John Sinclair Sonder-Edition 122 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 122 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Rio de Janeiro ‒ eine Stadt, deren Slums in Armut, Gewalt und Verbrechen versinken. Und daneben die Reichen, die Verwöhnten und Touristen aus aller Welt, die das Leben in vollen Zügen genießen. Als ein grauenhaftes Monstrum die Stadt heimsuchte und schrecklich zugerichtete Opfer zurückließ, sahen die Zyniker und Benachteiligten darin eine Abwechslung in ihrem tristen Dasein, eine Art schaurige Unterhaltung, und so nannten sie das Ungeheuer den "Entertainer"!
Doch Suko und ich waren nach Rio gekommen, um die blutige Horror-Show zu beenden!

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Entertainer

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ballestar/Norma

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9278-4

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.

Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung.

Der Entertainer

von Jason Dark

Rio de Janeiro – eine Stadt, deren Slums in Armut, Gewalt und Verbrechen versinken. Und daneben die Reichen, die Verwöhnten und Touristen aus aller Welt, die das Leben in vollen Zügen genießen. Als ein grauenhaftes Monstrum die Stadt heimsuchte und schrecklich zugerichtete Opfer zurückließ, sahen die Zyniker und Benachteiligten darin eine Abwechslung in ihrem tristen Dasein, eine Art schaurige Unterhaltung, und so nannten sie das Ungeheuer den »Entertainer«!

Doch Suko und ich waren nach Rio gekommen, um die blutige Horror-Show zu beenden!

Man blickt auf die Slums mit ihrer Millionenbevölkerung wie auf eine Zyste, einen Fluch. Denn aus diesen Gettos, wo die Häuser an Abgründen hängen, kommen die Banditen und das Böse. Kommen der Schmutz, die Ratten und die Drogenkiller …

So die brasilianische Soziologin Marilena Chaui.

Das alles war grauenhaft, unfassbar, gehörte in Rio zur Achterbahn des Lebens.

Doch der Schrecken konnte sich noch steigern. Er war böser als alles zusammen – er, der Entertainer.

Der Tag war wie so oft eine Hölle gewesen, widerlich heiß, und am Abend waren die kleinen Bestien gekommen, die verfluchten Insekten.

In wahren Wolken waren sie auf der Suche nach Blut aus den Sümpfen gestiegen, um über die Menschen herzufallen.

Sie hatten ihre Opfer gestochen, sie hatten getrunken, und sie waren auch durch Sprays nicht aufzuhalten, die eher die Menschen selbst umbrachten als die Insekten.

Es gab keinen Schutz vor ihnen. Nicht in den primitiven Hütten, nicht in den Löchern oder Gruben, wo sie die Ermordeten hineinwarfen und darauf warteten, dass sie irgendwann abgeholt würden wie Abfall.

Rio war die Hölle!

Die schlimmste Stadt auf Erden, mit durchschnittlich fünfundsechzig Morden täglich.

Die Berge der Armut, Träume aus der Schnüffeltüte und der Glaube an Geister, das alles bildete ein Umfeld, in dem viele Schwache auf der Strecke blieben. Selbst der lethargische Mensch, der immer seine Augen verschloss, war vor einer Kugel der Todesschützen oder Drogenkiller nicht sicher.

In den Armenvierteln starb in jeder Stunde ein Kind, aber wen kümmerte das? Es wurde irgendwo hingelegt, zu all den anderen Toten, die sich ansammelten.

Und weil Rio so ein heißes Pflaster war, bewaffneten sich viele.

Auch Pozzo trug eine Waffe bei sich. Kein Gewehr oder einen Revolver, er verließ sich auf seinen alten Baseballschläger, den er einem Ami aus dem Norden gestohlen hatte und wie seinen Augapfel hütete. Auf den Müllkippen hatte er damit geübt und Typen, die ihm zu nahe gekommen waren, in die Flucht geschlagen. Einen hatte er sogar erschlagen.

Die schwüle Luft hatte am Tag schwer über der Stadt gelegen. Sie roch nach verbranntem Gummi, nach Fett, nach Kloaken, Jauche, Urin und Kot. Kein Wind brachte Kühlung, und aus den Sümpfen waren schließlich die Insekten gestiegen.

Pozzo war ihnen schließlich entkommen, und er wollte das tun, was er schon lange nicht mehr getan hatte.

Ein Bad nehmen!

Er hätte sogar zum Strand hinuntergehen können, doch den Weg wollte er sich sparen. Es gab andere Möglichkeiten, um sich etwas Abkühlung zu beschaffen.

Längst war es dunkel geworden, und ein Teil der Stadt, dort, wo die Reichen wohnten, strahlte in einem fantastischen Glanz. Die Kette aus Lichtern umgab in breiten Kurven den Verlauf des Strands. Sie war nah und doch so unendlich weit entfernt. Fast wie der Himmel über Rio, der seine blaue Kitschfarbe bekommen hatte, wobei das Millionenheer der Sterne funkelte und den Glanz weit hinaus über das Meer schob, wo er sich schließlich verlor.

Dafür hatte Pozzo keinen Blick.

Aus dem Wirrwarr der fast fünfhundert Favelas, in denen drei Millionen Arme hausten, wehten die Geräusche, als wäre ein gewaltiger Magen dabei, die Schrecken des vergangenen Tages zu verdauen.

Hin und wieder krachten Schüsse in den Elendsvierteln. Es klang wie ferne Botschaften, und Pozzo dachte daran, dass es Leute gab, die nicht einmal schrien, wenn sie starben. Wahrscheinlich waren sie sogar froh, sterben zu dürfen.

Jetzt waren die Todeskommandos wieder unterwegs, um ihre Hinrichtungen vorzunehmen, angeblich, um Rio sauberer zu bekommen. Tatsächlich aber waren es brutale Killer und Mörder, die tagsüber oft genug Polizisten spielten, sich in der Nacht dann in die Grausamen verwandelten.

Es war ihnen egal, wen sie erschossen. Und Kinder starben in dieser verfluchten Stadt ebenfalls oft genug durch ihre Kugeln. Man zählte die Toten in den Vorstädten nicht mehr, und die Reichen in Rio schauten nicht einmal hin. Selbst in den offiziellen Karten waren die Slums nur als weiße Flecke eingezeichnet, denn man wollte damit nichts zu tun haben.

Pozzo lief in Richtung Strand. Den Baseballschläger hielt er locker in der rechten Hand. Er war fünfundzwanzig, hatte bisher überlebt, das ließ ihn hoffen.

Am vergangenen Tag hatte er nichts gegessen. Er brauchte etwas, aus diesem Grund wollte er sich auch am Strand aufhalten, wo die Touristen sich noch hintrauten. Ein schneller Griff, ein kurzer Schlag, und alles war erledigt.

Nur hundert Meter von der weltberühmten Copacabana entfernt tauchte er in eine Seitenstraße, wo er seine Badestelle finden wollte.

Dass sie besetzt und umlagert war, ärgerte ihn. Unwillkürlich fasste er seinen Schläger fester. Die Augen nahmen einen harten Glanz an. Es störte ihn nicht, dass er auch Kinder oder Halbwüchsige von der Badestelle vertreiben musste.

Sie hatten den Gullydeckel schon angehoben. Eine viereckige Eisenplatte, unter der sich ein mit dreckigstem Wasser gefüllter Schacht befand, nicht mehr als eine Kloake.

Darin badeten die Ärmsten der Armen, und auch Pozzo wollte die Abkühlung.

An vorbeifahrenden Autos störte er sich nicht. Manchmal schauten die Insassen ängstlich nach draußen, denn oft genug kam es vor, dass Wagen überfallen wurden. Räuber stellten sich auf die Straße. Wer nicht anhielt, wurde aus dem Hinterhalt beschossen, die Gesetze der Straße waren eben hart und gnadenlos.

Die Kinder hatten ihn gesehen. Ein Junge sprang auf ihn zu, zog eine Grimasse und machte mit seiner Hand eine international bekannte Bewegung: Er streckte den Mittelfinger der rechten Hand in die Höhe, dabei lachte er dreckig.

Federnd schlug Pozzo zu.

Der Schläger knallte gegen den Kopf des Jungen. Der taumelte zurück, fiel und blieb regungslos liegen, was den anderen Kindern nicht entging. Sie drehten sich um und sahen Pozzo auf sie zuschlendern.

Drei standen draußen, einer steckte in der Brühe.

»Haut ab!«

Die Kinder starrten ihn an. Sie wollten nicht gehen.

Eines hatte ein Messer. Viel zu lang und groß für ihn, mit gebogener Klinge.

Diesen Jungen schickten sie vor.

Er kam, schrie und stach nach Pozzo.

Der schlug zu.

Ich oder sie, dachte er. Rios Gesetz war furchtbar. Die Kinder fluchten, aber sie rannten weg, vorausgesetzt, sie konnten es noch. Der Junge mit dem Messer kroch heulend davon.

Aus der Kloake stieg der Letzte.

Pozzo schlug diesmal nicht. Er hatte seine barmherzige Sekunde und wartete, bis der Junge aus dem Gully gekrochen war. Als er stand, trat Pozzo ihm in den Rücken. Der plötzliche Schwung warf den Nackten aufs Gesicht. Er schnellte sofort wieder hoch und rannte weiter, hin zu den anderen. Sie würden sich einen anderen Gully suchen oder in den düsteren Gassen der Favelas verschwinden.

Es war riskant, beim Bad die Kleidung abzulegen. Pozzo ließ sie deshalb an. »Erfrischen« konnte er sich auch angezogen.

Auch seinen Schläger legte er nicht ab. Der war für ihn so etwas wie eine Lebensversicherung.

Dann stieg er in die Brühe.

Sie stank und war lauwarm, doch eine Idee kälter als die Sirupluft über den Straßen. Auf der Oberfläche lag ein Ölfilm. Was noch alles in der Brühe trieb, darüber dachte Pozzo nicht nach. Ein Europäer hätte sich beim Bad im Gully erst eine Infektion und dann den Tod geholt.

Den Schläger hatte er an einem Lederband um seinen Hals gehängt.

Bis zum Kinn tauchte er ein. Die Brühe schlucken wollte selbst er nicht. Das Bad dauerte bei ihm ungefähr eine Minute. Als er dann wieder auftauchte, fühlte er sich sogar erfrischt.

Bei Regen allerdings schwemmte das Wasser den Deckel in die Höhe. Dann überflutete die Brühe die Straße, und auch die anderen Gullydeckel wurden durch den Druck hochgewuchtet.

Er genoss die Erfrischung. Der Schläger hing um seinen Hals. Für einen Moment schloss Pozzo die Augen. Er stellte sich vor, in einem Pool mit herrlich klarem Wasser zu sein. Der Pool gehörte zu einem Haus in den Bergen, von dem aus der einen fantastischen Blick über Rio hatte und wo die verfluchten Favelas so weit entfernt waren wie die Sterne.

Die Schritte hörte er zu spät. Er war einfach zu lange unachtsam gewesen und hatte sich in seinen Träumen verloren. Als er die Augen öffnete, sah er die Beine.

Sie steckten in Stiefeln, die fast bis zu den Knien reichten. Die Männer trugen Tücher vor den Gesichtern und hielten Schnellfeuergewehre in den Händen.

Pozzo schloss die Augen. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, etwas zu sagen. Die drei gehörten einer Todesschwadron an. Davon gab es zahlreiche Gruppen, die sich allesamt bestimmte Namen gegeben hatten. In der Hauptstadt Brasilia waren sie zuerst aufgetaucht.

»Der Junge ist tot, Bademeister. Du hast ihn und seine Freunde verjagt. Jetzt verjagen wir dich.«

Pozzo sprach nicht, er zitterte plötzlich. Obwohl er immer damit gerechnet hatte, dass auch er einmal an der Reihe sein würde, kam es doch für ihn überraschend. Er bewegte seine Füße, als könnte er dadurch tiefer tauchen und verschwinden.

Die Sekunden dehnten sich.

Einer der Killer ging zur Seite und schaute über die Straße hinweg. Er rauchte dabei.

Im gleichen Augenblick spürte Pozzo den Biss!

Sein Mund öffnete sich, er schrie auf, dann zerrte etwas an seinem rechten Knöchel. Panik zeichnete sein Gesicht, das noch für einen Moment auf der schmutzigen Wasserfläche schwamm, bevor seine Hände vom Rand des Gullys abrutschten, denn der Biss und der gleichzeitige Zug waren einfach zu stark.

Etwas riss seine Beine auf. Blut quoll aus den langen Wunden, die sich bis zu den Oberschenkeln zogen. Im nächsten Augenblick war er weg.

Die Killer standen da und staunten. Einer drückte ab. Eine kurze, trockene Garbe peitschte aus dem Lauf. Kugeln peitschten in die Drecksbrühe, ließen sie spritzen, und die Stiefel der Männer bekamen ein Muster aus nassen Flecken.

Pozzo aber war verschwunden.

Sie konnten es nicht fassen. Aus eigener Kraft konnte es dem Mann nicht möglich gewesen sein, sich in den Schacht zu drücken. Da steckte etwas anderes dahinter.

Das Wasser schien zu kochen. Schaum und Blasen stiegen an die Oberfläche, als würde es von einem gewaltigen Quirl gerührt.

Noch etwas anderes drang in die Höhe.

Es war dunkel, es war ebenfalls schaumig, es bildete Schlieren, und es sah aus wie Blut.

Einer der Männer hockte sich nieder. Die Flamme eines Feuerzeugs warf ihren Widerschein über das Wasser, das sich tatsächlich dunkelrot gefärbt hatte.

Es war Blut!

Der Mann schnellte wieder hoch.

Gleichzeitig tauchte das Gesicht des Opfers auf. Nur für einen Moment, der aber reichte aus. Dieses klumpige Etwas konnte man kaum noch als Gesicht bezeichnen.

Sofort verschwand es wieder. Der Körper wurde in dem engen Schacht gedreht, eine Hand erschien wie ein bleiches Zeichen, die Finger zuckten noch, dann war es vorbei.

Einer der Killer bekreuzigte sich. Die anderen beiden hatten bleiche Gesichter bekommen.

Keiner wusste, was es gewesen war, aber jeder von ihnen hatte plötzlich Furcht.

Sie waren zurückgetreten, und das war auch gut so, denn aus der Tiefe stieg das Grauen …

Es sah aus wie eine Maske, die jemand mit grüner Farbe bepinselt hatte. Ein Relief aus Runen, Falten und Kerben. Dazwischen die flache Nase und ein gewaltiges Maul, das wie eine vorgezogene Schnauze wirkte.

Blasses, nasses Haar klebte auf dem Schädel, die Augen leuchteten in einem kalten Glanz.

Neben dem Gesicht erschien noch eine Pranke, an deren Nägeln die Hautfetzen des Toten klebten.

Die Fratze war einfach furchtbar, und sie sah aus, als würde sie auf der dunklen Brühe schwimmen. Aus den Augen strahlte den Männern Mordgier entgegen. Obgleich sie bewaffnet waren, traute sich keiner von ihnen, auf das Monstrum zu schießen.

»Der Teufel!«, keuchte einer der Killer. »Der Teufel ist aus der Hölle gestiegen!«

Er rannte davon.

Seine Kumpane blieben noch, gingen aber mit vorsichtigen Schritten zurück, die Waffen schussbereit haltend. Sie mussten mit ansehen, wie sich zwei Pranken aus dem Wasser schoben, sich an den Rändern des Gullys festklammerten, an denen sich das Ungeheuer abstemmte.

Das Monstrum verließ den Gully. Die Killer flüchteten, so bekamen sie zuerst nicht mit, wie es aussah. Es wirkte nur wie ein gewaltiger Schatten, das erkannten sie, als sie an einer Ecke stehen blieben und zurückschauten. Groß, geduckt, behaart, wobei lange, graue Haarsträhnen bis tief in die Stirn hingen.

»Schießen!«

Nur einer traute sich.

Das hämmernde Stakkato durchbrach die Stille. Die Kugeln tanzten über den Asphalt, einige davon hieben in den Körper der Bestie, nur konnten sie das Monster nicht stoppen.

»Das ist der Teufel!«, schrie einer der Killer und drehte sich um. Wie von Dämonen gejagt, rannte er davon. Er wollte nichts mehr sehen und hören. Selbst er, der in einer Hölle lebte, musste zugeben, dass es eine noch schlimmere Hölle für ihn gab.

Dann waren die drei Männer verschwunden. Das nächtliche Rio hatte sie geschluckt. Das aus dem Gully gestiegene Monstrum aber schüttelte sich, als wollte es das schmutzige Wasser loswerden. Es lief in langen Sprüngen durch die Straße, sein Mordtrieb war noch längst nicht gestillt. Es wollte noch mehr Opfer.

Nach Norden, in die Elendsviertel, lief es nicht. Es gab noch andere Ziele.

Den Strand zum Beispiel. Der befand sich nur eine Steinwurfweite entfernt …

Es war Ingram egal, ob das Geschöpf tatsächlich Mona hieß. Es war ihm auch egal, ob sie zwanzig oder zweiundzwanzig Jahre alt war, und es war ihm ferner egal, wo die Kleine herkam. Sein Urlaub ging in die letzte Phase, und die wollte er genießen.

Drei freie Tage nach dieser verdammten Woche, die nur aus Konferenzen und Besichtigungen bestanden hatte. In den wenigen Pausen hatte er nur immer Blicke auf die heißen Mädchen werfen können, die für ihn allesamt Schönheiten waren. Da konnte er die englischen Frauen vergessen.

Mona hatte er im Hotel kennengelernt. Ein Blick, ein Zwinkern, alles war in Butter.

Sie war mit ihm gegangen und hatte ihn natürlich an den Strand geführt. Dort hatte sie einfach ihr Kleid abgestreift und gezeigt, was sie zu bieten hatte.

Sie war nicht vollständig nackt gewesen, der gelbe Tanga aber hätte in einen Fingerhut gepasst.

Ingram war scharf geworden, doch Mona, dieses Biest, hatte ihn zappeln lassen.

Erst nach dem Dinner – so hieß es im Hotel – war sie mit ihm auf sein Zimmer gegangen und hatte ihm gezeigt, was es heißt, schon auf Erden das Paradies zu erleben.

Ansteckende Krankheiten hatte Ingram vergessen. Sein Verstand war bei diesem Weib einfach ausgeschaltet worden, und der Begriff AIDS, die neue Geißel der Menschheit, war in weite Fernen gerückt. Ingram sah sich selbst als einen glücklichen Menschen, vor allen, da Mona ihm versprochen hatte, die letzten Tage an seiner Seite zu bleiben und ihm die Stadt zu zeigen.

Davon würden sie wahrscheinlich nicht viel sehen.

Für ihn waren der Strand und das Hotelzimmer wichtiger. Dort wollte er mit Mona die meisten Stunden verbringen.

Nach dem Dinner aber hatte er Lust verspürt, den berühmten Stadtteil Copacabana bei Nacht zu erleben, und seine neue Freundin hatte sich einverstanden erklärt. Die Decke stammte aus dem Hotel. Auf ihr lag Ingram und spürte unter sich den noch warmen Sand.

Sie hatten sich etwas abseits gelegt, denn Ingram wollte bei gewissen Dingen nicht gestört werden.

Er musste grinsen, als er daran dachte. In London drehte sich kaum eine Frau nach dem rotblonden Mann um, da er als langweilig und farblos galt. Wenn er das den Kollegen später erzählte, was er in Rio aufgegabelt hatte, das glaubte ihm kein Mensch. Er musste unbedingt Fotos haben, Beweise sozusagen.

Mona war für einen Moment verschwunden, weil sie etwas zu trinken holen wollte. Kokosmilch mit einem kräftigen Schuss Rum. Ein Getränk, das kühlte, den Durst löschte und gleichzeitig die Stimmung in ungeahnte Höhen schießen ließ.

Ingram lag auf dem Rücken.

Hier in Rio konnte er persönlich erleben, dass die Fotos und die Beschreibungen nicht logen. Der Himmel war einfach eine Wucht. Man konnte ihn kaum beschreiben, man musste ihn gesehen haben. So dunkelblau, so samten und mit einem Heer von Sternen übersät, die auf der nördlichen Halbkugel nicht zu sehen waren.

Nur den Kopf brauchte er zu drehen, um ein Bild in sich aufzunehmen, das einfach irre war. Da wuchs der nachts angestrahlte Zuckerhut in die Höhe wie ein uraltes Fossil. Bisher hatte er dieses Bild nur von Fotos gekannt. Er musste sogar zugeben, dass es in natura noch imponierender wirkte als auf den Fotos. Es war einfach einmalig, super und für ihn kaum zu beschreiben.

Mona blieb ziemlich lange weg. Er vermisste sie, er wollte sie jede Sekunde um sich haben, und er dachte tatsächlich darüber nach, sie nach London mitzunehmen, denn diese Stadt war ein Schmelztiegel, wo Menschen aller Länder eine zweite Heimat gefunden hatten.

Es war längst nicht mehr so heiß wie am Tag, der Wind brachte etwas Kühlung. Aus diesem Grund hatte sich Ingram auch ein Hemd übergestreift. Ein weit geschnittenes weißes T-Shirt mit der Aufschrift Rio is the best.

Da konnte er nicht widersprechen, denn von dieser Stadt hatte er bisher nur die besten Seiten kennengelernt. Zwar wusste er von den Favelas, er hatte auch über das Elend dort gelesen, doch das war nicht sein Problem.