John Sinclair Sonder-Edition 221 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 221 E-Book

Jason Dark

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Wenn Sie den Schrecken Ihres Lebens erfahren wollen, dann ist Leonardos Geisterbahn genau das Richtige für Sie. Tauchen Sie ein in den Dschungel der furchtbarsten Bilder und kehren Sie gehärtet wieder zurück. Gönnen Sie sich einen Trip durch die Hölle, noch bevor Sie tot sind."
Leo Forst wusste genau, wie er die Menschen locken konnte. Viele folgten ihm. Keiner wollte sich blamieren. Doch niemand ahnte, wer Leo wirklich war. Suko und John Sinclair erfuhren es. Da aber hatte sich die Geisterbahn bereits in eine Vampirhölle verwandelt ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 196

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Leonardos Liebesbiss

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Leonardos Liebesbiss

von Jason Dark

»Wenn Sie den Schrecken Ihres Lebens erfahren wollen, dann ist Leonardos Geisterbahn genau das Richtige für Sie. Tauchen Sie ein in den Dschungel der furchtbarsten Bilder und kehren Sie gehärtet wieder zurück. Gönnen Sie sich einen Trip durch die Hölle, noch bevor Sie tot sind.«

Leo Forst wusste genau, wie er die Menschen locken konnte. Viele folgten ihm. Keiner wollte sich blamieren. Doch niemand ahnte, wer Leo wirklich war. Suko und ich erfuhren es. Da aber hatte sich die Geisterbahn bereits in eine Vampirhölle verwandelt ...

Der Albino öffnete die Tür und trat hinaus in die kühle dunkle Nacht. Kaum hielt sie ihn umfangen, da verwandelte er sich in ein ›Raubtier‹. Zwar blieb sein menschliches Aussehen erhalten, aber die Haltung veränderte sich. Sie wirkte gespannt. Er streckte den Kopf vor, und seine Nasenflügel vibrierten leicht.

Der Mann nahm Witterung auf ...

Am Himmel stand der fahle Mond. Sein Licht streifte die bleiche Haut und das farblose Haar. Der Schein machte ihn zu einer gespenstischen Gestalt.

Minutenlang bewegte er sich nicht und starrte hinein in die dunkle Nacht. Dann ein Nicken. Das kurze, scharfe Grinsen. Ein zischendes Atemgeräusch.

Er wusste Bescheid. Jemand würde kommen. Zu ihm. Er würde ahnungslos sein.

Mit einem knappen scharfen Lachen zog sich der Albino Leo Frost wieder zurück in seinen Wohnwagen ...

Die schlanke Frauenhand verschwand in Craigs Hose und umfasste sein erigiertes Glied.

Auch die linke Hand war aktiv. Sie hatte den Weg unter die Jacke gefunden, streichelte die Brust, wurde gespreizt, um Fingerkuppen tasten zu lassen, während sich die warmen Lippen am Hals des Mannes bewegten und der Mund Worte flüsterte, die schon jugendgefährdend waren.

Craig genoss es. Es war super. Ein Traum. Er hatte Tanya mitgenommen. Einfach so. An der Tankstelle aufgelesen. Das war beinahe wie in einem Film gewesen. Sie hatte nichts gesagt, nur gelächelt, sein Nicken abgewartet, und war wortlos zu ihm in den Wagen gestiegen, in dem sie noch jetzt saßen.

Tanya war super. Er kannte nur ihren Vornamen. Ob sie tatsächlich so hieß, wusste er nicht. Sie war dunkelhaarig, sie hatte Rasse und auch Klasse. Feuer in den Augen und im Körper.

»Wohin?«, hatte er sie gefragt.

»Egal.«

Auf dem Rücksitz lag ihr Koffer. Nicht besonders groß, gerade für eine Person ausreichend.

»Du willst weg, wie?«

»Ja.«

»Abgehauen?«

»Kann sein.«

Er hatte gelacht. »Kann mir egal sein. Jedenfalls bist du super. Wir werden Spaß haben.«

»Glaube ich auch.«

Er war dann in die Nacht hineingefahren. Zum Glück kannte sich Craig in der Gegend aus. Er war ein Kundendienstmann eines großen Elektrounternehmens und wusste, wohin er zu fahren hatte. Er blieb zuerst auf den normalen Straßen, dann bog er in den schmalen Weg ein, der quer durch die Gegend führte. Eine Abkürzung, die nicht viele Menschen kannten.

Nach dem Einbiegen hatte er Tanya kurz angeschaut und ihr gespanntes Lächeln gesehen. Sie hatte nichts einzuwenden gehabt. Ganz im Gegenteil, es schien sie zu freuen. Und jetzt standen sie im Schutz der mächtigen Platanen, die kein Dach aus Laub mehr aufwiesen. Craig hatte nicht viel zu sagen brauchen, Tanya war sofort zur Sache gekommen.

Ihre Hände und ihre Lippen bewegten sich perfekt. Er arbeitete mit und zerrte den Reißverschluss seiner Jeans auf. Verdammt, er brauchte Platz, nicht nur für sich, auch für die streichelnde Hand. Aber da war noch die andere Hand. Die an seinem Körper. An der Brust.

»Komm, ich mach's dir gleich, Craig. Ich mach's dir so, wie du es noch nie erlebt hast, weißt du ...«

Ja, er wusste Bescheid, aber anders, als sich Tanya es gedacht hatte. Plötzlich war der Rausch verschwunden. Schlagartig verschwanden die rosaroten Träume. Es war die linke Hand, die ihn störte, denn sie zupfte schon in der Innentasche an seiner Brieftasche herum, und das hasste er wie die Pest.

Craig zerrte die rechte Hand aus seiner Hose. Sehr heftig, und Tanya schrie auf.

»Scheiße!«

Sie zog sich von ihm zurück. Auch die linke Hand ließ ihn los. »He, was hast du denn?«

Er gab die Antwort auf seine Weise. Mit dem Handrücken schlug er gegen ihre Wange. Sie hörte das Klatschen, sie spürte den Schmerz und schüttelte sich.

»Bist du irre, Mann?«

»Irre?« Er packte zu und schüttelte sie. »Ich bin nicht irre. Ich bin verdammt gut drauf und wachsam.« Er hatte den Reißverschluss wieder hochgezogen. »Man muss wachsam sein, wenn man so kleine Nutten wie dich in seinen Wagen holt.«

»Wieso denn?«

»Schön hast du es gemacht. Mit einer Hand ablenken, mit der anderen zufassen. Es geht doch nichts über eine fremde Brieftasche mit viel Geld. Aber da hast du dich geschnitten. Ich lass mich nicht beklauen. Schon gar nicht von einer Nutte wie dir. Hast du das verstanden?«

»Ich ... ich ... wollte doch nicht ...«

»Klar, du wolltest nicht. Du wolltest hier einfach nur bumsen, nicht wahr? Ansonsten bist du außen vor. Dass ich nicht lache. Das kannst du mir nicht erzählen, denn bei mir hast du Pech gehabt. Ich lasse das nicht durch.«

Sie sah sein Gesicht. Craig war kein schöner Mensch. Ein struppiger Bart, der sein Kinn umwucherte. Kalte Augen, in denen der Hass leuchtete. Er atmete schwer, und Tanya sah etwas in seinem Blick, das ihr überhaupt nicht gefiel. Das war ein Ausdruck, den sie von Tieren kannte oder von Menschen, die völlig von der Rolle waren. Wo das Böse hochgekommen war. Wie früher bei ihrem Vater, wenn er seine Frau und auch die Tochter gnadenlos verprügelt hatte.

Beide waren nicht angeschnallt. Ein Gurt hätte sie zu sehr behindert. Tanya sah es als Glücksfall an. Sie tastete nach dem Türriegel, um die Tür so schnell wie möglich nach außen zu stoßen. Sie wollte raus aus dieser Falle.

Er schlug ihr die Faust in die Magengrube.

Nicht sehr hart, aber es reichte aus, um ihr die Luft zu nehmen. Sie riss den Mund auf, schnappte nach Sauerstoff und spürte, wie ihr übel wurde.

»Das war erst der Anfang, Nutte!«

»Hör bitte auf!«, würgte sie hervor.

»Nein, es geht weiter.«

Sie rammte gegen die Tür. Spürte, dass der Widerstand gewichen war, dann kippte sie nach draußen und fiel rücklings auf den kalten Boden. Tanya wusste, dass sie einige Sekunden gewonnen hatte. Bis er aus dem Wagen geklettert war, musste sie sich aufgerafft haben. Dann nur noch rennen, weg aus dieser gefährlichen kleinen Welt.

Sie kam wieder hoch.

Er griff nach ihr und war dabei, über den Sitz zu klettern. Aufgeben würde er nicht. Sie sah sein hasserfülltes Gesicht und wunderte sich, dass sie nicht weglief. Es war ein Gedanke in ihr hochgezuckt, den sie in die Tat umsetzte.

Jetzt schlug sie zu.

Die Faust traf die Nase!

Craig heulte wie ein Hund. Er konnte plötzlich nichts mehr sehen. Zudem sickerte das warme Blut aus seinen Nasenlöchern hervor, aber der Hass wurde noch gesteigert. Er war wie eine Flamme. Aufgeben wollte er auf keinen Fall.

Tanya zeigte in diesen Momenten keine Nerven. Sie dachte daran, dass ihr Koffer auf dem Rücksitz lag. Den musste sie noch mitnehmen. Mit zitternden Fingern riss sie die Tür auf und schnappte sich das kleine Gepäckstück aus Aluminium.

Craig war aus dem Wagen geklettert. Er stand noch nicht richtig, da holte Tanya aus.

Der Koffer beschrieb einen Kreisbogen und erwischte Craigs Brust. Der schwere Treffer schleuderte ihn zurück. Er prallte gegen den Wagen, riss den Mund auf und jammerte.

»Da!«, keuchte sie, holte erneut aus und schlug wieder zu.

Treffer!

Diesmal im Gesicht des Mannes. Wieder einmal heulte er auf und ging in die Knie.

Tanya musste einfach lachen. Sie war wieder obenauf.

»Arschloch!«, brüllte sie ihn an. »Du verdammtes Arschloch!«

Dann trat sie zu.

Craig bekam die Hände nicht schnell genug in die Höhe. Er konnte dem Tritt nicht ausweichen und sich auch nicht zur Seite rollen. Er musste ihn hinnehmen.

Seine Brust bekam den Schmerz ab. Die Sohle war sogar hoch bis zu seinem Hals gerutscht. Die Welt um ihn herum wurde so anders. Er glaubte, wegzuschwimmen, während flinke Hände dabei waren, seinen Körper abzutasten.

Diesmal konnte er nichts tun, als die Finger sich der Innentasche näherten, wo die Brieftasche steckte. Tanya zupfte sie mit dem Geschick einer professionellen Diebin hervor.

Sie lachte.

Craig hörte das Lachen. Es kam ihm so weit entfernt vor. Er konnte nicht mehr hoch. Die verdammten Schläge hatten ihn regelrecht fertiggemacht.

Weit hielt er die Augen offen, um Tanya zu sehen. Sie stand noch vor ihm, doch ihre Gestalt verschwamm vor seinen Augen. Sie war zu einem grauen Gespenst geworden. Er hörte ihr Keuchen und auch ein Geräusch, das ihn an ein Knistern erinnerte. Er wusste, was es bedeutete. Sie hatte sich die Geldscheine herausgesucht. Etwas klatschte gegen sein Gesicht. Es war die Brieftasche, die sie nicht mehr benötigte.

»Da, du Arschloch. Du kannst sie fressen, wenn du willst.« Sie hob das rechte Bein und trat noch einmal zu. »Das ist der Abschied.«

Craig war fertig. Er konnte nicht mehr reden. Er saß an der Tür. Das Licht der Innenbeleuchtung fiel auf ihn und umrahmte die traurige Gestalt, die völlig erledigt war.

Tanya hob ihren Koffer an. Sie überlegte noch, ob sie den Wagen nehmen sollte, entschied sich aber dagegen. Es wäre zu riskant und zu auffällig gewesen.

Der Koffer musste reichen. Darin befand sich alles, was sie brauchte. Sie spie ihn noch einmal an, lachte scharf auf und drehte sich um. Wie eine Spukgestalt verschwand sie in der Nacht. Es hätte zwar anders laufen können, aber sie war auch so zufrieden. Die Gegend kannte sie nicht. Sie würde einfach weiterlaufen und irgendwann schon ein Ziel erreichen, davon ging sie aus.

Aber Nächte können lang werden. Viel kann in diesen dunklen Stunden passieren.

Daran dachte Tanya allerdings nicht ...

Leo Frost bewegte sich durch seinen fast stockdunklen Wagen. Er selbst war kaum zu sehen. Seine Gestalt glich einem Schatten in der Dunkelheit, der sich perfekt in der Umgebung zurechtfand. Der Wagen gehörte zu ihm. Er war ein Teil seiner selbst und hatte ihn auf all seinen Wegen und Reisen begleitet.

Frost ging bis zu einem Stuhl, auf dem er sich niederließ und seine Beine vorstreckte. Das Gefühl war nicht verschwunden. Jemand würde kommen, das stand für ihn fest. Da hatte er sich noch nie geirrt. Er konnte das unbekannte Wesen riechen, es regelrecht erschnuppern, und er wusste auch mit hundertprozentiger Bestimmtheit, dass es eine weibliche Person war.

Er saß vor einer glatten Wand. Die Hände lagen auf einem schmalen Tisch. An der Rückseite war er mit der Wand verbunden. Auf dem Tisch malte sich der Umriss einer Flasche Wein ab. Daneben stand ein Glas. Frosts Hände mit den langen Fingern glitten über den Tisch hinweg. Sein rechter Zeigefinger fand an der Seite einen kleinen Druckknopf. Eine leichte Berührung reichte aus.

Zwei Lampen gaben ein schales Licht ab. Es schien sich zu schämen, dass es überhaupt den Versuch unternahm, gegen die Schatten der Dunkelheit anzukämpfen. Die beiden Lampen waren nicht grundlos angebracht worden. Sie rahmten einen viereckigen Spiegel ein, in dem sich Leo Frost selbst sah. Sein Gesicht, seinen Hals, einen Teil des Oberkörpers. Für eine Weile blieb er starr sitzen. Selbst in seinem Gesicht regte sich nichts. Er betrachtete sich eine Weile, und es sah aus, als würde er sich selbstkritisch sehen.

Er sah die hohe Stirn, die glatte Haut, die so hell war wie Schnee. Er sah seine rötlich schimmernden Augen, die blassen Brauen, die leicht gebogene Nase, den Mund mit den schmalen, breiten Lippen, die sich zu einem Lächeln verzogen.

Er hob die Arme an, spreizte die Hände und fuhr dabei durch sein Haar. Es war nicht bleich. Es war nicht blond, es war nicht grau, es war eine Farbe, in der jeder Ton irgendwie vorhanden war. Am besten passte noch der Begriff helle Asche. Es wuchs lang, bis hin zu den Schultern. Es war auch nicht zu dünn, sondern besaß eine beachtliche Dicke. Der Wuchs hatte für Strähnen gesorgt, die dicht zusammenklebten und die jetzt durch die Finger des Mannes nach hinten gedrückt wurden. Er massierte dabei seine Kopfhaut, schloss die Augen, öffnete sie wieder, und konzentrierte sich dabei auf seine Pupillen.

Sie waren vorhanden, aber sie hatten sich der bleichen Haut angepasst. Ihn erinnerten sie an beinahe farblose Wassertropfen, die ihre Heimat in seinen Augen gefunden hatten. Es lag kein Leben darin, kein Schimmern, keine Bewegung. Sie waren einfach nur da, und durch sie konnte er gut sehen.

Er lächelte sich an.

Es war kein Lächeln der Freude, sondern des Wissens. Wie jemand, der genau über eine gewisse Sache informiert ist. Er kannte sich aus. Leo wusste, was bald eintreten würde, und er wartete darauf. Seine Ungeduld zeigte er nicht.

Die Fenster im Wohnwagen waren durch Vorhänge abgedeckt. Niemand konnte hineinschauen. Niemand sollte und würde ihn sehen. Die Stunden der Nacht gehörten ihm ganz allein – und manchmal auch seinen Besuchern, die für ihn Opfer waren.

Mit seinen Fingerkuppen strich er über die Haut. Er massierte sie, als wollte er die Blässe daraus vertreiben. Immer wieder zuckten die Lippen. Er setzte zu einem Lächeln an, das jedoch nicht so richtig durchkam, weil ihn andere Gefühle übermannten.

Die Zeit war gekommen. Er merkte, wie es in ihm rumorte. Der Raum hatte sich mit unsichtbaren Energien und Strahlen gefüllt, die allesamt auf ihn einwirkten.

Die große Zeit stand ihm bevor. Er hatte das Opfer gerochen. Was nun passierte, war eine Folge dessen. Hitze drückte sich in seinem Innern hoch. Er spürte sie genau. Alles wallte unter seiner Haut. Er merkte, wie er zu glühen begann und etwas durch seine Adern raste, das den Ausdruck Feuer verdiente.

Er fühlte sich nicht besonders gut, obwohl sein Lächeln blieb. Aber die Phase ging vorüber. Da kannte er sich. Sie dauert eine gewisse Weile, danach war alles wieder normal, und er würde sich fühlen wie ein unbesiegbarer Krieger.

Frost stöhnte.

Sein Körper rutschte auf dem Stuhl hin und her. Er drückte sich mit dem Rücken gegen die Lehne, als wollte er dort den Stuhl auseinanderbrechen. Der Mund war jetzt halb geöffnet. Ein Atemstoß drang nicht hervor, dafür ein starkes Stöhnen, wie bei einem Menschen, der unter Qualen leidet.

Und es waren Qualen, die ihn gepackt hielten. Sie kämpften in seinem Innern, sie stiegen hoch. Sie erreichten die Brust, den Kopf, den Hals. Mit wirren Bewegungen fuhren seine Hände durch das aschige Haar, wühlten es hoch, ließen es wieder fallen und zogen die weichen Strähnen durch die Lücken zwischen den Fingern.

Er schaute nicht hin. Hätte er es getan, dann wären ihm die Veränderungen der Haare aufgefallen. Sie hatten sich nicht vermehrt und waren auch nicht kräftiger geworden, aber ihre Farbe hatte eine Veränderung erfahren und war noch dabei, sich zu verändern.Das Hell verschwand. Dunkle Strähnen hatten sich gebildet. Der Albino erlebte auch eine Veränderung der Haut, bei der ebenfalls die Blässe verschwand. Sie nahm eine Idee von Farbe an. Zwar keine gesunde Gesichtsfarbe, denn die Blässe blieb, aber sie war anders. Nicht mehr so kreidig, mehr wie die eines Toten, und auf den Wangen schimmerten sogar dunklere Flecken.

Die Brauen hatten ebenfalls ihre Blässe verloren. Jetzt sahen sie dunkel aus und bildeten Bögen am unteren Ende der hohen Stirn. Sie bedeckten Augen, in denen es auch nicht mehr die glanzlosen Pupillen gab, sondern immer dunkler werdende Kreise, die sich der Schwärze des dichten Haars anglichen. Noch immer strichen die Finger durch die Strähnen. Sie sahen dabei aus wie lange Schlangen, die durch ein dichtes Gebüsch glitten.

Leo Frost saß noch immer auf seinem Stuhl. Nur hatte sich die Haltung verändert. Er hatte seinen Rücken und auch den Kopf weit nach hinten gedrückt. Der Blick war zur Decke gerichtet, die sich über seinem Kopf nur begrenzt hell abzeichnete. Ansonsten lag sie in tiefer Dunkelheit begraben.

Frost atmete nicht, er stöhnte. Tief in seiner Kehle waren die Geräusche geboren. Die Laute gaben seine Stimmung wider. Er fühlte sich gut, nahezu blendend. Er war längst zu einem anderen geworden und genoss die folgenden Sekunden, bevor er sich aufrichtete und sich wieder normal hinsetzte.

Wieder der Blick in den Spiegel.

Es war nicht mehr Leo.

Oder fast nicht.

Er hätte sich eigentlich sehen müssen. Ebenso wie vor wenigen Minuten, doch das war nicht der Fall. Er sah nicht mehr als einen sehr schwachen Umriss, und auch den hätte er sich leicht einbilden können.

Was andere Menschen erschreckt hätte, löste bei ihm ein triumphierendes Lachen aus. Er löste die Hände aus seinem Haar und ließ sie auf den Tisch fallen.

Ja, das war gut, sehr gut sogar.

Dann öffnete er den Mund.

Auch diese Bewegung gab der Spiegel nicht zurück, aber der ehemalige Albino wusste, wie er aussah. Mit der Zungenspitze fuhr er über seine obere Zahnreihe hinweg.

Sie war nicht mehr so glatt wie sonst.

Zwei Zähne standen vor. Sie waren lang und auch spitz geworden. Es gab keinen Zweifel. Der Albino Leonardo Frost hatte sich in einen Vampir verwandelt ...

Tanya Perez stolperte durch die Nacht. Die Flucht war ihr gelungen. Sie hatte diesem blöden Craig gezeigt, was eine Harke ist. Er würde sich noch etwas länger herumquälen müssen. Sollte er. Typen wie er waren es nicht wert, dass man sich näher mit ihnen abgab. Man musste ihnen nehmen, was sie hatten. Das war vor allen Dingen Geld, und darüber freute sich Tanya.

Das Knistern der Scheine füllte noch jetzt ihre Ohren. Sie hatte nicht genau nachgezählt, wie groß die Summe war, die sie Craig weggenommen hatte. Wenig war es bestimmt nicht. Das hatte sie schon beim Griff nach den Scheinen festgestellt. Sie hatte das Geld in ihre Jackentasche gestopft. Irgendwann in der nächsten Zeit würde sie die Chance bekommen, es nachzuzählen.

Die Tasche mit dem langen Riemen hing quer vor ihrer Brust. Bei jedem Schritt schwang sie vor, dann wieder zurück. Es war für sie auch nicht einfach, zu laufen. Auf der Straße war sie nicht geblieben. Die Gefahr einer Entdeckung wäre dort viel zu groß gewesen. Sie hatte sich in das Gelände geschlagen und war einfach in die Dunkelheit der Nacht hineingegangen.

Schließlich war es ihr gelungen, einen schmalen Pfad zu finden. Wohin er führte, wusste sie nicht. Aber wenn sie den Kopf hob, sah sie die vereinzelten Lichter vor sich. Eine kleine Ortschaft, in der Menschen lebten.

Tanya wollte dorthin. Da fand sie immer einen Wagen, den sie aufbrechen und kurzschließen konnte, um damit ihre Flucht fortzusetzen.

Die Fünfundzwanzigjährige war knochenhart. Sie befand sich auf einem gefährlichen Teilstück ihres Lebens, das manchmal zu einer Schlitterbahn werden konnte. Da musste sie stark achtgeben, dass sie nicht die Balance verlor.

Sie hatte einiges einstecken müssen. Nicht immer war der Beischlafdiebstahl so relativ harmlos abgelaufen. Zweimal schon war es ihr verdammt dreckig ergangen, und Tanya hatte diese Dinge eben als reines Berufsrisiko eingeschätzt.

Jetzt fing es noch an zu regnen. Nicht sehr stark, aber die feinen Tropfen sprühten wie winzige Eiskörner gegen das Gesicht und auch gegen ihren Körper.

Der Boden war weich, und manchmal rutschte sie aus, aber sie riss sich immer wieder zusammen. Die kleine Ortschaft, deren Namen sie nicht einmal kannte, lockte einfach zu stark. Da durfte eine zähe Person wie sie nicht aufgeben.

Ein paarmal verfluchte sie ihr langes Haar. Sie strich die nassen Strähnen immer wieder zurück. Mit gesenktem Kopf ging sie weiter. Keuchend, manchmal auch fluchend. Den Weg hatte sie längst verlassen. Tanya stapfte querfeldein. Ihre Schuhe waren verdreckt, die Jeans ebenfalls bis zu den Knien.

Verbissen machte sie weiter. An Craig dachte sie nicht mehr. Der würde auch nicht nach ihr suchen und sich wahrscheinlich schrecklich über den Verlust der Scheine aufregen.

Als sie wieder einmal den Kopf hob, war das Licht nicht mehr zu sehen. Im ersten Augenblick erschrak sie und glaubte, den falschen Weg gegangen zu sein. Dann sah sie es durch das Geäst der Bäume schimmern. Tanya hatte nicht mitbekommen, dass sie schräg auf ein Waldstück zugegangen war.

Den Wald selbst wollte sie nicht durchqueren. Es war besser, wenn sie ihn umging. Dann geriet sie auch wieder in Sichtweite der kleinen Ortschaft.

So wandte sich die Frau nach rechts. Sie malte sich aus, welchen Wagen sie stehlen würde. Recht war ihr jeder, aber sie liebte am meisten die kleinen und schnellen, die nicht so auffielen. Damit würde sie wieder zurück nach London fahren, sich zwei, drei Tage ein gutes Leben machen, um danach erneut an die ›Arbeit‹ zu gehen. Ihr Zimmer war nicht teuer, und das gestohlene Geld reichte aus, um einen Teil davon auf ein Sparkonto zu legen, denn mit 30 wollte sie den stressigen Job an den Nagel hängen und ein anderes Leben führen.

Den Wald ließ sie links liegen. Sie sah auch die Bäume nicht mehr, denn sie tauchten hinter den Schleiern aus Regen unter. Das Gebiet war zu einem großen grauen Fleck geworden.

Wieder sah sie die Lichter. Obwohl sie starr in die Nacht hineingrüßten, schwankten sie auf und nieder. Das hing einzig und allein mit ihrer schwerfälligen Gehweise zusammen. Sie kam nicht mehr so gut weg wie noch zu Beginn. Der Regen hatte den Boden sehr tief werden lassen und stark aufgeweicht. Manchmal trat sie in Mulden hinein und hatte dabei das Gefühl, die feuchte Erde wollte ihre Füße festhalten und sie nie mehr loslassen.

Für Tanya ging es weiter. Sie war keine, die so schnell aufgab. Wenn sie sich ein Ziel ausgesucht hatte, dann sorgte sie auch dafür, dass sie es erreichen konnte.

Waren die Lichter nähergekommen? Es sah nicht so aus, aber in der Dunkelheit waren Entfernungen sowieso schwer zu schätzen. Das hatte sie mittlerweile herausgefunden.

Weiter vor ihr musste es eine Straße geben, die quer zu ihr verlief. Sie sah dort ein Auto fahren. Seine Scheinwerfer warfen das Licht wie ein Tuch über den Belag. Tanya konnte sehen, wie es weiterwanderte, aber das Fahrzeug bog nicht in den Ort ab.

Eine Straße war immer gut. Dort würde sie auch besser laufen können als auf diesem nassen und schwierigen Gelände. Verbissen kämpfte sie sich vor und wäre fast gegen einen quer gespannten Stacheldraht gelaufen, der ein Feld oder eine Wiese umschloss.

Tanya blieb stehen. Mit dem Handrücken wischte sie sich das Wasser aus dem Gesicht. Es war wohl mehr Zufall, dass sie dabei den Kopf nach links drehte.

Da sah sie den Umriss!

Zuerst dachte sie an eine Hütte, einen Stall, aber die sahen anders aus. Und wenn sie genau hinschaute, fiel ihr sogar das Licht auf, das sich hinter den dünnen Regenschleiern abmalte.

Tanya runzelte die Stirn. Sie wusste noch nicht, wie sie sich verhalten sollte. Das war keine normale Bude oder Hütte. Es war ein Wohnwagen. Sie hatte den Eindruck, als hätte sich in dieser Gegend ein Einsiedler zurückgezogen, der nicht gestört werden wollte.

Sie lächelte plötzlich.

Vielleicht war es wieder eine Chance, noch an ein paar Scheine zu kommen. Manchmal stand das Schicksal eben auf ihrer Seite. Es war nicht mehr weit bis zu dieser Hütte, aber Tanya traute sich nicht, die wenigen Schritte zu gehen. Sie blieb zunächst misstrauisch wie ein Hund, der sein Fressen zunächst einmal beäugt.

Es tat sich nichts.

Das Licht veränderte sich nicht. Es wurde auch nicht abgeschaltet. Es blakte weiterhin hinter der Scheibe und wirkte in der Dunkelheit wie verloren.

Was tun? Nachschauen oder weitergehen?