John Sinclair Sonder-Edition 249 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 249 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Ethan Haycock, reich, verwöhnt, von Beruf Sohn und Partygänger. Ihn und seine Freundin erwischte es eines Nacht, als der Wagen den Geist aufgab. Vier Straßenräuber wollten sie fertigmachen. Fast wäre es ihnen auch gelungen, da tauchten plötzlich die Retter auf. Monsterhafte Kreaturen, die zwei Tote zurückließen und sich vor Ethan verneigten, bevor sie verschwanden.
Ethan lebte. Er atmete auf. Er war der König. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn er war auserwählt worden, den echten König zu erlösen und in der Runde der Rächer zu sitzen. Nur zwei Männer hatten etwas dagegen - Suko und John Sinclair!

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Seitenzahl: 196

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Die Runde der Rächer

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Die Rundeder Rächer

von Jason Dark

Ethan Haycock, reich, verwöhnt, von Beruf Sohn und Partygänger. Ihn und seine Freundin erwischte es eines Nacht, als der Motor seines Wagens in einer miesen Gegend Londons den Geist aufgab. Vier Straßenräuber wollten sie fertigmachen. Fast wäre es ihnen auch gelungen, da tauchten plötzlich die Retter auf. Monsterhafte Kreaturen, die zwei Tote zurückließen und sich vor Ethan verneigten, bevor sie verschwanden.

Ethan lebte. Er atmete auf. Er war der König. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn er war auserwählt worden, den echten König zu erlösen und in der Runde der Rächer zu sitzen. Nur zwei Männer hatten etwas dagegen – Suko und John Sinclair!

Es war genau der falsche Ort, an dem der Motor des Jaguars seinen Geist endgültig aufgab. Ein letztes Knarren noch, das sich anhörte, als hätte jemand Eisenkugeln in ihn hineingeschüttet, dann war es vorbei.

Der Wagen blieb stehen, und sein Fahrer verzog das Gesicht. Er sah aus wie jemand, der soeben einen Schluck aus der Essigflasche genommen hatte.

Ethan Haycock fluchte. Nicht laut, sondern nur flüsternd. Er merkte den plötzlichen Schweißausbruch, hätte am liebsten geschrien und hielt sich nur mühsam zurück, um beide Lippen fest zusammen zu pressen.

»Und jetzt?«, fragte Brenda Kane, die neben ihm saß.

»Es ist Scheiße.«

»Kannst du laut sagen. Außerdem bist du ein Idiot. Sogar ein Vollidiot.«

»Danke!«

»Keine Ursache. Ich habe dir gesagt, fahr nicht hierher. Hier machen sie uns fertig.«

»Hör auf. Es ist nichts passiert.«

»Bis auf den Motor.«

»Ja, verdammt!«

»Hättest du wissen müssen. Warum hat dein Alter den Jaguar immer in der Garage stehen lassen?«

»Weil er auf BMW umgestiegen ist.«

Brenda lachte girrend. »Wie James Bond, wie? Nur ist dein Alter kein James Bond, und du bist es auch nicht. Du kannst auch nicht aussteigen und den Motor reparieren. Du kannst gar nichts, Ethan. Du kannst dein Handy nehmen und jemand anrufen, der kommt, um den Wagen hier abzuschleppen. Das ist alles.«

»Oder auch nicht.«

»Wie meinst du das denn?«

Allmählich wurde Ethan sauer. Der provozierende Tonfall seiner Freundin gefiel ihm ganz und gar nicht. Okay, sie waren hier in dieser beschissenen Gegend stehen geblieben, aber das konnte jedem passieren, der sich auf eine Technik verließ, die fast zwanzig Jahre auf dem Buckel hatte. Außerdem hatte der Wagen bisher keine Probleme gemacht und war immer glatt gelaufen.

»He, sag was!« Brenda grinste. Sie hatte den Kopf nach rechts gedreht, um Ethan anzuschauen. Auf ihren Lippen lag noch immer dieser Ich-habe-es-dir-ja-gleichgesagt Ausdruck, und der brachte das Blut des Fünfundzwanzigjährigen allmählich zum Kochen.

»Ich brauche keinen, der die Karre repariert. Wir steigen aus und gehen zu Fuß.«

»Wie bitte?« Brenda legte eine Hand gegen ihr Ohr. »Was hast du da gesagt?«

»Zu Fuß.«

»Du bist ein Arsch.«

»Danke, selbst.«

Brenda drehte durch. Sie ballte die Hände zu Fäusten und begann zu toben.

»Nein, nein, nein!«, kreischte sie. »Das kannst du mit mir nicht machen, verflucht! Ich habe keine Schuhe an, in denen ich richtig laufen kann. Du glaubst doch nicht, dass ich barfuß durch diese Scheiß-Gegend hier laufe.«

»Zur Not musst du das.«

»Und komme mit blutenden Füßen an, wie?«

»Meine Schuhe sind dir zu groß.«

»Erzähl keinen Mist, Mensch. Das hier ist keine Comedy, sondern ein London, wie ich es zum Kotzen finde. Nur Prolls und kaputte Typen, die hier leben. Die warten doch auf so ein Pärchen, wie wir es sind. Toller Schlitten, wenn auch alt. Schicke Klamotten. Kreditkarten, vielleicht noch eine Prise Koks, das ist was für die.«

»Du hast recht.«

»Womit?«

»Mit allem. Hast du nicht geschnupft?«

Brenda winkte ab. »Kaum der Rede wert.«

»Aber du bist überdreht.«

Die Antwort hatte ihr nicht gefallen. Wieder stieß sie ein schrilles Lachen aus.

»Wieso bin ich überdreht?«

»Weil du nicht ruhig geblieben bist. Schon auf der Party warst du kaum zu halten.«

»Du weißt genau, dass ich ausflippe, wenn ich Madonna höre. Sie ist eben einfach megasuper.«

Ethan sagte nichts. Auch er ärgerte sich über die Panne. Sie hingen zudem in einer Gegend fest, durch die sie eigentlich nicht hätten zu fahren brauchen, aber sie hatten unbedingt die Abkürzung nehmen wollen. Außerdem war Brenda gut drauf gewesen. Sie wollte diese Ecke im Norden der Stadt mal kennenlernen und durchfahren. Dort hatte es in der letzten Zeit immer Zoff gegeben.

Streit zwischen Farbigen und den Bullen, der eskaliert war, sodass zum Schluss die Autos zu Fackeln geworden waren und Menschen aufeinander einschlugen wie im Krieg.

Der Jaguar hatte seinen Geist in einer Straße aufgegeben, in der noch die Folgen zu sehen waren. Die Demonstranten hatten Pflastersteine aus dem Belag gerissen und ihre Gegner damit beworfen. Die Lücken waren nur notdürftig geflickt worden. Man hatte sie kurzerhand mit Sand zugeschüttet.

Es sah alles andere als gut für die beiden aus. Ethan schossen einige Möglichkeiten durch den Kopf. Er konnte per Handy einen Freund anrufen, der kam, um sie abzuholen. Wäre alles kein Problem gewesen, nur in diese Gegend traute sich niemand hinein. Sie würden aussteigen und zu Fuß gehen müssen.

Es stimmte, was Brenda Kane über ihr Outfit gesagt hatte. Für einen Spaziergang war es nicht geeignet. Das bauchfreie Shirt mit dem Glitzerzeug, das auch an der hautengen Jeans klebte, die nur bis zu den Knien reichte. Über dem Shirt trug sie eine hellblaue Jacke aus Latex, und auch die hochhackigen Stoffschuhe mit den Perlen darauf waren nicht eben für eine große Wanderung geeignet.

Brenda war ein Partygirl. Eine, die das Leben in vollen Zügen genoss und sich über manche Konvention hinwegsetzte. Sie war drei Jahre jünger als Ethan. Im Gegensatz zu seinen dunklen Haaren sahen ihre aus wie frisch gebleicht, und sie hatte sie sich zu einem Pagenschnitt schneiden lassen. Sie wechselte ihre Frisuren so oft wie Madonna, und natürlich schimmerten auch einige Tattoos auf ihrer Haut.

An diesem Abend hatte sie sich für einen violetten Lippenstift entschieden und ihre Finger- und Fußnägel in der gleichen Farbe geschminkt. Sie schob die Unterlippe vor. Ihre momentane Ruhe war nur gespielt, das wusste Ethan, und auch das zuckersüße Lächeln war so falsch wie das Gebiss eines Hundertjährigen.

»Tu was!«

»Ja.«

»Lass dir was einfallen!«

Diesmal grinste Ethan Haycock. »Ich habe mich schon entschieden, Schätzchen.«

»Sag das nicht. Ich hasse das!« Sie funkelte ihn an. In ihren blauen Augen schienen Blitze zu tanzen.

»Wir gehen.«

Brenda schwieg. Der Vorschlag hatte sie sprachlos gemacht. Mit der Faust schlug sie wütend gegen das Handschuhfach. »Ist das alles, was dir dazu einfällt?«

»Sag mir eine bessere Lösung.«

»Ruf die Bullen an!«

»Toll. Was soll ich denen sagen? Holt uns ab, weil hier jemand sitzt, der nicht laufen kann, weil er die falschen Treter trägt? Nein, so läuft das nicht.«

Brenda hatte wirklich zu viel gekokst, denn sie fing wieder an zu schreien. Diesmal riss sie den Mund auf, so weit sie konnte. Die schrillen Schreie wurden tief in ihrer Kehle geboren. Sie schüttelte den Kopf, und Ethan hatte das Gefühl, als wäre eine schrille Säge dabei, ihm die Töne durch die Ohren zu schleifen.

»Hör auf!«, brüllte er sie plötzlich an und hob seinen Arm, als wollte er sie schlagen.

Sie war auch still. Überrascht schaute sie auf seine Faust. »Wag es nicht verdammt.«

»Dann halt dein Maul!«

Brenda zischte die Luft ein. Ethan erwartete eine Schimpf- und Fluchkanonade, aber da hatte er sich geirrt, denn sie tat gar nichts. Zumindest sprach sie kein Wort, aber der Ausdruck ihrer Augen veränderte sich, als sie an Ethan vorbei durch das Wagenfenster sah, hinter dem die Straße lag. Sie wurde von alten Häusern flankiert, die im Dunkel der Nacht alle gleich aussahen, weil in dieser Gegend kaum Straßenlaternen brannten.

Ethan entspannte sich wieder. Allerdings nur für einen Moment, denn eine andere Spannung kehrte zurück, und die hing mit der Haltung seiner Freundin zusammen, die ihm überhaupt nicht gefiel. Hatte sich auf ihrem Gesicht vorhin noch Wut abgezeichnet, so sah er jetzt Furcht, die in die Züge hineinkroch.

»Was ist denn?«, flüsterte er.

»Scheiße. Jetzt ist es passiert.«

»Was?« Als er keine Antwort bekam, stieß er Brenda an. »Sag doch was, verflucht?«

»Sie kommen, Ethan. Schließ die Türen. Aber sofort!«

Ethan wusste, wo er sich befand, auch wenn ihm diese Gegend bisher persönlich unbekannt gewesen war. Er brauchte nur in Brendas Gesicht zu schauen und sah einen Ausdruck darin, wie er ihn noch nicht bei ihr erlebt hatte. Sie blickte mit starren Augen an ihm vorbei, als hätte sie eine Horde von Monstern entdeckt.

Ethan Haycock blieb stumm. Im Mund spürte er plötzlich einen widerlichen Geschmack. Er ahnte, dass etwas auf ihn zukam, aber er wagte nicht, Brenda zu fragen, was sie so erschreckt hatte.

Noch während er sich drehte, um die Wahrheit herauszufinden, bewegte sich seine Freundin hektisch und drückte die Stifte der Türen nach unten.

Ethan ließ sie gewähren. Er sprach kein Wort mehr, aber er wurde immer bleicher.

Der Grund dafür waren die vier Gestalten, die nebeneinander und mit langsamen Schritten die Straße überquerten. Es waren die aus der Gegend. Diejenigen, die immer irgendwie auf der Lauer lagen, egal, ob am Tag oder in der Nacht. Sie wollten sich etwas holen, was ihnen ansonsten versagt war, denn ihr Gerechtigkeitsgefühl sah anders aus. Sie empfanden es als ungerecht, dass die einen so viel hatten und die anderen so wenig, und sie würden es auf ihre Art und Weise richten.

Vielleicht wollten sie nicht mal an die Menschen heran, sondern nur an die Dinge, die ihnen gehörten. Sie wollten sie zerstören. Allein, um zu zeigen, dass auch sie eine gewisse Macht besaßen und andere vor ihnen kuschen mussten.

Vielleicht hatten sie mal Mafia-Filme oder Western gesehen, denn ihr Verhalten ließ darauf schließen. Sie bildeten die Viererkette und hielten sich so dicht beieinander auf, dass sie sich gegenseitig berührten. In der Dunkelheit wirkten sie irgendwie gleich, und das betraf auch die Kleidung, denn sie hatten auf Jacken verzichtet und trugen die schwarzen Westen zu den glänzenden Hosen, die mit Nieten und allerlei entsprechendem Schmuck bestückt waren. Zudem hatten sie sich bewaffnet. Jeder von ihnen trug irgendeinen Schlaggegenstand bei sich. Das konnten Holzknüppel, aber auch Eisenstangen sein. In der Dunkelheit war es nicht so genau zu erkennen.

»O Scheiße!«, flüsterte Brenda. »Das geht ins Auge. Das weiß ich. Das ist ...«

»Sei ruhig!«

Sie war es nicht und lachte schrill. In einer derartigen Lage hatten sich beide noch nie befunden. Nicht Ethan, der nie finanzielle Sorgen gehabt hatte, und auch nicht Brenda, das Partygirl, das immer auf der Suche nach dem neuesten Kick war, auf einen derartigen wie jetzt allerdings verzichten konnte.

Die vier ließen sich Zeit. Sie blieben auf der Straße stehen und schauten sich um. Die beiden im Auto konnten sich vorstellen, dass sie grinsten und voller Vorfreude steckten. Anscheinend sondierten sie die Umgebung.

Brenda bewegte sich auf dem Beifahrersitz hektisch hin und her. Sie schaute abwechselnd in die verschiedenen Richtungen und suchte verzweifelt nach einem Ausweg – den es nicht gab.

»Weißt du was?«, flüsterte sie. »Wir sitzen in der Falle. Wir sitzen in einer verdammten Falle!«

»Ich weiß.«

»Scheiße! Ich werde nicht mehr. Das sagst du so einfach?«

»Hast du eine bessere Idee?«

»Tu was!«

Ethan schaute seine Freundin nur an. Sein Blick sagte alles. Er hielt sie für übergeschnappt, für verrückt, und er schüttelte den Kopf. Dabei öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, besann sich dann jedoch anders. Wahrscheinlich hätten die beiden Stress miteinander bekommen, aber das, was sich außen abspielte, war wichtiger.

Die Gruppe setzte sich wieder in Bewegung!

Zum ersten Mal hörten Ethan und seine Freundin ihre Stimmen. Die Typen unterhielten sich miteinander, und sie lachten dabei, als wären sie von einer wilden Vorfreude gepackt.

Sie mussten nur noch wenige Schritte zurücklegen, und sie sorgten bei den jungen Menschen im Auto schon für eine gewisse Angst, denn sie schlugen ihre Stangen locker in die Handflächen hinein, um anzudeuten, was bald passieren würde.

Vor der Kühlerhaube blieben sie stehen. Einer – der war der Größte unter ihnen und hatte seine kurzen Haare hellblond gefärbt – hob die Eisenstange an, die er in seiner rechten Hand hielt und schlug damit einmal auf die Haube.

Es klang wie ein Gong, der ein Urteil eingeläutet hatte. Brenda und Ethan zuckten auf ihren Sitzen zusammen. Die junge Frau schloss die Augen. »Das darf doch alles nicht wahr sein, verdammte Scheiße. Das glaube ich einfach nicht.«

Ethan gab keine Antwort. Er war kein Held. Er war nie einer gewesen. Er hatte sich immer in der Gruppe stark gefühlt, wenn er und seine Freunde den Bär hatten tanzen lassen. Außerdem hatten sie nur Orte besucht, an denen ihnen nichts passieren konnte und sie in Sicherheit waren.

Das hier war anders. Da nahm ihm niemand die Entscheidung ab. Da musste er schon selbst etwas tun, und das würde verdammt schwierig werden.

Neben ihm hatte Brenda ihre Sitzhaltung verändert. Sie wollte nichts hören und nichts sehen. Den Kopf und auch den Oberkörper hatte sie nach vorn gedrückt. Mit ihren Händen schützte sie den Kopf. Sie hielt die Augen geschlossen und hatte die Arme gegen die Ohren gedrückt.

Die vier Typen verteilten sich. So wie sie sich verhielten, sah es aus, als würden sie dies nicht zum ersten Mal durchziehen.

Der Blonde blieb vor der Kühlerhaube stehen. Mit einer kurzen Kopfbewegung machte er den drei anderen klar, wie sie sich zu verhalten hatten.

Sie ließen ihren Anführer stehen und teilten sich auf. Wie übergroße Ratten auf zwei Beinen schlichen sie an der Außenseite des Jaguars entlang. Ihre Stangen bewegten sie im Takt der Schritte. Ab und zu schlugen sie auch leicht gegen das Blech.

Brenda und Ethan saßen in einem Käfig der Angst. Die junge Frau hatte sich wieder normal hingesetzt, aber sie war zu einer bleichen Statue geworden. Das Blut war aus ihrem Gesicht gewichen.

Wie Gespenster schlichen die Schläger um den Jaguar herum. Sie hatten sich gebückt, um durch die Scheiben in das Innere schauen zu können. Brenda und Ethan sahen die Gesichter außen entlanghuschen. Für sie sahen sie aus wie die Abbilder böser Geister, die das Totenreich verlassen hatten.

Immer wieder schlug einer gegen das Blech. Mal härter, mal leichter. Bei jedem Schlag verzogen sich ihre Lippen zu einem hässlichen und zugleich wissenden Grinsen.

Brenda, die den Blicken oft nicht ausweichen konnte, hatte das Gefühl, von diesen gierigen Blicken ausgezogen zu werden. Sie konnte sich leicht ausmalen, was mit ihr passierte, wenn sie und Ethan in die Hände der Straßenräuber gerieten.

»Warum haben wir denn keine Waffe?«, keuchte sie.

»Hättest du geschossen?«

Brenda rutschte tiefer in den Sitz. »Ich weiß es nicht. Es ist doch kein Film ...« Sie schüttelte sich. »Hör doch auf, so was zu fragen, verdammt!«

Der Blonde vor der Kühlerhaube bewegte sich. Er ging nicht schnell, sondern mit lockeren Schritten. Das Gesicht sagte nichts aus über das, was er vorhatte. Nur die Lippen waren leicht gespitzt, als wollte er Brenda einen Kuss geben, als er sich nach unten beugte, um durch die Seitenscheibe zu schauen.

»Der Irre will was von mir!«, flüsterte sie.

»Abwarten.«

»Hör auf. Du mit deinem ...«

Der Blonde klopfte mit dem gekrümmten Finger gegen die Scheibe, und Brenda zuckte zusammen. Sie traute sich auch, den Kopf nach links zu drehen und sah zum ersten Mal aus einer sehr kurzen Distanz in das Gesicht hinein.

Der Typ war nicht älter als sie. Aber er war gemeiner und auch brutaler. Wieder krümmte er seinen Zeigefinger und deutete auf den Stift.

Brenda begriff. Sie drehte den Kopf. »Ich soll die Tür entriegeln, Ethan. Hörst du? Ich soll den Stift hochziehen!«

»Tu es nicht.«

»Ha, und dann?«

»Tu es nicht!« Auch Ethan hatte Angst. Der Schweiß lief ihm mittlerweile in Strömen über das Gesicht. Nicht nur da spürte er ihn. Er hatte sich am gesamten Körper ausgebreitet, und Ethan kam sich vor wie aus der Dusche gekommen.

Brenda schüttelte den Kopf. Diese Geste galt nicht ihrem Freund, sondern dem Blonden. Die anderen sah sie nicht. Sie hatten sich an den Seiten des Fahrzeugs und an dessen Heck verteilt.

Der Blonde verstand. Er stand noch immer gebückt und hob seine Schultern an, was beinahe einer bedauerlichen Geste gleichkam, als wollte er ihnen klarmachen, dass das, was jetzt folgte, ihre eigene Schuld wäre. Brenda konnte ihn einfach nicht aus den Augen lassen. Sie schaute sehr genau zu, wie er den rechten Arm mit der verdammten Stange hob und damit ausholte.

»Ethan – siehst du das?«

»Ja!«

Der Blonde schlug zu. Er war radikal. Er kannte keine Rücksicht. Brutal drosch er die Stange gegen die Windschutzscheibe, die augenblicklich ein anderes Muster bekam, denn das Glas verwandelte sich plötzlich in ein Spinnennetz aus dünnen Streifen und nahm eine milchige Farbe an.

Der erste Schlag des Blonden war zugleich das Zeichen für die anderen drei Typen. Auch sie kannten jetzt kein Halten mehr.

Mit ihren Stangen hämmerten sie gegen die Seitenscheiben und schlugen auch auf das Heckfenster ein. Sie arbeiteten wie Roboter. Ethan und seine Freundin hockten wie erstarrt auf ihren Sitzen.

Die vier machten weiter.

Erste Löcher entstanden. Glaskrümel fegten in das Innere wie heller Schnee. Der Blick nach vorn war verschwommen. Trotzdem sahen sie den Blonden auf der Motorhaube. Er hockte dort wie ein unheilvoller Dämon, der in seiner Aktivität nicht zu stoppen war. Die beiden erlebten die Hölle nicht mehr im Jenseits, sondern auf der Erde, und sie hörten auch das grässliche Lachen.

An der Seite hatte es jemand geschafft, die Scheibe einzuschlagen. Der kühle Wind drang in den Jaguar, und Ethan drehte seinen Kopf. Einer der Kerle tauchte mit dem Schädel zuerst in das Innere. Er trug ein Tuch um den Kopf gebunden und hatte einen breiten Mund, der an den eines Frosches erinnerte.

Als er mit der Stange die Schulter des Fahrers traf, schrie Ethan auf. Einen zweiten Schlag erhielt er nicht. Dafür hörte er die zischelnde Stimme.

»Willst du jetzt die Türen öffnen?«

Auch Brenda hatte die Frage gehört. Sie drehte plötzlich durch, klammerte sich an ihrem Freund fest und fing an zu schreien. »Hau ab, du Scheißkerl, hau ab!«

»Lass es!«

Ethan Haycock wusste, wann er verloren hatte. Seine linke Schulter schmerzte. Er ahnte, dass das der Vorbote dessen war, was noch auf ihn zukam.

An seiner Seite zog er den Stift hoch.

Das Gesicht verschwand aus dem Seitenfenster. Der Blonde rutschte von der Kühlerhaube. Das Frontfenster hatte er inzwischen zerstört. Nur einige Reste hingen noch im Rahmen fest.

Das darf nicht wahr sein!, schoss es Brenda durch den Kopf. Das darf alles nicht wahr sein ...

»Raus!«

Den Befehl hatten beide verstanden. Der Blonde führte das Kommando. Er hatte sich gebückt, um in den Wagen zu schauen. Sein Gesicht glich dabei dem misslungenen Werk eines Malers, der ein nettes Gesicht hatte zeichnen wollen.

»Das geht nicht gut!«, flüsterte Ethan. Er hielt sich am Lenkrad fest wie jemand, der darin seine letzte Hoffnung sieht. »Uns hilft hier keiner, wenn sie uns fertigmachen. Das ist in dieser beschissenen Gegend ebenso.«

Brenda gehörte nicht eben zu den jungen Frauen, die sich vor Männern fürchteten. Sie hatte immer Spaß mit ihnen gehabt. Da sie gut aussah und gern feierte, war es kein Problem für sie gewesen, Freunde zu finden. In dieser Nacht allerdings lagen die Dinge anders. Da spürte sie zum ersten Mal, was es heißt, Angst zu haben. Sie litt darunter so stark, dass ihr schon übel wurde und die normale Welt manchmal vor ihren Augen verschwamm. Wenn sie gekonnt hätte, dann hätte sie versucht, in den Sitz zu kriechen, aber so etwas blieb ein Wunschtraum.

Ein anderer Typ hatte mit flinken Bewegungen alle Stifte in die Höhe gezogen. Wenn nötig, würden sie den Wagen von vier Seiten her entern, und dann war alles vorbei.

Es blieb ihnen keine andere Möglichkeit. Sie mussten dem Befehl nachkommen, aber dem Blonden dauerte es offenbar zu lange. Mit einer Drehbewegung schwang er sich herum und stand in nächsten Augenblick neben der Tür, die er aufzerrte.

Er griff sofort zu. Weder Ethan noch Brenda waren angeschnallt, und so hatte der Typ ein leichtes Spiel, den Fahrer aus dem Wagen zu ziehen. Er ging nicht eben zart mit Ethan um. Wie ein Paket zog er ihn in die Höhe, und Ethan war auch unfähig, sich zu wehren. Der andere hatte alles fest im Griff. Er wuchtete den jungen Mann herum und schleuderte ihn auf die Motorhaube, über die Ethan hinwegrutschte und an der Beifahrerseite wieder zu Boden fiel, wo ihn ein zweiter Typ abfing.

Brenda hatte zugeschaut. Ihr Mund stand offen. Es war für sie ein böser Albtraum, in dem sie bewegungslos gefangen war. Sie wünschte sich noch immer weit, weit weg.

Erst als das Froschgesicht auch bei ihr die Tür aufriss, erwachte sie aus der Erstarrung.

Plötzlich konnte sie schreien. Sie brüllte ihre Angst hinaus. Sie erhielt vom Froschgesicht einen Schlag gegen den Mund. Dabei wurde sie zurückgeworfen, hörte auf zu schreien, aber sie begann sich zu wehren. Sie schlug und trat um sich. Sie traf das Froschgesicht, und der Hundesohn fluchte laut. Aber es gelang ihm, die strampelnden Beine an den Knöcheln zu packen und festzuhalten. So zog er Brenda aus dem Wagen. Sie fühlte sich dabei so schrecklich gedemütigt. Sie versuchte, sich irgendwo festzuklammern, und dachte an den berühmten Rettungsanker, der allerdings erschien ihr nicht. Das Froschgesicht zog sie aus dem Jaguar, und Brenda blieb ebenso neben dem Wagen liegen wie ihr Freund an der anderen Seite.

Ethan konnte sie nicht sehen. Er bekam kaum Luft, weil ein Fuß auf seinem Brustkorb stand. Hinter seiner Stirn zuckten die Schmerzen immer wieder auf. Er hatte sich eine Platzwunde über dem rechten Ohr zugezogen und spürte dort den nassen Fleck der Wunde.

Der Blonde kam näher. Er ging wie jemand, der alles im Griff hatte. Lässig und locker, leicht breitbeinig und mit den Fingern schnippend.

Neben Brenda Kane blieb er stehen und schaute nach unten. Seine Blicke bohrten sich in ihrem Gesicht fest. Er grinste dabei. Und dieses Grinsen war für sie verdammt schlimm. Er zeigte ihr an, dass er alles von ihr wollte und mit ihr machen konnte. Sie befand sich in seiner Gewalt, und sie sah ihn als einen verdammten Psychopathen an. Alle aus ihrer Szene und Clique waren irgendwie verrückt, aber das war ein anderer Zustand als bei diesem Blonden. Der war für sie schon ein verdammter Psychopath.

»Siehst gut aus, Party-Girl.«

»Scheiße – hau ab!«

Der Blonde musste lachen. »Was höre ich denn da, Party-Girl. Großes Maul auch noch.« Er lachte, und seine Stimme kippte dabei über. »Was meinst du, was wir jetzt mit dir machen, Party-Girl? Na?«

Brenda konnte keine Antwort geben, und deshalb sprach der Blonde weiter. »Wir werden eine Party machen, aber so wie ich es für richtig halte. Wir machen die Party hier, und zwar auf der Kühlerhaube. Hast du verstanden?«

Das hatte sie. Brenda vereiste innerlich. Er brauchte nichts mehr zu sagen. Sie besaß Fantasie genug, um sich vorzustellen, was mit dieser Party gemeint und wie sie ausgehen würde.

»Und dein Lover schaut zu!«

Nach dieser Antwort lachten die anderen drei ebenfalls. Nur der Blonde blieb cool. Seine Handbewegung galt dem Froschgesicht. Ebenso wie seine nächsten Worte.

»Zieh sie hoch und leg sie zurecht!«

Auch bei Scotland Yard gibt es Räume, die einem Besucher nicht gezeigt werden, denn sie waren nur für diejenigen interessant, die etwas Wichtiges zu bereden hatten.

Diese Räume waren abhörsicher. Kein Wort drang nach außen. Sie waren zudem abgeschlossen, und den Schlüssel zu ihnen – in diesem Fall eine Codekarte – bekamen nur bestimmte Mitarbeiter. Dazu noch nach vorheriger Absicherung.