John Sinclair Sonder-Edition 243 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 243 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Vier FBI-Agenten waren auf grausamste Weise ermordet worden. Und das vom selben Täter. Aber wer steckte dahinter ? Wer tat so etwas ? War es ein Mensch oder ein Tier?
Es gab einen Mann, der etwas ahnte. Abe Douglas, ebenfalls G-man und ein Freund von mir. Er bekam von höchster Stelle freie Hand und holte mich als Verstärkung in die Staaten.
Wir folgten der Spur des Killers und stießen auf eine Frau und Werwölfin zugleich - auf die Bestie Belinda ...

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Seitenzahl: 186

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Bestie Belinda

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Bestie Belinda

von Jason Dark

Vier FBI-Agenten waren innerhalb eines Monats auf grausamste Weise ermordet worden. Und das vom selben Täter. Aber wer steckte dahinter ? Wer tat so etwas Abscheuliches? War es ein Mensch oder ein Tier?

Es gab einen Mann, der etwas ahnte. Abe Douglas, ebenfalls G-man und ein Freund von mir. Er bekam von höchster Stelle freie Hand und holte mich als Verstärkung in die Staaten.

Wir folgten der Spur des Killers und stießen auf eine Frau und Werwölfin zugleich – auf die Bestie Belinda ...

Schüsse! Blut! Schreie!

Ein Körper, der unter den Einschlägen zusammenzuckte und auf dem primitiven Bett umhertanzte.

Männer, die schwere Waffen in den Händen hielten und im schwachen Licht der Lampen auf Grund ihrer Vermummung wie Mumien aussahen.

Ein letztes Hochwuchten des Körpers. Für eine Sekunde war der Kopf zu sehen, bei dem die obere Hälfte fast fehlte. Dann sackte der Mann zusammen.

»Erledigt! Weg hier!«, klang die dumpfe Stimme von der Tür her.

Wenige Augenblicke später waren die ›Mumien‹ verschwunden.

»Time over, Dungeon! Nichts geht mehr. Vorbei. Du bist so gut wie tot. Drei Morde in drei Staaten. Und ich habe dich erwischt!« Die Stimme klang kalt, ohne Emotionen, aber sie vibrierte leicht, ein Zeichen, dass der Sprecher doch nicht unberührt blieb.

Dungeon, der Killer, der lange im Dschungel von Guatemala gelebt hatte und deshalb diesen Spitznamen besaß, grinste kalt aus seinem dunklen Bartgestrüpp hervor und gleichzeitig durch die Zwischenräume des Zellengitters.

»Danke, Miller, du Arschloch. Aber du irrst dich!«

»Ach ja?«

Der Killer sprach weiter. »Ich lebe, Miller. Zwar beschissen, aber ich lebe. Du wirst bald tot sein, das spüre ich. Ich kann sie nicht sehen, doch fühlen. Sehr genau sogar, kenne mich da aus. Über deinem Kopf schwebt schon die Aura des Todes. Da hat der Sensenmann bereits seine Hand nach dir ausgestreckt. Im Wald lernt man das. Da ist man oft sehr allein und kann sich auf andere Dinge konzentrieren. Auf die Natur, ohne Menschen. Auf das, was dahintersteckt. Ich möchte nicht in deiner Haut stecken. Nicht um alles in der Welt.« Zum Abschluss nickte er und schlug wie zum Hohn ein Kreuzzeichen.

Der FBI-Agent hatte alles gehört. Er verzog seinen schmallippigen Mund.

»Spar dir deine Scheiße, Dungeon. So wie du redet nur jemand, der selbst Schiss hat. Dich wird es erwischen. Man macht dir den Prozess, und dann bist du reif. Kann sein, dass ich sogar zu deiner Hinrichtung komme, um mich zu amüsieren. Wenn du winselst, fange ich an zu lachen, Killer.«

»Keine Chance, Miller, du stirbst vor mir!«

Der G-man streckte den Mittelfinger der linken Hand in die Höhe, drehte sich um und ging.

Miller fühlte sich gut und stark. Es war geschafft. Er hatte Dungeon gestellt, und es war gar nicht mal schwer gewesen. Im Schlaf überrascht. Handschellen anlegen und vorbei. Dungeon hatte sich später auch nicht gewehrt. Fast schien er froh darüber gewesen zu sein, dass die Jagd nach ihm ein Ende hatte.

Was nun folgte, kümmerte Miller nicht.

Es war nur noch eine Zelle besetzt. Hinter dem Gitter hockte ein bulliger Kerl auf der Pritsche, dessen rechte Hand von einem Verband umwickelt war. Bei seiner Festnahme hatte es eine Schießerei gegeben. Eine Kugel hatte seine Hand durchschlagen.

Hier in Texas ging es eben hart zur Sache, und Miller gehörte zu den Leuten, die diese Härte befürworteten. Weg mit dem Pack. Am besten für immer. Dass dabei auch Unschuldige hingerichtet wurden, störte ihn nicht.

Der Sheriff wartete vorn in seinem Office. Er hatte die Beine hochgelegt und starrte auf den Monitor seines Computers, auf dem sich nichts abmalte. Als Miller ankam, drehte er sich gemächlich um.

Der Sheriff war ein Mann um die fünfzig. Klein, breitschultrig, ein Kraftpaket. Er hatte ein rundes Gesicht und kalte Augen.

»Alles klar, Miller?«

»Ja, abgehakt.« Der FBI-Agent ging zum Wasserbehälter und füllte ein Glas. Er setzte sich nicht, als er trank und schaute versonnen auf zwei alte Steckbriefe, die noch an der Wand klebten.

»Wann fahren Sie wieder zurück nach Houston?«

»Heute nicht mehr. Ich übernachte in einem Motel.«

»Ah ja.«

»Warum?«

Der Sheriff hob die Schultern. »War nur eine Frage. Es gibt auch Papierkram zu erledigen.«

»Machen wir von Houston aus.«

»Gut.« Eigentlich ärgerte sich der Mann mit dem Stern darüber, dass nicht er es gewesen war, der den Killer gestellt hatte. Das Schicksal hatte es anders gewollt. Da musste er sich fügen. Zudem mochte er Miller nicht. Das hatte nicht mal etwas Persönliches, sondern allgemein waren ihm die FBI-Bullen unsympathisch. Die traten immer auf, als gehörte ihnen die Welt. Obwohl der Sheriff sich in seinem Kaff nicht anders verhielt. Deshalb hatte er dem Mann auch nicht das Angebot gemacht, mit ihm ein Glas trinken zu gehen.

»Wann wird er abgeholt? Morgen?«

»Nehme ich an.« Miller hatte den Becher leergetrunken und warf ihn in einen Papierkorb. Ein Mann mit flachsblonden Haaren, gar nicht mal groß, sogar recht unscheinbar, doch wer ihn näher kannte, dem fielen auch die kalten Augen auf. Für andere Menschen hatte Miller nur wenig übrig. Der Job war wichtig.

»Ich fahre dann wieder!« Er nickte dem Sheriff zu. »Wir werden noch voneinander hören.«

»Ja, denke ich auch.«

Miller ging. Für ihn war dieser Job abgeschlossen. Ein neuer wartete bestimmt schon auf ihn. Der Mann war ein Jäger, der ständig die neue Herausforderung brauchte.

Sein Wagen, ein Chrysler, parkte vor dem Office. Die blasse texanische Wintersonne strahlte ihn an und hinterließ auf dem grauen Blech einen matten Glanz. Der Himmel lag wie ein weites Feld über ihm, gesprenkelt mit vereinzelten Wolkentupfern. Es sah nicht nach Regen aus, es war auch nicht kalt, aber man konnte ohne Klimaanlage und mit offenem Verdeck fahren.

Miller mochte den Ort nicht. Er lag in der Prärie, wie er sagte. Eine typische Kleinstadt mit ungefähr 20.000 Einwohnern. Nichts Bewegendes. Davon gab es in den Staaten unzählige. Man sah sie, und man vergaß sie.

Miller stieg in seinen Wagen. Main Street nannte sich die Straße. Hier herrschte der meiste Betrieb. Sie war breit und von Geschäften und kleinen Bars gesäumt. Drei Hotels gab es auch, die im Western Stil gebaut waren. Miller hätte auch hier übernachten können, aber das wollte er nicht.

Zwanzig Meilen südwärts gab es ein Motel. Da hatte er sich ein Zimmer vorbestellt. Dort hatte er seine Ruhe und konnte sich einen kräftigen Schluck gönnen. Hin und wieder musste er sich betrinken. Jeder Mensch hatte so seine Eigenarten. Seine Frau hatte das damals nicht mitmachen wollen und sich von ihm getrennt.

Nach jedem gelösten Fall spürte Miller so etwas wie eine Euphorie. Nur jetzt nicht. Er saß im Wagen, hatte sich schon angeschnallt, fuhr allerdings noch nicht los und fragte sich nur, weshalb ihn das Gefühl diesmal im Stich ließ. Er dachte darüber nach und konnte sich zunächst keinen Reim darauf machen, bis ihm einfiel, dass es möglicherweise mit Dungeons letzten Worten zusammenhing.

Der Killer hatte ihm einen schnellen Tod prophezeit. Diese Worte waren für Miller mehr als eine der üblichen Drohungen gewesen. Es hatte mehr dahinter gesteckt, und er fühlte sich immer unbehaglicher. Dieser Ernst in der Stimme hatte ihn schon nachdenklich werden lassen.

Sterben – sehr schnell sterben. Noch vor Dungeon. Miller hätte eigentlich darüber gelacht. Er tat es nicht und krampfte dafür seine Finger um das Lenkrad.

»Schwachsinn«, flüsterte er. »Absoluter Unsinn! Daran soll glauben, wer will. Ich nicht.«

Er wusste, dass er sich belog. Es stimmte nicht. Er glaubte zwar nicht daran, aber etwas war schon hängen geblieben, das sich einfach nicht abschütteln ließ.

Seine schlechte Stimmung konnte auch an diesem Kaff liegen, das er so rasch wie möglich hinter sich bringen wollte.

Er startete den Chrysler. Langsam fuhr er an. Letzte Blicke auf die Fassaden, auf die Menschen, die für ihn Hinterwäldler waren. Er fand es lächerlich, dass man Weihnachtsbäume aufgestellt hatte und aus den Schaufenstern die üblichen Weihnachtsmänner grüßten, wobei sie ihre Zugtiere, die Elche, stets bei sich hatten.

Er schaltete das Radio ein. Country Music brachte der lokale Sender. Was auch sonst. Er wollte die Stimme von Johnny Cash nicht mehr hören.

Ohne Musik fuhr er weiter. Hinein in die Landschaft, die für ihn keine war. Flach, ohne Erhebungen, so weit das Auge reichte. Ein paar dieser typischen Überlandleitungen, ansonsten nur Erde, die nicht mal als Weidefläche benutzt werden konnte. Zum Teil versteppt, braun und auch leicht grau aussehend.

Auf der Straße herrschte nur wenig Verkehr. Es war auch kein Highway, der führte ein paar Meilen westwärts vorbei. So fehlte dem Kaff die direkte Anbindung an die große Welt.

Es gab nur den großen weiten Himmel. Auch sein Anblick konnte Millers Laune nicht verbessern. Die würde sich erst bessern, wenn er das Motel erreicht hatte.

Er liebte diese anonymen Übernachtungsstätten. Keine Fragen, keine Antworten. Da war er allein, wenn er wollte. Und wenn nicht, konnte er sich noch immer jemand holen. Für entsprechende Dollars natürlich. Das tat er öfter, aber an diesem Abend würde er keinen Bock auf eine Frau haben. Eine Flasche Bourbon würde zu seiner besten Freundin werden.

Das Reklameschild sah er schon Meilen vor seinem Ziel. Western Motel. Saubere Zimmer, gutes Essen. Um das zu unterstreichen, grinste den Betrachter ein Cowgirl an, das nur knapp bekleidet war, aber einen Gurt mit zwei Revolvern um die Hüfte gespannt hatte.

Seine Laune besserte sich. Miller freute sich auf die Dusche und den Schluck danach.

Minuten später fuhr er auf den Parkplatz. Das Motel bestand aus zwei Gebäuden, die durch einen überdachten Glasgang miteinander verbunden waren. In einem Bau saßen die Menschen im Restaurant an den Tischen oder an der langen Theke.

Die Zimmer verteilten sich auf zwei Ebenen. Einmal Parterre, dann in der ersten Etage. Und sie sahen alle gleich aus, zumindest wenn man die Fenster betrachtete, von denen keines in der Größe von dem anderen abwich.

Die Reisetasche lag auf dem Rücksitz. Er schnappte sich das Gepäck, stieg aus und schaute sich für einen Moment um. So etwas war bei ihm in Fleisch und Blut übergegangen, das brachte der Job eben mit sich. Gefahr drohte ihm nicht. Nur das leichte Drücken im Magen war geblieben. Miller ärgerte sich darüber, dass ihn die letzten Worte des Killers so stark beschäftigten.

Er betrat den Rezeptionsbereich. Eine Glastür schob sich zur Seite. Die Umgebung gefiel ihm. Sie war hell und wirkte trotz ihrer Anonymität nicht unfreundlich. Zwei Sitzecken mit blau gepolsterten Sesselbezügen. Viereckige Tische und eine Rezeption, hinter der ein junger Mann mit weißem Hemd und roter Fliege saß. Der Knabe erhob sich, als der neue Gast das Motel betrat. Augenblicklich knipste er sein Sonntagslächeln an.

Miller stellte die Tasche ab und nannte seinen Namen.

»Herzlich willkommen, Mr. Miller.«

»Ich hatte ein Zimmer vorbestellt.«

»Einen Moment Geduld, bitte.«

Der Blick in den Computer, das Nicken – Miller nahm es aus dem Augenwinkel wahr. Er überlegte, ob er sich die Flasche schon jetzt mit auf das Zimmer nehmen sollte oder erst nach dem Duschen. Außerdem verspürte er leichten Hunger.

Nach dem Duschen war auch noch genügend Zeit. Er bekam seinen Schlüssel, bedankte sich und ging.

Es gab nur einen Weg zu den Zimmern. Er hatte die Nummer sechs. Die hellgrün gestrichene Tür lag in der Mitte des Flurs an der rechten Seite.

Er schloss auf und blieb auf der Schwelle stehen. Ein erster kurzer Blick in den Raum. Sein Nicken, das anzeigte, wie sehr ihm das Zimmer zusagte.

Es war groß genug. Es gab die übliche Einrichtung. Das Bett, die Sitzgruppe, der Teppich mit den mexikanischen Motiven. Eine Glotze war auch vorhanden und zudem ein Kühlschrank. Eine zweite Tür führte zum Bad.

Er stellte die Tasche neben dem Bett ab und schaute in die Nasszelle hinein.

Toilette und Dusche. Ein Waschbecken. Handtücher, ein Bademantel. Auch ein Föhn. Er war alles vorhanden, was er brauchte. Er ging wieder zurück. Vom Fenster aus konnte er seinen geparkten Wagen sehen. Auch nicht schlecht.

Nach dem Duschen kehrte der Hunger doppelt und dreifach zurück. Es war auch Zeit, denn der Blick nach draußen zeigte ihm, dass die Dämmerung allmählich den Kampf gegen die Helligkeit des Tages gewann. Eine gute Zeit, um etwas zu essen.

Durch den Verbindungsgang betrat er das Lokal. Es war sauber, es roch nach Essen, und an der langen Theke gab es genügend freie Plätze.

Miller setzte sich so, dass ihn die anderen Gäste nicht störten. Auf einer großen Tafel standen die Tagesgerichte. Er entschied sich für ein Texas-Steak, auf das besonders hingewiesen wurde. Dazu gab es kleine gebratene Kartoffeln in der Schale.

Die Bedienung stellte ihm automatisch Kaffee hin. »Danke.«

Die junge Frau lächelte. »Möchten Sie auch etwas essen, Sir?«

»Ja, das Texas-Steak.«

»Eine gute Wahl.«

»Ich hoffe es.«

Die Kleine zog sich zurück. Ein Magazin lag in der Nähe. Miller griff danach, ohne den Text jedoch richtig zu lesen. Er war mit seinen Gedanken nicht richtig bei der Sache, weil er einfach die Drohung des Killers nicht vergessen konnte.

Es war eine Zeit, die zum Essen einlud. Allmählich füllte sich das Restaurant. Die großen Trucks stoppten hier nicht, deren Fahrer nahmen die Raststätten an den Highways. Hier hielten auch Familien an. Menschen, die auf dem Weg nach Hause waren und sich verspätet hatten. So war bald die Hälfte der Tische besetzt.

Dann sah er die Frau!

Das heißt, er spürte sie mehr und nahm auch den Geruch des Parfüms wahr. Nicht mal unangenehm, weil nicht zu süßlich und schwer. Aus dem linken Augenwinkel sah er die blonde Person. Er hatte sie nicht eintreten sehen, sie musste sich durch den Eingang geschlichen haben und hatte die Theke erreicht.

Blond, sehr blond. Eine Mähne, die auch zu einem Raubtier gepasst hätte. Sie trug einen dunklen langen Ledermantel, der bis zu den Knöcheln reichte. Darunter hatte sie etwas Helles an, aber Millers Blick glitt höher zu ihrem Gesicht.

Es war das Gesicht eines Menschen, aber es hatte auch etwas Katzenhaftes. Die leicht schräggestellten Augen mit dem grünlichen Schimmern, die gerade Nase, der breite Mund, ein schmaler Hals und natürlich die Mähne, so blond und mit leicht rötlichen Strähnen durchzogen, die im Licht der Beleuchtung intensiver schimmerten.

Die Frau hatte Platz genommen, ohne ihn und auch die Umgebung eines Blickes zu würdigen. Dennoch spürte Miller etwas Kaltes seinen Rücken hinabrinnen. Er kannte den Grund nicht, und er wusste auch nicht, weshalb er beim Anblick der Frau an die Worte des Killers denken musste, es war nun mal so.

Die Bedienung blieb freundlich, auch wenn sie sich dem neuen Gast gegenüber reservierter zeigte.

Die Blonde bestellte Wodka. Einen Doppelten. Dazu trank sie einen Mokka.

Miller schaute in den Spiegel. Er sah nur wenig vom Gesicht der Frau. Das Haar war nach unten gefallen. Sie zog auch den Mantel nicht aus, sondern blieb weiterhin in ihrer Haltung sitzen, als wäre sie dabei, über ein Problem nachzugrübeln.

Man servierte ihr den Mokka zusammen mit dem Wodka. Zuerst trank sie die braune Brühe. Der kleine Schluck, dann kippte sie den Rest in die Kehle. Typisch italienisch. Sie trank nicht zum ersten Mal einen Mokka. Miller wurde abgelenkt, denn sein Essen wurde serviert. Das Steak war gut und saftig.

Er aß, war aber mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Ihm ging die Frau nicht aus dem Sinn, obwohl sie ihm keinen Blick geschenkt hatte. Überhaupt hatte sie keinen der Gäste angesehen. Der FBI-Agent fragte sich, ob diese Person hier wohnte oder nur kurz auf einen Schluck angehalten hatte.

Er bestellte sich noch ein großes Bier. Er war kühl, schmeckte zum Essen, und als er schließlich das Besteck auf den Teller legte, war er satt.

Und die Blonde war nicht mehr da!

Die Frau war wie ein Phantom gekommen und hatte das Lokal ebenso verlassen.

Er wunderte sich über ihr unbemerktes Verschwinden. Normalerweise entging dem FBI-Agenten keine Veränderung in seiner Umgebung.

Die Kellnerin räumte ab. Sie hatte den Teller noch nicht ganz weggezogen, als Miller sie ansprach.

»Kannten Sie die Frau, die zwei Plätze von mir entfernt saß?«

»Nein.«

»Sie wissen auch nicht, ob sie hier ein Zimmer gemietet hat?«

»Nein, Sir, das ist mir unbekannt.«

»Wie hat sie bezahlt?«

»Cash.« Das Lächeln der jungen Frau wirkte auf Miller irgendwie schadenfroh.

»Danke.« Er trank sein Glas leer. »Dann nehme ich auch noch einen Mokka.«

»Gern.«

Allmählich füllte sich die Bar. Zumeist Männer. Viele aus der Gegend, wie Miller meinte, denn sie rochen einfach so. Nach Land, nach Weide oder wie auch immer.

Die Gespräche drehten sich um das, was hier in der Gegend passierte. Nichts, was Miller interessiert hätte. Er dachte mehr an die Blonde. Sie wollte ihm nicht aus dem Kopf. Dabei war er kein Mensch, der unbedingt schnell auf eine Frau flog, aber bei dieser war das völlig anders. Ihr Anblick hatte bei ihm etwas entzündet, das wie eine Flamme war, die er nicht löschen konnte. Immer wieder sah er sie noch auf dem Hocker sitzen, und etwas entfernt erinnerte die Frau ihn an die Schauspielerin Michelle Pfeifer.

Und die mochte er. Vielleicht ging ihm deshalb die Blonde nicht aus dem Kopf.

Aber da waren noch Dungeons Worte. So etwas kannte er. Das hatte er öfter erlebt. Warnungen und Drohungen, über die er stets gelacht hatte.

Heute nicht.

Die Kellnerin, die zusammen mit ihrer dunkelhäutigen Kollegin jede Menge zu tun hatte, war gerade in der Nähe. Er bat um die Rechnung.

»Und schreiben Sie noch eine Flasche Bourbon mit auf. Die nehme ich mit auf mein Zimmer.«

»Geht klar, Sir.«

Er schaute wieder in den Spiegel, wollte die anderen nicht sehen und konzentrierte sich auf sein Aussehen. Was er zu sehen bekam, war ein müdes Gesicht mit Rändern unter den Augen und einem Mund, dessen Lippen noch schmaler geworden waren.

Der Job stresste. Bisher hatte er Glück gehabt. Er war bei seinen Chefs angesehen. Er gehörte zu den großen Jägern. Auf der Erfolgsliste stand sein Name ganz oben. Das schon über Jahre hinweg. Früher im Team, heute als Einzelgänger. Fast schon wie ein Kopfgeldjäger.

Er musste unterschreiben. Die Flasche war ihm eingepackt worden. Er gab ein Trinkgeld, das die Kellnerin strahlen ließ. Sie wünschte ihm noch einen schönen Abend und eine geruhsame Nacht.

»Wird schon werden«, sagte Miller.

Es war dunkel geworden. Sterne gab es nicht zu sehen, weil die graue Wolkendecke sie verdeckte. Er schritt durch den hellen Verbindungsgang und kam sich in diesen langen Augenblicken wie eine Zielscheibe vor. Unbewusst ging er schneller. Zu seinem Job gehörte es, immer auf Sicherheit bedacht zu sein.

Im Hotelflur fühlte er sich besser, auch wenn er einen anderen Gast sah, der nicht eben Vertrauen ausstrahlte. Ein öliger Typ im hellen Anzug und einem Grinsen, das anwiderte.

Miller schloss die Tür auf. Er trat noch nicht in die Dunkelheit hinein, wartete einige Sekunden lauernd ab, sah Schatten und Umrisse, aber kein Lebewesen.

Miller machte Licht.

Alles war normal.

Er trat in das Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich und spürte die Unruhe. Verdammt, es gab keinen Grund. Es war alles so normal wie immer, und trotzdem kam er mit seiner Lage nicht zurecht.

Er schnupperte.

Ein fremder Geruch?

Vielleicht. Es konnte auch sein, dass er den Duft des Parfüms der Blonden noch in der Nase hatte. Er löste das Papier von der Flasche, stellte sie auf den Tisch und zog seine Jacke aus. Für einen Moment blieb er nachdenklich stehen und überlegte, ob er seine Waffe ablegen sollte.

Er tat es. Mitsamt Holster legte er sie unter das zweite Kopfkissen des Doppelbetts.

Danach zog er das Rollo vor die Scheibe. Er hatte sich noch nicht gedreht, als er hinter sich ein leises Geräusch hörte und einen Luftzug zu spüren glaubte.

Miller kreiselte herum.

In der offenen Tür zum Bad stand die Blonde.

Und sie war nackt!

Es kam selten vor, dass Miller sprachlos war. In diesem Fall fehlten ihm die Worte. Er starrte die Frau an, die keinen Faden mehr am Körper trug.

Auch keine Schuhe oder Stiefel. Dennoch war sie kaum kleiner geworden. Eine sehr große Frau mit einem Körper, der durchtrainiert war. Möglicherweise hatte sie für eine Frau zu kräftige Armmuskeln und auch Oberschenkel. Auch die Schultern waren recht breit. Es ließ darauf schließen, dass sie regelmäßig ein Fitness-Center besuchte und trainierte.

Die Haare hatte sie zurückgeschoben, damit das gesamte Gesicht frei lag. Der Mund zeigte ein Lächeln, das Miller etwas spöttisch vorkam.

»Überrascht?«, fragte sie.

»Etwas schon.«

»So ist das nun mal im Leben.«

Sein Polizistengehirn arbeitete auf Hochtouren. »Darf ich fragen, wie du hier in das Zimmer gekommen bist?«

Er hörte ein spöttisches Lachen. »Hast du dir mal das Schloss angesehen?«

»Es blieb nicht aus.«

»Dann weißt du es. Das ist kein Problem. Aber du hast die Wahl. Soll ich bleiben oder gehen?«

Miller gab die Antwort noch nicht sofort. Er dachte nach und schürzte dabei seine Unterlippe.

»Wenn du willst, kannst du bleiben. Aber eines sage ich dir. Einen schnellen Deal kannst du hier nicht machen. Ausrauben, K.o.-Tropfen, das ist nicht drin. Ich kenne mich aus.«

»Das hatte ich nicht vor.«

»Gut.« Er grinste. »Trinkst du Whisky?«

»Mit dir immer.«

»Dann besorge zwei Gläser aus dem Bad und sag mir deinen Preis. Außerdem deinen Namen. Ich bumse nicht gern zu anonym.«

Erst brachte sie die Gläser, stellte sie auf den Tisch und meinte mit lockerer Stimme: »Ich koste nichts. Außerdem kannst du mich Belinda nennen.«

»Guter Name.« Er öffnete die Flasche Bourbon. »Aber kostest du wirklich nichts?«

»Nein.«

Er goss Whisky in die Gläser und überlegte. Das konnte eine Falle sein. Er dachte wieder an Dungeons Warnung, dann erinnerte er sich daran, wie gut er selbst war, und schüttelte nur noch leicht den Kopf.

Belinda hatte sich gesetzt. Er ging zu ihr und reichte ihr ein Glas.

»Warum kostest du nichts?«

»Ich habe selbst genug.«

»So? Das hört man selten. Schwer zu glauben.«

»Stimmt aber. Ich brauche Männer«, sagte sie, »und was ich brauche, das nehme ich mir.«

Er trank, und sie auch.

»Warum hast du gerade mich ausgesucht? Würde mich echt interessieren.«

»Weil du mir gefallen hast.«

»Hm, du kennst mich nicht.«

»Ich habe einen Blick. Du hast mir gefallen. Wir sollten uns eine heiße Nacht machen.«

»Sollten wir«, sagte er. »Aber ich weiß nicht, ob ich auf dein Angebot eingehen soll.«

»Was stört dich? Gefalle ich dir nicht? An der Bar hast du anders reagiert.«