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10 gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band!
Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.
Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1978 - 1989 und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.
Tausende Fans können nicht irren - über 640 Seiten Horrorspaß garantiert!
Dieser Sammelband enthält die Folgen 331 - 340.
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Seitenzahl: 1419
Veröffentlichungsjahr: 2023
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2023 by Bastei Lübbe AG, Köln
Coverillustrationen: © Vicente B. Ballestar
ISBN: 978-3-7517-4710-3
www.bastei.de
www.sinclair.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Ninja, Zombies und Shimada (2. Teil).
Erfahre im zweiten Teil der Sinclair-Fortsetzungsgeschichte, wie es John und seinen Freunden im Kampf gegen Shimada und dessen Schergen ergeht.
Der Oberinspektor hatte endlich die richtige Spur gefunden und machte sich mit seinem neuen Freund Yakup auf den Weg zum Kloster, in dem der Türke ausgebildet worden war. Dort wollten sie zunächst mehr über Shimada erfahren. - Doch als die beiden Männer ankamen, bot sich ihnen ein schauriges Bild : Überall lagen Leichen herum, und dann wurden die beiden Freunde auch noch angegriffen ...
Sie hatten einen harten Strauß auszufechten, denn Ninja, Zombies und Shimanda kannten keinen Spaß, wenn es um die Erhaltung ihrer Macht ging.
Besuch beim Geisterhenker. »Genau an dieser Stelle, Ladies und Gentlemen, hat vor 29 Jahren Ed Mosley sein achtes und letztes Opfer gefunden. Hier passierte es«, fügte der Mann noch im Flüsterton hinzu. T.C. Markham verstand sein Geschäft. Er konnte reden, Menschen durch seine Stimme in den Bann ziehen, und wenn noch die Umgebung stimmte, wurde alles doppelt so gut und schaurig. - Hier stimmte die Umgebung. Es war ein alter Hinterhof. Die Rückseiten der Häuser wirkten selbst im Sommer trostlos. Das Pflaster des Hofes zeigte Löcher. Während der Unruhen hatten die Protestierer hier ihre Steine geholt, um sie gegen die Ordnungshüter zu schleudern. - Die alte Plakatsäule wirkte irgendwie deplatziert. Eigentlich hätte sie schon längst abgerissen werden sollen, wenn sie nicht kriminalhistorische Berühmtheit erlangt hätte. Eben durch das Auftauchen des Killers ...
Drei Herzen aus Eis.
Sabrina, Angie und Karen waren noch jung und genossen ihr Leben in vollen Zügen. Auf vielen Feten tobten sie sich aus. Sie rissen Männer auf und vergnügten sich mit ihnen. Langeweile war für die drei Mädels ein Fremdwort.
Aber Pierre, ein eiskalter Killer, setzte ihrem hoffnungsvollen Leben ein jähes Ende : Er nahm ihnen die Herzen und legte sie im Auftrag Satans in eine Vitrine. Dort warten sie nun auf ihren höllischen Einsatz!
Grauen in den Katakomben.
Obwohl es verboten war, setzte sich der Trend durch in den Katakomben wilde Feste und Orgien zu feiern. Viele Neugierige erlagen dem Reiz von dieser geheimnisvollen Atmosphäre zu schnuppern. - Als eine kleine Gruppe gerade auf dem Weg zu einem Treffen war und sich durch das verzweigte Röhrensystem kämpfte, begegnete ihnen etwas absolut Schreckliches: Das Grauen in den Katakomben.
Die goldenen Skelette (1.Teil).
Sie war tot und lebte dennoch. Aber sie war kein Zombie, sondern hockte in einer magisch vereisten Vitrine, deren Kälte auch die Wundlöcher unter ihrer linken Brust fast geschlossen hatte. Eigentlich unterschied sie sich in nichts von einem normalen Menschen. Bis auf eine Kleinigkeit: Sie besaß kein Herz mehr.
Das hatte ihr jemand genommen. Auf schlimme, auf grausame Art und Weise, sodass sie zur Hexe wurde ...
Die Geburt des Schwarzen Tods (2.Teil).
Ich hatte die goldenen Skelette gefunden und hätte eigentlich zufrieden sein können, doch meine Lage ließ es nicht zu. Ich steckte im Sumpf und wurde wie von gierigen Händen festgehalten, denn andere hatten die Regie übernommen.
Dieser merkwürdige Sumpf war ein Überbleibsel aus einer anderen Welt, aus einem längst versunkenen Kontinent, um den sich in der Gegenwart wieder neue Geschichten rankten. Ich spreche von Atlantis. Und der Sumpf, in dem ich steckte, war der Rest des gefährlichen Höllensumpfes, in dem vor urlanger Zeit einmal ein gewaltiger und mächtiger Dämon geboren worden war. Es war der Schwarze Tod -
Der Höllen-Detektiv.
Er hieß Pernell Kent, war ein Mann in den besten Jahren und gehörte zu den Menschen, die stets Erfolg hatten. Er arbeitete in der Grauszene des Verbrechens und der Polizeiarbeit. Früher sagte man Spitzel oder V-Mann, heute UNDER COVER AGENT, abgekürzt UCA!
Pernell Kent war ein UCA-Mann, und weil für ihn die Hölle das war, was für andere Menschen der Himmel, nannten wir ihn den Höllen-Detektiv.
Inferno in der Alptraum-Schlucht (4. Teil).
Fieberhaft überlegte John Sinclair, ob es vielleicht ein Fehler gewesen war, das Kreuz zu aktivieren. Er fand keine eindeutige Antwort und konzentrierte sich weiter auf den Würfel des Unheils, der ihm eine Reise in das Land ermöglichen sollte, von dem Jane Collins' Geist gesprochen hatte. Es war das Tal der Alpträume. - John wusste nicht, wo es war, welche Gefahren ihm dort drohten, doch er hielt sein Kreuz fest umklammert und konzentrierte sich auf das anvisierte Ziel. Doch zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, dass ihm das Inferno in der Alptraum-Schlucht drohte ...
Die Stunde des Eisernen Engels.
Es war ein gigantisches Schauspiel! Suko und der Eiserne Engel erlebten einen spektakulären Kampf: Der Schwarze Tod jagte auf seinem Flugdrachen über einen kochenden Sumpf und wollte alle seine Partner vernichten. In diesen Augenblicken griff er die Reiter der Apokalypse an.
Der Kampf weitete sich aus. Suko und seine Begleiter drohten in der Schlacht unterzugehen, deshalb entschlossen sie sich zur Attacke. Die Stunde des Eisernen Engels begann ...
Alvas Feuerkuss.
Sie lebte dort, wo die Wälder dicht, die Berge hoch und die Natur rau war. Die Menschen, die in diesem Gebiet aufwuchsen, waren anders als die Großstädter. Sie waren eingebettet in den Kreislauf der Natur, denn sie glaubten noch an Dinge, die andere seit Langem als Humbug abtaten. Dabei spielte Magie nicht einmal eine große Rolle, nein, es waren einfach bestimmte Zeichen, auf die die Menschen achteten und die sie zu deuten wussten. Gefahr drohte, zum Beispiel, wenn eine Katze ihren Stammplatz verließ. - Diese Menschen hatten auch keinen Arzt. Wenn jemand krank wurde, versorgte Alva den Patienten, sie war Kräuterfrau und Zauberin in einer Person. Aber ihre Spezialität war der Feuerkuss ...
Cover
Titel
Impressum
Zusammenfassung
Inhalt
John Sinclair 331
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Ninja, Zombies und Shimada (2. Teil)
John Sinclair 332
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Besuch beim Geisterhenker
John Sinclair 333
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Drei Herzen aus Eis (1. Teil)
John Sinclair 334
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Grauen in den Katakomben (2. Teil)
John Sinclair 335
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Die goldenen Skelette
John Sinclair 336
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Die Geburt des Schwarzen Tods (2.Teil)
John Sinclair 337
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Der Höllen-Detektiv (3. Teil)
John Sinclair 338
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Inferno in der Albtraum-Schlucht (4. Teil)
John Sinclair 339
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Die Stunde des Eisernen Engels (5. Teil)
John Sinclair 340
Cover
John Sinclair – Die Serie
Impressum
Alvas Feuerkuss
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Contents
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin Verantwortlich für den Inhalt E-Book-Produktion: Jouve
ISBN 978-3-8387-3092-9
www.bastei-entertainment.de www.lesejury.de www.bastei.de
Irgendwo in der Ferne fuhr ein Schiff vorbei. Seine Lichterkette wirkte wie ein Gruß aus einer fernen Welt, die in der Unendlichkeit des Alls lag.
Die Welt verschwand. Dunkelheit schluckte sie. Und Dunkelheit hatte auch den Mann geschluckt, der im Schatten eines Bootshauses starr wie ein Denkmal stand, wobei seine Blicke hinaus über die Wasserfläche der Frisco Bay strichen.
Der Mann, der so schaute, war Suko. Er wartete auf das Ereignis, das bald eintreten würde. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr, denn die andere Seite drängte ebenfalls.
Suko vernahm das Klatschen der Wellen gegen den Pier. Und er hörte ein Pfeifen!
Es war kein lauter Pfiff, mehr fauchend, aber Suko wusste sofort Bescheid. Er hechtete nach vorn, kam mit der Schulter auf, rollte sich über sie ab und schnellte wieder in die Höhe.
Vor ihm stand ein Vermummter …
Aus seiner rechten Faust stach die leicht gebogene Klinge eines Schwerts. Die geschliffenen Seiten glänzten, als wären sie mit einer Silberschicht besprüht worden.
Wo der Typ so plötzlich hergekommen war, wusste Suko nicht. Für ihn stand fest, dass es mit der beobachtenden Ruhe vorbei war und er jetzt etwas tun musste.
»Wehr dich!« Die beiden Worte drangen dumpf unter dem Tuch hervor, das der Kämpfer vor seinen Mund gebunden hatte.
So etwas ließ sich Suko nicht zweimal sagen. Er täuschte mit links, der andere machte die Bewegung mit und musste einen Moment später Sukos harten Tritt nehmen, der ihn zu Boden schleuderte. Er schien sich in eine Kugel zu verwandeln, so sehr zog er seinen Oberkörper zusammen, bevor er wieder auf die Füße schnellte, dabei aber nicht mehr so fest stand wie zu Beginn.
Suko hatte so schnell angegriffen, dass der andere nicht dazu gekommen war, seine Waffe einzusetzen.
Und der Inspektor kämpfte weiter: Er wollte eine Entscheidung. Dieser Gegner, der mit seinem Schwert attackieren wollte, durfte nicht dazu kommen, es auch einzusetzen.
Er warf die Waffe weg.
Suko, schon wieder im Sprung, ließ sich zusammenfallen. So etwas hatte er noch nicht erlebt, und er hörte den anderen sprechen. »Ich glaube, das reicht fürs Erste.«
»Moment mal«, sagte Suko und schaute erstaunt auf die ihm entgegengehaltene Hand.
»Schlag ein, Bruder.«
Suko zögerte. Er wollte nicht, denn er kannte die Tricks, mit denen man arbeiten konnte. Wenn die Hände ineinanderlagen, gab es genug Möglichkeiten, dem anderen den Arm auszukugeln.
Deshalb ließ es Suko bleiben.
»Schau nach hinten«, sagte der andere, als er merkte, dass Suko nicht wollte.
Bevor der Inspektor dies tat, ging er einige Schritte zurück. Dann drehte er sich um und sah die beiden runden, hellen Kugeln, die allmählich näherkamen.
Ohne lange zu überlegen, wusste er, dass es sich dabei um die Scheinwerfer eines Fahrzeugs handelte. Der Wagen fuhr lautlos. Von seiner Karosserie war kaum etwas zu sehen, denn sie verschmolz mit der Dunkelheit der Nacht. Nur das Abblendlicht zeigte an, dass sich überhaupt ein Auto voranschob.
Suko rechnete noch immer mit einem Trick. Aus diesem Grunde schaute er sich auch um. Er maß die Entfernung zum Wasser und stellte fest, dass er es mit zwei Sprüngen erreichen konnte. Auch rechnete er damit, dass der Wagen plötzlich beschleunigen würde, wobei gleichzeitig die Scheinwerfer aufblendeten.
»Man wird dir nichts tun«, sagte der Mann, der Suko angegriffen hatte. »Bleib ruhig.«
Suko gab keine Antwort. So lautlos, wie sich das Fahrzeug herangeschoben hatte, so stoppte es auch. Nicht ein Geräusch war zu hören. Ein wenig sackte das schwere Auto vorn ein, dann stand es.
Jetzt erkannte Suko auch die Marke. Ein schwerer Lincoln Continental hatte gehalten. Solche und ähnliche Limousinen wurden auch von Politikern oder Mafiachefs gefahren. Zumeist waren die Wagen dann noch stark gepanzert. Bei diesem konnte man auch damit rechnen.
Die Fahrertür schwang auf. Ein Chinese verließ das Gefährt, ging um den Lincoln herum und öffnete die Beifahrertür für den Chef.
Als sich dieser aus dem Fahrzeug schob, atmete Suko auf, denn er kannte den Mann.
Es war Chu Weng!
Der greise Chinese lächelte, als er auf Suko zuschritt und dicht vor ihm stehen blieb. »Ich muss mich entschuldigen, obwohl es meine Idee gewesen ist, aber ich wollte testen, wie gut du noch in Form bist, mein Lieber. Du hast die Prüfung bestanden.«
Suko lächelte gequält. »Habe ich nicht bewiesen, dass ich …«
Chu Weng hob die Hand. »Sprich nicht von den Ninja-Zombies. Sie waren vergleichsweise harmlos. Du hast damit gerechnet, dass sie kamen, hier war es etwas anderes. Ich gratuliere dir, du hast dich nicht überraschen lassen.«
»Das war auch nicht meine Absicht.«
Chu Weng nickte. »Dir sollte hiermit nur bewiesen werden, wie schwer es sein wird, gegen die Armee der Feinde anzugehen. Sie setzen jeden Trick ein.«
»Sind sie schon am Ziel?«, fragte Suko.
»Das wissen wir noch nicht. Ich habe fast alle Kämpfer abgezogen. Es ist kaum noch jemand da, der beobachten kann. Ich rechne allerdings damit, dass die Schiffe schon besetzt sind.«
Damit hatte Chu Weng ein Stichwort gegeben. Die Schiffe waren die ausrangierten Wracks der alten Kriegsfregatten und Zerstörer, die in einem Teil des Hafens vor sich hin rosteten. Suko hatte sich darüber informieren lassen. Es stand so gut wie fest, dass die Schiffe besetzt worden waren.
Und zwar von Ninja!
Das konnten normale Kämpfer sein, aber auch Untote, Zombie-Ninja. Beide an einer Seite kämpfend, bildeten sie fast eine tödliche Mischung, der kaum ein Mensch entgehen konnte, wenn er mit ihr in Berührung kam. Suko und seinen Helfern stand Schlimmes bevor. Sie mussten versuchen, eine Invasion der Ninja-Killer zu verhindern, aus diesem Grunde gingen sie auch den gleichen Weg.
Zu den Wracks konnte man vom Land her gelangen, aber auch über das Wasser. Suko und seine Freunde hatten sich für die letzte Möglichkeit entschieden. Sie wollten mit Booten fahren. Wie Piraten, wie Diebe des Meeres und dann an Bord der Schiffe gehen, um die Ninja dort zu einem gewaltigen Kampf zu stellen.
Ob es ihnen gelang und ob sie auch Sieger blieben, das stand alles in den Sternen.
»Wirst du ebenfalls mit dabei sein?«, erkundigte sich Suko.
Chu Weng nickte ernst. »Ja, ich komme hin.«
»Aber nicht mit dem Boot?«
»Nein.« Der greise Mann schob seinen Ärmel zurück, damit das Zifferblatt der Uhr freilag. Er schaute drauf und nickte. »Es wird Zeit«, sagte er zu den anderen.
»Wo sind die Leute?«
Suko bekam auf seine Frage die richtige Antwort. »Sie sind unterwegs und müssten hier eintreffen.«
Kaum hatte er die Worte gesprochen, als Suko das Brummen hörte. Wenig später sah er den Schatten, in dessen unterer Hälfte zwei weiße Glotzaugen hervorstachen.
Dem Motorengeräusch nach war es ein Lastwagen, der über den Pier rollte. Schon bald schälte sich sein Aufbau hervor. Die Männer traten zur Seite, damit der Fahrer Platz bekam, den Wagen in die Lücke zwischen dem alten Bootshaus und den abgestellten Lincoln zu lenken, wo er ihn auch anhielt.
Sehr schnell verließ der Fahrer den Wagen und blieb vor Chu Weng stehen, um sich zu verbeugen.
»Du hast alle?«, fragte der greise Chinese.
»Ja, Herr.«
»Dann lass sie absteigen.«
Der Fahrer ging um seinen Wagen herum. Suko beobachtete, wie er an der Rückseite stehen blieb und die Verschnürung der Plane aufzurrte. Wenig später fiel die Klappe.
Es gab kein Geschrei, keine Fragen, keine Beschwerden. Nicht einmal gesprochen wurde. Die Männer waren sehr diszipliniert. Sie sprangen von der Ladefläche und stellten sich nebeneinander auf, ohne dass ein Befehl gegeben werden musste.
Suko schaute sie an.
Nur Chinesen sah er vor sich. Chu Weng hatte seine Streitmacht mobilisiert. Es waren Männer, die durch eine harte Schule gegangen waren. Keine Mörder oder Totschläger, sondern Leute, die die Lebensphilosophie des alten China mit auf den Weg bekommen hatten: So wenig Gewalt anzuwenden wie möglich. Wenn es sein musste, dann richtig und mit wahrhaft durchschlagendem Erfolg.
Sie trugen keine normale Straßenkleidung, sondern die Kampfkleidung der Karatekämpfer. Und sie waren bewaffnet. In der Dunkelheit schimmerte der Stahl ihrer Schwerter, Wurfsterne und Nunchakis.
Chu Weng schritt die »Front« ab. Er sprach kein Wort, schaute nur und bewegte die Lippen, als er lautlos zählte. Der Mann, der Suko angegriffen hatte, hielt sich stets einen Schritt hinter seinem Herrn und Meister, als dieser die Männer einzeln anschaute und sich sein Blick in ihren unbewegten Gesichtern festfraß.
Er war zufrieden. Das sah Suko, als über Chu Wengs Lippen ein Lächeln glitt.
Der Inspektor hatte ebenfalls mitgezählt.
Genau 20 Männer waren es.
20 entschlossene Kämpfer, die bereit waren, ihr eigenes Leben in die Waagschale zu werfen.
Chu Weng hielt keine Rede an dieser einsamen Stelle eines verlassenen Piers. Durch Handbewegungen gab er bekannt, dass sich die Reihe auflösen konnte.
Zwei Boote lagen bereit. Sie dümpelten im Schatten der Kaimauer auf den Wellen.
Über zwei verrostete Eisenleitern mussten die Männer klettern, um die Boote zu erreichen.
Suko wurde von Chu Weng noch zurückgehalten. Der alte Mann schaute ihn sehr ernst an. »Du wirst dein Bestes tun«, sagte er, »das weiß ich. Ich drücke dir die Daumen.«
»Danke.« Suko drehte ab und folgte den anderen.. Er wusste, dass vor ihm einer seiner schwersten Kämpfe lag …
*
Er stieg hinter dem makabren und mit Leichen bedeckten Totenbaum hervor wie der berühmte Geist aus der Flasche. Nur war er kein Geist, sondern eine Gestalt mit festem Körper, die zudem noch einen Namen trug.
Shimada!
Ja, es war die lebende Legende, die ich zu sehen bekam. Und die Erinnerungen stiegen zwangsläufig in mir hoch.
Wie hatte ich gegen ihn gekämpft! Und nicht nur ich allein, sondern auch mein Todfeind Xorron. Innerhalb der Kristallwelt hatten sich die beiden nichts geschenkt. Xorron, der fast Unbesiegbare, und Shimada, die lebende Legende. Unter dem Schutz der Göttin Pandora stehend, war er in die Kristallwelt gekommen, um Xorron die Macht zu nehmen. Es hatte kein Pardon zwischen den beiden gegeben. Mir war es dann gelungen, Xorron zu töten. Wie es Shimada ergangen war, wusste ich nicht. Pandora hatte ihn aus dem Spiel geholt und auch die Kristallwelt verändert. Diese Legendenwelt war versunken, wir gerieten wieder in den Strudel der Zeiten und fanden zurück. 1
Hinter uns hatte ein gewaltiges Abenteuer gelegen, das man auch mit dem Begriff mörderisch umschreiben konnte. Vergessen hatte ich es nicht, aber ich war doch froh gewesen, Shimada anschlieϐend nicht mehr zu begegnen, denn andere Fälle hatten meine Freunde und mich voll in Anspruch genommen.
Leider war nicht alles, was verschwand, auch wirklich tot oder blieb verschwunden.
Shimada belehrte mich eines Besseren. Pandora, die Ungücksbringerin, hatte im letzten Augenblick ihre schützende Hand um ihn gelegt. Den goldenen Samurai gab es nicht mehr, Xorron war ebenfalls vernichtet, nur Shimada überlebte.
Das bewies er mir.
Irgendwie musste es ihm auch gelungen sein, das gefährliche Samurai-Schwert zu retten, denn er trug es weiterhin bei sich. Und er sah aus wie immer. So kannte ich ihn, so hatte ich ihn fürchten gelernt.
Eine Gestalt, die einen blauen Kampfmantel oder eine blaue Kampfkleidung trug. Wie die Leichentücher um einen Toten, so waren sie um seinen Körper gewickelt. Ich sah von seiner Gestalt eigentlich wenig, nämlich nur einen Ausschnitt seines Gesichts, in dem besonders die Augen auffielen. Sie waren von einem kalten, gnadenlosen Blau. Es erinnerte mich ein wenig an die Augen des Dämons Belphégor, nur waren diese noch anders. Kristalliner, unmenschlicher, dämonenhafter. Diese Augen schienen das Wissen ferner, längst vergessener Zeiten in sich gesammelt zu haben, sie hatten die Mythen und Legenden zu einem Konglomerat des Schreckens vereinigt, und wer von ihnen angeschaut wurde, sah in den Pupillen seinen Tod.
Ich war von ihnen angeschaut worden. Ich kannte den Blick, ich hatte mich gegen ihn gestemmt.
Auch jetzt tat ich es, obwohl ich spürte, wie mir der Schweiß wie schmelzendes Fett in Bahnen den Rücken entlanglief. Es war auch bei mir die Furcht, die mich reagieren ließ. Es kostete mich Beherrschung, auf der Stelle stehen zu bleiben.
Umringt war ich von Feinden. Auch von Oziko, dem Mann, der alles in die Wege geleitet hatte und der als einer der Yakuza-Chefs galt. Yakuza ist die japanische Mafia. Oziko stand also mit seinen Männern um uns herum und ließ uns keine Sekunde aus den Augen. Er selbst trug einen Revolver. Seine Leute waren gekleidet wie Ninja und auch dementsprechend bewaffnet.
Mit mir in diese vertrackte Lage geraten war Yakup Yalcinkaya. Ein junger Türke, den der Weg nach San Francisco verschlagen hatte, und der dort in einem Kloster von Mönchen ausgebildet worden war. Gestärkt an Leib und an Seele hatte er das Kloster verlassen, um zu studieren. Während dieser Zeit hatte er das Mädchen Helen Price kennengelernt, sich in sie verliebt und musste mit ansehen, wie sie von Ninja-Killern grausam umgebracht worden war. Seit diesem Tag lebte Yakup allein für seine Rache. Er wollte die Vernichtung der Mörder.
Dabei ging er systematisch vor. Er drehte nicht durch, er dachte nach und erfuhr, dass es Menschen gab, die ebenfalls die grausamen Ninja bekämpften.
Nicht alle Ninja waren schlimm, aber die, die sich um Shimada rankten und die ihn verehrten, konnte man ruhig als mordende Teufel bezeichnen. Der junge Türke hatte Glück. Sein Forschen zeigte Erfolg, der Weg führte ihn nach London. Und dort war er auf Suko und mich getroffen. Er hatte mir das Leben gerettet, Sukos ebenfalls, sodass es einen für ihn perfekten Einstieg gegeben hatte.
Wir waren von seiner Geschichte fasziniert gewesen und hatten nicht gezögert, ihn zu begleiten. An die amerikanische Westküste waren wir geflogen und konnten in San Francisco die Spur der Ninja-Killer aufnehmen. Was Suko inzwischen erreicht hatte, war uns unbekannt, da wir uns von ihm getrennt hatten. Unser Weg aber hatte uns zu einem Mann namens Oziko geführt. Er leitete ein großes Schuhgeschäft, in dem Helen Price, die tote Freundin des Yakup Yalcinkaya, beschäftigt gewesen war. Dieser Oziko war uns bei der ersten Begegnung bereits verdächtig vorgekommen, wir aber besaßen keine Beweise gegen ihn. Er hatte sehr schnell reagiert und uns Killer auf den Hals geschickt. In der Halle eines Luxushotels war es zum Kampf gekommen, den die Killer verloren.
Für uns stand fest, dass wir die richtige Spur gefunden hatten und machten uns auf den Weg zum Kloster, in dem Yakup ausgebildet worden war. Hier wollten wir mehr über Shimada erfahren.
Es war nicht mehr möglich.
Shimadas Schergen hatten grausam gewütet. Wir waren auf Leichen gestoßen und selbst angegriffen worden. Man hatte uns nicht erwischt, dafür die Reifen des Geländewagens, sodass wir nicht mehr mit dem Fahrzeug zurückkehren konnten. Dies alles schien nach der Lage der Dinge sowieso zweitrangig geworden zu sein.
Wichtig war Shimada.
Die Spur hatte uns in die Kavernen und Katakomben des Klosters geführt. Hier waren wir von Shimada und seinen Helfern erwartet worden. Und wir sahen die Leichen der verstorbenen Mönche, die, einem alten Ritual folgend, auf einem Totenbaum aufgebahrt wurden.
Es war kein normaler Baum, wie er in der freien Natur wuchs, sondern ein selbst gemachter mit Ästen, mit Zweigen, die so angelegt worden waren, dass sie regelrechte Betten bildeten, in die man die Verstorbenen hineingelegt hatte.
Im tanzenden Schein des Fackelfeuers sahen die Leichen noch schauriger und unheimlicher aus, als sie tatsächlich schon waren. Gerippe, halb verweste Tote oder noch welche, bei denen die Fingernägel noch ein Stück gewachsen waren, lagen in den Astbetten. Dies hier war ein Raum des Todes, der ewigen Ruhe. Shimada, Oziko und seine Schergen hatten ihn entweiht.
Mir war es schon lange trocken im Hals geworden, und ich bewunderte eigentlich die Ruhe meines Begleiters Yakup, der mich sogar noch mit Worten hatte beruhigen wollen.
Vielleicht hatte er bessere Nerven.
Für mich waren die anderen uninteressant geworden, denn mich interessierte allein Shimada. Ihn schaute ich an. Ihn wollte ich sehen, wie er in die Höhe stieg und sich mir zeigte.
Er war grauenhaft.
Höher und höher wuchs er. Ich dachte darüber nach, wie so etwas passieren konnte, denn ich hatte ihn als wesentlich kleiner in Erinnerung. War das der echte Shimada?
Noch hatte er kein Wort gesprochen. Dabei wusste ich, dass er meine Sprache verstand und auch beherrschte. Aus diesem Grunde wunderte ich mich und überwand meinen anfänglichen Schrekken. Ich wandte mich an den, der die lebende Legende ins Leben gerufen hatte.
»Sagen Sie, Oziko, was soll die Spielerei?«
Der Japaner lachte leise. Hinter seinen Brillengläsern wirkten seine Augen wie die eines toten Tieres. Zudem wurden sie noch rötlich angeleuchtet. »Spielerei?«, fragte er und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen, Sinclair?«
»Das will ich Ihnen sagen. Ich kenne Shimada. Er ist auf gewisse Art und Weise einmalig, er ist gefährlich, ich habe ihm gegenübergestanden in einer anderen Welt, aber ich weiß, dass er nicht so gewaltig ist, wie er sich hier zeigt. Nicht so übergroß, dass er sogar noch den Totenbaum überragt. Das können Sie mir nicht erzählen.«
»Es ist Shimada!«
Ich hob die Schultern und schaute noch einmal zu ihm hin. Ja, er war es, und er war es doch nicht. Diese Gestalt kam mir eher vor wie ein gewaltiger Schatten.
Oziko sah meine Skepsis. »Sie wollen mir nicht glauben, Sinclair?«
»Nein.«
»Soll ich es Ihnen beweisen?«
»Bitte.«
Er öffnete den Mund. Ich hatte das Gefühl, in eine Höhle zu schauen, aus der im nächsten Augenblick seine Stimme hervorbrandete. »Shimada!«, hallte es im nächsten Augenblick durch die unterirdisch gelegene Felsenhalle. »Shimada …«
Und der Dämon bewegte sich. Ich sah dieses Huschen, und im nächsten Augenblick erkannte ich die lange, gefährliche und beidseitig geschliffene Klinge des Samurai-Schwerts, das er stets bei sich trug. In der anderen Hand hielt er etwas, das ihm nicht gehörte.
Es war der Fächer!
Amaterasu, die Sonnengöttin, suchte ihn. Sie war von ihrem Bruder Susanoo in das Dunkle Reich verbannt worden und konnte erst befreit werden, wenn sie den Fächer besaß. Das hatte bisher noch keiner geschafft. Selbst der goldene Samurai war daran zerbrochen. Freiwillig würde Shimada ihn nicht hergeben, und mit Gewalt schafften wir so etwas nicht. Dazu waren wir einfach zu schwach.
Er ließ ihn zusammengeklappt, zeigte nicht die Sonne des Fächers, aber er bewies uns, dass er echt war.
Das gab auch ich zu.
»Nun?«, fragte mich Oziko, »habe ich dir zu viel versprochen, John Sinclair?« Er war wieder in den vertrauten Tonfall gefallen.
»Ich weiß es nicht. Es kann auch ein Geist sein.«
»Soll ich dir das Gegenteil beweisen?«
Ich lächelte kalt. »Das müsste er tun.«
»Shimada!« Der Befehl klang auf, und die lebende Legende reagierte. So schnell, wie er seinen Arm bewegte, so schnell konnte ich kaum schauen. Ich sah das Blitzen über meinem Schädel, das sich zu einem Kreis schloss, und hörte das Fauchen.
Mit dem Schwert hatte Shimada zugeschlagen. Dabei waren so große Luftwirbel entstanden, dass die Fackeln anfingen zu flackern und sich die Flammen waagerecht legten, als hätten sie Angst, von der Klinge erwischt zu werden.
Ich hatte unwillkürlich den Kopf eingezogen. Erst als ich Ozikos Lachen hörte, schaute ich wieder auf. Allmählich beruhigte ich mich. Meine Haare hatten sich aufgerichtet, jetzt nahmen sie wieder die normale Lage ein.
Neben mir atmete Yakup scharf ein und aus.
»So war es, so wird es sein und bleiben«, erklärte der Japaner, der sich nicht gerührt hatte und mit seiner Waffe auf mich zielte. »Shimada ist gekommen, er hat seine wahre Größe erreicht, du wirst es erleben, nein, doch nicht, denn vorher werdet ihr getötet. Ihr könnt es euch aussuchen. Soll Shimada euch vernichten, oder sollen es meine Ninja tun? Sie brennen darauf, es zu tun.«
»Keiner«, erwiderte ich.
Er lachte. »Das habe ich mir gedacht, aber wir werden von unseren Plänen nicht abgehen. Unser Weg ist vorgezeichnet.«
»Mit Mord«, sagte ich.
»Natürlich.«
Plötzlich meldete sich Yakup. »Und weshalb musste Helen sterben? Sie hat euch nichts getan?«
»Du Narr«, erwiderte Oziko und begann zu lachen. »Natürlich hat sie uns nichts getan, aber jeder Mensch besitzt zwei Augen, um zu sehen. Helen sah auch. Nur entdeckte sie etwas, das nicht für ihre Augen gemacht war. Sie beobachtete uns.«
»Wen genau?«
»Mich und meine Freunde. Sie bekam eine Versammlung mit. Zwar hat sie wohl kaum etwas von dem gehört, was gesprochen wurde, doch wir mussten sichergehen.«
»Und deshalb habt ihr sie grausam getötet?« , ächzte Yakup Yalcinkaya.
»So ist es.«
An dieser Antwort hatte mein türkischer Freund schwer zu knacken. Er öffnete und schloss seine Hände. Um seine Lippen zuckte es, und er warf mir einen flehenden Blick zu, in dem aber auch der Hass schwelte, den er dem anderen entgegenbrachte.
Yakup hätte sich, das war ihm anzusehen, am liebsten auf diesen Mann gestürzt. Nur mühsam hielt er sich zurück, und seine Blicke wandten sich dem Totenbaum zu, als erwarte er von dort Hilfe.
Erwartete er das wirklich?
Auch ich schaute auf den Baum. Dort tat sich nichts. Die Leichen lagen weiterhin in ihrer gespenstisch anmutenden Starrheit, obwohl sie durch die Lichtreflexe manchmal so aussahen, als wären sie zu einem unheilvollen Leben erwacht. Sie waren in der Halle der Weisheit begraben worden, damit ihr Geist eins werden konnte mit dem Kosmos, um aus anderen Dimensionen hervor Lebenden Unterstützung zu gewähren.
So jedenfalls hatte ich die Botschaft verstanden, und ich war gespannt, ob sie eingehalten wurde.
Yakup glaubte daran.
Er war plötzlich zum Mittelpunkt geworden. Sein Blick und der des Japaners Oziko trafen sich. Yakup schaute voller Wut und Hass. In seinem Innern loderte ein Inferno der Gefühle. In den Augen brannte es. Er verzehrte sich. Nichts war mehr von seiner coolen Überlegenheit geblieben, die man ihm sicher im Kloster beigebracht hatte.
»Was wollen Sie noch?«, fragte Yakup. »Sie haben das Leben eines Menschen genommen? Weshalb wollen Sie unseres auch zerstören?«
»Jeder, der sich mir in den Weg stellt, wird vernichtet«, erklärte der Yakazu-Führer kalt. »Es gibt kein Zurück. Der Tod ist eine beschlossene Sache. Von Geburt an. Nur der Zeitpunkt ist immer anders. Er wechselt. Den einen trifft es früher, den anderen später.« Nach den Worten umspielte ein knappes Lächeln die Lippen des Japaners. »Und wenn der Geisterjäger vernichtet wird, jubeln die Heerscharen des Bösen.«
Yakup atmete tief durch. »Es ist also dein fester Wille, uns umzubringen?«
»Ja.«
Für einen Moment wirkten die Augen des jungen Türken wie gläserne Kugeln. Dann nickte er. Bedächtig und langsam tat er dies, ein äußeres Zeichen seines eben gefassten Entschlusses.
Oziko war gespannt, und auch ich fragte mich, was er vorhatte. Obwohl Yakup neben mir stand, schien er meilenweit entfernt zu sein. Der Körper war eine Hülle, ein leeres Gehäuse ohne Leben und Geist.
Dann ließ er sich auf die Knie fallen.
Nichts hatte diese Reaktion zuvor angedeutet. Er fiel aus dem Stand und blieb in der Haltung.
Auch Oziko zeigte sich verwirrt. Der Revolverlauf war der Bewegung gefolgt. Die Mündung zielte auf den Kopf des Knienden. Wahrscheinlich rechnete der Japaner mit einem Trick.
Aber Yakup dachte nicht daran, eine seiner Waffen zu ziehen. Er bewegte beide Arme in die Höhe und führte die Hände gegeneinander, sodass sich die Finger ineinander verschlingen konnten. Seinen Blick richtete er gegen die Höhlendecke und ließ danach den Kopf langsam sinken, sodass er den Totenbaum anstarren konnte.
In diesem Moment sah er so aus, als würde er den Baum tatsächlich anbeten.
So etwas Ähnliches geschah auch. Yakup Yalcinkaya hielt mit dem Baum der Toten Zwiesprache.
Ich stand sehr nahe bei ihm. Auch über Yakups Gesicht fiel der Widerschein des Feuers. Seine Wangen hatten einen rötlichen Schein angenommen, der auch die Lippen nicht ausließ, denn ich erkannte, wie sie sich bewegten.
Eine stumme Zwiesprache!
Da Yakup seinen Blick nicht änderte und den Baum unverwandt anstarrte, gab es für mich nur eine Lösung. Er hielt Zwiesprache mit den dort aufgebahrten Toten.
Er sagte ihnen etwas …
Und ich wurde wieder an seine seltsamen Worte erinnert. Hatte er mir nicht geraten, keine Angst zu haben? Trotz der Feinde hatte er sich sicher gefühlt.
Und dafür sorgten die Toten.
Niemand störte ihn. Auch ich hütete mich, eine Frage zu stellen. Selbst unsere Feinde waren auf irgendeine Art und Weise von den Vorgängen fasziniert.
Yakup hielt noch immer die Hände zusammen. Über seine Lippen drang kein Laut. Er sprach und redete dennoch nicht. Aber er wurde gehört, eine andere Möglichkeit gab es für mich einfach nicht.
Im Baum tat sich etwas.
Jeder vernahm das Knacken.
Es war kein Brechen irgendwelcher Knochen. Ein Knacken, das auf das Splittern von Holz hindeutete.
Einer der Arme hatte plötzlich zu viel Druck bekommen. Da schien die Leiche schwerer geworden zu sein, jedenfalls löste sich der Holzarm und fiel nach unten.
Und mit ihm die Leiche!
Es war ein Toter, der sein Gewand noch anhatte. Eng lag es um seinen Körper und erinnerte mich an einen Kokon, aus dem der Kopf bleich und kugelartig hervorschaute. Dicht unter den Augen war die Haut eingerissen. Ein Knochenstück schaute jeweils wie die abgestumpfte Spitze eines Messers hervor, und die darüberliegenden Augen wirkten wie die eines ausgestopften Tieres.
Oziko erwachte aus der Erstarrung. Als der Tote gefallen war, hatte auch er einen Schritt zur Seite gemacht. Mit einer herrischen Bewegung gab er seinen Schergen den Befehl, den Kreis zu sprengen, damit er hindurchgehen konnte.
Nur zögernd traten die Ninja zur Seite. Einige flüsterten, ich verstand sie nicht. Im Augenblick interessierte mich allein Oziko, der sein Ziel erreicht hatte und auf den Toten schaute.
Er trat ihn.
Der Tote rührte sich nicht, und trotzdem war er aus dem Baum nach unten gefallen.
Das begriff der andere nicht.
Yakup kniete noch immer. Ich kam mir in diesen Augenblicken wie ein Statist in einem Horror-Bühnenstück vor, denn ich konnte unmöglich eingreifen. Das war Yakups Sache. Er hatte in diesem Kloster gelernt. Es war ihm zu einer Heimat geworden, und nun dies.
Oziko kam zu ihm. Zwei wütende Schritte reichten. Dann senkte der Japaner die Waffenmündung noch weiter und drückte das kalte Rund in das warme Fleisch der Wange.
»Was soll das bedeuten?«, keuchte er voller Wut. »Was hast du da getan, verdammter Hund?«
Yakup gab keine Antwort. Er beugte sich nur dem Gebot der Waffe, indem er seinen Kopf in die entsprechende Richtung drängte.
Oziko schaute mich an. Er sah über den Kopf des knienden Yakup hinweg. »Was soll das bedeuten, Sinclair?«
»Ich habe keine Ahnung.«
In den Augen hinter seinen Brillengläsern stand Unglaube. »Du willst mich hier reinlegen. Ihr beide wollt es. Ihr …«
Yakup unterbrach ihn. Nicht durch Taten, sondern mit Worten, die über seine Lippen flossen. Er flehte, er betete, er hielt Zwiesprache, und er hatte Erfolg.
Oziko trat zurück.
Zwangsläufig löste sich die Waffe. Er schaute wieder zu dem Baum hin, aber Shimada gab es nicht mehr.
Auch mir war nicht aufgefallen, dass er sich verzogen hatte. Klammheimlich war er verschwunden. Hing der Grund vielleicht mit den seltsamen Gebeten oder dem ungewöhnlichen Gehabe des jungen Türken zusammen?
Ich wusste es nicht. Konnte es mir auch kaum vorstellen. Shimada war ein mächtiger Gegner. Er war stark und gehörte zu den Großen unter den Schwarzblütlern.
Nein, da war irgendetwas anderes passiert. Und zwar angeregt durch die seltsamen »Gebete« des Türken.
Oziko zeigte sich sehr irritiert. Er zischte einige Befehle, die von den Ninja verstanden wurden, denn sie drehten sich langsam und sahen ebenfalls zu den Leichen hin.
Yakup stoppte sein »Gebet«.
Dafür lachte er.
Zunächst war es ein glucksendes Lachen, das noch aus seinem geschlossenen Mund drang. Dann öffnete er die Lippen, das Lachen war jetzt zu hören und wurde lauter.
Es nahm einen dröhnenden Klang an, der durch die unterirdische Grotte hallte.
Wir erlebten die Echos. Sie schwangen gegen unsere Ohren wie Donnerschläge, sie rüttelten auf und erinnerten mich an Peitschenschläge, die über meinen Rücken strichen.
War das Lachen ein Zeichen?
Die Ninja wurden unsicher. Auch Oziko wusste nicht mehr, was er tun sollte. Er schrie dagegen an. Seine Stimme wurde kurzerhand verschluckt. Ich schaute zum Baum.
Der zuckende Widerschein des Feuers gab genügend Licht, um auch die Astgabeln erkennen zu können.
Genau dort geschah es.
Die Toten blieben nicht mehr ruhig. Sehr deutlich war es zu erkennen. Nein, das war keine Täuschung, da gaukelte mir der Lichtschein auch nichts vor. Innerhalb des Spiels aus Licht und Schatten sah ich die Bewegungen der Toten, die gar nicht mehr so tot waren.
Wenn sie sich bewegen konnten, bestand kein Grund für sie, auf dem Baum zu bleiben.
Das taten sie auch nicht.
Es geschah mit seltsam rollenden Bewegungen, denen ein Zucken vorausging. Wie ein Startsignal wirkte es. Plötzlich bekamen die ersten Leichen das Übergewicht.
Steif wie Bretter fielen sie aus dem Geäst.
Unten standen die Ninja. Sie waren die Zielobjekte der jetzt lebenden Toten.
Und Yakup öffnete den Mund. Keine Gebete drangen mehr über seine Lippen. Es war ein lauter, hallender Siegesruf, der durch die Felsenhalle drang.
»Das ist unsere Stunde! Das ist unsere Stunde …« Das letzte Wort endete abermals in einem Lachen.
Und der erste Tote, der schon länger auf dem Boden lag, griff zu. Ich bekam mit, wie er seinen Arm ausstreckte, die Finger den Knöchel des Japaners umfassten und zudrückten.
Ozikos Gesicht verzerrte sich. Er musste den Druck spüren und auch den plötzlichen Ruck, der ihn von den Beinen riss.
Der Yakuzu-Chef wurde genau auf mich zugeschleudert …
*
Die anderen interessierten mich nicht mehr. Ich sah Oziko fallen und auch die Waffe in seiner Hand. Dieses verdammte Mordinstrument mit der kleinen Mündung, aus der jeden Augenblick der Tod geschleudert werden konnte, um mich in sein tiefes Schattenreich zu reißen.
Ob mich andere Ninja weiterhin in Schach hielten, wusste ich nicht. Es war mir in diesem Augenblick auch egal. Ich wollte nur nicht, dass die Waffe Feuer spie und eine Kugel mein Leben auslöschte.
Meine Handkante jagte nach unten.
Ich traf das Gelenk des rechten Arms, hörte den Schrei des Japaners und bekam mit, wie der Mann zusammensackte. Gleichzeitig huschte Yakup zur Seite weg. Er bewegte sich geschmeidig wie ein Raubtier, griff in seinen Köcher, holte den ersten Pfeil hervor und ließ auch den Bogen von der Schulter rutschen.
Wohin er verschwand, konnte ich nicht erkennen, mir kam es darauf an, dem Grauen unbeschädigt zu entkommen.
Der Japaner war vor meinen Füßen zusammengesunken. Den Arm konnte er nicht mehr in die Höhe bekommen. Ich wollte seinen Revolver haben und riss ihn ihm aus der Hand. Wenn ich mich gegen die Ninja verteidigen musste, dann auch mit einer normalen Waffe.
Oziko schrie. Sein Gesicht hatte sich verzerrt, der Mund stand offen, und er stützte sich auf seinen linken Arm, um mir entgegenzukriechen.
Ich verschwand.
Der Japaner schrie hinter mir her, gleichzeitig feuerte er seine Ninja an, sich gegen die aus dem Baum gefallenen lebenden Leichen zu verteidigen.
Das taten sie auch, wobei Yakup und ich zunächst einmal zu Zuschauern degradiert worden war.
Es war ein kaum fassbares Bild. Ungemein schwer zu beschreiben aus der Sicht eines Mannes, der sich in den Hintergrund gedrängt sah.
Meine Augen mussten sich erst an die unnatürlichen Lichtverhältnisse gewöhnen. Ich sah das Zucken der Fackeln. Die Flammen huschten auf und nieder. Sie tanzten einmal nach rechts, dann wieder nach links, wurden in die Höhe geschleudert, kehrten zurück, malten gespenstische Figuren in die Gesichter der Kämpfenden und ließen die Klingen der sich heftig bewegenden Schwerter aussehen wie stählerne Schatten mit blitzenden Reflexen.
Da wurden Gesichter zu schaurigen Masken. Manche Menschen wirkten selbst wie lebende Tote. Sie waren von ihnen kaum zu unterscheiden.
Immer wieder rafften sich die Zombies auf und hingen wie Kletten an den Körpern der Ninja.
Schwerter pfiffen durch die Luft. Gefährliche Rundschläge töteten die lebenden Leichen endgültig, aber die Ninja bekamen einiges ab. Sie konnten der Masse nicht so schnell Herr werden, und ich sah aus dem Dunkel etwas herbeiwischen.
Es waren Pfeile.
Yakup Yalcinkaya schoss.
Er traf auch. Wobei er trotz des schlechten Lichts bewies, wie ungewöhnlich gut er mit seinen Waffen umgehen konnte. Seine Lehrmeister hatten ihn wirklich ausgezeichnet ausgebildet.
Ich hielt mich zurück. Normalerweise war es so, dass ich gegen lebende Tote anging, in diesem Fall standen sie auf meiner Seite und griffen die Ninja an.
Jemand huschte geduckt von der Seite auf mich zu. Als für einen Moment der flackernde Lichtschein einer Fackel auf die Gestalt fiel, erkannte ich Yakup.
Sein Gesicht war verzerrt, die Augen schienen zu glühen, und ich sah auch einen Ninja-Kämpfer, der ihm den Weg abschneiden wollte. Für mich war es zu spät. Ich hätte den Ninja nur durch eine Kugel stoppen können und hielt die Waffe schon schussbereit, als Yakup sich zu Boden drehte wie eine Spirale und der wuchtig geführte Schwerthieb über seinen Schädel hinwegpfiff.
Im nächsten Augenblick stieß der Türke zu.
Durch das blitzschnelle Unterlaufen des Schwerthiebs hatte er es geschafft, den Ninja vor sich zu bekommen.
Noch in derselben Sekunde kippte der Kämpfer um. Er fiel zwischen die anderen, die sich mit den lebenden Leichen herumschlugen und sich kaum auf den Beinen halten konnten, weil die Zombies ständig nachgriffen, sofern sich die Gelegenheit dazu bot.
Es war ein Kampf ohne Erbarmen.
Yakup stand plötzlich neben mir. »Ich habe es dir gesagt!«, keuchte er. »Ich habe es dir gesagt. Die toten Brüder stehen auf unserer Seite. Die Magie der Mönche war stärker. Ich werde mir den verdammten Japaner holen. Oziko wird so sterben wie meine Helen!«
Bevor ich noch etwas erwidern konnte, war Yakup wieder verschwunden. Eingetaucht in den Kampfwirrwarr aus Leibern, blitzenden Schwertern, erstickt klingenden Schreien und dumpfen Schlägen.
Zurück blieb ich und musste mit ansehen, dass die Ninja sich zu einem Rückzug formierten.
Das wunderte mich, denn sie gaben an sich nicht so leicht auf. Sechs von ihnen hatten sich um Oziko versammelt. Der Japaner hielt in der linken Hand ein Beuteschwert, die rechte konnte er nicht mehr gebrauchen. Er selbst mischte mit, und er trieb seine Leute auch an.
Rückwärtsgehend bewegten sie sich dem Gang zu, durch den wir gekommen waren. Die Lichter der Fackeln vereinigten sich zu einem tanzenden, zuckenden Wirrwarr, der über Körper, Köpfe und Gesichter flog wie flüssige Glut.
Yakup kämpfte verbissen. Er hatte jetzt nur sein Schwert eingesetzt. Ich hörte seine Schreie, die das Klirren der Waffen überklangen.
»Oziko, du Mörder!«
Seine gellende Stimme übertönte selbst das Kampfgetümmel. »Du verdammter Mörder! Stell dich, damit ich dir die gerechte Strafe geben kann! Du hast sie getötet! Du allein …«
Er war nicht mehr zu halten.
Mit wahrem Todesmut stürmte er vor, um den Pulk der Leiber zu sprengen, die den Japaner umgaben.
Auch ich musste eingreifen. Ich brachte es einfach nicht fertig, auf die Ninja zu schießen. Mochten sie Verbrecher sein, mochten sie Morde auf ihr Gewissen geladen haben, es waren Menschen und keine Untoten. Ein Ninja hatte einen harten Schlag mitbekommen. Er torkelte rückwärts und dabei genau auf mich zu. Noch während er sich in Bewegung befand, drehte er sich.
Ich konnte sein Gesicht sehen und auch das Blut, das aus zahlreichen Wunden floss.
Dieser Mann war am Ende seiner Kräfte. Die Beretta hatte ich weggesteckt und entwand ihm mit einer Drehbewegung das Schwert. Ich hörte ihn noch kläglich schreien, bevor er zusammenbrach, ich über ihn hinwegsprang und die heiße Fackelglut dabei dicht an meinen Beinen vorbeistrich.
Einen Augenblick später war ich zwischen ihnen.
Ich bekam den Beweis, wie die Ninja kämpfen konnten. Zwei wollten mich töten.
Sie kamen von rechts und links, ich steckte in der Klemme und hielt sie mit einem Rundschlag vom Leib.
Von irgendwoher hörte ich Yakup schreien, dann sah ich das wirbelnde Spiel aus Licht und Schatten; sie überdeckten mich wie ein gewaltiger Vorhang. Dazwischen bemerkte ich das Blitzen der Klingen, hörte die hellen Geräusche, als mein Schwert gegen die anderen stieß, und sprang zurück, um aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu gelangen.
Mit großer Mühe und einer schnellen Reaktion entging ich den nächsten beiden Hieben, konterte dann, und mein Rundschlag verschaffte mir für einen Moment Luft.
Im Prinzip wunderte ich mich, dass ich noch lebte. Die Ninja waren Meister im Umgang mit den Schwertern. Ich hatte ihnen kaum etwas entgegenzusetzen. Dass ich noch lebte, konnte ich mir nur dadurch erklären, dass die Ninja verwirrt waren.
Etwas raste von oben auf mich herab. Ein blinkender, blitzender Reflex nur, aber eines dieser verdammten Schwerter. Ich parierte mit Mühe. Beim Zusammenprall beider Waffen hatte ich das Gefühl, jemand hätte meine Hand abgeschlagen. So hart war die Kollision.
Der Zweite wollte mir den Rest geben, als er mitten in der Bewegung erstarrte.
Eine vor mir nicht zu erkennende Kraft richtete ihn hoch. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, sein Gesicht verzerrte sich, die Maske war nach unten gerutscht, ich sah den Schmerz auf seinen Zügen und die Augen, die sich weit geöffnet hatten.
Er ging noch einen Schritt, streckte die Arme aus und klammerte sich an seinem Kumpan fest, sodass er diesen behinderte.
Ich nutzte die Gunst des Augenblicks und legte viel Kraft in meinen Schlag.
Mit der flachen Seite des Schwerts traf ich den Kopf des zweiten Ninja. Der Mann röchelte, bevor er zusammensackte und vor meinen Füßen liegen blieb.
Das war geschafft.
Und auch der Erste fiel.
Ich konnte sehen, weshalb er nicht mehr weitergekämpft hatte. Tote fighten nicht mehr.
Im Rücken des Mannes steckte ein Pfeil. Der Schaft schaute wie ein mahnender Finger hervor.
Für einen Moment erfasste mich der Schwindel. Es war das Gefühl der Erleichterung, denn mein Leben war gerettet worden.
Dafür hatte Yakup gesorgt.
Sein Schuss war ein Treffer ins Zentrum gewesen. Als ich mich bedanken wollte, war Yakup bereits verschwunden.
Aber auch die restlichen Ninja mit ihrem Anführer Oziko.
Vor meinen Füßen lagen sechs Tote.
Und zwischen ihnen auch die anderen Toten, die sich nun nicht mehr erheben würden, denn die Menschen hatten sie auf Zombie-Art ausgeschaltet.
In der Luft lag der Geruch von Blut und Schweiß. Für die restlichen lebenden Leichen hatte ich keinen Blick, denn ich sah Yakup Yalcinkaya zurückkehren.
So ähnlich musste manch müder Krieger ausgesehen haben, wenn eine Schlacht vorbei war.
Yakup konnte sich auf den Beinen halten, das war auch alles. Er wankte, ich sah sein verzerrtes Gesicht im Schein der auf dem Boden liegenden und weiterbrennenden Fackeln. Es war kein siegessicheres Lachen, sondern ein Zeichen des Schmerzes.
Ich ging zu ihm und stützte ihn. Dabei stellte ich fest, dass er von zwei Streichen getroffen worden war. Am Brustkorb und an der Hüfte blutete er.
»Kannst du dich noch halten?«, fragte ich besorgt.
»Es geht schon.«
»Du musst zu einem Arzt.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, kein Arzt. Wir haben alles im Kloster. Ich kenne mich in der Behandlung von Wunden aus. Wir müssen nur hoch und auch die Brüder befreien.«
Natürlich, an sie hatte ich nicht gedacht.
Ich schaute mich um. Was ich in den folgenden Sekunden erlebte, war schon ein Phänomen.
Die lebenden Toten kletterten wieder in ihre Gräber zurück. Dabei blieben sie unter den Ästen der Bäume stehen und reckten ihre Arme, um die »Zweige« zu erreichen.
Da krallte sich so manche Knochenhand um das Gebälk. Ich sah auch halb verweste Klauen, in denen noch so viel Kraft steckte, um den Körper in die Höhe zu ziehen.
Ein Phänomen.
So etwas hatte ich noch nie erlebt, deshalb stand ich da und staunte nur.
Yakup lehnte sich gegen mich. Er brauchte jetzt eine Stütze. Ich hörte ihn schwer atmen. »Sie kehren wieder zurück in ihre Gräber. Sie haben uns das Leben gerettet und für Ruhe gesorgt, hier in der Halle der Weisheit.«
Natürlich, das sah ich. Aber ich wollte den Grund wissen, wie so etwas möglich war. »Wie kann das angehen?«, fragte ich. »Weshalb habt ihr sie begraben, wo sie doch noch lebende Leichen waren. Zombies, wie wir immer sagen.«
»Zii hat es getan.«
»Ist Zii euer Abt?«
»Ja, ich sagte es schon. Er ist aber mehr. Zii hat einen Teil des Lebens in den geheimen Grüften verbracht und alte Schriften gelesen. Er ist das, was nur wenige Menschen sind …«
Ich schaute Yakup gespannt an und wartete auf den letzten Teil der Antwort.
Mein türkischer Freund musste zunächst Luft holen. »Zii gehört zu den Totsprechern.«
»Was?«
»Ja, er kann Menschen totsprechen. Das hat er auch mit den Brüdern getan, als er merkte, dass sie sterben würden. Bevor sie endgültig diese Wet verließen, nahm er sich ihrer an. Er sprach sie tot. Als sie dann gestorben waren, wurden sie hier auf den Baum gelegt. Für alle Welt waren sie tot, doch sie sind nicht wie normale Menschen gestorben. Zii hielt sie unter Kontrolle, als Geheimwaffe gewissermaßen. Sein Geist steckte in ihnen. Seine Worte hatten dafür gesorgt, dass sie anders als normale Leichen waren.«
Das war harter Tobak, den man mir zu schlucken gegeben hatte. Ich sah dennoch keinen Grund, Yakup nicht zu glauben und nickte mit starrem Gesichtsausdruck.
Ich hörte sein krächzendes Lachen. »Glaubst du mir nicht, John Sinclair?«
»Doch, aber es fällt mir schwer.«
»Wer kennt schon die Geheimnisse der Welt? Des Lebens und auch des Sterbens?«
Die orakelhaft ausgesprochene Antwort stimmte in diesem Fall tatsächlich. Besonders dann, wenn ich zu dem Totenbaum schaute, der von den Leichen besetzt wurde.
Die noch übrig gebliebenen lebenden Toten nahmen ihre alten Grabplätze ein. Einige blieben leer, aber die Körper, die sich innerhalb des Baumgeästs befanden, legten sich zur Ruhe nieder. Wobei mir der Begriff letzte Ruhe falsch vorkam.
Ich begriff so vieles nicht und lernte immer wieder neu hinzu. Von Totsprechern hatte ich schon gehört. Es waren besondere Menschen. Man fand sie zumeist in Asien. Versteckt in dichten Dschungeln, gingen sie ihrer »Arbeit« nach, wenn sie angefordert wurden. Auf den indonesischen Inseln waren sie besonders stark vertreten.
Yakup Yalcinkaya unterbrach meine Gedankenkette. »Lass uns die anderen befreien«, sagte er.
»Und wo sind sie?«
»Ich zeige dir den Weg.«
Er war hart gegen sich selbst und wollte nicht, dass ich ihn stütze. Er bat mich nur, eine Fackel mitzunehmen, was ich nur zu gern tat, denn der Weg führte uns in die Düsternis der gewaltigen Felsenhöhle.
Nur allmählich wich die Dunkelheit. Als wir die Wand erreichten, sah ich einen Stollen.
»Führt er zu dem Gefängnis?«, fragte ich.
Yakup nickte. »Ja, wenn wir ihn durchgehen, befinden wir uns am Ende des Klosters.«
»Wo wir auch einen zweiten Ausgang finden?«
»Ich kenne ihn nicht.«
Yakup sagte dies mit einer so großen Bestimmtheit, dass ich ihm die Worte glaubte,.
Wir tauchten in den Stollen. Ich zog den Kopf ein. Das Fackellicht tanzte über die Wände, schuf Licht und Schatten, das man mit einiger Fantasie als unheimliche, geisterhafte Figuren bezeichnen konnte.
Der junge Türke hatte sich nicht helfen lassen wollen. Ich merkte, wie schwer er zu kämpfen hatte, denn er atmete längst nicht mehr so ruhig wie sonst. Die Verletzung machte ihm arg zu schaffen. Schnaufend stieß er manchmal die Luft aus.
Der Stollen war kürzer, als ich geglaubt hatte. Er endete in einer Höhle, die eine runde Form zeigte. Schon beim Herkommen war mir das klirrende Geräusch aufgefallen. Nun erkannte ich die Ursache.
Man hatte die Mönche innerhalb der Höhle angekettet. Sie lagen am Boden, die Gelenke steckten in eisernen Manschetten, und die rostigen Ketten waren an den Wänden befestigt.
Yakup blieb stehen.
»Hast du einen Schlüssel?«, fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. Gleichzeitig deutete er auf eine kleine Nische. »Dort wirst du den Schlüssel finden.«
Ich schritt auf das mir genannte Ziel zu, während ich hinter mir die Stimmen der gefangenen Mönche vernahm und auch Yakup reden hörte. Die Nische war sehr schmal. Ein Spalt im Gestein, mehr nicht. Ich leuchtete hinein und entdeckte einen kleinen Kasten, der nicht verschlossen war. Nachdem der Deckel stand, konnte ich in den Kasten hineinschauen. Dort lagen tatsächlich die Schlüssel. Die Mönche hatten wirklich an alles gedacht. Ihre Feinde wussten es nicht, die hätten den Kasten sonst mitgenommen.
Wenig später machte ich mich an die Arbeit, die ich sehr gern tat. Bei jedem schloss ich die Ketten auf und dachte dabei an die Ninja und an Oziko. Sie waren entkommen. Ich konnte mir vorstellen, dass sie auf schreckliche Rache sannen.
Während ich mich mit den Ketten beschäftigte, schaute ich in die Gesichter der Mönche.
Sie waren von der Askese gezeichnet worden.
Manche Männer machten den Eindruck, kurz vor dem Ende zu stehen. So knochig und hohlwangig sahen ihre Gesichter aus. Anders der Ausdruck in ihren Augen.
Er zeugte von einem Lebenswillen, der sie umklammert hielt und gleichzeitig wie eine Flamme war. Ja, sie wollten leben, sie würden sich nicht beugen und keinem Terror verfallen.
Ich hörte kein Wort des Dankes, das verlangte ich auch nicht, aber ich las in den Augen der Männer ein Versprechen.
Der letzte Mönch, den ich befreite, war Zii, der Geheimnisvolle und Totsprecher. Reiner Zufall, dass er jetzt an die Reihe kam. Yakup hatte mich beobachtet. Er kam zu mir und verneigte sich vor der Gestalt, die in den Ketten lag.
Ich zögerte einen Moment und schaute Yakup aus meiner gebückten Haltung an.
Er nickte.
Für mich war es das Zeichen, die Ketten aufzuschließen. Die eisernen Ringe fielen zu Boden und gleichzeitig auch die Hände. Der Vorsteher oder Abt des Klosters war endlich frei.
Er bewegte sich nicht, sodass ich Zeit hatte, ihn mir genau anzusehen.
Locker betrachtet, war er der Typ, der kleinen Kindern Angst machen konnte. Dieser Mann glich mehr einem Skelett als einem Menschen. Er war abgemagert, dünn und mit Fingern versehen, die mich an lange Stricknadeln erinnerten. Ich schaute genauer hin und stellte fest, dass er keine Nägel mehr besaß. Yakup hatte meinen Blick bemerkt. »Die anderen müssen ihn gefoltert haben«, erklärte er.
Ich bekam Magendrücken.
Yakup half Zii, auf die Beine zu kommen. Der alte Mann blieb von allein stehen. Er benötigte keine Stütze. Und er sprach die Worte in meiner Heimatsprache, damit ich sie auch verstehen konnte.
»Ich wusste, dass du uns nicht im Stich lässt, Yakup. Wir haben dich in das Kloster aufgenommen, wir haben dir unsere Lehren und Weisheiten nahegebracht, nun wirst du sie mehr benötigen, denn ich möchte dich als meinen Erben einsetzen.«
Yakup schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht, Zii.«
»Das wirst du sehr bald. Kommt mit, wir wollen dieses Gefängnis verlassen.«
Auch die anderen Mönche hatten seine Stimme vernommen und erhoben sich von ihren Plätzen.
Sie formierten sich zu einer Reihe. Hintereinander schritten sie dem Stollen entgegen und tauchten ein. Von uns wurden sie begleitet. Der Fackelschein tanzte über die mageren, von sackähnlicher Kleidung umhüllten, gebeugten Rücken.
Yakup und Zii hatten die Spitze übernommen. Sie redeten leise miteinander. Ich verstand sie nicht. Wahrscheinlich würde ich ihre Worte auch nicht begreifen. Für mich war es so fremd geworden und gleichzeitig auch unheimlich.
Nur unsere Schritte waren zu hören. Die Mönche schlurften, als hätten sie keine Kraft mehr, die Beine vom Boden abzuheben.
Abermals erreichten wir die große Grotte. Die lebenden Leichen hatten sich wieder in ihre hohen Gräber zurückgezogen. Sie lagen dort starr wir Puppen.
Die Mönche versammelten sich um den Totenbaum. Einen Kreis hatten sie gebildet.
Obwohl jeder von ihnen unter dem Terror der Besetzer gelitten hatte, war ihnen nichts anzumerken. Auch Yakup hielt sich tapfer, trotz seiner Verletzungen. Hin und wieder nur zuckten seine Mundwinkel. Ein Zeichen, dass er Schmerzen hatte.
Ich ging zu ihm. Die Aufstellung der Mönche glich einem Ritual. Ich rechnete damit, dass dies etwas zu bedeuten hatte und wollte Yakup danach fragen.
»Ja, das hat etwas zu bedeuten«, erklärte er.
»Und was?«
»Zii wird es uns sagen!«
Er war die zentrale Figur. Um ihn drehte sich alles, und er begann auch zu sprechen.
Ich hörte zu, obwohl ich die Worte nicht verstand, da die Sprache fremd für mich war.
Aber ich vernahm Yakups Stöhnen.
»Was ist?«, fragte ich ihn.
Yakup schüttelte den Kopf. Er war nicht bereit, mir jetzt schon eine Antwort zu geben. Statt dessen schaute er nach vorn und lauschte, damit er auch jedes Wort mitbekam.
Ich drängte nicht weiter. Yakup berichtete von allein. »Zii gibt zu, dass er versagt hat«, hauchte der Türke, und als ein Versager kann er das Kloster nicht leiten.«
»Was will er denn machen?«, fragte ich. »Zurücktreten?«
»Nein, das nicht. Er zieht andere Konsequenzen. Die Regeln schreiben es vor.«
»Rede schon!«, drängte ich.
»Er wird sich selbst totsprechen …«
*
Im ersten Moment nahm ich an, mich verhört zu haben. Das war doch nicht möglich, und ich fragte noch einmal nach. »Was will er? Sich totsprechen?«
»So ist es.«
»Weshalb? Was ist der Grund? Er …«
»Zii hat versagt. Er konnte dieser heiligen Stätte keinen Schutz mehr geben. Aus diesem Grunde muss er die Konsequenzen tragen. So schreiben es die Regeln nun einmal vor.«
Das war glatter Wahnsinn. Ich konnte es nicht fassen. Wieder einmal war ich mit einer Welt und einer Geisteshaltung konfrontiert worden, für die ich als Europäer kein Verständnis aufbringen konnte. Das war mir einfach zu hoch. Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, so zu handeln. Aber ich war auch kein Totsprecher.
»Sein Platz ist dort oben bei den anderen im Baum!«, wisperte Yakup Yalcinkaya.
»Man muss ihn davon überzeugen …«
»Nein, John, man muss gar nichts. Du kannst nicht in seine Seele blicken. Du kennst sein Leben nicht. Er hat es einem Zweck geweiht, der dazu führen soll, dem Guten zu dienen.«
»Er konnte doch nichts dafür …«
»John, du kennst die Regeln des Klosters und die des Mönchslebens nicht. Deshalb unternimm nichts und lass ihn.«
Ich nickte. Nur wollte ich noch wissen, was mit den anderen Mönchen geschah, denn auch sie hatten versagt, wenn man die Lage realistisch betrachtete.
Yakup wusste auch da eine Antwort. »Wenn Zii sich opfert, ist den anderen vergeben.«
So einfach war das also. Da kam ich nicht mit. Weiterhin führte ich mein Statistendasein und schaute Zii sowie den anderen Mönchen zu, die sich von ihren Plätzen gelöst hatten und auf ihren Meister und Abt zuschritten.
Die Männer nahmen Abschied.
Mir wurde eine Szene geboten, die mir verdammt unter die Haut ging. Sie war schwer zu beschreiben. Man konnte sie als ehrlich, als gespentisch und makaber zugleich bezeichnen.
Zii hatte seinen rechten Arm ausgestreckt. Dabei hing seine Hand zum Gelenk hin im rechten Winkel nach unten und sah so aus, als würde sie überhaupt nicht zu ihm gehören. Die Finger zitterten unmerklich, aber jeder, der an Zii herantrat, nahm die Hand zwischen seine Finger und berührte die dünne Haut mit den Lippen. Während dieser Geste legte ihm Zii die linke Hand auf den Kopf, bekam so einen innigeren Kontakt und drückte damit seinen Abschied aus.
Jeder kam an die Reihe. Und ganz zum Schluss ging mein neuer Freund Yakup.
Er hielt sich gerade und wollte nicht zeigen, dass ihm die Verletzung zu schaffen machte.
Auch er küsste den Handrücken des anderen. Yakup wurde ebenfalls von der anderen Hand auf dem Kopf berührt. Bei ihm dauerte es etwas länger. Zwischen den beiden so unterschiedlichen Männern war ein festes Band entstanden, das nie mehr reißen sollte.
Sehr langsam hob Zii einen Arm an. Die Augen des alten Mannes schauten über den gekrümmten Rücken des Türken hinweg. Der Blick verlor sich dort, wo das Feuer der Fackeln gegen die Höhlendecke loderte und sie mit einem tanzenden Schattenmuster anmalte.
Yakup trat zurück. Er reihte sich in den Kreis der anderen ein, die Zii gespannt anschauten.
Auch ich sah ihm zu.
Noch einmal richtete sich der magere Greis auf, dann begann er mit einer unglaublichen Vorstellung eines Selbstmords …
*
Mit Suko waren es 21 Männer, und diese hatten sich auf zwei Boote verteilt.
Es waren einfache Kähne mit Ruderbänken aus festem Holz. Die Boote waren mit Motoren bestückt, die jedoch nicht angestellt wurden, da genügend Ruder bereitlagen und die Männer auch kräftig genug waren, um die beiden Boote zu rudern.
Suko hatte in dem Ersten seinen Platz gefunden. Er saß nahe am Heck und ruderte noch nicht. Es war ein lauer Tag gewesen, die Nacht brachte mehr Abkühlung und auch Feuchtigkeit, die sich auf dem Wasser niederschlug, wo sie einen leichten Dunst bildete.
Niemand sprach. Die Stille einer Nacht umgab sie. Nur das Eintauchen der Ruderblätter war zu vernehmen und das Schmatzen des Wassers, wenn es zu beiden Seiten der Bordwand entlanglief. Es sah dann aus wie eine blasige Perlenschnur, die irgendwann zerplatzte.
Das Boot schaukelte kaum, so ruhig ruderten die Männer. Hin und wieder schimmerten ihre Gesichter wie bleiche Schatten, wenn vom Kai her das Licht einer Streulaterne bis auf die Wasserfläche fiel.
Die Boote wurden nahe der Kaimauer gerudert. Sie hielten sich in dessen Schatten, so bestand nicht zu leicht die Gefahr einer Entdeckung.
Keine Polizei, keine offizielle Stelle wusste Bescheid, wer da unterwegs war und weshalb diese Männer auszogen. Wenn es Shimada und seinen Ninja-Zombies gelang, das Kommando einer Stadt wie Frisco zu übernehmen, kam dies dem absoluten Chaos gleich.