John Sinclair Sonder-Edition 108 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 108 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Die Toten vom Klan

Wenn es etwas gibt, was ich noch mehr hasse als Dämonen, dann sind es Leute, die Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder Herkunft diskriminieren! Und genau mit solchen Typen hatten wir es in diesem Fall zu tun!
Unser Freund, der FBI-Agent Abe Douglas, hatte Suko und mich in die USA gerufen, in den Staat Mississippi, wo es noch immer Vorurteile gegen die schwarze Bevölkerung gab. Hier bekamen wir es mit dem rassistischen Ku-Klux-Klan zu tun ‒ und mit einem Monstrum, das Mr. Voodoo genannt wurde und zum Totengott der Fanatiker geworden war!

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Seitenzahl: 175

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Toten vom Klan

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Vicente Ballestar/Norma

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8315-7

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.

Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung.

Die Toten vom Klan

von Jason Dark

Wenn es etwas gibt, was ich noch mehr hasse als Dämonen, dann sind es Leute, die Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder Herkunft diskriminieren! Und genau mit solchen Typen hatten wir es in diesem Fall zu tun!

Unser Freund, der FBI-Agent Abe Douglas, hatte Suko und mich in die USA gerufen, in den Staat Mississippi, wo es noch immer Vorurteile gegen die schwarze Bevölkerung gab. Hier bekamen wir es mit dem rassistischen Ku-Klux-Klan zu tun – und mit einem Monstrum, das Mr. Voodoo genannt wurde und zum Totengott der Fanatiker geworden war!

»Der Baum der Freiheit muss hin und wieder mit dem Blut von Patrioten getränkt werden!«

Thomas Jefferson

Wenn sie ihn erwischten, war er ein toter Mann. Dann würden sie ihn foltern, teeren, federn, killen und anschließend verbrennen. Sie kannten weiß Gott genügend Möglichkeiten, um ihn, den Nigger, ins Jenseits zu schicken, so wie es schon ihre Vorfahren getan hatten. Damals aber öffentlicher und unter dem Deckmantel des Patriotismus.

Er wusste es, und er tat es trotzdem, denn einer musste es machen. Das hatte er auch seinen Eltern gesagt, die ihn für einen Lebensmüden hielten, für ihn gebetet und in der kleinen Holzkirche Kerzen angezündet hatten.

Er war schon immer anders gewesen. Als Kind, als Jugendlicher und jetzt als Erwachsener. Er hatte mit glänzenden Augen die Reden von John F. Kennedy verfolgt, und er hatte geweint, als dieser Präsident ermordet worden war. Seine Mutter hatte ihn stets getröstet und ihm erklärt, dass sich alles zum Guten wenden würde, und er hatte neuen Mut gefasst. Seine Intelligenz hatte Jeremias dabei geholfen. Ein alter Lehrer, der in der Dorfschule unterrichtete, hatte ihm und seinen Eltern geraten, weg aus Mississippi zu gehen, in den Norden zu verschwinden, wo er die Colleges und Universitäten besuchen und in Ruhe lernen konnte.

Das hatte Jeremias getan, aber gleichzeitig versprochen, wieder zurückzukehren.

Er war wieder da. Er hatte seine Eltern umarmt und sie so vorgefunden wie früher.

Kaum etwas hatte sich verändert in Mississippi. Die Zeit war dort stehen geblieben, besonders fühlbar für einen Menschen, der aus der geschäftigen Hektik des Nordens zurückkehrte. In diesem Staat regierten die alten Gesetze, da herrschte der Fluss, der Old Man River, der Mississippi, der gewaltige Strom, der sich auf den Golf zuwälzte. Das Leben war wie sein Wasser, ein langer, ruhiger Fluss, unter dessen Oberfläche es allerdings brodelte, was ein Fremder kaum mitbekam. Nur Einheimische, die schon länger in diesem Staat lebten, spürten es.

Und noch etwas war anders geworden, im Gegensatz zu früher. Es gab eine größere Angst!

Sie war erst spürbar, wenn man sich näher mit den Menschen befasste. Da merkte man die Unruhe unter der Oberfläche. Früher war die Angst auf die Schwarzen allein begrenzt. Jetzt griff sie weiter über, auf Gruppen, die sich nicht fügen wollten. Auf Umweltschützer, auf junge Leute, die Altes über Bord werfen wollten und die langen Zöpfe abschnitten.

»Sie sind wieder da!« So flüsterte man, wenn man unter sich war, und jeder wusste genau, wer oder was gemeint war.

In der Nacht, wenn die Fenster offen waren, der Wind über das Land wehte, hörten sie oft genug das Trappeln der Pferdehufe oder die Motoren der Autos.

Dann ritten sie wie ein Spuk durch die Nacht, und schon sehr bald brannten Häuser, Ställe. Da flammten die Kreuze des Klans auf und loderten wie grausame Fanale in die finstere Nacht.

Es gab ihn wieder. Er war oft totgesagt worden, aber er war niemals gestorben.

Der Ku-Klux-Klan herrschte weiter!

Die Männer, die sich in weiße Kutten hüllten, um sich zu vermummen. Man sollte sie nicht sehen. Sie versteckten sich hinter den Masken, die oft ehrenwerten Mitglieder des Gemeindewesens. Die Geschäftsleute, der Mittelstand, aber auch der Pöbel, der als Helfer mitlief. Wichtig war nur, dass man eine weiße Hautfarbe hatte.

Und doch war es ein anderer Klan als früher. Unter der Hand flüsterte man von magischen Ritualen, von schlimmen Verbrechen, die unter den Segnungen des Teufels durchgeführt wurden. Niemand wusste, wer der Anführer der Horde war, aber ein Name geisterte flüsternd und Gänsehaut erzeugend von Mund zu Mund.

Mr. Voodoo!

Auch Jeremias hatte von ihm gehört, und er war der Sache nachgegangen. Er konnte nicht zusehen, wie die Menschen seiner Hautfarbe und eben Andersdenkende ins Visier genommen wurden. Er wollte auch wissen, ob sich unter den Kutten etwas anderes verbarg, das mit Schwarzer Magie umschrieben werden konnte.

Jeremias, der von seinen Freunden Jerry genannt wurde, hatte lange geforscht, mit vielen Menschen gesprochen und erfahren, dass es einen bestimmten Ort gab, den Schwarze und Weiße tunlichst mieden, weil dort der Teufel hausen sollte.

Jerry mied ihn nicht. Er hatte sich in dieser Nacht auf den Weg gemacht, um das Gebiet zu durchsuchen.

Es lag abseits der Orte, am Rand des Sumpfes, wo das Gebiet menschenfeindlich wurde. Wer sich nicht auskannte, wurde gefressen, den gab der Boden nicht mehr her.

Jerry versuchte es trotzdem. Er hatte es auch geschafft, den Ort zu erreichen, und musste zugeben, dass er sich äußerst unwohl fühlte in dieser unheilschwangeren Atmosphäre, wo noch die Wärme des Tages als stickiger Dunst über dem Sumpf lag, der eine Brutstätte für Millionen von Insekten war.

Es gab nur wenige Wege, die durch diesen Sumpf führten. Jerry waren einige bekannt, und auch diejenigen, die ihn zum Zentrum führten. Die letzten Meter hatte er auf allen vieren zurückgelegt, er war durch den Schlamm gekrochen und lag nun in Deckung des hohen Sumpfgrases so still wie ein Toter.

Jerry Blake war vorsichtig. Der kleinste Fehler konnte seinen Tod bedeuten. Er wusste nicht, ob das Gebiet bewacht wurde. Möglich war alles. Die Männer vom Klan hatten ihre Augen überall, sie kannten sich aus, sie hatten zahlreiche Zuträger und Spione.

Nichts regte sich auf der Lichtung im Sumpf. Sie war von hohen Bäumen umgeben, deren große, fleischige Blätter einen fauligen Geruch ausströmten, der sich dem übrigen Gestank anpasste.

Jerry Blake hatte lange genug geforscht, um sich seiner Sache sicher zu sein. Hier und nirgendwo anders sollte sich das Zentrum befinden. Hier traf sich der verdammte Klan, und an dieser Stelle sollte dieser Mister Voodoo geboren sein.

Nach einigen Minuten des Wartens erhob sich Jerry.

Auch dies überstürzte er nicht. Er bewegte dabei seinen Kopf, schaute nach links und rechts und dachte daran, dass es schon zahlreiche Opfer gegeben hatte. Nur waren die Leichen nie gefunden worden. Mr. Voodoo habe sie gefressen, hieß es, wobei Jerry Blake eher an den Sumpf glaubte. Angeblich hatte die Polizei auch etwas unternommen, aber darüber konnte Jerry nur lachen. Er traute keinem Polizisten aus dem Staat Mississippi und erst recht keinem Sheriff oder dessen Helfern.

Kreise hatte das Verschwinden allerdings schon gezogen. Aber wer kümmerte sich außerhalb des Staates schon darum?

Jerry ging geduckt. In seinem dunklen Gesicht sahen die Augen heller aus. Sie hatten einen matten Glanz, ebenso wie der schwere Revolver, der in seinem Gürtel steckte. Er war sorgfältig gepflegt worden, und in einer Trommel steckten sechs Patronen.

Jerry sog die Luft durch die Nase ein. Anhand der Gerüche wollte er sich orientieren. Vielleicht war hier etwas Identifizierbares zurückgeblieben, das er riechen konnte, aber nichts ließ ihn misstrauisch werden.

Die Nacht war sehr dunkel, obwohl der Mond am Himmel fast einen Kreis zeigte. Über weiches Gelände ging er hinweg; es schmatzte, wenn er seine Füße aus den hinterlassenen Trittstellen hervorzog. Der faulige Geruch umwehte sein Gesicht. Es roch nach Verwesung, nach Moder, irgendwie nach Tod.

Jerry blieb mitten auf der Lichtung stehen. Genaues konnte er nicht ausmachen, was sich auf dem Boden ausbreitete, verschwamm zu bläulichen Schatten.

Doch nicht alles zeigte diese Farbe. Dazwischen schimmerte etwas Weißes, beim ersten Hinschauen nicht genau zu identifizieren, aber Jerry kam es vor, als gehörten diese Gegenstände nicht an diesen Platz. Er wollte es genauer wissen und bückte sich. Dabei überlegte er noch und sagte sich, dass es sich dabei nicht um irgendwelche verfaulten Pflanzenreste handeln konnte. Auch die gaben manchmal ein ungewöhnliches Leuchten ab. Verantwortlich dafür waren chemisch-biologische Vorgänge, die von sehr abergläubischen Menschen als Geistererscheinungen gehandelt wurden.

Bevor er sich kniete, schaute er sich um. Niemand war zu sehen, nichts störte die Ruhe. Dann erst fasste er zu, und seine Finger umschlossen einen Gegenstand, von dem er glaubte, dass es ihn hier nicht geben konnte oder durfte.

Es war kein Irrtum!

Als er den Fund anhob, um ihn besser sehen zu können, begann sein Herz schneller zu schlagen.

Es war ein Knochen!

Bleiches Gebein schimmerte zwischen seinen Fingern. Ob der Knochen von einem Tier oder einem Menschen stammte, konnte er nicht sagen. Seltsamerweise tendierte er mehr zu einem Menschenknochen und spürte, dass es im Hals eng geworden war.

Woher stammte er? Wieso fand er auf dieser Lichtung einen Menschenknochen? Und nicht nur dieser lag in greifbarer Nähe. Er brauchte sich nur nach links zu drehen, um einen zweiten und dritten zu entdecken.

Jerry schwitzte und hatte ein absolut bescheidenes Gefühl.

Wenn er Luft holte, spürte er das Stechen in der Brust. Der Schweiß rann ihm in die Augen, wo er ein Brennen erzeugte. Er wischte sich über die Augen, legte den Knochen vorsichtig zur Seite, drückte sich wieder in die Höhe, um seinen Weg gebückt fortzusetzen.

Seine Sohlen schleiften über den Boden. Er trat das saftige Gras nieder und hörte bei jedem Schritt das Schmatzen des feuchten Bodens. Er richtete seinen Blick auf einen gewaltigen Baum, dessen Luftwurzeln wie riesige Stolperfallen wirkten.

Diese verzweigten Wurzeln bildeten ein regelrechtes Dickicht, und in diesem Dickicht hatte sich etwas bewegt, er hatte es ganz deutlich gesehen!

Jerry blieb unbeweglich stehen. Selbst den Atem hielt er an. Schlangengleich suchte sich in dem Dickicht etwas seinen Weg. Er hörte unheimlich klingende Laute, Geräusche, die an ein Schmatzen erinnerten und an ein Würgen, als müsste sich jemand übergeben. Ein widerlicher Gestank wehte ihm aus den Lücken entgegen, als würden innerhalb des Wurzelwerks zahlreiche Leichen verfaulen.

Dieser Baum war ungemein groß, und sein Wurzelwerk hatte fast die Ausmaße des Blätterwerks, aber was sich dazwischen tat, gehörte nicht in das normale Leben, das erinnerte ihn an die Geschichten, die sich um diesen Ort rankten.

An unheimliche, an geisterhafte Vorgänge, an eine dumpfe Magie, von einer Person diktiert, die Mr. Voodoo genannt wurde.

Jerry traute sich nicht, seine Lampe einzuschalten. Er wollte nicht genau sehen, was sich zwischen den starren Wurzelfingern abspielte, aber es kam näher.

Jemand schob etwas durch eine Lücke nach außen. Bleich und länglich. Jerry bekam eine Gänsehaut, als er es sah.

Es war ein Knochen …

Er dachte sofort an die Gebeine, die er entdeckt hatte. Sein Magen zog sich zusammen, im Mund hatte er den bitteren Geschmack von Galle und merkte kaum, dass er zwei kleine Schritte zurückging.

Jemand, der innerhalb des Wurzelwerks hauste, hatte ein bleiches Stück Knochen ins Freie geschoben, das direkt vor seinen Zehenspitzen liegen blieb.

»Mister Voodoo«, flüsterte Jerry Blake. Das musste er sein, die Menschen hatten recht, wenn sie flüsternd von ihm sprachen. Er musste dort hausen, verborgen im Wurzeldickicht, um nur zu bestimmten Zeiten hervorzukommen.

Vielleicht warf er die Reste seiner Nahrung weg, abgenagt und blankgeleckt.

Jerry schüttelte sich, als er daran dachte. Plötzlich wollte er nicht mehr länger an diesem verdammten Fleck bleiben. Er kam ihm vor wie ein verfluchtes Stück Erde, das nur ein Ziel kannte: den Menschen in sich hineinzuziehen.

Er stolperte rückwärts und glaubte ein Raunen zu hören. »Komm her, du kleiner Neger. Komm zu mir, Nigger. Los, ich werde dich zerstören …«

Jerry Blake schwitzte noch stärker. Er hatte nicht erkannt, ob es sich um eine männliche oder weibliche Stimme gehandelt hatte. Aber wenn es sich bei dem nicht sichtbaren Wesen um den geheimnisvollen Mr. Voodoo gehandelt hatte, dann musste derjenige ein Mann sein, worauf das Wort Mister hinwies.

Auf der Lichtung blieb er noch einmal stehen, um zurückzuschauen. Der gewaltige Baum mit seinem aus dem Boden gedrückten Wurzelwerk erschien ihm wie ein finsteres Mahnmal. Dort lauerte das Grauen, und er hatte es gesehen.

Der Schock saß tief, obwohl er irgendwie damit gerechnet hatte. Plötzlich vernahm er ein anderes Geräusch. Nicht aus seiner Nähe, sondern ziemlich weit von ihm entfernt, aber er kannte den Laut, und das machte ihn misstrauisch.

In einem anderen Land, in einer anderen Gegend hätte er kaum darauf geachtet, hier war alles anders. Hier erzeugte die Normalität Misstrauen, wie eben das Geräusch eines laufenden Automotors.

Das erinnerte Jerry wieder an sein eigenes Fahrzeug. Er hatte den rostroten Käfer nahe der Straße abgestellt, allerdings in guter Deckung, damit er von der normalen Fahrbahn her nicht sofort gesehen werden konnte. Einige Minuten musste Jerry schon laufen, um den Käfer zu erreichen, und er beeilte sich.

Schattengleich huschte er durch den Sumpf, blieb immer auf dem Weg, dessen grüne Decke durch nicht sichtbare Bohlen darunter verstärkt worden war.

Rechts und links von ihm glänzte das Sumpfwasser, als hätten sich dort zahlreiche große, dunkle Augen zu kleineren Seen vereinigt.

Wasser spritzte unter den Tritten des Mannes auf. Tropfen benetzten sein Gesicht. Er duckte sich unter Zweigen hinweg und war froh, als der Boden unter ihm an Härte zunahm, ein Zeichen dafür, dass er die Straße fast erreicht hatte.

Sie gehörte nicht zu den Highways, war auch nicht durchgehend asphaltiert, nur nahe der Orte hatte man für eine normale Fahrbahndecke gesorgt. Aber hier im Sumpfgebiet war sie nicht mehr als ein breiterer, buckeliger Feldweg.

Jerry schaute sich öfter um. Er hatte die Geräusche nicht vergessen. Irgendwo in der Nähe musste ein Fahrzeug herfahren, doch er sah kein Scheinwerferlicht.

Allein der Mond glotzte wie ein hellgelbes Auge vom Himmel herab.

Jerry musste vom Weg ab und wühlte sich mit wilden Armbewegungen durch sperriges, hinderliches Gestrüpp, bis er den Platz erreicht hatte, wo er den VW abgestellt hatte.

Gott sei Dank, er war noch!

Blake fiel fast über den Käfer. Er atmete heftig, schüttelte den Kopf und musste sich erst einmal einige Sekunden Ruhe gönnen, bevor er die Tür öffnen konnte.

Erschöpft fiel er hinter das Lenkrad. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken. Er wusste noch nicht, was er unternehmen sollte, er hatte ja bereits etwas getan, das jedoch war bisher noch nicht vom Erfolg gekrönt gewesen.

In Germany hieß es, dass ein Käfer immer ansprang. Und auch in den Staaten ließ dieser Wagen seinen Besitzer nicht im Stich. Blake hatte den Zündschlüssel kaum herumgedreht, als der Heckmotor mit seinen typischen Geräuschen ansprang.

Das war der Moment, in dem sich bei Jerry Blake der Stau löste und er einen Schrei der Erlösung ausstieß.

Der Boden war auch hier tief. Die Reifen des Fahrzeugs hatten sich hineingewühlt, aber die Kraft des Motors sorgte dafür, dass der Käfer gut freikam.

Jerry Blake konnte nicht mehr auf die Umgebung achten. Er setzte den Wagen zurück, rammte mit ihm einen sperrigen Strauch, kurbelte am Lenkrad, kam gut weiter und rollte rückwärts auf die schmale Fahrbahn, die an dieser Stelle keine Asphaltdecke hatte.

Er wollte zurück nach Cottonwood, wo er bei seinen Eltern lebte. Jerry wusste noch nicht genau, ob er ihnen alles berichten sollte. Wie dem auch sei, es musste weitergehen, andere sollten etwas tun, mit ihm zusammen, denn er war zu schwach.

Der Käfer stand auf der Straße. Jerry wollte ihn nach rechts wenden, als es passierte.

Plötzlich kam er sich vor wie auf dem Hof eines Zuchthauses, wo ein Flüchtling versuchte, die Mauern zu überwinden, es aber nicht mehr schaffte. Die grellen Scheinwerferstrahlen hatten ihn von allen Seiten eingefangen. Er konnte nichts mehr sehen. Vor ihm standen die Lichter wie blendende Sonnen, stachen in den Käfer hinein und leuchteten das Innere taghell aus.

Instinktiv hatte er einen Arm angewinkelt und hielt ihn vor seine Augen. In dieser Haltung blieb er sitzen, unfähig, sie zu verändern.

Durch seinen Kopf rasten unzählige Gedanken, die sich allerdings nicht in eine bestimmte Richtung konzentrierten. Es war alles anders geworden.

Dann riss jemand so heftig die Tür auf, dass Jerry befürchtete, sie würde aus den Angeln gezerrt.

Er hörte die Stimme, die er nicht kannte, aber die beiden Worte reichten aus, um ihm Angst zu machen.

»Raus, Nigger!«

Jerry Blake hatte die Stimme nicht erkannt, sie klang auch verzerrt, wahrscheinlich deshalb, weil der Sprecher nicht frei reden konnte und ihn der Stoff vor seinen Lippen hinderte. Er wiederum musste ein Teil der weißen Kapuze sein, die sich der Redner über den Kopf gestülpt hatte.

Blake rührte sich nicht. Er blieb in dieser Haltung mit dem halb erhobenen Arm hocken und traute sich nicht, die Augen zu öffnen.

»Er will nicht«, sagte ein anderer.

»Der Nigger macht auf stur.«

»So was.«

Dann hörte Jerry ein Lachen. Der Laut war noch nicht verklungen, als eine Hand nach seinem linken Oberarm griff. Zuerst war die Berührung nur sanft, beinahe streichelnd, dann verwandelte sich die Hand in eine Zange, die schmerzhaft zudrückte.

Es war ein brutaler, ein böser Druck. Jerry öffnete den Mund zu einem Schrei, bis ihm einfiel, dass er nicht jammern wollte. Nein, nicht er. Er wollte den Leuten vom Ku-Klux-Klan keinen Grund geben, sich über ihn lustig zu machen. Denen nicht.

So blieb er stumm.

Auch als er den heftigen Ruck spürte, der ihn nach links aus dem Fahrzeug zerrte. Da er sich noch nicht angeschnallt hatte, kippte er weg.

Schwer schlug er auf den Boden. Glücklicherweise war es kein Asphalt, er konnte sich noch zusammenreißen und einen Schrei unterdrücken, aber er lag den anderen zu Füßen. Genau das war es, was ihn so störte und demütigte.

Das Licht blendete ihn nicht mehr direkt. Es strahlte mehr an ihm vorbei, und Jerry öffnete die Augen.

Dicht vor ihm schwangen die hellen Säume und Enden der verdammten Kutten. Ja, es waren die Männer vom Ku-Klux-Klan, die ihm hier aufgelauert hatten, die Bescheid gewusst haben mussten, wohin er gegangen war, und seine Rückkehr abgewartet hatten.

Jetzt würde er auch zu den Opfern gehören, die irgendwo im Sumpf verschwanden.

Noch lag er, aber kräftige Hände zerrten ihn auf die Beine, und er bekam den ersten Schlag, und zwar in den Magen. Jerry krümmte sich und würgte.

Jemand, der hinter ihm stand, riss ihn an seinen kurzen Haaren wieder hoch und flüsterte: »Nigger, du stinkst!«

»Alle Nigger stinken.«

Einige lachten, dann redete wieder der erste Sprecher. »Und damit sie mit ihrem Gestank nicht die Gegend verpesten, werden wir sie kurzerhand verbrennen.«

»Ja, er soll lodern.«

Jemand stieß Jerry in den Rücken. Der Schlag trieb ihn voran, hinein in das grelle Licht der Scheinwerfer, die wie Glotzaugen aus den Kühlergrillen der beiden Geländewagen hervorstachen. Gegen eines dieser Fahrzeuge fiel er, spürte die Faust im Nacken, die seinen Kopf nach unten und das Gesicht auf das Blech drückte.

Seine Nase hatte einen Stoß abbekommen und begann zu bluten. Der Schmerz wühlte sich hoch bis in seine Stirn. Er holte keuchend Luft, wobei Speichel aus seinem Mund auf das Blech rann.

Es kam Jerry vor wie ein Albtraum. Nur war es das nicht. Was er erlebte, spielte sich real ab, und er war das Opfer. Er stand zwischen den Fronten und würde auf furchtbare Art und Weise von ihnen zerrieben werden.

Jemand zog seinen Kopf wieder hoch, denn ein anderer Vermummter war da, der etwas in seiner Hand schaukelte und es dann lachend über Jerrys Kopf streifte.

Unter dem Kinn setzte es sich fest, schleifte rau am Hals entlang und wurde in seinem Nacken zusammengezogen. Nun erst war Jerry klar, dass man ihm eine Schlinge um den Hals gelegt hatte …

Einer zog ihn zurück, ein anderer trat dicht vor ihn. Er konnte das Gesicht nicht sehen; der weiße Stoff lag davor. Nur hinter den beiden Einschnitten leuchteten die Augen. Sie waren dunkel und glitzerten böse.

»Nigger muss man teeren, federn, hängen und anschließend verbrennen!«, flüsterte er.

Blake war entsetzt, behielt aber die Ruhe und fragte: »Hat dir das Mister Voodoo beigebracht?«

Blake hatte die Frage so laut gestellt, dass sie auch von den anderen gehört wurde. Ihre flüsternden, zischenden Stimmen verstummten. Es wurde plötzlich still, zu still, wie Blake fand.

Jemand trat vor und schob den Knaben mit der jungen Stimme mit sanfter Gewalt zur Seite. »Was weißt du über Mister Voodoo, Nigger?«

»Viel, vielleicht sogar alles oder auch nichts!«

Der Mann vor ihm nickte. Auch von ihm sah Jerry nur die Augen. Er überlegte, wo er sie schon einmal gesehen hatte. Sie kamen ihm bekannt vor. Dieser Blick hatte ihn oft getroffen, nur wollte es ihm nicht in den Sinn, wo das gewesen war. Der Vermummte griff unter seine weiße Kutte und holte ein Messer hervor. Dicht über dem Seil berührte die Spitze den Hals des Farbigen. »Noch einmal, Bimbo, was weißt du über Mister Voodoo? Was, zum Henker?«