John Sinclair Sonder-Edition 228 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 228 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Name: Eros.
Existenz: Vampir und Mensch.
Ein Unding, ein Zwitter. So etwas durfte es nicht geben, aber eine schreckliche Laune der Natur hatte ihn entstehen lassen. Nur wenige Menschen wussten über ihn Bescheid. Dazu zählte auch Marek, der Pfähler.
Als Eros, auch Schrecken der Nacht genannt, sechs Tote hinterlassen hatte, griff Marek ein. Er verlor und hatte Glück, sein Leben zu behalten. Eros floh in ein anderes Land. Doch der Schrecken der Nacht war längst nicht geläutert. Er tauchte an der Côte d‘Azur auf, und sein Terror ging weiter ...

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Seitenzahl: 201

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Schrecken der Nacht

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Schrecken der Nacht

von Jason Dark

Name: Eros.

Existenz: Vampir und Mensch.

Ein Unding, ein Zwitter. So etwas durfte es nicht geben, aber eine schreckliche Laune der Natur hatte ihn entstehen lassen. Nur wenige Menschen wussten über ihn Bescheid. Dazu zählte auch Marek, der Pfähler.

Als Eros, auch Schrecken der Nacht genannt, sechs Tote hinterlassen hatte, griff Marek ein. Er verlor und hatte Glück, sein Leben zu behalten. Eros floh in ein anderes Land. Doch der Schrecken der Nacht war längst nicht geläutert. Er tauchte an der Côte d'Azur auf, und sein Terror ging weiter ...

Der Kampf der Giganten stand dicht bevor. Wie die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse.

Auf der einen Seite war es Radescu, der Mönch, auf der anderen Eros, der Grausame, der Schrecken der Nacht, der Vampir. Er würde kommen, er hatte es versprochen, er wollte den Sieg. Es durfte nur einer überleben, und der Mönch musste gedemütigt werden, um dann zu sterben.

Das wusste Radescu, und er hatte die entsprechenden Vorbereitungen getroffen. Jahrelang war er hinter Eros her gewesen. Er hatte sich auf seine Spuren gesetzt und vieles von dem, was er erfuhr, aufgeschrieben. Es war der Hass aus der Ferne, den beide Männer verspürten, als wäre eine Brücke gebaut worden.

Radescu war alt geworden in all den Jahren. Doch nicht so alt, dass er den letzten Kampf nicht durchstehen konnte. Obwohl er zusammen mit anderen in einem der Bergklöster lebte, war er immer ein Einzelgänger geblieben. Äußerlich und auch innerlich. Er hatte sich nie so richtig um seine Mitbrüder gekümmert, denn seine Aufgabe war es, einen eigenen Weg zu gehen.

Eros war ein Gigant. Ein Schrecken der Nacht. Einer, der alles überlebt hatte. Der nicht einmal wusste, ob er zu dieser Welt gehörte oder lieber in den Tiefen der Hölle schmorte.

Radescu hatte alles in die Wege geleitet. Er war den Berg hochgestiegen. Mühsam und mehr als einmal, denn auf dem höchsten Punkt des Felsens wollte er Eros erwarten.

In dieser Nacht würde er kommen.

Schon vor Anbruch der Dunkelheit hatte der Mönch es geschafft, die Bergspitze zu erreichen. In den Wochen zuvor hatte er das Holz hochgeschafft und auch die beiden schweren Balken, die das große Kreuz bildeten. Er hatte sie unter Mühen zusammengenagelt, doch jetzt war die Waffe fertig und lag bereit.

Auch den Scheiterhaufen hatte er bereits errichtet. Er brannte noch nicht, aber wenn die Dämmerung weiter fortgeschritten war, würde er das Holz anzünden.

Radescu war zunächst zufrieden. Auch sein Atem hatte sich wieder beruhigt, die mächtigen Anstrengungen lagen hinter ihm, jetzt konnte er sich auf den Kampf vorbereiten.

Noch war es nicht finster. Sein Blick schweifte über die schweigende Bergwelt hinweg. Er sah die Gipfel, die manchmal bewaldet waren oder nur den blanken Fels zum Vorschein brachten. Eine mächtige Kulisse, über der die letzten Strahlen der untergehenden Sonne schwebten und ihr einen feurigen Glanz gaben. Die Luft hier oben war kühler. Der Wind wehte über die Gipfel hinweg. Weiter unten ballte sich die Luft und staute sich zu einer Hitzewand zusammen. Die Menschen in den Tälern litten darunter, denn dieser Sommer war sehr heiß.

Stille umgab ihn. Wenn er Geräusche hörte, dann waren es nur seine eigenen Schritte oder der Atem, der über seine Lippen drang. In der Ferne schoben sich dunkle Wolken heran. Sie hatten eine breite Schicht gebildet und würden bald die Sonne verdunkeln, damit die Nacht freie Bahn hatte.

Radescu war nervös. Menschlich, denn die entscheidende Schlacht stand bevor. Wenn er es nicht schaffte, Eros zu besiegen, dann hatte nicht nur er verloren, sondern auch die Menschen, die verstreut in den einsamen Tälern lebten. Für sie war Eros die personifizierte Angst. Er war das Grauen, er war etwas, mit dem sie immer gelebt hatten und vor dem sie sich auch fürchteten, das sie jedoch nie wahrhaben wollten. Zu blutig war seine Spur gewesen, und er musste einfach gestoppt werden. In den letzten beiden Jahren hatte sich der Mönch nur um ihn gekümmert und nichts anderes mehr getan.

Der Schwung und die Kraft der Jugend waren bei ihm dahin. Aber nicht die innerliche Stärke. Sie brannte nach wie vor wie eine Flamme, der er immer wieder Nahrung gegeben hatte. In den langen Nächten der Meditation und der Gebete war er in sich gegangen und hatte dort seine Aufgabe gefunden.

Zweimal war es zwischen ihm und dem Vampir zu Begegnungen gekommen. Einmal mitten in einer kleinen Stadt, als Eros um die Häuser geschlichen war. Ob er auf der Suche nach Beute gewesen war, wusste der Mönch nicht, aber beim Zusammentreffen hatte er ihm erklärt, dass es jetzt jemanden gab, der ihn jagen würde.

Eros hatte nur gelacht. Er war dann verschwunden. Tage später hatte Radescu von einem Fremden erfahren, dass in den Wäldern die Leichen von zwei jungen Frauen gefunden worden waren. Bleich, blutleer. Nicht nur gebissen, sondern zudem auf schreckliche Art und Weise regelrecht hingerichtet.

Die zweite Begegnung hatte an einer alten Mühle stattgefunden. Auch dort hatte Eros ein Opfer gefunden und es an das Mühlrad gebunden. Der Mönch war nur um wenige Minuten zu spät gekommen. Eros hatte sich damals nicht zum Kampf gestellt. Er war so schnell wie möglich verschwunden. Mit dem Versprechen, weiterzumachen.

Das sollte sich ändern.

Es würde sich ändern.

Und zwar in dieser Nacht.

Der Mönch stand auf dem Felsen und schaute der verschwindenden Sonne zu. Der mächtige Glutball zog sich immer weiter zurück. Er tauchte in die Tiefe ein, als hätten ihn gewaltige Krallen gepackt und zu sich heran geholt.

Vögel segelten durch die Luft. Sie gaben Schreie ab und umkreisten den Kopf des einsamen Mannes wie finstere Todesboten. Irgendwo in den Felsen hatten sie ihre Nester, und sie fühlten sich von dem Menschen gestört.

Darum kümmerte sich Radescu nicht. Niemand konnte ihn jetzt von seinem Weg abbringen.

Er trug noch seine Kutte. Schwarzbraun war der Stoff. Die Kapuze hatte er nicht über den Kopf gestreift, so lag sein Schädel frei, auf dem kein einziges Haar mehr wuchs. Er war blank und fast mit einem Spiegel zu vergleichen. Das runde Gesicht passte dazu. Der schwarze Bart war kurz geschoren. Er umwuchs den Mund und auch das Kinn. Auf der Oberlippe malte er sich ab wie ein Strich. Die harte Arbeit auch im Kloster hatte Spuren an den Händen des stämmigen Mannes hinterlassen. Sie waren schwielig geworden.

Radescu trug unter der Kutte verborgen seinen Pflock aus Eichenholz. Er wusste sehr genau, was er dem Blutsauger schuldig war, und es würde ihm eine besondere Freude bereiten, die Waffe mit der Spitze zuerst in den Körper zu rammen. Es war die alte Methode, um den Blutsaugern zu zeigen, wo es langging, und er würde Eros damit hoffentlich den Rest geben können.

Noch ließ er sich nicht blicken. Es war zwischen den beiden keine Zeit festgemacht worden, aber Radescu wusste, dass dieser Vampir ein Geschöpf der Nacht war und den Vorteil der Dunkelheit für seine Zwecke ausnützen würde.

Langsam machte er seine Runde. Er umkreiste mehrmals den Holzstoß. Er nahm den Geruch wahr, der von diesen Ästen und Zweigen ausging. Er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn die Lohe in den dunklen Himmel schoss und Nahrung bekam. Er wollte den Schrecken der Nacht als Fackel sehen. Er musste lodern, brennen, und dann würde er ihm den Pflock noch zusätzlich durch die Brust und damit auch tief in das Herz hineinstoßen.

Alles war klar.

Alles war geplant. Und trotzdem hielt sich die Furcht in ihm. Sie war wie ein Druck, dem er nicht entkommen konnte. Zu lange schon hatte er sich mit dem Schrecken der Nacht beschäftigt, und deshalb kannte er die Gefahren. Dass er den Kampf gewinnen würde, stand noch längst nicht fest.

Er wollte Eros eine Niederlage beibringen, auch wenn es ihn selbst das Leben kostete.

Das Feuer sollte ihn zunächst nur locken. Viel wichtiger war für den Mönch das von ihm hergestellte und menschengroße Kreuz, das noch auf dem Boden lag, aber zum richtigen Zeitpunkt aufgerichtet werden würde. Darauf baute er seinen Plan. Er wusste genau, dass die Blutsauger Kreuze hassten, denn sie waren es, durch die sie besiegt worden waren.

Kreuz, Feuer, Pflock!

So hatte sich der einsame Mann den Kampf vorgestellt, und so würde er ihn bis zum bitteren Ende durchziehen.

Die Folgen der Anstrengung hatten sich bei ihm gelegt. Er war wieder ruhiger geworden und konzentrierte sich darauf, dass die Zeit immer mehr ablief. Sie war für ihn zugleich die Uhr des Lebens, nach der sich alles richtete.

Sein Platz lag sehr hoch. Er konnte von dieser Stelle aus viel überblicken. In den Tälern hatte sich bereits Dunkelheit ausgebreitet. Auf den einsamen Mönch wirkten sie bodenlos, wenn er von oben herab in sie hineinschaute. Er sah so gut wie nichts, nur eben die Schwärze. Daraus hervor wuchsen die bewaldeten Hügel und Berge, an deren Flanken sich hellgraue Nebelschleier gebildet hatten. Jetzt umlagen sie den dichten Wald wie zittrige Bärte, die auch der leichte Wind nicht vertreiben konnte.

Immer mehr Tageslicht verschwand. Es gab ein Zwielicht. Nur die Spitzen der höchsten Erhebungen waren noch nicht von den Schatten geschluckt worden. Deshalb hatte der Mönch ja auch das Glück, so weit und tief sehen zu können.

Keine Sonne mehr im Westen. Kein rotes Feuer am Himmel. Dafür malten sich die Konturen der Berge ab wie mächtige schwarze Buckel. Jetzt war die Zeit gekommen, um in den Häusern oder den kleinen Dörfern die Lichter einzuschalten. Der Mönch hätte sie sogar sehen müssen, aber kein Funken erreichte seine Augen. Immer mehr schwand die natürliche Helligkeit dahin, und in wenigen Minuten schon würde auch ihn die Finsternis der Nacht umhüllen.

Dort, wo das Kreuz noch am Boden lag, hatte Radescu auch seine Pechfackel in eine schmale Felsspalte gesteckt, aus der dürres Gras wuchs. Eine Schachtel mit langen Zündhölzern steckte in seiner Tasche.

Er holte sie hervor und riss ein Holz an. Das kurze Flackern deckte er mit der freien Hand ab und sorgte so dafür, dass die Flamme nicht ausgeblasen wurde. Er bewegte sich langsam. Wie jemand, der jeden Schritt zuvor geprobt hatte.

Die am oberen Ende mit Pech bestrichene Fackel schickte Radescu einen scharfen Geruch gegen die Nase. Er hielt den Atem so lange an, bis das Pech brannte und eine Flamme vor seinem Gesicht tanzte. Er ging einen Schritt zurück, weil er nicht wollte, dass die Hitze sein Gesicht ansengte.

Die Dunkelheit war jetzt da, aber das tanzende Licht hatte eine kleine Insel gebildet, durch die dunkle Schatten wie heimliche Gespenster über den blanken Fels hinwegzuhuschen und dabei nach allem zu schnappen schienen, was in ihrer Nähe lag.

Der Mönch trat aus dem Lichtkreis heraus und drehte ihm den Rücken zu. Er wollte einen ungestörten Blick in den Himmel werfen und durch nichts gestört werden.

Klar lag er über ihm. Eine glatte, dunkelgraue Fläche, auf der sich die gelben Sterne verteilt hatten, als wären sie in der Bewegung erstarrte Funken. Auch den Mond sah er. Er war nicht mehr ganz voll. Vor drei Tagen noch hatte er anders ausgesehen. So aber malte er sich ab wie ein gelber Ballon, der eine Delle bekommen hatte.

Radescu umging seinen Platz. Es war nicht ungefährlich, sich hier oben aufzuhalten. Nur mit wenigen Schritten konnte er das Ende der felsigen Plattform erreichen. Von dort aus ging es beinahe senkrecht in die Tiefe. Es war kein Grund zu sehen. Kein einziger Lichtfleck. Er hörte auch kein Rauschen eines Bachs oder Wasserfalls, hier musste man sich vorkommen wie am Ende der Welt, denn hier war die Zeit einfach eingestellt worden.

Er ging wieder zurück. Das zuckende Licht der Pechfackel blendete ihn etwas, was auch nicht Sinn der Sache war. Außerdem war es an der Zeit, das Holz anzuzünden und das Feuer als Lockung richtig in die Nacht leuchten zu lassen.

Der einsame Mann zog die Fackel aus dem Spalt und trat mit ihr auf den Holzstoß zu. Er war nicht besonders groß und verdiente den Namen Scheiterhaufen auch nicht, aber für seine Zwecke reichte er aus. Man konnte ihn als ein übergroßes Lagerfeuer bezeichnen, dessen Material sehr gut getrocknet war, denn Radescu hatte kaum mit dem Feuer über das Holz gestrichen, da griffen die Flammen bereits zu.

Wie schnell treibendes Wasser huschten die Flammen durch das hölzerne Gemenge. Überall huschten sie hin, fanden ihren Weg, schnappten zu, waren gierig und setzten alles in Brand, was ihnen nicht ausweichen konnte.

Radescu war zurückgetreten. Er war stolz auf sein Feuer, das er geschickt aufgebaut hatte. Das Holz lag nicht einfach nur übereinander, er hatte es gut geschichtet und auch so hingestellt, dass es so etwas wie eine Pyramide bildete, an deren Seiten die Flammen in die Höhe leckten. Rinde zersprang mit knackenden Geräuschen. Funken flogen wie Glühwürmchen durch die Flammen und durch den Rauch, der sich ebenfalls gebildet hatte. Der Wind stand günstig. Er trieb ihn auf das Ende der kleinen Felsplatte zu, damit er nicht die Sicht des Mönchs behindern konnte.

Der Mann ging wieder zurück an seinen Platz. Er setzte sich hin und spürte einen Felskopf in seinem Rücken, der wie ein Kegel in die Höhe ragte. Neben ihm lag auch das selbst hergestellte Kreuz. Es bestand aus dunklem Holz, und der Mönch hatte es mit Weihwasser getränkt. Es sollte für den Blutsauger zu einer Mauer werden, an der er sich den Kopf einrannte.

Radescu musste auch weiterhin warten. Es machte ihm nichts aus, er hatte in seinem Leben lange genug gewartet. Und so blieb er sitzen, schaute in das Feuer und beobachtete die zahlreichen Flammenzungen, die hin- und herwischten, sich in verschiedenen Richtungen bewegten und einfach nicht zu kontrollieren waren.

Sie brachten Licht, sie brachten Schatten, und Radescu wusste auch, dass dieses Zeichen kilometerweit zu sehen war. Es würde den Blutsauger anlocken, der ebenfalls scharf darauf war, seinen menschlichen Feind zu besiegen.

Sollte das Feuer zu stark herabbrennen, dann würde es noch Nachschub bekommen. Einige Holzreste hatte der Mönch sich bereits zurechtgelegt.

Die Zeit verstrich. Es gab nur Radescu und das Feuer. Es beherrschte die Felsenkuppe. Es war wie lebendig. Mal fauchte es auf, mal knatterten Holzscheite, wenn sie verbrannten, dann stoben Funken in die Höhe und wurden vom Rauch davongetragen.

Radescu kontrollierte seinen Pfahl. Er trug ihn unter seiner Kutte versteckt und stellte sich das Bild vor, das ihn schon in vielen Nächten begleitet hatte.

Er sah Eros am Boden liegen.

Er sah sich selbst, wie er über ihm kniete. Wie er den Arm anhob und den Pfahl so kraftvoll und tief wie möglich in die Brust dieser Bestie stieß.

Das war immer sein Traum gewesen, und dieser Traum sollte endlich Wirklichkeit werden.

Noch war Eros nicht da. Aber er befand sich auf dem Weg. Er musste kommen, er hielt sich vielleicht schon in der Nähe auf. Dieser Gedanke ließ den Mönch seine Träume vergessen. Er stand auf und hob auch das schwere Holzkreuz an, das er gegen den Fels lehnte, wo es griffbereit stehenblieb.

Eros war ein Vampir. Und Vampire brachte der Mönch auch mit riesigen Fledermäusen in Verbindung. Aber er wusste nicht, ob der Schrecken der Nacht auch in der Lage war, sich in eine Fledermaus zu verwandeln. Wenn nicht, dann würde er ebenfalls den mühseligen Weg in Kauf nehmen, wie es auch Radescu getan hatte.

Die Welt hatte sich für den Mönch auf diese eine Stelle reduziert. Hier genau würde es zur Entscheidung kommen, und nur einer von ihnen blieb zurück.

Gebetet hatte er in der letzten Zeit genug. Nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht. Immer wieder hatte er den Allmächtigen um Hilfe angefleht, doch jetzt war die Zeit der Gebete vorbei. Ab nun musste gehandelt werden.

Das Feuer mit den lodernden Flammen schuf immer wieder neue Figuren aus Licht und Schatten, die wie kleine schnelle Monster aussahen. Sie entstanden, sie verschwanden wieder, sie wurden zu neuen Wesen und brachten eine gewisse Unruhe. Hin und wieder streifte auch ein Windzug die Flammen und fachte sie erneut an, aber er war nie so stark, um sie löschen zu können.

Wie lange noch? Wie lange würde ihn der Schrecken der Nacht noch auf die Folter spannen?

Der Mönch konnte nur hoffen, dass er sich so bald wie möglich zeigte und nicht erst bis Mitternacht wartete.

Etwas hatte sich verändert. Es war nicht zu sehen, aber für einen sensiblen Menschen zu spüren. Radescu spürte die kalte unsichtbare Klaue, die an seinem Rücken entlang nach unten glitt. Es war das Gefühl für die Gefahr, das ihn überkommen hatte. Zwar sah alles noch so aus wie vor wenigen Minuten, aber die Luft hatte sich verändert. In ihr schwebte etwas, das nur ein Mensch wie Radescu so überdeutlich spüren konnte.

Er blieb an seinem Platz. Die Wand gab ihm Rückendeckung. Doch er hatte den rechten Arm zur Seite gestreckt und die Hand um das Holzkreuz geklammert. Die Berührung gab ihm die Ruhe zurück, die er brauchte.

Ein Schatten war da.

Jenseits des Feuers zeichnete er sich ab. Allerdings nicht starr und bewegungslos. Er tanzte, er bewegte sich auf der Stelle. Was der Mönch auf eine optische Täuschung schob, denn das Feuer verzerrte schon seinen Blickbereich.

Dann hörte er das scharfe Lachen!

Radescu zuckte zusammen. Nicht wegen des Lachens. Allein die Tatsache, dass Eros gekommen war, ließ ihn so handeln. Er war noch nicht richtig zu sehen, weil er seinen Platz hinter dem Feuer nicht verlassen hatte, doch es dauerte nicht lange, da schob er sich heran. Er war nicht zu hören, und Radescu hatte auch nicht gehört, wie er den Berg heraufgestiegen war.

Jetzt tauchte er auf.

Das Feuer gab ihn frei. Es malte seine Gestalt an der rechten Seite rot an, als sich Eros mit schleichenden Bewegungen um die Flammen herum bewegte.

Radescu wartete, ohne etwas zu sagen. Auch er musste sich an diesen Moment gewöhnen, obwohl er ihn so lange herbeigesehnt hatte. Was nun folgte, war neu für ihn.

Eros blieb nicht stehen, wo er zuerst erschienen war. Er bewegte sich mit der Sicherheit eines Siegesgewissen. Für ihn stand längst fest, wer den Kampf gewinnen und wer ihn verlieren würde.

Er ging so weit vor, dass das Feuer hinter seinem Rücken brannte. Von hinten her wurde er angestrahlt, und seine Gestalt war wieder dabei, sich zu verwandeln. Durch die Unruhe der Flammen wirkte er jedes Mal anders, doch Radescu ließ sich durch diesen ständigen Wechsel nicht irritieren. Er wusste genau, was er tat und was er noch tun musste.

»Ich bin da!«, sagte der Vampir. »Genauso wie du es dir gewünscht hast ...«

Da hatte er recht, aber Radescu gab ihm keine Antwort. Er wollte sich einfach nicht ablenken lassen und sich zunächst auf seinen Todfeind konzentrieren.

Wichtig war für ihn, dass er ihn sah, und zwar genau. Wer ihm zum ersten Mal gegenüberstand, der hielt Eros nicht für einen Vampir. Er war jemand, der als Liebhaber durchgehen konnte. Einer, bei dem die Frauen reihenweise schwach wurden, den sich aber keine Mutter als Schwiegersohn wünschte, sondern höchstens als Geliebten für sich selbst. Von ihm ging ein Charme aus, der Schauer hinterließ und zugleich für Schmetterlinge im Bauch einer weiblichen Person sorgte.

War er ein schöner Mann?

Der Mönch konnte es nicht beurteilen, für ihn galten andere Kriterien. Bestimmt nicht für Frauen und Mädchen, die sein dunkles Haar liebten, das er in Strähnen nach hinten gekämmt hatte und das deshalb im Nacken Außenwellen warf. Dazu passte das schmale Gesicht mit den großen Augen, in denen die dunklen Pupillen wie bewegungslose Öltropfen lagen.

Über den Augen malten sich schmale und etwas gebogene Brauen ab, die dem Gesicht auf Grund ihrer Form einen hochmütigen Ausdruck verliehen. Die Haut war ziemlich blass. Einer wie er setzte sich nicht den Sonnenstrahlen aus, der blieb im Dunkeln. Erst wenn die Nacht den Tag abgelöst hatte, traute er sich aus seinem Versteck hervor, das der einsame Mönch bisher nicht gefunden hatte. Er brauchte auch nicht mehr danach zu suchen. In dieser Nacht würde es die Entscheidung geben.

Radescu konzentrierte sich auf den Mund der Gestalt. Weiche Lippen, beinah schon weibisch zu nennen, lagen locker aufeinander. Die Kleidung war dunkel. Sie bestand aus einer Jacke und einer Hose, die sich eng um die Beine schmiegte. Unter der offenstehenden Jacke trug er ein helles Hemd, das mittlerweile einige Flecken bekommen hatte.

»Ich habe auf dich gewartet.«

Der Vampir lachte. »Du hast mich lange genug gejagt, aber du hast damit keinen Erfolg errungen. Jetzt bin ich zu dir gekommen, denn ich will nicht mehr, dass du meine Kreise störst. Ich hasse es, wenn man mir Ärger bereitet.«

Der Mönch schüttelte den Kopf. »Du hast kein Recht, auf dieser Welt zu existieren. Du bist kein Mensch, du bist ...«

»Ach – tatsächlich?« Die höhnische Frage unterbrach die Ausführungen. »Denkst du nur daran, einen Blutsauger vor dir zu haben? Kannst du dich nicht auch geirrt haben?«

»Nein, das habe ich nicht. Deine Spuren haben allen bewiesen, wozu du fähig bist.«

Eros lachte. Er streckte dabei die Hände aus und drehte sie, sodass er auf seine Fingerrücken schauen konnte. Die Bewegung war bewusst getan worden, denn auch Radescu sollte die Finger mit den langen Nägeln sehen, die dunkel schimmerten und vorn so spitz wie kleine Messer waren. Für ihn waren es die grausamen Krallen, mit denen der Blutsauger seine Opfer aufgeschlitzt hatte.

»Mal brauche ich es, mal brauche ich es nicht!«, flüsterte er scharf. »Ich weiß genau, dass du mich verstehst. Du weißt, wovon ich rede.«

»Ja.«

»Und?«

»Ich glaube dir nicht.«

»Warum nicht?«

Radescu schüttelte den Kopf. »Was du vorgibst zu sein, das ... das ... ist unmöglich.«

»Warum?«

»So etwas lässt die Natur nicht zu.«

»Doch, bei mir schon, denn du weißt genau, wo ich herkomme. Du hast meinen Weg verfolgt.«

»Es ist eine Sage!«

Eros lachte. »Nein, das ist es nicht. Man will es nur nicht zugeben, weil es nicht in die heile Welt des Glaubens hineinpasst. So etwas wie ich kann und darf es nicht geben. Als Schrecken der Nacht, das wird akzeptiert, aber nicht das, was ich in Wirklichkeit bin. Möglicherweise leide ich auch darunter, weil ich mich nicht entscheiden kann. Ich bin einmal so und einmal so.«

»Für mich bist du nur so!«

»Deshalb willst du mich töten!«

»Ja.«

Eros verbeugte sich. »Ich liebe, ich hasse, ich töte!«, erklärte er. »Aber du sprichst mir einen Teil dieser Eigenschaften ab. Das weiß ich genau.«

»Vampire können nicht lieben. Sie können auch nicht hassen. Ihnen ist jedes menschliche Gefühl fremd. Aber sie können töten, das gebe ich zu, und sie tun es auf ihre Art und Weise.«

»Wie willst du gewinnen?«

»Indem ich dich auf eine Art und Weise vernichte, die dir würdig ist, Eros!«

»Durch das Kreuz etwa?«

»Ja!«

Er lachte. Er lachte sehr laut und wischte dann mit der Hand durch die Luft.

»Ich sehe das Kreuz. Es steht neben dir, und es wirft einen Schatten über den Boden, der für dich vielleicht etwas wie ein Schutz darstellen soll. Aber das kannst du vergessen. Ich fürchte mich nicht davor, Radescu. Wäre ich sonst hier? Ich habe gewusst, welche Vorbereitungen du getroffen hast.« Er breitete seine Arme aus. »Bitte, du kannst es versuchen!«

Der Mönch dachte nach. Das musste er einfach tun, denn das Verhalten des Blutsaugers irritierte ihn. Eros lag nicht falsch, wenn er von der Nähe des Kreuzes sprach, das ihn persönlich unbeeindruckt ließ. Er sah auch den Schatten, er hätte sich zurückziehen müssen, aber er blieb stehen wie ein Sieger.

»Nimm es, Mönch! Los, nimm es und komm damit auf mich zu. Ich warte darauf ...«

Radescu wusste nicht, ob er es wirklich tun sollte. Er schnaufte durch die Nase, und das Geräusch wurde auch von Eros gehört.

»He, was ist? Hast du plötzlich Angst vor deiner eigenen Courage? Willst du mich nicht mehr vernichtet sehen? Komme ich dir zu stark vor, frommer Mann? Das darf doch nicht sein. Du hast mich gejagt, du warst doch sicher, Sieger sein zu können. Bitte, jetzt kannst du es beweisen.«

Radescu hatte sich den Ablauf der Begegnung anders vorgestellt. Er hatte mit der Angst des Blutsaugers vor dem Kreuz als Waffe gerechnet, aber genau das Gegenteil war eingetreten. Eros behandelte es lächerlich, wie einen Gegenstand, der für ihn überhaupt nichts wert war und der ihm erst recht nicht gefährlich werden konnte.