John Sinclair Großband 35 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Großband 35 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

10 gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band!

Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.
Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1978 - 1989 und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.

Tausende Fans können nicht irren - über 640 Seiten Horrorspaß garantiert!
Dieser Sammelband enthält die Folgen 341 - 350.

Jetzt herunterladen und losgruseln!

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EPUB
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Seitenzahl: 1421

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Jason Dark
John Sinclair Großband 35

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben

Für die Originalausgaben:

Copyright © 2015 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2023 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Coverillustrationen: © Vicente B. Ballestar

ISBN: 978-3-7517-4711-0

www.bastei.de

www.sinclair.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

John Sinclair 341

Auf zwei Dinge freute sich Ed Fisher: Erstens auf ein kühles Bier und zweitens auf seine Freundin, mit der er nach dem Bier noch etwas vorhatte.

Der erste Wunsch ging in Erfüllung, der Zweite jedoch nichtmehr. Der Tod schlug plötzlich zu.

Brutal und erbarmungslos.

Hinter Ed Fisher öffnete sich der Spalt des Vorhangs. Niemand sah etwas, auch nicht Fishers Freundin, die auf ihre Krabben starrte. Die Hand hielt einen spitzen Gegenstand. Und der raste nach unten. Einmal, zweimal ...

Dumpfe Laute erklangen, als der Nacken des jungen Mannes getroffen wurde. Ed Fisher spürte noch den grauenhaften, alles verzehrenden Schmerz und dann nichts mehr. Er kippte nach vorn. Seine leblosen Hände schoben den Krabbenteller zur Seite, das Bier kippte um, Blut spritzte aus der Halsschlagader.

John Sinclair 342

Der Mann mit dem grauen Haar stand auf dem nebelverhangenen Friedhof und hielt einen angespitzten Eichenpflock in der rechten Hand. Die kalten Augen starrten auf das Grab, in dessen kühler Erde ein schreckliches Leben sein Ende gefunden hatte.

»Du darfst nicht zurückkehren!«, flüsterte der Mann Lady X zu. Es klang wie ein Schwur. »Nie wieder sollst du Angst und Schrecken verbreiten, das schwöre ich!«

Dann ging er.

Das Grauen in der Erde schwieg. Doch es wartete auf seine Stunde ...

John Sinclair 343

Ich traute meinen Augen nicht, als ich das durchsichtige Grab sah. Lady X hatte nicht einmal einen Sarg erhalten. Sie war vor ein paar Monaten einfach so in der kalten Erde verscharrt worden. - An der Leiche hatte die Zeit genagt. Sie bot einen Anblick des Schreckens, doch völlig verwest war sie noch nicht. Arme, Beine und Kopf waren deutlich zu erkennen, ebenfalls eine tiefe Narbe in der Brust. Marek hatte sie ihr mit seinem Pflock beigebracht.

Ich wusste, dass der Vampir Boris Bogdanovich Lady X unbedingt aus dem Grab holen wollte, doch das durfte ich auf keinen Fall zu lassen - Der Kampf um Lady X entrbrannte!

John Sinclair 344

BORIS BOGDANOWICH hatte es als Vampir-Schlange tatsächlich geschafft, mich hereinzulegen! Mit Hilfe meines Kreuzes hätte ich mich befreien können, so aber schwebte ich zwischen Leben und Tod. ich musste einsehen, dass ich gegen die Würgekräfte der Vampir-Schlange nicht ankam, sie war mir haushoch überlegen. Auch an meine Beretta kam ich nicht heran, die Waffe, die mich seit dem Beginn meiner Laufbahn beschützt hatte. Als ich kaum noch Hoffnung besaß, griff mich auch die zweite Schlange an ! Ein dramatischer Kampf um Leben und Tod begann ...

John Sinclair 345

»Du bist zu mir gekommen, und du wirst auf die Bibel schwören, dass du dieses Monstrum vernichtest!« Der Pfarrer stand vor dem Mann, der verschüchtert auf dem einfachen Holzstuhl hockte und zitterte. Ob vor Angst oder vor Erregung, das war ihm nicht anzumerken. Jedenfalls schüttelte er den Kopf.  »Ich kann nicht.«  »Du kannst nicht?«  »Nein, ich kann nicht auf die Bibel schwören, und ich kann ihn nicht töten. Es wäre Mord.«  »Er ist ein ...«  Der Mann schaute hoch. Das Gesicht des Pfarrers war blass. Ringe lagen unter seinen Augen. Der Mann hatte in der letzten Zeit wenig Schlaf bekommen. »Sprechen Sie es nicht aus, Herr Pfarrer. Ich weiß, was Sie sagen wollen, aber so ist es nicht.«

John Sinclair 346

Medusa lässt nicht mit sich spaßen - Wer es wagt, ihr in die Augen zu schauen, muss schwer dafür büßen, denn ihr Horrorblick lässt ihre Gegenüber zu Stein erstarren. Auch John Sinclair ist dieser Gefahr ausgesetzt. Wird er ein Gegenmittel finden ?

John Sinclair 347

Gloria und Diana waren auf der Flucht, und ihre Überlebenschancen sanken mit jedem Schritt, da Satans Mädchenfänger aufholten. In Aldos Auftrag sollten sie die beiden hübschen Mädels in die Feuerhölle stecken, wo sie zu Dienerinnen einer schrecklichen Dämonin geworden wären. - In ihrer Verzweiflung sprangen die Mädchen von einer Brücke, doch sie landeten nicht in den Fluten des Flusses, sondern im Netz des Teufels -

John Sinclair 348

Gloria wusste, dass sie sich beim Aufprall auf die Wasseroberfläche das Gesicht zerschlagen oder die Knochen brechen würde, dennoch zog sie diesen Tod dem Höllenfeuer vor.

Gloria erlebte den Fall wie einen schrecklichen Film, unendlich lang kam er ihr vor. - Die Wasseroberfläche raste immer näher, und doch schlug Gloria nicht auf, sie fiel in ein Netz!

Wie aus dem Nichts war es herangewischt, geschleudert von einer Gestalt, die am Ufer stand.

Das Netz glühte in einem dunklen Rot und wurde von Feuerzungen umtanzt. Und die Gestalt, die das Netz festhielt, war kein Geringerer als der Teufel. Seine Zombies aus dem Höllenfeuer machen John Sinclair und dessen Team noch sehr zu schaffen.

John Sinclair 349

Der Reihe nach schaute der Bai seine acht Diener an. Sie umstanden ihn wie eine Mauer, sahen sein Nicken und auch das lange Messer in seiner Hand. Ohne ein Wort zu sagen, stieß er es sich in den Leib und schaute dem Blut zu, das aus der Wunde in eine Schale floss und anschließend in acht Becher umgefüllt wurde. Jeder seiner Diener bekam mit folgenden Worten einen Becher gereicht: Dieses Blut wird euch mit mir verbinden, zum Wohle der Person, der wir alle dienen, der Großen Mutter -

Dann kippte er nach hinten und starb -

John Sinclair 350

Im alten Atlantis gehörten die Großen Alten zu den mächtigsten Götzen und wurden von allen verehrt. Nach dem Untergang ihres Kontinents retteten sie sich in die Leichenstadt und teilten sie untereinander auf. Jeder herrschte fortan über ein Sechstel dieser riesigen Fläche und versuchte dabei ständig, dem Teufel - ihrem Hauptgegner - weiteres Terrain abzutrotzen. Dieser ergriff Gegenmaßnahmen, und es kam zu Auseinandersetzungen mit den Götzen. Die Rache der Großen Alten war massiv und hinterhältig. Aber war sie auch erfolgreich? Wie verhielten sich John und seine Freunde? Ergriffen sie Partei?

John Sinclair Großband 35

Cover

Titel

Impressum

Über das Buch

Inhalt

John Sinclair 341

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Die Nadel der Cleopatra

John Sinclair 342

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Vampire in Petrila

John Sinclair 343

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Kampf um Lady X

John Sinclair 344

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Vampir-Schlangen (3. Teil)

John Sinclair 345

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Villa Frankenstein

John Sinclair 346

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Medusas Horrorblick

John Sinclair 347

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Satans Mädchenfänger (1. Teil)

John Sinclair 348

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Zombies aus dem Höllenfeuer (2. Teil)

John Sinclair 349

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Brücke der knöchernen Wächter

John Sinclair 350

Cover

John Sinclair – Die Serie

Impressum

Die Rache der Großen Alten (1. Teil)

Guide

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Contents

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin Verantwortlich für den Inhalt E-Book-Produktion: Jouve

ISBN 978-3-8387-3102-5

www.bastei-entertainment.de www.lesejury.de www.bastei.de

Die Nadel der Cleopatra

Auf zwei Dinge freute sich Ed Fisher.

Erstens auf ein kühles Bier und zweitens auf seine Freundin, mit der er nach dem Bier noch etwas vorhatte.

Der erste Wunsch ging in Erfüllung, der Zweite nicht, denn plötzlich schlug der Tod zu.

Brutal, erbarmungslos.

Hinter Ed Fisher öffnete sich der Spalt des Vorhangs. Niemand sah etwas, auch nicht Fishers Freundin, die auf ihre Krabben starrte. Die Hand hielt einen spitzen Gegenstand. Und der raste nach unten. Einmal, zweimal  …

Dumpfe Laute erklangen, als der Nacken des jungen Mannes getroffen wurde. Ed Fisher spürte noch den grauenhaften, alles verzehrenden Schmerz und dann nichts mehr. Er kippte nach vorn. Seine leblosen Hände schoben den Krabbenteller zur Seite, das Bier kippte um, Blut spritzte aus der Halsschlagader.

Eine Sekunde später schrie Fishers Freundin markerschütternd auf …

»Ein Himmel wie gemalt. Sterne, Mond, eine seltene Bläue. Dazu das Rauschen der Themse, die Ausflugsboote, die glücklichen Menschen, und du stehst hier herum, als wäre ich überhaupt nicht vorhanden«, beschwerte sich die Chinesin mit dem lackschwarzen Haar und schaute Suko von der Seite her an.

Der Inspektor zuckte herum. »Was hast du gesagt?«

»Jetzt hörst du mir noch nicht mal zu«, mäkelte Shao. »Und so etwas wie du geht am Abend mit mir aus. Das ist eine Unverschämtheit, will ich dir sagen.«

Suko lächelte. »Sorry, aber ich musste gerade an etwas denken.«

Shao winkte ab. »Ich weiß schon, an John Sinclair und Bill Conolly.«

»Du hast Jane Collins vergessen.«

»Ja, auch sie!«, stöhnte Shao. Sie lehnte sich gegen das Gitter zurück, sodass der warme Wind in ihr Gesicht blies und mit ihren langen Haaren spielte.

Shao und Suko waren ausgegangen, um einen herrlichen Spätsommerabend zu erleben. Indianersommer, sagte man in den Staaten dazu. Warme Luft umgab sie, auch wenn von der Themse ein Geruch wehte, der nicht gerade angenehm für die Nasen war.

Trotzdem, Sonnentage gab es in London selten. Und dieser Sommer war auch nicht der heißeste gewesen.

Shao hatte sich der Witterung entsprechend angezogen. Leinen war »in«. Deshalb trug sie eine weiße Leinenbluse. Dazu eine Hose aus dem gleichen Stoff und derselben Farbe. Um einen Kontrast zu bekommen, hatten ihr die langen, schwarzen Haare nicht ausgereicht. Sie hatte sich noch für knallrote Schuhe entschieden und für eine hübsche Perlenkette, die ebenfalls rot leuchtete, wie echt aussah, aber nur Modeschmuck war und nicht einmal zwei Pfund gekostet hatte.

Shao fiel auf.

Die Blicke der Spaziergänger streiften sie. Es waren vor allen Dingen die Augen der Männer, die wohlgefällig auf der Gestalt der Chinesin ruhten.

Wieder musste sie ihren Freund anstoßen. »Du siehst mich überhaupt nicht«, beschwerte sie sich. »Andere Männer schauen mich viel netter an.«

»Ich weiß.«

»Mehr sagst du nicht?«

»Doch.«

»Und was?«

»Ob John und Bill es wohl geschafft haben oben in Schottland? Du weißt doch, sie wollten Jane in das Kloster St. Patrick bringen. Bisher habe ich noch nichts von ihnen gehört, auch Sir James nicht.«

Shao wurde wütend. Sie hatte sich auf den Abend gefreut. Suko nahm ihr durch seine Reden jeglichen Schwung. Sie machte einen letzten Versuch. »Wenn du jetzt nicht aufhörst, davon zu sprechen, verschwinde ich. Hast du mich verstanden?«

»Sicher. Und wohin willst du gehen?«

»Irgendwohin.« Shao deutete über die Uferstraße hinweg, wo auf der anderen Seite zahlreiche bunte Lichter glühten, die zumeist von den Leuchtstoffröhren der Lokalreklamen abgestrahlt wurden. »Habe ich nicht Auswahl genug?«

»Ach, die Kneipen.« Suko winkte ab.

»Sind immerhin besser als deine Redereien über Schottland, das Kloster, Jane Collins  …«

»Kannst du das denn nicht begreifen, wie sehr mich dieser Fall mitnimmt? Er ist praktisch die Folge der Abenteuer, die wir auf dem Planet der Magier erlebt haben.«

»Da war ich nicht bei.«

»Eben. Deshalb gelingt es dir auch nicht, meine Gedankengänge nachzuvollziehen.«

»Willst du noch weiter an Schottland denken?«

»Sei doch nicht so stur.«

Shao stellte fest, dass es keinen Sinn hatte, noch länger zu diskutieren. Sie musste Nägel mit Köpfen machen. Abrupt stand sie auf und schaute von oben her in Sukos erstauntes Gesicht.

»Wo willst du denn hin?«, fragte der Chinese.

»Weg, das habe ich dir doch gesagt.«

»Warte, ich gehe  …«

»Nein, mein Lieber, du bleibst hier. Diesmal mache ich keinen Rückzieher. Ich kann mich auch allein amüsieren. Viel Vergnügen.« Sie nickte ihrem Freund noch einmal zu und näherte sich forschen Schrittes einer Ampelanlage, um dort die Straße zu überqueren.

Zurück ließ sie einen völlig verdatterten Suko, der die Welt nicht mehr verstand. So etwas war ihm noch nie untergekommen. Da ließ ihn Shao einfach sitzen.

Ausgerechnet Shao!

Er holte tief Luft und sah, dass Shao bereits im Strom anderer Fußgänger die Fahrbahn überquerte. Ihre weiße Kleidung fiel besonders auf. Der Inspektor rieb sich das Kinn. »Irgendetwas scheine ich wohl falsch gemacht zu haben«, murmelte er. »Aber was?«

Natürlich wusste er genau, dass er sich nicht richtig benommen hatte. Nur – welcher Mann gibt so etwas schon gern zu? Auch Suko nicht.

Shao hatte unterdessen die Fahrbahn überquert. Sie steckte noch voller Zorn und war fest entschlossen, es ihrem Freund einmal zu zeigen. Sie wollte irgendwo allein hingehen und ein Glas trinken. Allerdings war die Auswahl so groß, dass es ihr schwerfiel, sich zu entscheiden.

Es waren alle Arten von Lokalitäten vorhanden. Von der Pizza-Bäckerei, über fernöstliche Spezialitäten-Restaurants, bis hin zum Coffee Shop oder zum Edel-Schnellimbiss.

Es gab auch Bierlokale, die kleine Zwischenmahlzeiten anboten. Diese Gaststätten hatten am meisten zu tun. Kein Wunder, bei dem warmen Wetter.

Shao entschloss sich, eines der Bierlokale zu betreten. Die Luft und das heftige Reden hatten durstig gemacht. Wie in letzter Zeit üblich geworden, hatten auch die Besitzer oder Pächter der Bierlokale Tische und Stühle nach draußen gestellt und die Türen offen gelassen. Manche Gäste saßen sogar auf der Fensterbank und helten Krüge in den Händen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung.

Und Shao wollte sich in den Trubel hineinstürzen. Einfach nur mit anderen Menschen reden, mit ihnen lachen, ihre Meinungen hören, ohne dabei irgendwelche Hintergedanken zu haben.

Das liebte sie.

Sosehr sie auch suchte, vor den Lokalen bekam sie keinen freien Sitzplatz. Sie musste schon hineingehen. Bevor sie eine der Gaststätten betrat, schaute sie sich noch einmal um. Es hätte ja sein können, dass ihr Suko gefolgt wäre.

Sie sah ihn nicht.

»Dann eben ohne dich«, murmelte sie trotzig und schob sich über die Schwelle.

Sie tauchte förmlich hinein in das Vergnügen, das zunächst nur aus schlechter Luft, schwitzenden Menschen und überarbeiteten Kellnern bestand. Schon war sie einem Kellner im Weg, der ein Tablett schleppte, das bis zum Rand mit Bierkrügen gefüllt war.

Er brachte das Zeug nach draußen.

Shao schaute sich um, ob sie es dennoch schaffte, einen freien Platz zu erwischen.

Auch hier war es schwierig, denn überall drängten sich die Gäste. Sogar zu zweit saßen sie auf den Stühlen. Sie tranken ihr Bier, lachten und ließen die Rundengeber hochleben.

Ein junger Mann mit blonden Haaren, der auf einer Bank hockte und bemerkte, dass Shao einen Platz suchte. Kurzerhand griff er zu. »Komm her, bei uns ist noch frei. Wir rücken zusammen.«

Bevor Shao sich versah, hatte er ihre Hand genommen und sie zu sich gezerrt. Shao stolperte, konnte gar nicht anders und fiel nicht nur auf die Bank, sondern auch halb auf den Schoß des jungen Mannes.

Der lachte sie strahlend an. »Himmel bist du stürmisch, Süße. Das überrascht selbst mich. Ich heiße übrigens Rudy und bin als heißester Tip diesseits der Themse bekannt.«

»Und wer ist es jenseits?«, fragte Shao schlagfertig.

»Mein Zwillingsbruder! Ha, ha, ha  …« Rudy wollte sich ausschütten vor Lachen und fasste Shao fester an.

Sie trug unter der Bluse nichts als die nackte Haut. Das hatte wohl auch Rudy schon festgestellt. Dementsprechend glitten seine Finger in bestimmte Regionen.

So etwas mochte Shao nun nicht. Bevor der große Aufreißer noch frecher werden konnte, saß sie schon neben ihm und seine Hand rutschte ab.

»He, was ist  …«

»Weißt du das nicht?« Die Chinesin lächelte harmlos. »Ich bin bekannt dafür, dass ich mich nicht anmachen lasse.«

»Wo? Jenseits oder diesseits der Themse.«

»In Groß-London.«

Rudy begann wieder zu lachen. Es gefiel ihm, wenn jemand schlagfertig war. Er gehörte zu den Typen, die den Sommer genossen. Modisch gekleidet, mit Wellenfrisur und ausrasiertem Nacken, so präsentierte er sich.

Shao hatte ein wenig Musse, sich im Lokal umzusehen. Jemand drückte ihr ein gefülltes Bierglas in die Hand, dann wurde ein Trinkspruch losgelassen und verlangt, dass man die Gläser auf »Ex« leertrank.

Das schaffte Shao nicht. Sie trank und schaute über den Rand des Glases hinweg.

Die Bank, auf der sie saß, befand sich in einer Ecke des Lokals. Gegenüber stand noch ein kleiner Tisch, an dem zwei Personen saßen. Hinter dem Tisch begann ein Vorhang, der sich genau dort durch einen Luftzug öffnete, wo sich auch ein Spalt befand.

Am Tisch saßen ein junger Mann und ein junges Mädchen. Er trank Bier, sie bekam Krabben serviert. Die kleineren, hellen »Würmer« sahen sehr frisch aus, wie Shao zugeben musste, und sie bekam Appetit.

Sie schaute sich um. Es war momentan schwer, in dem Gewühl den Kellner zu entdecken. Außerdem wollte auch der große Aufreißer wieder etwas von ihr. Er startete seinen zweiten Versuch. Sein linker Arm landete auf Shaos Schulter.

»Pass auf, Süße. Hier ist es viel zu eng. Wir beide werden uns jetzt verziehen, ohne dass die anderen was davon merken?« Aus seinen blauen Augen schaute er Shao strahlend an. Er duftete nach einem teuren Deo, das sich mit dem Parfümgeruch vermischte, mit dem er seine Brust eingerieben hatte. Natürlich hing das Goldkettchen um seinen Hals, und selbstverständlich trug auch er ein weißes Hemd.

»Na, was ist?«

»Aaaühhhh  …!«

Der gellende Schrei war kaum auszuhalten und alarmierte augenblicklich sämtliche Gäste.

Er klang durch den Stimmenwirrwarr wie der Ton einer Sirene. Die Menschen starrten dorthin, wo der Schrei aufgeklungen war, und auch Shao blickte nach vorn.

Es war entsetzlich.

Das Mädchen mit den Krabben hatte geschrien. Sie hockte da wie festgewachsen. Die Arme halb erhoben, die Hände gestreckt, den Mund offen, so starrte sie auf ihren Freund, der nach vorn gefallen war und mit dem Gesicht auf dem Tisch lag.

Da er sich in dieser Haltung befand, konnte jeder, der zu ihm hinschaute, seinen Nacken erkennen, aus dem das Blut wie eine kleine Fontäne schoss.

Auch Shao war entsetzt darüber. Nur gehörte sie zu den Menschen, die mehr gemacht hatten als andere. Sie behielt selbst in Stresssituationen die Nerven.

Im Gegensatz zu ihrem Banknachbarn, dem großen Aufreißer. Er hockte wie versteinert da und flüsterte mehrmals hintereinander: »Ich kann kein Blut sehen … ich kann kein Blut sehen  …«

Nach dem Schrei hatte sich eine seltsame Stille im Lokal ausgebreitet. Die Menschen waren noch nicht bereit, das Schreckliche zu fassen. Das Grauen hielt sie wie eine unsichtbare Klammer fest, und bald würden Panik und Chaos entstehen, das wusste Shao genau.

Sie handelte als Erste!

Bevor noch ein anderer Gast aufgesprungen war, glitt sie in die Höhe.

Noch immer hielt die Stille. Die Zeit schien plötzlich gestoppt worden zu sein, als hätte Suko seinen magischen Stab eingesetzt. Auch von der Straße her drangen die Geräusche nur mehr gedämpft an die Ohren der Chinesin.

Zwei Schritte musste sie gehen. Während dieser Distanz jagten Gedanken durch ihren Kopf, die sich mit der Tat beschäftigten. Ihr war klar, dass der Mörder des jungen Mannes am Tisch sich nicht innerhalb des Gastraums aufgehalten hatte, denn sie hätte ihn einfach sehen müssen, da sie ihren Blick auf den Tisch gerichtet hatte.

Jenseits des Tisches befand sich ein Vorhang. Und dahinter konnte sich jemand verbergen. Deutlich hatte Shao auch den Spalt gesehen, der den Vorhang in zwei Hälften teilte.

Eine huschende Bewegung, ein Stich mit der Mordwaffe, das alles in Sekundenschnelle. Einen idealeren Platz, um jemand überraschend zu töten, gab es kaum.

Shao erreichte den Tisch, und damit begann auch die Panik. Plötzlich war alles anders. Das Innere der Bierkneipe verwandelte sich im Nu in ein Tollhaus.

Niemand hielt es mehr auf seinen Sitz. Die Gäste sprangen in die Höhe. Dabei war es ihnen egal, ob sie sich gegenseitig störten und sie ihre Stühle und Tische umwarfen. Sie schleuderten die Dinge zur Seite, Gläser kippten, zerbrachen mit klatschenden und klirrenden Geräuschen. Bierlachen bildeten gelblich schäumende Seen. Ein Kellner, der ein mit Biergläsern beladenes Tablett trug, wurde kurzerhand umgerissen und verschwand unter den trampelnden Füßen der Flüchtlinge.

Am Eingang ballten sich die Menschen zusammen. Er war viel zu schmal, zudem wollten auch die draußen sitzenden Gäste hinein, um zu sehen, was dort vorgefallen war.

Das Chaos war perfekt. Noch immer fielen Tische und Stühle um, gellten Schreie, und nur Shao behielt die Nerven. Ganz im Gegensatz zu Rudy, dem Aufreißer, der wie ein Irrer auf den Ausgang zugestürmt war und sich dort regelrecht festgekeilt hatte.

Die Chinesin war an der schreienden Begleiterin des Toten vorbeigelaufen und schaute sich, bevor sie den Vorhangspalt weiter aufriss, die Leiche noch einmal an.

Das Blut sprudelte nicht mehr aus der Wunde, und Shao konnte den Gegenstand erkennen, mit dem der junge Mann getötet worden war.

Kein Messer, auch kein Eispickel, obwohl das Mordinstrument mit beiden etwas gemein hatte.

Es war ein dünner Stift. Er lief vorn spitz zu und sah eigentlich mehr aus wie eine Glasscherbe.

Im Moment war er für Shao uninteressant, sie wollte den Killer. Was sie in den letzten Sekunden an neuen Eindrücken aufgenommen hatte, war schon phänomenal. Shao konnte sie kaum verkraften oder richtig sortieren, so schnell war alles gegangen.

Lauerte der Killer noch hinter dem Vorhang, oder war einfach zu viel Zeit vergangen?

Sie tauchte in eine andere Welt. Abrupt war dieser Übergang. Von diesem schreienden tobenden Durcheinander, in einen von düsteren Glühbirnen erhellten Raum, der sie an die Rückseite einer Bühne erinnerte.

So tief, breit und auch vollgestellt mit allerlei Gerümpel. Schon möglich, dass sich dort, wo sich jetzt die Kneipe etabliert hatte, früher einmal ein Theater gewesen war. Und dazu zählte auch dieser Rückraum, der zudem als Lager diente, denn Shao sah zahlreiche Bierkästen, Kartons, sogar verschimmelte Koffer und zerbrochene Flaschen.

Nur den Mörder sah sie nicht.

Mit schnellen Schritten ging sie den Rückraum ab und entdeckte tatsächlich eine schmale Tür, die nicht geschlossen war, denn ein dünner Luftzug bewegte sie.

Sofort war Shao an der Tür. Sie riss sie hastig auf und schaute in den Gang, an dem die Toiletten lagen. Nicht allein sie, auch die Küche befand sich in der Nähe, was Shao überhaupt nicht mochte, sodass sie sekundenlang das Gesicht verzog.

Aus der Küche hörte sie Stimmen. Ein als Koch gekleideter Mann rannte aus dem Raum, sah sie und brüllte ihr irgend etwas zu, das sie nicht verstand. Danach verschwand er wieder in seinem Kochtopfreich.

Shao hetzte an der Tür vorbei. Sie interessierte der andere Ausgang, den sie am Ende des Ganges entdeckte. Es musste der sein, der in einen Hof oder anderswohin führte.

Diesmal war sie vorsichtiger, als sie die Tür öffnete. Sie wusste genau, dass sie sich in ihrer hellen Kleidung sehr deutlich in der Dunkelheit abhob. Zudem spürte sie auf ihrem Rücken ein gewisses Kribbeln. Es deutete zwar nicht gerade auf eine direkte Gefahr hin, war aber als Warnung zu verstehen.

Sie gab höllisch acht.

Sacht schob sie sich über die Schwelle. Mit den Zehenspitzen trat sie auf, und der folgende Rundblick gab ihr zu verstehen, dass sie sich in einem kleinen Garten befand, den sie hier in der Gegend nicht vermutet hätte.

Sogar ein Baum wuchs in der Mitte des Gartens, und neben dem dünnen Stamm stand eine Gestalt.

Der Mörder?

Das prickelnde Gefühl verdichtete sich zu einer Gänsehaut. Es war gleichzeitig eine Warnung, die Shao allerdings überhörte, denn sie wollte wissen, ob sie mit ihrer Vermutung recht behalten hatte.

Die Gestalt neben dem Baum rührte sich nicht. Sie sah zwar wie ein Mensch aus, dennoch hatte Shao das Gefühl, keinem richtigen Menschen gegenüberzustehen.

Das war ein völlig anderes Wesen.

Schritt für Schritt näherte sich die Chinesin dem Mörder. Für sie kam er nur als Mörder infrage. Als sie nahe genug herangekommen war, weiteten sich ihre Augen.

Jetzt erst erkannte sie die gesamte Wahrheit.

Fremdländisch war die Gestalt gekleidet. Sie trug ein langes Gewand und ihre lackschwarzen Haare als Pagenschnitt. Sie hatte ein rundes puppenhaftes Gesicht, war wesentlich kleiner als Shao und schillerte seltsam.

Die Chinesin blieb stehen. Sie konnte momentan noch nichts damit anfangen, schaute noch genauer hin und sah, dass die Farbe von der Haut ausging.

Man konnte sie nicht als hell bezeichnen, auch nicht als schwarz, eine Mischung aus beiden.

Blau.

Genau, das war es. Die Haut der Gestalt besaß einen blauen Ton. Natürlich dachte Shao automatisch an übersinnliche Dinge, und sie sah auch den seltsamen Stab in der rechten Hand der Gestalt, was sie jedoch am meisten beeindruckte, war etwas anderes.

Vor ihr stand kein Mörder, sondern eine Mörderin.

Der Killer war eine Frau!

*

Bill Conolly und ich wagten kaum zu atmen, weil wir die heilige Ruhe nicht stören wollten. Selbst wurden wir eingefangen von einer Insel der Stille, denn unsere Freunde hatten sich bewusst zurückgezogen, damit wir einen vorläufigen Abschied nehmen konnten.

Abschied von einer Toten?

Diese Frage stellte sich bei mir automatisch, denn die Gestalt, auf die mein Freund Bill und ich schauten, sah tatsächlich wie eine Tote aus.

Es war Jane Collins!

Lebte sie, war sie verstorben? Wir wussten es nicht genau. Man konnte sagen, dass Jane existierte, mehr auch nicht. Sie war eigentlich die große Verliererin gewesen, denn Jane Collins besaß kein Herz mehr, und hätte, wenn ich den Regeln der Schulmedizin Glauben schenkte, tot sein müssen.

Das war sie nicht.

Zwar stellten wir keinen Atem mehr fest, wir sahen auch keine anderen Reaktionen, aber Jane lebte dennoch. Das verdankte sie dem Würfel des Unheils, der mit ihr in Verbindung stand und ihr praktisch das Herz ersetzte. Sie hatte auch völlig normal reagieren können, das wussten wir beide. Nachdem es uns gelungen war, Jane von ihrem Hexendasein zu erlösen, war sie wieder wie früher gewesen. Sie hatte eigentlich an das Leben anknüpfen wollen, das sie vor dem Bann geführt hatte. Nur mit dem einen Unterschied. Der Würfel des Unheils durfte auf keinen Fall aus ihrer unmittelbaren Nähe genommen werden.

Genau das war das Problem.

Ich hätte den Würfel für mein Leben gern gehabt, verzichtete jedoch darauf, denn für Jane Collins war es wichtiger. Nur dachten so nicht alle, die den Würfel gern besessen hätten.

Da gab es den Teufel, dem Jane einmal zwangsläufig gedient hatte. Asmodis sah die Sache ganz anders. Er wollte den Würfel unbedingt bekommen und war auch bereit, alles dafür einzusetzen. Wenn Jane Collins dabei draufging, um so besser für ihn.

Er hatte mehrere Anläufe unternommen, um den Würfel zu bekommen. Wir hatten sie alle abschlagen können, bis auf den letzten, da wäre es fast schiefgelaufen.

Der Höllen-Detektiv, von Asmodis auf Janes Spur gesetzt, hatte ihr den Würfel schon entwenden können. Zum Glück nur für Sekunden, doch diese Zeitspanne hatte ausgereicht, um Jane Collins fast in das Reich des Todes zu schicken. Vielleicht einen Atemzug länger, und es wäre vorbei gewesen.

Ich hatte Pernell Kent den Würfel abnehmen und ihn Jane wieder übergeben können.

Der Höllen-Detektiv war gestorben, ebenso wie die alte Zauberfrau und Teufelsdienerin Alva, die mit ihm zusammengearbeitet hatte. Bill und ich waren zum Kloster gefahren, und hier hatte sich Bill auch seine Brustwunde behandeln lassen.

Mein Freund war von Alva gefoltert worden. Als Zeichen hatte ihm die Zauberfrau ein Dreieck auf die Brust gebrannt. Mit diesem Mal musste er jetzt leben.

Pater Ignatius, mein Freund und Schmied der geweihten Silberkugeln, war sofort bereit, die Detektivin im Kloster zu lassen. Diese Stätte des Guten war ein relativ sicherer Unterschlupf für Jane. Wobei ich besondere Betonung auf das Wort relativ legte, denn auch das Kloster hatte schon dämonische Attacken zu verkraften gehabt, sie zum Glück jedoch überständen.

Diese Gefahren kannte auch der Pater. Er hatte seine Brüder eingeweiht, auch sie zeigten sich einverstanden, und so waren wir einigermaßen beruhigt.

Obwohl wir nicht ausschließen konnten, dass der Teufel und auch ein in meinen Augen noch mächtigerer Dämon alles daransetzen würden, den Würfel zu bekommen.

Als den noch Mächtigeren bezeichnete ich den Spuk.

Auch er wollte den Würfel besitzen, um seine Machtfunktion weiter ausbauen zu können. Der Trank des Vergessens, auf den Kara so scharf war, befand sich schließlich schon unter seiner Kontrolle.

Es standen dem Kloster, so wie ich es sah, keine rosigen Zeiten bevor.

Das alles hatten wir dem Pater und den übrigen Mönchen zu verstehen gegeben, und sie hatten uns verstanden. Kein Widerwort bekamen wir zu hören, im Gegenteil, es waren Aufmunterungen, die man uns mit auf den Weg gab.

Nun nahmen wir Abschied von Jane.

Die Mönche hatten sie in einen kleinen Raum gelegt, mehr schon eine Kammer, wo sie Bergwanderern hin und wieder Unterschlupf vor Sturm, Schnee und Regen gewährten.

Es gab kein elektrisches Licht in dem Raum. Die Mönche hatten eine Öllampe aufgestellt, deren Licht einige Teile der karg eingerichteten Kammer im Schatten ließ.

Ein kleiner Tisch, ein Holzregal, ein Sitzschemel und ein einfaches Lager bildeten die spartanische Einrichtung.

Auf dem Lager lag Jane.

Bewegungslos, steif. Kein Atemzug war zu spüren, und dennoch lebte sie, denn sie schöpfte den Rest der Lebenskraft durch den Würfel des Unheils, der auf ihrem Bauch lag, und den sie mit beiden Händen fest umklammert hielt.

Wenn sie ihn losließ war es vorbei.

Das Licht der Lampe ließ ihre Gesichtszüge weich erscheinen. Lag nicht sogar ein kleines Lächeln auf ihren Lippen? Ich wusste es nicht, sondern stand nur da und schaute auf die schmale Gestalt.

In meinem Innern tobte eine Hölle. Zum Glück konnte ich die Gefühle noch unterdrücken, dennoch war nicht zu vermeiden, dass es heiß in meiner Kehle hochstieg.

Trauer durchflutete mich.

Ich hatte Jane nach all den Jahren endlich befreien können, und nun stellte sich heraus, dass es doch nicht so gelungen war, wie ich es mir gern vorgestellt hätte.

Damit musste ich fertig werden.

Ein paarmal schluckte ich. Bill merkte meinen inneren Zustand und legte mir seine Hand auf die Schulter.

»Ist schon gut, John«, sagte er mit leiser Stimme. »Du hast getan, was du konntest. Mehr war eben nicht drin. Mach dir keine Vorwürfe, das wäre schlimm.«

Ich nickte, während ich gleichzeitig meine Finger ineinander verknotete. »Klar«, gab ich ebenso leise zurück. »Ich habe mein Bestes getan. Es war eben nicht gut genug.«

»Bist du ein Übermensch?«

»Manchmal wäre ich gern einer.«

»John, ich bitte dich, komm auf den Boden der Tatsachen zurück. Du hast alles getan, was in deinen Kräften stand.«

Ich atmete tief ein. »Das stimmt schon, aber es ist nicht allein Jane. Ich denke an Mandra Korab, dessen Geist oder Gesicht in einer Schiffsplanke gefangen ist, die in meiner Wohnung steht. Trage ich nicht auch einen gewissen Teil der Schuld?«

»Nein.«

»Ich kam immer zu spät.«

»Bei Jane nicht. Du bist rechtzeitig genug gekommen. Kaum ein anderer hätte die drei goldenen Skelette gefunden, die dir überhaupt erst den Weg gewiesen haben.«

»Danke dir, Bill, dass du mich moralisch aufrüsten willst, aber ich fühle mich trotzdem als Versager  …«

Bevor wir das Thema noch weiter ausdiskutieren konnten, wurde die Tür der Kammer geöffnet. Eine hochgewachsene Gestalt in langer Kutte betrat den Raum.

Father Ignatius!

Er nickte uns zu, schaute mich für einen Moment besorgt an, bevor er sich abseits stellte und wartete, dass wir Abschied genommen hatten.

Es fiel mir schwer, aber ich musste es tun. Es war einfach ein innerer Drang, der mich trieb.

Weit beugte ich mich herunter, stützte meine Hände rechts und links des Körpers auf, drückte noch meinen Kopf vor und sah Janes Gesicht dicht vor dem meinen.

Wehte nicht ein winziger Atemhauch kaum spürbar gegen meine Wangen?

Vielleicht bildete ich ihn mir nur ein, weil ich es mir so sehr wünschte.

Groß kam mir Janes Gesicht vor. So bleich, so starr, aber vertraut, denn in den Zügen stand nicht mehr die Verbissenheit und die Falschheit, die sie als Hexe gehabt hatte.

Der Geist des Rippers war aus ihrem Körper gefahren, und jetzt musste ich Abschied nehmen.

Es war mir egal, ob jemand zuschaute. Ich konnte einfach nicht anders und drückte meine Lippen auf ihren Mund.

Er war kalt, sodass ich für einen Moment das Gefühl hatte, eine Tote zu küssen.

Dann gab der Mund nach. Dabei zitterten die Lippen, ich glaubte plötzlich daran, dass sie den Kuss erwidern würde. Ja, sie musste ihn bemerkt haben.

Als ich mich aufrichtete, wischte ich mir gleichzeitig über die Augen. Bill Conolly und Father Ignatius standen wie Säulen, und ihre Körper warfen Schatten auf dem Boden.

Sie beobachteten mich, sagten nichts, denn diese Minuten gehörten mir allein und Jane. Auch mein Schatten gesellte sich zu den ihren, sodass sich die drei an einer bestimmten Stelle trafen und eine geometrische Figur bildeten.

Ein Sinnbild der Zusammengehörigkeit.

Ich wandte mich an den Pater. »Gebt auf sie acht. Sie hat Schreckliches getan, ich weiß, aber ich weiß auch, dass sie nicht die Schuld daran trägt. Es war der andere, der Ripper. Er hat gemordet und nicht Jane Collins.«

Father Ignatius nickte. »Das wissen wir, John. Wir werden gemeinsam für sie beten, nur das macht uns stark genug, der Hölle und ihren Dienern widerstehen zu können.«

Es waren gute Worte, die mir der Pater sagte, und sie bauten mich innerlich wieder auf.

»Sollen wir gehen?«, fragte Bill.

Ich nickte und warf gleichzeitig noch einen letzten langen Blick auf Jane. Sie lag noch immer so wie bei unserem Eintritt. Das Licht gab ihr einen Kranz, und sie wirkte auf mich in diesen Augenblicken so hilf- und schutzlos.

Ich ballte die Hände, schluckte, aber ich bekam den Kloß nicht aus meiner Kehle. Als ich mich abwandte, hatte ich das Gefühl, Jane Collins im Stich zu lassen.

Wir schritten durch einen langen Gang. Pater Ignatius hatte die Tür geschlossen. Er und Bill hatten mich in die Mitte genommen. Unsere Schritte hallten von den Wänden als Echos zurück. Es gab keinen Stoff, der sie gedämpft hätte.

Ich war sehr schweigsam. Meine Hände lagen dabei auf dem Rücken, die Finger spielten miteinander. Den Gang kannte ich. Hier lagen auch die Zimmer der Mönche, eigentlich nur mehr Zellen, denn die Männer in den Bergen lebten spartanisch.

Pater Ignatius blieb stehen. »Wir werden unser Bestes tun, John«, erklärte er mir, »du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«

»Das weiß ich. Doch es geht mir nicht allein um Jane Collins. Auch ihr seid in Gefahr.«

Der Pater winkte ab. »Das sind wir gewohnt.«

»Und wie halten wir es, wenn sich bei Jane irgendetwas verändert?«, fragte Bill.

»Du meinst damit ihren Zustand?«

»Jawohl, Pater.«

»Ich gebe euch Bescheid.«

Eine andere Möglichkeit sahen wir nicht. Der Teufel würde natürlich versuchen, den Würfel in seine Klauen zu bekommen, und dieser Bursche kannte zahlreiche Tricks, das wussten wir auch.

Der Pater meinte: »Ich erinnere mich daran, dass ich das Haus der Conollys abgesichert habe. So werde ich es auch hier halten. Wir bauen noch zusätzliche Sicherungen ein, damit die Gegner es schwer haben werden, überhaupt an das Opfer heranzukommen. Seid ihr damit einverstanden?«

»Selbstverständlich«, erwiderten Bill und ich wie aus einem Munde.

»Dann könnt ihr ja beruhigt fahren.«

Beruhigt war zwar etwas übertrieben, doch das behielt ich für mich. Wir verabschiedeten uns von den Mönchen und nahmen die Silberkugeln mit, die in Pater Ignatius’Werkstatt entstanden waren.

Irgendwie passte Bills Porsche nicht auf den Klosterhof. Er glich der berühmten Faust, die aufs Auge haut. Hier oben im wilden Hochland spürten wir bereits sehr deutlich den Herbst. Die Luft war nicht nur kühl geworden, wir empfanden sie schon als kalt.

Pater Ignatius schaute in den Himmel. Seltsam klar spannte er sich über den Bergspitzen. Er zeigte eine blasse Bläue. Dazwischen verteilt wirkten die dunkleren Wolken wie breite Pfannkuchen.

»Das Wetter ändert sich. Es riecht nach Schnee. Er wird zwar nicht liegen bleiben …«

»So früh im September?«, fragte Bill.

»Diese Gegend ist rau, ehrlich und klar«, erwiderte der Pater. »Ich sagte ja, dass der Schnee nicht liegen bleiben wird.«

»Dann wollen wir mal.« Bill machte den Anfang und reichte Pater Ignatius die Hand.

Ich schaute auf die Klosterbauten. Hinter diesen Mauern lag Jane Collins wie begraben. Die Jagd nach dem Würfel hatte ebenfalls sein vorläufiges Ende gefunden. Nie hätte ich damit gerechnet, dass Jane Collins ihn einmal bekommen würde. Nun musste sie damit leben. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ohne den Würfel, der ihr das Herz ersetzte, war sie ein Nichts. Die Mauern des Klosters glichen in ihrem Grau meiner eigenen Stimmung. Nein, fröhlich hatte ich in den letzten Tagen nicht sein können. Meine Gegner hatten mir dazu keine Veranlassung gegeben.

Bill schlug mir auf die Schulter. »Lass uns fahren, Alter. Der Weg ist verflixt weit.«

»Ja, natürlich.« Ich schaute den Pater an und sah in seinem Gesicht das zuversichtliche Lächeln. Dieser Mann schöpfte seine Kraft aus dem Gebet und dem Glauben an Gott. Manchmal bewunderte ich solche Menschen. Zudem war ich stolz darauf, ihn als Freund zu haben.

Wir umarmten uns zum Abschied. Der Pater versprach mir noch einmal, alles zu tun. Ich glaubte ihm.

Bill wartete schon hinter dem Lenkrad. Er ließ den Motor an, als ich die Beifahrertür des neuen Flitzers öffnete. Ein kreischendes Geräusch hallte über den Klosterhof. Natürlich ist ein Porsche nicht eben leise, und wenn noch der halbe Auspuff fehlt, hört sich das dreimal so laut an.

Der Pater winkte, als wir abfuhren. Zwei Mönche hatten das große Tor geöffnet. Wir rollten auf die Straße, die in zahlreichen Serpentinen talwärts führte, und die ich in unangenehmer Erinnerung hatte, da man schon öfter versucht hatte, mich hier zu töten.

»Schaffen wir es bis London?«, fragte ich meinen Freund.

Bill lachte. »Wir müssen.«

»Und dann kaufst du dir einen neuen Wagen.«

»Glaube ich kaum. Ich lasse den hier überholen. Für mich ist es jetzt noch ein Wunder, dass er überhaupt die Strecke bis zu Alvas Hütte geschafft hat.« Der Reporter schüttelte den Kopf. »Den Rest packt er auch noch«, behauptete er zuversichtlich.

Wenn er tatsächlich recht hatte, konnten wir es schaffen, am Abend in London zu sein. Zudem hatten wir beschlossen, uns gegenseitig am Lenkrad abzuwechseln.

Während Bill sich auf die Straße und deren enge Kurven konzentrierte, glitten meine Gedanken ab. Ich schaute zwar aus dem Fenster, von der Landschaft sah ich so gut wie nichts. Manche Blätter hatten schon eine andere Farbe bekommen. Sie sahen aus, als wären sie verchromt, wenn Sonnenstrahlen gegen sie fielen.

Auch Bill störte mich nicht. Er wusste, dass sich meine Gedanken um Jane Collins drehten. Völlig allein lag sie in der Klosterzelle. Nicht lebend und auch nicht sterbend.

War das überhaupt ein Leben?

Für mich nicht. Ich konnte mir darunter nichts vorstellen. Zudem war ich mir sicher, dass dieser Zustand nicht für alle Ewigkeiten anhalten würde. Irgendwann musste etwas geschehen, die andere Seite hatte nie völlig tatenlos zugeschaut.

Es fiel mir sehr schwer, meine Gedanken vom Kloster zu lösen. Auf mich wartete London und, da war ich mir sicher, bestimmt wieder neuer Ärger.

»John, mach ein anderes Gesicht«, sagte Bill.

»Wieso?«

»Du siehst aus, als würdest du nur Trübsal blasen.«

Ich hob die Schultern. »Nach einem freudigen Lied steht mir wirklich nicht der Sinn.«

Vor der nächsten Bemerkung legte Bill eine Pause ein. Der Porsche schoss in eine enge Kurve und wurde Sekunden später wieder aus ihr herauskatapultiert. »Eigentlich kannst du froh sein, dass alles noch glimpflich abgelaufen ist. Es hätte auch schlimmer kommen können. Viel schlimmer, John  …«

Über diese Worte dachte ich nach. Viel schlimmer, hatte Bill Conolly gesagt.

Ja, im Prinzip hatte er recht. Jane lag im Kloster und lebte. Ich hätte sie ebenso gut begraben können. Tief in feuchter, kalter Erde.

»Was ist los?«, fragte der Reporter.

Diesmal lächelte ich. »Bill, du hast recht gehabt. Es hätte wirklich schlimmer kommen können.«

»Sag ich doch«, erwiderte der Reporter und gab Gas  …

*

Der Mörder war eine Frau!

Diese Tatsache musste Shao erst einmal verkraften. Aber war sie wirklich eine normale Frau?

Die Chinesin wollte sich damit nicht abfinden. Die Gestalt, wesentlich kleiner als sie und mit der türkisfarbenen Haut, stand da, schaute sie an und entließ Worte, die Shao nicht verstand. Sie waren in einer ihr fremden Sprache gesprochen und zischten ihr entgegen. Dabei hatte Shao das Gefühl, als wollte die andere sie warnen, sich auf keinen Fall auch nur einen Schritt zu nähern.

Die Chinesin wartete.

Mit ihren Blicken fixierte sie die andere, sah auch das Gewand, das sie trug und dessen Stoff von dünnen Goldfäden durchzogen war. In der rechten Hand hielt sie den seltsamen Stab, der an seinem oberen Ende in den Teil einer Spirale überging.

Der Stab faszinierte Shao. Sie wusste im Moment nicht, wo sie ihn hinstecken sollte, war sich aber sicher, ihn schon einmal gesehen zu haben. Zwar nicht in natura, jedoch auf Abbildungen in irgendwelchen Büchern oder Zeitschriften.

Gehörte auch er zur Mordwaffe? Shao konnte es sich nicht vorstellen, aber was war in diesem Fall schon normal? Nichts war normal, nichts verstandesmäßig zu begreifen. Das Wesen vor ihr gehörte nicht in diese Welt, es musste woanders herstammen. Die Kleidung passte in die Vergangenheit. Konnte man das von diesem Wesen auch behaupten? War es ein Relikt aus einer alten Zeit?

Shao wusste es nicht zu sagen. Sie hatte Angst und fühlte sich gleichzeitig auf eine seltsame Art und Weise von dieser kleineren Person da vorn angemacht und hingezogen.

Durch ihren Körper lief ein Schütteln, bevor sie es wagte, den rechten Fuß vorzusetzen.

Und so ging sie.

Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, auf einer Insel zu stehen. Der normale Straßenlärm ging sie nichts an. Er brauste an ihr vorbei, sie nahm ihn nicht einmal wahr.

Nur die Frau interessierte sie.

Dieses Relikt einer fernen Zeit, das vielleicht Jahrtausende überlebt hatte und in die Gegenwart gekommen war, auf welche Art und Weise auch immer.

Wieder klang das warnende Zischen auf.

Für Shao hatte sich der Tonfall verändert. Es kam ihr vor wie eine süße Lockung, die sie hineinzog in eine seltsame Sphäre, wo Zeiten und Räume miteinander verschmolzen. Wo die Vergangenheit wieder lebendig wurde und sich wie ein Keil in die Gegenwart hineinschob.

Die Vergangenheit  …

Shao hörte seltsame Klänge in ihrem Hirn, sie vernahm Stimmen, die in einer fremden Sprache redeten, sie sah das Gesicht der Frau und hatte das Gefühl, in die großen Augen hineintauchen zu können.

»He, was machen Sie denn da? Weg da! Oder kommen Sie her! Hier wird gleich die Polizei erscheinen!«

Shao vernahm die Worte. Dennoch hatte sie das Gefühl, als wäre der Sprecher nicht vorhanden. Sie interessierte einzig und allein die Frau mit den schwarzen Haaren, die einen Menschen getötet hatte.

Die andere senkte den Arm.

Und damit auch den Stab.

Obwohl Shao es aus sich heraus nicht wollte, bekam sie den Befehl, ihren rechten Arm auszustrecken.

Das tat sie auch. Und schon Sekundenbruchteile später berührte sie der Stab.

Der Schrei blieb Shao im Halse stecken. Die Welt um sie herum veränderte sich.

Licht, Blitze und gleichzeitig aus der Ferne kommende dunkle Schatten schluckten sie wie ein gieriges Maul.

Einen Lidschlag später war die Stelle, wo Shao und die fremde Frau gestanden hatten, leer  …

*

Suko stöhnte auf, als hätte er eine schwere Last zu tragen. Kenne sich da einer in den Frauen aus! Er jedenfalls nicht. Jetzt war er einige Jahre mit Shao zusammen und hatte angenommen, sie zu kennen, und dann passierte so etwas.

Sie ging einfach weg und ließ ihn am Ufer der Themse und auf dem Victoria Embankment stehen. Suko schaute über die breite Straße. Nein, Shao kehrte nicht zurück. Sie war längst in der Menschenmasse verschwunden und saß bestimmt in einem der zahlreichen Bierlokale auf der gegenüberliegenden Seite.

Suko ging das Problem realistisch an. Wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass eigentlich er daran die Schuld trug. Er hätte nicht nur von seinen Problemen reden sollen. John und Bill mussten auch mal allein zurechtkommen. Zu sehr hatte er Shao in der letzten Zeit allein lassen müssen, da war es nur natürlich gewesen, dass sich die beiden einen lockeren Abend machen wollten.

Er hatte ihn seiner Partnerin verdorben. Als Suko zu diesem Entschluss gekommen war, dachte er gleichzeitig weiter und beschloss, die Sache wieder ins reine zu bringen.

Er wollte sich bei Shao entschuldigen.

Suko stieß sich vom Gitter ab. Es standen ihm zahlreiche Lokale zur Verfügung, die er durchsuchen musste. Eine halbe Stunde würde es sicherlich dauern. Zudem glaubte er nicht daran, dass Shao nach Hause gefahren war. Dort konnte sie sich kaum amüsieren.

Er blickte nach links und sah automatisch die hohe schlanke Steinsäule, die wie eine Nadel in den Himmel ragte. Und eine Nadel sollte der Obelisk auch darstellen, denn dieser Granitfinger trug den Spitznamen »Nadel der Cleopatra«.

Sie war ein Kunstwerk und wurde bewacht von zwei steinernen Löwen mit Frauenköpfen.

Den Sphinx!

Dieses Denkmal gehörte zu den Touristenattraktionen am Victoria Embankment und war für viele Amateurfotografen ein beliebtes Zielobjekt. Sukos Blick streifte das Denkmal nur. Er wollte seinen Kopf schon abwenden, als er mit den Augen zwinkerte.

Für einen winzigen Moment hatte sich die Struktur der Nadel verändert. Ein heller Schein war von oben nach unten durch ihren »Leib« gefahren und hatte sie durchsichtig werden lassen. Im nächsten Augenblick war es vorbei. Die Nadel stand wieder so da wie zuvor.

Suko hob die Schultern. Er glaubte an eine Täuschung. Wahrscheinlich war das konzentrierte Licht der Autoscheinwerfer für einen Moment über das Denkmal gehuscht und hatte es deshalb so aussehen lassen.

Kein Grund zur Beunruhigung  …

Suko musste genau an der Ampel stehen bleiben, wo auch Shao die Straße überquert hatte. Die Anzahl der vorbeirollenden Wagen bildete eine fast nie abreißende Reihe. Laternenlicht fiel auf den farbigen Lack der Karossen und ließ diese aussehen wie bunte Spiegel.

Auspuffgase wehten wie dünne Nebelschleier. Heiße Musik schallte aus Radios oder Recordern. Jeder junge Londoner, der nicht zu Hause sitzen wollte, versuchte an diesem Tag noch einmal den lauen Abend zu genießen, und manche schauten mit gierigen Blicken, ob sie etwas aufreißen konnten.

Auch Suko war eingekeilt von wartenden Menschen. Er vernahm ihre Stimmen. Jede klang anders. Eins allerdings hatten sie gemeinsam. Eine gewisse Portion an Hektik und Erwartung. Oft genug klang das Lachen unecht. Die Leute selbst steckten voller Unruhe. Sie schoben, drängten und konnten nicht ruhig auf der Stelle stehen, denn niemand wollte es versäumen, die Straße bei der ersten Grünphase zu überqueren, um so rasch wie möglich die Bierlokale auf der anderen Seite zu erreichen.

Endlich schaltete die Ampel um. Direkt hinter Suko hatten junge Leute eine Kette gebildet. Sie hakten sich gegenseitig ein und stürmten mit lauten Rufen auf den Lippen los.

Ob Suko wollte oder nicht, er wurde unweigerlich vorangeschoben. Als er sich etwa auf der Fahrbahnmitte befand, noch dicht vor der Baumallee, die zwei Straßenseiten trennte, geschah es.

Die Schreie übertönten alles.

Und sie flogen wie eine Schallwoge von der anderen Straßenseite heran. In irgendeinem der Lokale musste etwas passiert sein. Suko dachte automatisch an Shao. Gleichzeitig reagierten die Leute hinter ihm. Die im Lokal waren entsetzt, diejenigen, die nicht wussten, was vorgefallen war, nur mehr neugierig.

Und sie rannten. Suko wurde in den Rücken gestoßen, geschoben und sah sich eingekeilt von Vergnügungssüchtigen.

Er musste mithalten, ob er wollte oder nicht, und so schaffte er es in Rekordzeit, die Straße zu überqueren.

Auf der gegenüberliegenden Seite war ebenfalls der Teufel los. Aus einem Lokal, das rechts vor Suko lag, kamen die Gäste gestürmt. Dabei nahmen sie keine Rücksicht auf den engen Gehsteig. Sie liefen auf die Fahrbahn, sodass einige Fahrer Vollbremsungen machen mussten.

Es glich schon einem Wunder, dass es zu keinem Unfall kam. Auch in den anderen Lokalen war man aufmerksam geworden. Zahlreiche Gäste saßen draußen vor der Tür. Sie waren ebenfalls aufgesprungen und liefen in die Richtung, wo das Schreckliche geschehen sein musste.

In diesem Chaos aus Menschenleibern nach Shao zu suchen, war für den Chinesen so gut wie unmöglich. Obwohl er einer der ersten war, die die andere Seite erreichten, schaffte er es nicht. Wiederum sah er sich eingekeilt und musste sich seinen Weg bahnen.

Wer von den Leuten aus dem Lokal kam, konnte Suko an den Gesichtern ablesen, die all die Schrecken zeigten, die die Menschen hinter sich hatten. Sie waren blass geworden, hatten die Augen weit aufgerissen und schüttelten die Köpfe. Dabei sprachen sie Worte, die sie wohl kaum selbst verstanden. Es waren aus der Panik geborene Reaktionen.

»Er ist tot!«

»Verdammt, man hat ihn gekillt  …«

Diese und ähnliche Sätze vernahm Suko, sodass er sehr rasch Bescheid wusste.

Es hatte also einen Mord gegeben!

Suko schluckte ein paar Mal, bevor er sich mit den Ellenbogen einen Weg zu dem entsprechenden Tatort bahnte. Einfach war dies nicht. Manche Gaffer standen wie der Teil einer Mauer, und Suko sah sich gezwungen, die Hindernisse regelrecht aus dem Weg zu räumen.

Schließlich musste er klettern, denn die Gäste hatten in ihrer Panik die vor dem Lokal stehenden Tische und Stühle umgeworfen, sodass auch sie Hindernisse bildeten, die zunächst überwunden werden mussten.

Auch die übrigen Zuschauer hatten inzwischen vernommen, was dort gelaufen war. Der Schock darüber war größer als ihre Neugierde. Deshalb blieben sie vorerst stehen, schauten sich an und trauten sich nicht, das Lokal zu betreten.

Auch Rufe nach der Polizei wurden laut.

»Ist schon alarmiert!«, hörte Suko eine Stimme. Genau in dem Augenblick, als er sein Hindernisrennen hinter sich hatte und das Lokal betreten konnte.

Dort herrschte ebenfalls das reine Chaos. Kein Stuhl stand mehr so, wie er hätte stehen müssen. Mit den Tischen verhielt es sich ebenso.

Nur eine Ausnahme gab es.

Im Hintergrund, nahe eines Vorhangs und sogar ein wenig erhöht, entdeckte Suko einen kleinen runden Tisch, vor dem jemand saß und nach vorn gesunken war. Er lag mit dem Kopf auf der Tischplatte. Das konnte der Inspektor deutlich erkennen.

Bevor er den Tisch erreichte, stellten sich ihm zwei Männer in den Weg. Sie trugen Schürzen und gehörten zum Personal. In ihren Gesichtern sah Suko die Angst.

»Da können Sie nicht hin. Der ist tot, man hat ihn ermordet. Die Polizei wird  …«

»Die Polizei ist hier«, erklärte Suko und zeigte den beiden seinen Ausweis, den sie staunend betrachteten.

»So schnell?«

»Ich hielt mich zufällig in der Nähe auf.«

»Ja, dann  …« Sie hoben die Schultern und gaben den Weg frei.

Suko schaute sich die Leiche an. Der Ermordete war in seinem Stuhl zusammengesunken. Mit der Stirn lag er auf der Tischplatte. Eine Blutlache hatte sich auf dem Tisch ausgebreitet. Sie war aus der Wunde im Nacken geströmt, in der noch die Mordwaffe steckte.

Im ersten Moment dachte Suko an ein Messer. Bis er genauer hinschaute und eine spitze Nadel oder eine Scherbe erkannte, die jemand in den Nacken gestoßen haben musste.

Und das sehr raffiniert, denn Suko konnte gar nicht anders, als auf den Vorhang zu schauen, der sich direkt an den Tisch anschloss. Er sah auch den Spalt.

Der Inspektor war ein Mann rascher Entschlüsse. Ein schneller Griff, und er hatte den Spalt so weit offen, dass er hindurchschlüpfen konnte. Er betrat den Raum, in dem sich auch Shao ohne sein Wissen kurz zuvor aufgehalten hatten.

Vom Killer keine Spur. Dafür vernahm er Stimmen. Er konnte die Sprecher erst sehen, nachdem er durch eine Tür einen normalen Gang betreten hatte, wo auch die Toilettenräume lagen und ebenfalls die Küche. Auf dem Gang standen vier Männer und eine Frau, die sich so angeregt unterhielten, dass sie Suko nicht sahen.

Einer sprach mit lebhaften Gesten und deutete ständig auf die Hoftür. »Da hat sie gestanden. Genau dort im Hof, und plötzlich war sie weg. Sie reagierte auch nicht auf meinen Anruf. Und die andere Gestalt erst recht nicht. Das war schlimm, kann ich euch sagen. Wie ein Geist oder so ähnlich  …« Ihm fehlten jetzt die Worte.

Suko hatte die Sätze nicht nur verstanden, er fand sie sogar interessant. Es war von einer Frau gesprochen worden, die plötzlich verschwunden war.

Er ging näher und und wurde erst jetzt von der Gruppe bemerkt. Im ersten Moment schwiegen sie, dann wollten sich die Leute aufregen, doch Suko nahm ihnen den Wind aus den Segeln.

»Polizei«, sagte er und ließ sie seinen Ausweis sehen.

»Jetzt schon?«

»Ja.« Der Inspektor lächelte und deutete auf den Sprecher der Gruppe. »Kann ich mit Ihnen einmal reden, Mister?«

Der andere wurde blass. »Weshalb?«

Suko lächelte, um dem Zeugen die Scheu zu nehmen. »Ihre Beobachtungen sind für mich sehr interessant.«

»Ach, das ist doch nichts.«

»Doch, kommen Sie.« Suko nahm ihn am Arm. »Das war doch im Hof, wie ich hörte.«

»Ja.«

»Gehen wir hin.«

Der Zeuge nickte. Schon bald standen die beiden dort, wo auch Shao gestanden hatte. Und Suko hörte sich die Geschichte des Mannes an. Er hatte die Frau noch zurückholen wollen, aber sie kam nicht. Im Gegenteil, mit der anderen verschwand sie plötzlich.

»Sagen Sie, Mister, wie sahen die beiden Frauen aus.«

»Die eine komisch.«

»Wie das?«

Sie war ziemlich klein, hatte schwarze Haare, fast wie ein Bubikopf und ein Gewand an, das manchmal golden leuchtete. Und sie hielt so einen komischen Stab fest.«

»Wie komisch?«

»Weiß ich auch nicht. An seinem Ende bildete er so etwas wie eine Spirale. Ich glaube auch, dass der aufgeleuchtet hat. Dann waren die beiden verschwunden.«

»Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?« , fragte Suko.

»Ja, die Haut. Sie war dunkel.«

»Wie bei einer Negeriri?«

»Nein, anders. Vielleicht blau.« Der Mann verzog das Gesicht. »Aber genau weiß ich das nicht mehr.«

»Okay.« Suko nickte. »Kommen wir zu der anderen Frau. Was ist Ihnen an ihr aufgefallen?«

»Sie kam nicht von hier. Ich meine, nicht aus Europa, sondern aus Asien. Vielleicht aus China oder Japan  …«

Suko hörte die weiteren Worte des Zeugen kaum, denn nun hatte er eine Bestätigung bekommen. Die ganze Zeit über hatte er es befürchtet. Jetzt wusste er Bescheid.

Die andere war Shao gewesen!

Und sie musste völlig ahnungslos in diese Falle hineingetappt sein. Der Inspektor schüttelte den Kopf. Sofort kamen die Vorwürfe. Er hätte sie nicht gehenlassen sollen. Er hätte  … er hätte  …

»Die Puppe sah übrigens stark aus«, hörte er den Zeugen weiter sagen. »Wirklich  …«

Suko winkte ab. »Schon gut, das interessiert mich jetzt nicht.« Er hatte es geschafft und seiner Stimme einen normalen Klang gegeben. »Die Chinesin hat sich nicht gewehrt?«

»Nein, sie sprach mit der anderen. Ich wollte sie noch zurückholen, aber sie hörte nicht.« Der Mann schaute Suko prüfend ins Gesicht. »Sagen Sie mal, Sie sind doch auch Chinese oder so. Kannten Sie die Frau vielleicht?«

Suko hatte keine Lust, dem anderen die Wahrheit zu sagen, deshalb winkte er ab. »Es gibt in London viele Chinesen. Reiner Zufall, verstehen Sie?«

»Klar.«

»Sie werden sich uns zur Verfügung halten, da wir Sie sicherlich noch benötigen. Bleiben Sie also in der Nähe.«

»Selbstverständlich, Sir.« Er räusperte sich. »War das zunächst alles?«

»Das war es.«

Sie gingen wieder zurück, als Suko aus dem Lokal Stimmen hörte. Den Anweisungen nach zu urteilen, die jemand gab, konnte es sich bei den Männern nur um die Mitglieder der Mordkommission handeln.

Suko fragte noch nach dem Namen des Zeugen.«

»Nick Spencer, Sir.«

»Okay, Nick, wie gesagt, Sie warten.«

»Ich gehe dann zu den anderen.«

Damit war Suko einverstanden. Als er wenig später den Vorhang zur Seite zog, schaute er in das überraschte Gesicht eines uniformierten Polizisten. »He, wo kommen Sie denn her?«, wurde der Inspektor angesprochen, bevor der Mann sich umdrehte und seinen Chef rief, der soben zu einer Wanderung durch das Lokal angesetzt hatte.

Suko kannte den Leiter der Mordkommission. Es war Chiefinspektor Cavendish, ein grauhaariger Profi, der schon seine Jahre auf dem Buckel hatte und sich nichts vormachen ließ.

Er hatte früher auch zu den Kollegen gehört, die der Arbeit des Sinclair-Teams skeptisch gegenüberstanden. Dies hatte sich in der letzten Zeit geändert.

Zwar verfiel Cavendish nicht gerade in Ströme der Begeisterung, aber er nahm Sukos Anwesenheit positiv zur Kenntnis, indem er sagte: »Mischen Sie mit?«

»Sieht so aus!«

Die Männer reichten sich die Hände. »Wo steckt eigentlich ihr Kollege Sinclair? Sie sind doch sonst unzertrennlich.«

»Er ist in Schottland.«

»Ja, da gehört er auch hin.«

»Dafür halte ich in London die Stellung, wie Sie sehen, Herr Kollege.«

»Richtig. Und was ist hier geschehen?«

Suko hob die Schultern. »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich weiß nur, dass es einen Mord gegeben hat. Mehr nicht.«

»Wir werden sehen.«

Der Arzt untersuchte den Toten, ein Fotograf knipste Bilder vom Tatort. Cavendish deutete in die Runde. »Sieht mies aus. In diesem Durcheinander kann man keine Spuren finden.«

»Da sagen Sie was.«

»Wie sieht es denn mit Zeugen aus?«

Suko hob die Schultern. Er hatte es schon auf den Lippen gehabt, dem Chiefinspektor von Spencers Beobachtungen zu berichten, als er dennoch den Mund hielt. Nein, das war zu unglaublich für den Polizisten. »Man müsste das Personal befragen«, sagte er stattdessen.

»Zwei meiner Männer unterhalten sich bereits mit den Kellnern.«

»Sie können sich die Leiche jetzt genauer anschauen«, sagte der Fotograf. »Ich bin fertig.«

»Gut.«

Die Aufgabe übernahmen Suko und Cavendish gemeinsam. Sie leerten die Taschen, fanden Geld, Zigaretten, zwei Taschentücher, ein Taschenmesser, einen Kamm mit zerbrochenen Zinken und eine Brieftasche aus sehr weichem Leder.

Die war am interessantesten. Der Chiefinspektor klappte sie auf. Ein Ausweis steckte in einem Fach.

»Ed Fisher heißt der Mann.« Cavendish hob den Kopf und schaute Suko an. »Haben Sie den Namen schon einmal gehört?«

»Nein.«

»Schade, ich auch nicht.«

»Gibt es noch mehr Hinweise auf seine Identität?«

»Ich schaue mal nach.« Cavendish räumte die einzelnen Fächer leer und fand noch eine Visitenkarte des Toten, auf der Fisher seinen Beruf angegeben war.

Archäologe.

Cavendish lachte. »Ein Wühler also«, sagte er. »Damit hätte ich nicht gerechnet.« Er blickte auf den Toten und vor allen Dingen auf die Mordwaffe im Hals der Leiche. »Ein seltsamer Beruf und eine sehr seltsame Waffe, mit der man ihn getötet hatte. Bekommen Sie da etwas zusammen, Inspektor?«

»Nein.«

»Das wird wieder ein Knackfall, befürchte ich«, sagte der Chiefinspektor. »Und zwar ein verdammt harter.«

»Sir.« Jemand von Cavendishs Leuten kam herbei. Im Schlepptau einen Kellner. »Dieser Mann hat noch etwas zu dem Fall zu sagen. Hören Sie sich das mal an.«

Dem Kellner war nicht wohl in seiner Haut, das erkannte man an seinem blassen Gesicht, in dem die Schweißperlen wie kleine Kugeln lagen. »Ich habe nicht viel gesehen, Sir, die beiden nur bedient.«

»Die beiden?«

»Ja, er war nicht allein. Eine junge Frau oder ein Mädchen saß noch bei ihm.«

»Und das ist verschwunden?«

»Genau, Sir. In der ganzen Aufregung war sie plötzlich nicht mehr aufzufinden. Die hat vielleicht geschrien, als der Tote nach vorn kippte  …« Der Kellner schüttelte den Kopf. »So etwas habe ich noch nie gehört, das kann ich Ihnen sagen.«

»Dann ist sie verschwunden?«, fragte Suko.

»Richtig. Weggelaufen wie die anderen. Der Schock.«

»Kannten Sie beide Gäste?«, wollte der Inspektor wissen.

»Nein. Hier herrscht im Sommer ein unwahrscheinlicher Betrieb. Wir haben nur im Winter Stammgäste. In der heißen Jahreszeit leben wir von der Laufkundschaft.«

Cavendish wandte sich an Suko. »Sieht nicht gut aus, wie?«

»Das meine ich auch.«

Der Chiefinspektor lockerte seinen Krawattenknoten. »Sie haben doch Kollegen. Kennen die denn wenigstens das Opfer oder dessen Freundin?«

»Ich glaube nicht.«

»Okay, wir werden sie fragen.«

»Aber da ist noch etwas, Sir. Wir haben gesehen, dass eine schwarzhaarige Frau durch den Vorhang geschlüpft ist. Das war kurz nach der Tat. Sie muss den Mörder verfolgt haben.«

»Und wo ist die Frau?«

Der Kellner hob die Schultern.

Suko schwieg. Er konnte Cavendishs Wut verstehen, als dieser mit der flachen Hand gegen seinen Oberschenkel schlug. »Das ist doch ein Mist hoch drei. Wo man hingreift, sind alle verschwunden. Keine Zeugen, keine Spuren. Solche Fälle liebe ich.«

»Da kann ich doch auch nichts dafür.«

»Klar.« Cavendish wandte sich wieder an Suko. »Was sagen Sie dazu?«

»Rätselhaft ist das Ganze schon, das gebe ich zu.«

»Ein Fall für Sie?«

»Möglich.« Er deutete auf den Toten. »Lassen Sie erst die Leiche untersuchen, dann sehen wir weiter.«

»Worauf Sie sich verlassen können.«

Suko verdrückte sich in den Gang, wo die Toiletten lagen. Seinen Zeugen fand er rauchend in der Küche sitzen. Der Mann nahm hin und wieder einen Schluck aus der Ginflasche. Er war schon leicht angetrunken und faselte ununterbrochen etwas von verschwundenen Frauen.

Suko ärgerte sich, dass er den anderen nicht mehr vernehmen konnte. Er holte sich nur noch dessen Adresse.