John Sinclair Sonder-Edition 226 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 226 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Jane Collins und ich hatten einen wunderschönen Abend in einem Biergarten an der Themse verbracht. Auf der Rückfahrt lief uns fast eine Frau in den Wagen, die ständig einen Satz wiederholte: "Blut und Schlangen - Blut und Schlangen ..."
Wir brachten die völlig verwirrte Person zu Lady Sarah Goldwyn. Dort hatten wir Ruhe, um uns um sie zu kümmern. Doch als wir sie ansprachen, war sie zu Stein geworden.
So begann ein Fall, der Jane, Suko und mich in den Bannkreis einer gefährlichen Gorgonen- Magie brachte. Denn Medusa stand nicht allein. Sie hatte sich zwei Helferinnen geholt, um das Gorgonen-Trio perfekt zu machen ...


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Seitenzahl: 195

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Die Macht der Medusa

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Die Machtder Medusa

von Jason Dark

Jane Collins und ich hatten einen wunderschönen Abend in einem Biergarten an der Themse verbracht. Auf der Rückfahrt lief uns fast eine Frau in den Wagen, die ständig einen Satz wiederholte: »Blut und Schlangen – Blut und Schlangen ...«

Wir brachten die völlig verwirrte Person zu Lady Sarah Goldwyn. Dort hatten wir Ruhe, um uns um sie zu kümmern. Doch als wir sie ansprachen, war sie zu Stein geworden.

So begann ein Fall, der Jane, Suko und mich in den Bannkreis einer gefährlichen Gorgonen-Magie brachte. Denn Medusa stand nicht allein. Sie hatte sich zwei Helferinnen geholt, um das Gorgonen-Trio perfekt zu machen ...

Die Frau rannte, als wäre der Leibhaftige hinter ihr her. In den weit aufgerissenen Augen leuchtete die Angst. Die Beine bewegten sich wie von selbst, auch die Arme schleuderten vor und zurück. Das Haar hatte sich aus der Hochsteckfrisur gelöst. Es umflatterte fahnengleich den Kopf.

Die Frau redete. Und das trotz ihrer Anstrengung. Immer den gleichen Satz keuchte sie hervor.

»Schlangen und Blut. Schlangen und Blut ...«

Ihr Kopf bewegte sich nickend und heftig. Vielleicht wäre sie schon längst zusammengebrochen, doch der Motor Angst trieb sie weiter.

»Schlangen und Blut! Schlangen und Blut ...«

»Ein Sommerabend wie gemalt«, sagte Jane Collins.

»Richtig.«

»Und wir sitzen im Freien.«

»Stimmt auch.«

»Wir sind allein.«

»Ich kann es nicht leugnen«, sagte ich.

»Was selten genug vorkommt.«

»Klar. Wobei ich nicht einmal zu fahren brauche und mir noch ein Bier genehmigen kann.«

»Sonst hätte ich dich ja nicht ins Freie bekommen«, beklagte sich Jane. »Dieser Garten ist wirklich super. Es gibt ihn erst seit dem letzten Jahr. Nicht nur, dass dir das Bier schmeckt, schau dir doch nur die Lage an. Die ist einfach phantastisch. Direkt am Ufer der Themse und trotzdem geschützt. Wir brauchen nur die Köpfe zu drehen, um das Wasser sehen zu können. Wunderbar.« Jane geriet ins Schwärmen, und sie hatte auch recht damit.

Mir gefiel der Platz ebenfalls. Schöne Sommertage in London? Auch die gibt es. Zwar nicht über Wochen hinweg, aber man ist schon zufrieden, wenn es nur einige Tage so warm blieb wie jetzt. Außerdem lag der Biergarten wirklich idyllisch. Man hätte fast bis zum Fluss hin spucken können. Nur bei Hochwasser konnte die Lage gefährlich werden. Da nutzt dann auch die Steinmauer nicht viel, über deren Krone wir hinweg auf das fließende Wasser schauen konnten, das sich wie von einem nie ausgehenden Motor durch sein Bett wälzte.

Lichter, zu Girlanden geformt, schwebten zwischen den Bäumen wie farbige Schlangen. Es war auch nicht schwül. Hin und wieder erreichte uns vom Wasser her ein zarter Windhauch, der einen sommerlichen Grasgeruch mitbrachte. Der Biergarten lag abseits der normalen Straße. Um ihn zu erreichen, musste man einen Feldweg benutzen und konnte sich dann auf einer Wiesenfläche den Parkplatz aussuchen. Im Winter war der Betrieb geschlossen. Erst bei schönem Wetter wurde angezapft. Man musste sich seine Getränke und Speisen selbst holen. Zapfanlage und Küche waren in einem blockhüttenähnlichen Bau untergebracht, dessen Frontseite nach vom hin offen war und eine Theke bildete.

Es waren nicht alle Tische besetzt. Diejenigen an der Mauer schon, wo auch Jane und ich saßen. Die Dunkelheit hatte noch nicht gewonnen. Tag und Nacht balancierten auf der Grenze, und der hohe Himmel über uns zeigte ebenfalls noch helle Flecken.

Auf den Tischen standen gläserne Windlichter. Die Flammen auf den Dochten bewegten sich tanzend hin und her, sodass immer neue Figuren entstanden, die als Schattenspiele über die Tische hinweghuschten.

Ein kräftiges Weizenbier hatte ich schon getrunken und das zweite Glas ebenfalls beinahe geleert. Dieses Bier stammte aus Deutschland, dort hatte ich es auch kennengelernt, und auch in London gab es das Getränk hin und wieder zu kaufen. Auch damit hatte mich Jane Collins in den Biergarten gelockt.

Sie saß mir entspannt gegenüber. Die Beine ausgestreckt, den Kopf zurückgelegt, den Blick gen Himmel gerichtet, um das Heranschleichen der Nacht zu beobachten. Die längsten Tage des Jahres waren beinahe schon vorbei, doch der Sommer lag noch vor uns, und ich hoffte, ihn auch genießen zu können.

An das Rauschen des Wassers hatten wir uns gewöhnt. Es übertönte zum Teil auch die Stimmen der anderen Gäste, sodass wir in einer relativen Ruhe beisammensaßen.

Mal wieder Zeit für eine ›alte‹ Freundin zu haben, tat auch mir gut. So manch hartes Abenteuer hatten wir gemeinsam überstanden, und Janes Schicksal war auch nicht immer auf Rosen gebettet gewesen, da unsere Feinde, die Schwarzblütler, uns schon genug zu schaffen gemacht hatten und es auch noch weiterhin tun würden.

Nur nicht an diesem Abend. Auf keinen Fall hier. Das hatte uns auch Lady Sarah, die Horror-Oma, gewünscht, bei der Jane Collins wohnte, und die darauf gedrängt hatte, dass wir uns mal entspannten.

Jane hatte als Fahrerin fungiert. Sie wusste ja, wie gern ich mal ein deutsches Bier trank. Sie lächelte mich an, als ich auch das zweite Glas leerte.

»Noch eins?«

»Ich überlege ...«

»Du brauchst nicht zu fahren, John.«

»Ah, dann willst du mich voll machen?«

»Das habe ich nicht gesagt. Außerdem hast du was gegessen und bist zudem von mir eingeladen.«

»Da kann ich nicht widerstehen.«

Ein Windstoß wehte vom Fluss heran und wühlte sich in die Blätter der Buchen und Linden hinein, die am Tage einen natürlichen Schutz vor den Strahlen der Sonne bildeten. Jetzt wurde das grüne Laub bewegt. Es raschelte, und von der Höhe her schienen uns zahlreiche Stimmen etwas zuzuflüstern.

Auch dieses Geräusch passte. Es tat uns einfach gut, hier zu sitzen und zuzuhören. Entspannen, etwas reden, die Seele baumeln lassen, nicht an das zu denken, was uns tagsüber bedrückte. Diese Abende braucht der Mensch einfach.

Ich stand auf.

»Holst du dir noch ein Glas?«

»Sicher. Aber diesmal zahle ich.«

»Dann bring mir bitte ein Wasser mit.«

»Es gibt auch Wein.«

»Ich muss fahren.«

»Ein Glas?«

Sie verdrehte die Augen.

»Wir beide haben die Entenbrust und den Salat gegessen.«

Die Detektivin lächelte. »Also gut, du Quälgeist. Dann eben ein Glas Wein und ein Wasser.«

»Das ist ein Wort.« Ich ließ Jane sitzen und ging zwischen den Tischen hindurch und unter den bunten Lichtergirlanden auf die vorn offene Blockhütte zu, an der sich die Gäste das Essen und die Getränke abholen konnten.

Der Rasen verschwand. Unter meinen Schuhen knirschte der Kies, und nach wenigen Schritten stand ich dort, wo ich hin wollte und reihte mich in die kleine Schlange ein. Nur zwei Gäste standen vor mir. Der Geruch von Gegrilltem wehte mir entgegen. Die Holzstühle vor den Tischen waren fast alle besetzt. Es hatte sich herumgesprochen, dass es hier etwas Gutes zu essen und zu trinken gab. Da nahmen die Gäste auch eine weitere Fahrt in Kauf, um der Hitze und der stickigen Luft der Großstadt zu entkommen.

Ich gab die Bestellung auf. Für Jane nahm ich einen leichten Sommerrosé und eine kleine Flasche Wasser mit. Mir füllte man wieder eines der großen Gläser. Das Weizenbier gehörte zu der Sorte, die nicht so viele Alkoholprozente beinhalteten. Man konnte sich davon schon einige Gläser genehmigen.

Die Getränke stellte ich auf ein rundes Tablett und ging wieder zu meinem Platz zurück.

»Ein Rosé, sehr gut!«, lobte Jane.

»Ja, das meine ich auch.«

Sie hob das Glas an und prostete mir zu. »Auf dass wir noch lange einen wunderschönen Mond betrachten können«, erklärte Jane mit weicher Stimme und etwas verloren lächelnd. Sie hatte den Mond gemeint, der in den Lücken zwischen den Wolken zu sehen war. Er war nicht mehr ganz voll und sah aus wie ein Kreis, der eine Delle bekommen hatte, aber er hatte eine goldgelbe Farbe angenommen und blickte auf die Menschen nieder wie ein Wächter.

Das Bier und das Weinglas stießen zusammen. Auch ich fühlte mich zu einem Trinkspruch angeregt. »Auf uns, Jane. So jung kommen wir nicht mehr zusammen.«

»Das stimmt«, gab sie lachend zu und trank.

Ihr schmeckte der Wein ebenso gut wie mir das Bier. Auch die leichte Kühle, die das Wasser mitbrachte, störte uns nicht. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich noch stundenlang hier sitzen können, um das Leben einfach nur zu genießen.

Außerdem hatten wir Freitag. Da musste man einen solchen Abend einfach genießen. Der große Ärger kam noch früh genug, aber bitte nicht an diesem Abend.

Jane hatte eine dunkle Strickjacke über ihre Schultern gelegt. Ansonsten trug sie ein weißes Kleid, das sehr locker und bauschig fiel, und dessen Stoff der Haut schmeichelte.

Sie hielt die Augen halb geschlossen. Ihr Blick traf den Himmel, und ich sagte: »Hauptsache, es geht dir gut.«

»Ich kann nicht klagen.«

»Und was macht das Geschäft?«

»Ruhig.«

»Keine kleinen Ganoven, die du zu jagen hast?«

»Nein, und auch keine großen. Im Moment ist Sommerpause.« Sie seufzte. »Das kann man von dir ja nicht gerade behaupten – oder?«

»Leider nicht.«

»Was ist denn mit Urlaub?«

Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. »Kannst du mir das Wort noch einmal buchstabieren?«

»Könnte ich. Mache ich aber nicht. Du musst mal ein paar Tage wegfahren, John. Meinetwegen auch mit mir.«

»Waren wir nicht vor kurzem erst in Spanien?«, fragte ich.

»Erstens war das die Insel Mallorca, zweitens war es dienstlich, und drittens liegt das schon wieder so gut wie ein Jahr zurück.«

»Aber die Stunden am Strand waren doch super. Ich erinnere mich. Auch ein Abend, der ähnlich war wie dieser. Nur noch etwas wärmer. Wir hatten uns Wein mitgenommen und ...«

»Ja, und dann trafen wir die Diener des El Toro, die die junge Frau jagten. Damit war der Urlaub dann vorbei.« Jane trank einen Schluck Rosé.

»Aber ich finde es auch hier richtig toll«, sagte ich.

»Klar, da muss nur das Wetter mitspielen.«

»Das tut es doch.«

»Fragt sich nur wie lange«, sagte Jane. »Für den Wochenanfang ist schon wieder Regen angesagt worden. Vermischt mit Gewittern, Hagelschauern und Sturm.«

»Dann brauchen die Gartenfreunde wenigstens nicht zu gießen.«

Jane lachte über meine Antwort. Sie war der Meinung, dass mir auch immer etwas einfiel, und das Thema Urlaub wollte sie zunächst einmal ad acta legen. Ich nahm das große Weizenglas und ließ das süffige Gebräu langsam in die Kehle gleiten. Es schmeckte noch immer super. Das leichte Prickeln gefiel mir, Schaum umspielte meine Lippen, den ich nach dem Absetzen des Glases wegleckte.

An Dämonen oder andere Wesen aus dem Reich der Finsternis dachte ich in diesen Augenblicken wirklich nicht. Ich wollte das Leben einfach nur genießen, denn morgen war auch noch ein Tag. Und zudem erst Samstag. Bis zum Montag war noch Zeit. Ich schob den Gedanken daran auch weit von mir.

Mittlerweile war es dunkler und auch kühler geworden. Die Vögel hatten ihren abendlichen Gesang beendet und sich zum Schlafen in ihre Verstecke begeben. Das Rauschen des Flusses vernahmen wir jetzt noch deutlicher, sodass die Stimmen der anderen Gäste in den Hintergrund traten. Die ersten gingen bereits, denn ihnen war es zu kühl geworden, und auch Jane setzte sich wieder aufrecht hin.

»Wann machen wir den Abflug?«

»Das bestimmst du.«

Sie zog die Nase kraus und schaute sich um. »Wenn ich ehrlich sein soll, wird es mir schon ein wenig kühl. Ich denke, dass wir so langsam austrinken sollten.«

»Und was machen wir mit dem Rest der Nacht?«

»Das überlasse ich dir.«

»Eine kleine Bar. Mit Musik, mit Tanz. Oder eine Disco zum Abtanzen und Rappen bis der Arzt kommt?«

»Bin ich im Film?«

»Also nicht.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, aber wir könnten noch zu Sarah Goldway fahren und uns dort weiter unterhalten. Wenn du zu müde bist, um nach Hause zu fahren, kannst du bei mir schlafen.«

»Jaa ...«, dehnte ich, »das hört sich gar nicht mal so schlecht an.« Ich konnte das Grinsen schlecht unterdrücken. »Schließlich haben wir von Mallorca noch etwas nachzuholen. Am Strand sind wir dazu nicht gekommen, wie du weißt.«

Jane legte den Kopf zurück und lachte gegen den dunklen Himmel. »Du vergisst auch nichts, wie?«

»Warum auch? Schließlich hast du mich erst darauf gebracht. Spanischen Wein werdet ihr doch sicherlich auch noch im Keller haben, denke ich mir.«

»Du kennst dich gut aus.«

»Ich bin schließlich Polizist.«

»Sorry, das hatte ich vergessen.«

Wir ließen es langsam ausklingen und leerten unsere Gläser. Auch die Wasserflasche war leer, und Jane ließ noch die letzten Tropfen aus ihrem Glas über die Lippen gleiten.

In meinem Glas befand sich auch nur noch Schaum, und Jane erhob sich, zog die Jacke fester um ihre Schultern und wartete, bis ich an ihrer Seite war, um sich bei mir einzuhaken. Wie ein Liebespaar steuerten wir den Platz an, auf dem Jane ihren Golf abgestellt hatte. Die Lichter und die Stimmen blieben hinter uns zurück. Sie versickerten in der Dunkelheit und stürzten hinein in das Rauschen der Themse.

Wir hatten es nicht eilig und schlenderten gemütlich dem Wagen entgegen. Vor uns war ebenfalls ein Paar unterwegs. Wir hörten es lachen und sprechen. Den Stimmen nach zu urteilen mussten die beiden noch jung sein, und ihr Auto stand als erstes in der Reihe. Bevor sie einstiegen, küssten sie sich intensiv. Ich konnte mir vorstellen, dass die beiden im Auto noch einiges zu tun hatten.

Jane hatte meinen kurzen Blick bemerkt. »Na, du alter Knochen, bist du neidisch?«

»Nein, die Zeiten sind vorbei. Das war einmal.«

»Auch im Auto?«

»Unter anderem.«

»Ich will ja nicht näher nachfragen, aber ich gönne es dir, John. Oder habe es dir gegönnt.«

»Herzlichen Dank.«

Ich fühlte mich locker, etwas beschwingt. Nicht betrunken, nicht einmal angetrunken, nach diesen drei Weizen, aber hinter das Steuer hätte ich mich jetzt nicht mehr gesetzt. Das übernahm Jane, die ihre Tür öffnete und sich in den Wagen drückte.

Ich ließ mich an der Beifahrerseite auf den Sitz fallen und schloss die Tür.

Jane hielt den Zündschlüssel noch in der Hand. Sie tickte ihn gegen den Lenkradring.

»Also, der Herr, wohin jetzt? Hast du dich inzwischen entschieden?«

»Keine Disco.«

»Gut.«

»Keine Bar.«

»Akzeptiert.«

»Bleibt deine Wohnung.«

Sie lächelte hintergründig. »Außerdem ist es da bequemer. Nach dem Wein kann man sofort ins Bett fallen.«

»Du hast es erfasst.«

»Dann los.«

»Und was wird Sarah sagen?«

»Der, John, das weißt du doch, der ist wirklich nichts Menschliches fremd. Als vierfache Witwe kennt sie eben alle Vor- und Nachteile des Lebens.«

»Kein Einspruch, Euer Ehren.«

Das Lokal lag ein gutes Stück von der Straße weg. Ein Weg war nicht gebaut worden, den hatten sich Fußgänger und Autos geschaffen. Da war das hohe Gras einfach niedergefahren oder getrampelt worden. Der Baumbewuchs hatte sich hier zurückgezogen. Die Umgebung wirkte wie eine buschlose Steppe, auf der nur Gras wuchs, das sich im aufkommenden Nachtwind bewegte und durch die Scheinwerfer oft genug bleich wie Mehl aussah.

Ich hatte den Sitz zurückgestellt und auch die Lehne nach hinten gekippt. Es tat gut, sich fahren zu lassen, auch wenn der Golf über manche Stellen wie ein Schiff bei unruhigem Seegang schaukelte und das Bier in meinem Magen blubberte.

Ich genoss auch die Fahrt. Es war einer jener seltenen Momente, in denen ich an nichts dachte. Erst recht nicht an meinen Beruf, und so ließ ich mich einfach treiben, wie von Wind und Wellen gepackt, die mich umspülten.

Jane hatte das Radio eingestellt und einen Sender gefunden, der keine störende Musik brachte. Die Melodien entsprachen unserer Stimmung. Amerikanische Evergreen. Gesungen von Dean Martin, Al Martino oder Frank Sinatra. Passend zu dieser wunderbaren Nacht, deren Himmel ein Heer aus Sternen zierte.

»Geht es dir gut?«, fragte Jane.

»Ich kann nicht klagen.«

»Das merkt man auch.«

»Neidisch?«

»Überhaupt nicht. Außerdem bin ich Gönnerin.«

»Danke.«

Sie lachte leise, aber das nächste Wort, das Jane sprach, passte nicht zu dieser Stimmung. »Scheiße!«

Nicht nur das Wort, auch der Tonfall hatte mich überrascht. Ich war sofort alarmiert und setzte mich kerzengerade auf. »Was ist denn?«

»Da vorn läuft jemand.«

Die Person war eine Frau. Sie wurde vom Licht der Scheinwerfer erfasst. Als Jane das Fernlicht einschaltete, sahen wir die Frau deutlicher. Sie ging auf die Straße zu, die sie bald erreicht haben würde. Aber ihr Gang war nicht normal. Jeder Schritt kam mir vor, als könnte sie ihn nur mühsam setzen, wie bei einer Person, die eine sehr schwere Last auf ihren Schultern zu schleppen hatte.

Die Füße bekam sie kaum vom Boden hoch. Sie schleiften durch das hohe Gras, und es glich schon einem kleinen Wunder, dass die Frau bei diesem unebenen Boden noch nicht gestolpert und gefallen war. Die Haare wippten auf und ab. Ihre Bewegungen waren unregelmäßig. Da schien das Gehirn nicht zu wissen, was die Arme taten, die manchmal haltlos an ihrem Körper entlangschlugen.

»Das ist nicht normal«, sagte Jane.

»Ist sie betrunken?«

»Nein, John, das ist sie nicht. Ich meine eher, dass sie kurz vor der Erschöpfung steht und man ihr helfen muss.«

»Dann halte an.«

»Was meinst du, was ich vorhatte?«

Es waren noch ein paar Meter, dann rollten wir neben der Frau her. Jane überholte sie, bevor sie den Wagen nach links zog und der erschöpften Person den Weg versperrte.

Die Frau schaffte es nicht mehr, anzuhalten. Der Wagen war für sie zu einem Hindernis geworden, und wir hörten beide, wie sie gegen das Heck prallte. Da hatten wir die Tür schon aufgestoßen und waren ausgestiegen. Die Frau klammerte sich am Wagen fest. Es sah zumindest so aus. Tatsächlich aber hatte sie die Hände gegen die Heckscheibe gedrückt, stand jetzt zitternd da, hielt den Kopf gesenkt und atmete keuchend. Wir waren nahe an sie herangetreten und nahmen auch den Schweißgeruch wahr, der von ihrem Körper ausströmte.

Sie konnte nicht sprechen. Dazu war sie einfach zu erschöpft. Nur keuchen und husten und auch würgen, sodass wir befürchten mussten, dass sie sich jeden Augenblick übergab.

Ich fasste sie an.

Die Frau schrak zusammen und schrie auf. Dann duckte sie sich tiefer, wie jemand, der nach einer Höhle sucht, um sich dort vor aller Welt verstecken zu können.

»Lass mich mal«, sagte Jane. »Ich werde mit ihr reden und ...«

Dazu kam sie nicht, denn beide hielten wir den Mund, weil wir plötzlich verstanden, was sie immer wieder vor sich hin flüsterte. Es waren Worte, die uns alarmierten.

»Schlangen und Blut ... Schlangen und Blut ... Schlangen und Blut ...«

Jane und ich schauten uns an. Wir zuckten mit den Schultern, und die Detektivin fragte: »Habe ich mich geirrt, oder hat sie tatsächlich von Schlangen und Blut gesprochen?«

»Hat sie.«

»Und was kann das bedeuten?«

»Das sollten wir sie fragen. Jedenfalls nichts Gutes.« Ich lachte hart in mich hinein und schüttelte den Kopf. Die abendliche Urlaubsstimmung war verflogen. Der Alltag hatte mich wieder, denn die Worte ›Schlangen und Blut‹ passten eigentlich nicht in das normale Leben hinein.

Die Frau hatte jetzt aufgehört zu reden. Sie war beinahe am Ende ihrer Kräfte. Nur noch mühsam stützte sie sich an der Heckscheibe ab, und es sah aus, als könnten ihre Beine sie kaum noch tragen.

Ich überließ Jane Collins das Feld, die beruhigend auf die Person einsprach. Sie redete mit leisen Worten, sie fasste die Frau dabei auch an, die es mit sich geschehen ließ.

Es war nicht genau herauszuhören, ob sie weinte oder etwas anderes tat. Jedenfalls schien sie froh gewesen zu sein, Helfer gefunden zu haben, denn sie klammerte sich jetzt an Jane fest und schüttelte immer wieder den Kopf.

»Bitte, beruhigen Sie sich. Sie müssen sich erholen. Wenn es soweit ist, reden wir. Okay?«

Die Frau schaute Jane aus kurzer Distanz ins Gesicht. Dann presste sie wieder die gleichen Worte hervor. »Schlangen und Blut ... Schlangen und Blut ...«

»Ja, Madam, das haben wir gehört. Aber wir wissen nicht, was Sie damit meinen.«

»Es gibt sie.«

»Ja, das denken wir uns auch. Es gibt Schlangen, und es gibt Blut. Was ist so schlimm daran? Mögen Sie keine Schlangen? Und können Sie auch kein Blut sehen?«

Jane erhielt keine Antwort. Stattdessen rutschten die Arme der bedauernswerten Person von ihren Schultern ab. Die Frau sackte zusammen. Noch bevor sie den Boden berühren konnte, hatte ich schon zugegriffen und sie abgestützt. Auch Jane hielt sie fest und fragte mich: »Was machen wir mit ihr?«

»Ganz einfach. Wir nehmen sie mit.«

»Zu Lady Sarah?«

»Warum nicht?«

Jane zuckte die Achseln. »Na ja, wie du meinst, das wird wohl am besten sein.« Sie war es dann, die der Unbekannten den Vorschlag unterbreitete und erntete ein Nicken als Einverständnis. Die Detektivin erkundigte sich noch nach ihrem Namen, und wir verstanden auch die Antwort.

»Rita Forman«, flüsterte sie.

»Okay, Rita, wir nehmen Sie jetzt mit zu uns. Dort können Sie sich etwas erholen und uns alles erzählen, was Sie bedrückt. Vertrauen Sie uns, Rita.«

Sie sagte nichts mehr, ließ sich aber widerstandslos auf die Rückbank schieben.

Ein anderes Fahrzeug tanzte heran. Das Licht der beiden hellen Glotzaugen bewegte sich auf und nieder und erwischte auch uns in den entsprechenden Intervallen. Ob der Fahrer mitbekommen hatte, was hier abgelaufen war, wussten wir nicht. Er hielt jedenfalls nicht an, sondern fuhr vorbei.

Ich zog die Tür zu und drehte mich vor dem Anschnallen nach hinten um.

Rita Forman saß schräg auf der Bank. Sie hielt die Augen geschlossen und holte durch einen schmalen Mundspalt Luft. Auf ihrem Gesicht schimmerte noch immer der Schweiß, das dünne graue Kleid klebte am Körper. Die Haare mussten einmal schwarz gewesen sein. Jetzt waren sie von grauen Strähnen durchzogen, waren auch ungekämmt und wirkten ungepflegt. Ich war bemüht, mir ein vorurteilsfreies Bild zu machen. Diese Frau musste Schlimmes hinter sich haben, und dieser Vorgang stand in Verbindung mit Schlangen und Blut.

Da kamen zwei Dinge zusammen, die meiner Ansicht nach nicht zusammen gehörten. Ich suchte nach einer Erklärung, während Jane mittlerweile den Golf gestartet hatte.

Schlangen, die in Blut badeten? Hatte sie davon geträumt und war durch den Traum so geschockt worden, dass sie einfach nur fluchtartig losgerannt war?

»Woran denkst du, John?«

»Über Rita denke ich nach. Ich frage mich auch, ob wir sie zu einem Arzt bringen sollen.«

Jane Collins schüttelte den Kopf. »Ich bin dagegen. Oder vielleicht bringen wir sie später zu einem Arzt. Ich denke, dass sie bei Lady Sarah zunächst einmal gut aufgehoben ist. Sarah wird dafür sorgen, dass sie sich erholen kann. Danach erfahren wir sicherlich mehr über ihre seltsamen Erlebnisse.«

»Oder über das, was sie sich eingebildet und vielleicht auch nur geträumt hat.«

»Daran glaube ich nicht.«

»Und warum nicht?«

»Es war nicht gespielt, John, sondern verdammt echt. Sie lag ja in meinen Armen. Da habe ich gespürt, wie schlecht es ihr ging. Sie stand unter einem verdammten Druck, und sie hat, davon gehe ich aus, jedes Wort ernst gemeint.«

»Schlangen und Blut«, wiederholte ich nachdenklich.

Wir fuhren auf London zu.

Der Fluss befand sich nicht mehr an unserer Seite. Die Romantik war verschwunden, was auch an Rita Forman lag. Sie sagte nichts mehr und blieb stumm. Ich wunderte mich darüber und schaute hin und wieder in den Fond.

Die Frau saß dort so, wie wir sie hingesetzt hatten. Ohne sich zu bewegen. Sie hatte die Augen fast geschlossen. So wie sie sah jemand aus, der vor sich hindämmerte und in den folgenden Minuten einschlafen würde.

»Das Verhalten ist schon ungewöhnlich«, sagte ich leise zu Jane.

»Du denkst schon weiter, wie?«

»Du nicht?«

»Nein, John Sinclair. Ich vermute nicht gleich hinter jeder außergewöhnlichen Begegnung so etwas wie Teufelswerk. Das überlasse ich gern dir.«

»Das habe ich nicht gesagt.«

»Aber gemeint. Ich kenne dich, mein Freund. Außerdem hält das Schicksal für dich immer gewisse Überraschungen parat. Wäre ja nicht das erste Mal.«