John Sinclair Sonder-Edition 16 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 16 E-Book

Jason Dark

4,9
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jede Frau freut sich, wenn man ihr Rosen schenkt.

Jane Collins ging es nicht anders, als ein Bote ihr den Strauß gelber Rosen überbrachte. Im Strauß steckte eine Grußkarte. Von einem unbekannten Verehrer, las Jane.

Sie war entzückt - bis die Rosen blutige Tränen weinten und Jane klar wurde, dass der unbekannte Verehrer nur der Teufel sein konnte ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 186

Bewertungen
4,9 (16 Bewertungen)
14
2
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Blutige Rosen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/Anna Maltseva

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2479-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Blutige Rosen

von Jason Dark

Als es an der Tür klingelte, trug Jane Collins nur ihren schwarzen Rock. Die rote Seidenbluse lag noch auf der Einkaufstüte. Jane hatte sie überstreifen wollen, war aber durch den Gong gestört worden.

Eigentlich erwartete die blonde Privatdetektivin keinen Besuch, und sie wusste auch nicht, wer an diesem Abend zu ihr wollte. Jedenfalls war sie nicht verabredet.

Beim zweiten Klingeln streifte sie die neue Bluse über und knöpfte sie auf dem Weg zur Tür zu. Sie blickte durch den Spion – und sah nur gelb. Gelbe Blumen, Rosen, um genauer zu sein. Der Strauß war so groß, dass Jane den Mann, der ihn in der Hand hielt, nicht erkannte. Der Kopf verschwand hinter der gelben Pracht.

Viele Frauen hätten die Tür aufgerissen und sich die Rosen geschnappt. Jane war da vorsichtiger. Ihr Beruf hatte sie so werden lassen. Sie wartete ab. Hinter dem Rosenstrauß konnte ein Mann stehen, der eine schussbereite Waffe in der Hand hielt, denn Jane war schon einigen Ganoven der Londoner Unterwelt kräftig auf die Füße getreten.

Sie öffnete die Tür so weit, bis sie von der Sicherheitskette gehalten wurde.

Eine noch junge Stimme fragte: »Sind Sie Miss Collins?« Gleichzeitig drückte der Mann den Rosenstrauß zur Seite, sodass sein sommersprossiges Gesicht zu sehen war, das allmählich rot wurde, je länger er die Detektivin ansah.

Jane zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. »Das bin ich.«

»Dann … dann ähm … soll ich den Strauß hier für Sie abgeben.«

»Wirklich für mich?«

»Ja, Miss.«

»Moment.« Jane schloss die Tür wieder und holte ihre Geldbörse, um dem Boten ein Trinkgeld in die Hand zu drücken.

Dafür bekam sie den Strauß. Der Bote deutete sogar noch eine linkische Verbeugung an, bevor er mit hochrotem Kopf abzog.

Janes Augen strahlten. Herrlich, diese Blumen. Es waren mindestens fünfundzwanzig Rosen, und jede Blüte leuchtete in einem satten Gelb, wie sie es selten gesehen hatte.

Jane war in der Diele stehen geblieben, brachte die Blüten näher an ihre Nase und sog den Duft ein. Er war herrlich. Regelrecht betäubend. Jane konnte sich nicht erinnern, dass Rosen je so intensiv geduftet hatten. Wirklich wundervoll. Wer mochte ihr die geschickt haben?

Sie dachte darüber nach, als sie in den Wohnraum ging und Ausschau nach einer entsprechenden Vase hielt. Es kamen einige Männer infrage. Vielleicht ein Klient, der mit ihrer Arbeit besonders zufrieden gewesen war. Oder John Sinclair? Auch das war möglich, obwohl man ihn nicht als Rosenkavalier bezeichnen konnte. John hatte zu viele andere Dinge im Kopf. Als sie die Rosen ablegte, sah sie die kleine Karte. Sie steckte zwischen den Stielen, war in Grün gehalten und hatte sich deshalb kaum farblich abgehoben.

Mit spitzen Fingern zog Jane Collins sie hervor.

»Von einem unbekannten Verehrer«, las sie halblaut. Jetzt war sie ebenso schlau wie zuvor. »Dann eben nicht, mein Lieber«, sagte die Detektivin und lief in die Küche, wo sie auch Vasen stehen hatte.

Sie nahm die größte hervor und ging damit zurück. Es war ein altes Erbstück ihrer Großmutter aus echtem Kristallglas. Die Vase hatte die Form eines Kelches, der nach oben hin ein wenig auseinanderlief. Jane musste die Blumen teilen und sie fast einzeln in die Vase stecken, denn alle auf einmal passten nicht durch die Öffnung.

Vorsichtig hob sie die Vase an und stellte sie auf den runden Esstisch. Hier sollten die Blumen ihren Platz bekommen.

Jane Collins trat zwei Schritte zurück, um sich den Strauß noch einmal anzusehen. Wirklich prächtig sah er aus. Einfach ein Gedicht. Ein toller Gruß. Nur – wer hatte ihn geschickt? Diese Frage wollte Jane Collins nicht aus dem Kopf. Sollte John Sinclair vielleicht doch …?

Sie hob die Schultern, ging zum Barschrank, wo der trockene Martini stand und das Eis in einer Kühlbox lag. Sie ließ Eiswürfel in das Glas rutschen und goss Martini darüber. Dann trank sie. Kalt und bitter rann es über ihre Zunge. Jane kaute den Martini regelrecht, während sie den Rosenstrauß keinen Augenblick aus den Augen ließ.

Er machte sich gut auf dem runden Tisch. Die Knospen waren voll erblüht. Da Jane wusste, wie teuer Rosen um diese Jahreszeit waren, hatte sich der Käufer den Strauß einiges kosten lassen. Aber wer war der Verehrer?

Jane leerte ihr Glas. Sie war nicht umsonst Detektivin, und sie würde es herausbekommen, das nahm sie sich fest vor. Bevor sie das leere Glas in die Küche brachte, sah sie sich den Strauß noch einmal an.

Langsam wurden ihre Augen groß. Der Schrecken stahl sich nur allmählich in ihren Blick und malte sich auch auf dem Gesicht ab. Was sie da entdeckt hatte, war ungeheuerlich. Eine schaurige Provokation, ein Bild des Schreckens.

Zögernd trat sie einige Schritte vor. Sie wollte genau sehen, ob sie sich nicht getäuscht hatte.

Nein, das Bild blieb. Durch die Nähe war es nur noch klarer und intensiver geworden. Einer Täuschung war Jane Collins nicht erlegen. Aus den gelben Rosen lief eine dunkelrote Flüssigkeit. Blut!

***

Blutige Rosen!

Jane Collins erschauderte. Eine kalte Hand schien über ihren Rücken zu streichen. Die Detektivin bekam eine Gänsehaut, aber sie schrie und tobte nicht, sie verhielt sich völlig ruhig. Zu ruhig eigentlich …

Bis Jane das Zittern bemerkte. Es erfasste ihren gesamten Körper, und den Grund dafür konnte sie sich nur dadurch erklären, dass sie von einem Extrem ins andere gerissen worden war. Erst die prächtigen gelben Rosen und dann das Blut dazwischen.

Ein grauenhafter Kontrast, den sich nur ein dämonisches, pervertiertes Gehirn ausdenken konnte.

Der Teufel ist dein Verehrer! So zuckte der Gedankenblitz in Janes Kopf auf. Es kann nur der Teufel sein, der solche Geschenke verteilt.

Immer mehr Blut drang aus den Rosen. Als würde eine Pumpe es durch die Stiele in die Blüten drücken, die das Blut nicht fassen konnten und deshalb überliefen.

Jane Collins hatte schon einiges hinter sich. Sie war in Situationen gewesen, in denen sie schon mit dem Leben abgeschlossen hatte, im letzten Augenblick jedoch gerettet worden war. Allerdings hatte sie sich in diese Situationen, die bei manchen Fällen oft zwangsläufig kamen, besser hineindenken können, aber hier traf sie der Schock unvorbereitet.

Jane Collins war so durcheinander, dass sie überhaupt nicht wusste, was sie tun sollte. Sie stand nur da und starrte auf den so grausam veränderten Rosenstrauß. Die Karte lag daneben. Ein Gruß von einem unbekannten Verehrer. Kein Name stand dort. Aus gutem Grund, wie Jane jetzt wusste.

Wie verloren wirkte die Karte neben dem Strauß. Janes Blick schweifte über sie, und abermals wurden ihre Augen groß, denn auch auf der Karte hatte sich etwas verändert.

Die von den Rosenblüten fallenden Blutstropfen waren nicht nur auf die Tischdecke getropft, wo sie breite Flecken hinterließen, sondern auch auf die Karte. Und hier geschah etwas Gespenstisches. Als würde ein unsichtbarer Federhalter in das Blut eintauchen, so veränderte sich der Tropfen und wurde zu einer Schrift.

Ein Name entstand. Der Absender des Straußes. Obwohl es Jane schwerfiel, trat sie noch näher an den Tisch heran. Sie wollte es wissen, wollte den Namen lesen.

Nicht der Teufel hatte die Blumen geschickt, sondern ein anderer, der ihm kaum nachstand, was das Böse betraf. Es war Gordon Schreiber!

Tief holte Jane Collins Luft. Sie sah die ausgeschriebenen Buchstaben, die den Namen bildeten, und in ihrem Kopf formierten sich die Gedanken. Sie wurden zu einem Bild zusammengefasst, das vor dem geistigen Auge der Detektivin erschien.

Ein großer, dunkelhaariger Mann, ein Erfolgstyp, der Besitzer einer Burg in der Schweiz, in deren Gewölben Hexenfeste gefeiert wurden. Grausame Partys, und Jane war in den Trubel mit hineingeraten. Sie hatte nur mit schweren Verletzungen gerettet werden können.1

Das Bild verschwand. Dafür erschien ein anderes. London. Eine Hexe namens Wikka, die Königin aller Hexen auf der Erde. Grausam, dem Satan ergeben und mit einer Schlange zu vergleichen, denn Schlangen waren es, die sie liebte.

Wikka und Gordon Schreiber hatten sich gefunden und in London einen Hexenzirkel ins Leben gerufen. Sie waren ungemein brutal vorgegangen, auch Jane war in ihre Klauen geraten und auf einem alten Boot gefangen gehalten worden. Und als wäre es erst gestern gewesen, so sah Jane die brennenden Flöße über die Themse treiben und hörte die Schreie der Verurteilten.2

Es war eine schreckliche Nacht gewesen. Hexenwahn in London. Mit geballter Kraft hatten die Geisterjäger gegen den mächtigen Feind gekämpft, ihn jedoch nicht besiegen können, denn Wikka und auch Gordon Schreiber waren entkommen.

Es war klar, dass sie nicht irgendwohin geflohen waren. Nein, sie hatten im Verborgenen auf ihre erneute Chance gelauert. Typen wie sie gaben nicht auf. Nun schien die Chance gekommen zu sein.

Jane Collins nickte, als wollte sie sich selbst bestätigen. Und dann entschloss sie sich, jemanden anzurufen. John Sinclair, den Geisterjäger!

***

Mit Glück hatte ich noch einen Parkplatz gefunden, verließ den Wagen und schloss ihn ab. Es war noch immer winterlich. Obwohl wir bereits Anfang März hatten, spürte man noch keinen Hauch von Frühling. London lag noch immer im Winterschlaf. Allerdings waren die Temperaturen über den Gefrierpunkt geklettert. Am Nachmittag hatte es geregnet, jetzt hing grauer Dunst zwischen den Häusern und lag auch über den Straßen.

Ich hängte meinen Mantel über die Schultern und stellte den Kragen hoch. Eigentlich hatte ich gar nicht mehr vorgehabt, an diesem Abend noch rauszufahren, aber Jane Collins’ Stimme hatte irgendwie verzweifelt geklungen. Sie hatte von blutigen Rosen gesprochen, die ihr jemand geschenkt hatte.

Viele Menschen hätten darüber vielleicht gelacht, ich nicht. Zu viel war mir in meiner Laufbahn als Geisterjäger schon passiert. Ich wusste mehr als andere, mir war bekannt, dass es Wesen gab, die so grausam reagierten, dass sich der menschliche Verstand oft weigerte, dies zu akzeptieren.

Es gab wirklich eine Hölle, aber nicht nur die allein, die man aus der Bibel oder alten Schriften her kannte, nein, die Sachlage war viel komplizierter. Mehrere Höllen existierten, wie viele es genau waren, wusste ich nicht, weil jede Mythologie und jedes Volk eine eigene Hölle hatte, und in jeder Hölle regierte ein oberster Herrscher über zahlreiche Dämonenheere.

Es gab allerdings einen, der über allem stand. Und er verkörperte das absolut Böse. Luzifer war der Kaiser aller Höllen.

Ob ich ihn jemals zu Gesicht bekam und ob ich es dann überleben würde, das war die große Frage. Deshalb konnte mir Luzifer in gewissem Sinne auch gestohlen bleiben, ich hatte mit den anderen Höllenherrschern genug zu tun.

Zum Beispiel mit Asmodis, der von der christlichen Religion als der Teufel angesehen wurde. Er hatte mir verdammt viel Ärger bereitet, und er fand unter den Menschen immer wieder Diener, die ihm huldigten. Allerdings gab es auch Wesen, die ihn bekämpften, zum Beispiel Dr. Tod, der Mensch-Dämon. Er hatte es geschafft, Asmodina, die Tochter des Teufels, zu vernichten, wobei er und seine Mordliga auch Verluste hatten einstecken müssen.

Da hatte sich etwas angebahnt, das ich, wenn ich ehrlich sein sollte, nicht ungern sah. Dämonen bekämpften sich gegenseitig, meine Freunde und ich konnten die lachenden Dritten sein.

Jetzt hatte die andere Seite wieder zugeschlagen. Gegen Jane Collins, die Privatdetektivin. Es stand längst nicht fest, dass sie mich treffen wollten, auch Jane war eine Person, die bei der anderen Seite nicht gerade in gutem Licht stand. Sie hatte oft genug mit mir zusammen gekämpft. Gründe für Anschläge auf die Detektivin gab es genug.

Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich Janes Haus ansteuerte. Natürlich gehörte es nicht ihr. Jane wohnte in einem Hochhaus, genau wie ich. Es war eine richtige Junggesellenbude.

Das Haus erinnerte mich immer an eine moderne Bienenwabe. Wenn ich an der Front hochblickte, sah ich zahlreiche Fenster, hinter denen Licht schimmerte. Die Fassade kam mir vor wie das Bild eines modernen Grafikers. Das große Klingelbrett war außen angebracht. Ich war schon zu oft hier gewesen, um erst lange zu suchen. Zielsicher fand mein Finger den richtigen Knopf, und ich drückte.

Jane musste an der Tür gewartet haben, denn sofort vernahm ich aus den Lautsprecherrillen das Knacken und dann ihre Stimme.

»Ich bin’s«, sagte ich nur.

»John, Gott sei Dank. Ich drücke auf.«

Als das Summen ertönte, stieß ich die Tür nach innen.

Der Portier sah mich und nickte. Wenn einer der Mieter freiwillig öffnete, war für ihn die Sache gelaufen.

Fast lautlos brachte mich der Lift hoch. Als ich ausstieg, hatte es Jane nicht mehr in der Wohnung ausgehalten, sie stand im Flur und sah mir entgegen. Sie sah blass aus, der Schock musste ihr noch in den Knochen stecken.

»John, ich bin so froh«, sagte sie und fiel mir in die Arme.

Ich strich über ihr Haar. Meine linke Hand lag dabei an ihrem Rücken. Ich merkte, wie sie zitterte.

Wir gingen in den Wohnraum. Die Rosen fielen mir sofort auf. Sie standen in einer Glasvase auf dem runden Esstisch. Darüber brannte die Lampe, sie beleuchtete die Blütenpracht – eine makabre Pracht. Denn zwischen den gelben Blüten sah ich das Blut.

Auch ich war nicht gerade angenehm überrascht. Die dicken, roten Tropfen hatten sich nicht nur auf den grünen Blättern verteilt oder waren wie Sirup an den Stielen nach unten gelaufen, sondern lagen auch auf der weißen Decke, wo sie zu Flecken zerlaufen waren.

Ich traute mich nicht, die Blüten anzufassen, sondern blieb vor dem Tisch stehen und sah mir den Strauß an. Es war verständlich, dass Jane einen Schock bekommen hatte, denn diesen makabren Gruß hätte wohl kaum jemand verkraftet.

»Ob das Blut echt ist?«, flüsterte Jane. Sie stand neben mir und hatte eine Hand auf meine Hüfte gelegt.

»Ich weiß nicht.«

»Du könntest den Strauß mitnehmen und ihn untersuchen lassen«, schlug die Detektivin vor.

Ich nickte. »Ja, das werde ich machen.« Dann drehte ich mich zu ihr um. »Sag mal, kannst du dir denken, wer dir so etwas geschenkt haben könnte?«

Für einen Moment sah Jane mich an. Dann öffnete sie den Mund, und ein Satz drang über ihre Lippen. »Meine Güte, John, bin ich dumm.«

»Wieso?«

»Ich weiß doch, wer ihn mir geschickt hat.«

»Wirklich?«

Jane nickte. »Moment.« Sie machte kehrt und nahm vom Wohnzimmertisch eine Karte auf. Bevor ich sie genau sah, erkannte ich bereits die rote Schrift. »Mit Blut geschrieben«, sagte Jane und schüttelte sich, als hätte sie jemand mit Wasser übergossen.

Ich nahm die Karte entgegen. Ein Name stach mir ins Auge. Deutlich und klar stand er dort zu lesen. Gordon Schreiber.

***

Gordon Schreiber war ein starker Gegner, und nicht nur er, auch Wikka, die Königin aller Hexen, gehörte zu ihm. Die beiden dienten Asmodis, und sie hatten uns bereits viel Ärger bereitet.

»Was sagst du dazu?«, fragte Jane.

Ich hob die Schultern. »Eigentlich ist es keine Überraschung. Beide sind damals entkommen. Dass sie aufgegeben haben, konnte ich mir sowieso nicht vorstellen.«

»Aber was bezwecken sie mit den Rosen?«

»Keine Ahnung. Vielleicht eine Warnung.«

»Nur für uns?«

»Du meinst, dass vielleicht nicht nur wir die Rosen geschenkt bekommen haben?«

»Es wäre möglich.«

»Die Frage ist, wie man herausfinden soll, wer alles noch einen Strauß hat. Du weißt nicht zufällig den Namen des Überbringers?«

»Nein, John. Ich war viel zu überrascht, als der junge Mann plötzlich vor mir stand.«

»Ja, das ist verständlich. Die Spur verläuft ins Nichts.«

»Ein Mordanschlag ist es wohl nicht«, sagte die Detektivin. »Es ist zwar schaurig, wenn Blut aus den gelben Rosen quillt, aber davon stirbt man nicht.«

»Nein, davon nicht«, murmelte ich.

»Du sagst das so komisch, John.«

»Vielleicht haben die Rosen noch eine andere Bedeutung. Wer kann das wissen?«

»Meinst du, sie sind gefährlich?«

»Möglich. Auf jeden Fall darf der Strauß nicht hier stehen bleiben. Ich werde ihn mitnehmen und untersuchen lassen.«

»Soll ich dich begleiten?«

»Nicht nötig, Jane. Ich gebe dir Bescheid, wenn etwas dabei herausgekommen ist.«

»Aber sofort.«

»Sicher, das verspreche ich.«

Jane holte Papier aus der Küche, in das ich die Rosen einwickeln konnte. Ich wollte so wenig Blut wie möglich an meine Hände bekommen. Auch das Wasser in der Vase hatte einen rosigen Schimmer bekommen. Das Blut hatte sich nicht gelöst, sondern schwebte förmlich im Wasser.

»Sei nur vorsichtig«, warnte die Detektivin, als ich, bepackt mit dem makabren Rosenstrauch, das Zimmer verließ.

»Klar«, gab ich lächelnd zurück. »Sie sind ja hoffentlich ausgeblutet.«

»Über den Scherz kann ich nicht lachen.«

Ich hauchte Jane noch einen Kuss auf die Wange und verließ ihre Wohnung. Als Rosenkavalier eignete ich mich wirklich nicht. Ich kam mir direkt komisch vor. Da ich den Liftknopf nicht sofort fand, musste ich erst mit der Hand an der Leiste entlangtasten, bis ich ihn unter meinem Zeigefinger spürte.

Die Tür schwang auf, ich betrat einen leeren Lift und fuhr ins Erdgeschoss.

Der Nachtportier wunderte sich. »Holen Sie die Blumen wieder ab, die Sie der Dame Ihres Herzens geschenkt haben?«, fragte er und streckte dabei seinen Kopf aus dem Kasten.

Ich nickte. »Ja, leider. Aber ich habe ihr die Rosen nicht gebracht, wenn Sie das meinen.«

»Das weiß ich.«

»Oh, Sie kennen den Kavalier?«

»Nein, ich habe ihn nie gesehen. Ich habe mich nur gewundert. So einen Strauß bekommt man ja nicht alle Tage.«

»Das stimmt.«

»Und warum nehmen Sie ihn wieder mit?«

»Weil Miss Collins keine so große Vase hat, in die er hineinpasst«, erwiderte ich trocken.

Der Knabe krümmte sich fast vor Lachen. »Das ist gut, das ist sogar sehr gut. Der Brüller der Woche, Meister, ehrlich. Das muss ich meiner Alten mal unter die Weste schieben.« Dann jedoch wurde er ernst. »Haben Sie sich verletzt, Mister?«

»Wieso?«

»Sie bluten. An ihrer Hand ist alles rot. An der rechten«, fügte er hinzu, als ich auf die linke schaute.

»Rosen haben Dornen.«

»Und wie, Mister. Das ist wie bei einer schönen Frau. Wenn man an nichts Böses denkt, sticht sie zu.«

»Erfahrungen, wie?«

»Kann man wohl sagen. Ich bin jetzt dreiundfünfzig und war schon zweimal verheiratet. Jedes Mal habe ich mir geschworen, es nicht wieder zu tun, aber die Weiber fangen mich immer wieder ein. Wie ein Schiff, das im Hafen liegt. Dabei würde ich so gern noch über die Weltmeere segeln, wenn Sie verstehen, Mister.«

»Sicher.«

Ich verabschiedete mich und verließ das Haus. Es war diesiger geworden. Zwar lag noch kein Nebel über den Straßen, dafür lange Dunstschleier, die wie träge Fahnen zwischen den Häusern wallten sowie an den Hauswänden hochkrochen, sodass die hellen Fenster zu zerfließenden Gebilden wurden.

Vor meinen Lippen dampfte dünner Atem, als ich meinen Wagen ansteuerte. Den makabren Strauß hielt ich jetzt nicht mehr mit beiden Händen fest, sondern nur noch mit einer. Die Blüten wiesen dabei zu Boden.

Die meisten Menschen hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen. Passanten sah ich so gut wie gar nicht. Auf dem Wagen lag eine nasse Schicht. Sie bestand aus dicken Wasserperlen.

Ich öffnete die Fahrertür. Den Strauß legte ich auf den Beifahrersitz. Ich hoffte nur, dass mir das Blut nicht die Polster verschmutzte und legte deshalb noch eine Decke auf den Sitz. Danach startete ich den Bentley und rangierte rückwärts aus der Parklücke.

Während ich durch das abendliche London rollte, dachte ich über die blutigen Rosen nach. Gordon Schreiber hatte sie Jane Collins geschenkt. Mit Blut geschrieben war sein Name auf der kleinen Karte aufgetaucht. Er war ein Verbündeter von Wikka, der Hexe. Diese wiederum liebte den Teufel heiß und innig, sodass man wirklich von einem satanischen Dreieck sprechen konnte.

An einer Ampel stoppte ich. Ein knatterndes Geräusch nahm meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Rechts neben mir glitt ein Lichtstrahl über die Fahrbahn, und dann fuhr ein Motorrad langsam bis an den Streifen, um neben mir stehen zu bleiben.

Ich sah mir die Maschine an. Es war eine Honda, von der das Wasser tropfte. Zwei Personen saßen darauf. Ob Mann oder Frau war nicht wirklich zu erkennen, weil sie einfach zu vermummt aussahen in ihrer wetterfesten Kleidung.

Sie trugen allerdings helle Lederjacken, was mich wiederum wunderte. Am Rücken erkannte ich auch eine Schrift. White Angels – Weiße Engel.

Während ich auf das Umspringen der Ampel wartete, dachte ich über die White Angels nach. Gehört hatte ich den Namen bereits. Da fiel es mir wieder ein. Die Weißen Engel waren aufgefallen, weil sie sich für die Jugend einsetzten. Mit anderen Worten, sie hatten eine Selbsthilfeorganisation gegründet, die sich um gestrandete Jugendliche kümmerte und sie vor allen Dingen vom Rauschgift wegbringen wollte, denn im Rauschgift sahen die White Angels das große Übel.

Ihre Methoden waren nicht immer gesetzestreu, so mancher Dealer war von ihnen verprügelt worden, sodass er wochenlang im Krankenhaus liegen musste. Das jedoch störte die White Angels nicht, ebenso wenig wie kleine Rückschläge. Sie machten weiter und waren zudem nicht nur von ihrer Sache überzeugt und psychologisch gut geschult, sondern auch körperlich fit. Soviel ich wusste, lag ihr Hauptquartier neben einer Karateschule.

Ich sympathisierte mit den Weißen Engeln, hatte allerdings gleichzeitig Angst, dass sie zu weit gingen und irgendwann einmal Logan Costello in die Quere gerieten.

Costello regierte London. Er war der Unterweltboss und paktierte zudem mit dämonischen Kräften. Leider war es meinen Freunden und mir bisher noch nicht gelungen, ihn zu überführen.

Die Ampel sprang um. Rechts neben mir duckten sich die beiden Fahrer. Die Honda startete schneller als mein Bentley. Schon schoss sie davon, als sich plötzlich der hinten sitzende Mitfahrer bewegte und seinen Oberkörper nach links beugte.

Etwas löste sich von seiner Hand und traf genau die Kühlerhaube des Bentley. Für einen winzigen Augenblick hatte ich schreckliche Angst. Ich rechnete mit einer Handgranate oder irgendetwas in dieser Richtung. Mein Magen krampfte sich zusammen, gegen den plötzlichen Schweißausbruch konnte ich nichts tun, doch dann erkannte ich den Gegenstand, der mir auf die Kühlerhaube geworfen worden war und auch dort liegen blieb.

Es war eine Blume. Eine gelbe Rose!