John Sinclair Sonder-Edition 220 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 220 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Purdy Prentiss war als Staatsanwältin gefürchtet und geachtet.
Eric La Salle übte den Job eines Leibwächters aus und hatte sich in der Branche einen Namen gemacht.
Beide kannten sich nicht. Es gab auch keine Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, bis auf die rätselhaften Albträume, die sie quälten. In den Träumen kämpften sie in einer rauen, fernen Welt gemeinsam gegen das Böse. Da waren sie die Vollstrecker.
Sie starben und wurden wiedergeboren. In der neuen Zeit führte sie das Schicksal zusammen. Wieder kämpften sie Seite an Seite gegen die Feinde aus einer Welt, die schon längst versunken war. Diesmal jedoch hatten die Vollstrecker zwei Helfer - John Sinclair und Suko!


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Seitenzahl: 195

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Die Vollstrecker

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Die Vollstrecker

von Jason Dark

Purdy Prentiss war als Staatsanwältin gefürchtet und geachtet.

Eric La Salle übte den Job eines Leibwächters aus und hatte sich in der Branche einen Namen gemacht.

Beide kannten sich nicht. Es gab auch keine Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, bis auf die rätselhaften Albträume, die sie quälten. In den Träumen kämpften sie in einer rauen, fernen Welt gemeinsam gegen das Böse. Da waren sie die Vollstrecker.

Sie starben und wurden wiedergeboren. In der neuen Zeit führte sie das Schicksal zusammen. Wieder kämpften sie Seite an Seite gegen die Feinde aus einer Welt, die schon längst versunken war. Diesmal jedoch hatten die Vollstrecker zwei Helfer – Suko und mich!

Die Höhle war tief. Sehr tief sogar. Allerdings konnte der einsame Mann, der sich ungefähr in der Mitte verbarg, den Ausgang sehen. Er erkannte ihn als einen grauen Fleck, der das Ende der Dunkelheit markierte.

Der Mann wartete. Er atmete tief und zielgerecht, denn er wusste, dass ihm wieder eine große Aufgabe bevorstand. Bis auf einen Lendenschurz war er nackt, aber er war nicht waffenlos. Mit beiden Händen umklammerte er ein Schwert mit kurzer Klinge. Der Griff war recht lang und lag gut in seinen Händen.

In der Höhle herrschte eine ungewöhnliche Luft. Sie war nicht kühl und auch nicht warm. Die Temperatur lag irgendwo dazwischen. Für Menschen sicherlich nicht unangenehm, doch darum kümmerte sich der einsame Mann nicht. Er war hochgewachsen, muskulös und musste leicht geduckt stehen, um nicht mit dem Kopf gegen die Höhlendecke zu stoßen. Sein Haar trug er lang, es hing zu beiden Seiten des Kopfes herab. Es war eigentlich schwarz. Da jedoch grauer Staub darin klebte, sah es aus, als wäre es gepudert worden.

Der Mann wartete schon länger. Wie lange, das wusste er nicht. Für ihn bestimmte der Wechsel zwischen Tag und Nacht die Zeit, und er verließ sich auf seinen Instinkt.

Er wusste immer, wann die Feinde kamen, denn dann war seine Zeit gekommen.

Wie jetzt!

Noch waren sie nicht da. Aber sie hielten sich bereits in der Nähe auf. Sie lauerten draußen. Sie rotteten sich zusammen. Es waren keine, die aussahen wie er, sondern gefährliche Monstren, die es immer wieder schafften, bestimmte Gebiete für sich zu erobern.

Das wollte der Mann nicht.

Er schlug sie zurück. Er tötete sie mit seinem Schwert. Er war so etwas wie ein Vollstrecker in dieser feindlichen und menschenverachtenden Welt.

Nach einem erneuten tiefen Atemzug hatte er sich entschlossen, die Höhle zu verlassen. Er trug kein Schuhwerk. Um sich vor den scharfen Steinen zu schützen, hatte er den unteren Teil seiner Füße durch eine selbst hergestellte Sohle geschützt. Sie schmiegte sich eng und dehnbar an die Haut. So konnte er laufen, ohne gehört zu werden und auch, ohne dass ihn die oft kantigen Steine störten und seine Füße blutig rissen.

Der Eingang der Höhle rückte näher, die Luft wurde besser. Darauf achtete der einsame Mann nicht. Sein Ziel war es, nach draußen zu gelangen und die Feinde zu stellen.

Er duckte sich etwas, als er innerhalb des Eingangs stehenblieb. Seine Augen bewegten sich, sie suchten die Umgebung vor der Höhle ab. Es war eine besondere Zeit. Die Nacht neigte sich dem Ende zu, aber der Tag hatte noch nicht richtig begonnen. Irgendwo am Himmel schwamm ein graues Zwielicht wie der Teil eines Meeres. Es hatte sich noch nicht in die Tiefe gesenkt, und deshalb lag das schmale Tal, in dem sich der Mann aufhielt, auch im Dunkeln.

In seinem Gesicht bewegte sich nichts. Alles darin schien eingefroren zu sein, bis auf die Augen. Sie durchforschten die Dunkelheit, sie suchten nach den Bewegungen oder Verstecken seiner Feinde, die da waren, das wusste er genau.

Nur sehen konnte er sie nicht.

Sie hielten sich verborgen. Sie nutzten auch den leichten Dunst aus, der vom Boden aufstieg und sich lautlos verteilte. Er hörte sie nicht atmen, nicht reden. Sie warteten ab. Sie lauerten und hofften, dass er einen Fehler beging. Der Mann bewegte seine Waffe leicht auf und ab. Er war zufrieden mit ihr. Sie gab ihm die nötige Sicherheit, auch wenn Waffen mit längeren Klingen noch mehr Vorteile besaßen. Doch er war es gewohnt, mit diesem, seinem Schwert umzugehen. Und immer wieder fielen die Feinde auf ihn herein. Dann kamen sie, stürzten sich auf ihn, weil er in ihr Gebiet eingedrungen war.

Er verließ endgültig den Schutz der Höhle, in dem er lange Stunden verbracht hatte. Seine Zunge leckte über die spröden Lippen. Er hatte Durst, sein Mund war trocken. Hunger verspürte er nicht, aber ohne Wasser konnte er nicht leben.

Die fast nackte Gestalt lenkte ihre Schritte nach rechts. Dies und der Weg nach links, das waren die einzigen Möglichkeiten des einsamen Mannes in dieser rauen Bergwelt. Wäre er einen großen Schritt nach vorn gegangen, dann hätte ihn der Abgrund verschlungen, in deren Tiefe sein Ziel lag, denn dort gab es das Wasser.

Da wollten auch seine Feinde hin, und er wusste, dass er sie dort treffen würde.

Rechts von ihm türmte sich der Abhang des Bergs in die Höhe. Seine Flanke war nicht bewachsen. Das kahle Gestein schimmerte graubraun. Es war mit Vorsprüngen ebenso bedeckt wie mit Mulden, die starke Fäuste hineingerammt zu haben schienen. Vegetation gab es weiter oben nicht. Kärgliche Reste wuchsen noch in seiner Höhe. Es war verdorrtes Strauchwerk, das sich mit seinen Wurzeln in die schmalen Spalten im Felsgestein geklammert hatte.

Der schmale Pfad, kaum breiter als ein Sims, schlängelte sich dem Tal entgegen. In vielen Kehren und scharfen Kurven wand er sich wie ein geschwungenes Band dem Wasser entgegen, das für alle lebenswichtig war. Es lebten nur wenige Tiere in dieser öden Landschaft. Wenn man sie sehen wollte, musste man zum Wasser.

Der Kämpfer kannte den Weg. Er hätte ihn selbst mit geschlossenen Augen gehen können, was er natürlich nicht tat, denn seine Sinne waren gespannt.

Er ging so leise wie möglich und versuchte, sich auf die fremden Geräusche zu konzentrieren, die es auch in seiner Umgebung möglicherweise gab.

Manchmal waren seine Feinde nicht so leise. Dann hörte er sie schon aus einer gewissen Entfernung und konnte sich darauf einstellen. Diesmal nicht. Vielleicht lag es auch am durch das Tal schwebenden Dunst, dass er nichts mitbekam, denn oft genug schluckte der Nebel die Geräusche.

Über im Weg liegende Steine hüpfte er hinweg. Manchmal ging er sehr schnell, dann wieder sprang er geschickt über eine Kehre hinweg, um die Strecke abzukürzen.

Der Nebel erreichte mittlerweile auch ihn. Lautlos drängte er sich vom Grund des Tals in die Höhe. Der Wasserlauf lag so tief und die Berghänge standen so eng beisammen, dass die Sonne es oft genug nicht schaffte, den Boden zu erreichen. Deshalb war es dort unten stets feucht und auch nebelig.

Er kannte sich aus. Es machte ihm nichts. Er ging weiter und war dabei so geschickt, dass er bei seinen Tritten keine Steine löste, die dann in die Tiefe rollten.

Die Vegetation hatte zugenommen. Keine hohen Bäume umstanden ihn. Es waren mehr Krüppelgewächse, die sich mit ihren Wurzeln in den Untergrund klammerten. Keine oder kaum Blätter, als hätte jemand ihr Wachstum brutal zerstört oder unterbrochen.

Der Mann musste sich jetzt öfter ducken, um nicht von den starren Ästen erwischt zu werden. Sie wuchsen im Weg. Sie waren wie Fallen, die ihn aufhalten wollten.

Er verließ jetzt öfter den Weg als weiter oben. Tief geduckt kletterte er weiter. Geschmeidige Bewegungen. Er wusste genau, wo er hinfassen musste. Den Griff des Schwerts hatte er zwischen seine kräftigen Zähne geklemmt. Die Augen befanden sich in ständiger Bewegung. Sie suchten die Gefahr, aber er bekam nichts zu Gesicht.

Weiter unten, wo sich der Dunst noch mehr verdichtet hatte, ging es besser. Da nahm der Pfad auch an Breite zu, und wenn er nach links schaute, sah er bereits das Wasser.

Ein Bach, nicht mehr. Er floss durch das enge Tal in einen kleinen See hinein. Es war nicht mehr als eine große Pfütze oder ein Tümpel. Am anderen Ende des Mini-Sees fand der Bach wieder seinen Ausgang. Er setzte dort seinen Weg fort, bis er irgendwo in der Ferne zu einem Wasserfall wurde.

So weit brauchte der Mann nicht zu gehen. Er würde seinen Durst am See löschen und musste nur in die Nähe des Ufers, dann war alles überstanden.

Noch traute er sich nicht. Hinter einem schräg aus dem Boden wachsenden Stein fand er zunächst Deckung und blieb dort etwa eine Minute hocken.

Am Ufer des Sees bewegte sich nichts.

Kein anderer Mensch lauerte dort. Kein Feind wartete auf ihn, um ihn in Empfang zu nehmen. Es gab nur die tiefe Stille, die ihn wie ein Netz umgab.

Der Mann ließ sich nicht täuschen. Er kannte seine Gegner. Sie waren da, und sie warteten darauf, über ihn herfallen zu können. Der Nebel lag am Ufer besonders dicht, als wollte er etwas Bestimmtes verbergen. In diesen Inseln bewegte sich niemand. Der einsame Beobachter wartete noch eine bestimmte Zeitspanne ab, bevor er seine Deckung verließ und sich dem Wasser näherte.

Die Spannung in ihm hatte zugenommen. Sie galt allerdings weniger seinen Feinden, sondern mehr der geheimnisvollen Frau, die er schon einige Male am Ufer getroffen hatte. Sie war blond, sie war recht groß, und sie konnte kämpfen. Waffen besaß sie nicht. Um sich ihrer Feinde zu erwehren, setzte sie ihre Fäuste ein. Sie kämpfte auch mit den Füßen, und der Mann hatte sie schon oft genug bewundert. Er kannte sie nicht näher. Er wusste nicht ihren Namen, und er hatte auch noch nie mit ihr gesprochen.

Der Boden war hier nicht mehr felsig. Ein feuchter Teppich aus altem Laub bedeckte ihn. Die Füße des Mannes glitten darüber hinweg, und als seine Gestalt in den Nebel hineinschritt, da sah er aus, als würde er den Dunst teilen.

Der kleine See lag fast ruhig vor ihm. Nur in der Mitte, wo er vom Bach durchflossen wurde, entstand Bewegung auf der Oberfläche, aber die Wellen erreichten nicht einmal mehr das Ufer.

Seine Füße sanken im feuchten Schlamm ein. Er blieb abwartend stehen und schaute zu den Felswänden hoch. Oft genug waren die Feinde von dort oben gekommen und hatten auf ihn geschossen.

Diesmal nicht.

Aber sie waren da, das wusste er genau. Sie lauerten auf den günstigsten Zeitpunkt, um ihn endlich aus der Welt schaffen zu können.

Der Durst machte ihm zu schaffen. Vor seinen Füßen schimmerte das Wasser in einem geheimnisvollen dunklen Grün. Er sah es immer besser, weil sich der Dunst allmählich nach oben hin verzog. Der Mann wusste, dass dieses Wasser trotz der düsteren Farbe trinkbar war. Der Geschmack war nicht abgestanden, denn es kam durch den Bach immer wieder Frische nach.

Noch einmal schaute sich der Kämpfer um. Die Waffe hatte er jetzt schräg in seinen Lendenschurz gesteckt, damit sie ihn nicht verletzte, wenn er sich kniete.

Seine Bewegungen waren geschmeidig. Dieser Mann war in einer rauen Umgebung groß geworden, und er wusste genau, wie er sich zu verhalten hatte.

Seine Knie berührten den feuchten Uferboden. Er senkte den Oberkörper vor und streckte die Hände aus. Wie einen Trichter legte er sie zusammen und sorgte so dafür, dass sie sich mit frischem Wasser füllen konnten.

Danach trank er.

Nicht gierig, nicht überhastet. Er ließ sich Zeit. Er war ein Mensch, der sich beherrschen konnte, und er bespritzte mit dem Wasser auch sein Gesicht.

Mitten in der Bewegung hielt er inne.

Er hatte etwas gehört!

Plötzlich war das Wasser vergessen. Mit einer geschmeidigen Bewegung stand er auf, drehte sich nach rechts, und der Griff der rechten Hand galt dem Schwert. Bis auf einen dünnen Rest hatte sich auch der Nebel nahe des Wassers verzogen. Die Sicht war relativ gut, und so sah er die Gestalt, die am Ufer entlangging und auf ihn zukam.

Die Hand, die schon das Schwert hatte ziehen wollen, ließ den Griff los. Der Kämpfer entspannte sich wieder, denn er sah, wer ihm da entgegenkam. Es war die blonde Frau, die er schon einige Male getroffen hatte, und die nach dem Kampf verschwunden war.

Auch sie war gekommen, um zu trinken. Diesmal tat sie es nicht. Sie kam direkt auf ihn zu.

Im Gegensatz zu ihm war sie nicht so leicht bekleidet. Sie hatte ihren Körper in Fetzen gehüllt. Sie trug Schuhe, die an den Knöcheln festgeschnürt waren. Die Beine endeten dicht über dem Saum eines kurzen braunen Rocks, über den das Oberteil hinwegfiel.

Bisher hatten die beiden nie miteinander gesprochen. An diesem Morgen war dem Mann plötzlich bewusst, dass sich dies ändern würde. Es war zwischen ihnen eine Übereinkunft entstanden, die er sich nicht erklären konnte.

Nur einen kleinen Schritt von ihm entfernt blieb sie stehen. Er konnte in ihre hellen Augen schauen, und als sie ihm zunickte, beantwortete er diese Geste.

»Du weißt, dass heute ein besonderer Tag ist?«, fragte sie.

»Nein. Warum?«

»Es ist der letzte Tag für uns.«

»Was meinst du?«

»Wir werden sterben. Wir werden abtreten. Wir werden gemeinsam sterben, das weiß ich.«

»Woher weißt du das?«

Sie hob die Schultern und lächelte dabei.

Beide schwiegen. Der Kämpfer ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. An den Tod hatte er irgendwie nie gedacht. Auch dann nicht, wenn die Gegner noch so stark gewesen waren. Er hatte sich immer auf sich selbst verlassen und war damit gut gefahren. Natürlich wusste er, dass er nicht ewig leben konnte, doch dass es ihn an diesem Tag erwischen sollte, war ihm schon neu.

Hier unten sammelte sich die graue Dunkelheit. Weiter oben war es bereits heller geworden. Da fuhren bereits erste Sonnenstrahlen in den Dunst hinein.

»Wer will uns denn töten?«

»Die anderen, die wir bekämpft haben.«

»Bisher haben wir sie besiegen können.«

»Nicht mehr.«

Er fasste nach seinem Schwert, zog es aber nicht hervor. »Was macht dich so sicher?«

Die Frau stand etwas im Gegenlicht und sah aus wie eine feingesponnene Gestalt, die aus einer fremden Welt gekommen war, um ihren ätherischen Körper zu zeigen.

»Ich habe es gefühlt. Sie sind es leid, immer gegen uns zu verlieren. Es soll ihre Welt bleiben.«

Der Mann ging nicht näher auf die Bemerkung ein. »Weißt du, wo sie sich aufhalten?«

»Sehr nahe. Sie sehen uns ...«

Er zuckte zusammen. Diesmal holte er seine Waffe hervor. Seine Augen blitzten. Er war jemand, der nicht aufgeben wollte, auch wenn diese Person die Wahrheit sprach.

Er sah ihr Lächeln. »Was ist mit dir?«

»Der Tod ist nahe«, flüsterte sie zurück.

Er wollte noch eine Frage stellen, als das Plätschern seine Ohren erreichte. Blitzartig drehte er sich um.

Sie waren aus dem See gestiegen. Sie hatten sich dort verborgen gehabt, und sie trugen ihre Waffen offen. Die Pfeile lagen auf den gespannten Bögen. Er hatte sie nicht gezählt, aber zugleich schossen sie ihre Pfeile ab.

Es war ein wahrer Hagel, der den beiden Menschen entgegenregnete. Während sich die Pfeile auf dem Weg befanden, holten die Gestalten bereits andere hervor und legten sie auf.

Das sah der Kämpfer nicht. Er hatte sich geduckt und warf sich dann zu Boden. Er spürte, wie eine Pfeilspitze seine linke Schulter aufsägte, er landete im feuchten Schlamm und hatte seinen Kopf erhoben. So bekam er mit, was mit der blonden Frau passierte.

Sie war nicht ganz so schnell gewesen wie er. Deshalb war sie auch im Sprung getroffen worden. Noch jetzt stand sie mit einer grotesken Bewegung in der Luft. Da wirkte sie eine unendlich lange Sekunde wie eingefroren, bevor ein Zucken ihren Körper durchrann und sie auf den Boden fiel.

Drei Pfeile waren tief in ihren Körper gedrungen. Einer steckte direkt in ihrer Brust, der andere fast im Rücken, und der dritte hatte ihre Kehle durchschlagen.

Sie war tot, das wusste der Mann.

Ein Laut des Jammers drang aus seinem Mund. Er hatte diese Frau nie richtig gekannt und nicht einmal ihren Namen gewusst, doch sie und er hatten irgendwie zusammengehört. Für ihn war sie eine Partnerin gewesen und auch eine Kämpferin.

Nun lag sie tot vor ihm.

Das alles nahm er binnen Sekunden wahr, auch wenn sie ihm länger vorkamen, und er rollte sich auf die Seite.

Neben ihm schlugen zwei Pfeile ein. Er hörte das Plätschern des Wassers und wusste, dass sich die Gestalten näherten. Sie hatten es raffiniert angefangen und sich versteckt gehalten.

Noch im Liegen drehte er den Kopf nach links. Er wollte sie sehen, bevor er aufsprang und sich ihnen stellte.

Sie waren Objekte des Schreckens. Unheimliche Gestalten. Ganz in Schwarz, dabei triefend nass. Halb Mensch, halb Monster. Sogar mit riesigen Flügeln versehen. Mit schwarzen Gesichtern und halb offenstehenden Mäulern, in denen lange weiße Zähne schimmerten.

Er kroch durch den Schlamm. Er musste weg vom Ufer. Vielleicht fand er Deckung im Gehölz. Bis auf den Streifschuss war ihm nichts passiert. Der Mann bewegte sich schnell, aber er wusste auch, dass er es nicht schaffen konnte. Nicht auf diese Art und Weise, denn da war er einfach zu langsam.

Deshalb schnellte er hoch, blieb geduckt und rannte mit langen Sätzen auf sein Ziel zu. Deckung finden, für kurze Zeit nur sich erholen können, dann ...

Er hörte die Pfeile dicht hinter sich. Sie zerschnitten die Luft. Sie waren da – und sie trafen.

Zumindest einer schlug hart in seinen Rücken. Der Mann erlebte es wie eine Explosion. Plötzlich sackte er zusammen. Es gab nicht mehr diese Geschmeidigkeit. Er hielt sich noch auf den Beinen, aber er spürte, dass ihn die kalten Finger des Todes bereits streiften und auch zugreifen würden, wenn es ihm nicht im letzten Augenblick gelang, den Häschern zu entkommen.

Er hatte das flache Stück ufernahe Erde hinter sich gelassen und den Beginn des Hangs erreicht. Ein belaubter Busch wuchs ihm entgegen, wie ein Mensch, der seine Arme nach ihm ausstreckte, um ihn in die Höhe zu hieven.

Mit beiden Händen klammerte er sich fest. In diesem Augenblick merkte er, dass er sein Schwert verloren hatte. Er wusste, dass er sich damit nicht mehr wehren konnte, aber auch mit dieser Waffe wäre er seinem Schicksal nicht entgangen.

Wieder spürte er den Schlag.

Der Pfeil jagte oben in seinen Rücken hinein, dicht unter dem Hals. Die zupackenden Hände wurden von einer Schwäche ergriffen, gegen die der Mann machtlos war.

Er ließ das Gesträuch los und rutschte auf dem Bauch liegend nach unten. In seinem Kopf rauschte das Blut. Er hörte die harten Echos auf dem Boden. Die Vibrationen hinterließen bei ihm Schmerzen, und mit einer schwachen Bewegung drehte er sich auf die Seite. Der Kämpfer wollte nicht liegenbleiben. Er wollte bis zum letzten Tropfen Blut sein Leben verteidigen. In ihm steckte ein ungeheurer Wille. Trotz der beiden in seinem Rücken steckenden Pfeile schaffte er es, sich auf die Knie zu stemmen.

Breitbeinig blieb er in dieser Haltung und starrte nach vorn, dem Unheil entgegen.

Sein Sichtfeld hatte die Klarheit verloren. Er stierte nach vorn und sah die wogende Masse Menschen, die sich aus dem kleinen See gelöst hatte und auf ihn zukam.

Menschen?

Nein, das waren sie nicht. Es waren schwarze Monstren, die in diesem Teil des Landes die Herrschaft übernommen hatten. Geflügelte Wesen mit hässlichen Körpern und ebenso hässlichen Fratzen, die nur entfernt menschlich aussahen.

Er sah sie nicht genau. Immer wieder verschwammen sie vor seinen Blicken. Es war schlimm. Sie bewegten sich hin und her, sie tanzten, sie waren einfach nur eine dämonische Masse. Der einsame Mann versuchte aufzustehen.

Die anderen hatten ihre Pfeile bereits aufgelegt.

Und sie schossen sie ab.

Er spürte die vier Einschläge wie einen einzigen. Kraftvoll geschossen rammten sie tief in seinen Körper hinein und trafen die lebenswichtigen Organe.

Die ungeheure Wucht der Einschläge trieb den Mann zurück. Die Welt vor seinen Augen löste sich auf, und als ihn die endlose Dunkelheit überkommen hatte, da lag er bereits tot auf dem Rücken.

Eine Kämpferin und ein Kämpfer waren nicht mehr. Das Böse hatte gewonnen.

Und das Böse blieb, obwohl die beiden Feinde schon tot waren. Sie umstanden sie, sie glotzten aus ihren toten Augen auf sie herab. Aus ihren Mäulern drangen dumpfe Laute, die mehr einem Krächzen glichen als einer Verständigung.

Plötzlich geschah etwas Seltsames. Obwohl die beiden Körper nicht zusammenlagen, trat bei ihnen der gleiche Effekt ein. Über ihnen erschien ein weißer Film. Ein Hauch, beinahe wie feiner Dunst. Er legte sich zitternd vom Kopf bis zu den Füßen. Er bewegte sich. Er drehte sich in seinem Innern, stieg plötzlich in die Höhe und wehte wie eine Fahne davon.

Beide Rauchstreifen vereinigten sich in der Mitte. Sie drehten sich zusammen, sie wickelten sich gegenseitig ein, und Sekunden später waren sie verschwunden.

Die Gestalten hatten zugesehen, ohne etwas begreifen zu können. Sie standen nur da und glotzten, bis sie sich irgendwann auf den Weg machten und die beiden Toten mitschleppten.

Sie brachten die Leichen zu einem Opferplatz, wo ein Feuer brannte.

Dort warfen sie die Körper in die Flammen. Jetzt waren sie endgültig zufrieden, denn nun gab es niemanden mehr, der ihren Kreislauf störte ...

Eric La Salle erwachte!

Es war kein normales Erwachen eines normalen Menschen, obwohl sich Eric als normal bezeichnete. Es war das schlimme und zugleich erlösende Erwachen nach dem verdammten Albtraum, der ihn wieder einmal so schrecklich gequält hatte.

La Salle konnte nie sagen, wie lange ein derartiger Traum andauerte. Denn einen Zeitbegriff gab es im Schlaf nicht. Der hatte durchaus eine ganze Nacht andauern können und alles in schrecklichen Einzelheiten wiedergegeben.

Es war immer wieder der gleiche Traum.

Im Mittelpunkt standen ein Mann und eine Frau. Der Mann war er, die Frau kannte er nicht. Obwohl der Mann auch nicht so aussah wie er, wusste La Salle doch, dass diese Person kein anderer sein konnte. Sie und er waren zwei Seelen, die zusammengehörten. Er fühlte mit dem anderen, er erlebte die Freude und auch den Schmerz.

Letzteren intensiver. Noch tiefer hatte er den Tod des Mannes miterlebt. Von Pfeilen durchbohrt war er kurz nach der Frau gestorben, und das dicht am Ufer eines kleinen Sees in einer wilden karstigen Landschaft, versteckt in einem tiefen, schmalen Tal.

Die Frau sah er immer wieder vor sich. Eine große, hübsche Person mit blonden Haaren. Aber eine Kriegerin, denn sie konnte kämpfen, das hatte er in seinen anderen Träumen erlebt, wenn sie beide sich gegen zahlreiche Feinde behaupten mussten.

Oft genug hatten sie gewonnen, aber nie miteinander gesprochen. Stumm waren sie wieder auseinandergegangen. La Salle sah diese Unbekannte als eine Partnerin an, er kannte sie ganz genau. So genau, wie er auch den Kämpfer kannte.

Im Traum war er dies.

Das gleiche Gesicht, die gleiche, durchtrainierte athletische Gestalt, die gleichen langen und dunklen Haare. Das Gesicht mit den schmalen Lippen und der hervorstechenden, etwas kantigen Nase. Die dunklen Augen, auch das Kinn, das in seinem Gesicht wie ein leicht vorspringender Erker wirkte.

Eric La Salle lag im Bett und spürte auf seinem nackten Körper den kalten Schweiß. Draußen war es noch dunkel. Hinter dem Rollo sah er kein Tageslicht, und ein Blick auf die Digitalanzeige seines Weckers sagte ihm, dass die sechste Morgenstunde soeben angebrochen war. Er hätte noch eine Stunde liegenbleiben und schlafen können, doch das war nach diesem Traum nicht möglich.

Er schaute zur Decke. Nur die Lampe malte sich in der Mitte ab, ansonsten war die graue Fläche glatt.

La Salle dachte über den Traum nach, der so verdammt intensiv gewesen war. Noch schlimmer als die anderen und auf eine gewisse Art und Weise auch endgültig.