John Sinclair Sonder-Edition 245 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 245 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Es waren vier Männer und eine Frau, die Chapman im Geheimauftrag der Regierung zu Killern ausbildete. Sie übernahmen die schmutzigen Geschäfte, die nicht an die Öffentlichkeit dringen sollten.
Doch die Zeiten änderten sich. Die Killer-Truppe wurde nicht mehr gebraucht und entwickelte sich zu einem Problem. Sie musste für immer verschwinden. Dafür engagierte Chapman den Vernichter, einen Vampir, auch Draculas Darling genannt.
Mit den neuen Taten begannen die Probleme für John Sinclair. Denn Draculas Darling pflanzte seinen Keim fort ...

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Seitenzahl: 192

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Draculas Darling

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Draculas Darling

von Jason Dark

Es waren vier Männer und eine Frau, die Chapman im Geheimauftrag der Regierung zu Killern ausgebildet hatte. Sie übernahmen die schmutzigen Geschäfte, die nicht an die Öffentlichkeit dringen sollten.

Doch die Zeiten änderten sich. Die Killer-Truppe wurde nicht mehr gebraucht und entwickelte sich zu einem Problem. Sie musste für immer verschwinden. Dafür engagierte Chapman den Vernichter, einen Vampir, auch Draculas Darling genannt.

Mit den neuen Taten begannen die Probleme für John Sinclair. Denn Draculas Darling pflanzte seinen Keim fort ...

Es gab in dem Raum zwei Stühle, einen Tisch und eine Lampe. Sie warf einen hellen Kreis auf die Tischplatte.

Die beiden Männer saßen sich im Halbdunkel gegenüber. Ihre Gesichter waren nichts anderes als konturenlose Flecken. Genau das passte auch zu ihnen, denn sie gehörten zu den Menschen, die im Hintergrund die Fäden zogen.

Sie hatten bereits miteinander gesprochen und die Probleme gelöst. Einer von ihnen wollte es genau wissen und hakte nach.

»Und Sie meinen, dass er genau der Richtige ist?«

»Ja, das ist er!«

»Hat er einen Namen?«, fragte der erste Sprecher.

»Natürlich. Sie müssen sich nur erinnern. Man nannte ihn mal den Vernichter.«

Schweigen, sehr überrascht. Danach war ein scharfes Atmen zu hören. Der nächste Satz wurde leicht stotternd ausgesprochen: »Aber ... aber ... der ist doch schon lange tot.«

Der andere Mann zeigte zum ersten Mal, seit die beiden zusammen waren, eine Gefühlsregung. Er lächelte.

Dann sagte er: »Was man so tot nennt. Manchmal können die Toten sehr lebendig sein ...«

Der warme Lichtschein fiel durch die hohen Glasfenster des Fertighauses nach draußen, wo er die Rasen streifte und den letzten Schneeresten einen goldenen Glanz gab, als wollte er sie wertvoll aussehen lassen, bevor sie wegtauten.

Der Plattenweg, der den Vorgarten in zwei Hälften teilte, war völlig vom Schnee geräumt worden. Dort, wo der Garten an den Bürgersteig grenzte, erschien die Gestalt eines Mannes. Der Mann war urplötzlich da, ging sehr zielsicher, stieß das kleine Tor auf und nahm den direkten Weg zum Haus.

Der Mann trug einen langen Mantel. Bei jedem Auftreten verursachten seine Schritte leichte Geräusche. Er wirkte durch seine Bewegungen überhaupt nicht fremd und schien der Hausherr zu sein.

Vor der Tür blieb er stehen. Das Holz um das Glas herum war hell gestrichen, ebenso die Rahmen der Fenster. Wer hier lebte, der legte Wert auf ein gutes Aussehen. Der Ankömmling klingelte. Er hatte die Hände in die Taschen seines offen stehenden Mantels gesteckt und wartete locker ab, bis man ihm die Tür öffnete. Aus der Dachrinne fielen ein paar Tropfen und erwischten die Schultern des Besuchers. Auch das blonde, sehr dichte und glatte Haar wurde erwischt, was den Mann nicht weiter störte, denn zur Seite trat er nicht.

Hinter der Tür bewegte sich jemand. Er war für den Besucher nur als Schatten erkennbar. Einen Moment später wurde die Tür aufgezogen. Ein Mann schaute den Besucher an. Er war recht klein, trug bequeme Hauskleidung. Jogginghose, dazu ein Sweat-Shirt. Sein rundes Gesicht war leicht gerötet, und er atmete auch etwas heftiger als gewöhnlich. Er sah aus wie jemand, der beim Training gestört worden war. Leicht misstrauisch sah er den Besucher an.

»Ja, bitte? Was kann ich für Sie tun?«

Der blonde Mann mit dem glatten Gesicht lächelte. »Sie sind Amos Hurland?«

»Bin ich – ja.« Ein Nicken folgte.

»Auch X 5?«

Plötzlich veränderte sich der Hausherr. Die Freundlichkeit aus seinem Gesicht verschwand. Seine Augen nahmen einen harten, schon gnadenlosen Ausdruck an.

»Wer sind Sie?«

»X 5?«

»Kann sein.«

»Wir sollten reden!«

Hurland überlegte nicht lange. »Gut, kommen Sie rein. Und ich werde Ihnen sagen, wohin Sie zu gehen haben.«

»Bitte sehr.«

Hurland gab den Weg frei und schloss die Tür so rasch wie möglich. Auf seinem Gesicht war die Spannung geblieben. Auch der Ausdruck in den Augen hatte sich nicht verändert. Zwischen ihm und dem Besucher herrschte Eiszeit.

»Ich gehe vor.«

Amos Hurland dachte nicht daran, den Mann in den normalen Wohnbereich zu führen. Nichts sollte er von seiner privaten Atmosphäre sehen. Amos hatte einen Blick für Menschen. Dieser Besucher war eine lebende Zeitbombe. Einer, auf den das Wort Gefühl nicht passte. Amos kannte sich da verdammt gut aus. Gewisse Dinge hatten ihn wieder mal eingeholt, da konnte er nichts machen. Da hatte auch seine Tarnung nichts genutzt. Der Begriff X 5 hatte die Alarmsirenen in seinem Kopf schrillen lassen. Nur sehr wenige Menschen wussten davon. Selbst seine Frau hatte keine Ahnung davon.

Sie befand sich im Haus, aber sie hatte das Klingeln nicht gehört, denn sie gab sich ganz ihrer Musik hin, die immer wieder geübt werden musste. Lorna spielte Geige in einem philharmonischen Orchester und musste auch an freien Abenden üben. Das war an diesem Tag der Fall. Dass nur wenig von ihrem Spiel zu hören war, lag daran, dass ihr Zimmer schallgedämpft worden war.

Das Arbeitszimmer des Hausherrn lag zum Garten hin und am weitesten vom Bereich des Eingangs entfernt. Die beiden Männer durchquerten einen schmalen Flur, dann öffnete Hurland die Tür und schaltete das Licht ein.

Vor den beiden Fenstern über Eck hingen die Jalousien, sodass von draußen her niemand hineinschauen konnte. Schreibtisch, Computer, ein Aktenschrank, eine Liege mit Kissen und einer bunten Decke als Unterlage. Zwei Regale mit Büchern und einige Kinderzeichnungen an den Wänden bildeten das Gros der Ausstattung. Es gab auch zwei Schalensessel für Besucher, aber Hurland dachte nicht daran, seinem ungebetenen Gast einen Sitzplatz anzubieten. Neben dem Schreibtisch blieb er stehen und schaute zu. wie der Mann die Tür sehr sorgsam schloss, was Hurland nicht gefiel.

Er wechselte seinen Platz und tat dies möglichst lässig. Zudem fragte er mit lockerer Stimme, ob er seinem Gast etwas anbieten konnte.

»Nein, das ist nicht nötig.«

»Wie Sie wollen.« Amos stand jetzt vor dem Schreibtisch. Er zog eine der Schubladen nur so weit auf, dass er blitzschnell hineinfassen konnte. Was er suchte, lag dort bereit. Die alten Zeiten waren eben noch nicht ganz vorbei.

Ob sein Besucher etwas bemerkt hatte, konnte er nicht sagen. Der Mann hatte jedenfalls nichts gesagt oder auch nur mit einer Geste zu verstehen gegeben, dass ihm etwas aufgefallen war. Recht unverkrampft stand er zwei kleine Schritte vor dem Schreibtisch.

Hurland konnte den Besucher nicht einschätzen. Er glaubte nicht daran, dass der Mann, den er vor sich sah, der Gleiche war wie er aussah. Er schien sich trotz allem verkleidet zu haben. Er wirkte auf Amos Hurland unecht, verkleidet, und davon war auch sein Kopf nicht verschont geblieben. Das blonde Haar mit einem breiten Scheitel sah irgendwie schmutzig aus. Auf Grund der glatten Frisur wirkte es auch unecht. Amos konnte sich gut eine Perücke vorstellen.

Das Gesicht war vorhanden. Es gehörte auch einem Menschen, und trotzdem schien es eine Maske zu sein. Da gab es keine Falte in der Haut, keinen Flecken oder Pickel. Alles Sichtbare an dieser Gestalt wirkte einfach nur glatt und unnatürlich.

Der alte Instinkt hatte Amos Hurland nicht verlassen. Er konnte sich gut vorstellen, dass man ihm den Henker ins Haus geschickt hatte. Eine Vergangenheit war nie tot. Sie war nur begraben, aber sie stand immer wieder auf.

»So, Mister, und jetzt sagen Sie mir, was Sie von mir wollen. Dann will ich wissen, woher sie den Codenamen kennen, und ich möchte erfahren, wie Sie heißen.«

»Jordan.«

Der eine Name reichte aus, um bei Hurland eine Reaktion auszulösen. Das Blut wich aus seinem Gesicht. Er hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. Zugleich jagte ein bestimmtes Halbwissen durch seinen Kopf. Er machte sich Gedanken, er wusste jetzt tatsächlich, dass ihn die Vergangenheit eingeholt hatte.

Jordan war eine Legende. Eine Killer-Legende. Ein Phantom, von dem man nicht wusste, ob es das nun gab oder nicht. Jordan war nicht vielen Menschen bekannt. Aber in gewissen Kreisen war er ein Begriff, und selbst bei den Harten verursachte sein Name eine Gänsehaut.

Bis zu dem Zeitpunkt, als es geheißen hatte, dass Jordan nicht mehr am Leben war. Urplötzlich war er aus der Szene verschwunden. So schnell wie er auch erschienen war. Es hatte Menschen gegeben, die allen Ernstes behauptet hatten, dass Jordan kein Mensch war, sondern ein Außerirdischer oder etwas Ähnliches.

Jetzt war er wieder da. Zumindest behauptete er das, und sagen konnte man viel.

Der Besucher ließ Amos Hurland Zeit, seine Überlegungen zu beenden. Der Mann erinnerte sich auch daran, was noch weiter über ihn erzählt wurde. Es gab keine Zeugen, die ihn hätten beschreiben können. Oder so gut wie keine. Wer Besuch von dem Vernichter bekam, der konnte nichts mehr über ihn sagen, weil er tot war, wenn Jordan ihn verließ.

Das wusste auch Amos. Er konnte sich an sein ›erstes‹ Leben noch sehr gut erinnern. Auch wenn er jetzt ein anderes führte, hatte er immer damit gerechnet, dass ihn die Vergangenheit mal einholen würde. Das war jetzt der Fall.

Ihm war klar, dass man einen ›Toten‹ geschickt hatte, um ihn zu töten, aber Hurland dachte nicht daran, sich so ohne Weiteres killen zu lassen.

»Genau nachgedacht?«

»Sicher!«

»Dann wissen Sie ja, was Ihnen bevorsteht. Man will die alten Zeiten begraben, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Deshalb bin ich gekommen.«

Hurland hatte begriffen. Und er wusste auch, was er in diesen Momenten zu tun hatte. In seinem früheren Leben war er perfekt ausgebildet worden. Verlernt hatte er noch nichts. Das Zucken seines Arms war kaum zu sehen, und dann ging alles blitzschnell. Plötzlich lag die durchgeladene Luger in seiner Rechten, und mit ihr zielte er über den Schreibtisch hinweg.

»Glauben Sie, dass Sie es schaffen, Jordan?«

»Ja!«

Dieses eine Wort irritierte Hurland.

Okay, einer wie der Vernichter zeigte keine Furcht. Aber so cool wie er konnte kein Mensch sein. Er hatte nicht mal gezuckt, was Amos Hurland schon verwunderte. Auch einer wie der Vernichter ging nicht gern freiwillig in den Tod. Oder hatte er sich geschützt? Vielleicht durch eine kugelsichere Weste, die er am Körper trug?

Amos glaubte es nicht. Der schwarze Pullover war einfach zu dünn. Fast wie ein Hemd. Nein, eine Weste trug er nicht.

»Ich denke, dass Sie sich Ihren Vorsatz noch mal überlegen sollten, Jordan.«

»Nein. Sie werden sterben.«

»Gut, dann belassen wir es dabei. Eine andere Frage: Wer hat Sie zu mir geschickt?«

»Das ist nicht wichtig.«

»War es der Chef?«

»Ich bin gekommen!«

»Das weiß ich.« Hurland zeigte jetzt ein scharfes Grinsen. »Du weißt, wer ich bin. Und du wirst auch wissen, welche Ausbildung ich hinter mir habe. Und ich schwöre dir, dass ich nichts, aber auch gar nichts verlernt habe. Ich wusste, dass mich die Vergangenheit irgendwann einholen würde, und deshalb habe ich geübt und mich fit gehalten. Wenn ich will, kann ich dir die Augen einzeln aus dem Kopf schießen, und ich werde es tun, wenn ich nicht die Antworten von dir bekomme, die ich haben will.«

»Deshalb bin ich nicht hier.

»Dann willst du sterben?«

»Ich bin unsterblich.«

Amos Hurland wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Er ärgerte sich, weil ihm das Blut in den Kopf stieg, und war gleichzeitig froh darüber, dass das Zimmer seiner Frau schallgedämpft war. Sie würde nichts hören.

Hurland schoss.

Der Knall war laut. Keiner der Männer zuckte zusammen. Nur Jordan wurde nach rechts gerissen, als die Kugel in seine Schulter einschlug. Er fluchte, schlenkerte seinen Arm, schüttelte den Kopf und richtete sich auf, weil er leicht eingeknickt war. Dann stand er wieder an der gleichen Stelle. Auf seinem glatten, nichtssagenden Gesicht zeigte sich plötzlich ein Lächeln.

Amos Hurland hatte viel in seinem vierzigjährigen Leben durchgemacht. Viele böse Überraschungen verdauen müssen, doch was er hier geboten bekam, das war zu viel. Das wollte er nicht glauben. Dieser Mensch – falls es einer war – zeigte keine Reaktion. Er schrie nicht, er fluchte nicht, er schaute sich nicht mal die getroffene Stelle an. Er nahm diese Verletzung einfach hin.

Noch etwas fiel Hurland auf. Aus der Wunde sickerte kein Blut. Okay, das musste nicht immer sein, doch hier floss überhaupt keine nasse Masse hervor.

Das war nicht normal.

»Du wirst es nicht schaffen, Hurland. Ich bin es gewohnt, meine Jobs durchzuführen. X 5 wird in den nächsten Minuten Vergangenheit sein. Ich habe noch nie versagt.«

»Ich auch nicht!«, flüsterte Hurland.

»Aber einmal ist es so weit.«

»Nicht bei mir, Jordan!«

»Doch, auch bei dir. Die alten Zeiten sind vorbei. Gewisse Menschen möchten sich nicht mehr daran erinnern, und ich sorge dafür, dass sie ruhig schlafen können, das ist alles. Ich kann dir versichern, dass du nicht der Einzige bist. Vielleicht ist dir das ein letzter Trost auf dem Weg ins Jenseits. Und denke daran, mein Freund. Ich bin wieder da. Ich hinterlasse wieder Spuren, und ich werde dafür sorgen, dass die Welt aufhorcht.«

»Das glaube ich nicht, Jordan.«

»Willst du es darauf ankommen lassen?«

»Ja, noch immer!«

»Gut«, sagte Hurland schmallippig. »Und du wirst mir auch nicht sagen wollen, wer dich geschickt hat?«

»Nein, das werde ich nicht!«

»Dann stirb!«

Amos Hurland hatte die beiden Worte nicht laut gesprochen. Es klangen auch keine Emotionen nach. Seine Stimme war dabei normal geblieben. Nur die Reaktion war es nicht.

Er feuerte zum zweiten Mal.

Und diesmal traf er seinen Besucher mitten in die Brust und ein wenig nach links versetzt.

Das Geschoss bohrte sich in den Körper hinein. Es war nicht die Schulter.

Diesmal schaffte es der Killer nicht, den Schlag auszugleichen. Zu hart hatte er ihn erwischt und schleuderte ihn nach hinten. Er ruderte mit den Armen, bevor er zu Boden krachte und auf dem Rücken liegen blieb.

Amos Hurland atmete tief aus. Geschafft. Er hatte Jordan geschafft, die Killer-Legende. Der Vernichter war selbst vernichtet worden, und das genau konnte er sich an die Fahne heften. Besser zu sein als der Vernichter. Wer hätte das gedacht? Damals, als er noch in der Szene aktiv war, wäre ihm dieser Gedanke nicht gekommen. Aber er hatte nichts verlernt und war stolz auf sich.

Es gab natürlich das Problem mit dem Wegschaffen der Leiche. Dabei würde man ihm helfen. Er kannte noch genügend Leute aus seinem ersten Leben, die ihm einen Gefallen schuldig waren.

Nach den alten Regeln richtete sich Amos Hurland auch heute noch. So steckte er seine Waffe nicht weg, als er um den Schreibtisch herum zu Jordan ging.

Der Killer lag noch immer so wie er gefallen war. Auf dem Rücken, ohne eine Waffe in der Hand, die Arme ausgestreckt. Wie ein riesiger schwarzer Käfer.

Das Loch in der Brust zeichnete sich sehr deutlich ab. Kein Stoff und keine Weste hatten die Luger-Kugel aufgehalten.

Amos Hurland war zufrieden.

Zwei Sekunden später war er es nicht mehr. Da fiel er fast vom Glauben ab.

Zuerst grinste Jordan, dann hob er den Kopf an und sprach im gleichen Moment: »Ich habe dir doch gesagt, dass ich besser bin als du, mein Freund ...«

Ja, Amos Hurland hatte in seinem Leben schon einiges mitgemacht und erlebt. Er hatte in Situationen gesteckt, aus denen er seinen Kopf nur haarscharf hatte retten können. Was er hier erlebte, das war ihm noch nie vorgekommen.

Ein Toter, der lebte!

Er hatte sich auf seine Treffsicherheit verlassen können. Immer schon. Er war einer gewesen, der bei seinen Jobs nie mehr als zwei Schüsse gebraucht hatte. Und jetzt dies hier.

Die Legende lebte! Der Killer war nicht tot. Also war er auch vorher nicht tot gewesen, und es stimmte, was man in gewissen Kreisen über ihn flüsterte. Was Hurland hier erlebte, das kam ihm übermenschlich vor. Der Killer war einer, der nicht ausgeschaltet werden konnte. Das zu begreifen, war für Amos so gut wie unmöglich.

»Für jeden Menschen gibt es irgendwann einen Punkt, an dem er einsehen muss, dass andere besser sind. So ist das auch bei dir, mein Lieber.«

Amos reagierte nicht auf die Worte. »Zwei Kugeln«, flüsterte er. »Zwei verdammte Kugeln.«

»Ich weiß, Amos. Du kannst auch noch ein drittes Mal schießen. Ich hindere dich nicht daran!«

»Genau!«, flüsterte Hurland und drückte ab.

Diesmal erwischte er eine andere Stelle. Eine Daumenbreite unter dem zweiten Kugelloch.

Der Körper zuckte kurz in die Höhe. Der Killer riss den Mund auf. Amos Hurland hörte einen leisen Schrei, dann erwischte ihn der Fuß.

Jordan hatte zu einem Säbeltritt ausgeholt und hart und zielsicher getroffen. Den Schlag in die Kniekehle konnte Amos nicht egalisieren. Er geriet ins Schwanken, und der nächste Tritt erwischte ihn genau zwischen die Beine.

Hurland glaubte, von einem glühenden Eisenfuß getroffen worden zu sein. Der Schmerz war irrsinnig stark. Tränen schossen in seine Augen. Er taumelte zurück, was er kaum mitbekam, und dabei sackte er zusammen.

Mit einer fließenden Bewegung gelangte Hurland auf die Beine. Seine rechte Faust war wie eine Ramme. Sie erwischte das Gesicht des Gegners.

Hurland hörte Knochen brechen. Dann fiel er nach hinten. Den Schreibtisch konnte er nicht sehen. Mit dem Hinterkopf schlug er brutal auf die Kante.

Raketen rasten durch seinen Kopf. Sie sprengten das Leben weg. Das Letzte, das Amos Hurland wahrnahm, waren die zerplatzenden Sterne vor seinen Augen.

Jetzt war es umgekehrt. Amos Hurland lag am Boden, und Jordan stand neben ihm. Drei Geschosse steckten in Jordans Körper. Drei Kugeln, die nichts bewirkt hatten.

Er beugte sich nieder, um Hurland zu untersuchen. Es war der Blick in das bewegungslose Gesicht, das ihn für einen Moment ebenfalls erstarren ließ.

Es passte ihm nicht, dass vor ihm ein Toter lag. Der Schlag gegen die Schreibtischkante war einfach zu hart gewesen. Mit einem Toten konnte er nicht viel anfangen.

Aus seinem Mund drang ein wütendes Geräusch. Ein Tier hätte so fauchen können. Danach öffnete er seinen Mund, und die Haut auf seinem Gesicht verschob sich dabei etwas zur Seite, als hätte jemand daran gezogen.

Der Mund blieb offen, und zwar so weit, dass die Zähne des Killers zu sehen waren.

Die meisten in der oberen Reihe waren normal. Bis auf zwei. Sie wuchsen als Spitzen zusammen.

Zähne wie diese gab es nur bei einem Wesen, bei einem Vampir!

Jordan beugte sich noch einmal zu dem Toten hinab. Jetzt drangen zischende Worte aus seinem Mund. Er verfluchte den Toten, der ihn um seine Nahrung gebracht hatte. Jordan hatte sich diesen Besuch ganz anders vorgestellt. Er hätte sich laben können. Er hätte noch ein Erbe hinterlassen, doch das war jetzt vorbei.

Der Killer schrie. Er fühlte sich betrogen. Er trat gegen den Schreibtisch. Dann bückte er sich, riss den Toten hoch, schleuderte ihn in seinem Zorn quer durch den Raum, sodass die leblose Gestalt gegen die Wand prallte, nach unten fiel und auf der Liege zur Ruhe kam.

Es war die letzte Aktion, zu der Jordan sich hatte hinreißen lassen. Jetzt musste er das Haus so schnell wie möglich verlassen. Seine Aufgabe hatte er erfüllt, war aber selbst nicht zufriedengestellt worden. Das frustete.

Er öffnete die Tür.

Der Gang lag leer vor ihm. Er musste ihn durchgehen, um den Eingangsbereich zu erreichen. Die Hälfte lag noch nicht hinter ihm, als er mitten im Lauf stehen blieb.

Sein feines Gehör hatte etwas vernommen.

Tritte auf der nach oben führenden Treppe, die von seiner Position aus noch nicht zu sehen war. Und er hatte noch etwas herausgefunden. Die Schritte konnten keinem Mann gehören, sondern einer Frau. Für einen Mann waren sie zu leicht.

Jordan ging vor.

Nach zwei Meter hatte er freie Sicht. Die Frau musste etwas gehört haben, sie hatte es eilig, denn die letzten drei Stufen ließ sie mit einem Sprung hinter sich.

Als sie aufkam, bewegte sich der Killer nach vorn. Er lächelte noch immer und präsentierte dabei seine Zähne.

Lorna Hurland wollte zur Tür des Arbeitszimmers laufen. Nach dem ersten Schritt blieb sie schon stehen, denn sie sah, dass ein Fremder dort stand.

Und in dessen Augen lauerte der Tod!

Es war wie im Kino!

Nein, der Vergleich hinkte, denn Suko und ich saßen zwar bequem, aber nicht in einem Kinosessel. Dafür im Fond einer Limousine, die nicht nur groß und schwarz war, sondern auch dunkle getönte Scheiben hatte, durch die keiner hinein- aber auch niemand hinausblicken konnte. Zumindest im hinteren Teil des Wagens.

So wurden wir einem unbekannten Ziel entgegengefahren, ohne uns großartig Sorgen zu machen, denn wir befanden uns nicht allein im Fahrzeug.

Abgesehen von dem Fahrer saß uns in der Stretch-Limousine Sir James Powell gegenüber. Er hatte für die Fahrt gesorgt, uns allerdings kein Ziel genannt. Der ganze Vorgang war sehr geheimnisvoll über die Bühne gegangen. Trotz unserer Fragen hatte Sir James nichts erklärt und uns geraten, bis zum Ziel zu warten.

Wo das lag, war uns unbekannt. Ich hoffte, dass wir in London bleiben würden und nicht irgendwo aufs Land fuhren. Aber die Stadt war groß. Da konnte man stundenlang unterwegs sein, ohne sie verlassen zu müssen.

Unser Chef hatte sich schon manches Mal geheimnisvoll gegeben, eine derartige Fahrt hatten wir jedoch noch nicht erlebt. Zudem ohne irgendwelche Informationen, und auch zwischen uns herrschte Schweigen. Ich hatte zwei Mal versucht, meinen Chef anzusprechen, doch in diesem Fall war er einfach taub.

»Sie werden alles noch früh genug zu hören bekommen«, hatte er nur gesagt.

Da fragte ich dann nicht mehr und dachte daran, dass es nicht nur in der großen Limousine recht dunkel war, sondern auch draußen, denn wir waren am Abend losgefahren.

Das Wetter war zum Weglaufen. Vor zwei Tagen noch der Schnee, dann der Temperaturanstieg. Die weiße Decke war getaut. Sie hatte Matsch und Pfützen hinterlassen, durch die die breiten Reifen des Fahrzeugs immer wieder rollten.

Suko, der neben mir saß, gab sich entspannt. Er hatte sogar die Augen geschlossen, und das versuchte ich auch. Es war gut, wenn man sich etwas Schlaf holte. In meinem Job musste man eben alles ausnutzen.

Ich schloss zwar die Augen, schlafen konnte ich trotzdem nicht. Leider auch nicht entspannen, denn meine Gedanken wollten sich einfach nicht beruhigen. Ich versuchte mir vorzustellen, wohin wir fuhren und welche Aufgabe dort auf uns wartete. Normalerweise besprachen wir diese Dinge im Büro unseres Chefs. Das war jetzt völlig auf den Kopf gestellt worden. Dieser Vorgang lief ab wie eine geheime Aktion.

Ich schielte nach vorn und schaute Sir James an, der in einer Ecke saß und die Hände in den Schoß gelegt hatte. Mal huschte ein Lichtreflex durch den Wagen und fand sich wieder im Glas seiner Brille, als säße dort für einen Augenblick ein kleiner Diamant. Die Heizung lief, doch es war nicht zu warm, und zum Fahrer hin war die Trennscheibe geschlossen.

Ampelstopps, Kurven, Kreisverkehr – das alles deutete darauf hin, dass wir uns noch in der Stadt befanden. Ich ging zudem davon aus, dass unser Ziel auch innerhalb Londons lag. Wir wussten, dass jemand zusteigen würde. Einen Namen hatte man uns nicht mitgeteilt. Ich konnte mir vorstellen, dass es jemand war, von dessen Existenz nicht viele Menschen wussten und dessen Arbeit im Bereich bestimmter Grauzonen ablief.

Da kamen, zum Beispiel, die Geheimdienste infrage. Wir wären nicht zum ersten Mal damit konfrontiert worden, doch sicher war das alles nicht.

Irgendwann war ich es leid, obwohl noch nicht unbedingt so viel Zeit vergangen war. Ich fragte wie ein kleines Kind: »Wann sind wir denn endlich da?«

Sir James gab die Antwort sofort. »Gedulden Sie sich noch einen Moment, John. Sie haben doch nichts zu versäumen – oder?«