John Sinclair Sonder-Edition 25 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 25 E-Book

Jason Dark

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Schon oft hatte ich von der Leichenstadt gehört. Ein geheimnisvolles Grab, das zu ihr führte, war der Schlüssel. Leider war das letzte Stück des Weges verschlossen.

Bis eine Verschiebung der Dimensionen stattfand. Plötzlich wurde die sagenumwobene Leichenstadt sichtbar.

Menschen einer Großstadt gerieten in den gefährlichen Bannstrahl der Stadt. Sie verschwanden ebenso von der Bildfläche wie ein U- Boot samt Besatzung. Auch mich traf es. Hilfe gab es nicht. Die Leichenstadt verschlang uns alle und gab niemanden wieder frei ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 182

Veröffentlichungsjahr: 2016

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Die Leichenstadt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ballestar/Norma

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2931-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Die Leichenstadt

von Jason Dark

Uns umgab die Stille der Tiefsee!

Nicht ein Laut drang durch die dicken Wände des U-Boots, das wie ein Schatten durch das graugrün schimmernde Wasser glitt. Auch an Bord sprach so gut wie niemand, der Kapitän hatte Redeverbot erteilt, und nur in der kleinen Kommandozentrale durfte gesprochen werden.

Zusammen mit drei Offizieren hockte ich in dem Raum, hätte gern eine Zigarette geraucht und musste es mir doch verkneifen, weil das Rauchen verboten und die Luft schon schlecht genug war. Dabei gehörte das Boot zu den besten und modernsten Unterseetauchern, die die englische Marine aufzubieten hatte.

Angetrieben wurde es durch Atomkraft. Es konnte fast unbegrenzt unter Wasser bleiben, war mit Kameras ausgerüstet, deren gläserne Augen das Meer in alle Richtungen hin beobachteten und ihre Bilder auf kleinen Monitoren zur Kontrolle wiedergaben. Vieles hatte sich in der Technik geändert. Eins jedoch war geblieben: der Mangel an Platz.

Der Kapitän sah mich an. Ebenso wie ich hatte er einen Pappbecher vor sich stehen, in dem eine braune Brühe schwamm, die sich Kaffee nannte. Kaffee wurde hier am meisten getrunken. Da konnte kaum genug nachgekocht werden. Im Vergleich zum Kaffee meiner Sekretärin Glenda schmeckte dieser hier auf dem U-Boot allerdings wie ein Laternenpfahl ganz unten, und jeder kann wohl verstehen, wie sehr ich mich nach Glenda Perkins’ Kaffee sehnte. Und das seit drei Tagen. So lange hielt ich mich bereits auf dem U-Boot auf. Hier wurde außer der Nahrung alles rationiert, auch das Wasser.

Mit einer gemurmelten Entschuldigung verließen zwei Offiziere die Kommandozentrale und ließen den Kapitän und mich allein. Er war für einen Mann mit so großer Verantwortung noch ziemlich jung. Er hieß Dirk Neeler und entstammte, wie er mir selbst berichtet hatte, einer alten englischen Adelsfamilie. Allerdings hatte er auf seinen Titel verzichtet, was ihn mir sympathisch machte.

Seine Haare zeigten einen militärisch kurzen Schnitt, der Scheitel saß korrekt, wobei unter ihm eine hohe Stirn begann, in der die dunkelbraunen Augenbrauen in derselben Farbe wie das Haar besonders hervorstachen. Die Haut zeigte nicht das Grau jener Männer, die lange das Sonnenlicht entbehrt hatten, sie war gebräunt, und ich wusste aus Erzählungen des Kapitäns, dass er nicht nur bei Landaufenthalten ein Liebhaber von Sonnenstudios war, sondern auch im Sommer surfen und segeln ging. Das brauchte er, denn das Leben auf dem Boot konnte einen Mann schon deprimieren.

Seit drei Tagen also bewegten wir uns im Atlantik. Auf halber Strecke zwischen Mittelnorwegen und England. Natürlich hockte ich nicht freiwillig in dem Sarg aus Metall, wie er scherzhaft genannt wurde, es gab da einen besonderen Grund.

»Auch noch Kaffee?«, fragte Neeler und sah mich an.

Ich schüttelte den Kopf. »Danke, nein.«

»Sie können sich auch hinlegen, Mister Sinclair, wenn es Ihnen zu langweilig wird.«

Ich grinste schief und deutete auf den Monitor. »Schon als Halbwüchsiger habe ich gern vor der Mattscheibe gesessen.«

»Das waren aber keine so miesen Bilder.«

»Sie haben recht.«

»Was anderes kann ich Ihnen nicht bieten.«

Ich warf einen Blick auf meine Rolex. »Wann, sagten Sie, haben Sie die Stadt immer gesehen?«

»Etwa um diese Zeit.«

»Und da wollen Sie mich wegschicken?«

Dirk Neeler hob die Schultern. »Ich habe es nur gut gemeint. Gestern und vorgestern habe ich auch nichts gesehen. Ich dachte da mehr an das Gesetz der Serie.«

»Ich vertraue auf mein Glück.«

Der Kapitän und Kommandant hob die Schultern. »Ob das Auftauchen dieser komischen Stadt ein Glück ist, wage ich zu bezweifeln.«

Und damit waren wir beim Thema. Es ging um eine Stadt. Um eine Stadt im Meer. Das allein war schon sagenhaft und ungeheuer, hinzu kam noch ein anderes Phänomen. Das Boot war auf die Stadt zugefahren und konnte hindurchgleiten. Durch Mauern und Tempel, durch seltsame Menschen, Monstren und Spinnen. Nicht nur einmal, sondern zweimal.

Beim ersten Mal hatten alle an eine Halluzination geglaubt. Besonders deshalb, da auf den Schirmen nichts zu sehen gewesen war, doch beim zweiten Zusammentreffen war der Besatzung klar geworden, dass sie in der Tiefe des Meeres etwas Unheimliches und vor allem Unerklärbares erlebte.

Zum Glück gehörte Dirk Neeler nicht zu den Leuten, die sich für Gottvater persönlich hielten. Er hatte mit diesem Phänomen nichts anzufangen gewusst, seine Fahrt abgebrochen und die diesbezüglichen Stellen des Marineministeriums informiert.

Dort war man hellhörig geworden. Der Presse gegenüber hatte man nichts verlauten lassen, sondern den Geheimdienst eingeschaltet. Die Burschen hatten auch nichts herausgefunden. Die Verantwortlichen hatten sich nur zusammengesetzt, beraten, und einer hatte schließlich die glorreiche Idee gehabt, die ihm einen Orden einbringen konnte. Er hatte sich an seinen Klubfreund Sir James Powell erinnert und auch daran, mit welch einem Job man diesen Menschen betraut hatte. Er leitete eine kleine Abteilung bei Scotland Yard, die sich um rätselhafte Phänomene kümmerte und manchmal sogar den großen Geheimdienst hatte schlecht aussehen lassen.

Da Sir James mein Chef war, hatte er mit mir über den Fall gesprochen, und ich war darauf angesprungen wie ein Motor, der endlich mal wieder in Bewegung gesetzt wurde.

Die Leichenstadt! So lautete meine Schlussfolgerung. Bereits seit einiger Zeit geisterte dieser Begriff durch unsere Ermittlungen und Fälle. Immer häufiger waren wir auf Spuren dieser geheimnisvollen Stadt gestoßen, die es einmal gegeben haben sollte, dann jedoch abgesprengt worden war, als der alte Kontinent Atlantis im Meer versunken war.

Laut unserer Erfahrungen und Ermittlungen sollte es der Leichenstadt, durch welche Kräfte auch immer, gelungen sein, sich zuvor abzuspalten und in einen Dimensionstunnel zu verschwinden.

Für alle Zeiten? Das hatte man vielleicht damals angenommen, aber die Menschen hatten begonnen, sich mit der Frühgeschichte der Erde zu beschäftigen, und da war man natürlich auf den alten Kontinent Atlantis gestoßen.

Man hatte die Reste des versunkenen Kontinents noch nicht gefunden. Es gab zahlreiche Vermutungen, doch niemand wusste so recht, wo Atlantis gelegen hatte.

Die einen richteten sich nach den Berichten und Überlieferungen des griechischen Philosophen Platon, sie suchten Atlantis im Mittelmeer, andere forschten im Atlantik nach, aber zu einem konkreten Resultat waren die Wissenschaftler noch nicht gelangt.

Ich aber wusste, dass es Atlantis gegeben hatte!

Jawohl, denn ich, John Sinclair, hatte den Untergang dieses Kontinents an einer gewissen Stelle miterlebt, hatte das Chaos sehen müssen, das Ausbrechen der Vulkane, die gewaltigen Flutwellen, die donnernd heranbrachen und mit ihren gierigen Mäulern eine gesamte Kultur regelrecht verschlangen.

Durch eine gezielte Magie war ich gerettet worden. Schon allein das bewies, wie hoch die Bewohner des alten Atlantis die Magie als Hilfsmittel eingestuft hatten. Nicht nur ich war durch Magie gerettet worden, sondern auch andere Wesen, die zur damaligen Zeit in Atlantis oder der geheimnisumwitterten Leichenstadt gelebt hatten.

Im Gegensatz zu den Dämonen lebte ich in der Gegenwart. Ein gefährlicher Zauber hatte mich damals in das Atlantis kurz vor seinem Untergang geschleudert, andere dämonische Kräfte oder Dämonen blieben verschollen.1) In Tausenden von Jahren hatte man nichts von ihnen gehört. Wahrscheinlich hatten sie zugesehen, wie sich die Menschheit neu entwickelte. Nun aber mehrten sich die Anzeichen, dass es zu einer Rückkehr dieser einst so schrecklichen und gleichzeitig mächtigen Dämonen kam.

Gefahren aus der Leichenstadt wurden existent. Ich brauchte da nur an die Großen Alten zu denken und den geheimnisvollen, blau schimmernden Schlüssel, der den Zugang zur Leichenstadt öffnen sollte. Fast hätten mein Freund Suko und ich ihn erwischt. Leider hatte man uns im letzten Moment noch einen Streich gespielt, denn ein mörderischer Dämon, Kalifato mit Namen, hatte unseren Plan zunichtegemacht.

Die Leichenstadt hatte ich nicht vergessen. Irgendwo in meinem Hinterkopf spukte sie noch immer herum, deshalb war ich auf den Fall auch so angesprungen, als Sir James davon berichtet hatte.

Wir befanden uns am dritten Tag unter Wasser. Bisher hatten wir weder eine Stadt noch irgendeine Spur davon gesehen. Nur Wasser, das von den Halogenlampen des Bootes aufgehellt wurde und mir vorkam wie eine grüne Wand.

Hin und wieder huschten seltsame Fische über den Fernsehschirm. Manch einer glotzte direkt in die Kamera, staunte für einen Moment und verschwand mit einer blitzschnellen Drehung.

»Wir haben hier ja Glück«, meinte der Kapitän.

»Wieso?«

Dirk Neeler deutete auf einen der Monitore. »Sehen Sie sich mal den Meeresgrund an.«

Ich beugte mich vor. Auch unter dem Boot leuchtete ein Scheinwerfer. Ein breiter heller Fächer fiel in die Tiefe, eine Kamera brachte das Bild auf den Schirm, und ich sah trotzdem nicht viel.

»Tja«, murmelte ich und zögerte, was den Kapitän zu einem Lachen veranlasste.

»Ich weiß schon, Mister Sinclair, für Sie ist das nur eine graue Suppe.«

»Genau.«

»Ich sprach insofern positiv vom Meeresgrund, da wir ungestört über ihn hinweggleiten können. Wir brauchen uns nicht um die geologischen Formationen zu kümmern, zum Beispiel hohe Gebirge oder gefährliche Täler mit reißenden unterseeischen Strömen.«

»Wenn Sie das so sehen, haben Sie recht.«

Im nächsten Augenblick ging ein Ruck durch das Schiff. Es war nicht schlimm, wir merkten ihn kaum, doch der leere Becher vor mir rutschte über den kleinen Tisch.

Ich sah den Kapitän an. Der hatte seine Stirn in Falten gelegt. Anscheinend passte ihm diese kleine Störung nicht. Neeler streckte seinen Arm aus, um den Hörer des schwarzen Telefons zu greifen, als es klingelte.

»Ja«, meldete er sich.

Ich konnte nicht hören, was der andere Sprecher sagte, auch am Gesicht des Kapitäns war nichts abzulesen.

»Beobachten Sie die Instrumente«, sagte Neeler, bevor er wieder auflegte.

»Ärger?«, fragte ich.

»Nein.« Er sah mich an und schüttelte den Kopf. »Nur eine kleine Panne.«

»Wo?«

»Im Motor.«

»Das ist aber nicht normal, oder?«

Neeler lächelte. »Welche Panne ist schon normal? Ich glaube nicht, dass sie etwas mit der geheimnisvollen Stadt zu tun hat.«

Ich schielte zum Schirm. Irgendwie fühlte ich, dass sich etwas verändert hatte. Ich konnte auch nicht sagen, was es war, mich hielt eben das Gefühl umfangen. Auf meinen sechsten Sinn hatte ich mich oft verlassen können. Er hatte sich im Laufe vieler Jahre herausgebildet.

Auf dem Monitor sah alles normal aus. Graugrün präsentierte sich die Umgebung dicht über dem Meeresgrund. Keine Sache, über die man hätte beunruhigt sein können – bis es zum zweiten Vorfall kam.

***

Abermals merkten wir den Ruck. Diesmal so stark, dass der stählerne Leib des Bootes durchgeschüttelt wurde, und sogar das Licht begann zu flackern, während ich mich unwillkürlich an den festgeschraubten Tisch klammerte. Vier, fünf Sekunden hielt es an. Dann war alles wieder normal. Scheinbar normal, denn etwas stimmte nicht. Der Kapitän bemerkte es früher als ich und sprang auf.

»Verdammt, die Motoren. Sie sind ausgefallen!«

In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen. Der Erste Offizier zog den Kopf ein und betrat den Kommandostand. »Die geben keinen Mucks mehr von sich, Dirk«, meldete er.

»Und die Reserve?«

»Alle Aggregate liegen still. Tut mir leid, dass ich dir nichts anderes sagen kann.«

»Ja, ja schon gut.«

Wir saßen längst nicht mehr. Ich sah die beiden Offiziere an. Sie waren blass geworden. Ich konnte mir gut vorstellen, welche Gedanken sich in ihren Köpfen abspielten. Wenn da nichts mehr lief, konnten wir möglicherweise nicht mehr auftauchen.

Und dann verlöschte das Licht. Innerhalb von einer Sekunde legte sich die Dunkelheit über das gesamte Unterseeboot. Wir kamen uns vor, als wären wir in ein schwarzes Tuch eingewickelt worden.

Niemand sprach mehr. Wir hörten auch von der Mannschaft nichts. Die Leute verhielten sich äußerst diszipliniert. Unsere Blicke waren auf die Monitore gerichtet. Diese zeigten noch ein »Nachglühen«, das allmählich blasser wurde und schließlich verschwand.

Nach einigen Minuten vernahm ich die Stimme des Kapitäns: »Ich hole nur eine Taschenlampe.«

»Okay.«

Der Offizier bewegte sich von mir fort. Ich ließ meine Bleistiftlampe, wo sie war. Der Kommandant hatte sicherlich bessere Leuchten zur Verfügung.

Ich lauschte in die Dunkelheit hinein. Mal knackte etwas, dann hörte ich ein leises Knarren und vernahm auch die Geräusche, die der Kapitän verursachte. Endlich hatte er die Lampe gefunden. Der breite Strahl erhellte den Kommandostand. Eine zweite Lampe bekam der Erste Offizier und außerdem die Anweisung, sich auf dem Boot umzusehen.

»Nehmen Sie alles zu Protokoll!«, wurde der Kapitän dienstlich. »Und melden Sie es mir.«

»Aye, aye, Sir!«

»Sie können sich ruhig wieder setzen, Sinclair«, sagte Neeler.

Ich nahm Platz. »Sagen Sie mal, wie lange dauert es, bis der Schaden wieder repariert ist?«

»Da bin ich überfragt. Die Notaggregate haben sich nicht eingeschaltet. Das bereitet mir Sorgen.«

»Und für wie lange reicht die Luft?«

»Daran wollen wir gar nicht denken.«

Es sah also nicht gut aus. Der dritte Tag hatte uns eine höllische Überraschung beschert. Ich kam mir vor wie in einem stählernen Sarg. Und ich glaubte mittlerweile auch, dass dieser totale Energieausfall nicht auf normale Einwirkungen zurückzuführen war.

Der Kapitän erschien mir ein wenig ratlos. Er schaute öfter auf die Uhr und blickte auch in Richtung Ausgang. Der Erste Offizier hatte die schmale Eisentür nicht ganz geschlossen.

Ich lehnte mich an die Rechenanlage. Ein Computer-Terminal. Verdammt teuer. Da glühten keine Lämpchen mehr, und auch keine Digitalanzeige gab uns irgendwelche Daten durch. Alles tot. Wir konnten nicht ewig unten bleiben. Die Frage war: Wie konnten wir wieder auftauchen?

Der Erste kehrte zurück. »Totaler Energieausfall«, meldete er.

»Und der Reparaturtrupp?«

»Arbeitet bisher ohne Erfolg.«

Neeler nickte. »Hat er schon einen Teilerfolg errungen?«

»Nein. Die Leute wissen überhaupt nicht, wo sie anfangen sollen. Sie kümmern sich zunächst um den Antrieb.«

Mir war etwas anderes eingefallen. »Das Boot wird doch durch Atomkraft angetrieben – oder?«

»Das ist richtig.«

»Dann sind wir ein Mini-Kraftwerk.«

»So ungefähr.«

Mir trat plötzlich der Schweiß auf die Stirn. »Muss die Brennkammer nicht gekühlt werden?«

Neeler schluckte. »Sie wissen gut Bescheid«. Er gab die Antwort mit heiserer Stimme.

»Leider, Sir, leider. Wenn die Kühlung auch ausgefallen ist, könnte es da zu einer Katastrophe kommen?«

»Ich weiß es nicht, Sinclair. Und das ist meine ehrliche Meinung. Vielleicht sind die Reaktionen innerhalb des Antriebs auch ausgefallen.«

»Wir wollen es hoffen.«

»Da sagen Sie was.«

»Und die Atemluft?«, kam ich noch einmal auf das Thema zurück.

»Gehen Sie sparsam damit um«, riet Neeler.

Es waren die letzten Worte, die wir vorerst miteinander wechselten, denn der Kapitän verließ die Zentrale. Ich blieb allein zurück, denn der Erste war mitgegangen. Die beiden Männer wollten das Schiff inspizieren. Die Zeit war knapp, die Atemluft ebenfalls.

Ich vernahm Stimmen. Sie klangen ruhig. Diese Besatzungen hatten sich hervorragend in der Gewalt. Da wollte keiner auffallen oder durchdrehen.

Ich hatte meine Bleistiftleuchte hervorgeholt und knipste sie hin und wieder an. Nein, das war nicht normal, was wir hier erlebten. Da spielte eine große Magie die entscheidende Rolle. Wobei ich das Gefühl hatte, den Grund dafür in der Existenz der Leichenstadt zu suchen. Ich glaubte sehr wohl an die Aussagen des Mannes, und ich rechnete damit, dass wir in einer magischen Falle saßen.

Nach draußen konnte ich nicht schauen. Es gab hier keine Fenster oder Luken. Bilder brachten nur die Kameras, und die liefen eben nicht ohne Strom.

Neeler kehrte zurück. Ich leuchtete ihn an, traf sein Gesicht und erkannte, dass er nicht gerade begeistert war. Die Mundwinkel wiesen nach unten, er atmete schwer und er ließ sich wuchtig auf den schmalen ungepolsterten Drehstuhl fallen.

»Es sieht also nicht gut aus«, nahm ich ihm das Wort vorweg.

»Genau.«

»Und was jetzt?«

»Haben Sie schon mal Maschinen gesehen, die vollkommen in Ordnung sind und trotzdem nicht laufen?«, fragte er mich.

»Nein.«

»Aber ich. Und jetzt sagen Sie mir, Sinclair, was ich dagegen unternehmen soll.«

»Nichts.«

»So weit bin ich auch gekommen. Ich habe mit den Technikern gesprochen. Sie stehen vor einem Rätsel. Das haben sie noch nie erlebt. Einen totalen Ausfall der Energie, unmöglich eigentlich.«

»Haben Sie ähnliche Situationen nie durchgespielt?«, fragte ich.

»Nein, denn einen totalen Energieausfall kann es eigentlich gar nicht geben.«

»Wieso?«

»Weil der Computer sofort auf die Notaggregate umschaltet. Die sind so stark, dass wir auftauchen könnten. Aber alle Computer und Reserven bringen nichts mehr. Tut mir leid, Sinclair, aber wir sind Gefangene in einem stählernen Sarg. Wenn wir nicht großes Glück haben, werden wir hier in diesem Boot elendig verrecken!« Er nickte und fügte noch hinzu: »Ich hoffe, Sie nehmen mir die klare Sprache nicht übel.«

»Nein, das tue ich nicht.« Dafür unternahm ich etwas anderes und griff unter mein Hemd. Ich holte das Kreuz hervor.

Neeler sah mir aus großen Augen zu. »Was wollen Sie denn damit?«

»Abwarten.«

Das Kreuz war etwas Besonderes. Es gehörte zu meinen stärksten Waffen. Vielleicht war es sogar die stärkste überhaupt. Auf jeden Fall konnte man sie mit dem Wort weißmagisch umschreiben. Ich hatte gelernt, wie man die Kräfte des Kreuzes, von dem Propheten Hesekiel geschaffen, nutzt. Wenn ich einen bestimmten Bannspruch rief, dann konnte ich ungeheuer starke Magien aktivieren, denn Hesekiel hatte es verstanden, nicht nur die Zeichen der alttestamentarischen Lehre hinein zu gravieren, sondern auch die anderer Mythologien. Der Bannspruch aber galt für alle.

Ich betrachtete das Kreuz genau. Es sah aus wie immer, schimmerte silbern und zeigte keinerlei Reaktion.

Das sollte sich ändern. Meine Lippen bewegten sich kaum, als der Spruch aus meinem Mund rann: »Terra pestem teneto. Salus hic maneto!«

***

Das waren die entscheidenden Worte. Jetzt musste sich etwas tun. Irgendwie auf die fremde Magie reagieren, falls sie uns wirklich umgab.

Es tat sich etwas.

Ich merkte es an der Wärme. Das Silber strahlte plötzlich Wärme aus, und ich glaubte auch, das schwache grüne Leuchten zu sehen, das mein Kreuz erfasst hielt.

»Löschen Sie das Licht«, bat ich Neeler.

Der gehorchte sofort.

Als die Dunkelheit über uns lag, konnten wir es beide erkennen. Das Kreuz schimmerte grünlich. Für mich ein Beweis, dass wir von einer fremden Magie eingekreist waren.

Unwahrscheinlich …

Das gleiche Wort sagte auch der Kapitän, wobei er noch den Kopf schüttelte, denn ich sah schwach seinen Schatten. »Was haben Sie da gemacht, Mister Sinclair?«

»Nur den Schuldigen für unser Dilemma festgestellt.«

»Und wer ist das?«

Ich runzelte die Stirn. »Genau kann ich es nicht sagen, aber wir sind von einer Schwarzen Magie eingekreist. Das ist die Lösung.«

Neeler hatte seine Lampe wieder eingeschaltet. Sein Gesicht wirkte noch bleicher als zuvor. »Schwarze Magie?«, flüsterte er. »Das kann ich nicht glauben. So etwas gibt es nur in Romanen und Geschichten. Ich habe meinen Jules Verne gelesen. Kapitän Nemo ist aber eine Sagengestalt, eine Erfindung.«

»Sagen Sie das nicht. Es gibt viele Dinge, die es offiziell nicht gibt, die dennoch existieren.«

Dirk Neeler räusperte sich. Dann holte er eine Flasche aus einer Schublade hervor. »Tut mir leid, aber jetzt muss ich erst einen Schluck haben. So etwas ist nicht so leicht zu überwinden. Auch einen?«

Ich schüttelte den Kopf.

Neeler trank aus der Flasche. Danach schraubte er sie zu und stellte sie weg. Im Hochkommen sagte er: »Ich bin der Führer des U-Bootes. Sie haben von Schwarzer Magie gesprochen, Sinclair, und Sie sind dafür zuständig.«

»Ja.«

»Dann müssten Sie etwas unternehmen.«

»Das weiß ich. Doch im Augenblick bin ich ebenso ratlos wie Sie, Sir.«

Neeler wollte mit der Faust auf den Tisch schlagen, überlegte es sich und winkte ab. »Was nutzt es, wenn wir uns gegenseitig Vorwürfe machen? Damit kommen wir nicht weiter. Die andere Seite hält alle Trümpfe in der Hand. Wir können nur warten.«

»So ist es, Sir.«

»Ich sehe mich noch mal um.« Neeler wollte aufstehen, als er meine Handbewegung sah. Sie war leicht zu verstehen. Der Kapitän sollte stoppen.

»Was ist denn?«

»Sehen Sie mal auf den Bildschirm.«

Dirk Neeler drehte den Kopf. Seine Augen wurden groß, er schluckte zweimal. »Mann, Sinclair, gibt es das auch?«

»Keine Täuschung«, flüsterte ich.

Was wir beide zu sehen bekamen, war wirklich unheimlich. Der graugrüne, tot wirkende Bildschirm leuchtete auf. Da explodierten kleine Funken auf der Mattscheibe, ein seltsames Rauschen war ebenfalls zu vernehmen, und wir glaubten auch, Stimmen zu hören.

»Da spricht jemand«, hauchte Neeler.

Ich gab keine Antwort, denn ich konzentrierte mich voll auf die Stimmen. Es war leider nicht zu unterscheiden, ob Frauen oder Männer sprachen. Wir sahen auch nichts, aber das änderte sich, denn in die Bildschirme kam Bewegung.

Zuerst verstärkte sich die Farbe. Sie wurde graugrün, wirkte nicht so tot, und plötzlich sahen wir auch Umrisse.

Nur schwach, mehr verwischend, wir konnten nichts Genaues erkennen, aber eins war sicher. Die Monitore gaben das Bild wider, das sich außerhalb des U-Bootes zeigte.

Und das ohne Energie.

Neeler war völlig durcheinander. Er schüttelte den Kopf, konnte es nicht begreifen und holte ein paar Mal tief Luft. »Wir haben die Geräte doch nicht eingeschaltet, wir …«

Er verstummte, denn plötzlich wurde das Bild klarer. Wir konnten besser sehen. Und wir erkannten die Umrisse einer Stadt. Es war die Leichenstadt!

***

Ich muss ehrlich gestehen, dass mir bei der ganzen Sache nicht wohl war. Ein bedrückendes Gefühl hielt mich umfangen. Ich fühlte es kalt den Rücken hinablaufen, und auch mein Herzschlag hatte sich beschleunigt.

Meine Hände zitterten, als ich genauer hinsah. Sehr klar und scharf zeigten die Monitore das Bild. Neeler und ich erkannten gewaltige Gebäude. Manche hatten die Formen von Pyramiden, andere wiederum sahen aus wie viereckige Klötze, in denen sich seltsame runde Löcher befanden, die mich an leere Augenhöhlen erinnerten. Es gab auch Brücken, die die Gebäude miteinander verbanden, aber Menschen sahen wir nicht. Noch nicht …

Aus Gründen der Erfahrung ging ich davon aus, dass die Leichenstadt bewohnt war. Und zwar von gefährlichen Dämonen, an dessen Spitze vielleicht Kalifato, der Todesboote, stand.