John Sinclair Sonder-Edition 107 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 107 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Kassandras Fluch

Nordspanien ‒ Istanbul in der Türkei ‒ die Alpen von Liechtenstein ... Sir James Powell hetzte Suko und mich um die halbe Welt, um drei Artefakte zu finden, mit denen es eine unheimliche Bewandtnis hatte. Zum Schluss kam es zum Showdown in Köln, als ein Feind aus alten Tagen den weltberühmten Dom, das Wahrzeichen der Stadt, für seine teuflischen Ziele entweihen wollte!
Zunächst ließ uns Sir James im Unklaren, worum es eigentlich ging! Doch dann erfuhren wir das unfassbare Geheimnis aus James Powells Vergangenheit, das uns den Atem stocken ließ!

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Kassandras Fluch

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Vicente Ballestar/Norma

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8314-0

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.

Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung.

Kassandras Fluch

von Jason Dark

Sie waren auf der Suche.

Ausgerechnet jetzt kam der Nebel!

Irgendwo über dem Meer musste er sich gebildet haben, war an den steilen Felsen hochgekrochen, um sich auf dem alten Friedhof auszubreiten wie ein riesiges, wogendes Leichentuch …

Unser Pech …

Ich unterdrückte einige Flüche. Suko, mein Freund und Kollege, der neben mir stand, schnitt Grimassen, die eigentlich auch alles sagten. Jedenfalls hatten wir damit nicht gerechnet und sahen die Grabsteine allmählich verschwimmen.

»Den hat der Teufel geschickt«, flüsterte Suko. »Der will einfach nicht, dass wir gewinnen.«

»Sonst wäre er nicht der Satan.«

Suko verschluckte eine Bemerkung, schaute nach links, wo die halb zerfallenen Mauern eines alten Leichenhauses eine irgendwie schaurige Kulisse bildeten.

Überhaupt glich dieser Friedhof einer idealen Kulisse für einen Gespenster-Film. Solche Wesen sollte es hier nicht geben, auch keine Geister, dafür einen anderen.

Joaquim Spinosa!

Ein Mann, von dem ich nicht viel wusste. Einige hielten ihn für tot, andere wiederum lachten kichernd und wissend, wenn sie das hörten. Sie behaupteten, Spinosa sei nie tot gewesen.

»Er lebt«, flüsterten sie. »Und wie er lebt. Mit der Kraft des Teufels existiert er. Er ist tot, und er ist nicht tot. Wisst ihr Bescheid?«

Was immer Spinosa auch war, ob lebend, ob untot, und wir hatten den Auftrag, ihn zu stellen und ihm vor allen Dingen etwas abzunehmen.

Es war der dritte Teil eines Ringes.

Aus drei Teilen bestand der Stein. Wir sollten die drei Teile finden und sie an einen bestimmten Platz bringen, aber soweit war es längst noch nicht. Bisher hatten wir nicht einmal das erste Drittel des Ringes gefunden.

Angeblich sollte Spinosa ihn haben, und auf den warteten wir hier. War er tatsächlich ein Zombie, dann konnte er diesen Ort als idealen Unterschlupf bezeichnen. Jedenfalls wussten wir aus sicheren Quellen, dass er seine Finger in einigen Geschäften gehabt hatte und hier im nordspanischen Baskenland einen Namen besaß, den viele Menschen fürchteten.

Auf diesem Friedhof wurde niemand mehr begraben, das hatte uns ein Kenner der Szene mitgeteilt, und wir sahen keinen Grund, ihm nicht zu glauben.

Mit dem Nebel kam die Kühle. Tagsüber war es warm gewesen, aber jetzt, da sich der Nachmittag allmählich dem Ende neigte, zogen von Westen her zusätzlich Wolken auf, und der graue, träge Dunst bekam vom Meer her Nachschub.

»Sollen wir die Gräber absuchen?«, erkundigte sich Suko.

»Toll, kannst du die Namen auf den Steinen lesen?«

»Wenn ich mich anstrenge.«

»Und Spinosa?«

»Tot ist er ja nicht …«

»Eben.«

Suko schüttelte den Kopf, als er grinste und dabei noch sprach. »Zombies. Lange Zeit haben wir mit ihnen nichts zu tun gehabt. Ich hatte schon vergessen, dass es sie gibt.«

»Ist nicht jeder Vampir ein Zombie?«

»Im Prinzip schon.«

»Dann bleiben sie uns auch erhalten, Alter.«

Und der Nebel nahm zu. Die Umgebung war längst in der bleichen Suppe verschwunden. Aus dem Tal her hörten wir einen schrillen Pfiff. Es war eine Lok, die sich bemerkbar machte, denn hinter dem Friedhof befand sich ein Bahnhof.

Natürlich hielten wir uns allein auf dem Friedhof auf. Dennoch hatten wir das Gefühl, als würden irgendwelche Gestalten zwischen den Gräbern einherschleichen. Das aber konnte durchaus an den Nebelwolken liegen, die sich immer mehr verteilten.

»Hat es Sinn, dass wir hier stehen bleiben und auf unseren lieben Freund warten?«

Ich grinste Suko an. »Wenn du so sprichst, Alter, hast du einen Plan.«

»Richtig. Wir sollten uns trennen und den Friedhof von zwei Seiten her absuchen. Bleiben wir hier, werden wir kaum etwas entdecken, das ist doch klar.«

»Stimmt.«

»Dann mach dich auf die Socken.« Suko steckte voller Aktivitäten und bewegte sich nach links weg.

Ich schaute ihm so lange nach, bis er im Dunst verschwunden war, dann ging ich ebenfalls los. Der Dunst gab mir das Gefühl, überhaupt nicht den Boden zu berühren, sondern darüber hinwegzuschweben.

Vor Jahren einmal mochte der Friedhof gut ausgesehen haben. Davon war nichts mehr geblieben. Vergebens hielt ich nach Wegen oder Pfaden Ausschau. Im Laufe der langen Jahre waren sie zugewuchert. Jetzt wuchs dort nur Unkraut, und die alten Grabsteine steckten schief im Boden, als hätten die Kräfte eines Erdbebens an ihnen gezerrt.

Suko war zwischen den Mauern der alten Trauerhalle verschwunden, ich bewegte mich in die entgegengesetzte Richtung und blieb dort stehen, wo die Reste der Friedhofsumrandung aus der Erde wuchsen.

Da hatte es einmal eine Mauer gegeben, jetzt aber war sie eingerissen und nur noch lückenhaft vorhanden wie ein schlechtes Gebiss.

Der Friedhof lag ziemlich hoch, auf der Kuppe eines kleinen Hügels, wo die Erde eingeebnet worden war. Im Westen schlug die Brandung gegen die Steilküste. Bei normalem Wetter schallte das Donnern an den Felsen hoch, jetzt, da der Nebel viele Geräusche schluckte, hörte ich die Laute als ein fernes Rauschen.

Ich sah auch nicht die hellen Kämme der Wellen oder den Schaum der Brandung, nur die grauen Wolken, die weiterhin vom Meer her an den Felsen hinaufkletterten und alles verschlingen wollten.

Wenn wir Spinosa fassten, ging es uns nicht in erster Linie um seine Person, sondern um den Teil des Rings.

Wie wichtig er war, wussten wir nicht. Sir James hatte uns den Auftrag mit sehr ernst klingender Stimme gegeben und ihn auch als eine geheime Mission bezeichnet. Alles andere hatten wir zurückstellen müssen, nur um den Ring ging es. Die drei Teile, in alle Winde verstreut, mussten gefunden werden und zusammenkommen.

Die Stille kam mir irgendwie klebrig vor. Sie hüllte mich ein wie ein Umhang. Dabei war es nur der Nebel, der feucht an meinem Körper hochglitt und auch über die Haut kroch.

Ich drehte mich wieder um. Es war keine bewusst gesteuerte Bewegung –und da sah ich das Unheimliche.

Vor mir bewegte sich ein Grabstein!

Zuerst hielt ich es für eine Täuschung, bedingt durch den Nebel, aber ich blickte genauer hin und erkannte, dass der Grabstein tatsächlich wegkippte.

Er fiel nach hinten, als hätte sich jemand unter ihm verborgen, der ihn anhob und kippte.

Vor ihm, wo sich das Grab befand, tat sich plötzlich eine Lücke auf, als hätte man etwas zur Seite geschoben. Eine Luke, eine Klappe oder etwas Ähnliches, im Nebel kaum zu erkennen.

Spinosa!

Das konnte nur Joaquim Spinosa sein, der sich im Grab versteckt hielt. Eine andere Möglichkeit gab es nicht, und wahrscheinlich hatte er mich nicht bemerkt, denn er dachte nicht daran, seine Bemühungen zu stoppen, sondern sorgte dafür, dass der Grabstein umfiel.

Da zog ich meine Waffe!

Schräg richtete ich die Mündung der Beretta in die Tiefe. Wo sich einmal der Grabstein befunden hatte, sah ich jetzt ein viereckiges Loch, einen Ausgang, der das Ende eines Tunnels darstellte. Jedenfalls sah es so aus.

Kam er, kam er nicht?

In den folgenden Sekunden konnte ich nur dastehen und warten. Die Zeit verstrich, der dichte Nebel schien sie sogar träger gemacht zu haben. Ich ging noch näher an die Öffnung heran und veränderte dabei auch den Schusswinkel der Waffe.

Irgendwann musste er doch kommen.

Und er kam.

Spinosa – ich ging davon aus, dass er es war – machte es sehr spannend. Er zeigte mir zunächst nicht sein Gesicht. Über den Rand der Luke krochen zwei Hände hinweg, wobei die Finger sich krümmten und förmlich in den Rand der Erde eingruben, um dort einen entsprechenden Halt zu bekommen.

Bei meinem Blickwinkel war es schwer, herauszufinden, ob es sich bei der aus der Tiefe steigenden Person um einen Zombie handelte. Die Finger konnten einer lebenden Leiche ebenso gehören wie einem völlig normalen Menschen. Ich musste so lange abwarten, bis ich sein Gesicht sah und seine Reaktion erlebte.

Kraft hatte er, das musste man ihm lassen. Sie steckte sogar in seinen Fingerspitzen. Nur ein leichtes Zittern war für mich zu sehen, als er sich mit einem letzten Ruck noch höher zerrte.

Ich sah sein Gesicht!

Wirklich ein Gesicht? Im ersten Moment war ich geschockt. Es erinnerte mich an eine bleich und kalkig geschminkte Maske, in der mit roter Farbe überstark Lippen nachgezogen waren und auch die Augen von der roten Schminke umgeben wurden.

Für mich sah er schlimm aus und gleichzeitig anders als ein Zombie, der seine Heimat schon einige Monate tief in der feuchten Erde hatte.

Das weiße Gesicht passte sich den grauen Schwaden an. Irgendwie schien es dazuzugehören; es schwebte zwischen dem treibenden Dunst wie ein zuckender Fleck.

Ich räusperte mir die Kehle frei und sprach ihn mit flüsternder Stimme an. »Komm raus, Spinosa! Los, raus mit dir!«

Er tat zunächst nichts. Nur der Mund zog sich in die Breite, ließ einen zischenden Laut entweichen, der sich wie das Fauchen einer Katze anhörte.

»Ich warte nicht lange!«

Er sprach nicht, er nickte mir aber zu. Das reichte mir ebenfalls. Dann veränderte er die Lage seiner Hände, drehte sie und konnte sie in die feuchte Graberde drücken.

So stemmte er sich hoch.

Ich konzentrierte mich dabei auf diese Gestalt, die für Suko und mich so ungemein wichtig war. Dabei hätte ich lieber meine Umgebung im Auge behalten sollen.

Als ich die dumpfen Schritte hörte, war es zu spät. Ich flog zwar herum, sah noch die eine dunkel gekleidete Gestalt, die auf mich zuhetzte, aber die zweite entdeckte ich nicht, weil sie sich in meinem Rücken aufhielt und reagierte.

Sie schleuderte etwas.

Es streifte mein Gesicht, gelangte an den Hals – und wurde zugezogen.

Eine Seidenschlinge, dachte ich noch, dann verlor ich durch den heftigen Ruck den Boden unter den Füßen und prallte auf die von der Sonne hart gebackene Friedhofserde …

Luft bekam ich keine mehr. Wer immer die Schlinge geschleudert hatte, war ein Meister seines Fachs. Ich hielt den Mund weit geöffnet und röchelte …

Inzwischen kletterte Joaquim Spinosa aus seinem Grabloch, ohne sich um mich zu kümmern. Ich bekam mit, dass er dunkle, verschmierte Kleidung trug.

Ich hatte noch meine Pistole. Ein Schuss konnte ihn vielleicht erwischen, er würde auch Suko warnen.

Ich feuerte über meinen Kopf hinweg, ohne den Kerl zu sehen, und hoffte, dass ich ihn durch einen Zufallstreffer erwischte.

Schon war der zweite da. Er trat zu, erwischte mein Handgelenk. Die Beretta verschwand irgendwo im Nebel. Zugleich hatte es Spinosa geschafft, das Grab zu verlassen.

Der Druck im Kopf ließ mir fast die Augen aus den Höhlen treten.

Spinosas zweiter Helfer zog unter seiner Kleidung ein Messer hervor. Mit einem gefährlich klingenden Klick schnellte die Klinge aus dem Griff.

»John!«

Sukos scharfer Ruf ließ nicht nur den Messerhelden erstarren, auch der Kerl hinter mir zerrte nicht mehr weiter. Leider ließ er nicht los, während ich versuchte, Finger zwischen die dünne Schlinge und die Haut an meinem Hals zu bringen, um einen kleinen Zwischenraum zu bekommen, der mir genügend Freiheit gab, einzuatmen.

Der Messerheld kümmerte sich nicht um mich. Er suchte nach Suko und huschte an mir vorbei.

Spinosa stand wie erstarrt auf dem Fleck, dabei sichtlich irritiert. Dann fiel wieder ein Schuss.

Ein Fluch folgte, dumpf klingende Schritte. Ich bekam dies mit, allerdings alles wie durch Watte gefiltert. Ich hörte das Blut in meinem Kopf rauschen, meldete mich allmählich aus dem Diesseits ab.

Urplötzlich ließ der Druck nach. Der Messermann huschte an mir vorbei. Zugleich mit Spinosa setzte er sich in Bewegung, auch der andere Kerl nahm Reißaus.

Wieder bellte Sukos Beretta. Ich hatte mich auf die Seite gedreht. Im Dunst sah ich das kurze Aufleuchten des Mündungsfeuers und erkannte dadurch, wo Suko stand.

Von den drei anderen war nichts mehr zu sehen. Möglicherweise hatten sie den Friedhof längst verlassen.

Ich zerrte an der straff um meinen Hals liegenden Schlinge, lockerte sie auch und konnte sie schließlich über den Kopf streifen und tief durchatmen.

Halb liegend, halb aufgestützt hatte ich den Kopf zur Seite gedreht und fing an zu würgen. Mit dem Luftholen hatte ich Schwierigkeiten, meine Arme zitterten. Ich hörte Suko, der sich nach meinem Befinden erkundigte, wobei ich ihm als Antwort nur ein Nicken gab. Einen Ton brachte ich nicht heraus.

Ziemlich down stemmte ich mich auf die Beine. Etwas schwankend und zitternd blieb ich stehen, rang noch immer nach Luft und ging mit zögernden Schritten, dabei meinen Hals massierend und den Rücken durchbiegend, dorthin, wo ich meine Beretta vermutete.

Ich fand sie auch. Beim Bücken überkam mich der Schwindel. Aus der grauen Nebelbrühe hörte ich dumpf klingende Schreie, aber keinen Schuss mehr. Ich musste davon ausgehen, dass es den drei Gestalten gelungen war, die Flucht zu ergreifen und sich endgültig abzusetzen.

Suko kehrte zurück. Wie ein Gespenst erschien er aus den wallenden Schleiern und fand mich an der offenen Luke stehend vor. Ich hatte die kleine Lampe hervorgeholt und strahlte hinein.

Das Loch war nicht tief, aber ein Mensch konnte sich schon darin verbergen.

Suko trat gegen den gekippten Grabstein. Dabei entstand ein hohl klingendes Geräusch. »Eine Attrappe, John, eine verdammte Attrappe. Toll gemacht, Señor Spinosa.«

»Und wo ist er jetzt?«

»Weg.«

Ich massierte auch weiterhin meinen Hals. Suko leuchtete ihn an. »Da sind Streifen zu sehen.«

»Klar, die Seidenschlinge hat mir überhaupt nicht in den Kram gepasst. Zehn Sekunden länger …« Ich verschluckte die nächsten Worte und dachte wieder an die Zukunft. »Hast du erkennen können, wohin sie gelaufen sind?«

»Jedenfalls nahmen sie nicht den normalen Weg. Der fängt an der anderen Seite an.«

»Aber sie liefen nach unten.«

»Das schon.«

»Dann werden wir den Weg ebenfalls nehmen.«

»Den gleichen?«

»Nein, mit dem Wagen.«

Mit dem Leih-Seat waren wir auch hochgefahren. Er parkte vor dem Friedhof. Suko wollte fahren, ich fühlte mich noch nicht fit.

Immer wieder überkam mich ein Würgegefühl. Nur gut, dass wir wussten, mit wie vielen Gegnern wir es zu tun hatten. Drei waren es also – Spinosa und zwei Helfer.

Suko ließ den Wagen auf den schmalen Pfad rollen. Auch hierher hatte der Nebel seinen Weg gefunden. Je tiefer wir fuhren, umso mehr verdichtete er sich. Die Wände rechts und links sahen wir nur als dunkle Schatten. Beide hatten wir das Gefühl, in eine wabernde Schlucht hineinzurollen.

»Hast du erkennen können, um was es sich bei Spinosa handelt? Zombie oder Mensch?«

»Keine Ahnung. Er hatte ein bleiches Gesicht und Lippen, die aussahen wie geschminkt. Der kam mir eher vor wie ein Clown.«

»Ein Zombie-Clown«, sagte Suko sarkastisch.

»Möglich.«

»Glaubst du, dass wir sie kriegen?«

»Wo denn?«

»Unten in Plecia.« So hieß der kleine Ort, den wir als Ausgangsposition ansahen.

»Was sollen sie dort?«

»Keine Ahnung, Alter. Irgendwo müssen sie hin und ihre Flucht fortsetzen. Weißt du, mir geht der Bahnhof nicht aus dem Kopf. Könnte es sein, dass sie uns dort über den Weg laufen?«

Ich lachte. »Da willst du also hin?«

»Ja.«

Ich hatte nichts dagegen, irgendwo mussten wir schließlich anfangen.

Je mehr wir uns dem Tal näherten, umso breiter wurde der nicht asphaltierte Weg, der schließlich in einen Platz mündete, wo wir auch die ersten Menschen sahen, die sich innerhalb der Nebelsuppe wie fremde Wesen bewegten. Die normalen Geräusche klangen alle anders. Gedämpft, beinahe schon unheimlich. Die Geräusche der Autos, die Stimmen der Menschen … Wir rollten im Schritttempo dahin.

Ich hatte das rechte Seitenfenster nach unten gekurbelt und hielt natürlich Ausschau nach den drei Flüchtlingen.

Sie waren nicht zu sehen. Möglicherweise hatten sie auch die Deckung des Nebels genutzt und waren schon längst auf dem Weg zum Bahnhof.

Ich wandte mich an Suko. »Kennst du die Strecke?«, fragte ich ihn.

»Die zum Bahnhof?«

»Sicher.«

»Die habe ich noch im Kopf.«

Wir hatten uns zuvor in dem kleinen Küstenort umgesehen, durch den eine Schienenstrecke führte. Sie verband Plecia mit der großen Stadt Bilbao. An einer Kreuzung hielt Suko. Er ließ einige Jugendliche vorbei, die lachend die Straße überquerten und in einem Lokal verschwanden, dessen bunte Reklame durch den Nebel verwaschen wirkte.

Suko blinkte rechts und rollte in eine schmale Straße hinein, die auf die Gleise zuführte und kurz davor endete. Dort standen einige Lagerschuppen. Sie gruppierten sich um einen Platz, auf dem Container wirkten wie geduckte Baracken.

Wir fuhren nach links.

Signallampen leuchteten wie geheimnisvolle Augen in der Nebelbrühe. In der Ferne tutete oder pfiff eine Lok, dann rollte ein Zug an uns vorbei. Die Kette der Wagen sah aus wie eine Schlange aus Stahl und Glas. Er hielt im Bahnhof.

Wir stoppten davor. Es gibt Bahnhöfe, die vermitteln einen nostalgischen Eindruck. Dieser hier gehörte mit seinem Bahnhofsgebäude aus Holz dazu. Dazu kam das schräge, vorspringende Dach, das durch starke Pfosten gestützt wurde. Das war schon so etwas wie eine Western-Station.

Vor dem Bahnhof gab es genügend freie Parkplätze. Wir stellten den Seat mit dem Heck zum Gebäude hin ab und schauten uns nach den Einstiegen um. Der Zug war noch nicht abgefahren. Als wir das Gebäude betraten, durch das wir bis zu den Gleisen durchgehen mussten, schlugen die Türen der Wagen zu. Wenn die drei Flüchtlinge in dem Zug steckten, hatten wir das Nachsehen.