John Sinclair Sonder-Edition 208 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 208 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Angela Sarti war die perfekte Killer-Maschine. Als Terroristin hatte sie begonnen, war dann aber ‚umgedreht‘ worden und mordete nun für den fragwürdigsten aller geheimen Dienste der USA, für den der Zweck selbst größte Verbrechen, wie zum Beispiel Mord, rechtfertigte.
Als sie dann aussteigen wollte, war das ihr vermeintliches Todesurteil: die eigenen Leute lockten sie in eine Falle und exekutierten die Killerin.
Was die mörderischen Schergen des Geheimdienstes aber nicht wussten: Angela war schon vor langer Zeit vom mächtigen Dracula II zur Vampirin gemacht worden. Als Höllenbotin kehrte sie nun zurück, um Rache zu nehmen an denen, die sie verraten hatten. Und meine beiden Freunde, Suko und der G-man Abe Douglas, und ich bekamen es nun nicht nur mit der todbringenden Untoten zu tun, sondern auch mit eiskalten Killern von Staats wegen ...


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Seitenzahl: 196

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Die Höllenbotin

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Die Höllenbotin

von Jason Dark

Angela Sarti war die perfekte Killer-Maschine. Als Terroristin hatte sie begonnen, war dann aber »umgedreht« worden und mordete nun für den fragwürdigsten aller geheimen Dienste der USA.

Als sie überraschend aussteigen wollte, war das ihr vermeintliches Todesurteil: Die eigenen Leute lockten sie in eine Falle und exekutierten die Killerin.

Was die mörderischen Schergen des Geheimdienstes aber nicht wussten: Angela war schon vor langer Zeit vom mächtigen Dracula II zur Vampirin gemacht worden. Als Höllenbotin kehrte sie nun zurück, um Rache zu nehmen an denen, die sie verraten hatten. Und ich bekam es nicht nur mit der todbringenden Untoten zu tun, sondern auch mit eiskalten Killern von Staats wegen ...

Die schlanke Hand reichte Angela Sarti die Waffe. »Sie ist neu, Angie, nagelneu. Du verstehst?«

»Sicher.« Angela nahm die Luger an sich. Für einen Moment klebten ihre Blicke am Metall fest, was den Mann auf dem Fahrersitz etwas irritierte.

»Stört dich was?«

Ein hauchdünnes Lächeln umspielte die Lippen der Frau. »Sie riecht nach Tod.«

Der Mann lachte hart und kratzig. »Sie ist der Tod, Angie. Nein, noch besser, du bist der Tod. Du bringst ihn mit. Er ist dein unsichtbarer Begleiter. Niemand sieht ihn. Niemand ahnt etwas von ihm, und deshalb bist du auch so gut.«

»Vielleicht.«

Der Mann berührte sie mit dem linken Zeigefinger.

»Du bist die Beste, die wir haben. Du wirst deine Sache so gut wie immer machen und dann verschwinden. Es ist heute nicht einmal schwer. Unser Freund sitzt allein am Tisch. In der Ecke. Dort, wo du zu den Toiletten gehen kannst. Er hockt da und grübelt. Er wartet, und er denkt, er wäre wertvoll für uns. Aber das stimmt nicht. Er ist Abfall, verstehst du? Nichts als Abfall.«

»Und Abfall beseitigt man«, sagte Angela.

»Sehr richtig.«

»Dann bin ich eine Müllfrau.«

Der Mann wiegte den Kopf. »Sagen wir, du bist die Frau für den menschlichen Müll.«

Diesmal lachte sie, und es klang auch nicht gut.

»Den man irgendwann einmal beseitigt – oder?«

Angelas Kontaktmann versuchte, empört auszusehen.

»Teufel, was denkst du von uns?«

»Vielleicht das Richtige. Ich erledige für euch die Drecksarbeit. Würde ich es nicht tun, säße ich hinter Zuchthausmauern. Aber der Verein hat ja eine lange Hand.«

»Und du hast einen Kontrakt.«

»Ich weiß. Nur hat er mir nie gefallen. Das habe ich dir schon beim letzten Auftrag gesagt.«

»Hört sich fast so an, als wolltest du Schluss machen.«

Angela Sarti lächelte mit geschlossenen Lippen. »Alles ist möglich, mein Freund.« Sie fing den glasharten Blick der Männeraugen auf und sah das Nicken ihres Begleiters.

»Du wirst es schon schaffen. Wie immer.«

»Klar, wie immer.«

Es waren ihre letzten Worte, bevor sie die Wagentür öffnete und hinaustrat in den kalten Wintermorgen. Eine Frau, die eine schwarze Lederjacke trug, einen dunklen Schal, eine braune Hose und eine dunkle Brille. Rötlich-schwarzes Haar wehte im Morgenwind. Der Gang der langen Beine war federnd, und Angela drehte sich nicht einmal um.

Ein Fehler, denn hätte sie es getan, dann hätte sie möglicherweise gesehen, wie der Mann im Wagen telefonierte und sein Gesicht dabei einen zufriedenen Ausdruck zeigte.

Angela überquerte einen mit Bäumen bewachsenen Straßenteiler, ließ zwei Autos passieren und schritt auf das Haus mit der grauen Fassade zu. Die untere Front wurde von einem kleinen Lokal eingenommen, eben einem Bistro.

Sie konnte schlecht hineinschauen, denn das Sonnenlicht spiegelte sich in der Fensterscheibe. Aber ihr Informant hatte nicht gelogen. Es saß nur ein Gast im Lokal. Der Mann hinter der Theke blätterte in einer Zeitung. Er schaute hoch, als Angela die Tür aufdrückte und kühlere Luft in den mit Kaffeeduft geschwängerten Raum mitbrachte. Sie erfasste alles mit einem Blick. Es gab nur wenige Tische. Vier insgesamt. Zwölf Stühle zählte sie an den runden Tischen. An der Theke standen auch noch drei, und der Wirt erhob sich kurz, um nach Angelas Wünschen zu fragen.

»Espresso«, sagte sie.

»In Ordnung.«

Sie wollte den kleinen Schwarzen nicht im Stehen trinken, sondern nahm an einem Tisch Platz. Er stand im günstigen Winkel zu dem, an dem der zweite Gast saß. Angela kannte ihn nicht einmal mit Namen. Angeblich war er Libyer und jemand, der durch sein Wissen verdammt gefährlich werden konnte. Er trank Kaffee und hatte seinen langen Mantel nicht ausgezogen. Die Schöße schleiften über den Boden hinweg. Der Mann selbst starrte verloren in die Tasse oder auf die dunkle Tischplatte. Angela hatte er nur einen kurzen Blick gegönnt.

Die Espressomaschine zischte. Der Wirt pfiff irgendeinen Schlager. Er kam mit der kleinen Tasse an Angelas Tisch und stellte sie dort ab. »Bitte sehr.«

»Danke.« Sie schaute kaum hoch, blickte dem Wirt auf seinem Weg zur Theke aber nach. Sie wunderte sich über dessen Gang, der so gar nichts Schlurfendes an sich hatte. Dieser Typ ging federnd, wie jemand, der sportlich durchtrainiert ist.

Die Frau überlegte. Sie führte die kleine Tasse mit der linken Hand an den Mund. Die rechte hatte sie in die entsprechende Tasche der Lederjacke geschoben, wo ihre Finger mit dem dünnen Handschuh darüber die Luger umfassten.

Überlegen ist für einen Killer schlecht. Besonders so dicht vor der Tat. Das ging zumeist nicht gut. Menschen, zu denen auch sie sich zählte, die dachten nicht nach. Sie schossen und kassierten. Das allein war ihr Credo.

Auch bei Angela. Bisher jedenfalls. Nun war sie unsicher geworden. Außerdem wollte sie raus aus dem Kontrakt, den sie noch nicht ganz erfüllt hatte. Das sollte kein Hindernis sein.

Was tun?

Der Kaffee war gut, wenn auch etwas bitter. Sie schaute zur Theke. Der dunkelhaarige Wirt kümmerte sich wieder um seine Zeitung. Draußen passierten Menschen das Bistro, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Auf Angela wirkten sie meilenweit entfernt.

Was war hier anders als bei den normalen Aufträgen? Nichts war anders. Abgesehen von ihrem dummen Gefühl. Sie hatte sogar ideale Bedingungen erhalten. Kaum Zeugen, und der Wirt war möglicherweise eingeweiht. Die Firma ermöglichte vieles. Es gab kaum eine Institution, die einen so langen und starken Arm besaß.

Der Libyer schaute noch immer nicht auf. Er hatte sich in seinen Gedanken verloren, und sein Kaffee war sicherlich schon kalt geworden.

Angela leerte die Tasse.

Dann stand sie auf.

Die rechte Hand blieb in der Seitentasche der Lederjacke. Fest und trotzdem auch irgendwo locker umspannte ihre Hand den Griff der Pistole. Noch war es nicht so weit. Sie brauchte etwas mehr Platz und ging von ihrem Stuhl weg.

Dann zog sie die Waffe.

Der Libyer saß genau in der Schusslinie. Er musste etwas gesehen haben, aber er tat nichts. Er schaute sie nur an. So starr und zugleich mitleidig.

Das hatte die Killerin noch nie erlebt. Sie zögerte mit dem ersten Schuss. Vielleicht nur für die Dauer einer halben Sekunde. Doch was ihr da durch den Kopf ging, das glich schon einem Film, dessen Bilder sehr schnell vor ihren Augen entlangglitten.

Sie sah sterbende Menschen. Männer, die im Kugelhagel zusammenbrachen. Sie sah die zerfetzten Leiber derjenigen, die eine Bombe getötet hatte. Sie bekam einfach alles zu Gesicht. Es waren Erinnerungen, die sich in ihrem Kopf gespeichert hatten, und sie sah sich selbst. Eingekreist, eingekesselt, ohne Chance. Jede Menge Mündungen auf sich gerichtet.

Die Bilder verschwanden.

Der Libyer erschien wieder.

Sein Gesicht war so groß, so bleich und zugleich durch den Schock gezeichnet.

Angela Sarti schoss.

Sie zielte auf das Gesicht des Mannes, das sie als Profi einfach nicht verfehlen konnte. Es wurde zerrissen. Die ersten beiden Kugeln zerschlugen es mit einer schon widerlichen Brutalität. Die dritte Kugel jagte sie in die Brust des Mannes, den die Einschläge zurückgeworfen hatten. Er rutschte vom Stuhl, als hätte er Schläge erhalten. Sein steifer Körper prallte auf den Boden. Das Gesicht war von den Einschüssen völlig zerstört worden, doch Angela schaute nicht hin. Sie kannte diese Bilder zur Genüge.

Stattdessen fuhr sie herum!

Die Aktion hatte nur wenige Sekunden Zeit in Anspruch genommen. Das nächste war die Flucht und eventuell ein zweiter Toter, falls der Wirt nicht mitspielte.

Bisher hatte die Firma immer dafür gesorgt, dass ihr auch der Rücken gedeckt wurde.

Auch jetzt spielte der zweite Mann wieder mit. Nur anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Er stand noch hinter seiner Theke, doch die Waffe, die er jetzt festhielt, gehörte nicht zu seinem Handwerkszeug. Es war eine kurzläufige, sehr moderne Maschinenpistole, und sie spie augenblicklich ihre tödliche Ladung aus ...

Angela wollte es nicht glauben. Sie war eine Frau mit wahnsinnig guten Reflexen, die in diesem Augenblick jedoch versagten. Zu sehr hatte dieser Anblick getroffen. Sie dachte noch an ihr seltsames Gefühl, aber sie kam nicht dazu, noch zu reagieren. Da streikte ihr Körper plötzlich, und die Hand mit der Luger war auch so wahnsinnig schwer geworden.

Vor der Mündung schimmerten die fahlen Blitze. Noch immer konnte die Frau nicht glauben, dass sie das Ziel der Kugeln war. Bis sie von den Einschlägen getroffen wurde, die wie eine diagonal gezeichnete Naht ihren Körper von unten nach oben zeichneten.

Sie flog zurück.

Sie sah Blut aus ihren Wunden fließen oder spritzen. Und sie sah mit einer ungewöhnlichen Klarheit ihren Mörder, der mit einem Satz über die Theke sprang, auf sie zulief und dabei auf ihren Kopf zielte, um ihn ebenfalls mit Kugeln zu bestücken.

Er schoss nicht mehr.

Dafür schaute er auf das letzte Zucken des rechten Arms. Die Tote lag zwischen den Tischen, und dieses letzte Zucken sah aus, als hätte das Schicksal Regie geführt. Die noch zur Faust geschlossenen Finger der rechten Hand öffneten sich. Durch die Schräglage konnte die Pistole aus der Hand rutschen. Wertlos blieb sie liegen.

Der Mann mit der MPi atmete auf. Er trat gegen den Körper. Kein Lebenszeichen. Die Garbe hatte optimal getroffen.

»Kleine, böse Angela«, sagte er und lachte. »Du hattest gedacht, deinen Vertrag nicht erfüllen zu brauchen. Ein Irrtum, und manche Irrtümer enden tödlich.«

Danach ging er zu dem Libyer. Auch hier reichte ein Blick aus, um festzustellen, dass er nicht mehr lebte.

An der Tür erschien der Umriss eines Mannes. Der Wirt winkte ihm zu. Wenig später betrat der Mann aus dem Wagen das Bistro. Er schaute sich kurz um und nickte zufrieden, während er an seinen Handschuhen zupfte. »Ist ja alles erledigt, Raoul.«

Der Wirt nickte. »Und wie, Chef.«

»Gut, zwei Fliegen mit einer Klappe.« Er wedelte mit seiner Rechten. »Machen Sie sich an die Arbeit und beseitigen Sie den Abfall.« Er musste lachen.

Raoul wusste nicht, weshalb. Wie hätte er auch diesen Insider-Joke verstehen können ...?

Ich bin tot! Ich bin tot!

Die Schreie tobten in ihrem Kopf. Hammerschläge, wie auch immer. Die Worte malträtierten Angela, und die eben erlebte Todesszene lief immer und immer wieder vor ihren Augen ab.

Ich bin tot!

Wiederholung. Verzweiflung. Tot – tot – tot ...

Der Wirt. Die Waffe. Die Schüsse. Die Bewegungen. Sehr langsam, zeitlupenhaft. Die harten, wuchtigen Einschläge der Geschosse. Ihr Körper wurde zurückgewuchtet. Er war wie ein Blatt gewesen. Ein totes, ein altes Blatt.

Nein, unmöglich. Tote können nicht denken. Tote sind tot. Es gibt kein Leben mehr. Keine Bewegungen, kein Atmen, auch keine Gedanken. Sie war völlig durcheinander. Sie konnte fühlen, hören, sogar sehen, obwohl die Welt um sie herum verschwommen war. Sie war aber nicht tot. Männer, die Umgebung mit den Stühlen, den Tischen und der Theke. Alles verzerrt, sodass lebende Personen wie Gummipuppen wirkten.

Der Blick verzerrte sich weiter. Er wurde noch düsterer. Verschwamm immer mehr. Die Düsternis nahm zu. Ein dichtes Grau, das wie große Wolken anschlich und alles bedeckte.

Wo waren die Schmerzen? Sie mussten einfach vorhanden sein, denn die Kugeln hatten Löcher in ihren Körper gerissen. Sie hatte ihr eigenes Blut gesehen. Sie war zu Boden gefallen, sie hatte sogar noch geächzt oder geschrien.

Jetzt das hier.

Nichts mehr.

Kein Tod. Denken können, sogar etwas sehen, trotz des Graus. Sie vernahm Stimmen, war allerdings nicht in der Lage zu verstehen, was die Männer miteinander sprachen.

Das Leben war vorbei wie ein nächtlicher Traum. Sie war über die Schwelle geschritten, aber nicht in die Welt des Todes hinein, sondern in eine andere Dimension.

Angela Sarti lag auf dem Boden. Nichts an ihr bewegte sich mehr. Sie atmete nicht. Sie lebte auch nicht mehr, aber sie existierte trotzdem und lebte auf ihre Art und Weise. Sie spürte, dass sich ihr eine gewaltige Kraft näherte. Sie bewegte sich lautlos heran. Sie war mächtig, wie ein großer Vorhang, und aus seiner Mitte schob sich etwas hervor, das Angela auch mit geschlossenen Augen hätte sehen können, weil es sich ebenfalls in ihrem Kopf aufbaute.

Ein Bild – ein Gesicht!

Düster und irgendwie auch unheimlich. Allerdings auch beherrschend, und Angela glaubte fest daran, dass dieses Gesicht etwas mit ihr zu tun hatte. Sie wusste es. Es war ungemein wichtig für sie in ihrer weiteren Existenz, die nicht vom Tod gezeichnet war.

Das Gesicht schob sich näher. Vielleicht wich auch die graue Umgebung zurück, sodass die Tote in der Lage war, es besser ›sehen‹ zu können. Das Gesicht eines Mannes. Bleich, mit leicht eingefallenen Wangen, hoher Stirn, leicht gekrümmter Nase und sehr düsteren und bohrend wirkenden Augen.

Angela sah, wie sich die geschlossenen Lippen zu einem breiten Lächeln verzogen, als wäre dies das Startsignal für eine Veränderung gewesen, die sich auf der bleichen, breiten und auch hohen Stirn abzeichnete. Dort erschien etwas Rotes, dessen Umrisse leicht flimmerten. Es war nicht zu erkennen, ob sich dort ein Kreis oder ein Oval abmalte. Es verdichtete sich immer stärker, als würde es aus der Tiefe des Kopfes entsprechenden Nachschub erhalten.

Kein Kreis, kein Oval – ein Buchstabe.

Ein D!

Übergroß im Vergleich zur Stirn. Mächtig, strahlend, in einem düsteren und blutigen Rot. Dieser eine Buchstabe beherrschte das Gesicht, als wollte er es terrorisieren. Die Strahlung breitete sich auf der Stirn aus und rann auch hinein in die Augen, deren dichte, schwarze Pupillen ebenfalls einen blutigen Schein erhielten.

Das Gesicht stand einfach vor Angela. Nur dieses Gesicht. Es gab keinen Oberkörper. Sollte es ihn gegeben haben, er wäre sicherlich in der das Gesicht umgebenden Schwärze verschwunden.

Das Lächeln der Lippen verschwand. Der Mund zog sich für einen Moment zusammen, bevor er sich öffnete. Allerdings ohne zu lächeln, denn jetzt präsentierte die Gestalt ihre wahre Erscheinung. Etwas ragte aus dem Oberkiefer hervor. Hell, in einer gelblichweißen Farbe, an den Enden leicht gebogen, aber spitz.

Ein Vampirgesicht!

Angela Sarti war tot. Kugeln hatten sie getroffen, aber sie wusste plötzlich, dass dieses Gesicht erschienen war, um ihr eine entsprechende Hoffnung zu geben.

Ein Vampir, der Hoffnung gab! Wieso?

Die ›Tote‹ grübelte. Sie dachte genau nach. Die Vergangenheit drückte sich aus der Tiefe hervor, und plötzlich kehrte wieder die Erinnerung zurück.

Ja, da war etwas gewesen. Damals. Vor ihrer Zeit als Killerin, und noch vor ihrer Zeit als Terroristin. Jemand war zu ihr gekommen. Ein Mensch in Schwarz, der ihr ein Versprechen gegeben hatte, als hätte er in die Zukunft schauen können.

Wie war es noch gewesen? Was hatte er zu ihr gesagt? Was hatte er ihr damals gegeben?

Ein Souvenir. Ein gefährliches, ein blutiges ...

Ihre Gedanken verwischten. Sie kam nicht mehr zurecht. Etwas stoppte sie immer wieder. Möglicherweise auch deshalb, weil sie das Gesicht zu intensiv wahrnahm. Sie sah die beiden Zähne, die ihr keine Angst einflößten. Sie starrte auf die Lippen, die jetzt lächelten, was so etwas wie ein Anfang war, denn sie wusste genau, dass dieser Fremde und ihr gleichzeitig doch so Vertraute etwas vorhatte.

Er wollte ihr etwas mitteilen!

Waren es Worte? Oder nur Gedanken, die durch ihren Kopf schossen? Jedenfalls empfing sie eine Botschaft, die sie nie vergessen würde. Tief drang sie in ihre Erinnerung ein.

»Du kannst nicht sterben. Nicht, solange ich dich beschütze. Ich habe dir damals etwas versprochen, und nun ist es an der Zeit, dieses Versprechen einzuhalten. Ich legte vor einigen Jahren den Keim in dir, und dieser Keim hat wachsen, sich vermehren und wer weiß was können. Er hat dich mit mir zusammengebracht, durch ihn sind wir aneinandergekoppelt worden, und das werden wir ausnutzen. Du und ich ...«

Angela Sarti starrte auf das Gesicht. Die Augen einer Toten, die normalerweise nichts sahen, entdeckten jedes Detail, und sie kam auch allmählich damit zurecht.

Wie war das noch gewesen?

Verzweifelt versuchte Angela, ihre Vergangenheit zu durchleuchten. Die Kindheit und Jugend konnte sie vergessen, das war längst begraben. Aber die Zeit des Hasses war noch frisch in der Erinnerung geblieben.

Damals hatte sie dem Staat und seinen Repräsentanten schweren Schaden zugefügt. Als mörderische Angela war sie in der Terrorszene ein Begriff gewesen. Sie hatte als unfassbar gegolten. Keinem der Terroristenjäger war es gelungen, sie zu fassen. Zumindest in den ersten Jahren nicht. Bis man sie dann doch gestellt hatte. Auch umstellt. Man hatte sie in die Enge getrieben. Noch jetzt sah sie sich in diesem alten Haus sitzen, beinahe schon eine Ruine. Versteckt in einem schmutzigen Keller, die Waffe in der Hand, den Lauf in den Mund geschoben, den Finger am Abzug. Sie war bereit gewesen, abzudrücken, weil sie nicht in die Hände ihrer Jäger fallen wollte.

Dann war die Gestalt erschienen. Ein Stück Dunkelheit in der Düsternis. Sie war einfach nur dagewesen, und auf ihrer Stirn hatte das rote D gestrahlt so wie jetzt.

Dieser Mann hatte sie davon abgehalten, sich selbst zu töten. Er hatte sich zu ihr gesetzt und sie umarmt. Es war ihr nicht gelungen, sich gegen diesen Einfluss zu wehren. Er war einfach zu stark gewesen, er hatte sie gestreichelt, und seine Stimme war so wunderbar beruhigend gewesen. Leise und trotzdem intensiv hatte er auf sie eingesprochen und sie dazu überredet, sich von ihm auf eine besondere Art und Weise lieben zu lassen.

In dieser Lage damals war ihr alles egal gewesen, und so hatte sie sich dem Fremden hingegeben.

Ein wunderbarer Liebesbeweis. Etwas, das sie nie zuvor erlebt hatte. Der Fremde hatte sie zurückgedrückt und sie nicht einmal entkleidet. Er hatte sich mit ihrem Gesicht und auch mit ihrem Hals beschäftigt. Und dann hatte er an der linken Seite zugebissen. Nur ganz leicht, es hatte so gut wie nicht wehgetan. Aber es war für beide sehr wichtig gewesen, besonders aber für sie.

Noch jetzt dachte sie an das Saugen und auch leise Schmatzen, das sie vernommen hatte. Für eine kurze Zeit nur hatte diese Gestalt ihr Blut getrunken. Wenige Tropfen, nicht mehr, dann hatte er sich wieder aufgerichtet und sie angeschaut.

Noch jetzt sah sie die Szene überdeutlich vor sich. Sein Lächeln, die beiden Vampirzähne, an deren Spitzen noch zwei Tropfen hingen, die er schließlich mit einem Schlag seiner Zunge weggeleckt hatte.

»Du bist jetzt eine von uns!«, hatte der unheimliche Fremde gesagt. »Niemals wird man dir das Leid antun, mit dem andere Menschen in deiner Lage in Berührung kommen. In diesem Moment habe ich dir ein zweites und ein besonderes Leben gegeben.«

»Ja? Wer bist du?«

»Jemand, der einmal auf der anderen Seite gestanden und Terroristen gejagt hat. Der nun aber bekehrt wurde und deshalb seine wahre Bestimmung fand. Ich heiße Will Mallmann, nenne mich Dracula II, weil ich seine Tradition fortführen will. Einzig und allein die Tradition des Blutsaugers und nicht die des Herrschers, denn auf den normalen Thron möchte ich nicht steigen. Ich habe dich durch meinen Biss zu einer Schläferin gemacht, um in der Tradition zu bleiben. Du wirst schlafen, du wirst auf Eis gelegt, und zwar so lange, bis ein bestimmtes Ereignis eintritt und ich dich wieder brauchen werde.«

»Ja, ja ...«

Er hatte sie angelächelt und sie mit seinen kalten Totenhänden gestreichelt. »Alles wird gut werden für dich, auch wenn es nicht so aussieht. Du wirst deinen Feinden keinen Widerstand entgegensetzen. Lass dich festnehmen und versuche, mit ihnen etwas auszuhandeln. Ich bin mir sicher, dass sie darauf eingehen werden.«

»Was denn?«

»Denk nach, Angela. Sie sind zwar mächtig, aber sie sind nicht allmächtig. Sie suchen immer wieder nach Menschen, die hin und wieder für sie arbeiten. Verstehst du?«

Angela hatte nicht lange zu überlegen brauchen. Sie hatte ihn verstanden, obwohl ihr noch zahlreiche Fragen auf der Zunge lagen. Die konnte sie nicht mehr stellen, denn der andere hatte sich lautlos zurückgezogen. Er war in die dunkelste Stelle des Kellers abgetaucht, und Angela hatte ihn nicht mehr gesehen, bis auf das rote D. Aber auch das tanzte plötzlich in der Luft, und sie hatte zudem Geräusche gehört. Ein heftiges Flappen, als wäre jemand dabei, mit einem nassen Lappen durch die Luft zu wischen.

Die Schwärze hatte angefangen zu tanzen. Ein heftiges Hin- und Herzucken. Danach hatte sie nur einen sich heftig bewegenden Schatten gesehen, der in einem Irrflug durch die Finsternis geglitten und dann durch die Tür verschwunden war.

Nichts mehr war zurückgeblieben. Sie hätte an einen Traum glauben können, aber es war keiner gewesen. Angela brauchte nur an ihre linke Halsseite zu fassen, um herauszufinden, dass sie keinen Traum erlebt hatte. Dort fühlte sie die winzigen Wunden, kaum größer als Mückenstiche, aber sie wusste auch, dass diese beiden Wunden für ihr weiteres Leben entscheidend waren.

Die feuchte Kälte und auch die Stille in diesem Ruinenkeller hatten sie umklammert. Von ihren Feinden draußen war nichts zu hören gewesen. Sie ließen sich Zeit, aber sie gaben ihr auch eine letzte Chance. Urplötzlich vernahm Angela die durch ein Megaphon verstärkte Stimme, die sie aufforderte, sich zu ergeben.

Sie überlegte nicht lange, stand auf und schrie in den Flur hinein. »Ich werde kommen, nicht schießen!«

»Akzeptiert!«

Die nächsten Minuten waren die schlimmsten in Angela Sartis Leben gewesen. Sie hatte sich so schwach und zugleich gedemütigt gefühlt. Sie war steif daher geschritten und trotzdem mit zittrigen Knien. Mit erhobenen Händen war sie die alte Treppe hochgestiegen, ohne etwas sehen zu können, denn der Strahl eines hellen Scheinwerfers hatte sie geblendet.

Am Ende der Treppe war sie dann in Empfang genommen worden. Starke Hände hatten sie zu Boden gerissen und auf den Bauch gedreht. Arme und Beine gespreizt. Schwere Schuhe stemmten sich in ihren Rücken. Finger tasteten sie hastig ab und fanden keine Waffen.

Angekettet war sie dann in den gepanzerten Mannschaftswagen geschafft worden. Dort hatte man sie noch einmal angekettet, und sie war auch geschlagen worden.

Apathisch hatte sie alles hingenommen. Die späteren Verhöre ebenfalls. Man hatte sie leiden lassen, über Stunden, Tage und Wochen hinweg. Bis zu einem Zeitpunkt, wo man sie in diese Wohnung geschafft hatte, in der alles so warm und gemütlich war. Sie hatte sich baden und umziehen können, und sie hatte mit einem Mann am Tisch gesessen, dessen Gestalt im Dunkeln verschwamm. Nur seine Stimme hatte sie gehört. Sie war zuerst sehr anklagend gewesen. Er hatte ihr erklärt, was man ihr vorwarf und welche Strafe sie erwartete. Die andere Seite würde kein Pardon kennen und sie töten.

Aber man gab ihr eine Chance.

Zusammenarbeit.

Sie war eine Killerin. Das wusste Angela, das wusste auch die andere Seite. Und sie wollte an den Erfahrungen der Frau teilhaben.

»Bleibt mir eine Wahl?«, hatte sie gefragt.

»Nein!«

»Dann stimme ich zu!« Im Innern hatte sie gelächelt, denn sie dachte an die Begegnung mit dem Vampir. Im Nachhinein kam er ihr vor wie ein Prophet, denn seine Voraussage hatte sich erfüllt.

»Sehr gut!«, hatte die Antwort des Unsichtbaren und Unbekannten gelautet. »Sie wissen, dass es kein Zurück für Sie gibt und Sie uns auch nicht leimen können.«

»Ich kenne mich aus.«

»Dann werden wir Sie in den nächsten Wochen vorbereiten. Sie bekommen eine Schulung. Danach erst werden wir Sie in unseren Dienst einstellen.«

»Was soll ich tun?«

»Das, was Sie immer getan haben.«

»Sicher.«

»Oder können Sie noch etwas anderes?«

Du Arschloch, dachte Angela. Du verdammtes Arschloch. Aber sie hielt sich zurück und presste die Lippen zusammen, denn sie wollte nicht, dass ihr eine Antwort herausrutschte.