John Sinclair Sonder-Edition 178 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 178 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Als wir den Film sahen, konnten wir es kaum glauben. Die Bilder waren einfach zu schrecklich und zu gespenstisch. Eine riesige Monster-Strige war auf der Jagd, und ihre Beute war ein Mensch. Strigen kannten wir, bloß nicht in dieser Größe. Die Strige im Film war so mächtig wie ein prähistorischer Flugdrache.
Wir mussten etwas unternehmen. Dieser Bestie sollte es nicht gelingen, noch weitere Opfer zu bekommen. Suko und ich fuhren nach Schweden, wo die Monster-Strige gesehen worden war. Aber nicht nur wir jagten sie. Sie hatte noch einen weiteren Feind. Der eiserne Engel aus dem längst versunkenen Atlantis hatte ihre Spur aufgenommen ...


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Seitenzahl: 184

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Die Monster-Strige

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Die Monster-Strige

von Jason Dark

Als wir den Film sahen, konnten wir es kaum glauben. Die Bilder waren einfach zu schrecklich und zu gespenstisch. Eine riesige Monster-Strige war auf der Jagd, und ihre Beute war ein Mensch. Strigen kannten wir, bloß nicht in dieser Größe. Die Strige im Film war so mächtig wie ein prähistorischer Flugdrache.

Wir mussten etwas unternehmen. Dieser Bestie sollte es nicht gelingen, noch weitere Opfer zu bekommen. Suko und ich fuhren nach Schweden, wo die Monster-Strige gesehen worden war. Aber nicht nur wir jagten sie. Sie hatte noch einen weiteren Feind. Der eiserne Engel aus dem längst versunkenen Atlantis hatte ihre Spur aufgenommen ...

»Wenn Sie sich diesen Film anschauen, werden Sie geschockt sein!«, hatte Sir James zu Suko und mir gesagt und damit natürlich unsere Neugierde geweckt.

»Darf ich fragen, wie Sie das meinen, Sir?«, fragte ich.

Der Superintendent blieb vor der Tür zum Kino stehen. Kino nannten wir beim Yard den Raum, in dem Filme und Videos gezeigt wurden.

»So, wie ich es gesagt habe.«

»Keine nähere Erklärung?«

»Noch nicht.«

Ich ließ nicht locker. »Aber den Film muss doch jemand gedreht haben.«

Sir James nickte. »Den gibt es auch, und Sie werden ihn gleich kennenlernen.«

Suko und ich hoben die Schultern und traten zur Seite, damit unser Chef vorbei konnte.

Er öffnete die Tür, und wir betraten den halbdunklen Raum, in dem die automatischen Jalousien zum Großteil herabgelassen worden waren.

Ein bärtiger, ungefähr fünfzigjähriger und kräftiger Mann, der eine weiße Hose und ein buntes Hemd trug, erwartete uns. Er stellte sich uns als Ken Finlay vor, und sein Händedruck hätte zu einem Holzfäller gepasst. Seine Augen blickten klar, überhaupt nicht falsch. Er war der Typ Mensch, auf den man sich verlassen konnte.

»Sie haben uns also diese Überraschung zu bieten, Mr. Finlay«, sagte ich.

In der Mitte des Bartgestrüpps verzogen sich seine Lippen zu einem säuerlichen Grinsen. »Ich weiß nicht, ob es eine Überraschung werden wird, Gentlemen. Wenn ja, dann eine böse, eine grauenhafte, und ich möchte Ihnen schon jetzt sagen, dass dieser Film, den Sie jetzt gleich zu sehen bekommen, keine Tricks enthält. Es ist alles echt. So ist es abgelaufen.«

»Film?«, fragte Suko.

Ken Finlay nickte. »Ja, auf einer Leinwand. Das ist übrigens wichtig.«

»Warum?«

»Werden Sie alles sehen, nehmen Sie Platz.«

Wir waren so frei. Aber nicht nur Suko und ich, auch Sir James setzte sich, und ein jeder von uns war froh, in einem klimatisierten Raum zu sitzen, denn draußen waberte die feuchte Bullenhitze eines übersteigerten Sommers. Mein Mund war trocken. Ich hätte mir doch eine Dose Wasser mitnehmen sollen, aber dazu war es jetzt zu spät. Außerdem würde der Streifen ja wohl nicht gleich zwei Stunden laufen.

Ken Finlay hatte bereits alles vorbereitet. Der Film befand sich im Projektor, die Leinwand war aufgebaut. Sie erinnerte an ein faltenloses Leinentuch.

Per Fernbedienung ließen sich die Jalousien bewegen. Finlay dunkelte noch mehr ab, sodass wir drei nur als Schatten zu sehen waren. In der ersten Reihe hatten wir unsere Plätze eingenommen und waren gespannt darauf, was uns auf der Leinwand präsentiert werden würde. Kenneth Finlay hatte sich am Projektor aufgebaut. Noch einmal wies er uns darauf hin, dass es in wenigen Sekunden losgehen würde, und dann hörten wir ein leises Summen.

Unsere Blicke waren auf die Leinwand gerichtet.

Suko und ich hatten es uns bequem gemacht. Der Inspektor hatte die Beine ausgestreckt, nur mit den Hacken berührten seine Schuhe den Boden, während ich die Stelzen übereinandergeschlagen hatte.

Zahlen von zehn bis eins erschienen, dann war eine Landschaftsaufnahme zu sehen, die mich sofort gefangen nahm. Ich sah die Weite eines einsamen Landes, die weit hinten an der Rückseite von hellen Bergen bedeckt wurde.

In einer Nahaufnahme waren große Gletscher zu erkennen, aber sie blieben im ewigen Eis erstarrt, während vor ihnen der Sommer sein grünes Kleid über Bäume und Büsche gewoben hatte. Ein großes Waldstück, eingefasst von Wiesen und Weiden, leicht hügelig und menschenleer – aber nur beim ersten Hinschauen.

Die Kamera hatte einen Schwenk gemacht und erfasste ein breites Holzhaus, das inmitten der Einsamkeit seinen Platz gefunden hatte.

»Konzentrieren Sie sich bitte auf das Haus«, bat Finlay. »Es wird noch eine Rolle spielen.«

Wir schwiegen. Auch der Film lief ohne Ton. Das Bild blieb für einige Sekunden stehen, sodass wir die Gelegenheit hatten, das Haus genauer zu betrachten. Es war ein Holzhaus, dunkel vom Anstrich, und es passte auch in die Gegend, obwohl es mir wie eine Kirche vorkam. In der Mitte schob es sich in die Höhe wie ein Turm, rechts und links davon waren flache Anbauten.

Die hellen Berge im Hintergrund erkannten wir nur undeutlich, aber sie waren auch nicht wichtig.

Dafür der Himmel über dem Haus, der eine blaugraue Farbe zeigte. Er schien sich farblich dem fernen Eis der Gletscher anpassen zu wollen. Menschen aber sahen wir keine.

Auch keine anderen Lebewesen. Dieses Bild blieb vor uns auf der Leinwand wie ein Stillleben stehen.

Was sollte das? Warum war Sir James so erpicht darauf, dass wir uns den Film anschauten?

Sekunden später bekamen wir den ersten Teil der Antwort, denn wir sahen tatsächlich die Bewegung auf dem Bild. Nicht vorn, sondern weit im Hintergrund, am oder im Himmel.

»Ein Vogel«, murmelte Suko.

Ich hob die Schultern.

Der Vogel, wenn es denn einer war, befand sich zu weit weg, als dass wir ihn hätten deutlich erkennen können.

Das änderte sich aber, denn der Vogel kam allmählich näher. Er wurde größer.

Wir fingen an, etwas zu erkennen, zu sehen und dann auch zu begreifen.

»Himmel!«, stieß ich hervor.

»Wahnsinn!«, kommentierte Suko.

Nur Sir James schwieg. Er kannte den Film bereits und hatte diesen riesigen Vogel schon gesehen.

Eine Eule!

Aber eine magisch veränderte, für die die Schweden einen bestimmten Namen erfunden hatten.

Es war eine Strige!

Und damit war es ein Fall für uns geworden, denn schon früher hatten wir mit diesen gefährlichen, angriffswütigen Monster-Vögeln zu tun gehabt. Wir kannten sie. Wir kannten auch Strigus, den Anführer, der übergroß war, so groß wie ein Mensch.

Der Vogel im Film war noch größer und mächtiger. Er war ein regelrechtes Monster, ein Dinosaurier der Lüfte, und mir fiel nur ein Begriff ein, den ich auch flüsternd aussprach. »Eine Monster-Strige ...«

Suko schwieg, nickte aber. Auch Sir James hielt den Mund. In aller Ruhe konnten wir weiterschauen und sahen, dass sich diese Strige allmählich der Erde entgegensenkte und dabei die gesamte Breite der Leinwand einnahm. Ein gewaltiger Kopf, ein großer Schnabel, der wie ein nach vorn gebogenes Messer wirkte, darüber zwei kalte, böse Augen, die in einem bestimmten Farbton schimmerten. Die Pupillen waren schwarz wie Teer. Um sie herum breitete sich ein Licht aus, das in einem hellen Rot und einem kalten Gelb schimmerte.

Sie glotzte genau in die Kamera hinein, als wollte sie uns noch im Nachhinein hypnotisieren.

Ich hatte Mühe, meinen Blick abzuwenden. Als ich dann nach rechts und links schaute, da fiel mir die immense Spannweite der Flügel auf.

So etwas hatte ich bei einem Vogel noch nie gesehen, selbst bei Garuda nicht, dem Adler aus der indischen Mythologie. Das war Wahnsinn! Der Vogel stand in der Luft und zog sich dann ein wenig zurück. Zwangsläufig verkleinerte sich die Gestalt, und so gelang es uns, einen Blick auf die Füße oder vielmehr die Krallen zu werfen.

Als ich sie sah, da stockte mir der Atem. Sie hatten gewaltige Ausmaße und waren vergleichbar mit dem Geäst der Bäume. Mit diesen Krallen konnte sie jede Beute fangen, und der schwertlange Schnabel würde sie innerhalb kurzer Zeit zerfetzen. Sicherlich nicht nur Tiere, sondern auch Menschen, aber so weit waren wir zum Glück noch nicht. Die Monster-Eule zog sich wieder zurück. Der Himmel schien nach ihr zu greifen und sie zu umfangen.

Wir sahen die Landschaft, das Haus und dann nichts mehr, denn der Film war beendet.

Stille. Niemand sagte etwas. Die Jalousien an den Fenstern schwangen wieder etwas höher, sodass Licht in den kleinen Saal hineinfließen konnte.

Suko und ich schauten uns an und fingen zugleich die Blicke unseres Chefs ein.

»Nun, was sagen Sie?«

»Beeindruckend«, gab Suko zu.

»Was meinen Sie, John?«

»Ich stimme Suko zu, aber sagten Sie nichts von einem Schock, der uns erfassen würde?«

»In der Tat.«

»Bisher hat sich in der Richtung nichts getan, Sir.«

Der Superintendent lächelte. »Da gebe ich Ihnen recht, aber Sie sollten den Tag nicht vor dem Abend loben.«

»Und was heißt das?«

Die Antwort gab Ken Finlay.

»Das will ich Ihnen gerne sagen, Mr. Sinclair. Zu diesem Film gibt es noch einen zweiten Teil. Der erste diente gewissermaßen zur Einstimmung.« Finlay schlenderte auf uns zu. »Sie haben den Vogel gesehen?«

»Er war ja nicht zu übersehen«, erklärte Suko. »Ein ziemlich monströses Wesen.«

»Exakt.« Finlay nickte. »Aber ich gehe noch einen Schritt weiter und frage Sie. Wissen Sie, wer oder was dieser Vogel war?«

»Eine Strige«, erklärte Suko trocken.

»Sehr gut.«

»Eine Monster-Strige«, präzisierte ich.

Finlay konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sich Sir James zuwandte. »Ich sehe schon, Sie haben die richtigen Leute geschickt, Sir.«

»Haben Sie von mir etwas anderes erwartet?«

»Eigentlich nicht.«

Ich mischte mich wieder ein und sprach Finlay an, der sich mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt hatte. »Wir sahen im Hintergrund einige Berge und Gletscher. Kann es sein, dass der Film nicht hier in England aufgenommen wurde?«

»Das ist wahr.«

»Schweden?«

»Gratuliere, Mr. Sinclair.« Er zwinkerte mir zu. »Das haben Sie doch bestimmt nicht an der Form der Gletscher erkannt oder an der Farbe des Eises.«

»Sicherlich nicht, aber die Strigen oder Satanseulen haben nun mal in Schweden ihren Ursprung. Das ist ihr Land.«

»Ich habe den Film in Schweden gedreht und war froh, ein gutes Zoom zu besitzen, das kann ich Ihnen sagen.«

»Und der Vogel hat Sie nicht entdeckt?«

»Nein, sonst wäre ich nicht hier.«

»Da haben Sie auch wieder recht.«

»Aber ich sprach noch von einem zweiten Teil«, sagte Finlay und setzte sich wieder in Bewegung. »Der erste war nur die Ouvertüre.« Er sprach und ließ dabei die Rollos wieder weiter herunter. »Auch der zweite Teil ist echt, so verdammt echt. Sie werden erkennen können, weshalb ich Hilfe brauche.«

Wir warteten ab, bis auf der Leinwand wieder das erste Bild erschien. Die Strige war verschwunden. Es waren kaum Wolken zu sehen, und wenn doch, dann sahen sie aus wie feine und fade Schleier, die sich über den Eisbergen hinzogen.

Die Kamera machte einen Schwenk, erfasste einen See mit einem Wald in der Nähe, wanderte weiter über Weiden, Seen und Wälder, präsentierte eine unberührte Natur, in der sich die Tiere wohl fühlen konnten, wie wir sehr bald sahen.

Riesige Herden von Hirschen und Rehen, von Elchen und Rentieren gab es dort. Mir fiel auf, dass sich die Tiere in eine Richtung bewegten und sich durch nichts aufhalten ließen. Sie jagten durch das flache Gewässer, sie donnerten regelrecht ins Niederholz hinein. Die schwächeren Tiere verfingen sich in dichtem Gestrüpp, wo sie verzweifelt versuchten, sich wieder zu befreien.

Die Szenen waren aus der Luft aufgenommen worden. Wahrscheinlich aus einem Hubschrauber.

»Das sieht mir aus, als befänden sich die Tiere auf der Flucht«, murmelte Suko.

»Stimmt.«

»Vor der Strige?«

Ich hob die Schulter.

»Wahrscheinlich, aber bisher haben wir sie nicht gesehen.«

»Das ändert sich.«

Ich glaubte das auch. Vorerst war das fliegende Monstrum nicht zu sehen, aber die Tiere rannten weiterhin in wilder Panik davon. Hätte es dort Löwen und Tiger gegeben, sogar sie wären geflüchtet. Der riesige Vogel glitt von der rechten Seite her ins Bild, und auf einmal war die Drohung fühlbar. Die Satans-Eule schwang sich gemächlich durch die Luft, zumindest sah es so aus, denn sie bewegte die Schwingen wie in Zeitlupe. Dennoch fiel sie gegenüber den flüchtenden Tieren nicht zurück, sondern blieb ihnen auf den Fersen.

Sie befand sich noch in deren Rücken.

Das änderte sich.

Zwei mächtige Flügelschläge kündeten diese Änderung an. Und dann zeigte die Monster-Strige, was in ihr steckte. Urplötzlich hatte sie die fliehende Herde eingeholt, kreiste über ihr wie ein Todesbote, und Sekunden später fiel sie nach unten und jagte mitten zwischen die fliehenden Tiere. Mit ihren monströsen Krallen hackte sie in die Körper und fischte sich zwei Hirsche aus dem Rudel heraus.

Die Strige riss sie hoch, als hätten sie überhaupt kein Gewicht. Sie jagte mit ihrer Beute steil in die Luft. Als sie einen bestimmten Punkt erreicht hatte und für uns noch gut sichtbar war, da sah es aus, als wollte sie zurückkippen und sich rücklings dem Erdboden entgegenwerfen.

Es war ein Irrtum unsererseits, denn die Strige hatte etwas anderes vor. Sie hatte sich die strampelnde Beute nur fachgerecht vor den Schnabel gebracht, und der hackte plötzlich zu.

Einmal in die rechte, dann in die linke Beute! Ich presste schon die Lippen zusammen, als ich mitbekam, wie der Mordschnabel die gewaltigen Fleischbrocken hervorholte. Er riss mächtige Stücke aus den Körpern der Hirsche, und die Strige fraß die Beute mit einer wahnsinnigen Gier. Sie schluckte das rohe Fleisch wirklich mit Haut und Haaren.

Auf die Geweihe verzichtete er, ließ sie wie lästigen Abfall zu Boden fallen und flog mit kraftvollen Flügelbewegungen davon.

Zuletzt sahen wir ihn als kleinen Punkt am Horizont.

Wieder öffnete Ken Finlay die Rollos, und er erklärte, dass er den zweiten Teil nur unterbrochen hätte, um unsere Meinungen zu hören.

»Es ist schon imposant gewesen«, sagte Suko.

»Ja, so holt sich die Strige die Beute. Und sie ist verfressen, das sage ich euch.«

»Frisst sie nur Fleisch?«

»Ja.« Die Antwort klang gepresst. »Ich werde Ihnen nun die letzten Minuten dieses Films vorspielen.« Mehr sagte er nicht, dunkelte wieder ab, und der Film lief weiter.

Schnitt. Eine idyllische Gegend wurde uns präsentiert. Wir sahen wieder einen See, diesmal kleiner. Herrlich klares Wasser, seichte Ufer, die von lichten Birkenwäldern umgeben waren. An einer Stelle des Ufers entdeckten wir eine Frau, die einen Kahn ins Wasser schob, die Jeans hochgekrempelt hatte und rasch in das Boot stieg, als es auf dem Wasser tanzte.

Ich runzelte die Stirn.

Neben mir atmete Suko scharf aus.

Und auch ich konnte mir denken, was da möglicherweise passieren würde. Zunächst aber ruderte die Frau mit kräftigen Bewegungen auf die Mitte des kleinen Sees zu, und kurz vor ihrem Ziel holte sie die Ruder ein und ließ sich treiben.

Wir hatten damit gerechnet, dass sie sich in das Boot legen würde, aber das tat sie nicht, denn sie kniete sich hin und legte ihr Oberteil, eine Bluse ab.

Die Hose folgte, und einen Moment später präsentierte sie sich nackt. Die Frau hatte dunkle Haare, sie lachte, stand breitbeinig in dem Boot und winkte, als wollte sie den Kameramann grüßen, der sie aus dieser Entfernung filmte.

Dann stieg sie auf die schmale Ruderbank, streckte ihren Körper und hechtete ins Wasser.

Lachend winkte sie dem Kameramann zu, als sie wieder auftauchte, um erneut im Wasser zu verschwinden.

Es war still im Kino geworden. Dennoch hörten wir die schweren Atemzüge Ken Finlays, vernahmen auch sein Räuspern und sahen dann den Schatten, der von rechts her in das Bild hineinglitt.

Die Monster-Strige war da.

Blitzschnell war sie erschienen. Sie kreiste über dem kleinen See, als sollte er ihre Beute werden, aber vom Wasser wollte sie nicht trinken, sie lauerte auf das richtige Opfer. Noch schwamm es unter Wasser.

Dann schoss die Frau wieder hoch.

Finlay hüstelte.

Die Frau trat Wasser. Sie schleuderte ihre Haare aus dem Gesicht, um besser sehen zu können, und genau in diesem Augenblick fiel ihr auf, dass es über ihr dunkler geworden war. Sie suchte nach dem Grund.

Okay, wir sahen ihr Gesicht nicht aus der Nähe, aber ich glaubte, den Schrecken darin zu sehen, denn jetzt wusste sie, wer über ihr schwebte. Die Schwimmerin riss die Arme hoch, als wollte sie etwas abwehren, dann beugte sie sich nach vorn und versuchte fluchtartig wegzutauchen.

Das fliegende Untier war schneller. Blitzartig stieß es nach unten. Der Riesenschnabel durchschnitt das Wasser auf der Suche nach der Beute.

Das Wasser schäumte auf. Was dann geschah, war für uns nicht zu erkennen, da uns der breite Körper des Monstrums die Sicht nahm. Die Strige wirbelte herum, präsentierte uns ihr Profil, und wir hatten nur Augen für den verdammten Schnabel.

In ihm steckte die Beute. Es war die Frau!

Jetzt stöhnte Suko, und es war wirklich fürchterlich, was wir da mit ansehen mussten. Nein, wir sahen es nicht, denn Ken Finlay war gnädig und stellte die Maschine ab. Dabei sagte er: »Ich habe das wie im Rausch gefilmt. Ich konnte nicht anders. Etwas zwang mich, dieses Grauen für die Nachwelt festzuhalten, und ich muss Ihnen sagen, dass es schlimm, sehr schlimm war.«

Wir gaben ihm durch unser Schweigen recht.

Er schaltete das Licht ein. Wir drehten uns nicht um. Mit schlurfenden Schritten kam er näher und blieb dort stehen, wo er bei der ersten Unterbrechung schon einmal gestanden hatte. Diesmal mit gesenktem Kopf, das Gesicht blass und schweißnass. Die Szene hatte ihn stark mitgenommen.

»Ich habe sie gefilmt«, sagte er. »Ich habe Sie wirklich gefilmt. Sie ist eine so schöne Frau gewesen. Schön und jung. Eine Russin aus St. Petersburg.«

»Kannten Sie die Frau näher?«, fragte ich.

Er schaute mich an. Seine Augen waren groß, und sein Gesicht sah aus, als wollte er sich etwas in Erinnerung rufen, das sehr schön, aber auch sehr bitter gewesen war. »Ja, ich kannte sie gut, Mr. Sinclair. Sie war meine Partnerin ...«

Wir schwiegen. Es gibt Momente im Leben, da schweigt man besser, anstatt irgendwelche Worte zu sagen, die keinen Sinn ergeben.

Wir konnten nachfühlen, was der Mann mitgemacht hatte, der seine Frau oder Partnerin hatte filmen wollen, dann aber vom Grauen überrascht worden war. Er hatte den Tod der geliebten Person miterlebt und gefilmt!

»So ist es gewesen«, flüsterte er. »Und der Tod meiner Partnerin Swetlana hat mir den Rest gegeben. Man muss gegen dieses verdammte Monstrum einfach ankämpfen. Man muss es töten, bevor es noch mehr Unheil anrichtet. Es ist wie aus dem Nichts gekommen, es ist sehr beutegierig und unersättlich, wobei es keine Rücksicht darauf nimmt, ob es Menschen oder Tiere frisst.«

»Sie haben sich darüber Gedanken gemacht, Mr. Finlay?«, fragte ich.

»Sicher.«

»Wie kam es dazu?«

»Ich bin Engländer, lebe und arbeite aber in Schweden, weil ich dort ideale Bedingungen vorfinde. Zwar habe ich auch schon auf den Hebriden geforscht und den Orkney-Inseln, aber die Polargegend in Nordschweden ist für mich immer etwas ganz Besonderes, was Flora und Fauna angeht.«

»Sie sind Naturforscher, denke ich.«

»Ja, Ökologe.« Er schaute auf seine Füße. »Ich beschäftigte mich vor allen Dingen mit dem Klima in diesen Breitengraden. Es geht um das Ozonloch, es geht um die Vegetation, um die Luftverschmutzung, aber das kennen Sie ja alles.«

»Forschen Sie allein?«

»Inzwischen ja. Früher hatten mich außer meiner Partnerin auch einige Mitarbeiter unterstützt. Zumeist Freiwillige. Wir waren eine internationale Clique. Die jungen Leute kamen aus allen Teilen Europas zu mir, aber ich schickte sie gleich weg, als die Strige auftauchte. Sie sollten nicht in Gefahr gebracht werden.«

»Das Monster hat sich die Frau geholt wie ein Vogel seine Fischbeute«, sagte Suko. »Das ist ja nicht normal. Auch nicht normal erscheint mir Ihr Wissen über die Strigen, Mr. Finlay. Woher haben Sie das?«

Er lächelte müde. »Wenn man in einem Land lebt, für das man sich interessiert, dann schaut man auch hinter die Kulissen. Man interessiert sich für die Kultur, für vieles andere, auch für die Geschichte und die Geschichten.«

»Sie sprechen von Sagen und Legenden.«

»Ja, Suko. Und darin haben die Strigen oder Satans-Eulen einen besonderen Stellenwert.«

»Das wissen wir.«

»Deshalb bin ich ja gekommen. Um es auf den Punkt zu bringen. Ich bin hier, weil ich mir von Ihnen Hilfe im Kampf gegen dieses Monstrum erhoffe. Und die Zeit drängt, denn dieses Monstrum wird sich weitere Opfer holen. Dass es sich mit Tieren nicht zufrieden gibt, haben Sie ja gesehen. Das Monstrum geht auf Menschenjagd!«

Ich ergriff wieder das Wort. »Wir haben im ersten Teil des Films ein Haus gesehen. Hat es eine besondere Bedeutung?«

Finlay nickte. »Es ist mein Haus.«

»Sie wohnen und arbeiten dort?«

»Ja, ich habe dort meine Messstation und auch ein kleines Labor.«

»Wie weit liegt es von der nächsten Ortschaft entfernt?«

»Knapp fünf Meilen.«

»Das ist recht nah.«

»Für schwedische Verhältnisse schon.«

»Aber Ihr Haus ist noch nicht angegriffen worden?«

»Bisher blieb es verschont. Aber das wird nicht die Regel bleiben, denke ich.«

»Ja, das stelle ich mir auch so vor.«

»Sie haben die Aufnahmen gemacht?«, wollte Suko noch einmal wissen.

Er nickte. »Zusammen mit einem Freund. Wir beide saßen im Hubschrauber und hatten eigentlich Glück, dass wir nicht von der Strige angegriffen worden sind. Trotzdem war das Leben meinem Freund zu stressig. Er hat sich wieder zurückgezogen.«

»Wohin?«

»Ich weiß es nicht. Er ist gegangen, und er hat dabei geweint. Ich habe nichts mehr von ihm gehört. Ich weiß zu wenig. Die Monster-Strige erschien urplötzlich. Ich weiß nicht, wo sie hergekommen ist. Sie muss irgendwo gelauert und auf eine günstige Gelegenheit gewartet haben. Jetzt ist sie da, und sie wird sich auch weiterhin Beute holen wollen. Es sei denn, wir können sie stoppen.«

»Da haben Sie recht«, murmelte ich.

»Wie sind Sie überhaupt auf uns gekommen?«, wollte Suko wissen.

»Eigentlich auf Umwegen. Ich habe in einer Zeitschrift einen Artikel gelesen, der von einem gewissen Bill Conolly geschrieben worden ist. Er berichtete darin über unheimliche Vorgänge, über Rätsel, die bisher nicht oder kaum gelöst werden konnten, und er erwähnte in seinem Bericht auch die Strigen. Ich rief den Mann an, erreichte aber nur seine Frau, weil Bill auf Reisen war, und sie wiederum verwies mich an Sir James. So hat sich der Kreis geschlossen.«

»Ah ja.«

Finlay hob die Arme und schaute uns an. »So, Sie haben jetzt das Material sichten können, Gentlemen. Was sagen Sie? Werden Sie mich bei meinem Kampf gegen die Monster-Strige unterstützen?«

Ich war einverstanden.

Suko nickte.

Beide erkannten wir die Erleichterung im Gesicht des Mannes. »Das ist ein Versprechen, denke ich.« Er kam auf uns zu und reichte uns die Hand. »Ich heiße für euch ab heute Ken.«