John Sinclair Sonder-Edition 227 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 227 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Wir wollten es kaum glauben, was Sir James uns da gesagt hatte. "Machen Sie Urlaub auf den Bahamas." Glenda, Suko und ich waren damit gemeint.
Es war trotzdem kein Urlaub. Es steckte mehr dahinter. Ein verdammter Job. Schon auf dem Flughafen wurden wir mit der ersten Leiche konfrontiert. Man hatte dem Toten ein Kreuz aus Menschenknochen in die Stirn geschlagen. Danach ging alles Schlag auf Schlag. Und als lebende Leichen ihre Gräber verließen, wurde der Urlaub für uns zu einem mörderischen Albtraum ...


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Seitenzahl: 187

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Urlaub im Höllenclub

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Urlaub im Höllenclub

von Jason Dark

Selbst eine Postkarte hätte die Schönheit der karibischen Nacht nicht so wiedergeben können, wie sie sich in der Realität präsentierte. Es war einfach zu kitschig, um wahr zu sein.

Im Hintergrund der Himmel wie ein dunkelblaues Kissen, über das zahlreiche Diamantsplitter gestreut worden waren. Funkelnde Sterne in der Unendlichkeit des Alls.

Davor der Hafen, in dem zahlreiche Schiffe vor Anker lagen und sich schaukelnd auf den leichten Wellen bewegten. Masten reckten sich stolz dem Himmel entgegen. Rank und schlank – bis auf einen.

Von ihm hing etwas nach unten. Erst bei genauerem Hinsehen war es zu erkennen. Ein lebloser Körper. Und der Wind spielte mit dem Gehängten ...

»Es ist die Rutschbahn zum Teufel! Direkt hinein in die Hölle!« So hatte der ältere Gast gesprochen, als er mit dem Lift hochgefahren war und hinuntergeschaut hatte.

Das war am Tage gewesen. Jetzt aber war es dunkel, und Todd Blaine stand an derselben Stelle.

Die Rutschbahn war eine der Attraktionen des Hotels. Wer sie benutzte, der brauchte schon etwas Mut. Wenn er jedoch unten ankam, ins Wasser hineinschoss und sich dann umschaute, erlebte er eine wunderbare Welt.

Man konnte die Schräge durchaus mit einem Schlauchboot als Hilfsmittel hinabrutschen. Darauf verzichteten viele. Sie wollten das pure Erlebnis haben, und auch Todd Blaine dachte nicht daran, sich eine Unterlage zu holen, die auf der Plattform bereitlagen.

Blaine gönnte sich diesen kleinen Spaß nur in der Nacht. Tagsüber hatte er Dienst. Er war Aufpasser und Animateur in dieser einmaligen Wasserwelt. Er zeigte sich dafür verantwortlich, dass es den Feriengästen gutging, sie immer ihren Spaß hatten und sich nicht selbst überforderten.

Todd Blaine dachte an so etwas nicht, wenn er selbst aus sich herausging. Er brauchte das. Er war Sportler. Er liebte die Herausforderung. Egal, was es war. Er tauchte, er fuhr Wasserski, er sprang mit den Leuten Bungee, wenn sie es wollten, oder umrundete in einem Speed Boat mit ihnen die Insel.

Alles war super in seinem Job, und Todd Caine, der ewig braune Hüne mit den blonden Haaren fühlte sich auch so. Die kalkulierte Gefahr hatte ihn schon immer gereizt, aber an seinem fünfunddreißigjährigen Geburtstag hatte er den Job als Stuntman aufgegeben und war in die Karibik gegangen, auf die Insel, die sich Adventure Island nannte und zu den Bahamas gehörte.

Da seine Mutter aus Cardiff stammte und einen Amerikaner geheiratet hatte, fühlte er sich auf den Bahamas schon ein wenig zu Hause. Natürlich nur die eine Hälfte von ihm.

Die Beleuchtung in diesem hohen Gebäude wurde in der Nacht gedimmt. Tief unten schimmerte das Wasser des Pools, der sehr groß war und auch ins Freie hineinführte, sich dort verzweigte und mit einer herrlichen tropischen Landschaft umgab.

Es war alles perfekt auf Adventure Island, und dafür zahlten die Gäste auch ihren Preis. Wer hier Urlaub machte, der musste tief in den Geldbeutel greifen, aber das machte den Gästen nichts aus, denn sie wussten, worauf sie sich eingelassen hatten.

Todd Blaine ging so weit vor wie möglich. Er blickte nach unten auf den Beginn der Rutsche. Das Gleitwasser floss dort immer. Auch in der Nacht wurde es nicht abgestellt. Durch eine Pumpe wurde es immer in Bewegung gehalten. Es durchfloss ein System von Rohrleitungen und plätscherte auf die himmelblaue Rutsche.

Der Pool schimmerte ihm entgegen. Nur schwache Lichtreflexe tanzten auf seiner Oberfläche. Sie sahen aus, als hätten die Sterne den Himmel verlassen, um sich einmal auf der Erde umzuschauen, was die Menschen hier wohl so taten.

Todd strich noch einmal seine kurzgeschnittenen Haare zurück. Bäuchlings wollte er die Rutsche nicht hinuntergleiten. Er hatte sich für eine Rückenlage entschieden.

Es war noch immer warm, obwohl die Sonne nicht schien. Und es war still. Um diese Morgenstunde schliefen die Gäste, und auch die ersten Mitarbeiter der Frühschicht lagen noch in den Betten.

Es war alles okay.

Alles wie immer.

Trotzdem zögerte Todd. Er kannte den Grund selbst nicht. Es war mehr ein Gefühl, das ihn davor warnte, jetzt schon die Rutsche hinab nach unten zu gleiten. Seine Hände waren feucht geworden, und er wunderte sich selbst über die Unruhe, die er eigentlich nicht an sich kannte. Als böses Vorzeichen wollte er es nicht gelten lassen, obwohl es Menschen auf den Bahamas gab, die noch stark in einem alten Aberglauben verwurzelt waren.

Egal – ihn interessierte der Voodoo-Kram nicht. Er stand mit beiden Beinen im Leben, und so würde er auch dann mit beiden Beinen im Pool unten landen.

Todd Blaine setzte sich schwungvoll hin. Die Beine hielt er ausgestreckt. Er rutschte noch ein Stück vor, um die abwärts führende, nasse und glatte Fläche zu erreichen. Das warme Fließwasser umspielte seine Beine und wenig später den Körper.

Der Animateur rutschte los.

Es war ein so herrliches Gefühl. Wie in diesen verrückten Looping-Bahnen auf den Jahrmärkten. Natürlich nicht so schnell und wild, aber trotzdem vergleichbar, denn auch hier konnte er aus eigener Kraft nicht mehr stoppen. Er musste schon dem Verlauf der Rutschbahn und somit auch dem des Wassers folgen.

Es ging abwärts.

Schnell, sehr schnell sogar. Hinein, hinunter. Immer weiter. Keine Gerade, sondern eine Schlange aus Kurven und Kehren, damit die Geschwindigkeit nicht zu groß wurde.

Die Kurven waren gut ausgebaut. Noch nie war ein Gast über sie hinweggetragen worden. Die dünne Wasserschicht floss um ihn herum, und sie war glatt wie Eis geworden.

Auch wenn er es gewollt hätte, es wäre ihm nicht möglich gewesen, diese Fahrt zu stoppen. Wiederkam ihm der Vergleich mit der Hölle in den Sinn, den einmal der Gast ihm zu erklären versucht hatte. Diesmal stimmte er irgendwie. Unten lauerte der Teufel, um den Rutsche in Empfang zu nehmen. Er lachte. Er freute sich. Er hatte seinen Spaß.

Es ging weiter.

Wieder eine Kurve. Dann die nächste. Mal nach rechts, dann nach links. Mal an den Rand hochgeschoben, auf dem Wasser gleitend, rutschend. Von einer Seite zur anderen wirbelnd, aber alles genießen könnend. Es war wunderbar für ihn. Die dünne Wasserschicht trug ihn fort. Sie schleifte und transportierte ihn weiter. Manchmal schob das Wasser auch von vorn an ihm hoch, weil es durch seine gestreckten Füße gebremst wurde. Die Spritzer erwischten sein Gesicht wie Regen, und Todd Blaine gab sich dem völligen Genuss hin.

Er schloss die Augen. Er wollte sich durch nichts ablenken lassen, und er war so froh, endlich mal allein sein zu können. Keine Gäste, kein ewiges Lachen. Keine gute Laune künstlich heraushängen zu lassen. Alles war einfach super. Jetzt gehörte ihm die gesamte Welt, und er genoss dieses wahnsinnige Gefühl, immer rutschen zu können und sich anderen Kräften zu überlassen.

Er kannte die Bahn genau. Deshalb wusste Todd auch, wann er die Augen wieder öffnen musste.

Auch jetzt war sein Timing super. Genau fünf Sekunden vor dem Eintauchen in den Pool öffnete er die Augen und sah ein anderes Bild. Von oben her war ihm die Anlage relativ klein vorgekommen. Das war nun vorbei. Er glitt hinein in diese andere Wasserwelt, aber er sah sie noch für eine kurze Zeitspanne vor sich.

Der dunkle Pool mit der nur leicht schimmernden Oberfläche. Die Laternen im Park, die silbriges Licht auf die Wedel der Palmen warfen und sie wertvoll aussehen ließen. Die Büsche, die Bars in den verschiedenen Pools, und er sah vor sich das große Becken, das ihm wie eine gewaltige Krake vorkam, der ihn umfangen wollte.

Das Eintauchen war wie immer herrlich. In diesen Augenblicken fühlte sich der Mann wie ein langgestreckter, übergroßer Korken, der durch nichts mehr zu halten war.

Im schrägen Winkel glitt er in das warme und wunderbar klare Wasser hinein. Es war immer ein Erlebnis für sich. Auch wenn Todd es schon oft hinter sich hatte, er genoss es trotzdem. Wie mehrere Wände zugleich schlug das Wasser über ihm zusammen. Der eigene Schwung stieß ihn in die Tiefe und somit dem Grund des Pools entgegen.

Es war einfach herrlich.

Das Wasser umschmeichelte ihn. Er liebte es. Er schwamm noch nicht. Er hielt nur die Luft an und glitt weiterhin dem Grund entgegen. Allerdings hatte er sich auf dem Weg nach unten gedreht, so hielt er die Arme jetzt vorgestreckt, als er durch das kristallklare Wasser tauchte, bevor seine Hände dann über den glatten Grund glitten.

Todd tastete über den Boden hinweg. Er bewegte die Beine wie ein Frosch und kämpfte sich so weiter. Die Tiefe des Pools war jetzt seine Welt geworden. Die Augen hielt er nicht geschlossen. Er sah nicht viel. Mehr Dunkelheit als Licht. Die Helligkeit um ihn herum war nur schwach, und sie bestand aus wandernden Reflexen, um die er sich nicht weiter kümmerte.

Er schwamm.

Zügige Bewegungen brachten ihn voran. Mit seinen Händen teilte er das Wasser und spürte auch den Druck der Fluten über sich. Seine Haare waren in die Höhe gewühlt worden. Es machte ihm Spaß, unten zu bleiben und über den Grund zu kriechen wie ein Reptil, was aufgrund des Auftriebs gar nicht so leicht war.

Vor dem Eintauchen hatte er genügend Luft geholt, um sich auch länger unter Wasser halten zu können. Diese Zeit wollte er genießen und kam sich vor wie ein Fisch.

Er liebte Fische.

Besonders Haie. Er bewunderte sie nicht wegen ihrer Größer, das vielleicht an zweiter Stelle, nein, für ihn war wichtig, sich so wunderbar geschmeidig wie ein Hai bewegen zu können. Ein Fisch wie er fand immer seinen Weg. Er drehte sich durch das Wasser, er tanzte elegant mit den Strömungen, und das eben fand der Mann so faszinierend.

Etwas zupfte an seinem rechten Fuß!

Todd Blaine glaubte an eine Täuschung. Oder daran, dass er mit der Hacke über den Grund geschleift war.

Nein, das konnte es nicht sein. Die Berührung war schon anders gewesen. Er glaubte sogar, eine Hand gespürt zu haben, die kurz seinen Knöchel hatte umfassen wollen.

Er zog die Beine an.

Nein, nur das linke. Plötzlich steckte das rechte fest. Und diesmal war die Klammer vorhanden. So sehr er auch zerrte, er kam nicht los, und die erste Welle der Panik jagte in ihm hoch. Sie hätte beinahe dazu geführt, dass er seinen Mund öffnete.

Er drehte sich trotz der schlechten Lage. Dabei schwebte er dicht über dem Grund.

Es leuchteten leider keine Unterwasserlampen, so hatte er Mühe zu erkennen, was mit ihm passiert war. Ab dieser Sekunde lief die Zeit für ihn langsamer ab, weil er einfach nicht glauben wollte, was mit ihm passiert war. Das widersprach allen Regeln. Das konnte und durfte es einfach nicht geben. Auch wenn die Sicht nicht optimal war, wusste Blaine, was ihm widerfahren war.

Aus dem Boden war eine braune und leicht zerfetzte Kralle hervorgestoßen und hielt seinen rechten Fußknöchel eisern fest ...

Das Erfassen dieser Tatsache ließ eine zweite Welle der Angst in ihm hochschießen. Er zuckte zurück und legte sich dabei auf den Rücken. Mit offenen Augen schaute er nach oben und sah über sich die Oberfläche wie einen sich leicht bewegenden und mit Lichtschimmern bedeckten, doch unerreichbaren wogenden Himmel.

Die Kralle ließ ihn nicht los.

Sie hatte Kraft.

Sie zog ihn näher zu sich heran, obwohl er sich mit hektischen Schwimmbewegungen dagegen wehrte. Er wollte nicht zu einem Opfer des Pools werden und hier elendig ertrinken.

Todd Blaine krümmte den Körper. Er war Realist, und er war kein Fisch. Sein Luftvorrat reichte nicht ewig. In kurzer Zeit würde er Atem holen müssen, das stand fest.

Nicht nur den Oberkörper beugte er vor, auch die Arme streckte er aus und senkte sie nach unten. Wenn er hier noch lebend wegkommen wollte, gab es für ihn nur eine Möglichkeit.

Es musste ihm gelingen, die Kralle von seinem Knöchel zu lösen.

Er konnte sie packen. Seine eigenen Hände drehten sich um das Gelenk. Unter der Haut spürte er die des anderen. Es waren nur noch glitschige Fetzen.

Plötzlich brach vor ihm der Boden des Pools auf. Schmutz vernebelte seine Sicht, doch im Hintergrund dieser Wolke zeichnete sich etwas Grauenvolles ab.

Eine monströse Gestalt mit fast blankem Skelettschädel. Das Wasser spielte mit den Fleischfetzen, die noch an den Knochen hingen und ließen sie auf und ab wehen.

Eine zweite Hand erschien.

Die Klaue war gespreizt. Einen Moment später hatte sie ihn erreicht und drückte sich in sein Gesicht. Harte und spitze Knochen rissen ihm die Haut auf.

Dass er noch immer die Lippen geschlossen hielt, kam ihm wie ein Wunder vor. Eine übermenschliche Anstrengung hatte dafür gesorgt. Doch sie blieb nicht ewig.

Die Kralle fuhr über seine Lippen hinweg, die aufgerissen wurden wie Papier.

Jetzt blieb auch der Mund nicht mehr geschlossen. Mit starkem Druck drängte sich das Wasser hinein. Er konnte keine Luft mehr holen. Es gab auch keine Chance, sich zu befreien.

Kein anderer Mensch bekam von seinem Todeskampf etwas mit. Keiner sah, wie er verzweifelt die Arme bewegte. Einer, der Hilfe und Halt suchte, aber beide nicht fand.

Seine Bewegungen wurden schwächer und schwächer, und das nutzte die Gestalt aus.

Endlich hatte sie ihn so, wie sie ihn haben wollte. Sie packte hart zu und drehte ihn herum.

Mit dem Kopf nach unten bohrte das Wesen die leblose Gestalt des Mannes in das Loch des Pools hinein ...

Sommer – Sonne – Mittagspause!

So ließ sich das Leben genießen, und wir hatten uns vorgenommen, es ausgiebig zu tun.

Wir – das waren Glenda Perkins, Suko und ich. In der Mittagspause hatten wir Büro Büro sein lassen und waren zu unserem Stammitaliener an der Ecke gegangen, bei dem Glenda vorsichtshalber einen Tisch hatte reservieren lassen. Vier Personen fanden daran Platz, so war noch ein Stuhl frei.

Auf dem Gehsteig standen die Tische zwar nicht – ich wollte nicht unbedingt die Würze der Autogase schmecken, wenn ich meinen Salat aß –, aber wir hatten einen Tisch direkt am Fenster bekommen, sodass wir den Luftzug schon spürten.

Es war ein herrlicher Sonnentag Ende Juli, und es war vor allen Dingen nicht schweißtreibend schwül. Das Wetter gefiel mir auch, denn in der Nacht sackten die Temperaturen dann ab.

»Hier kann man es aushalten«, sagte ich und streckte die Beine aus.

Glenda, die ein weißes luftiges Sommerkleid trug, schob ihre Sonnenbrille höher. »Wie im Urlaub.«

»Dann lass uns hier sitzen bleiben«, schlug ich vor.

»Toll. Und wer geht ins Büro?«

»Suko.«

»Ach. Warum ich?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Einer muss die Stellung ja halten. Ich kann dich dann in vier Stunden abholen.«

»Damit ich dich angeschlagen nach Hause schaffe, wie?«

»Das bin ich dir doch wohl wert.«

»Heute nicht.«

»Und warum nicht?«

Er grinste verschwörerisch. Ich schaute dabei zu Glenda, die sein Grinsen nicht erwiderte und ihn so ähnlich anschaute wie ich. Suko wusste mehr, und damit rückte er auch scheibenweise hinaus.

»Es ist gut, dass wir noch einen vierten Stuhl hier am Tisch stehen haben.«

»Kommt noch jemand?«, fragte Glenda.

»Ja.«

»Wer denn?«

Bevor sie einige Namen aufzählen konnte, gab Suko schon die Antwort: »Sir James hat sich angemeldet.«

»Ach.« Glenda sah mich an. »Hast du das gewusst?«

»Nein, ich schwöre.«

Sie wiegte trotzdem den Kopf und wollte wissen, wann wir denn mit dem Besuch rechnen konnten.

»Keine Ahnung. Er hat es mir nur gesagt. Er wollte noch einige Telefonate führen.« Suko hob die Karte an. »Tja, Freunde, so ist das nun mal. Guten Appetit.«

Das Essen war noch nicht bestellt worden und stand deshalb auch nicht auf dem Tisch, doch die Getränke waren bereits serviert worden. Wir hatten eine mittelgroße Karaffe mit Weißwein bestellt und zwei große Flaschen Wasser. So konnten wir abwechselnd Wein und Wasser trinken.

Das Restaurant war fast voll. Der Besitzer stand hinter der Theke, dirigierte seine Mitarbeiter oder begrüßte die Gäste, die er zumeist kannte.

Ich brauchte nicht lange in die Karte zu schauen und hatte mich schnell für einen Vorspeisenteller entschieden. Eine Mischung aus Fisch, Fleisch, Käse und leichten Gemüsen. Nicht zu viel und auch nicht zu wenig.

Neben mir ließ Glenda die Karte sinken. »Was isst du denn heute?«, fragte ich.

»Rate mal.«

»Salat.«

»Genau. Aber den mit den gebratenen Putenstreifen und dem Knoblauchöl als Dressing.«

Ich rollte mit den Augen. »Ahhh ... du schläfst heute Nacht allein.«

»Weiß man's? Nicht jeder stellt sich so an wie du, John.«

»Was du nicht alles weißt.«

»Dafür kenne ich dich lange genug.«

Auch Suko hatte gewählt. Nudeln mit Lachs und einer hellen Knoblauchsoße.

»Dann bin ich ja eingekeilt«, beschwerte ich mich.

»Wie war das mit dem ins Büro gehen?«, erkundigte er sich.

»So schlimm ist es auch nicht«, wehrte ich ab.

Bei Pasquale, dem Ober mit der guten Laune und der weniger guten Singstimme, gaben wir die Bestellung auf. »Sehr gut gewählt«, erklärte er uns. »Wirklich ausgezeichnet.«

»Danke.«

Singend ging er davon, und so konnten wir uns zuprosten. Glenda und ich mit Wein, Suko mit Wasser.

Seine Bemerkung über unseren vierten Gast hatte mich schon etwas irritiert. »Hat Sir James denn nicht gesagt, was er genau von uns will? Oder willst du nichts sagen?«

»Er hat mich nicht eingeweiht.«

»Das ist blöd.«

»Der will sicherlich nur essen«, sagte Glenda.

»Nein, nicht Sir James. Wie ich ihn kenne, hat er immer etwas in der Hinterhand.«

»Wobei es sich dann nur um einen neuen Job handeln kann«, meinte Suko.

»Hätte er uns das nicht im Yard erklären können?«

Er winkte ab. »Mich darfst du nicht fragen. Ich wasche meine Hände in Unschuld.«

»Warten wir es ab.«

Wir bekamen Brot, Butter und kleine Gemüsehappen auf den Tisch gestellt, die wir in eine Soße tunken konnten. Alles war wie immer. Leicht, locker, fröhlich, und vielleicht hatte Sir James tatsächlich nur Hunger und wollte bei diesem Wetter fast im Freien essen.

Der Besitzer kam auch. Er freute sich, dass wir ihm mal wieder die Ehre gaben, und er konnte dabei seinen Blick nicht von der attraktiven Glenda losreißen.

Unser Thema war das Wetter, und der Besitzer war der Meinung, dass Italien an die Themse geholt worden war.

»Wollten Sie dort nicht Urlaub machen?«, fragte Glenda.

»Ja, ich schon. Aber meine Frau nicht. Ihr ist es zu heiß. Sie wissen, dass ich aus dem Süden komme, und dort ist es leider am heißesten. Deshalb muss ich gehorchen.«

»Wo fahren Sie denn hin?«

»Ach, nach Portugal.«

»Da ist es doch auch toll. Die Küste, Algarve und so ...«

»Ja, schon, aber es ist nicht Italien.«

»Wollen Sie Golf spielen?«

»Nur Minigolf. Das andere ist nichts für mich.«

»Wo er recht hat, da hat er recht«, sagte ich, denn auch ich bin kein großer Golffreund. Da ist mir ein anständiges Fußballmatch lieber.

Er hob Schultern und Arme zugleich. »Aber so ist das, wenn man eine Frau hat. Wir Männer müssen gehorchen.«

»Und ihr fahrt dabei nicht schlecht«, fügte Glenda hinzu, wobei sie mich anschaute.

»Ich kann dazu nichts sagen, denn ich bin frei.«

Warum Glenda lachte, wusste ich auch nicht. Es war so. Ich fragte sie auch nicht danach, denn unser Essen wurde serviert. Alles sah sehr appetitlich aus, und Glenda schielte bereits auf meinen Vorspeisenteller, auf dem es ihr besonders die eingelegten Perlzwiebeln angetan hatten. »Darf ich mal eine?«

»Auch zwei, aber danach ist Schluss.«

»Geizhals!«

Mit der Gabel balancierte sie zwei Zwiebeln von meinem auf ihren Teller, um sie danach mit großem Genuss zu verspeisen. »Sehr lecker, wirklich.«

Sir James hatte uns bisher noch nicht die Ehre seines Besuchs gegeben, und ich hoffte, dass dies auch noch bis nach dem Essen so bleiben würde.

Leider erfüllte sich die Hoffnung nicht. Wir hatten unsere Teller noch nicht zur Hälfte geleert, da fiel ein Schatten über unseren Tisch, der freie Stuhl wurde zurückgeschoben, damit sich der neue Gast setzen konnte, und wir hörten seine Stimme.

»Guten Appetit allerseits«, sagte er und nickte lächelnd in die Runde. »Ich sehe, es schmeckt Ihnen.«

»Und wie!«, meinte Glenda. »Möchten Sie auch etwas bestellen?«

»Nein, im Augenblick nicht. Ich habe Durst.«

»Wasser steht bereit. Und ein leeres Glas ist auch noch vorhanden.«

Sir James schenkte Wasser ein. Er war wie immer korrekt gekleidet und trug auch jetzt einen Anzug. Allerdings aus einem leichteren Sommerstoff, aber das Grau war geblieben.

Auch als ich ihn fragend anschaute, sprach er kein Wort. Er ließ uns tatsächlich in Ruhe und bestellte nur noch eine neue Flasche Mineralwasser.

Dann überraschte er uns mit der Bemerkung, dass er die Rechnung übernehmen würde.

Dabei zuckte ich leicht zusammen. Das war ich nicht gewohnt. Wenn er so kam, dann steckte noch mehr dahinter. Da hatte er uns nicht zum Spaß besucht.

Ich sah auch Sukos leicht besorgten Blick, und nur Glenda widmete sich unbefangen ihrem Salat. Sie war eben eine gute Schauspielerin oder wollte sich nicht den Appetit verderben lassen.

Mein erstes Glas hatte ich leergetrunken und schenkte mir aus der Karaffe nach. Sir James reagierte nicht. Kein strafender Blick, kein Heben der Augenbrauen. Er lächelte mir sogar noch zu. Das wiederum fand ich mehr als ungewöhnlich, denn dieser nächste Schluck Wein schmeckte mir nicht mehr so gut wie zuvor.

Den Teller aß ich trotzdem leer. Wobei ich den letzten Rest der leckeren Thunfischsoße, mit der die beiden dünnen Scheiben Kalbfleisch bedeckt gewesen waren, mit Brot aufsaugte.

»War es gut?«, fragte Sir James.

»Ausgezeichnet«, meldete sich Suko.

»Das freut mich.« Er lächelte und schaute uns an. Da er keine Sonnenbrille bei sich trug, hatte er sich in den Schatten gesetzt. So konnte er uns betrachten.

»Keinen Grappa, John?«

»Noch nicht.«

»Gelöst sehen Sie mir nicht aus«, plauderte Sir James. »Dabei sind die Bedingungen doch ideal.« Er deutete nach draußen. »Sonnenschein, gut gelaunte Menschen, und Sie brauchen nicht in einer muffigen Kantine zu sitzen.«

»Stimmt alles«, sagte ich.

»Oder liegt es an meiner Anwesenheit, dass Sie alle so gespannt am Tisch sitzen?«

»Wir wundern uns, dass Sie die Rechnung übernehmen. Das ist uns einfach neu.«

»Sie kennen mich eben nicht.«

»Doch, Sir, gerade weil wir Sie kennen.«

»Nein, nein, das ist alles anders.« Er war einfach ein zu schlechter Schauspieler, als dass wir ihm hätten glauben können. Das dicke Ende würde nachkommen, ganz bestimmt sogar. »Ich bin eigentlich zu Ihnen gestoßen, weil ich Ihnen die gute Nachricht in einer dazu passenden Umgebung übermitteln wollte.«

Besonders Suko und ich schauten uns an. »Gute Nachricht?«, fragte ich leise. »Sir, wir haben uns doch nicht verhört – oder?«

»Nein, warum?«

»Bisher waren Ihre Nachrichten, bei allem Respekt, nicht ungeteilt gut. Hin und wieder mal positiv, aber ...«

»Heute ist es anders.«

»Da sind wir gespannt.«

Sir James beugte sich ein wenig vor, weil er vermeiden wollte, dass Fremde zuhörten. Zumindest hatte ich den Eindruck. Mit seinem nächsten Satz ließ er die Bombe platzen: »Ich möchte, dass Sie, Glenda, zusammen mit John in Urlaub fahren ...«

Jetzt brauchte ich wirklich einen Grappa!