John Sinclair Sonder-Edition 100 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 100 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

"Die Zeit der Schonung ist vorbei, Sinclair. Vergiss alles, was Du bisher erlebt hast. Diesmal wird die Hölle siegen. Luzifer persönlich nimmt sich Deiner an!"
Sir James, mein Chef, las mir diesen Brief vor. Er wollte mich in den Urlaub schicken. Ich lehnte ab und nahm den Kampf gegen den Urfeind der Menschheit auf ...

Luzifer

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Seitenzahl: 181

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Luzifer

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Kolbakova Olga/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7749-1

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.

Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung.

Luzifer

von Jason Dark

»Die Zeit der Schonung ist vorbei, Sinclair. Vergiss alles, was Du bisher erlebt hast. Diesmal wird die Hölle siegen. Luzifer persönlich nimmt sich Deiner an!«

Sir James, mein Chef, las mir diesen Brief vor. Er wollte mich in den Urlaub schicken. Ich lehnte ab und nahm den Kampf gegen den Urfeind der Menschheit auf …

Es passierte dort, wo Feuer stärker ist als Wasser, wo die Schatten das Licht überdecken, wo Tote Lebende unterdrücken und das Böse das Gute besiegt.

Aus einer unendlichen Tiefe, Breite und Länge stieg etwas hervor, das selbst die Kraft besaß, Dimensionen zu vertreiben und neue zu erschaffen.

Es war ein Etwas, ein Neutrum, eine Form. Weder männlich noch weiblich, einfach ein Es.

Es war da, es wollte immer sein, und es verdrängte die Dunkelheit, obwohl es selbst dunkel war.

Es war glatt, voluminös und erinnerte an ein kugelförmiges Gebilde. Es beinhaltete alles Gegensätzliche, es war paradox, aber es bestand.

Es veränderte sich ununterbrochen. Es wallte, es lag ruhig, es dehnte sich aus, wie ein Stück Weltall. Es bekam Stärke und Macht; es schüttelte sich und drängte sich vor, als würde es von einer Kamera allmählich aus dem Hintergrund auf die Leinwand geholt.

Und es wurde.

Aus der reinen Masse formte sich etwas, das bleibend sein sollte.

Ein Gegenstand, mit dem ein Auge etwas anfing, den es erkannte und identifizierte, um den Menschen ein Aha-Erlebnis zu geben.

Ein Gesicht!

Ein menschliches? Aus Stein oder aus einem anderen Material bestehend? Vielleicht war es auch nur ein Schatten?

Niemand konnte es sagen, jedenfalls war das Gesicht vorhanden, und es war kein normales Gesicht.

Gegen den lichtlosen Hintergrund schimmerte es in einem tiefen Blau, kalt und gleichzeitig ungemein abweisend. Es war weder das Gesicht eines Mannes noch das einer Frau, es war neutral. Es war nicht schön, es war nicht hässlich, aber es faszinierte aufgrund seiner kalten Boshaftigkeit.

Es war einfach da und herrschte!

Keine einzige Falte zerschnitt die Glätte der Haut. Unter der hohen Stirn lagen die Augen.

Zwei leblose Ovale. Die Tiefe des Alls, die Grausamkeit ferner Welten, all das Furchtbare, wie zum Beispiel Tod und Untergang, vereinigten sich in diesen fürchterlich kalt blickenden Augen.

Ebenso passte der Mund dazu. Zwei Lippen, die aufeinanderlagen und einen arroganten und vernichtenden Schwung besaßen.

Es stand da und rührte sich nicht.

Aber vor ihm, ebenfalls aus einer nicht auslotbaren Tiefe, schob sich etwas in die Höhe. Es war schon länger auf dem Weg gewesen und strahlte mit seinem blassen Silberglanz in die dichte Dunkelheit hinein, ohne sie aufhellen zu können.

Der Gegenstand besaß die Form eines Kreuzes!

An den Enden abgerundet, mit Buchstaben versehen. Hinzu kamen rätselhafte Zeichen, eingravierte Warnungen, die von weisen Schöpfern hinterlassen worden waren.

Das Kreuz stand vor dem Gesicht.

Zwei Welten, zwei Gegensätze, wie es sie krasser nicht geben konnte.

Der Mund lächelte plötzlich.

Doch es war ein grausames, ein kaltes Lächeln, und das Kreuz zerschmolz unter diesem Eindruck des Bösen zu einem Klumpen Metall.

Das Gesicht hatte gewonnen, es würde immer gewinnen, es war nicht mehr wegzudenken.

Bei ihm hatte das Böse einen Namen.

Luzifer!

Kennen Sie das auch?

Man steht am Morgen auf, womöglich mit dem linken Bein zuerst, und hat sofort ein ungutes Gefühl. Als würde etwas in der Luft liegen. Es lag tatsächlich etwas in der Luft!

Unmöglich klar und rein war sie für London. Sie schien aus einem sehr hohen Himmel hervor und über die zahllosen Dächer der Millionenstadt zu fließen. Noch im Schlafanzug trat ich ans Fenster, um mir diesen Himmel anzuschauen.

Herrliches Flugwetter. Übernatürlich klar, kein Wölkchen zu sehen. Ein fantastischer Morgen, der einen gewaltigen Schuss Frühling in die Stadt brachte.

Ein Kribbelwetter, das die Psyche des Menschen beeinflusste und die Leute zu Dingen oder Taten animierte, auf die sie normal verzichtet hätten. Das eben war der Frühling.

Eigentlich hätte ich mich darüber freuen sollen, ich war schließlich kein Wintertyp, in diesem Fall jedoch gefiel es mir weniger. Was mich genau störte, konnte ich auch nicht sagen. Möglicherweise war es meine eigene Fahrigkeit, mit der ich zurechtkommen musste.

Einiges lief schief im weiteren Verlauf. Ich kippte die Tasse mit dem schnell aufgebrühten Kaffee um, verbrannte mir noch die Unterlippe an dem heißen Getränk und verlor beim Zuknöpfen des Hemds auch noch einen Knopf.

Das alles passte mir überhaupt nicht in den Kram. Zudem schaffte ich es nicht, meine Gedanken zu ordnen. Irgendwie flogen sie immer weg, und dabei in verschiedene Richtungen.

Schlimm war so etwas …

Trotzdem packte ich es, mir ein frugales Mahl zu bereiten. Kaffee und dunkles Vollkornbrot, ein Stück Wurst aus der Dose, eben das Frühstück eines Junggesellen.

Ein Tag im Büro lag vor mir. Jedenfalls hatten wir keinen akuten Fall zu bearbeiten. Bei diesem Wetter im Büro zu hocken, brachte zwar nicht viel, aber es gab genügend Dinge, die noch aufgearbeitet werden mussten.

Ich trank aus. Noch einmal richtig recken, dann hineingehen in den neuen Tag.

Frisch, agil, verwegen, gefüllt mit Optimismus bis zu den Haarspitzen. So jedenfalls versprach es die Werbung.

Auf mich traf das nicht zu. Trotz des genossenen Kaffees fühlte ich mich am Morgen schon so matt, als hätte ich einen Liter Blut gespendet.

Das war auch nicht normal. Geschlafen hatte ich fast zehn Stunden und ziemlich tief. Eigentlich hätte ich ausgeruht sein müssen, leider war das Gegenteil der Fall.

Konnte es am Wetter liegen?

Noch einmal schaute ich aus dem Fenster. Der herrlich weite Himmel kam mir unnormal vor. Das war kein Wetter für mich. Der Wind musste warm sein, zu warm für diese Jahreszeit. Ich öffnete das Fenster, streckte den Kopf hinaus und schnupperte in den Frühlingshimmel.

Ja, es stimmte.

Das war kein Wetter für mich. Wie Föhn fuhr der Wind durch die Londoner Straßenschluchten. Ich mochte ihn nicht, schloss das Fenster und schaute auf die Uhr.

Verspätet hatte ich mich auch. Selbst Suko war noch nicht erschienen, um mich abzuholen.

Das allerdings wunderte mich.

Bevor ich zu ihm hinüberging, drehte ich mich um und ließ meinen Blick noch einmal über den blauen Himmel schweifen. Ich wischte über meine Augen, weil ich es nicht wahrhaben konnte, was man mir bot.

Unter oder auf der Bläue des Himmels, so genau war es nicht zu erkennen, zeichnete sich etwas ab. Ein riesiger Gegenstand, flach liegend.

Ein Kreuz!

Fast so blass wie der Himmel selbst. Es wirkte so, als wäre es von einer gewissen Stelle aus gegen die sanfte Bläue projiziert worden. Oder täuschte ich mich?

Ich konzentrierte mich und schaute wieder hin.

Nein, das war keine Täuschung. Das Kreuz wirkte wie gemalt, und es kam mir bekannt vor.

Die abgerundeten Enden, die kaum erkennbaren, aber vorhandenen, blassen Zeichen, all dies kannte ich sehr gut, denn ich besaß das gleiche Kreuz in verkleinerter Form.

Plötzlich hatte ich das ungute Gefühl vergessen. Der Anblick am Himmel faszinierte mich.

Ein Omen, das hoch über London lag, möglicherweise von zahlreichen Menschen gesehen wurde und trotzdem nur einer Person galt.

Mir!

Wieder veränderte sich mein Zustand. Im Hals spürte ich ein Kratzen und gleichzeitig ein trockenes Gefühl. Mein Herzschlag beschleunigte sich bereits. Das lag bestimmt nicht am genossenen Kaffee. Hier tat sich etwas; denn der Himmel zeigte nicht grundlos dieses gewaltige Zeichen. Sollte es eine Warnung sein?

Ich öffnete noch einmal das Fenster, lehnte mich aber nicht mehr hinaus, denn das Kreuz war verschwunden.

Weg – von einem Augenblick zum anderen, als hätte es jemand einfach ausradiert.

Am blassblauen Himmel zeichneten sich in der Ferne dünne Wolken wie Watteschleier ab. Ein silbrig schimmerndes Flugzeug zog seine Bahnen und wirkte dabei wie ein Strich, der sich in die sanfte Bläue hineinschob. Die Maschine war in Heathrow gestartet und flog in Richtung Westen.

Ich dachte über das Phänomen nach. Hatte nur ich das Kreuz gesehen, oder waren es mehrere Zeugen gewesen? Musste ich nachforschen lassen, Menschen befragen?

Unsinn! Ich lachte innerlich über meine eigenen Gedanken. Aber ich behielt diesen Anblick im Gedächtnis, denn das Kreuz war nicht grundlos erschienen.

Es bahnte sich etwas an …

Mit einem unguten Gefühl verließ ich die Wohnung und ging die wenigen Schritte nach links, um vor Sukos Tür stehen zu bleiben. Ich klingelte.

Es dauerte ungewöhnlich lange, bis mein Freund und Kollege endlich öffnete.

Er schaute mich an und sagte nur: »Komm rein!«

»Wie siehst du denn aus?«, fragte ich.

»Beschissen, wie?«

»So ungefähr.«

»Und so fühle ich mich auch.« Er ließ mich eintreten. Kopfschüttelnd ging er vor mir her. Erst im Wohnraum drehte er sich um, schaute mich an und hob die Schultern. »Es ist so, John, ich weiß selbst nicht, was los ist. Heute Morgen stand ich auf und hatte das Gefühl, als würde mir jemand mit einem Brett auf den Schädel hauen.« Er vollführte die Bewegung nach. »Immer und immer wieder.«

»Hast du Kopfschmerzen?«

»Nicht direkt, mehr dieses dumpfe Gefühl, das von allen Seiten gegen den Schädel hämmert.«

Ich winkte ab. »Du erzählst mir nichts Neues. Da kann ich sogar mitreden!«

»Du auch?«

»Klar.«

»Dann liegt es am Wetter. Hast du dir schon den Himmel angesehen und das Fenster geöffnet?«

»Habe ich, Suko. Nur wundert es mich, dass es auch dich erwischt hat. Du reagierst doch sonst nicht auf Wetterumschwünge. Wenigstens hast du das immer behauptet.«

»Richtig. Aber heute Morgen, John, da ist alles anders.«

Ich nickte langsam. »Ja, da hast du recht. Es ist tatsächlich alles anders.«

»Wie kommt das?«

»Keine Ahnung, aber vielleicht hat es etwas mit dem Kreuz zu tun, das heute Morgen am Himmel stand. Hast du es nicht gesehen?«

Ich ging auf meinen Freund zu und schaute ihn scharf an.

»Nein.« Suko sah so aus, als wüsste er nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Jedenfalls zuckte er mit den Mundwinkeln und wartete wohl darauf, dass ich weiterredete.

Ich tat ihm den Gefallen. »Ich sah ein gewaltiges Kreuz, das sich am Himmel abzeichnete, als wäre es von einem Maler direkt unter das seichte Blau gepinselt worden.«

»Und weiter?«

»Es war mein Kreuz, Suko.«

»Nein, du bist verrückt!« Der Inspektor ging einen Schritt nach hinten. »Das ist doch nicht möglich!«

»Doch, Suko, es ist möglich. Am Himmel war mein Kreuz zu sehen. Du kannst mir glauben, dass ich es erkannt habe.«

»Klar, das sage ich auch nicht. Aber wieso? Weshalb hast du am Himmel dein Kreuz gesehen?«

»Das möchte ich auch gern wissen. Jedenfalls bin ich zu dem Entschluss gekommen, diesen Vorgang als Omen oder als Warnung zu betrachten. Irgendeine Kraft oder Macht scheint sich für mein Kreuz zu interessieren, aus welchem Grund auch immer.«

Suko strich über sein Kinn. »Ich könnte mir auch keinen vorstellen, aber das Kreuz birgt ja noch Geheimnisse.«

»Sicher. Ich denke dabei an die verschwundenen Zeichen.«

»Richtig, John.«

Grübelnd legte ich die Stirn in Falten. »Meinst du vielleicht, dass diese Abbildung etwas mit den von Lilith geraubten Zeichen zu tun haben könnte?«

»Ja.«

Ich schabte über mein Haar. »Darin sehe ich keinen Grund. Es ist nichts passiert, was diesen Anblick gerechtfertigt hätte.«

»Noch nicht. Oder etwas, von dem wir nichts wissen. Da muss eine Kraft sein, John. Liegt es wirklich nur am Wetter, dass wir uns beide so mies fühlen?«

»Keine Ahnung.«

»Es kann sein, muss aber nicht. Hast du dir dein Kreuz eigentlich schon einmal angeschaut?«

»Heute Morgen noch nicht.«

»Dann mach es jetzt!«

Ich lächelte knapp, als ich nach der dünnen Kette fasste und sie über den Kopf streifte.

Suko schaute mir dabei zu. Sein Gesicht war ernst geworden. Wir beide fühlten uns nicht wohl in unserer Haut, selbst bei dieser einfachen Geste nicht, die ich schon unzählige Male hinter mich gebracht hatte.

Ich zog das wertvolle Stück hervor, das einst der Prophet Hesekiel in weiser Voraussicht geschaffen hatte, und ließ es flach auf dem Handteller liegen.

Da lag es nun, ohne sich verändert zu haben. Ich sah die eingravierten Zeichen an den Enden, ich sah auch das allsehende Auge und die heilige Silbe AUM. Es war eigentlich alles vorhanden, bis auf die Zeichen, die in der Mitte zu sehen gewesen waren, bevor sie Lilith genommen hatte.

Über die Zeichen wusste ich bis heute nicht Bescheid. Dass sie verschwunden waren, hatte ich als schlimm empfunden, auch wenn das Kreuz nach wie vor normal reagierte, aber ich konnte mir nicht helfen. Irgendwo blieb ein Restverdacht bestehen, dass es in gewisser Hinsicht an einer sehr langen Leine hing, die eine bestimmte Person führte. Wahrscheinlich nicht Lilith, sondern derjenige, der sich an ihrer Seite aufhielt, zu dem sie aufschaute. In ihm manifestierte sich das Urböse. Sein Name:

Luzifer!

Suko trat wieder näher, damit er sich das Kreuz genau anschauen konnte.

»Nun?«, fragte ich. »Hat es sich verändert?«

»Nein.«

»Ich sehe ebenfalls nichts.« Um sicherzugehen, drehte ich es herum. Auch auf der glatten Rückseite zeigte sich keine Veränderung. Wir standen vor einem Rätsel.

Ich hängte es wieder um.

Suko hob die Schultern. »Da kann man wohl nichts machen, Alter. Oder wie siehst du das?«

»Ebenso.«

»Es bleibt die Warnung.«

Ich nickte. »Das ist richtig. Trotzdem möchte ich jetzt ins Büro fahren. Was ist? Kommst du mit?«

Er grinste mir schief zu. »Glaubst du denn, dass ich dich jetzt allein lasse?«

»Danke, du bist ein wahrer Freund.«

»Wenn du es nicht spöttisch gemeint hättest, würde ich dir sogar glauben …«

Sie saß vornübergebeugt und hatte die Hände auf beide Wangen gelegt. So starrte sie zu Boden, während nicht weit entfernt die Kaffeemaschine glucksende Geräusche produzierte.

Die Frau schaute nicht einmal auf, als Suko und ich das Vorzimmer betraten. Wir sahen sie, blieben stehen, blickten uns verwundert an, bis ich fragte: »Mein Gott, was ist los, Glenda?«

Dann erst bewegte sich Glenda Perkins, unsere Sekretärin. Sie ließ die Arme sinken und hob den Kopf wie im Zeitlupentempo. Als sie uns anschaute, sah ich in ihren Augen einen müden Glanz. Das Lächeln auf den Lippen wirkte verloren.

»Auch schon da?«, fragte sie.

»Was ist das denn für eine Begrüßung?«, beschwerte sich Suko.

Müde winkte Glenda ab. »Ich weiß es selbst nicht. Sorry, wirklich, aber ich fühle mich, als wäre ich in einen Reißwolf geraten. Ich bin völlig von der Rolle.«

»Wieso?«

»Die letzte Nacht, John. Sie war schrecklich. Ich habe kaum Schlaf gefunden.« Glenda nickte in Richtung Fenster. »Das muss einfach am Wetter gelegen haben.«

»Bestimmt.«

»Seid ihr denn besser drauf?«

»Nein«, antwortete Suko für mich mit. »Auch wir fühlen uns wie durch die Mangel gedreht.«

»Das kann ich euch nachfühlen. Da hat es wohl jeden Bewohner Londons hart erwischt.«

»Jeden?«, fragte ich.

»Wieso?« Glenda schüttelte den Kopf. »Meinst du etwa, dass nur wir die Kopfschmerzen verspürt haben?«

»Vielleicht.«

»Das verstehe ich nicht.«

Ich räusperte mich. »Hast du eigentlich heute schon den Himmel betrachtet?«

»Ja.«

»Ist dir etwas aufgefallen?«

»Nur die unnatürliche Farbe, die blasse Bläue, fast wolkenlos. Einfach unnatürlich.«

»Stimmt, aber ich habe noch etwas gesehen.«

»Was denn?«

»Ein gewaltiges Kreuz, dessen Ausmaße sich über den Himmel spannten. Du kannst dir kaum vorstellen, dass dieses Kreuz so aussah wie meines. Nur eben vergrößert.«

Sie holte durch die Nase Luft. »Das ist doch nicht möglich«, flüsterte sie.

»Es stimmt trotzdem. Am Himmel zeichnete sich mein Kreuz ab. Riesig, überdimensional, einfach gewaltig. Den Grund dafür kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Mit meinem eigentlichen Kreuz jedenfalls hat es nichts zu tun.«

Sie schüttelte den Kopf und hob die Schultern. »Ich glaube, da bin ich überfragt. Nur wundere ich mich darüber, dass dieses Omen etwas mit meinen Schlafstörungen zu tun haben soll.«

»Darüber müssen wir auch noch nachdenken«, sagte Suko. »Jedenfalls haben wir den Eindruck, dass sich irgendetwas über unseren Köpfen zusammenbraut. Dass jemand nach uns greifen will oder schon nach uns gegriffen hat, wenn dir das lieber ist.«

»Habt ihr denn einen Verdacht?«

Suko hob die Schultern.

»Lilith?«, fragte Glenda, die über viele Dinge informiert war und sofort die richtigen Schlüsse gezogen hatte.

»Es kann sein«, gab ich zu. »Wir haben auch schon an noch etwas Schlimmeres gedacht.«

»Luzifer«, sagte Suko.

Glenda schluckte. Vom Hals abwärts fuhr sie mit der Hand über ihren senfgelben Pullover, zu dem sie einen dunklen Rock trug.

»Hat es dir die Sprache verschlagen?« Ich lächelte.

»Allerdings«, flüsterte sie.

Ich befand mich auf dem Weg zur Kaffeemaschine. »Dann werden wir mal eine Tasse von deinem Muntermacher zu uns nehmen. Vielleicht geht es uns dann besser.«

»Ja, das meine ich auch.«

Selbst Suko verzichtete an diesem Morgen auf den Tee und nahm seine Tasse Kaffee mit ins Büro.

Ich hatte das Gefühl, auf Eiern zu laufen. Nicht dass die Welt um mich herum verschwamm, aber etwas war anders. Als wäre der Kreislauf nicht mehr intakt.

Schwer ließ ich mich auf den Schreibtischstuhl fallen. Die Tasse hatte ich zuvor abgestellt.

»Und jetzt?«, stellte Suko eine seiner Standardfragen.

»Leere ich die Tasse.«

Der Kaffee war ein Genuss. Ich trank ihn in kleinen Schlucken.

»Glenda auch«, sinnierte Suko. »Der Kreis weitet sich demnach aus. Die Gefahr verdichtet sich.«

»Seit wann bist du so pessimistisch?«

Er hob die Schultern. »Haben wir nicht allen Grund dazu, pessimistisch zu sein?«

»Möglich.«

»Wir sollten mit Sir James darüber reden, John.«

Ich nickte. »Daran habe ich schon gedacht.« Die erste Tasse war leer. Besser fühlte ich mich trotzdem nicht. Es fehlte nach wie vor an der Konzentration. Ich war einfach schwach auf den Beinen, als wäre eine Grippe im Anmarsch.

Vielleicht sogar eine magische Grippe. Möglicherweise hatte uns irgendeiner unserer mächtigen Gegner infiziert. Ich rechnete mit allen Möglichkeiten.

Glenda Perkins erschien, blieb aber an der Tür stehen. »Ach so, ich sollte euch noch sagen, dass Sir James wartet.«

»Jetzt?«

Sie nickte mir zu.

»Ist er wenigstens in Form?«

»Keine Ahnung, John. Ich habe ihn heute Morgen noch nicht zu Gesicht bekommen. Er rief mich an.«

Ziemlich müde und abgeschlafft stand ich auf. »Dann wollen wir mal den Weg aller Wege schreiten«, sagte ich zu Suko, der sich ebenfalls hochdrückte.

»Wollt ihr den Kaffee mitnehmen?«, erkundigte sie sich. »Es ist noch etwas in der Kanne.«

Ich winkte ab. »Für mich kannst du ihn warmhalten, Glenda.«

»Und für mich auch«, sagte Suko.

»Dann bis gleich.«

Mich überkam wieder das Gefühl, neben mir selbst herzugehen. Zwar berührte ich bei jedem Schritt mit beiden Füßen den Boden, trotzdem glaubte ich zu schweben. Das wollte einfach nicht in meinen Schädel.

»Hoffentlich hat er keinen neuen Fall in der Hinterhand«, sagte Suko. »Ich fühle mich nämlich nicht gerade super.«

»Frag mich mal.«

Sir James hatte uns erwartet. Oft stand er am Fenster, wenn wir eintraten, diesmal jedoch hockte der Superintendent hinter seinem Schreibtisch und schaute uns durch die Gläser seiner Brille aus trüben, etwas eulenhaft wirkenden Augen an. Sein Blick passte dazu. Er hatte nichts Forsches mehr an sich, wirkte eigentlich nur müde.

»Setzen Sie sich.«

Wir drückten uns auf die Stühle mit dem Polster und bemerkten, dass Sir James Mühe hatte, ein Gähnen zu unterdrücken.

»Sir, sagen Sie nur, dass es Sie auch erwischt hat.«

Er starrte mich an. »Wieso erwischt?«

»Dass Sie so kaputt sind. Sich wie erschlagen fühlen und keinen klaren Gedanken fassen können.«

»Stimmt genau.«

»Dann können wir uns zu viert die Hände reichen«, erklärte Suko. »Wir sind ebenfalls völlig von der Rolle. Miss Perkins ist es nicht anders ergangen.«

Die Hände unseres Chefs sanken nach unten. Er legte sie flach auf die Schreibtischplatte. »Und ich dachte schon, nur mich hätte es dermaßen erwischt.«

»Nein, auch uns.«

»Liegt es am Wetter?«

Ich verzog die Mundwinkel. »Es könnte daran liegen, aber das will ich nicht so recht glauben.«

»Weshalb nicht?«

»Es gibt andere Dinge, die mich gestört haben. So haben wir uns noch nie gefühlt. Wenn es einer von uns gewesen wäre, okay, aber gleich alle? Das will mir nicht in den Kopf.«

»Mir jetzt auch nicht.«

»Vielleicht hängt es auch mit dem Anblick des Kreuzes zusammen. Ich sah es am Himmel. Dabei war es dermaßen groß, dass es von einem Ende bis zum anderen reichte.«

Er verengte die Augen. »Tatsächlich ein Kreuz, John? Können Sie mir das näher erklären?«

Ich tat es und fand in Sir James einen ausgezeichneten Zuhörer. Er blieb sehr ruhig, hin und wieder nickte er, aber die Sorgenfalten in seinem Gesicht vertieften sich.

»Sie, John, Suko, auch Glenda und ich.« Er holte tief Atem. »Das sind schon vier.«

»Und wie viele Londoner noch?«, fragte der Inspektor.

»Das weiß ich nicht. Möglicherweise sind auch nur wir davon betroffen.«

Ich horchte auf. »Dann wäre dies ein Komplott.«

»Richtig, John.«

»Und wer, bitte schön, könnte Ihrer Meinung nach hinter den Vorfällen stecken?«

»Das müssten Sie herausfinden.« Er lehnte sich gegen die mit Leder überzogene Sessellehne. »Möglicherweise passte das auch zu dem Vorfall, dessentwegen ich Sie bat, zu mir zu kommen.«

»Was ist das?«

»Eine Warnung«, antwortete der Superintendent. »Sogar eine schriftliche Warnung, die Ihnen gilt, John. Ich halte sie bereits seit einiger Zeit unter Verschluss, da Sie sich mit anderen Fällen beschäftigen. Jetzt kann ich nicht mehr länger schweigen. Es ist leider in der letzten Zeit für Sie knüppeldick gekommen.« Er lächelte bei dem Wort. Sonst redete er nicht so leger. »Ich denke da an das Verschwinden Ihrer Mutter und das Erscheinen des neuen Super-Vampirs.«

»Hat es damit zu tun?«

»Nein, John, auf keinen Fall.« Sir James zog eine Schreibtischschublade auf und holte einen Brief hervor. Er war schon auseinandergefaltet worden. Als er ihn anhob und uns die Rückseite präsentierte, konnten Suko und ich das Geschriebene als Schatten erkennen.

»Ist er an mich adressiert worden?«