John Sinclair Sonder-Edition 210 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 210 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

In der japanischen Mythologie ist Enma-Hoo der Herrscher über die Hölle. Durch einen Spiegel ist ihm unter anderem der Blick auf die Augen der Menschen gestattet, in denen sich all die Sünden abzeichnen, die sie je in ihrem Leben begangen haben. Enma-Hoo entscheidet dann, ob er über sie richten soll oder nicht.
So erzählt es die alte Legende.
Manchmal aber werden Legenden wahr. Wie auch die Sage um Enma-Hoo. Nur richtete er nicht selbst. Diesmal schickte er einen Helfer. Es war Kato, das Janus-Monster. Und es hatte sich ausgerechnet Sukos Partnerin Shao als erstes Opfer ausgesucht ...


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Seitenzahl: 195

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Das Janus-Monster

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Das Janus-Monster

von Jason Dark

In der japanischen Mythologie ist Enma-Hoo der Herrscher über die Hölle. Durch einen Spiegel ist ihm unter anderem der Blick auf die Augen der Menschen gestattet, in denen sich all die Sünden abzeichnen, die sie je in ihrem Leben begangen haben. Enma-Hoo entscheidet dann, ob er über sie richten soll oder nicht.

So erzählt es die alte Legende.

Manchmal aber werden Legenden wahr. Wie auch die Sage um Enma-Hoo. Nur richtete er diesmal nicht selbst, sondern schickte einen Helfer. Es war Kato, das Janus-Monster. Und es hatte sich ausgerechnet Sukos Partnerin Shao als erstes Opfer ausgesucht ...

Nagato blieb vor der Kellertür stehen und holte den Revolver hervor. Gelassen schraubte er den Schalldämpfer auf die Mündung. Im Prinzip war es nicht nötig, denn in dieser Abgeschiedenheit hätte kein Fremder den Schuss gehört. Der Mann wollte trotzdem auf Nummer Sicher gehen.

Er mochte die Umgebung nicht. Sie war ihm zu schmutzig. Nur konnte er sich als Henker die Orte seiner Taten nicht aussuchen. Die waren durch andere vorbestimmt worden. Er ging dorthin, wo man ihn hinbestellte und machte seine Arbeit gut. Egal, welche Waffe man ihm anvertraute, er sorgte stets für ein schnelles und sicheres Ende. Auf dem Weg in den Keller hatte ihn niemand beobachtet. Er war dafür bekannt, dass er zu den lautlosen Killern gehörte. Spuren hinterließ er nie. Er war ein Phantom, das zusätzlich für eine perfekte Tarnung gesorgt hatte.

Den Mann, den er an diesem Abend töten sollte, kannte er nicht. Es war wie immer. Zu seinen Opfern hatte er nie persönliche Beziehungen gepflegt. Hingehen, töten, verschwinden. Es war Nagato auch egal, ob er einen Mann oder eine Frau umbrachte. Bei ihm musste nur die Kasse stimmen, und das war stets der Fall.

Die Kellertür besaß ein Schloss. Den passenden Schlüssel hatte man Nagato geschickt. Er holte ihn aus der Tasche hervor, und schob ihn ins Schloss.

Er brauchte keine Furcht davor zu haben, gestört zu werden. Das Haus war leer. Der Keller war ebenfalls leer – bis auf dieses eine Verlies, das Nagato nun öffnete. Er beeilte sich nicht. Zeit stand ihm genug zur Verfügung. Die Tür hatte stärker ausgesehen, als sie es tatsächlich war. Relativ leicht schwang sie ihm entgegen.

Der Mann starrte in das dunkle Loch. Er sah sein Opfer nur schemenhaft, denn im Verlies gab es kein Licht. Dafür strömte ihm der Geruch entgegen.

Nagato verzog die Nase. Er mochte diesen Gestank nicht. In ihn hinein mischten sich die Ingredienzen der Angst. Mochte für ihn ein Menschenleben auch keinen Wert haben, die Mischung aus Todesschweiß und manchmal auch Urin ging ihm gegen den Strich.

Eine Hand hatte Nagato frei. Er holte die flache Lampe hervor und schickte den Strahl nach vorn.

Der Delinquent hockte auf dem Boden. Seinen Rücken hatte er gegen die Mauer gepresst. Er war gefesselt und geknebelt. Die Augen waren ihm nicht verbunden worden. Über dem Klebebandstreifen sahen sie aus wie große Kugeln, in die sich die Angst hineingefressen hatte. Auf der Haut klebte der Schweiß. In ihn hatte sich der Schmutz hineingemischt, und aus seiner Nase war eine helle Flüssigkeit gelaufen.

Er trug helle Kleidung. Der Kopf war beinahe kahl geschoren. Die Hose in Höhe des Schritts war nass.

Nagato ekelte sich wieder. Er mochte den Angstgeruch nicht. Menschen sollten auch im Tod noch ihre Würde behalten. Das war bei dieser Person nicht der Fall. Sie hatte sich gehenlassen. Jeder Feind hätte vor ihr ausgespien.

Auch Nagato verachtete ihn. Den Grund für das Todesurteil kannte er nicht. Er wollte ihn auch gar nicht hören. Man wandte sich an ihn, um gewisse Probleme aus der Welt zu schaffen, das war alles.

Wie oft spiegeln Blicke der Menschen ihren Zustand wider. Hier war es nicht anders. Der Killer las in den Augen die Summe der Schrecken, die das Opfer durchlitten hatte. Nur störte er sich daran nicht. Mitleid konnte er sich nicht leisten. Es wäre einfach das Ende seiner Karriere gewesen und damit sein Tod.

Seine Auftraggeber fanden immer einen, der besser war als er. Dies akzeptierte er, und deshalb wich er keinen Schritt von den bestimmten Regeln ab.

Er ging auf den Mann zu. Einen Schritt nur, das reichte völlig aus. Der Schein der Lampe blieb auf das Gesicht des Opfers gerichtet. Es bewegte sich jetzt. Unter dem Klebeband drangen dumpfe Laute hervor. Worte, die nicht mehr gesprochen werden konnten und deshalb so verfremdet klangen.

Nagato störte das nicht. Er blieb eiskalt. Der Schalldämpfer saß perfekt wie die Stricke, die jemand um den Körper des Mannes gebunden hatte. Sie umschlangen die Beine und die Arme des Mannes. Dennoch schaffte er es, die Beine anzuziehen. Er schabte mit den Hacken über den rauen Boden hinweg, als wollte er Nagato eine letzte Botschaft übermitteln, es doch nicht zu tun.

Es hatte keinen Sinn. Jemand wie Nagato hatte noch nie gezögert, einen Auftrag durchzuführen.

Er schaute in die Tiefe. Der Keller war schmutzig. Der Dreck lag wie festgebackener Schleim auf dem Boden. Genau die richtige Umgebung, um zu sterben.

Der Gefangene versuchte es noch einmal. Er riss seine Augen so weit auf, dass es ihn schmerzen musste. Nagato verstand die stumme Frage, er hörte auch weiterhin das Schaben der Füße über den Boden, und er schüttelte den Kopf.

Es war die einzige Regung oder Kontaktaufnahme, die er sich erlaubte.

Dann senkte er die Waffe.

Er visierte den Kopf an.

Nagato schoss nie einmal. Er ging stets auf Nummer Sicher und drückte zweimal ab.

Manchmal lächelte er, wenn er killte. In diesem Fall nicht. Da blieb sein Gesicht starr. Der Killer war ein perverser Mensch. Irgendwie waren das alle Mörder. Er aber genoss stets den Augenblick kurz vor dem Ende des Opfers.

Dann trat in die Augen des Opfers ein bestimmter Ausdruck. Es war dieses Wissen um den Tod, das sich dort zeigte. Der absolute negative Kick, wie Nagato es für sich formulierte.

Darauf wartete er.

Ja, der Ausdruck kam. Es war wie immer. Diese Veränderung des Blicks. Das Wissen darum, dass sein Leben vorbei war. Noch einmal schickte die Seele die schrecklichen Empfindungen in die Augen hinein, die letztendlich nur ein Spiegel waren.

Nagato schoss nicht.

Noch nicht!

Er hätte schießen müssen. Der Ausdruck des Menschen hielt nie lange an. Er tat es trotzdem nicht. Sein Finger lag bereits am Abzug des Revolvers. Die Augen schauten auch über den Schalldämpfer hinweg. Es war alles perfekt.

Trotzdem zögerte Nagato!

Da war etwas, das er nicht verstand. Nicht sichtbar, nicht in seiner Nähe, aber durchaus vorhanden. Es war um ihn herum, sodass er sich plötzlich wie ein Gefangener fühlte.

Der Killer hatte so etwas noch nie erlebt. Er war stets abgebrüht gewesen, ein eiskalter Todesengel, der vor einem Mord nicht zurückschreckte.

Heute aber war es anders. Er konnte es sich nicht erklären. Jemand hielt sich in seiner Nähe auf, den er nicht sah. Es konnte auch eine andere Kraft sein, so genau wusste er das nicht. Er kämpfte um eine Erklärung. Schweiß brach aus ihm aus. Etwas, das ihm noch nie widerfahren war. Nagato konnte seine Gefühle nicht mehr steuern. In seinem Innern tobte die fremde Kraft, die ihn ebenso umfangen hielt wie die sichtbaren Stricke den anderen.

Nagato schluckte. Sein Speichel schmeckte bitter. Hinter der Stirn war das Blut warm geworden. Er fühlte sich wie von geheimnisvollen Geistern umgeben. Besuch aus einem Schattenreich. Die Boten des Todes glitten auch auf ihn zu.

Er drehte den Kopf. Nagato war kein hektischer Mensch. In diesem Fall bewegte er sich wie eine Puppe, deren Kopf von einem Band bewegt wurde. So eckig sah er aus, wenn er nach rechts und links blickte. Mit großer Willensstärke versuchte er, sich zusammenzureißen. Nur jetzt keinen Fehler machen. Er musste seinen Auftraggebern Vollzug melden, sonst war er an der Reihe.

Das Andere und Unsichtbare lenkte ihn immer stärker ab. Es wollte ihn weg aus dem Keller treiben. Nagato kämpfte mit aller Willenskraft dagegen an. Er würde sich nicht ablenken lassen.

Mit einer schon mühsam wirkenden Bewegung hob er die Waffe wieder an. Er schüttelte dabei den Kopf, um zu beweisen, dass er gegen das Fremde anging. Er hörte das Knirschen, seiner Zähne. Durch seinen Kopf tobte ein Sturm. Die Gefühle waren außer Kontrolle geraten. Wenn er noch lange wartete, konnte er den Auftrag vergessen.

Schießen – zweimal!

Er drückte ab.

Der Schuss war kaum zu hören. Bei anderen Morden hatte er nach dem ersten Schuss stets eine gewisse Befreiung gespürt. Die fehlte jetzt.

Den nächsten Schuss führte er rein automatisch aus. Entgegen seiner Art schoss er noch ein drittes Mal.

Echos oder Geräusche hatten sehr gedämpft geklungen. Da war es wie immer gewesen, aber hier hatten sich die Dinge verändert. Keine Erleichterung, kein zufriedenes Lächeln, das um seine Lippen spielte. Alles war anders, so verdammt anders. So wie er musste sich der Gefangene eines Fluchs fühlen.

Bei seinen vorherigen Taten hatte er sich das Opfer sofort angeschaut. Auch eine gewisse Sicherheit, denn er wollte nicht, dass es noch lebte.

Hier musste er zur Seite gehen und sich an der Wand stützen. Er fühlte sich verloren, ausgepowert. So etwas war ihm noch nie passiert, und die Umgebung schwankte tatsächlich vor seinen Augen.

Er stierte nach vorn.

Der Mann hockte noch immer auf dem Boden. Nur war er jetzt schlaff und deshalb ein wenig nach rechts zur Seite gesunken. Und sein Gesicht sah nicht mehr so aus wie sonst. Zwei Kugeln hatten es getroffen. Eine davon hatte im Klebeband ein Loch hinterlassen. Die dritte Kugel steckte in der Brust des Toten.

Nur am Kopf war das Blut zu sehen. Am Körper so gut wie nicht. Da wurde es von der dunklen Kleidung aufgesaugt.

Der andere war tot. Er würde nie mehr zurück ins Leben kehren. Nagatos Auftrag war erfüllt. Er hätte sich eigentlich zufrieden, sogar glücklich fühlen können, weil die ›Arbeit‹ wieder einmal so perfekt gelaufen war. Diesmal war alles anders.

Nagato hatte nicht vergessen, was zuvor mit ihm geschehen war. Diesen Sturm der Gefühle wertete er als Angriff. Irgendwer wollte nicht mehr, dass er weiter mordete. Er hatte ihm so etwas wie eine Warnung geschickt.

Nein, er hielt sich nicht für abergläubisch. Nur tief in seinem Innern verborgen, da hielten sich noch die Regeln der alten Erziehung. Da wusste er, dass es nicht nur die sichtbare Welt gab, sondern auch eine andere, mit der Menschen normalerweise keinen Kontakt bekamen. Sie konnten diese Welt weder sehen noch betreten. Aber die anderen Kräfte waren stärker. Ihnen gelang es oft, Grenzen einzureißen, um Menschen wieder auf den rechten Weg zu bringen.

Sicherheitshalber leuchtete er den Toten noch einmal an. Damit würde er keine Probleme mehr bekommen. Er hatte letztendlich gute Arbeit geleistet.

Es ging ihm auch wieder besser. Der Schweiß lag zwar noch auf seinem Körper, er bekam nur keinen Nachschub mehr. Nagato hatte sehr dünne Spezialhandschuhe über seine Hände gestreift. Er mochte sie plötzlich nicht mehr. Das Material brannte auf der Haut. Er hütete sich davor, die Handschuhe abzustreifen. Noch einmal mit der Lampe leuchten. Nach Spuren suchen, die er hinterlassen haben könnte.

Nichts zeichnete sich ab. Wie immer hatte er spurlos gearbeitet.

Er hätte darüber froh sein können und es sogar sein müssen. In diesem Fall stimmte das nicht. Der Ansturm der fremden Gefühle kurz vor der Tat hatte ihn aus dem Rhythmus gebracht.

Da war etwas nicht in Ordnung gewesen. Es hatte eine Veränderung gegeben, und genau die bereitete ihm Sorge. Nagato gehörte nicht zu den Pessimisten. In seinem persönlichen Fall kam ihm die Zukunft nicht mehr so strahlend hell vor.

Das bereitete ihm Kopfzerbrechen ...

Ich lehnte mit der Schulter am Türrahmen und schaute zu den beiden Frauen hin, die sich gedreht hatten und mich anlächelten. »Also, wenn ich es nicht mit meinen eigenen Augen sehen würde, ich würde es kaum glauben.«

»Ach«, sagte Glenda. »Was würdest du denn nicht glauben?«

»Dass du und Shao ...«

Sie ließ mich nicht ausreden. »Dass wir beide uns entschlossen haben, auszugehen?«

»Genau das.«

Glenda nickte. »Es gibt eben Tage, an denen wir Frauen uns das gleiche Recht herausnehmen wie die Männer. Ihr geht ja auch in die Kneipen und Pubs. Warum sollen wir nicht mal ausgehen und Sushi essen? Dir schmeckt es ja doch nicht. Außerdem sind wir unter uns und können in aller Ruhe sprechen.«

»Reden, meinst du.«

»Wieso?«

»Suko und mich durch den Kakao ziehen.«

Glenda verdrehte die Augen und winkte ab. Sie wandte sich mit der nächsten Frage an Shao. »Sag ehrlich, sind die Männer so wichtig, dass wir nur über sie reden?«

»Nein, bestimmt nicht.«

Glenda lächelte breit. »Da hast du's, John! Ihr seid überhaupt nicht wichtig.«

Ich drehte mich und schaute zu Suko hin, der in einem Sessel saß und dem Gespräch amüsiert zugehört hatte. »Sag du doch auch mal was. Ich brauche Unterstützung.«

Suko hob die Schultern und griente. »Was soll ich dazu sagen? Du bist tatsächlich kein Sushi-Fan.«

»Außerdem warte ich auf eine Einladung von dir, John, schon seit Wochen«, gab Glenda bekannt. »Hättest du dich eher gemeldet, wäre alles klar gewesen.«

»Immerhin hatte ich auch zu tun.«

Glenda winkte ab. »Beim Finden von Ausreden könntest du alle vier Jahre die Goldmedaille holen.«

»Keiner mag mich«, beschwerte ich mich und hatte ebenfalls Mühe, das Lachen zu unterdrücken. »Wie ich sehe, stehe ich hier auf verlorenem Posten. Da kann ich euch dann nur viel Spaß und ein tolles Essen wünschen.«

»Danke, beides werden wir haben!«, erwiderte Jane.

Das musste man ihnen glauben, denn sie hatten sich chic gemacht. So richtig in Schale geworfen. Um Unterschiede aufzuzeigen, hatten sich die beiden Hosenanzüge übergestreift. Glenda Perkins trug einen hellen, und Shao hatte sich für ein dunkles Outfit entschieden, es aber durch ein cremefarbenes Top aufgehellt, während sich Glenda für ein dunkles entschieden hatte. Man merkte ihnen an, dass sie Spaß hatten, und mit einer lässigen Bewegung kam Glenda auf mich zu. »Du kannst uns ja zusammen mit Suko abholen, schlage ich vor.«

»Mal schauen.«

»Wie lange wird es ungefähr dauern?«, fragte Suko. Er stand vor Shao und hauchte ihr zwei Küsse auf die Wangen.

»Zwei, drei Stunden.«

»Die Zeit schlagen wir auch tot.«

Glenda strich über mein Kinn. »Ach ja, was ich dir noch sagen wollte, John. Dosensuppen schmecken auch, habe ich mir sagen lassen. Vorausgesetzt, man ist nicht zu anspruchsvoll. Aber das ist man bei dir ja nicht gewohnt.«

»Danke, ich habe verstanden.«

Beide Frauen lachten und verließen die Wohnung. Ich blieb noch und ging nicht nach nebenan. Suko hatte sie bis zur Tür gebracht, kehrte zurück und lächelte. »Den beiden macht es wirklich Spaß, mal allein ausgehen zu können. Gönnen wir es ihnen.«

»Klar, außerdem bin ich wirklich kein unbedingter Sushi-Freund. Dazu muss man geboren sein.«

»Und was machen wir?«

Ich warf einen Blick zur Uhr. »Ich wollte noch etwas lesen und auch in die Glotze schauen.«

»Dann in zwei Stunden.«

»Alles klar.«

»Hast du denn Hunger?«

Ich stand schon im Flur und drehte mich um. »Nein, und erst recht nicht auf rohen Fisch ...«

Der Taxifahrer war sehr höflich und öffnete beiden Frauen die Türen, was er nicht immer tat. Shao und Glenda fühlten sich geschmeichelt, und besonders Glenda war davon angetan. »Es gibt doch noch Kavaliere«, erklärte sie, bevor sie die Rechnung zahlte und das kavalierentsprechende Trinkgeld hinlegte.

Das japanische Lokal, das sich die Frauen ausgesucht hatten, gehörte zu den Adressen, die in der letzten Zeit in waren. Wie eben auch das Sushi-Essen. Da galt es schon als eine Schande, wenn jemand noch nicht diese japanische Spezialität kannte. Bestimmte Restaurants hatten sich eben hervorkristallisiert und erfreuten sich eines großen Zulaufs. Man wollte eben mitreden können. Dementsprechend schwer war es, Plätze zu bekommen.

Glenda und Shao hatten sicherheitshalber schon vor zwei Wochen reservieren lassen. So würden sie keine Sitzprobleme bekommen. Zudem hatten sie sich die Plätze an der viereckigen Theke reservieren lassen. Dort saßen die Gäste allerdings auf Barhockern. Dieses Zugeständnis musste man den europäischen Gästen schon machen.

Das Restaurant hieß Hibiskus. Es versteckte sich in einer Nebenstraße und war eigentlich nur für Kenner zu finden. An der Fassade leuchtete eine Hibiskusblüte, und gar nicht mal weit entfernt begann eine andere Welt. Dort hatte sich ein Straßenstrich etabliert mit schon älteren Frauen, die sich ebenso wenig an dem Lokal störten wie die Gäste sich an ihnen. Für viele war es sogar chic, in eine etwas ›verrufene‹ Gegend zu fahren.

Vor dem Lokal stand ein Aufpasser in roter Uniform, die Litzen und Straß besetzt war. Der Mann lächelte permanent. Sein Gesicht schien eine einzige Sonne zu sein, die nie unterging.

Auch die beiden neuen Gäste lächelte er freundlich an und fragte sicherheitshalber, ob sie reserviert hatten. »Haben wir, Meister der schönen Uniform«, erklärte Glenda.

»Dann wünsche ich den Damen einen guten Appetit und sehr viel Vergnügen.« Galant hielt er den beiden die Tür auf. Glenda und Shao betraten das Lokal, in dem die Garderobe nicht abgegrenzt, sondern integriert worden war.

Abzugeben hatten sie nichts. Ein ganz in Schwarz gekleideter Geschäftsführer nahm sich ihrer an, verglich ihre Namen mit den eingetragenen in der Reservierungsliste und führte sie dann vorbei an den niedrigen Tischen mit den Sitzkissen darum zur Theke hin, diesem offenen Karree, in dem auch gekocht wurde. Eine gewaltige Dunstabzugshaube sorgte für entsprechend reine Luft, sodass von der Küche, in der wahre Künstler wirkten, kaum etwas zu riechen war.

Lampen, deren Birnen unter hauchdünnen Holzscheiben verschwanden, strahlten weiches Licht ab. Es schien permanent in Bewegung zu sein, als wollte es sich den Bewegungen der beiden Köche und der zwei Helfer angleichen.

Die Männer lächelten bei ihrer Arbeit. Auch so etwas machte den Gästen Appetit.

Shao und Glenda schauten sich um. Noch waren einige Plätze an der Theke frei. Das würde sich bald ändern, denn auch neben ihnen hatten die Gäste reserviert.

Eine niedliche Japanerin mit einem puppenhaften Gesicht und Pustewangen fragte nach den Getränken.

»Was können Sie denn als Aperitif empfehlen?«, erkundigte sich Shao.

»Da haben wir die Spezialität des Hauses, meine Damen. Nicht zu bitter und nicht zu süß.«

»Woraus besteht der Drink?«

»Geschäftsgeheimnis«, erklärte die Kleine lächelnd und hob ihre Hände an, deren Fingernägel ebenso rot glänzten wie ihre Lippen.

»Riskieren wir es, Shao?«

»Willst du?«

»Nur mit dir zusammen.«

»Also zweimal.«

»Da haben die Damen eine sehr gute Wahl getroffen.«

»Mal abwarten«, murmelte Glenda, als die Bedienung außer Hörweite war. »Ich hoffe nur, dass nicht zuviel Dampf dahintersteckt. Da können uns John und Suko später hinaustragen.«

»Sollen sie denn kommen?«

»Das lassen die beiden sich doch nicht nehmen. Du kennst sie ja. Die haben Angst, dass uns jemand stiehlt.«

Shao musste lachen. »Ehrlich gesagt, gejubelt hat Suko nicht, als ich mich fertig machte.«

Die Aperitifs wurden serviert. Eine farblich sehr interessante Flüssigkeit in kelchförmigen Gläsern. Da war wirklich vom Rot bis hin zum Grün alles vertreten und wirkten nicht verrührt, denn die einzelnen Zugaben lagen aufeinander wie bunte Luftschlangen.

»Toll!«, lobte Shao.

Glenda war anderer Meinung. »Und das sollen wir trinken?«, flüsterte sie und rollte dabei mit den Augen.

»Du kannst es ja nicht wegkippen.«

»Dann also in Himmels Namen.« Glenda war recht vorsichtig. Sie kostete, war zufrieden, trank mehr, und als sie das Glas absetzte, war es nur noch bis zur Hälfte gefüllt.

»Na?«

»Super.«

»Finde ich auch.«

»Da hat man alles herausgeschmeckt. Jede Obstsorte. Kirsch, Kiwi, Ananas, Papaya, echt stark.«

Shaos Augen blitzten. Ihr war die Freude anzusehen. »Dann war der Start schon mal gut.«

Glenda stimmte ihr zu. »Und ob. Jetzt bin ich nur auf den zweiten Lauf gespannt.«

Als hätte sie damit ein Stichwort gegeben, erschien die Bedienung, freute sich über das gespendete Lob und erkundigte sich, ob die Damen etwas essen wollten.

»Klar, Deshalb sind wir hier. Können Sie uns etwas empfehlen?«, fragte Glenda.

»Das kann ich.«

»Wunderbar. Und was, bitte?«

»Unser Olympia-Menü.«

»Ähm ...«, Glenda begriff die Antwort nicht so recht und blickte Shao hilfesuchend an.

»In Japan laufen die Winterspiele.«

»Klar.« Glenda winkte ab. »Wie hatte ich das vergessen können? Wie kann man nur so vergesslich sein? Bestellen wir es?«

»Ich habe nichts dagegen.«

»Gut.« Glenda nickte der Bedienung zu. »Also zweimal das Menü. Woraus besteht es denn?«

»Es sind fünf kleine Gänge. Viele Fitmacher. Aber es ist wie beim Aperitif. Lassen Sie sich überraschen. Sie werden zufrieden sein.«

»Alles klar.«

Als Getränk bestellten die beiden Frauen ein nicht zu kohlensäurehaltiges Wasser. Danach waren sie zufrieden und lehnten sich auf den Hockern zurück. Die Rückenstütze gab ihnen ein sicheres Gefühl. Beinfreiheit besaßen sie auch genug, und die erste Scheu war längst verschwunden.

Das Lokal hatte sich mittlerweile immer mehr gefüllt, ohne allerdings voll besetzt zu sein. Es gab noch zwei freie Tische und auch an der Theke freie Hocker.

Sie waren unter sich, konnten miteinander reden, ohne dass Männer zuhörten, und Glenda erkundigte sich, wie es bei Shao so lief.

»Was meinst du?«

»Mit Suko und so ...«

»Ich kann mich nicht beklagen. Wir harmonieren wirklich gut miteinander. Keiner von uns hat es bereut, dass wir eine Partnerschaft eingegangen sind.«

»Tja, das glaube ich. Da kann man euch nur beglückwünschen.«

»He, und weiter?«

»Wieso?«

»Du hast nicht eben glücklich geklungen, Glenda. Hast du irgendwelche Probleme?«

»Ach nein. Es ist nur so, dass ... na ja, du weißt schon. John und ich, wir beide ...«

»Ihr seid wie die Königskinder, die zusammen nie kommen konnten, weil das Wasser zwischen euch zu tief ist.«

»So kann man es sehen. Außerdem ist da noch Jane Collins. Es ist eben nicht einfach.« Glenda versuchte es mit einem Lächeln, dann griff sie nach dem Wasserglas und trank einen Schluck, als wollte sie den Kloß aus der Kehle spülen.

Shao ahnte, was in ihr vorging. Und sie konnte Glenda auch verstehen, wenn sie so reagierte. Sie brauchte sich mit diesen Problemen nicht herumzuschlagen, war froh darüber, und suchte jetzt nach Worten, um Glenda aufzumuntern, was ihr nicht leichtfiel.

»Wie wäre es denn, wenn du versuchst, einen Partner zu finden? Nichts gegen John Sinclair, aber eine Heirat zwischen euch kommt wohl nicht in Frage.«

»Das stimmt.«

»Und was hältst du von meinem Vorschlag?«

Glenda Perkins atmete seufzend ein. »Was soll ich dazu sagen?« Sie legte ihre Hände gegeneinander wie jemand, der beten wollte. »Ich weiß es nicht, Shao. Ich habe natürlich hin und wieder daran gedacht, das stimmt schon. Es gab auch einige kleine Affären, von denen John nichts weiß. Bei ihm wird es ebenso gewesen sein. Schließlich ist man nur ein Mensch mit Wünschen und Gefühlen. Vor einer festen Partnerschaft bin ich bisher immer zurückgeschreckt.«

»Dafür gab es natürlich Gründe.«

»Sicher.«

»Welcher Art? Hattest du Angst davor?«

Erst nickte Glenda, dann sprach sie. »Ja, ich hatte Angst. Ich hatte so etwas wie Angst.« Sie schüttelte den Kopf und lachte leise auf. »Da kann ich mir auch etwas eingebildet haben, aber ich hatte immer Angst davor, einem Partner Unglück zu bringen. Du kennst meinen Job, du weißt, dass ich schon einige Male gewisse Dinge erlebt habe, die nicht eben in den normalen Rahmen fallen. So habe ich wirklich Angst davor, dass in einer festen Partnerschaft etwas passiert, das nun nicht gerade in einen normalen Eherahmen hineinpasst. Wir haben uns beide mehr als einmal in Lebensgefahr befunden, das wissen wir selbst. Und es ist auch nicht vorbei, auch wenn sich so etwas nicht kontinuierlich wiederholt. Ein gewisser Druck bleibt bei mir schon zurück.«

»Das kann ich gut verstehen.«

»Suko muss doch auch Angst um dich haben.«