John Sinclair Sonder-Edition 196 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 196 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Vampire, Werwölfe, Zombies - allesamt Puppen, aber naturgetreu nachgebildet, und ihr großer Zampano war Necroman. Ein Scheusal, ein Skelett mit einer Sense bewaffnet - selbst noch als Puppe lebensgefährlich.
Der fünfzehnjährige Tim Barker kaufte all diese Puppen von einem Trödler. Dass er damit nicht nur für einen grausamen Albtraum bezahlt hatte - was schon schlimm genug war -, begriff der Junge erst viel später. Dann, als Necroman plötzlich nicht mehr nur als Puppe sein mörderisches Unwesen trieb. Sein Geist irrte jetzt durch die Welt der Menschen, und seine tödliche Sense suchte Opfer ...


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Seitenzahl: 185

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Necroman

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Necroman

von Jason Dark

Vampire, Werwölfe, Zombies – alles Puppen, aber naturgetreu nachgebildet, und der große Mittelpunkt war Necroman. Ein Scheusal, ein Skelett mit einer Sense bewaffnet, auch als Puppe gefährlich.

Der fünfzehnjährige Tim Barker kaufte die Puppen von einem Trödler. Dass er für einen mörderischen Albtraum bezahlt hatte, merkte er erst viel später, denn Necroman gab es nicht nur als Puppe. Sein mörderischer Geist irrte durch die Welt der Menschen, und seine Sense suchte Opfer ...

Zuerst waren es nur die Wolken, die über den sturmgepeitschten Himmel trieben. Unheimliche und dunkle Gebilde. Manche riesengroß wie überdimensionale Häuser. Andere wiederum glichen mächtigen Klumpen, die ab und zu ihre Form verloren, wenn der Wind zu hart in sie hineinschlug.

Sie vermehrten sich. Aus einer bestimmten Richtung wehten sie herbei und wurden erst zu diesem mächtigen und bedrohlichen Riesen, wenn der Wind den Staub, den er aus einer unheilvollen Tiefe geholt hatte, auf dem Firmament verteilte. Der Himmel war eine riesige düstere Welt für sich und wartete auf weiteren Nachschub, der ständig herangetragen wurde und immer neue Figuren schuf.

Es war grauenhaft, denn der Wind blieb nicht stumm. Er heulte und pfiff, er produzierte Töne, die auch von einer überdimensionalen Knochenflöte hätten stammen können, auf der ein Riese spielte.

Es brodelte. Es donnerte in der Ferne. Blitze zuckten auf und ließen die Macht der Urgewalten ahnen. Sie stanzten Lücken in die Wolkenformationen, schufen wieder neue Gebilde, und der Wind packte und riss sie mit sich.

Das Spiel dauerte. Aus der Tiefe kam immer mehr Nachschub, und die größte aller Wolken raste explosionsartig in die Schwärze hinein, bis sie einen bestimmten Punkt erreicht hatte, an dem es sie plötzlich zerriss.

Die große Wolke flog förmlich auseinander, zerfaserte. Andere blieben, drehten sich im Kreis, und aus dem Dunkel entstand eine neue Gestalt.

Schwarz und bleich zugleich, denn unter der Schwärze leuchtete das fahle Gelb der alten Knochen. Ein Skelett war geboren. Riesig groß und mit einer Sense bewaffnet.

Es war der Necroman!

Tim Baker schlief, und Tim Baker träumte. Er schlief unruhig, denn sein Traum war schlimm. Wie schon so oft war er hineingeworfen worden, ohne es selbst lenken zu können, und er durchlebte den Schrecken dieser anderen Welt.

Ready für Freddy ...

So hatte er noch vor kurzem dem Freddy-Krueger-Kult gefrönt. Hatte davon geträumt, wie die Jugendlichen in einem dieser Filme in Freddys Alptraumwelt hineingezerrt zu werden, aber gelungen war ihm das lange nicht. Erst in den letzten Wochen hatten ihn die Träume eingeholt und ihn hineingeschafft in eine fürchterliche Welt.

Tim war einfach hineingefallen.

Kurz nach dem Einschlafen hatte er sich immer in einer wundervollen Umgebung wiedergefunden. Er war durch einen langen, hell erleuchteten Flur gelaufen, und er hatte am Ende des Flurs seine Freunde gesehen, die auf ihn warteten und ihm zuwinkten.

Er lief schneller, immer schneller, war auch sicher, sie zu erreichen und den einen oder anderen in die Arme schließen zu können, dann aber war es passiert.

Kurz vor dem Ziel hatten sich seine Freunde aufgelöst. Sie waren regelrecht verpufft und hatten Tim Baker im Stich gelassen. Wo er sie gesehen hatte, gab es nichts mehr, abgesehen von einem gewaltigen Loch in der Wand, aus dem ihm eine Eiseskälte entgegenwehte und er auch die schrecklichen Geräusche des heulenden und pfeifenden Windes hörte. Er konnte immer nur kurz in die andere Welt hineinschauen, wo er die dunklen Wolken in einer noch dunkleren Umgebung sah, und die Furcht plötzlich in ihm hochstieg und ihn lähmte.

Zuerst kippte Tims Körper nach vorn. Dann zerrte jemand an seinen Beinen, sodass er den Kontakt mit dem Erdboden verlor und waagerecht in der Luft lag.

Auch das dauerte nur einen kurzen Moment, denn der Sog verstärkte sich und schien aus unzähligen kleinen Armen zu bestehen, die seinen gesamten Körper umklammerten. Es gab keine Stelle, die nicht zusammengepresst wurde, selbst sein Hals war von einem dieser widerlichen Tentakel umschlungen.

Tim fiel.

Er hörte sich immer lauter schreien, als ihn der Sog in die Dunkelheit hineinzerrte, um ihn wenig später in die Wolken zu stoßen. Auch jetzt schrie er noch, obwohl sein Hals umklammert war, und er brüllte in das gewaltige Tosen hinein, in dem seine Stimme allerdings unterging. Die Angst war nun so groß, dass sie ihn fast umbrachte.

Der Himmel schluckte Tim. Die Wolken waren wie Mäuler. Sie schnappten nach ihm, sie spielten mit ihm, und er trieb wie ein loses Blatt im Herbstwind durch diese schreckliche Welt.

Sein Körper war zu einem Spielball geworden. Er drehte sich in der Luft. Immer höher und höher. Ohne je ein Ende finden zu können, raste er dem Himmel entgegen.

Tim Baker schrie noch immer. Diesmal nicht so sehr aus Angst. Er fühlte sich so schrecklich allein auf dem Weg ins Ungewisse. Niemand war da, der ihm half. Niemand würde ihm in dieser furchtbaren Welt zur Seite stehen, in der es nur Feinde gab.

Einer wartete auf ihn.

Tim wusste das.

Im Traum erlebte er diesen schrecklichen Horror. Er durchlitt jede Phase seines Flugs. Der Himmel mit all seinen dichten und düsteren Wolken griff nach ihm, trug ihn weiter, immer näher und näher dem Ziel entgegen, das hinter einer mächtigen schwarzen Wolke verborgen lag, in der sich ein riesiger Strudel rasend schnell drehte.

Tim wollte immer ausweichen, aber nie hatte er es geschafft. Auch heute nicht. Da waren die anderen Kräfte stärker, da jagte er wieder hinein, denn diese schwarze Hölle wartete auf ihn.

Sein Gesicht verzerrte sich in einer schon vorauseilenden Angst, denn er wusste genau, was auf ihn zukam.

Die Wolke war dicht, zu dicht. Er konnte nichts sehen, aber sie riss plötzlich auf. Rechts und links des Körpers waren die ersten blassen Schatten zu sehen. Die Lücken schienen mit einem bläulich weißen Licht gefüllt zu sein, das immer wieder flackerte, mal stärker und mal schwächer war. Die Schwärze war auf dem Rückzug, und auf einmal war sie weg. Tim hatte freie Sicht. Endlich.

Er schaute hinein in den Himmel, der ebenfalls schwarz war. Allerdings anders. Dichter und fetter, ein widerliches Schwarz, schon vergleichbar mit einer Mauer.

Aber sie bestand nicht aus Stein, und sie entließ eine fürchterliche Gestalt. Der fünfzehnjährige Träumer hörte sie schreien. Seine Stimme kippte über, denn die unheimliche Gestalt, die da auf ihn zuraste, als säße sie auf einem Surfbrett, war Necroman, der Menschensauger.

Tim wartete.

Necroman glitt ihm entgegen. Und er stand wirklich auf den Wolkenfetzen wie andere auf einem Surfbrett. Seine schreckliche Sense hatte er hoch über den Kopf gehoben, das gelbe Gebein schimmerte unter der Kutte, die der Wind geöffnet hatte, und seine Knochenhände hielten den langen Griff der Sense hart umklammert.

Dunkelgraue bis schwarze Wolkenfetzen trieben an ihm vorbei, als er auf den Jungen zu surfte. Ein Ruck ging durch die schreckliche Gestalt, denn sie drückte sich aus ihrer knienden Position in die Höhe, streckte die Arme und schwang seine Sense.

Tim schrie.

Die Sense fegte mit einem heulenden Pfeifton durch die Luft, und das scharfe Blatt würde seinen Weg kreuzen.

Der Schlag!

Tim Baker verlor seinen Kopf!

Der Kopf war durch die Wucht in die Höhe geschleudert worden und schwebte jetzt über dem Körper. Plötzlich brachen wasserfallartig Blutströme aus seinen Augen hervor.

Dann zerplatzte der Kopf in einer sprühenden Wolke aus Blut, Gehirn und Knochen. Begleitet vom schaurigen und gellenden Lachen Necromans. Es war so laut, dass Tim Baker dadurch aufwachte ...

Schweißgebadet blieb der fünfzehnjährige Junge in seinem Bett liegen, hielt die Augen krampfhaft offen und starrte auf das, was über ihm schwebte. Da waren keine düsteren Wolken, keine unheimlichen Gebilde und kein schwarzer, zäher Schlamm, aus dem sich irgendwann eine Gestalt hervorschälte, um ihn mit der Sense zu enthaupten. Da war nur die Zimmerdecke von Tims Zimmer, das sein eigenes kleines Reich war.

Tim atmete nicht, er keuchte. Aus seiner Kehle drangen ächzende Laute hervor. Auf der Zunge lag ein bitterer Geschmack, und auch mit dem ihn umgebenden Geruch wurde er nicht fertig. Aber die Erinnerung an den Traum war schlimmer als die Realität, denn Tim konnte sich einfach nicht davon lösen.

Das kannte er. Fast in jeder Nacht erlebte und durchlitt er den gleichen Horror, und jedes Mal erwachte er schweißgebadet. Zudem erlebte er seinen eigenen Herzschlag wie ein gewaltiges Pumpwerk.

Die Luft wurde ihm knapp. Jedenfalls hatte er Mühe mit der Atmung.

Nach dem Alptraum dauerte es immer eine Weile, bis er normal empfinden konnte, aber so brutal wie in dieser Nacht hatte er den Ausflug in die Alptraumwelten noch nie erlebt. Er hatte wirklich das Gefühl gehabt, als wäre ihm durch das Sensenblatt der Kopf abgetrennt worden, und seine zitternden Finger fuhren an der Brust entlang in die Höhe, um sich zu vergewissern, dass er wirklich noch seinen Kopf hatte. So stark hatte ihn der Traum mitgenommen.

Tim ließ seine Hand dicht unter dem Kinn auf der Brust liegen und bewegte sich zunächst nicht. Seine weit geöffneten Augen starrten die Decke an, die sich zum Glück nicht in ein Meer aus schwarzen Wolken verwandelte.

Er musste warten. Es würden noch Minuten vergehen, bis er sich wieder zurechtfand. Dann würde er aufstehen und einen Schluck Wasser trinken. Danach würde er das Licht einschalten und sich in seinem kleinen Reich umschauen.

Das brauchte Tim einfach, denn er wollte sehen, dass sich in seiner Umgebung nichts verändert hatte und tatsächlich alles nur ein schrecklicher Traum gewesen war.

Noch ließ er alles dunkel. Das gräuliche Viereck, hinter dem die kalte Winternacht lauerte, war das Fenster. Der Schnee brachte etwas Helligkeit.

Vor dem Fenster stand sein überladener Schreibtisch. Der PC hatte darauf seinen Platz gefunden. Die Maus hatte er mit einem grünen Leuchtstreifen beklebt, sodass sie immer gut zu sehen war. Videospiele stapelten sich, Blätter und Kugelschreiber ebenso und ein Bild, auf dem zu sehen war, wie er eine Ehrenurkunde beim Sport entgegennahm. Alles so wunderbar normal. Wie auch das helle Regal, der schmale Kleiderschrank und natürlich die Glotze, deren Bildschirm vom Bett aus zu sehen war.

Nahe der Tür war es am dunkelsten. Und hier hob sich ein kantiger Umriss ab. Sein liebstes Spielzeug!

Andere sammelten Autos, Kronkorken oder Aufkleber. Tim aber sammelte Puppen oder Figuren aus einem bestimmten Genre.

Der Junge blieb noch liegen, allerdings hatte er den Kopf jetzt so gedreht, dass er auf die Kiste schauen konnte. Er nahm sie nur als Einheit wahr, dennoch spürte er bei dem Gedanken an seine Sammlerstücke ein ungewöhnliches Kribbeln auf der Haut. Er wollte nicht von Angst oder Furcht sprechen, eher von einem komischen Gefühl, und es ärgerte ihn auch, dass sich sein Herzschlag noch immer nicht normalisiert hatte. Dieser Traum hing ihm wirklich nach.

Er war ja auch schlimm gewesen, so überdeutlich und wahrhaftig.

Tim Baker richtete sich auf und drückte die Decke zur Seite. Im Zimmer war es warm. Obwohl er sonst nie in einem warmen Raum schlief, war es bei dieser schon extremen Kälte doch besser, wenn die Heizung lief. Außerdem isolierten die Mauern nicht besonders.

Der graue Schlafanzug mit der roten Halskrause klebte an seinem Körper. Tim war verschwitzt und wäre am liebsten unter die Dusche gegangen, aber nicht um halb eins morgens, denn so spät war es mittlerweile geworden.

Erst langsam gewöhnte sich der Junge daran, dass der Traum für ihn vorbei war. Aber nicht richtig, denn in seinen Gedanken arbeitete er ihn noch immer auf. Diese schlimme Düsternis und auch die unheimliche Gestalt wollten ihm nicht aus dem Kopf. So intensiv hatte er den Traum niemals zuvor erlebt. Als wäre mit ihm oder durch ihn für Tim eine neue Ära eingeläutet worden.

Aber es war alles normal geblieben. Nichts hatte sich in seinem Zimmer verändert, und so war es eigentlich nur die Erinnerung, die ihn störte.

Oder war da noch etwas anderes? Ja, er nahm wieder diesen fremden Geruch wahr.

Tim blieb weiterhin auf dem Bett sitzen und dachte über den Geruch nach. Natürlich war er fremd, und natürlich passte er nicht in dieses Zimmer. Er kam auch nicht von draußen, das Fenster war ja geschlossen. Er musste aus einer Quelle hier im Zimmer stammen.

Tim forschte weiter. Sein Gesicht war angespannt. Er wollte herausfinden, woher der Geruch stammte. Das aber war ihm nicht möglich, denn der Geruch war überall. Oben, unten, rechts und links. Und er musste in den letzten Sekunden zugenommen haben, denn dermaßen intensiv hatte er ihn noch nie zuvor wahrgenommen.

Ohne Quelle kein Geruch.

So ging Tim seine Überlegungen an, schob sie aber beiseite, weil er zunächst herausfinden wollte, wonach es eigentlich stank. Normal jedenfalls war der Geruch nicht, das wusste er. Aber er war ihm auch nicht unbekannt. In einer nicht so starken Konzentration hatte er ihn bereits wahrgenommen.

Der entstand immer dann, wenn Fleisch verfaulte, eine tote Ratte im Keller lag oder ...

Er war plötzlich aufgeregt. Sein Herz schlug schneller. Er wusste Bescheid, und trotzdem wollte er es nicht wahrhaben, weil es einfach keinen Grund für diesen Geruch zu geben schien. Und doch blieb er.

Tim stöhnte plötzlich auf, denn jetzt hatte er genau herausgefunden, wonach es stank.

Nach Moder!

Auch weiterhin blieb der Junge sitzen, ohne sich zu rühren. Er verkrampfte innerlich und schüttelte nach einer Weile den Kopf, dabei presste er seine Hände gegen den Leib, als sei ihm plötzlich übel geworden. Für ihn gab es einfach keine logische Erklärung.

Aber den Gestank bildete er sich nicht ein. Süßlich roch es, aber auch streng. Die einzelnen Nuancen fand er nicht heraus. Und so entschied sich Tim für den Ausdruck widerlich, und er fragte sich plötzlich, ob der Geruch etwas mit seinem schrecklichen Traum zu tun hatte.

Das war für ihn zwar unlogisch, aber seinen Traum empfand er ebenfalls nicht als logisch.

Starr hockte er im Bett. Die Müdigkeit war verflogen. Dieser Traum und jetzt der Gestank würden auch weiterhin dafür sorgen, dass er nicht wieder einschlafen konnte.

Tim war neugierig geworden. Er wollte der Quelle des Gestanks auf den Grund gehen und wuchtete seinen Körper nach rechts, um das Bett zu verlassen.

Dabei streckte er den Arm aus und drückte auf den kleinen Knopf am Fuß der Leuchte. Sie stand auf seinem Nachttisch, direkt neben dem Wecker.

Dann stand der Junge auf, schlüpfte barfuß in die Pantoffeln, reckte sich, sah den Schatten, den sein Körper warf, ging die ersten Schritte, um herauszufinden, woher der Gestank genau kam.

In der Nähe des Schreibtisches roch es weniger intensiv.

Tim Baker drehte sich wieder um. Er schaute jetzt auf die Tür. Die Innenseite war mit dem Plakat eines Gruselfilms dekoriert. Es zeigte Freddy Krueger, den Kinderjäger, in einer überheblichen Pose, und er winkte dem Betrachter dabei mit seinen Stahlfingern zu, während er selbst breit grinste.

Tim mochte das Plakat, sonst hätte er es ja nicht aufgehängt. In diesem besonderen Augenblick allerdings hasste er es, und er hätte es am liebsten von der Wand gerissen und in den Müll gestopft.

Der Junge musste den Tatsachen ins Auge sehen. Der Geruch nahm dort zu, wo auch das Plakat hing. Stank es etwa? War Freddys Moder aus dem Papier herausgelaufen?

Das war unmöglich, und er wusste es auch. Trotzdem ging er auf das Plakat zu, blieb davor stehen und konzentrierte sich auf den Gestank.

Tim zitterte. Er wollte nicht einmal lachen oder lächeln. Wieder krallte eine besondere Kraft sein Herz zusammen. Sein Blick blieb auf der seltsamen Kiste ruhen. Aber es handelte sich nicht gar um eine Kiste oder eine Truhe, sondern um eine Puppenstube.

Zumindest sah das Ding so aus. Es war vorn offen, damit die Puppen, Figuren oder Gegenstände ohne Schwierigkeiten hineingestellt werden konnten.

Mädchen spielten mit Puppenstuben. Zwar nicht mehr so häufig wie früher, doch es gab sie noch.

Aus dieser besonderen Puppenstube aber wehte ihm der widerliche Gestank entgegen. Er war jetzt so intensiv, dass Tim den Atem anhalten musste. Er konnte sich den Gestank nicht erklären, würde ihn auch nicht mehr lange ertragen können.

Ich brauche mehr Licht, dachte er. Es ist zu dunkel hier. Zum Glück hatte er eine Beleuchtung in seine Puppenstube eingebaut. Das hatte ihn zwar Mühe und Arbeit gekostet, aber es hatte sich gelohnt. Den Schalter fand er an der Rückseite. Um ihn zu erreichen, musste er sich bücken, tastete sich an dieser harten Holzwand entlang, fand den Schalter sehr schnell und presste den rechten Daumen auf den Knopf, wobei er versuchte, den Atem anzuhalten oder nur durch die Nase Luft zu holen.

In der nach vorn offenen Kiste wurde es hell. Zwei Lampen gaben von verschiedenen Seiten Licht ab. Den Jungen hätte es nicht gewundert, einen nebelhaften, stinkenden Schleier durch das Licht treiben zu sehen, aber das war nicht der Fall. Das Licht blieb normal und beleuchtete die Gegenstände, die der Junge aufgestellt hatte.

Tim kniete sich, um in sein kleines Reich hineinschauen zu können. Darin befanden sich seine ›Puppen‹. Nur waren die nicht niedlich, sondern Monster. Und in der Mitte, beinahe wie ein Herrscher auf seinem Thron, hockte ein ganz bestimmtes Monstrum.

Necroman!

Da an den Straßenrändern Schneehaufen lagen, war es für die Autofahrer jetzt noch schwieriger, in der Millionenstadt London einen Parkplatz zu finden. Und zu diesen Menschen gehörten auch Glenda Perkins und ich.

Die Hauptstraßen waren vom Schnee befreit worden, nicht aber die Seitenstraßen, denn dort lag das Zeug noch herum und hatte inzwischen eine sehr unschöne Farbe bekommen. Ein verblichenes Grau. Dreck und Staub klebten darauf, waren festgefroren, und erst höhere Temperaturen würden das Zeug zum Schmelzen bringen. Auf diesen Matsch ›freute‹ ich mich schon jetzt.

Unser Ziel lag in einer dieser Seitenstraßen, und so suchte ich jetzt hier nach einem Parkplatz, um den Rover abstellen zu können. Im Schritttempo rollte ich an der grauen Böschung entlang, ohne jedoch eine Lücke zu finden.

»Wir hätten doch die U-Bahn nehmen sollen«, sagte Glenda.

Ich hob nur die Schultern.

»Nicht?«, fragte sie.

»Sollen wir wieder zurück zum Yard fahren und uns in die U-Bahn setzen?«

»Nein.«

»Dann suchen wir eben weiter.«

Wir waren an dem schmalen Haus, zu dem wir mussten, bereits vorbeigefahren, da hatten wir plötzlich Glück.

Nein, es stieg kein Fahrer in sein Auto, um auszuparken, etwas anderes passierte. Wir sahen einen der berühmten Londoner Polizisten, einen Bobby. Der Mann trug einen langen Wintermantel und hatte den Kragen hochgestellt, um die Lücke zum Helm zu schließen.

Der Bobby kam uns entgegen. Ich ließ das Fenster nach unten fahren und merkte erst jetzt, wie kalt es geworden war.

Der Bobby hatte uns gesehen. Als ich gestoppt hatte, stampfte er durch eine Lücke auf den Rover zu. Wir hörten die knirschenden Geräusche und sahen auch die Atemfahne des Kollegen, als er sich zum Fenster bückte. Er tippte grüßend gegen seinen Helm und erkundigte sich freundlich, ob er uns behilflich sein könnte.

»Wir suchen einen Parkplatz«, sagte ich.

Dem Bobby klappte beinahe die Kinnlade nach unten. Mit einem derartigen Wunsch war wohl noch niemand an ihn herangetreten. »Ähm – wie bitte?«, fragte er.

»Wir suchen einen Parkplatz. Nicht für lange, aber wir brauchen einen.«

Der Mann hatte Humor. Zumindest lachte er. »Soll ich einen Wagen wegtragen?«

»Nein, das nicht, aber ich möchte meinen gern auf dem Gehsteig parken. Oder zumindest halb.«

Der Polizist holte tief Luft. Ich ahnte, dass er zu einer harschen Kritik ansetzen würde, bevor er allerdings das erste Wort herausbrachte, hielt ich ihm bereits meinen Ausweis entgegen.

Er starrte ihn an. Nun klappte sein Mund zu. »Aha, Scotland Yard also.«

»Sehr richtig.« Ich lächelte ihn freundlich an. »Und wir sind dienstlich unterwegs.«

»Wo wollen Sie denn hin?«

»Zu Marty Lambert.«

Der Bobby nickte. »Das ist der Trödler.« Er bewies durch diese Antwort, dass er sich hier auskannte. »Ich habe schon immer vermutet, dass er etwas ausgefressen hat und ...«

»Das steht nicht fest«, unterbrach ich ihn. »Und wir glauben es auch nicht. Wir wollen ihm einen Besuch abstatten, weil er uns darum gebeten hat.«

»Gut, machen Sie das.« Er strich über seinen kalten Helm. »Wenn Sie ein Stück zurückfahren, können Sie den Wagen neben dem Laden abstellen, auch wenn dort alles vollsteht. Parken Sie in der zweiten Reihe. Sollte einer der anderen hinausfahren wollen, sage ich Ihnen Bescheid.«

»Sie sind ein Engel!«, sagte Glenda und lächelte den Uniformierten honigsüß an, sodass dieser einen roten Kopf bekam.

»Das ist doch ein Vorschlag«, sagte ich. Die Scheibe fuhr wieder in die Höhe, und wir rollten zurück. Der Bobby folgte uns.

Mit der Hand gab er das Stoppzeichen, nachdem ich mich auch richtete. »Sind Sie jetzt zufrieden, Miss Perkins?«, fragte ich spöttisch.

»Sehr sogar. Wozu ein Ausweis von Scotland Yard nicht alles gut ist, mein Lieber.«

»Genau.«

Wir stiegen aus und sahen, dass der uniformierte Kollege bereits an der Ladentür wartete. Wie gesagt, es war sehr kalt, auf der Straße zeigte sich kaum jemand, und die Läden, die sonst mit offenen Türen zum Betreten einluden, hatten aus Energiegründen die Türen geschlossen.

Der Geruch verbrannter Kohle drang in unsere Nasen. Hier waren noch nicht alle Häuser mit Zentralheizungen ausgerüstet. In vielen Altbauwohnungen standen noch Kohleöfen.

Ich wollte Glenda durch den schmutzigen Schnee helfen, aber sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich selbst.«

»Wie du willst. Schließlich trägst du ja auch die Schuld daran, dass wir hier durch die Kälte laufen. Und du hättest ja im Büro bleiben können.«

»Ja, im Prinzip schon. Nur spielt sich unser Dienst zum Glück auch oft im Freien ab.«

»Jetzt redest du wie ein Beamter.«

»Ich bin Beamtin«, erwiderte sie mit gespielter Verärgerung.

»So!«, sprach uns der Bobby wieder an. »Geben Sie Acht, wenn Sie die Treppe hinunterlaufen, die Stufen sind oft glatt.«

Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Danke für den Rat.« Dann ging ich vor und näherte mich der Außentreppe, deren Stufen vor der Ladentür endeten. Das Geschäft lag im Souterrain, also tiefer als das Straßenniveau.

Die Stufen waren wirklich glatt. Zum Glück konnten wir uns an einem Geländer festhalten.

Dass wir hier herumturnten, lag an Marty Lamberts Anruf. Er hatte mit mir sprechen wollen, ich aber war zu dem Zeitpunkt nicht im Büro gewesen, mein Freund Suko ebenfalls nicht. So hatte Glenda den Anruf entgegengenommen und einen Termin für den folgenden Tag vereinbart.