John Sinclair Sonder-Edition 247 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 247 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Der Mann lebte noch, als wir ihn, in seinem Auto liegend, fanden. Er hatte den Oberkörper eines Menschen und den Unterleib einer Schlange.
Suko und ich waren entsetzt. Bevor der Mann sich später in eine Riesenschlange verwandelte, entlockten wir ihm noch einen Tipp. Er sprach von den Schlangenküssen und von einer geheimnisvollen Frau, die eine Sekte gegründet hatte. Aber auch sie war nur Mittel zum Zweck, denn in Aibon, dem Paradies der Druiden, versuchte der mächtige Dämon Guywano durch einen Schlangenzauber das Land unter seine Kontrolle zu bringen.
John Sinclair und Suko stellten sich der Brut entgegen, nicht ahnend, wie tödlich Schlangenküsse sein können ...

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Seitenzahl: 195

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Schlangenküsse

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Schlangenküsse

von Jason Dark

Als wir den Mann in seinem Auto entdeckten, lebte er noch. Doch der Anblick schockierte uns: Sein Oberkörper war menschlich, sein Unterleib glich dem einer Schlange. Suko und ich waren entsetzt. Bevor er sich später vollständig in eine gewaltige Schlange verwandelte, gab er uns noch einen entscheidenden Hinweis. Er sprach von den »Schlangenküssen« und erwähnte eine geheimnisvolle Frau, die eine Sekte gegründet hatte. Doch auch sie diente nur als Werkzeug, denn im verborgenen Aibon, dem Paradies der Druiden, plante der mächtige Dämon Guywano, mit einem finsteren Schlangenzauber das Land zu beherrschen.

Ohne zu wissen, wie tödlich die Schlangenküsse sein würden, stellten Suko und ich uns der bedrohlichen Brut entgegen ...

Das Gesicht hinter der Scheibe sah nicht nur aus wie plattgedrückt, es war bei ihm tatsächlich der Fall.

Der Mann im Auto hatte den Mund weit aufgerissen. Verzweiflung und auch Angst prägten seine Züge. Eine Zunge leckte in bestimmten Abständen über das Glas der Scheibe und hatte bereits feuchte Flecken hinterlassen.

Der Wagen stand im Hyde Park. Fast wäre er in einen der Teiche gefahren. Die Reifen hatten auf dem Rasen Spuren hinterlassen, die aussahen wie dunkle Schienen.

Zwei Polizisten hatten das Auto und den Fahrer entdeckt. Beide Männer waren ratlos. Sie waren zunächst um das Fahrzeug herumgegangen und hatten sich noch nicht getraut, eine der Türen aufzuziehen. Sie wussten nicht, wie sie das Verhalten des Insassen einschätzen sollten. Bisher hatte sich der Mann immer nur bewegt und sein Gesicht gegen die innen feuchte Scheibe gedrückt.

Das änderte sich.

Er begann zu schreien.

Aber er schrie nicht nur einfach. Sein Mund bewegte sich dabei in einem bestimmten Rhythmus, und so bekamen die zuschauenden Polizisten mit, dass er ihnen etwas sagen wollte.

»Wir müssen die Tür öffnen!«

»Okay!«

Noch traute sich niemand. Sie schauten sich zuvor um. Das Wetter lud nicht eben dazu ein, einen Spaziergang im Hyde Park zu unternehmen. Es war trüb, kühl, in der Nacht hatte es geregnet, und die Feuchtigkeit hatte sich überall abgesetzt.

Der Ältere der beiden fühlte sich verantwortlich.

»Okay«, meinte er schließlich, »ich mache es!«

»Gut.«

Der Mann trat dicht an den Chrysler heran. Ihm war unwohl. Er rieb seine Hände und glaubte, einen Kloß im Hals zu haben. Viel konnte er nicht erkennen, da die Scheiben von innen beschlagen waren. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Sie waren die Hüter der Ordnung und mussten eingreifen.

Weshalb der Mann sein Fahrzeug nicht normal verließ, wusste der Bobby nicht. Die Türen waren nicht verriegelt, und so fasste er sich endgültig ein Herz und zerrte die Tür an der Beifahrerseite auf.

Er sah den Mann. Er sah aber noch mehr. Sein Verstand weigerte sich, das aufzunehmen. Er schüttelte den Kopf, hörte sich selbst ächzen und wich automatisch zurück.

Aber er hörte noch etwas anderes, denn der Mann schrie ihm durch die offene Tür etwas zu.

»Holt den Geisterjäger! Holt John Sinclair, den Geisterjäger ...«

Alarm am späten Vormittag!

So ähnlich musste ich den Anruf auffassen, der mich im Büro erreicht hatte. Da gab es nicht viel zu sagen und zu diskutieren. Ich hatte mich sofort in den Rover geschwungen, um in den Hyde Park zu fahren. Allerdings nicht allein, Suko begleitete mich. Das Blaulicht auf dem Dach drehte sich und umgab uns mit seinen Reflexen. Die Bahn vor uns wurde einigermaßen frei, und wir würden auch in Rekordzeit das Ziel erreichen.

Wir wussten nicht genau, worum es ging. Der uniformierte Kollege hatte eine unglaubliche Entdeckung gemacht und von einem Mann gesprochen, der zugleich ein Monster war und der nach dem Geisterjäger John Sinclair verlangt hatte.

Ich glaubte nicht, dass es ein Witz war oder dass uns jemand reinlegen wollte. Der Kollege hatte auch nichts getrunken, und die Angst in seiner Stimme hatten wir deutlich hervorgehört. Es gibt Straßen, die durch den Park führen. Wir fuhren an der Ostseite hinein, nicht weit vom Green Park. Dort kämpften wir uns durch den dichten Kreisverkehr, bei dem auch unser Blaulicht nicht viel brachte. Hier war mal wieder alles verstopft, aber letztendlich gab es doch Lücken, durch die wir uns schieben konnten.

Der Kollege hatte von einem Teich gesprochen, an dem wir ihn finden konnten. Es war nicht das große Gewässer, das ›The Serpentine‹ genannt wird, sondern eines der kleinen, die sich an verschiedenen Stellen des Parks verteilen.

Da ich diesmal fuhr, hielt Suko per Handy mit dem Kollegen Kontakt. Der Mann hieß Burt Miller und gab seine Meldungen durch. So waren wir genau darüber informiert, was im Park weiterhin geschah. Zunächst mal nichts. Die Lage hatte sich nicht verändert. Abgesehen davon, dass der Mann zwischendurch wieder nach dem Geisterjäger gerufen hatte. Ansonsten war alles normal geblieben.

Suko erklärte dem Kollegen auch, wo wir uns befanden, und so konnte uns der Mann in die Nähe der Fundstelle dirigieren. Kurz vor dem Ziel mussten wir allerdings einen normalen Weg verlassen und quer über den Rasen fahren. Das taten wir drei Minuten später. Da hatte Suko sein Handy bereits weggesteckt. Wir erkannten, dass schon ein anderes Fahrzeug über den Rasen gefahren war, denn die Spuren waren einfach nicht zu übersehen.

Wir sahen auch schon den Kollegen, der mit beiden Armen winkte. Ich konnte mir vorstellen, dass er mehr als erleichtert war, wenn wir ihm die Arbeit abnahmen.

Dicht neben ihm kam unser Rover zum Stehen. Das Blaulicht verschwand wieder im Innern, dann erwischten uns die schweren Atemzüge des Mannes, der noch immer unter dem Eindruck des Erlebten stand und sogar einen Schock bekommen hatte. Im Hintergrund wartete sein jüngerer Kollege. Er hatte sich gegen einen Baumstamm gelehnt und sah sehr blass aus.

»Burt Miller?«, vergewisserte ich mich.

»Ja, Sir.«

»Hat sich etwas verändert?«

»Nein.« Er wies auf den Chrysler, und sein Gesicht unter dem Helm bekam wieder eine Gänsehaut.

»Okay, danke. Dann schauen wir uns den Typen mal an.«

»Typ ist gut.«

»Wieso?«

»Sir, das müssen Sie sich selbst ansehen. Mehr möchte ich Ihnen nicht sagen.«

»Alles klar.«

Da alle Scheiben des Chryslers beschlagen waren, hatten wir Mühe, überhaupt einen Blick in das Fahrzeug zu werfen. Suko und ich traten dicht heran, bückten uns, aber es war nichts zu erkennen. Abgesehen davon, dass sich ein Mensch im Fahrzeug aufhielt.

Er hockte geduckt auf dem Fahrersitz und hatte die Arme um den Körper geschlungen. Sein Kinn war gegen die Brust gesenkt, und er schaute auch nicht auf die Scheibe.

»Was sagst du dazu?«, fragte ich meinen Freund und bückte mich noch tiefer.

»Zunächst mal nichts.«

Ich wartete noch mit dem Aufziehen der Tür. Hinter meinem Rücken hörte ich das heftige Atmen des Kollegen, der noch immer unter großem Druck stand.

Der Insasse hatte nach uns verlangt. Jetzt waren wir da, aber er kümmerte sich nicht um uns. Er schien eingeschlafen zu sein. Zumindest deutete seine Haltung darauf hin.

Ich klopfte gegen die Scheibe.

Keine Reaktion, denn der Mann veränderte seine Haltung nicht. Als auch nach einem weiteren Klopfen nichts geschah, zog ich endlich die Tür mit einem heftigen Ruck auf. Ich war auf alles gefasst. Ein Angriff konnte urplötzlich durch ihn erfolgen oder durch etwas Fremdes, das sich in seinem Wagen versteckte.

Das passierte nicht. Bisher hatten wir noch keinen Grund für unser Eingreifen erlebt.

Der Mann hob nicht mal den Kopf, als die frische Luft in den Wagen drang. Er schien wirklich eingeschlafen zu sein, doch das wollte ich nicht akzeptieren.

Wir schauten ihn an. Die Tür stand weit genug auf, um auch Suko freien Blick zu gewähren.

Im ersten Augenblick war an dem Menschen nichts Auffälliges zu sehen. Ich dachte schon an einen Fehlalarm, denn der Fahrer besaß einen normalen Kopf, auch einen Oberkörper und ...

Dann aber hielt ich den Atem an. Mein Blick war weiter nach unten geglitten.

Auch Suko konnte seine Überraschung nicht an sich halten. So etwas passierte bei ihm nicht oft.

»Das ist unmöglich«, flüsterte er.

Ich sagte nichts, doch auf meine Haut hatte sich eine zweite gelegt, und ich spürte das Kribbeln am gesamten Körper, während sich mein Magen leicht zusammenzog.

Der Mann war normal.

Aber nur bis zur Hüfte oder ein kurzes Stück darüber hinweg. Von dort aus besaß er den Körper einer dicken Schlange ...

Ich konnte jetzt verstehen, warum der Kollege so außer sich war. Auch mich traf der Anblick schockartig, und meinem Freund Suko erging es nicht anders.

Wir mussten zweimal hinschauen, um zu erkennen, was da ab der Hüfte nach unten wuchs. Das war ein dicker, schuppiger Gegenstand, der tatsächlich die Form einer Schlange aufwies. Beim ersten Hinschauen hätte man noch an einen Fischschwanz denken können. Da wäre er eine männliche Meerjungfrau gewesen. Aber das traf nicht zu. Es war der Körper einer verdammt dicken Schlange, vergleichbar mit einer Betonsäule, aber trotzdem irgendwie anders.

Von der Farbe her war der Schlangenkörper dunkel. Bei genauem Hinsehen allerdings waren Farbunterschiede auszumachen. So schimmerten die Schuppen in Nuancen zwischen Grün und Grau. An einigen Stellen leuchteten sie auch türkisfarben auf.

Der Mann, der diesen ungewöhnlichen und auch unglaublichen Unterkörper besaß, war noch immer nicht ansprechbar. Er hatte auch seine Haltung nicht verändert und den Kopf nicht in die Höhe gereckt. Er blieb wie erstarrt hocken. Es war nicht mal sicher, ob er uns überhaupt bemerkt hatte.

Ich drückte die Tür wieder zu. Bevor ich den Versuch einer Ansprache unternahm, musste ich mich erst fassen. Langsam drehte ich mich um, und mein Blick fiel dabei auf Burt Miller.

Der Mann schwitzte. Sein Gesicht sah so blass aus wie kaltes Hammelfett. Die Lippen zitterten, und er schaute mich aus großen Augen an.

»Kennen Sie ihn, Mr. Miller?«

»Nein, Sir, der ist mir völlig unbekannt. Mein Kollege und ich waren auf Streife. Da haben wir gesehen, wie der Fahrer die Straße verließ und quer über den Rasen fuhr. Ich dachte schon, dass er hier in den Teich fahren wollte. Es gibt schließlich genügend Verrückte, aber das war nicht der Fall. Er stoppte zuvor ab. Wir sind dann hingegangen und haben ihn erst in seinem Auto beobachtet. Er machte auf uns einen völlig konfusen Eindruck.« Der Bobby legte eine kurze Pause ein. Er strich über seinen Helm, verdrehte die Augen und schaute zum Himmel. Erst dann sprach er: »Nun ja, dann haben wir uns getraut, die Tür zu öffnen, und sahen, was er wirklich war. Er hat auch nach Ihnen gerufen. Nach John Sinclair, dem Geisterjäger. Ich habe schon von Ihnen gehört, Sir, und so habe ich Ihnen auch Bescheid gegeben.«

»Das war gut.«

Burt Miller hob seine Schultern. »Wie gesagt, ich hätte Ihnen gern geholfen, aber es ist leider nicht möglich. Dieser Mensch ist mir völlig unbekannt. Wissen Sie, ich frage mich, wie er es überhaupt geschafft hat, mit einem derartigen Unterkörper sein Auto zu fahren. Das kann ich mir nicht vorstellen.«

»Wir auch nicht«, sagte Suko, »wenn es Sie beruhigt.«

»Nein, kaum. Ich weiß nicht, was ich meinen Vorgesetzten sagen soll. So etwas kann es auf der Welt gar nicht geben. Das ist der reine Irrsinn.«

»Sie werden keine offizielle Meldung machen«, riet Suko ihm. »Das werden wir übernehmen.«

Er bekam große Augen. »Sie meinen ... Sie meinen, dass ich mich zurückhalten soll?«

»Ja. Alles, was zu tun ist, werden wir übernehmen.«

»Gut, danke. Da bin ich beruhigt.«

Die Gegend war bei diesem Wetter zwar nicht besonders belebt, doch einige Menschen waren schon aufmerksam geworden und hatten einen Ring um uns gebildet. Ein Auto, das mitten auf dem Rasen und dicht vor einem Teich stand, ist auch im Hyde Park etwas Ungewöhnliches. Zudem, wenn sich in seiner Nähe Polizisten aufhielten.

»Was schlägst du vor, John? Lassen wir ihn abholen?«

»Später. Ich möchte zuvor ein paar Sätze mit ihm reden, wenn es möglich ist.«

»Tu dein Bestes.«

Noch war ich skeptisch. Ich hatte beim ersten Hinschauen nicht mal feststellen können, ob dieser Mann mit dem Unterkörper einer Schlange verletzt war. Zumindest war mir kein Blut aufgefallen. Das ließ schon hoffen.

Wie war es möglich, dass ein Mensch plötzlich den Unterkörper einer Schlange bekam? Diese Frage quälte mich. Ich wusste selbst, dass ich mir keine Antwort geben konnte, die würde ich hoffentlich von dem Mann erfahren, der nach mir verlangt hatte.

Er kannte mich.

Aber ich kannte ihn nicht. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Ich hatte zwar nicht viel von seinem Gesicht gesehen, aber das erste Hinschauen hatte mir nichts gebracht.

Suko blieb in meiner Nähe, als ich zum zweiten Mal die Tür des Autos öffnete. Der Mann saß noch immer in der gleichen Haltung hinter dem Lenkrad und wirkte wie fest eingeschlafen. Auch sein Kopf war nicht in die Höhe geruckt, sodass ich so gut wie nichts von seinem Gesicht erkannte.

Die Scheiben waren nicht mehr so stark beschlagen. Im Wagen roch es nach kaltem Moderwasser. Zumindest hatte ich den Eindruck. Ich streckte meinen Kopf vor und war beruhigt, als ich den Mann atmen hörte. Er war nicht tot, möglicherweise bewusstlos, aber das würde ich schnell herausfinden.

Ich tippte ihn an.

Sein Körper schaukelte etwas nach, wurde aber vom Ring des Lenkrads gehalten.

Mein zweiter Griff war härter. Da umspannte ich mit der Hand die rechte Schulter und schüttelte ihn durch. Aus seinem Mund drang ein leises Stöhnen. Für mich war es ein erster Erfolg. Ich schüttelte ihn noch einmal und schaffte es, dass er seinen Kopf langsam anhob, sodass ich sein Gesicht sah.

Nein, den Menschen kannte ich nicht. Das Gesicht hatte ich noch nie im Leben gesehen. Auch Suko war er fremd, wie er mir flüsternd mitteilte.

Die Haut war ziemlich gebräunt. Blasse, sehr buschige Augenbrauen. Struppige dunkle Haare, eine breite Stirn, zu dem auch der breite Mund und die breite Nase passten. Er war kein schöner Mensch, aber wer ist das schon.

Die Augen hielt er geschlossen, was mir nicht gefiel. Schließlich hatte er mich sprechen wollen, und ich schüttelte ihn erneut durch, wobei ich ihn ansprach.

»He, Mister, ich bin es. Ich, John Sinclair, der Geisterjäger. Sie haben nach mir verlangt.«

Wieder hörte ich nur das Stöhnen. Dann allerdings öffnete er die Augen. Für ihn gab es keine Chance. Er musste mich einfach anschauen, da ich zu dicht in seiner Nähe war.

Der Blick war da, aber irgendwie trotzdem nicht vorhanden. Er schien ins Leere zu blicken, und ich sah, dass seine Augen hellgrau waren.

»Bitte, Mister, ich ...«

Er bewegte seine Lippen. »Sinclair?«

»Ja.«

»Das ist gut.«

»Meine ich auch. Deshalb sollten wir uns unterhalten.«

Er quälte sich. Das sah ich seinem Gesicht an. Er bewegte den Kopf, er saugte durch den offenen Mund den Atem ein. »Es fällt mir so schwer«, flüsterte er. »Es ist alles nicht so einfach. Ich bin zu einem anderen geworden. Das Gift in mir. Ich ... ich ... wollte es nicht, aber ich konnte mich nicht wehren. Die verdammten Schlangenküsse sind einfach zu stark. Viel zu stark.«

»Wie heißen Sie?«

»Mason Carter ...«

Schon bei dieser kurzen Antwort wurde seine Stimme immer leiser. Sie sackte schließlich weg, und der Kopf des Mannes fiel auch wieder nach unten, sodass ich auf sein Haar schaute und nicht mehr in sein Gesicht.

Er war wieder in den gleichen Zustand hineingefallen, in dem ich ihn kennengelernt hatte. Ich schloss die Tür wieder, nachdem ich einen letzten Blick auf den Unterkörper geworfen hatte.

Suko telefonierte bereits. Was jetzt ablief, gehörte zur Polizeiroutine. Der Mann musste abgeholt und untersucht werden. In einem Krankenhaus und an einem Ort, an den keine Fremde hinkamen. Auch die Ärzte würden zum absoluten Stillschweigen verpflichtet werden. Die beiden Polizisten vergatterten wir extra, und sie nickten. Dabei versprachen sie, dass kein Wort über ihre Lippen dringen würde.

Während wir auf den Krankenwagen warteten, versuchte Suko die Aussage des Veränderten zu analysieren. »Er sprach von einem Gift und von Schlangenküssen, John.«

»Das habe ich auch gehört.«

»Kannst du dir darauf einen Reim machen?«

Ich wollte lachen, aber das blieb mir im Hals stecken. »Nein, tut mir Leid, kann ich nicht. Wir müssen erst mal glauben, dass ihn eine Schlange geküsst und dabei ihr Gift verspritzt hat. Ein Gift, das ihn nicht tötete, sondern veränderte und zu einer Gestalt werden ließ, über die ich gar nicht erst nachdenken will.«

»Das ist alles klar«, gab Suko mir recht. »Mich wundert nur, dass er deinen Namen kannte.«

»Klar. Man kennt mich eben«, sagte ich ironisch. »Nur schade, dass ich seinen Namen nicht kannte. Er heißt Mason Carter. Hast du von ihm schon gehört?«

»Habe ich leider nicht. Ich kenne ihn auch nicht vom Ansehen. Dieser Mann ist mir ein Rätsel.«

»Ja«, sagte ich leise, »bisher noch.« Ich drehte mich und warf einen Blick auf den Chrysler.

Hinter der Scheibe malte sich der Umriss des rätselhaften Menschen ab. Für mich stand fest, dass uns dieser Fall noch einiges an Ärger bringen würde. Und auch jede Menge Rätsel ...

Zwei Stunden später saßen Suko und ich dort, wo wir beide nie gern waren: in einem Krankenhaus. Wir hatten den Mann zu einem Professor gebracht, der ab und zu für Scotland Yard arbeitete und von dem wir wussten, dass er verschwiegen war.

Mittlerweile wusste auch Sir James Powell Bescheid, in was wir da hinein geraten waren. Und er hatte sich ebenso konsterniert gezeigt wie wir.

Der Raum, in dem Mason Carter untersucht wurde, war abgeschirmt worden. Ein aufgestelltes Schild im Gang wies darauf hin, dass es auch für das Krankenhauspersonal von diesem Punkt an nicht mehr weiterging. Aber es gab Ausnahmen, und das waren Suko und ich. Wir hielten uns jenseits des Schildes auf, hockten auf einer Bank und hingen unseren Gedanken nach.

Das heißt, ich dachte mehr an den Fall. Suko nutzte die Gunst der Stunde und entspannte sich. Er hielt die Augen geschlossen. Seine ruhigen Atemzüge verrieten mir, dass er eingedöst war.

Das lange Warten und das Sitzen auf der Bank waren auch nicht mein Fall. Deshalb stand ich auf und ging mehrmals hin und her. Immer bis zur Absperrung und wieder zurück. Es war für mich schrecklich, auf das Ergebnis warten zu müssen, aber gewisse Tests nehmen nun mal Zeit in Anspruch. Dagegen konnte auch ich nichts tun. Das Handy hatte ich ausgeschaltet, wie es in einem Krankenhaus Vorschrift ist.

Weshalb hatte der mir unbekannte Mann ausgerechnet nach mir verlangt? Das war die große Frage. Ich kannte ihn nicht, aber er kannte mich, aus welchen Gründen auch immer. Er trug auch keine Papiere bei sich, anhand derer wir mehr über ihn hätten erfahren können. Nein, da war nichts. Es gab nur ihn und seinen verdammten Schlangenkörper.

War er damit Auto gefahren?

Wahrscheinlich. Aber er hatte es nur bis zu einem bestimmten Punkt geschafft und wäre beinahe in diesem Teich gelandet. Im letzten Moment hatte das Fahrzeug noch gestoppt.

Die Rätsel blieben, und ich würde sie nicht ohne Carters Aussage lösen können. Seinen Namen hatte ich zwar unserer Fahndung durchgegeben, doch bisher kein Ergebnis gehört.

Ich suchte mir einen Ort im Krankenhaus, von dem offiziell telefoniert werden konnte.

Ich kroch unter eine Haube der Telefonkabine und rief die Kollegen von der Fahndung an. In der Nähe stand eine Sitzgruppe. Zwei Männer hatten es sich dort bequem gemacht und schauten zu mir herüber.

»Ach, ich wusste, dass Sie es sind, Mr. Sinclair.«

»Und? Schon einen Erfolg gehabt?«

»Ja und nein.«

»Hört sich nicht schlecht an.«

»Mason Carter hat sich zwar nichts zu Schulden kommen lassen, aber er ist trotzdem registriert. Er hat mal für uns gearbeitet. Sogar ganz offiziell. Mit Pensionsanspruch und so. Er ist dann nach drei Jahren aus dem Dienst ausgeschieden.«

»Kennen Sie die Gründe?«

»Nein, keine genauen. Ich habe mich erkundigt. Carter ist nicht rausgeworfen worden. Er ging aus eigenem Wunsch, weil er sich einen anderen Job ausgesucht hatte.«

»Welchen?«

»Sorry, Kollege, da bin ich überfragt.«

»Danke, Sie haben mir trotzdem weitergeholfen.«

»Freut mich.«

Jetzt wusste ich zumindest, woher Mason Carter meinen Namen kannte. Er war mal ein Kollege gewesen und dann seine eigenen Wege gegangen, die ihn zu einem Ziel geführt hatten, mit dem er sicherlich nicht gerechnet hatte.

Ich ging wieder zu Suko zurück, der inzwischen wach geworden war und mich von seinem Sitzplatz her anschielte.

»Hast du was erreicht?«

Ich ließ mich neben ihn fallen. »Sieht man mir das an?«

»Das nicht gerade, aber ich kann es mir schon vorstellen.«

»Wie man's nimmt. Jetzt weiß ich zumindest, woher er mich kennt.« Suko erfuhr, was auch ich erfahren hatte, und er zeigte sich nicht eben begeistert.

»Ob uns das weiterhilft, ist fraglich.«

»Du sagst es.«

»Hier ist alles ruhig geblieben.«

Ich blickte auf die Uhr. »Der Professor lässt sich Zeit.«

»Sei froh, Alter. Etwas zu übereilen bringt auch nichts. Lass ihn mal machen.«

So blieb uns nichts übrig, als zu warten. Allerdings nicht mehr lange, denn wir sahen, wie rechts von uns eine Tür geöffnet wurde und ein kleiner Mann im weißen Kittel heraustrat. Er schaute nachdenklich zu Boden, bevor er dann in unsere Richtung ging. Wir erhoben uns und konnten dem kleinen Professor auf den Kopf schauen, der von einer dünnen Haardecke belegt war.

Der Mann hatte ein schmales Gesicht und sah irgendwie ungesund aus. Unter den Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Er schob die Unterlippe vor und ließ die Hände in den Taschen des weißen Kittels verschwinden.

»Eigentlich hätte ich ja heute und morgen frei gehabt, Gentlemen, aber Sie sind mir dazwischengekommen. Ich will mich nicht darüber beschweren, denn was ich gesehen habe, das war ...«, er suchte nach Worten, »soll ich sagen, ein Schock?«

»Das überlassen wir Ihnen.«

»Tja, Sie sagen das so einfach, Mr. Sinclair, aber ich stehe vor einem Rätsel. Ich kann Ihnen, so bedauerlich das klingt, keine konkrete Antwort geben. Ich könnte jetzt allgemein sprechen und von einer Perversion der Genveränderung reden, aber damit wird Ihnen wohl nicht geholfen sein.«

»Das stimmt.«

»Jedenfalls bin ich überfragt, wie so etwas hat passieren können. Wir haben den Mann untersucht. Seine Körperfunktionen laufen völlig normal ab. Ich meine damit den Puls. Da gibt es wirklich keine Veränderung. Was seine Beine angeht, die ja keine mehr sind, auch dieses Phänomen haben wir untersucht und Proben einer Schnellanalyse unterzogen.«

»Gab es ein Ergebnis?«

»Ja. Schlangenhaut. Ein Schlangenkörper. Schlangenfleisch, wenn Sie so wollen. Passt alles auf eine Schlange. Nur die Dicke nicht.«

»Eine Anakonda«, meinte Suko.

»Ja, gut, sie ist auch dick. Aber nicht so dick wie der Schlangenkörper an den Hüften des Mannes. Ich kann mir nicht vorstellen, was mit ihm geschehen ist.«

»Aber er ist okay?«, hakte ich nach.

»Gesundheitlich schon. Da ist alles bei ihm in bester Ordnung. Nur kann ich mir nicht vorstellen, wie es zu dieser Veränderung gekommen ist. Er ist eine Mutation. Er ist ein Mensch, wie es ihn einfach nicht geben kann und darf. Das ist der Natur ins Handwerk gepfuscht. Ich möchte natürlich, dass er hier in der Klinik bleibt, damit wir ihn unter Kontrolle haben. Sie werden doch nichts dagegen haben, Gentlemen?«

»Nein, nein, auf keinen Fall, Professor. Wir sind froh, wenn wir ihn in ihrer Obhut wissen.«

»Danke.«

»Können wir denn mit ihm reden?«, fragte Suko.

Professor Finley lächelte. »Vor einer Stunde hätte ich Ihnen diesen Wunsch noch abschlagen müssen, doch er hat sich so weit erholt, dass ich nichts dagegen habe.«

»Das ist eine gute Sache.«

»Und Ihnen hat er nichts über sich gesagt?«, erkundigte ich mich bei dem Weißkittel.

»Nein. Wir hatten auch andere Dinge zu tun, als uns mit ihm zu unterhalten.« Finley räusperte sich. »Es spricht nichts dagegen, dass Sie einige Worte mit ihm wechseln. Aber ich möchte gern dabei sein und verspreche Ihnen, dass ich mich im Hintergrund halten werde.«