John Sinclair Sonder-Edition 133 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 133 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Romano Testi war Mafia-Jäger aus Italien, ein Rächer, der die Kriminellen hasste und sich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen immer wieder in Lebensgefahr brachte ‒ und das mit einem lockeren Lächeln im Gesicht!
Als wir in London gemeinsam der Drogenmafia eine Falle stellten, erkannte ich, woher Testis scheinbarer Todesmut herrührte: Er wurde beschützt von einer geisterhaften Erscheinung, einer jungen Frau, die längst gestorben war!
Um ihr Geheimnis zu lüften, begab ich mich nach Sizilien. Und dort traf ich auf einen meiner schlimmsten Feinde, der auf der italienischen Insel als Hexenmeister auftrat ...

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Seitenzahl: 170

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Hexenmeister

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Lopez Espi / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9970-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Der Hexenmeister

von Jason Dark

Romano Testi war Mafia-Jäger aus Italien, ein Rächer, der die Kriminellen hasste und sich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen immer wieder in Lebensgefahr brachte ‒ und das mit einem lockeren Lächeln im Gesicht!

Als wir in London gemeinsam der Drogenmafia eine Falle stellten, erkannte ich, woher Testis scheinbarer Todesmut herrührte: Er wurde beschützt von einer geisterhaften Erscheinung, einer jungen Frau, die längst gestorben war!

Um ihr Geheimnis zu lüften, begab ich mich nach Sizilien. Und dort traf ich auf einen meiner schlimmsten Feinde, der auf der italienischen Insel als Hexenmeister auftrat …

In dieser mondhellen Nacht erlebte Flavio Testi Himmel und Hölle zugleich. Dabei hatte er den Eindruck, mit einem Bein am Rand der Ewigkeit zu stehen und Geheimnisse der Welt offenbart zu bekommen.

Es fing mit der Hölle an!

Dabei gab es kaum einen Grund, an die Hölle zu denken, denn es war eine Nacht wie immer, und Testi, der Fischer, hielt sich unter Deck seines Kutters auf, aß Tomaten mit Mozzarella, trank roten Landwein dazu und hoffte auf einen guten Fang.

Die Netze hatte er noch nicht ausgelegt, das wollte er während der Morgenstunden tun. Erst einmal musste er sich stärken. Der Motor des kleinen Kutters war abgestellt, das Boot dümpelte auf der langen Dünung, die sich hier in Küstennähe in Grenzen hielt, sodass die Gefahr eines Wegtreibens nicht bestand.

Testi kannte die Gewässer vor Sizilien. Er wusste genau, wo er seine Netze auslegen musste, um sie einigermaßen vollzubekommen. Die großen Fänge wie früher gab es längst nicht mehr. Davon konnten die Fischer nur träumen oder darüber sprechen, wobei sie die verdammten Fischereiflotten verfluchten, die die Gründe fast leergefischt hatten.

Testi war knapp über fünfzig. Ob er noch zehn Jahre Fischer bleiben konnte, wusste er nicht. Seine Söhne jedenfalls waren nicht in seine Fußstapfen getreten, die arbeiteten in Turin und Mailand. Einer war sogar bei der Polizei, der andere bei Fiat und hatte Angst um seinen Job.

Der Fischer seufzte.

Nichts als Sorgen, nichts als Ärger, keine Ruhe, aber so war nun mal das Leben.

Zum Glück schmeckten ihm der Käse und auch die Tomaten. Er hatte sie in Viertel geschnitten, gesalzen, gepfeffert und aß sie zusammen mit dem weichen Käse.

Auf dem Meer fühlte er sich wohl. Vor allen Dingen in der Nacht, wenn es dalag wie eine schwarze Platte, unter die sich dann die Kraft der Wellen schob und sie mit einem zitternden Muster bedeckte, wenn sich das Mondlicht auf den schmalen Wellenkämmen brach.

Plötzlich hörte er Schreie!

In der klaren Luft trieb der Schall sehr weit. Deshalb wusste Testi nicht, ob die Schreie an Land oder auf See aufgeklungen waren. Die Richtung deutete aber mehr zur Küste hin.

Testi legte das Besteck zur Seite und erhob sich. Er blieb zunächst stehen, weil er horchen wollte, ob sich die Schreie wiederholten.

In der Tat war das der Fall.

Wieder vernahm er sie.

Diesmal noch schriller, aber er hörte auch andere Rufe dazwischen. Laute der Wut und des Hasses. Testi konnte sogar heraushören, dass zwei verschiedene Personen schrien.

Ein Mann und eine Frau!

Plötzlich bekam er Furcht. Er wollte sich verkriechen und dabei unter Deck bleiben. Gleichzeitig meldete sich sein Gewissen. Wenn sich ein Mensch in Not befand, musste er ihm helfen oder es zumindest versuchen.

Was tun?

Testi entschied sich, an Deck zu steigen. Er lief den schmalen Niedergang hoch, zog den Kopf ein, trat in die kühle Nachtluft und hörte es wieder.

Diesmal sehr deutlich.

Er schaute zur Küste hin.

In der mondhellen Nacht war sie klar zu erkennen. Die steilen Wände schoben sich aus dem Wasser und bildeten eine gewaltige Mauer, gegen die die langen Wellen schäumend anliefen.

Sehr scharf konturiert lag die Mauer vor ihm. Beinahe wie gezeichnet. Darüber der blaugraue Himmel, bedeckt von einem Heer von Gestirnen, eine dunkelnde Pracht.

Er befand sich zwar nicht weit von der Küste entfernt, aber auch nicht sehr nah. Trotzdem war alles zu erkennen, besonders die beiden Gestalten, die hoch auf dem Rand der Klippe standen, wobei zumindest eine um das nackte Leben kämpfte.

Es waren eine Frau und ein Mann.

Die Frau hatte langes blondes Haar, das bei jeder Bewegung hochgeweht wurde.

Testi war auf eine schaurige Art und Weise fasziniert und abgestoßen zugleich. Beides hielt sich die Waage, und so stand er da und schaute den Kämpfenden zu.

Der Mann befand sich im Vorteil. Er war bewaffnet. Wenn Testi sich nicht zu sehr täuschte, hielt er sogar zwei Messer in ihren Händen. Jedes Mal, wenn er seine Arme bewegte und die Klingen vom Mondlicht getroffen wurden, blitzten sie auf.

Die Frau mit dem langen Blondhaar war nicht bewaffnet. Jedenfalls wehrte sie sich nicht mit einem Messer oder einem anderen Gegenstand. Sie versuchte nur, den Stichen zu entgehen, und turnte praktisch am Rand der Klippen entlang.

Sie schrie nicht mehr, konzentrierte sich nur noch darauf, ihr Leben zu retten oder es zumindest zu verlängern.

Testi konnte nicht wegschauen, er drückte der Frau die Daumen, für die es wahrscheinlich besser gewesen wäre, wenn sie über den Klippenrand hinweg ins Meer gesprungen wäre, um wenigstens noch eine geringe Chance zu haben, am Leben zu bleiben.

Das tat sie nicht. Zudem war es auch schlecht möglich, denn immer wieder versperrte ihr der Mann den Weg.

Er stach zu.

Blitzschnell, aber nie mit beiden Waffen zugleich. Oft täuschte er mit der einen an, um dann die zweite Klinge folgen zu lassen. Bisher war es der Frau gelungen, durch schnelle, aber gezielte Bewegungen, einem tödlichen Stoß zu entwischen, aber es war trotzdem nur eine Frage der Zeit, bis er sie erwischen würde.

Testi wusste nicht, wer dieser Messermann war, doch er fürchtete sich vor ihm und hoffte, dass es niemals zu einer Begegnung zwischen ihnen kommen würde.

Wieder hörte er die Frau schreien. Diesmal mehr vor Wut, denn sie hatte den Halt verloren, rutschte aus und fiel hin.

Der andere lachte.

Er stürzte sich vor.

Die Frau hockte auf dem felsigen Boden. Sie versuchte noch, in die Höhe zu gelangen, aber eines der Messer war schneller. Wie ein räumlich begrenzter Blitzstrahl fuhr die Klinge schräg in die Tiefe und erwischte sie mitten in der Bewegung.

Sie brach zusammen.

Der Mann sprang zurück.

Wieder lachte er auf, während sich die Blonde über den Boden wälzte, um dabei in eine Position zu gelangen, die es ihr erlaubte, wieder auf die Beine zu kommen.

Das ließ der Mann nicht zu.

Er trat sie.

Wieder fiel sie hin.

Vor ihr blieb er stehen. Er sprach sie sogar an. Seine Stimme war so laut, dass Testi sie hörte. Nur konnte er die Worte nicht verstehen, dafür war die Entfernung zu groß.

Die Blonde quälte sich auf die Beine. Sie konnte sich nur mehr langsam und unter starken Schmerzen bewegen. Sicherlich verlor sie viel Blut.

Es war grauenhaft, diesen ungleichen Kampf mit ansehen zu müssen.

Die Frau ging geduckt, humpelte und hatte eine Hand auf die getroffene Stelle in der Körpermitte gepresst, und Testi hörte das widerliche und gemeine Lachen des Mannes.

Für den Fischer stand fest, dass der andere die Lage der Frau ausnutzte, dass er sie sogar genoss. Dieser Hundesohn war schlimmer als ein Mafiakiller. Die machten zumeist mit einer Garbe aus der Maschinenpistole kurzen Prozess und quälten ihre Opfer nicht auf eine derartig perfide Art.

Die Frau hob den Kopf an.

Der Mann sagte etwas zu ihr. Danach lachte er wieder, ging einen Schritt auf sie zu, dann noch einen.

Die Frau hob beide Arme ruckartig in die Höhe.

Es half ihr nichts.

Die Hand mit dem Messer war schnell wie eine zustoßende Schlange. Sie huschte an den Armen vorbei und traf den Körper. Im selben Augenblick stieß der Mann auch mit der linken Hand zu. Das Messer darin traf ebenfalls.

Testi glaubte an einen bösen Traum, seine Lippen bewegten sich, weil er Gebete flüsterte und dabei die Madonna anflehte.

Die Frau lag am Boden. Sie rührte sich nicht mehr. Der Mann stand vor und über ihr. Er hatte seine beiden Messer verschwinden lassen und betrachtete die Frau.

Sie ist tot, dachte Testi. Die Frau mit dem herrlichen Blondhaar ist unter den verfluchten Messerstichen gestorben.

Es gibt keine andere Möglichkeit.

Der Mann bückte sich noch tiefer. Dabei streckte er die Arme aus. Seine Hände wühlten sich in die Kleidung der Toten, fassten noch einmal zu, sodass er einen sicheren Griff bekam, dann hob er die Tote an.

Er stemmte sie sich über den Kopf, drehte sich dabei, sodass er mit dem Gesicht zum Meer stand. Es sah für Testi aus, als wollte er zunächst die Entfernung zum Klippenrand abschätzen, und der Fischer verspürte plötzlich eine wahnsinnige Angst davor, dass der Mörder ihn und sein Boot sehen konnte.

Testi duckte sich.

Im selben Augenblick drückte der Mörder seine Arme zurück. Es sah so aus, als wollte er Schwung nehmen. Dann wuchtete er sie vor und schleuderte die Leiche von sich.

Wegen ihrer weiten Kleidung sah sie aus, als würde sie durch die Luft flattern. Der Mann hatte ihr genug Schwung gegeben, um sie über den Rand der Klippen werfen zu können.

Sie fiel.

Er schaute ihr nicht nach.

Dafür sah Testi sehr deutlich, wie sie auf das Wasser zuraste. Der Fallwind spielte dabei mit ihrem langen Haar, breitete es aus, Arme und Beine bewegten sich und zuckten dabei auf und nieder.

Schließlich klatschte sie in den Schaum der Brandung.

Testi schloss die Augen.

Verdammt, dachte er, das ist Mord gewesen, das ist einfach grauenvoll.

Als er wieder hinsah, war die Leiche verschwunden, und auch von ihrem Mörder war nicht einmal mehr ein Schatten zu sehen …

Testi wusste nicht, wie lange er bewegungslos auf dem Fleck gestanden hatte. Die Zeit schien eingefroren, und um ihn herum war ebenfalls alles zu Eis geworden.

Es war einfach grauenhaft.

Er merkte nichts mehr. Seine Hände hatte er in einer unnatürlichen Haltung verkrampft. Endlich erwachte er aus der Starre und hörte sich laut atmen.

Wie viele Jahre fuhr er jetzt hinaus aufs Meer? Er konnte es selbst nicht genau sagen. Jedenfalls war es eine sehr lange Zeit, aber so etwas hatte er noch nie erlebt. Er war in Stürme geraten, er hatte seine Kollegen kentern und ertrinken sehen, das Leben hatte ihn hart gemacht, doch so etwas wie in dieser Nacht war einmalig.

Er wandte sich ab. Mit der Schulter lehnte er sich gegen das Ruderhaus und dachte darüber nach, was zu tun war. Er zündete sich eine Zigarette an und schaute dem dünnen Rauch nach, der im schwachen Wind zerflatterte und einen letzten Rest an Würze zurückließ.

Die Polizei alarmieren.

Das war eine Möglichkeit. Die Küstenwache würde die Gegend hier absuchen und die Leiche der Frau vielleicht irgendwann finden.

Mit ihrem blonden Haar hatte sie ausgesehen wie eine Touristin, die auf Sizilien ihren Urlaub verbracht hatte. Aber warum war sie auf so schlimme Art und Weise getötet worden? Ihr Mörder musste von einem irrsinnigen Hass gegen diese Person befallen worden sein. Wie ein Berserker hatte er auf sie eingestochen. So etwas war einfach unerklärlich.

Testi war nur ein Fischer. Er kannte sich in seinem Fach aus, aber nicht mit dem komplizierten Seelenleben der Menschen. Gefühle kannte natürlich auch er, aber er wäre nie in der Lage gewesen, eine derartige Tat zu begehen.

Was steckte dahinter? Natürlich gab es für jede Tat ein Motiv, auch bei dieser war es bestimmt nicht anders. Erkannt hatte er keine der Personen.

Die Blonde konnte nicht aus dieser Gegend stammen, dann hätte er sie sicherlich gekannt. Wer war sie dann?

Noch einmal vergegenwärtigte er sich die letzten Sekunden, bevor die Tote von der See verschlungen worden war. Sie war senkrecht die Klippen hinabgefallen und dann verschwunden.

Testi kannte die Strömungen nahe der Brandung. Sie waren nicht besonders wild, aber zielstrebig. Es konnte durchaus sein, dass die Leiche nicht an den schmalen Strand der Küste gespült, sondern hinaus ins Meer gezerrt wurde. Dann konnte er sie unter Umständen finden.

Testi ging wieder unter Deck, wo er sein Fernglas holte. Es war kein Nachtglas, aber die Sicht verbesserte sich durch die Optik schon.

Testi stellte sich breitbeinig hin, glich so das Schaukeln des Boots aus und schaute nicht gegen den wuchtigen Küstentreifen, sondern auf die Wellen.

Sie bildeten einen wogenden Teppich. Nahe der Küste zeigten sie Schaumkronen auf den Kämmen, da blitzten sie dann jedes Mal auf, wenn sie das Mondlicht traf.

Zum Boot hin liefen sie aus. Da war die See wirklich nichts anderes als ein großer, dunkler Teppich.

Und auf ihm tanzte etwas Helles!

Zuerst dachte Testi an eine Täuschung, an eine Reflexion des Mondlichts, was ja normal gewesen wäre, aber dieser helle Fleck blieb und bewegte sich schaukelnd weiter.

Das konnten ebenso gut Haare sein.

Blonde Haare!

Er schluckte.

Verdammt, die Tote war tatsächlich auf das offene Meer hinausgetrieben worden und schaukelte jetzt allmählich in seine Richtung vor.

Wenn er lange genug wartete, würde sie in seiner Nähe vorbeitreiben. Aber das wollte er nicht. Er musste sie aus dem Wasser holen. Testi sah dies als seine Christenpflicht an.

Er verschwand im Ruderhaus, stellte den Motor an und drehte den Kahn nach backbord. Mit nur sehr geringer Motorleistung schob er sich vor. Der Bug seines Kahns warf kaum Schaum hoch, als er die Wellen durchschnitt. Testi hörte ihr Klatschen, wenn sie gegen die Bordwände schlugen, hielt den Blick auf eine bestimmte Stelle gerichtet und sah wieder den hellen Fleck. Er brauchte die eingeschlagene Richtung nur beizubehalten, um sein Ziel zu erreichen.

Der blonde Fleck trieb auf und nieder, bewegte sich im Rhythmus der Wellen.

Testi tuckerte auf sein Ziel zu. Die Heckschraube wühlte das Wasser zu einem schaumigen Blasenteppich hoch. Testi korrigierte einige Male den Kurs und schaute sich auch nach einem Enterhaken um.

Zwischen dem Verschwinden des Mörders und seiner Fahrt war eine ziemliche Zeitspanne verstrichen, sodass Testi daran denken konnte, seine neueste Errungenschaft in Betrieb zu setzen. Er hatte sein Boot seit einigen Wochen mit einem Suchscheinwerfer ausgerüstet, der sich zudem drehen ließ. Da er den Scheinwerfer gebraucht gekauft hatte, war er nicht so teuer gewesen.

Er schaltete ihn ein.

Ein langer, weißer Strahl, der mit der Entfernung an Breite zunahm, huschte über das Wasser und verwandelte die Wellen in gläserne Kämme.

Der Strahl wanderte nach rechts. Noch ein Stück weiter, dann war es geschafft.

Auf dem Wasser bildete er eine helle Insel. Und in deren Mitte schwamm die Tote, jetzt sehr deutlich auszumachen. Das Wasser hatte nicht nur die Haare in die Höhe geschwemmt, sondern auch die Kleidung aufgebläht. Da die Blonde auf dem Bauch lag, konnte er ihr Gesicht nicht sehen, doch er nahm an, dass sie schön war, sehr schön sogar, und ihm fiel dabei der Vergleich mit einem Engel ein.

Das Boot tuckerte näher.

Es fuhr noch zu schnell, und der Fischer nahm etwas Fahrt weg. In dieser Nacht würde er seinem eigentlichen Job nicht mehr nachgehen, das stand fest.

Leiche und Boot näherten sich einander. Er brauchte den Motor nicht mehr. Er stellte ihn ab, der Schub reichte aus, um das Boot an die Leiche herantreiben zu lassen.

Es wurde still.

Testi verließ das Ruderhaus und griff sofort nach dem eisernen Enterhaken, mit dem er besser umgehen konnte als manch anderer mit seinem Besteck. An der Reling blieb er stehen, schaute darüber hinweg und sah, wie die Leiche immer näher trieb. Die Wellen schienen sich mit ihm verbündet zu haben, sie hoben den durch die Kleidung aufgebläht wirkenden Körper dichter heran.

Dann aber trieb sie plötzlich ab!

Bevor sie zu weit wegdriften konnte, beugte sich Testi nach vorn und über die Reling hinweg.

Der Enterhaken fasste zu.

Sein krummes Ende verhakte sich in der Kleidung. Sie war nass und sehr schwer. Testi keuchte, als er den Körper kraftvoll bis an die Bordwand heranzog.

Der Haken hing fest, als wäre er eine eiserne Hand. Testi wuchtete den Körper hoch. Er schleifte an der Bordwand entlang. Die Kleidung hatte sich mit Wasser vollgesaugt und war sehr schwer geworden. Der Fischer keuchte, er fluchte auch, griff mit der freien Hand zu, und es gelang ihm schließlich, den Körper über den Rand hinweg in das Boot zu zerren.

Er hörte den dumpfen Aufprall gegen die Planken, der durch die nasse Kleidung leicht gedämpft wurde.

Geschafft!

Testi stand neben der Toten. Sie lag auf dem Bauch. Das lange blonde Haar bestand nur mehr aus nassen Strähnen, die ihren Kopf umgaben wie dicker Leim.

Er atmete tief durch.

Dann bückte er sich, fasste die nasse Kleidung an, zögerte aber noch, die Tote herumzudrehen. Er hatte die Vorstellung von einem wunderschönen Gesicht, wobei er damit rechnen musste, dass dies nicht mehr zutraf und sich die Züge zu einer schmerz- und angstverzerrten Grimasse verzogen hatten.

Reiß dich zusammen, schalt er sich selbst. Es ist nicht die erste Leiche, die du siehst.

Er rollte sie herum.

Ein lebloser Arm geriet ebenfalls in Bewegung und schlug mit dem Handrücken hart auf.

Die Tote lag nun auf dem Rücken.

Er schaute in ihr Gesicht, das durch das Mondlicht einen wächsern wirkenden Ausdruck bekam.

Dennoch konnte dies die Schönheit und Ebenmäßigkeit des Gesichts nicht mindern, der von Testi angestellte Vergleich mit einem Engel stimmte.

Ja, so weich, so engelsgleich, einfach wunderschön. Selbst jetzt, da die Frau nicht mehr lebte.

Er wischte sich mit einer Hand über die Stirn. Die Lippen zuckten. Beinahe hätte er angefangen zu weinen, denn er begriff nicht, dass es jemand fertigbrachte, eine derartige Schönheit einfach auszulöschen.

»Madonna mio, wer macht so etwas?«

Minutenlang blieb er neben der Leiche knien und lauschte nur dem Klatschen der Wellen. Seine Kehle war wie zugeschnürt, er musste sich räuspern und wunderte sich einen Moment später über die Kleidung der Toten. In so einen Aufzug lief keine Frau herum, wenigstens keine normale. Die passte nicht zu ihr.

Die Kleidung gehörte einer Nonne!

War sie eine Frau aus dem Kloster? Hatte sich so viel Schönheit hinter Klostermauern versteckt?

Er schüttelte den Kopf, weil er es kaum glauben konnte. Das Gesicht war so rein, kein Messerstich hatte es getroffen, im Gegensatz zum Körper, wo er drei tiefe Wunden zählte.

Der Teufel musste seine Hand im Spiel gehabt haben, der Satan in der Gestalt eines Killers, der dieser jungen Frau das Leben genommen hatte.

War sie überhaupt eine Nonne?

Wie Testi wusste, trugen Nonnen Kreuze und Rosenkränze bei sich. Nach beiden Gegenständen suchte er vergeblich. Sie hatte nichts Derartiges dabei.

Also doch keine Nonne …?

Testi fühlte sich aufgewühlt. Was er jetzt brauchte, war ein Schnaps, ein Grappa.

Die Flasche stand unten. Bekannte brauten ihn selbst. Das Zeug war leicht ölig, aber es schmeckte vorzüglich, vorausgesetzt, man mochte Grappa.

Er warf einen letzten Blick auf die Leiche, bevor er sich abwandte und unter Deck verschwand, wo er die Flasche mit dem Grappa aufbewahrte. Sie war mit einem Korken verschlossen. Testi zog ihn hervor und nahm einen großen Schluck.

Das tat gut.

Es spülte sich die Hölle und das Grauen aus der Kehle.

Er wollte so schnell wie möglich den kleinen Hafen ansteuern und von dort aus die Carabinieri benachrichtigen.

Wieder sah er das Bild des Mörders vor sich. Testi schauderte. Er wusste nicht, wie mächtig der Mann war und welche Beziehungen er hatte, doch Testi konnte sich vorstellen, dass ihm die Aussagen irgendwann zu Ohren kommen und er sich auf die Suche nach dem Zeugen machen würde. Dann konnte es für den Fischer böse enden.

Testi nahm noch einen Schluck, stellte die Flasche wieder weg und wollte an Deck gehen, als er das Geräusch hörte.

Waren das Schritte?

Seine Augen weiteten sich, denn er hatte die Geräusche an Deck gehört. Doch außer der Toten war dort niemand. Und die konnte nicht mehr gehen.

Sollte der Killer sich heimlich dem Boot genähert haben, um den Zeugen schon jetzt zu töten?

Durch Testis Kopf zuckten die wildesten Vorstellungen. Eines aber stand fest: Über ihm geschah etwas Ungeheuerliches, wobei sich sein Verstand weigerte, dies überhaupt zu erfassen.

Er duckte sich und schlich nach oben.