John Sinclair Sonder-Edition 18 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 18 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Auf einer Gemälde-Ausstellung war ich der einzige Besucher, und die Ausstellung bestand nur aus einem einzigen Bild.

Es zeigt den Höllenboten!

Ein skelettiertes Wesen, eingehüllt in einen langen schwarzen Mantel, der in gewaltige Schwingen überging. Der Höllenbote stützte sich auf ein goldenes Schwert. Ich kannte die Waffe, sie gehörte Kara, der Schönen aus dem Totenreich. Wie war das goldene Schwert in die Hand des Höllenboten gelangt?

Bevor ich eine Antwort finden konnte, wurde das Wesen lebendig, und sein Amoklauf begann ...

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Seitenzahl: 188

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Höllenbote

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/Fotokostic

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2481-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Der Höllenbote

von Jason Dark

John Sinclair ging davon aus, dass die Horror-Reiter, vier schreckliche Todesboten, vernichtet worden waren, als Kara, die Schöne aus dem Totenreich, wie ein Racheengel das geheimnisvolle Schwert mit der goldenen Klinge geschwungen hatte.1)

Doch einer hatte überlebt! Er war derjenige, der dem Erzdämon Eurynome zur Seite stand und ihn schützen sollte. Er hatte mit angesehen, wie Sinclair und Kara aufgeräumt hatten. Sie hatten die anderen drei Horror-Reiter mit ihren Schwertern atomisiert, sodass diese als tödlicher Staub in die Unendlichkeit zwischen Raum und Zeit eingegangen waren.

Da hatte der Vierte gewusst, dass er allein keine Chance hatte und war geflohen. Er war von der Bildfläche, ohne dass jemand davon Notiz genommen hatte. Weder Kara noch John Sinclair hatten es bemerkt, auch nicht Suko. Jeder von ihnen rechnete damit, dass alle vier Horror-Reiter vernichtet waren.

Das stimmte nicht. Der Vierte hatte nach seiner Flucht Schutz gesucht und sich an die gewandt, die ihm auch ein unheimliches Leben eingehaucht hatten.

An die vier Erzdämonen. Astaroth, Eurynome, Bael, Amducias – so hießen sie. Ein Quartett des Grauens, mächtige Dämonen und mit der gleichen Kraft ausgestattet wie auch der Teufel. Sie nahmen in der vielschichtigen Höllenhierarchie eine Sonderstellung ein, und sie wollten ebenso die Vernichtung des Guten wie auch die anderen Dämonen, waren sie nun stärker oder schwächer als sie.

Sie hatten den vierten Horror-Reiter aufgenommen und ihm versprochen, ihn bei seiner Rache zu unterstützen.

Er war natürlich unruhig gewesen, die vier Erzdämonen hatten ihn nur mühsam bändigen können. Doch sie vertrauten darauf, dass allein die Zeit für sie arbeitete.

Sie behielten recht. Es kam zu einem gewaltigen Aufräumen, zu einer Neuverteilung der Rollen, und die vier Erzdämonen schauten nicht ungern zu, wie sich ihre schwarzmagischen Brüder gegenseitig die Existenz nahmen.

Und auch der letzte Horror-Reiter hatte sich eines Besseren belehren lassen müssen, deshalb drängte er nicht mehr, damit seine Rache erfüllt werden konnte.

Das kam von allein.

Eurynome erschien bei ihm in einer Gestalt, wie der Horror-Reiter den Dämon kannte. Der Ziegenkopf wirkte grau und unansehnlich. Von der Schnauze troff Geifer, die Augen waren blaue Kristalle im Grau der alten Haut.

Er tauchte aus der Schwärze auf, und sein unter dem Kopf beginnender, schwellender Frauenkörper schimmerte bleich und kalt wie steifes Fett. Er besaß tatsächlich die Formen einer Frau. Zusammen mit dem hässlichen Ziegenschädel bot er einen schrecklichen Anblick.

»Die Zeit der Rache ist endlich gekommen«, begann er und schaute den letzten Reiter an.

Eingehüllt in einer grünlich schimmernden Wolke aus Schwefel hockte er im Sattel seines dämonischen Pferdes. Die Rüstung war schwarz, von seinem knöchernen Gesicht war kaum etwas zu sehen, da es im Schatten lag. In der Hand hielt der Reiter eine Lanze, die für John Sinclair gedacht war und ihn hätte durchbohren sollen.

»Kann ich ihn töten?«, klang die dumpfe Stimme des Reiters auf.

»Ja und nicht nur ihn. Auch die Schöne aus dem Totenreich.«

»Aber sie hat das Schwert.« So wie der Reiter von dieser Waffe sprach, musste er sich fürchten.

»Das wissen wir. AEBA ist zwar geschlagen worden, aber nicht tot. Und das wird auch Kara merken. Du allein wirst dir das Schwert holen und deinen Rachefeldzug beginnen. Ich habe mich mit meinen Brüdern zusammengesetzt und den raffinierten Plan geschmiedet. Niemand wird darauf kommen, dass du dahintersteckst. Denn du bist unser Höllenbote. Aber damit die Menschen auf dich hereinfallen und vor allen Dingen unsere Feinde, müssen wir dich verändern. Niemand soll wissen, wer sich hinter der Maske des Todesboten verbirgt. Niemand …« Eurynome lachte geifernd und blickte auf das knallrote E, das die Brust des Horror-Reiters zierte. »Keiner wird es erfahren.«

»Was soll ich tun?«

»Das werde ich dir alles sagen. Gib genau acht …«

***

Als noch niemand daran dachte, die Chinesische Mauer zu bauen, da lebte in einem wilden, von Menschen fast unerforschten kahlen Gebiet ein Eremit. Versteckt in einer rauen unwirtschaftlichen Landschaft ging er einem Leben nach, das nur darauf ausgerichtet war, die Kräfte des Jenseits zu erforschen.

Der Mönch hieß Sua Ku und war ein sehr weiser Mann. Er wusste, dass es Dinge gab, an denen man nie rütteln sollte, dass die Dämonen überall auf der Welt ihre Spuren hinterlassen hatten und dass man ein waches Auge haben musste, um die Spuren zu finden. Er hatte so ein Auge.

Es war in einer sturmgepeitschten Nacht, als er über einen schmalen Gebirgspfad schritt, um zu seiner Höhle zu kommen. Trotz der Dunkelheit leuchtete der Himmel schwefelgelb. In der Ferne vereinigten sich die Blitze zu gewaltigen silbernen Netzen, die aussahen, als wollten sie die gesamte Welt umspannen. Ein mächtiges Gewitter tobte, und die Kräfte der Natur verschafften sich freie Bahn.

Sua Ku wusste genau, dass es lebensgefährlich sein konnte, wenn er in diese Hölle hineingeriet. Bis zu seiner Höhle war es zu weit, deshalb hielt er nach einem Ort Ausschau, wo er sich so lange verbergen konnte, bis das Gewitter vorüber war.

Trotz der Dunkelheit wusste er, wo er sich befand. Und er wusste ferner, dass er höher in die Berge musste, denn dort gab es Höhlen und versteckte Schluchten, die nur er kannte und die ihn aufnehmen würden.

Sua Ku war alt. Die Monde, die er gesehen hatte, konnte er nicht mehr zählen, aber er fühlte sich nicht so. Wenn irgendwann seine Seele in die große Unendlichkeit des Nirwanas eingehen sollte, bekam er früh genug Bescheid. Noch wollte der Tod ihn nicht, und er würde ihm auch so trotzen wie dem Gewitter, das näher und näher kam.

Der Sturm nahm zu. Er tobte durch die Schluchten und Täler. Er fing sich an den Berggipfeln und spielte mit den gewaltigen grauen Wolken wie die Kinder in den Dörfern mit ihren Bällen aus Stoff.

Es hatte lange nicht mehr geregnet. Von der hinter den Bergen liegenden Wüste waren Sand und Staub bis hoch gegen die Gipfel geweht worden, hatten sich dort abgesetzt, und erst ein neuer Sturm wühlte alles wieder auf. Wie riesige Tücher lag der Staub in der Luft. Manchmal wurde er so dicht, dass der einsame Wanderer Blitze nicht einmal mehr erahnen konnte und das Heulen des Orkans sogar den dumpfen Donner in der Ferne verschluckte.

Der Sand prasselte gegen Sua Kus Körper und das sackähnliche Gewand, das er trug. Er hieb wie tausend winzige Pfeile gegen die an Leder erinnernde und von Wind und Wetter gezeichnete Gesichtshaut des Mannes, der sich jedoch nicht beirren ließ und mit geschlossenen Augen seinem Ziel entgegenkletterte.

Seine Hände waren wie die Greifklauen eines Adlers. Zielsicher fanden sie ihren Halt in den zahlreichen Rissen und Spalten des Gesteins, das auch dann nicht brach, als der Mönch seinen zähen Körper weiter in die Höhe zog.

Wenn der Wind drehte und seine Sicht wieder klarer wurde, dann sah sich Sua Ku um. Das Tal war längst nicht mehr zu erkennen. Auch seine Höhle nicht, deren Eingang er durch Steine vor den wilden Tieren geschützt hatte, aber er sah über sich die schroffen, manchmal drohend wirkenden Kanten der Berge, wo Wolken, aus Wasserdampf oder Sand bestehend, ihren rasenden Tanz aufführten.

Die Natur wollte beweisen, wie mächtig sie war. Wieder einmal musste sich der Mönch eingestehen, dass er nicht mehr als ein Staubkorn in der Wüste des Lebens war und es ihm wohl nicht gelingen würde, die Natur mit all ihren Kräften zu begreifen. Er war auch nicht sicher, ob Menschen das jemals schafften.

Er brauchte nur an die Weisen zu denken, die in den Städten saßen oder am Hof des Kaisers. Sie hielten sich für so schlau, hatten auch schon viel erreicht, doch das Leben selbst war unbegreiflich. Das schaffte niemand.

Wieder fuhr eine Windbö heran. Sie war schnell und gefährlich. In ihrem Innern quirlte es, und sie hatte den Sand zu langen, um sich selbst kreisenden Fontänen gedreht, die wie ein Monstrum mit gierigen Händen über Sua Ku herfielen, sodass er sich noch härter an den Fels klammern musste.

Er biss seine Zähne zusammen. Der Sturm packte sein Gewand, er schleuderte es hin und her, riss und zerrte an ihm, als hätte er etwas dagegen, dass der Mensch weiterging.

Der Mönch blieb Sieger. Er überstand die Windhose und presste sich noch enger an die braungelben Steine, als er weiter in die Höhe kletterte.

Zeit spielte für ihn keine Rolle. Er wusste nicht, wie lange er gebraucht hatte, um den schmalen Pfad zu erreichen, der sich zwischen den Felsen wand und zumeist von den hier lebenden Tieren benutzt wurde. Wahrscheinlich hatte noch nie ein Mensch diesen Pfad betreten. Sua Ku war der Erste.

Geduckt ging er. Die Enden der Kordel, die ansonsten sein Gewand in der Mitte zusammenhielten, schlugen wie die Tentakel eines Kraken, als sie vom Wind erfasst wurden. Der Mönch duckte sich. Er wollte dem Orkan so wenig Widerstand bieten wie möglich. Den linken Arm hielt er ausgestreckt. Er führte die Hand an der neben ihm hochsteigenden Felswand entlang, die dann zurückwich, sodass der Pfad doppelt so breit wurde.

Sua Ku blieb stehen. Vor ihm führte der Pfad in die Öffnung einer Höhle. Sie war sehr hoch, der Mönch konnte aufrecht hineingehen, ohne mit dem Kopf anzustoßen. Für eine Weile blieb er stehen, und ein feines Lächeln erschien auf seinen Lippen. Es gab sie also doch, die Höhlen, von denen die Inschriften in den Felswänden der Täler berichteten. Die Urahnen der Menschen mussten sie schon entdeckt haben und hatten diese ihre Entdeckung auf ihre primitive Art und Weise der Nachwelt überlassen.

Sua Ku hatte die Schriften nie richtig deuten können. Er rechnete allerdings damit, dass seine Vorfahren ihre Nachwelt vor irgendetwas gewarnt hatten, deshalb zögerte er, die Höhle einfach so zu betreten.

Ein gewaltiger Donnerschlag ließ ihn zusammenzucken, und der fahle Blitz glühte wie ein Fanal vor seinen Augen auf, wobei er die unmittelbare Umgebung in eine gespenstische Helligkeit tauchte, sodass die Gipfel der Berge für die Länge eines hastigen Atemzugs Schatten warfen. Dann wurde es wieder dunkel.

Blitz und Donner hatten dem Mönch jedoch gezeigt, dass es gefährlich war, sich im Freien aufzuhalten. Das Gewitter hatte sich zu weit genähert, er musste Schutz in der Höhle finden.

Zudem hörte er auch das Rauschen, das immer näher kam, bevor es sich wie eine gewaltige Sturzflut über den einsamen Mann ergoss und ihn zu ertränken schien.

Es war der Regen, den das Gewitter mitbrachte. Er entlud sich aus den schweren, tief liegenden Wolken. Eine wahre Sintflut schien das Land mitsamt seinen Bergen, Tälern, Ebenen und Wüsten wegspülen zu wollen. Im Nu war der Mönch klatschnass. Der Wind kam von vorn, trieb Wassermassen auf ihn zu, sodass es dem Mann kaum gelang, Luft zu holen. Selten hatte er so einen Regen erlebt. Er taumelte voran, den Kopf eingezogen, den Körper gegen Wind und Wasser gestemmt.

Dann nahm ihn die dunkle Höhle auf. Er blieb stehen, drehte sich um, blickte zurück und holte ein paar Mal tief Luft, denn die hatte er auf den letzten Metern angehalten.

Der Regen fiel mit ungeheurer Stärke auf die Erde. Eine graue Wasserwand schien vor dem Eingang der Höhle zu stehen. So dicht, dass der einsame Mann das Gefühl hatte, sie würde niemals abreißen.

Aber er war nicht gekommen, um die Wasserwand anzustarren, er wollte endlich eine Höhle besichtigen, über die auch die Urahnen etwas hinterlassen hatten.

Etwas war dem Mönch schon bei seinem Auftritt aufgefallen. Das Licht. Es war keine strahlende Helligkeit, sondern ziemlich fad und aus dem Hintergrund der Höhle dringend, sodass sich seine Reste noch vor dem Eingang verliefen.

Er wollte die Lichtquelle finden. Schritt für Schritt bewegte er sich tiefer in die unbekannte Höhle der Bergwelt. Schon bald wurde das Rauschen des Regens schwächer, und als er tiefer in das unbekannte Gelände hineinschritt, da verstummte das Geräusch schließlich ganz.

Stille umgab ihn.

Und ein Licht, das jetzt heller geworden war. Der alte Mönch öffnete seine Augen, so weit es ging, denn er hatte das Ende der Höhle erreicht und sah vor sich ein Bild, wie er es nie erwartet hätte und das auch seine Vorfahren so erschreckt haben musste.

Es war eine Steinfigur, die jemand geformt und in die Wand hineingeschoben haben musste, allerdings nur so weit, dass sie mit der Hälfte des Körpers noch hervorragte.

Ein gewaltiger langer Mantel fiel Sua Ku auf. Er war so um den Körper geschlungen, dass er in seiner oberen Hälfte in eine Kapuze überging, die den seltsamen Schädel der Figur bedeckte. Es war eine Mischung aus einem menschlichen Gesicht und einem Totenschädel. Gelb schimmerte er, mit einem Stich ins Goldene. Der Mönch blickte in leere Augenhöhlen, dazwischen in ein Loch, wo früher die Nase gesessen hatte, und darunter befand sich die Öffnung, wo einmal ein Mund gewesen war.

Die Figur hatte muskulöse Arme, hielt sie vorgestreckt und beide Hände übereinandergelegt, wobei sie die rechte Hand auf dem Griff eines breiten Schwerts mit goldener Klinge abstützte, dessen Spitze den Boden berührte.

Hinzu kam, dass der Mantel dieser seltsamen Figur nicht nur eine Kapuze hatte, sondern auch die gleiche Farbe wie die düsteren Schwingen, die übergroß aus dem oberen Teil des Rückens wuchsen.

Der Mönch hatte in seinem langen Leben viel gesehen. Dieser Anblick jedoch überwältigte ihn. So etwas war ihm noch nie unter die Augen gekommen. Eine Figur aus Stein, die wirkte, als würde sie jeden Moment vorgehen und den Ankömmling begrüßen.

Aber war sie wirklich aus Stein? Fast wollte der alte Mönch dies nicht glauben, und er schüttelte auch den Kopf. Jetzt sah er, woher das Licht stammte. Die goldene Klinge strahlte es ab, und zwar so kräftig, dass der Schein einen Großteil der Höhle ausfüllte.

Kalt rieselte es über den Rücken des Mannes. Er wusste mit seiner Entdeckung nichts anzufangen, aber wie von selbst formulierten seine Lippen eine Frage: »Wer bist du?«

Fast hatte er schon mit einer Antwort gerechnet, doch die Figur vor ihm blieb stumm.

Erst jetzt traute sich Sua Ku, einen weiteren Schritt vorzugehen. Er blieb erst stehen, als er die Figur und den Mantel berühren konnte, und streckte zögernd seinen Arm danach aus.

Als die Fingerspitzen Kontakt bekamen, zuckte er unwillkürlich zurück, denn das Gestein fühlte sich nicht kalt an, womit er gerechnet hatte, sondern warm, und es schien unter der ersten Schicht regelrecht zu leben.

So war es auch mit der Haut und mit den geheimnisvollen Flügeln, die der Mönch erreichte, wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte.

Blieb nur noch das Schwert, das er erforschen wollte. Er drehte sich nach rechts. Die Klinge mündete dort in den Griff, wo sich seine Stirn befand, und der Mönch streckte beide Hände aus, um das Schwert zu berühren.

Es war der Schritt in den Tod!

Kaum hatte er Kontakt und blickte auf die schmale, lange goldene Klinge, als es wie ein heftiger Schlag durch seinen Körper fuhr. Der Mönch stellte sich auf die Zehenspitzen, seine Gestalt wurde für eine winzige Zeitspanne durchsichtig, im nächsten Augenblick brach er tot zusammen und blieb vor den Füßen der Figur liegen.

Er hatte dem Sensenmann trotzen wollen, das war ihm nicht gelungen.

Die Figur aber öffnete ihr Maul, und ein heiseres, triumphierendes Lachen drang aus der lippenlosen Öffnung, denn mit dem Tod dieses Menschen hatte der Höllenbote neue Kraft bekommen.

***

Als man Jahrhunderte später in den Bergen Rohstoffe entdeckte, da bastelte die Regierung an einem gewaltigen Plan. Man musste die Schätze der Erde ausbeuten, denn der Weltmarkt verlangte nach mehr Rohstoffen, und es wurde fast jeder Preis gezahlt.

Teams fuhren in die Berge. Anhand der Messergebnisse wurde verglichen, wo Sprengungen den größten Erfolg zeigen konnten. Dort setzte man den Hebel an. Ein Berg verschwand völlig. Modernster Sprengstoff aus der chemischen Hexenküche jagte ihn in die Luft.

Die Einheimischen jedoch lauschten dem Grollen nach und begannen, hinter vorgehaltener Hand zu flüsterten: »Yuisan, der Höllenbote grollt. Er wird es nicht hinnehmen, dass man seine Welt zerstört. Er kann sich furchtbar rächen. Wehe uns …«

Als wären ihre Worte verstanden worden, so sahen nicht nur sie, sondern auch die Techniker und Ingenieure das Wesen, das plötzlich über der Bergkuppe in der Luft schwebte.

Eine Gestalt mit breiten Flügeln und einem goldenen Schwert in der Hand. Mit dem drohte es, bevor es davonflog und nicht mehr gesehen wurde.

»Yuisan kehrt zurück«, hieß es wieder. »Jetzt ist er frei. Sie hätten die Berge so lassen sollen. Seine Rache wird uns alle treffen, jetzt hilft uns niemand …«

Die Chinesen irrten sich. Nicht sie traf die Rache des Höllenboten, sondern völlig andere Menschen in einem weit entfernten Erdteil. Denn niemand ahnte, dass Yuisan nur ein Spielball in den Händen anderer mächtiger Dämonen war.

***

Wenn mein chinesischer Freund und Kollege Suko so komisch herumdruckste, dann hatte er etwas auf dem Herzen und traute sich nicht, es auszusprechen.

Über das Telefon hinweg schaute ich ihn an, griff ein Lineal und richtete es wie einen Speer auf ihn. »Sag schon, Alter, was ist los?«

»Nichts.«

Ich lachte und schlug mit dem Lineal auf die Schreibtischplatte. »Natürlich hast du was. Das sehe ich dir an, du willst es nur nicht sagen.«

»Weil es eigentlich blöd ist.«

»Sag es trotzdem.«

»Ich habe heute einen Flyer bekommen. Eigentlich wollte ich es dir ja schon früher erzählen und dich fragen …«

»Wieso Flyer?«, unterbrach ich ihn. Er hatte ihn in einer Schublade bereitliegen, zog diese auf und holte das Blatt hervor.

»Wer hat dir das Blatt gegeben?«, wollte ich wissen.

»Ach, einer meiner zahlreichen Vettern.«

Ich verzog das Gesicht. Himmel, warum hatte ich auch gefragt? Sukos Vettern lebten verstreut in der ganzen Welt.

»Was ist es also?«, fragte ich.

»Eine Einladung.«

»Gut. Und wohin?«

»Zu einer Ausstellung«, klärte mich mein Partner auf.

Ich verzog die Mundwinkel. »Tu mir das nicht an. Willst du mich in ein Museum stecken?«

»Ich wäre ja selbst gegangen, aber ich hatte Shao versprochen, am Abend mit ihr zu einer Bekannten zu gehen. Wenn ich ihr jetzt mit der Ausstellung komme, dann …«

»Klar.« Ich nickte noch dazu. »Nur warum gehst du nicht morgen Abend?«

»Sie ist nur noch heute geöffnet.«

»Na denn.« Ich zündete mir die letzte Zigarette vor Feierabend an und beugte mich vor. »Was ist denn so Besonderes an dieser Ausstellung, wenn ich mal fragen darf?«

»Eigentlich ist es nur ein Bild.«

»Die ganze Ausstellung?«

»Nein, natürlich nicht. Es wird ein Bild gezeigt und ansonsten nur andere Dinge aus alter Zeit, die …«

Suko wusste nicht so recht weiter, und ich winkte ab. Dabei sagte ich: »All right, ich besuche in deinem Namen die Ausstellung. Aber sag mir mal, warum ich da hingehen soll.«

»John, es geht um das Bild. Das ist erst vor wenigen Wochen gemalt worden, aber es zeigt ein uraltes chinesisches Motiv. Den Yuisan.«

»Und wer ist das schon wieder?«

»Der Höllenbote.«

Aha. Mit dieser Bemerkung konnte ich schon mehr anfangen. Aber ich wusste noch immer nicht, weshalb Suko auf einem Besuch bestand. Das fragte ich ihn.

»Es geht allein um das Bild, John. Den anderen Schnickschnack kannst du vergessen. Dieses Bild zeigt Yuisan, den Höllenboten. Die Figur entstammt der chinesischen Mythologie, und man findet sie in zahlreichen Abbildungen und auch in Stein gehauen in irgendwelchen Bergdörfern.«

»Dann ist das Bild alt und aus dem Land herausgeschmuggelt worden«, stellte ich fest.

»Nein, das Bild ist neu. Gemalt hat es die Frau eines englischen Technikers. Und weil das Bild neu ist, erschreckt mich diese Tatsache so sehr. Die Frau hat ihre Erlebnisse und Eindrücke genau festgehalten. Ich habe Bekannte gesprochen, die sich in der Ausstellung umgesehen haben. Sie sprachen von einer beeindruckenden Realität. Deshalb möchte ich dich bitten, dir das Bild einmal anzusehen.«

»Wie sieht der Knabe denn aus?«

»Der Höllenbote?« Suko hob die Schultern. »Manchmal glaube ich, dass er ein Konkurrent des Eisernen Engels ist. Auf jeden Fall hat er Flügel.«

»Kann er mit Asmodinas Todesengeln zu tun gehabt haben?«, hakte ich nach.

»Nein, das auf keinen Fall, John. Aber ich will nicht zu viel spekulieren. Fahr hin, und sieh dir die Ausstellung einmal an. Am besten nur das Bild.«

Ich grinste. »Suko, du bist link. Da stimmt einiges nicht. Du tust so harmlos und sagst zu mir, sieh dir den Kram mal an. In Wirklichkeit aber …«

»… ist es viel schlimmer, John.«

»Was?«

»Ich habe da ein ungutes Gefühl, das will ich dir ehrlich sagen. Und zwar weil das Bild neu ist. Von einem meiner Vettern weiß ich, dass die Frau des Technikers das Bild nach dem Motiv gemalt hat, das sie mit eigenen Augen gesehen hat. Sie hat erzählt, dass es den Höllenboten wirklich gibt. Und nicht nur die Frau hat ihn gesehen, sondern auch andere Zeugen, die ihre Aussagen bestätigen. So liegt der Fall.«

»Dann könnte der Höllenbote ein Gegner von uns werden?«, hakte ich nach.

»Möglich.«

»Und warum gehst du dann nicht mit?«

»Es ist wirklich wegen Shao, John. Sie kennt dieses Monstrum auch. Wir haben mal darüber gesprochen. Wenn sie erfährt, dass es existiert …«

»Was nicht bewiesen ist«, fiel ich Suko ins Wort.

»Sicher. Aber allein die Möglichkeit macht ihr Angst. Shao ist da ein wenig sensibel. Wenn sie das erfährt, dann weiß ich nicht, wie sie reagieren wird.«

Ich drückte die Zigarette aus. »Na ja, wir werden sehen. Auf jeden Fall gehe ich bewaffnet.«

»Das wird am besten sein, obwohl ich glaube, dass nichts passiert.«

»Deine Sprüche haben mich eben heiß gemacht. Wo findet die Ausstellung eigentlich statt?«

»Nicht in einem großen Museum. Es ist ein ehemaliges Kino, das man für Ausstellungen mieten kann. Wenn du Maler wärst, könntest du dort auch deine Bilder zeigen.«

Dann nannte er mir die Adresse die Adresse.

In diesem Augenblick steckte Glenda ihren Wuschelkopf ins Büro. »Ich gehe dann«, sagte sie. »Schönen Abend noch, ihr beiden.«

Mir kam eine Idee. »Hast du schon was vor, Mädchen?«

»Für heute Abend?«

»Richtig.«

»Eigentlich nicht. Aber ich wollte meine Wohnung putzen. Frühjahrsputz, wie die Hausfrauen sagen.«

»Schade, ich hätte dich gern eingeladen.«

Glenda kam jetzt ganz ins Büro. »Kommt darauf an, was du dir hast einfallen lassen, Oberinspektor.«

»Ich dachte da an einen Gang ins Museum.«