John Sinclair Sonder-Edition 246 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 246 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Als die katholische Kirche sich anschickte, die Katharener zu vernichten, gingen die Kreuzritter unbeschreiblich grausam vor. Sie nahmen nicht einmal Rücksicht auf Frauen und Kinder.
Aber einige überlebten das Inferno. Auch nach Jahrhunderten war die Erinnerung an das Grauen nicht vergessen. Es waren Frauen, die sich in einem Bergkloster zusammengefunden hatten und Rache nehmen wollten. Und so erweckten sie zusammen mit den vier Horror-Reitern die Verschlusssache Satan ...

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Seitenzahl: 186

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Verschlusssache Satan

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Verschlusssache Satan

von Jason Dark

Als die katholische Kirche sich anschickte, die Katharener zu vernichten, gingen die Kreuzritter unbeschreiblich grausam vor. Sie nahmen nicht einmal Rücksicht auf Frauen und Kinder.

Doch einige überlebten das Inferno. Auch nach Jahrhunderten war die Erinnerung an das Grauen nicht vergessen. Es waren Frauen, die sich in einem Bergkloster zusammengefunden hatten und Rache nehmen wollten. Und so erweckten sie zusammen mit den vier Horror-Reitern die Verschlusssache Satan ...

Die vermummte Gestalt wuchtete mit zwei Tritten die Kirchentür auf, als wollte sie den gesamten Bau sprengen.

Sie lachte dabei. Wartete, bis sich der Krach verzogen hatte. Dann ging sie einen langen Schritt nach vorn, blieb jedoch im Bereich des Eingangs stehen.

Die Gestalt schaute nach vorn. Unter der Haube verzog sich das Gesicht zu einer irren Gier. Es wurde der Hass nachgezeichnet, der in ihr steckte.

Ein Fremder hätte gesehen, wie sie Luft holte. Sie pumpte sich regelrecht auf, bevor sie zu schreien begann.

»Die Hölle! Die Hölle wird gewinnen! Satan wird frohlocken! Und wir werden bald auf ihre Bibel schwören!«

Nach diesen ketzerischen Sätzen erschütterte ein schon irrsinniges Lachen das Innere der Kirche. Der Eindringling ergötzte sich daran. Zugleich schlug er mit einer lässigen Handbewegung die rechte Hälfte der Kutte zur Seite und holte einen dunklen, glänzenden Gegenstand hervor.

Es war eine Maschinenpistole.

Mit der rechten Hand hielt die Gestalt die Waffe fest. Den Kolben hatte sie in die Armbeuge gestemmt.

Das Lachen verklang.

Die Gestalt ging vor.

Sie zog den Abzug durch. Kleine Mündungslichter tanzten vor der Waffe, die sie bei ihrem Weg schwenkte und schießend auf den Altar zulief ...

»Da war etwas, Erwin!« Eine Hand rüttelte an der Schulter des schlafenden Mannes.

Erwin brummte nur. »Hör auf, Doro, lass mich schlafen. Es ist mitten in der Nacht, verflixt!«

»Ja, du hast recht. Mitten in der Nacht. Aber da war etwas. Ich habe es gehört.«

»Was denn?«

»Geräusche!«, zischelte Doro Newton.

Ihr Mann stöhnte. Widerwillig drehte er sich um und schloss wieder die Augen, als ihn der Lichtschein erwischte, denn seine Frau hatte es im Dunkeln nicht mehr ausgehalten. Sie lag auch nicht mehr und hatte sich im Bett aufgesetzt.

Auch wenn es ihm schwer fiel, Erwin Newton richtete sich ebenfalls auf. Er hustete, um die Kehle frei zu bekommen. Dann schüttelte er leicht den Kopf, bevor er seine Augen rieb. »Was soll denn überhaupt gewesen sein? Ich habe nichts gehört.«

»Du hast auch geschlafen.«

»Klar.«

Doro Newton fuhr durch ihr Haar. »Es hat geklungen wie Schüsse, Erwin. Oder dumpfe Einschläge. Jedenfalls so ähnlich.«

»Woher weißt du denn, wie Schüsse klingen?« Überzeugt war Erwin Newton nicht.

»Aus dem Fernsehen.«

»Schäm dich, Doro. Du bist schließlich die Frau eines Pfarrers.«

»Aber ich bin nicht weltfremd.«

Erwin Newton sagte nichts.

Das Ehepaar saß im Bett und lauschte. Es war kühl draußen, dennoch stand das Fenster gekippt offen. So konnten die Geräusche von draußen auch nach innen getragen werden. Im Moment war nichts zu hören.

Erwin blickte auf seine Uhr, die er auch in der Nacht an seinem Gelenk trug.

»Nicht mal Mitternacht«, stellte er fest.

»Und? Hat das was zu sagen? Was ich gehört habe, das habe ich gehört. Darauf bestehe ich, Erwin.«

»Und du meinst wirklich, dass es Schüsse gewesen sind? Ich meine, wir haben im ersten Tiefschlaf gelegen. Da kann man sich auch leicht irren, wenn du verstehst, was ich meine. Man bildet sich des Öfteren Dinge ein ...«

Doro unterbrach ihren Mann durch ein langgezogenes Stöhnen.

»Sei nicht so pingelig. Okay, möglicherweise waren es keine Schüsse. Aber die Geräusche, die ich gehört habe, kann man keinesfalls als normal bezeichnen.«

»Ich muss dir glauben.«

»Danke.«

Er lachte leise. »Ist ja schon gut. Du kannst dir deine Ironie sparen. Du bist sicher, dass du die Geräusche in der Kirche gehört hast und nicht irgendwo draußen?«

»Was heißt sicher, Erwin? Ich habe mir sie nicht anders erklären können. Das hing auch mit den Echos zusammen. Die hörten sich so an, als wären sie in einem Raum produziert worden. Sie hallten zudem noch nach, und so etwas passiert eben nur in einer Kirche.«

»Dann soll ich nachsehen?«

»Nicht nur du, auch ich.« Doro zeigte ihrem Mann, was sie damit meinte, denn sie schwang als Erste ihre Beine aus dem Bett, schlüpfte in die Pantoffeln, reckte sich und ging auf die linke Schrankhälfte zu, um dort Kleidung zu holen.

Der Pfarrer war nicht so fix. Er ging zum Fenster, löste die Kippvorrichtung und zog es ganz auf, um erst mal einen langen Blick nach draußen zu werfen.

Es gab nicht viel in dieser kühlen Märznacht zu sehen. Der Himmel war von Wolken bedeckt. Dazwischen jedoch entstanden immer wieder Lücken, sodass er einen freien Blick auf die Sterne bekam und auch blassen Mond sah, der noch nicht ganz voll war.

Das Ehepaar Newton wohnte nahe der Kirche. Ihr Haus stand auf kircheneigenem Gelände. Zwischen den beiden Bauwerken ragten Bäume auf, die noch kahl waren.

Newton musste sich nach rechts drehen, um die Kirche sehen zu können.

Da hatte sich nichts verändert. Wenn in ihrem Innern Licht gebrannt hätte, wäre es ihm aufgefallen, denn die Scheiben ließen in der Dunkelheit jeden Schimmer durch.

Er hörte auch nichts. Keine fremden Geräusche, die ihn hätten misstrauisch werden lassen. Vom Ort her war es ebenfalls still. Um diese Zeit fuhr kaum noch ein Auto.

»Was ist denn jetzt, Erwin?«

»Ich höre und sehe nichts.«

»Trotzdem habe ich mich nicht geirrt.«

Erwin Newton fror. Er drehte sich vom offenen Fenster weg und schloss es. Seine Frau hatte sich inzwischen angezogen. Sie trug einen dicken Pullover, eine Hose und war auch in ihre Schuhe geschlüpft.

»Wir können.«

»Noch nicht ganz.«

»Beeil dich doch!«

Erwin verstand das Drängen seiner Frau nicht. Er jedenfalls hatte nichts Verdächtiges gehört. Es war für ihn alles irgendwie verrückt und nicht nachvollziehbar.

Überzeugt von dem, was er tat, war er nicht. Er machte es auch nur seiner Frau zuliebe, denn Doro war eine Person, die all das durchführte, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Sie wäre auch allein zur Kirche gegangen, ohne Rücksicht auf Verluste. Genau das wollte Erwin nicht zulassen. Doro hatte die Eigenschaft, sich durch Aktionen immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen und sich mit der Obrigkeit anzulegen.

»Zieh dich schnell an, Erwin!«

»Ja, ja, nur mit der Ruhe. Die Kirche läuft uns nicht weg.«

»Die nicht. Aber das, was sich darin befindet.«

Er sagte nichts. Es hatte keinen Sinn, mit Doro diskutieren zu wollen. Möglicherweise lag sie mit ihrem Verdacht auch nicht falsch. Er musste zugeben, dass sie einen leichteren Schlaf hatte als er. Als der Pfarrer seine Lederjacke überstreifte, nickte Doro zufrieden. Sie stand schon an der Schlafzimmertür und zog sie auf. Die Haustür war von innen verschlossen. Doro erreichte auch sie als Erste und öffnete sie.

Als Erwin neben ihr stand, begann sie zu zittern.

»Ich habe Angst ...«

Der Pfarrer hob nur die Schultern und erwiderte: »Komm jetzt ...«

»Je später der Abend, umso netter die Gäste«, sagte ich, als ich die Wohnungstür öffnete und Suko vor mir sah. »Was gibt es denn? Hat Shao dich rausgeschmissen?«

»So weit ist es noch nicht gekommen.«

»Super. Aber du willst mit mir einen Schluck trinken und dich mal richtig ausquatschen.«

»Das können wir auch bei uns.«

»Kombiniere. Ich soll zu euch kommen.«

»Ja.«

»Gegessen habe ich schon.«

Suko schüttelte den Kopf. »Es geht auch nicht ums Essen, aber wir haben etwas für dich. Oder vielmehr Shao.«

Ich schüttelte den Kopf. »Weihnachten ist vorbei. Ostern liegt noch vor uns. Geburtstag habe ich auch nicht. Was also habt ihr dann für mich auf Lager? Wie sieht das Geschenk aus?«

»Du kannst es nicht anfassen. Es ist eine Botschaft. Du hast Post bekommen.«

»Das hätte ich gewusst.«

»Nicht die normale. Eine E-Mail. Über uns an dich gerichtet.«

»Eine elektronische Störung.«

»Wenn du so willst – ja.«

»Genau das ist der Grund, weshalb ich ohne Computer lebe. Ich hasse es, auf diese Art und Weise gestört zu werden. Wer will denn was von mir?«

»Keine Ahnung, John. Weder Shao noch ich haben die Post geöffnet. Du musst schon dabei sein.«

»Gut. Ich hole nur den Schlüssel.«

Bisher war der Abend recht ruhig verlaufen. Ebenso wie der zurückliegende Tag. Wir hatten im Büro recht viel Ruhe gehabt und uns nicht weiter stören lassen. Ich hatte mal wieder ein paar Spesenabrechnungen kontrolliert und abgezeichnet und hatte mich auch mit Akten beschäftigt, die uns von anderen Abteilungen zur Verfügung gestellt worden waren.

Es ging darin um die Zukunft des Verbrechens in London. Es ging um Strömungen und Voraussagen, die man daraus ableiten konnte. Es ging um die Mafia, die ebenfalls dabei war, in neue Gebiete einzudringen und sich dabei auf die elektronischen Medien stürzte und diese für sich manipulieren wollte.

Verbrechen am Computer. Geldwäsche auf dem elektronischen Weg. Aber auch die alten Formen waren nicht in Vergessenheit geraten, und es war auch alles internationaler geworden.

Ich hatte viel gelesen, wenig behalten und war dann froh gewesen, Feierabend machen zu können.

Bis jetzt.

Wer mir da eine E-Mail hatte zukommen lassen, war noch die Frage. Okay, ich hätte mir längst einen Computer in die Bude stellen können, aber irgendwie passte er nicht in mein Wohnzimmer. Ich wollte auch irgendwann mal Feierabend haben. Über Handy, Telefon und Fax war ich sowieso immer erreichbar.

Und jetzt diese E-Mail, die bei Shao und Suko eingetroffen war. Genau an der richtigen Stelle, denn Shao gehörte zu den absoluten Computer-Freaks. Sie hatte sich in dieses weitläufige Gebiet regelrecht hineingekniet. So hatte sie zu einem Hobby gefunden, das ihr richtig Spaß machte. Ich nahm den Schlüssel mit und verließ die Wohnung.

Suko und Shao wohnten direkt nebenan. Ich musste nur zwei Schritte nach links gehen. Mein Freund und Kollege hatte seine Tür nicht geschlossen. Ich fand Shao und ihn im Wohnzimmer. Dort hatte mal der Computer gestanden, doch er war von Shao ins Schlafzimmer verbannt worden. Dort engte er zwischen dem Doppelbett und der Wand das Zimmer ziemlich ein.

Shao, die eine schwarze, enge Hose und eine locker über den Gürtel hinweg hängende gelbe Bluse trug, die seidig schimmerte, begrüßte mich mit einem Lächeln, bevor sie meinte: »Alle Achtung, du scheinst ja sehr gefragt zu sein.«

»Wegen der Post?«

»Sicher.«

»Die bekommst du doch auch.«

»Bei mir ist das was anderes. Wenn jemand dir eine Mail schickt, muss er recht gut über dich und auch über uns Bescheid wissen. Das kann man so oder so sehen.«

»Du wirst lachen, aber darüber habe ich auch schon nachgedacht. Deshalb glaube ich auch nicht, dass es nur ein Gruß sein wird, der mir an diesem Abend Freude bringen soll.«

»Das meinte Suko auch.«

Ich sprach ihn an. »Davon hast du mir nichts gesagt.«

»Bist du nicht alt genug?«

»Nur manchmal. Kann ja sein, dass sich der Absender geirrt hat. Jedenfalls bin ich gespannt, was die Person von mir will, falls sie sich zu erkennen gibt. E-Mails von einem Unbekannten hasse ich nämlich. Das sind oft genug frustrierte Typen, die mit sich selbst nicht zurechtkommen.«

Shao hatte die Tür zum Schlafzimmer bereits geöffnet. Wir traten ein.

Shao setzte sich vor den Monitor. Suko und ich rahmten sie ein.

»Soll ich öffnen, John?«

»Aber sicher doch.«

Sie schaffte es mit einem Mausklick, und wir warteten auf die Nachricht in schriftlicher Form. Die allerdings tauchte nicht auf. Was wir auf dem Schirm sahen, war für uns schon überraschend, denn dort malten sich sechs vermummte Gestalten ab.

Sie hielten sich an den Händen gepackt und begannen einen Reigen zu tanzen.

»He, was ist das?«, flüsterte Suko.

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Irgendein Scherzkeks, der Langeweile hat, muss mir die Nachricht geschickt haben.«

»Glaube ich nicht«, meinte Shao.

Ich ehrlich gesagt auch nicht. Das behielt ich für mich und schaute mir die tanzenden Gestalten genauer an. Sie sahen aus wie Mönche, die ihre Kapuzen in die Höhe gezogen und über die Köpfe gestülpt hatten. Sie tanzten im Kreis, sie hüpften dabei, und während sie ihre Runden drehten, lösten sich plötzlich ihre Kleidungsstücke auf. Es ging sehr schnell, nur nicht schnell genug, denn ich glaubte, dass die Gesichter Frauen gehörten.

Nur für einen winzigen Moment war dies zu sehen, denn die Verwandlung setzte sich fort.

Keine löste sich von der anderen. Der Reigen blieb, auch als sie sich verwandelt hatten.

Wir alle bekamen große Augen, denn jetzt tanzten vor uns blasse und leicht bläulich schimmernde Skelette mit breiten Totenschädeln. Sie wackelten auf den Körpern hin und her. Sie tanzten und hüpften weiter, als wären sie voller Freude, sich vor den Betrachtern produzieren zu können.

Bis sie sich auflösten. Es sah so aus, als hätte der Monitor sie aufgesaugt.

Wir sahen nichts mehr. Die Gestalten kehrten nicht mehr zurück. Der Schirm blieb leer.

»Das also war deine Mail, John!«

»Vermummte Gestalten, die sich in Skelette verwandeln.« Ich schüttelte den Kopf. »Es gibt schon Scherzbolde auf der Welt. Das ist mir auch noch nicht widerfahren.«

»Scherz?«, fragte Suko. »Glaubst du wirklich, dass es ein Scherz ist?«

»Wenn du mich so fragst, nein!«

»Eben«, sagte auch Shao. »Da wollte dich jemand durch diese Nachricht auf etwas hinweisen.«

»Auf tanzende Mönche, die sich in Skelette verwandeln. Und das auf dem elektronischen Weg. Man passt sich eben an, aber ich bedanke mich dafür.«

»Noch elektronisch«, sagte Suko. »Vielleicht war es auch ein Hinweis auf die Wirklichkeit, und zwar auf das, was noch alles in naher Zukunft passieren wird.«

»Bist du sicher?«

»Du nicht?«

Ich hob die Schultern. »Wenn ich recht überlege, habe ich damit nichts zu tun gehabt.« Mit dem rechten Zeigefinger deutete ich auf den Monitor. »Ich kann mich an so etwas beim besten Willen nicht erinnern. Das müsst ihr mir glauben.«

»Tun wir sicher«, sagte Suko. »Aber was nicht ist, kann durchaus noch werden.«

Ich sah ihn an und runzelte die Stirn. »Meinst du, das könnte auch in der Wirklichkeit passieren?«

»Welchen Sinn hätte es sonst, dir die Nachricht zu schicken?«

»Stimmt auch wieder.«

Shao stand auf. »Jedenfalls musst du dich darauf einstellen, dass noch etwas auf dich zukommt. Oder sogar einiges. Man hat dir einen neuen Fall angekündigt.«

»Der dann mit Mönchen zu tun hat, die sich in Skelette verwandeln. Oder wie?«

»Waren es wirklich Mönche?«, erkundigte sich Shao.

»Wieso nicht?«

»Es können auch weibliche Personen gewesen sein. Welche, die eine Tracht trugen.«

»Nonnen!«

»Ja, genau.«

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Das erschien mir alles zu weit hergeholt zu sein. Mönche oder Nonnen auf dem Bildschirm, die einen Reigen tanzten und sich dann in Skelette verwandelten, bevor sie sich auflösten. Das war irgendwie nicht mein Ding. Auf der anderen Seite hatte ich einfach schon zu viel erlebt, um darüber lächeln zu können. Eine derartige Nachricht verschickte man bestimmt nicht ohne Grund.

Shao stellte eine Frage, über die ich auch bereits nachgedacht hatte: »Was willst du jetzt unternehmen?«

Ich musste leise lachen. »Was sollte ich denn unternehmen?«

»Keine Ahnung. Ich frage dich doch.«

»Tut mir leid, das weiß ich nicht. Ich kann dem Absender keine Mail zurückschicken, weil ich ihn nicht kenne. So gern ich das natürlich getan hätte. Demnach bleibt mir nichts anderes übrig, als gar nichts zu tun.«

»Das sagst ausgerechnet du.«

Ich schaute Suko an. »Hast du eine bessere Idee?«

»Im Augenblick nicht.«

»Eben.« Ich ging wieder zurück ins Wohnzimmer und setzte mich auf einen der Stühle. Erst als Shao und Suko ebenfalls saßen, fing ich an zu reden. »Es kann ein Scherz sein, obwohl ich daran nicht glaube. Ich denke eher, dass es so etwas wie ein Anfang ist. Man will mich locken, man will mich gespannt machen. Ich soll nachdenken und grübeln, was es wohl sein könnte. Man will mich irritieren und zugleich misstrauisch machen. Kann sein, dass man mich auch nervös machen will. Ich rechne jedenfalls mit allem.«

»Und auch damit, dass du noch weitere Nachrichten über meinen Computer bekommst.«

»Genau, Shao. Es könnte so sein. Muss aber nicht. Nur will ich es nicht ausschließen.«

»Es ist ein Anfang«, erklärte Suko sehr betont und nickte dazu. »Der Anfang von etwas, das uns in der Zukunft sicherlich interessieren wird. Wobei ich mich schon jetzt frage, wie weit diese Zukunft noch von uns entfernt ist. Tanzende Mönche oder Nonnen, die sich zu Skeletten auflösen. Welchen Sinn soll man dahinter sehen? Für mich ist es eine Botschaft. Ich werde mich um sie kümmern müssen oder werde von anderer Seite dazu gezwungen.«

»Das sehe ich eher«, meinte Shao.

Ich hob die Schultern an. »Es gab keinen weiteren Hinweis als nur die tanzenden Figuren. Das ist einfach zu wenig. Auch für die andere Seite.«

»Dann bin ich auf die zweite Nachricht gespannt«, sagte Shao lächelnd.

»Ich ebenfalls.« Mit beiden Händen stützte ich mich auf der Tischplatte ab und stand auf. »Ich will euch nicht länger stören und ziehe mich wieder in meine Höhle zurück.«

»Kann man dich wecken, John, wenn eine weitere E-Mail eintrifft?«

»Immer.« Ich tippte Shao an. »Wenn jemand etwas von mir will, soll er sich auf eine andere Art und Weise melden. Er kann mich anrufen oder mir einen normalen Brief schicken. Das ist mir lieber.«

»So was musst du ihm selbst sagen.«

»Klar, und dann grüße ich ihn von dir. Gute Nacht oder noch einen schönen Abend, ihr zwei.«

Ich verließ die Wohnung der beiden Freunde und fand mich wenig später in meiner eigenen wieder.

Bei Shao und Suko hatte ich mich recht lässig und locker gegeben. Tief in meinem Innern sah es anders aus. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Eine derartige Nachricht verschickt man nicht zum Spaß. Da steckte etwas dahinter. Damit sollte etwas angedeutet und in Bewegung gebracht werden.

Aber was?

Ich hatte keine Möglichkeit, es aufzuklären. Aber ich war überzeugt, dass es nicht die letzte Nachricht war, die mich erreicht hatte. Ich fragte mich, ob alle weiteren auf dem gleichen Weg an mich abgeschickt wurden.

In derartigen Situationen verließ ich mich immer auf mein Gefühl. Genau das sagte mir, dass sich in der folgenden Nacht durchaus noch etwas ändern konnte.

Irgendjemand wollte etwas von mir. Aber wer?

Der Weg zur Kirche war nicht weit, aber dunkel, denn es gab hier keine Laterne, die ihr einsames Licht verstreut hätte. Wäre der blasse Mond nicht gewesen, hätte man die Umgebung wirklich als stockfinster bezeichnen können. So aber gab es noch hellere Flecken, die sich auf dem Boden abmalten.

Das Buschwerk und die Bäume erhielten in diesem fremden Licht einen etwas unheimlich anmutenden Glanz. Zumindest Doro, die auch in der Nacht des Öfteren den Weg gegangen war, fiel diese Szenerie auf. Sie hatte sich darüber nie Gedanken gemacht. In diesem Fall allerdings fühlte sie sich schon irgendwie bedroht, und aus diesem Grund hielt sie auch die Hand ihres Mannes fest.

Nach dem Verlassen des Hauses hatten sie nichts mehr gehört. Allein die nächtliche Stille umgab sie, und Doro Newton empfand sie in dieser Lage als bedrückend.

Eine frische Märzluft umwehte sie. Sie war nicht unbedingt kalt. Die Nähe des Frühlings war irgendwie zu ahnen, aber damit beschäftigten sich die Gedanken der blondhaarigen Pfarrersfrau nicht. Sie musste immer an die Geräusche denken, von denen sie aus dem Schlaf gerissen worden war. Sie waren auf der einen Seite fremd und auf der anderen irgendwie bekannt gewesen. Sie hatten sich tatsächlich angehört wie ferne Schüsse, nur irgendwie gedämpft. Durch Mauern oder Wände vielleicht, wie sie bei einer Kirche vorhanden waren.

Schüsse in der Kirche!

Als Doro daran dachte, bekam sie eine Gänsehaut. Für sie war die Kirche noch das alte Gotteshaus, wie man es früher ansah, und kein Raum, in dem geschossen wurde. Das wollte sie einfach nicht akzeptieren.

Allerdings sah sie auch den Realitäten ins Auge. Sie hatte genug in den Gazetten über Entweihungen von Kirchen gelesen. Vielen Menschen fehlte der Respekt vor den Gotteshäusern. Kirchen wurden für Schwarze Messen missbraucht und sogar angezündet. Das gab es alles, denn den menschlichen Perversitäten waren keine Grenzen gesetzt.

Erwin Newton merkte das Zittern ihrer Hand und zog sie noch enger an sich.

»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Doro. Das werden wir schon klären.«

»Ich kann es nur hoffen.«

»Was gibt es schon in einer Kirche zu holen? Gerade in einer wie der unsrigen. Wir haben keine wertvollen Kunstschätze, Figuren, Bilder, was weiß ich. Und Bänke will der Dieb wohl nicht mitnehmen. Was sollte er damit anfangen, und wie sollte er sie transportieren?«

»Das weiß ich alles, Erwin. Trotzdem bin ich misstrauisch.«

»Jedenfalls habe ich bisher noch nichts Ungewöhnliches gesehen.«

Da stimmte Doro mit ihrem Mann überein. Der Bau lag unverändert vor ihnen. Auch in der Dunkelheit konnten sie davon ausgehen, dass sich bei ihm nichts verändert hatte. Sie kannten dieses Bild beide zur Genüge. Es war irgendwie schaurig-schön, wenn die Wolken sich am Nachthimmel abzeichneten und wie Ungeheuer über der Kirche lagen.

Vor dem Eingang gab es einen freien Platz. Vor kurzem erst waren dort halbrunde Sitzbänke aus Stein hingestellt worden. Hier konnten sich Menschen ausruhen und die Kirche betrachten. Aber es wurden auch Gemeindefeste auf dem Platz gefeiert. Er war für alle ein Ort der Begegnung. In dieser Nacht allerdings kam er Doro Newton unheimlich vor, als würde er aus dem Dunkel des Alls bedroht.

Sie gingen auf die Kirchentür zu. Immer wieder schauten sie zu den Seiten hin, um etwas Ungewöhnliches zu entdecken, das auf die Geräusche hingewiesen hätte. Es gab einfach nichts.

Die beiden gingen auf das Portal der Kirche zu. Sie nannten es nur Portal, weil es sich besser anhörte. Tatsächlich wurde der Eingang durch eine große Tür gebildet, die relativ hoch war und sich in ihrer Farbe dem Bauwerk aus Backsteinen anpasste. Sie hatten die Tür noch nicht erreicht, als der Pfarrer stehen blieb und auch seine Frau zurückhielt.

»Da stimmt was nicht!«, stieß er hervor.

»Wieso?«

»Die Tür!«

Doros Blick war mehr über die Fenster an der Vorderfront des Kirchenschiffes geglitten. In der Dunkelheit wirkten sie auf sie wie schmale, unheimliche Tore, die in andere Welten führten. Das Glas der Scheiben war in der Dunkelheit kaum zu erkennen, und sie waren auch noch alle heil, sodass sie schon hatte aufatmen wollen.

Nun dachte sie über die Worte ihres Mannes nach. Er hatte noch bessere Augen als sie und festgestellt, dass die Eingangstür nicht verschlossen war.

»Sie steht offen!«, flüsterte Doro.

»Genau das meine ich.«

»Du bist zuletzt in der Kirche gewesen.«

»Stimmt genau.«