nicht, Mr. Sinclair?«

»Danke, ich habe schon. Mein Kollege trinkt keinen Alkohol.«

»Oh, das ist ja fast eine Sünde, denn diesen Schnaps bekommen Sie nirgendwo zu kaufen. Er ist selbstgebrannt. Haben Sie nicht den Honig durchgeschmeckt?«

»Natürlich.«

»Das ist das Besondere daran.«

»Auf die Gesundheit«, lächelte Suko.

»Danke.« Der Geistliche leerte das Glas in einem Zug und verdrehte verzückt die Augen.

Ich gönnte es ihm.

Dann lehnte er sich zurück. Eine Kellnerin brachte den Kaffee und lächelte den Pfarrer an. »Danke, mein Kind«, sagte dieser.

Hier auf dem Dorf hatte man noch Respekt vor dem Pfarrer, was die Kellnerin bewies, in dem sie knickste und rot im Gesicht wurde.

Ich zündete mir eine Zigarette an, als der Pfarrer ein Etui mit Zigarren hervorholte. »Wissen Sie«, sagte er und riss ein Streichholz an. »Die Sache ist ja so. Was nicht sein darf, das kann auch nicht sein.«

»Wie meinen Sie das?«, fragte ich.

Aus dem linken Mundwinkel strömten zwei dicke, graublaue Wolken. »Wenn jemand tot ist, dann ist er tot, dann kann er sich nicht in einen Wolf oder ein Schaf verwandeln. Seine Seele wird dem Körper entnommen und in die Sphären des Himmels reisen, um vor dem Allmächtigen Rechenschaft abzulegen. Ich habe über die Sache in der Trauerhalle nachgedacht und bin fester denn je davon überzeugt, dass wir es mit einer Halluzination zu tun hatten.«

Da er von Suko und mir keine Zustimmung bekam, fragte er: »Sie nicht, Gentlemen?«

»Nein, nicht ganz.«

»Aber dann erklären Sie mir mal, wie es möglich sein soll, dass aus einem Toten ein Wolf wird. Da gibt es keine logische Definition. Sie müssen da schon spekulieren, und so etwas ist nie gut, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.«

»Das stimmt. Nur was ich gesehen habe, das habe ich gesehen, Herr Pfarrer.«

»Das ist keine Erklärung.«

»Vielleicht hilft Ihnen der Begriff schwarze Magie weiter.«

»Was?« Vor Überraschung nahm der Geistliche sogar die Zigarre aus dem Mund. »Schwarze Magie?«

»Ja.«

»Unsinn, Mr. Sinclair. Gerade von Ihnen als Polizeibeamten hätte ich eine andere Erklärung vermutet. Magie, Zauberei, das ist doch Kinderkram.«

»In der Regel«, sagte Suko. »Nur haben wir leider immer die Ausnahmen kennengelernt.«

»Nein, nein, so können Sie mir nicht kommen.«

»Und die Sache mit dem Kloster?«, fragte ich zwischen.

»Ach, davon wissen Sie auch schon?«

»Man hat es uns angedeutet.«

»Sicher dieser Vincent Ulgar. Ein seltsamer Heiliger, dieser Kerl, wirklich. Setzt nur Ammenmärchen in die Welt.«

»An denen unter Umständen etwas dran ist«, hielt ich gegen.

»Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Nein, nein, glauben Sie so etwas nicht.« Er unterbrach sich, weil sein Kaffee kam und er einschenken musste.

Ich teilte nicht die Meinung des Pfarrers. Allerdings hatten wir auch mehr gesehen als er. Der zerstörte Sarg war ebensowenig eine Halluzination gewesen wie der Anblick des fliehenden Wolfes. Nur zögerte ich, dem Geistlichen davon zu berichten. Er hätte mir sicherlich nicht geglaubt.

Zwei Schlucke hatte er genommen und griff nach einem Stück Kuchen, als ich fragte: »Wie ist das denn nun mit dem Kloster? Welche Bedeutung hat es?«

Der Pfarrer winkte ab und kaute gleichzeitig. Dazu schüttelte er noch den Kopf. »Nur dummes Gerede, mehr nicht. Glauben Sie mir, die Leute erzählen viel.«

»Was erzählen sie?«

»Dass es in dem alten Kloster nicht mit rechten Dingen zugehen soll.«

»Und?«

»Es ist alles normal.«

»Davon haben Sie sich überzeugt?«

»Natürlich, Mr. Sinclair. Ich bin zwei- bis dreimal im Monat bei den Nonnen.«

»Dann ist das Kloster noch besetzt?«

Da lachte der Pfarrer. »Natürlich, was haben Sie denn gedacht?«

»Und wie kommt man darauf, solche Gruselgeschichten darüber zu erzählen?« , wollte Suko wissen.

»Eine alte irische Sage.«

»Erzählen Sie ruhig«, forderte ich den Pfarrer auf. »Wir hören solche Geschichten gern.«

»Der Legende nach soll das Kloster auf einem verfluchten Platz gebaut worden sein. Und zwar auf einem Platz, wo sich der Götterwolf Fenris mit seinen weiblichen Artgenossen paarte. Da Fenris aber magische Kräfte nachgesagt worden sind, entstanden nach der Paarung Wölfe, die ewiges Leben besaßen, dass jedoch immer wieder erneuert werden musste, so paradox sich das anhört. Die Wölfe waren dazu verflucht, sich die Seelen der Toten zu nehmen, um weiterleben zu können. Das ist alles, was die Geschichte hergibt.«

»Und als was lebten sie weiter?«, fragte ich.

»Als Wölfe.«

»Werwölfe?«

»Nein, normale Wölfe, wie es sie in den dichten Wäldern der Berge früher gab.«

»Und heute nicht mehr?«

»Nein, die sind ausgerottet.«

»Wieso haben wir dann einen Wolf im Sarg gesehen?«

Jetzt blitzte es in den Augen des Pfarrers ärgerlich auf. »Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, einer Halluzination zum Opfer gefallen zu sein?«

»Nein, Herr Pfarrer. Sie vielleicht, wir nicht.«

»Sie glauben also an die Wölfe.«

»Ja, und wir werden nicht eher abreisen, als dass wir das Rätsel gelöst haben.«

»Das schaffen Sie nie.«

»Und aus welchem Grunde nicht?«

»Weil es keine Wölfe und keine schwarze Magie gibt. Diese ganze Geschichte ist Legende. Meinetwegen auch erfunden. Sie sind da auf dem falschen Dampfer, Herr Oberinspektor. Tut mir leid, dass ich Ihnen das in dieser Stunde der Trauer so deutlich sagen muss. Wirklich, ich hätte Sie beide für vernünftiger gehalten. Sie kommen doch aus der Großstadt und glauben tatsächlich noch an diese Ammenmärchen?«

»Wir haben Erfahrungen«, sagte Suko.

»Mit Wölfen?« Die Frage klang spöttisch.

»Sogar mit Werwölfen«, bestätigte Suko.

Der Pfarrer schnaubte. »Jetzt wollen Sie mich auf den Arm nehmen, wie?«

»Ganz und gar nicht«, antwortete ich. »Mit diesen Dingen scherzen wir nämlich nicht, die sind viel zu ernst.«

Unser Gegenüber öffnete den Mund. Es sah so aus, als wollte er eine Antwort geben, dann jedoch schüttelte er den Kopf, quälte sich ein Lächeln ab und sagte: »Es tut mir leid, aber ich muss auch mit den direkt Betroffenen sprechen.«

»Selbstverständlich, Herr Pfarrer«, sagte ich.

Der Geistliche stand auf. Er wechselte den Tisch. Jetzt nahm er bei Emily Berger und dem älteren Ehepaar Platz.

»Den haben wir verärgert«, meinte Suko.

Ich hob die Schultern. »Möglich. Mich wundert es wirklich, dass er sich weigert, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Eine Halluzination war es bestimmt nicht.«

»Da gebe ich dir recht.«

Es befand sich noch Kaffee in der weißen Kanne. Ich schenkte den Rest ein. Suko schaute dabei auf den braunen Strahl, der aus der Öffnung in die Tasse floss. »Und was machen wir? Schauen wir uns das Kloster an?«

»Worauf du dich verlassen kannst«, erwiderte ich.

»Auf die Nonnen bin ich wirklich gespannt«, sagte der Chinese.

»Wenn sie wirklich etwas mit schwarzer Magie zu tun haben, dann dürfte sich auch kein einziges Symbol der christlichen Lehre innerhalb der Klostermauern befinden. Da der Pfarrer jedoch des Öfteren dem Kloster einen Besuch abstattet, wird es sicherlich völlig normal sein, wie ich glaube.«

Suko wiegte den Kopf. »Wäre es nicht möglich, dass der Pfarrer mit den Wölfen unter einer Decke steckt?«

»Mal den Teufel nicht an die Wand.«

»Ausschließen können wir es auch nicht.«

»Nein, ich möchte es nur nicht hoffen.«

»Da hast du recht.«

Ich schaute auf die Uhr. Es war inzwischen Nachmittag geworden. Keine zwei Stunden mehr, und die Dämmerung fiel über das Land. »Wir werden den Orgelspieler fragen, wo sich das Kloster befindet«, schlug ich vor. »Den Weg wird er sicherlich kennen.«

Suko war einverstanden. Wir wollten uns schon erheben, weil die Kollegen und Kolleginnen der toten Nadine ebenfalls zum Aufbruch rüsteten, als es geschah. Niemand hatte damit gerechnet, und niemand ahnte Böses, aber hinter uns, wo sich das kleine Fenster befand, zersplitterte plötzlich die Scheibe.

Unwillkürlich duckten wir uns und zuckten trotzdem noch herum. Suko und ich sahen den grauen Schatten, der die Scheibe zertrümmert hatte, deren Splitter gegen unsere Rücken prasselten. Der Schatten wischte zwischen uns her, über den Tisch hinweg und schleuderte mit dem Schwanz das Geschirr von der Platte, das klirrend am Boden zerbrach.

Suko und ich sprangen hoch.

Das Wesen, das durchs Fenster gesprungen war und jetzt mitten im Raum stand, war ein ausgewachsener Wolf!

*

Rose Kiddlar war neun Jahre alt, hatte rotes Haar und zwei lustige Zöpfe wie die von der großartigen Astrid Lindgren erfundene Figur Pippi Langstrumpf. Und Rose ähnelte Pippi nicht nur im äußeren Erscheinungsbild, sie war auch immer zu Streichen aufgelegt. An diesem Nachmittag war sie von ihrer Mutter weggeschickt worden, um Milch zu holen. Die Familie Kiddlar gehörte zu den wenigen Ausnahmen im Ort, die keine eigene Landwirtschaft betrieben, sondern von der Whiskybrennerei lebten. Deshalb