John Sinclair Sonder-Edition 262 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 262 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Die exotische Schönheit ließ Glenda Perkins und mich nicht aus den Augen - vom Biergarten an der Themse bis in meine Wohnung folgte sie uns lautlos wie ein Schatten. Dort offenbarte sie ihr wahres Gesicht. Erst setzte sie mich außer Gefecht, dann Glenda. Und schließlich stahl sie das Schwert Salomos. Sie gelangte dorthin, wo ich bereits gestrandet war: in die ferne Vergangenheit, in die Nähe der Königin von Saba. Doch es war nicht die mächtige Königin, die im Mittelpunkt stand, sondern die geheimnisvolle Amira - Salomos letzte Geliebte. Sie trug einen brennenden Wunsch nach Vergeltung in sich. Mit dem gestohlenen Schwert wollte sie Rache nehmen und die Königin töten ...

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Seitenzahl: 196

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Salomos letzte Geliebte

Vorschau

Impressum

John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.

Salomos letzte Geliebte

von Jason Dark

Die exotische Schönheit ließ Glenda Perkins und mich nicht aus den Augen – vom Biergarten an der Themse bis in meine Wohnung folgte sie uns lautlos wie ein Schatten. Dort offenbarte sie ihr wahres Gesicht. Erst setzte sie mich außer Gefecht, dann Glenda. Und schließlich stahl sie das Schwert Salomos.

Sie gelangte dorthin, wo ich bereits gestrandet war: in die ferne Vergangenheit, in die Nähe der Königin von Saba. Doch es war nicht die mächtige Königin, die im Mittelpunkt stand, sondern die geheimnisvolle Amira – Salomos letzte Geliebte. Sie trug einen brennenden Wunsch nach Vergeltung in sich. Mit dem gestohlenen Schwert wollte sie nun grausame Rache nehmen und die Königin töten ...

Die Frau fiel nicht mir auf, sondern Glenda Perkins, die nach ihrem Glas fasste, in dem der Chablis grünlich schimmerte, es aber nicht anhob, es nur festhielt und dabei sitzen blieb, als wäre sie plötzlich zu Stein geworden.

Ich erfasste die Veränderung mit einem Blick und fragte: »Ist was?«

Glenda deutete ein Nicken an. »Ich denke schon.«

»Schön, und was?«

»Da schaut dich jemand an!«

Ich schwieg zunächst. Meine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. Vor mir auf dem Tisch stand bereits das zweite Bier, das hier, nach bayerischer Tradition, aber nahe der Themse, in Krügen serviert wurde.

»Wer schaut mich denn an? Ist sie hübsch?«

»Woher willst du wissen, dass es eine Frau ist?«

Ich schob meine Sonnenbrille etwas nach unten.

»Nun ja, für Männer bin ich wohl kaum interessant. Es sei denn, es geht um berufliche Angelegenheiten.«

»Du kannst beruhigt sein. Es ist eine Frau.«

Ich musste schmunzeln, und Glenda erriet meine Gedanken oder glaubte, sie zu erraten.

»Bilde dir nichts darauf ein. Es ist alles andere als eine Super-Blondine. Kein Schuss für euch Männer, sondern ...«

»Nun mal langsam«, unterbrach ich sie. »Daran habe ich wirklich nicht gedacht.«

»Sie sieht exotisch aus«, meldete Glenda. »Oder in gewisser Hinsicht«, schränkte sie schnell ein.

»Wo sitzt sie?«

»Wenn du dich nach rechts drehst, wirst du sie sehen können. Aber langsam bitte.«

»Okay.« Ich musste den herrlichen Blick auf die Themse aufgeben und auf die feuchten Auen davor, denen die nicht mehr so hoch stehende Sonne einen butterblumengelben Glanz verlieh. Auch das rollende Wasser verlor ich aus den Augen, ebenso die zahlreichen Schiffe, die durch die Fluten zogen, wobei die Ausflugsdampfer bei diesem Wetter in der Überzahl waren.

Ich bewegte mich nicht zu auffällig, sondern langsam und dehnte in der Bewegung meine Beine. Auch die Arme reckte ich in die Höhe. So erinnerte ich mehr an einen Menschen, der zu lange gesessen hat und sich strecken musste.

Glenda und ich waren nicht die einzigen Gäste in diesem Biergarten an der Themse. Er war gut besucht. An den grün gestrichenen Tischen mit den hellen Stühlen davor saßen die Menschen, tranken, aßen hin und wieder etwas, unterhielten sich und genossen diesen wunderbaren Samstag im Juli, der auch Glenda und mich nach draußen getrieben hatte. Was wir am Abend machten, wenn sich die Sonne im Westen versteckte, das wussten wir noch nicht, aber irgendwie würden wir die Stunden schon herumbekommen.

Die Frau, von der Glenda gesprochen hatte, sah ich an keinem der Tische. Sie wäre mir sicherlich aufgefallen. Ich wollte bei Glenda schon nachfragen, als ich sie doch noch entdeckte.

Sie saß auf einer Mauer, die wie der Teil einer alten Römerruine aus dem grünen Boden hervorragte. Warum die Mauer dort stand, wusste wohl keiner der Gäste. Da hätte man schon den Betreiber des Lokals und des Biergartens fragen müssen, wobei es kein normales Restaurant war, sondern eine Art Blockhütte mit Grillstelle und Zapfanlage. Im Winter wurde sie sicherlich eingemottet, doch jetzt im Sommer war sie voll in Betrieb, denn es zog zahlreiche Menschen in diese Gegend.

Möglicherweise war die Mauer auch gegen Hochwasser gebaut worden, wie auch immer. Nun aber war sie tatsächlich von einer Frau besetzt, die in unsere Richtung schaute und den Kopf auch nicht drehte, als sich unsere Blicke begegneten. Sie war allerdings zu weit weg, als dass ich ihren Augenausdruck hätte erkennen können. Es stand nur fest, dass sie uns beobachtete.

Wie gesagt, sie saß auf der Mauer und ließ die Füße baumeln. Sie bewegte sich leicht hin und her. Neben ihr stand ein mit einer roten Flüssigkeit gefülltes Glas. Es konnte Wein oder Traubensaft sein. Eine Rolle spielte das nicht.

»Ich sehe sie«, sagte ich.

»Und? Was sagst du?«

»Nicht viel.«

»Das ist keine Antwort, John.«

»Ich kenne sie nicht.«

Glenda stöhnte leise auf. »Aber du wirst mir doch zugestehen, dass sie alles andere als normal aussieht. Im Vergleich zu den anderen Gästen hier.«

»Das schon«, gab ich zu. »Nur denke ich, dass es in London eine multikulturelle Gesellschaft gibt, da fallen exotische Menschen kaum auf.«

»Stimmt. Aber warum schaut sie uns an?«

Ich sah die Dinge nicht so eng wie Glenda. Trotzdem betrachtete ich mir die Frau genauer.

Sie trug auf keinen Fall eine für Biergärten typische Kleidung, sondern war mit einem langen Gewand bekleidet, das ich nicht als normales Kleid ansah. Es bestand aus braunem Stoff und war mit schmalen Goldfäden durchwebt, was allerdings eine Täuschung sein und auch am Sonnenlicht liegen konnte, das die Frau auf der Mauer beschien. Um ihren Hals hatte sie eine Kette gelegt. An den nackten Füßen trug sie flache Sandalen. Das dunkle Haar wuchs sehr massig auf ihrem Kopf und sah aus wie ein krauser Turban.

Ihre Haut zeigte einen dunklen Ton. Wie helle Schokolade, in der sich sehr viele Milchanteile befanden. Ihr Gesicht war für mich nicht genau zu erkennen, denn sie saß zu weit weg und zudem etwas im Schatten, für den die Krone einer nicht sehr hoch gewachsenen Buche sorgte.

Jeder, der sie gesehen hätte, der hätte nur mit den Schultern gezuckt und sie für einen normalen und harmlosen Gast gehalten. Nur nicht meine Assistentin Glenda Perkins. Ich wusste nicht, ob sie sich etwas einbildete, konnte es mir aber vorstellen, denn in unserem Job sah man oft Dinge, die sich hinterher als Irrtum erwiesen, weil wir irgendwie immer auf der Hut waren.

»Jetzt wartest du auf einen Kommentar, nicht?«

»So ist es, John.«

»Tut mir leid, da bin ich überfragt. Sie sieht aus wie alle anderen. Sie kommt her, um einen Schluck zu trinken und um die Gegend zu genießen.«

»Wenn es denn so wäre.«

»Hör auf, Glenda. Du malst den Teufel an die Wand!«

»Sie hat dich beobachtet!«, behauptete sie nach wie vor.

»Dich nicht?«

Wenn Glenda sich einmal was in den Kopf gesetzt hatte, bekam sie es so schnell nicht heraus. Ich wusste auch nicht, wie ich sie vom Gegenteil überzeugen sollte, aber das war auch nicht mehr nötig, denn die exotische Person, die bisher so still auf der Mauer gesessen hatte, bewegte sich plötzlich nach vorn und rutschte von der Kante herab, wobei ihre Füße im Gras verschwanden. Wenn sie jetzt ging, saßen wir genau in ihrer Zielrichtung, aber das tat sie nicht, denn sie griff zuerst nach dem Glas und behielt es in der rechten Hand.

»Jetzt geht sie«, flüsterte Glenda.

Ich warf ihr einen schnellen Blick zu und konnte nicht verstehen, was mit ihr los war. Sie hatte sämtliche Entspannung verloren und saß auf dem Gartenstuhl wie zum Sprung. Auf keinen Fall konnte sie die exotische Frau als einen normalen Gast ansehen, dann hätte sie anders reagiert. Zudem waren wir beide die einzigen Gäste, die sich für die Person interessierten, denn die anderen waren mit sich selbst beschäftigt oder schauten den Schiffen nach, die stromab- oder stromaufwärts durch die Themse pflügten.

Glenda trug ein orangefarbenes Top, das den Bauchnabel freigab, aber an den Schultern von zwei Trägern gehalten wurde. Die helle Hose passte perfekt. Strümpfe trug sie keine, und die ebenfalls orangefarbenen Zehennägel lugten aus der Öffnung ihrer flachen Sandalen hervor. Sie hatte noch eine helle dünne Jacke mitgenommen, die aber hing über der Stuhllehne, und so fiel mir die Gänsehaut auf, die über ihre nackten Arme kroch. Sie machte sich wirklich Sorgen, was ich auch weiterhin nicht verstand, aber das musste ich wohl auch nicht.

Glenda konnte sich auch nicht zurückhalten. Sie flüsterte: »Diese Person ist mir unheimlich, John.«

»Mir nicht.«

»Warte es ab.«

Wir schwiegen, denn die Frau war nahe genug herangekommen, um unser Gespräch zu hören, und das wollten wir nicht riskieren. Je näher sie kam, desto besser sah ich sie.

Ich erkannte ein rundes Gesicht mit sehr vollen Lippen und großen dunklen Augen. Die Pupillen sahen aus wie zwei Perlen, und der Stoff des Kleides war tatsächlich mit Goldfäden durchwirkt, denn auch jetzt schimmerte er, wenn er sich bewegte.

»Was will sie?«, flüsterte Glenda.

»Das werden wir gleich hören.«

»Aha, dann bist auch du davon überzeugt, dass sie zu uns will und ich mich nicht geirrt habe?«

»Mittlerweile schon.«

»Danke.«

Die Unbekannte ging durch die Lücke zwischen zwei Nachbartischen, und die Lippen verzogen sich jetzt zu einem Lächeln, als wollte sie uns wie alte Freunde begrüßen.

Wir blieben normal sitzen und zeigten ihr auch nicht durch Gesten, dass wir sie erwartet hatten. Wir wollten eben alles auf uns zukommen lassen.

Sie ging noch zwei Schritte, allerdings kleine, dann blieb sie vor uns stehen und senkte den Kopf, um auf unseren Tisch zu schauen. Es war eine etwas demütige Haltung, die sie eingenommen hatte, die allerdings sehr schnell vorbei war, als sie nach einem leichten Zucken des Oberkörpers den Kopf anhob und uns beide anschaute. Jetzt sahen wir auch den leichten Glanz, der sich über ihre Augen gelegt hatte. Das feine Lächeln blieb ebenfalls, und sie neigte den Kopf, um uns zu begrüßen.

»Hallo«, sagte ich.

Glenda enthielt sich eines Kommentars. Sie nickte der anderen Frau nur knapp zu.

»Darf ich mich setzen?«, erkundigte sich die Frau in einem lupenreinen Englisch.

Es waren noch zwei Stühle an unserem Tisch frei. Glenda war nicht unbedingt dafür, das sah ich ihr an, wahrscheinlich erblickte sie in der exotischen Person eine Konkurrentin, aber ich hatte nichts dagegen. Außerdem war ich mittlerweile gespannt, was sie von uns wollte. Dass sie sich diesen Platz rein zufällig ausgesucht hatte, daran konnte ich nicht glauben.

»Bitte, wenn Sie wollen.«

»Ich danke Ihnen«, erklärte sie sehr höflich.

Das Glas hatte sie mitgebracht. Sie stellte es zuerst auf den Tisch, dann zog sie sich den Stuhl zurecht und ließ sich darauf nieder. Auch jetzt wirkten ihre Bewegungen sehr höflich, fast schon geziert, als befände sie sich auf einer Bühne und nicht im normalen Leben. Sie schob sich auf dem grünen Stuhl zurecht und trank einen Schluck aus ihrem Glas. Es war tatsächlich Saft.

Ich schaute sie an. Allerdings so, dass es nicht unbedingt auffiel. Sie war über dreißig und auf ihre Weise sehr attraktiv mit einer weichen Haut. Mir fiel auf, dass die Umgebung der Augen besonders hervorgehoben wurde, denn sie hatten einen helleren Lidschatten bekommen.

Ich übernahm das Gespräch und fragte: »Ist es Zufall, dass Sie sich unseren Tisch ausgesucht haben, nachdem es Ihnen auf der Mauer zu unbequem geworden ist?«

»Nein, das ist kein Zufall.«

»Sehr gut. Dann haben Sie uns gesucht?«

»Kann man sagen.«

Sie war sehr allgemein in ihren Aussagen geblieben. Da sie in meiner unmittelbaren Nähe saß, bemerkte ich sehr deutlich diese andere Aura, die sie ausströmte. Ich konnte sie nicht erklären, aber sie war da. Sie floss wie ein Strom auf mich zu und rann über meine Haut hinweg, aber sie drang auch in mich ein, als wollte sie mein Herz umklammern.

»Warum haben Sie uns gesucht?«

Die Frau achtete nicht auf meine Frage. Sie konzentrierte sich jetzt auf Glenda Perkins, die bisher nichts gesagt hatte und durch ihre steife Haltung eine Ablehnung andeutete.

»Sie brauchen keine Angst um Ihren Freund zu haben. Ich will ihn nicht ab...«

»Er ist nicht mein Freund!«

»Ah ja.«

Glenda ärgerte sich, ich kannte sie da gut genug, und sie fügte noch hinzu: »Wir sind nur Kollegen.«

»Danke für die Aufklärung.«

Glenda beherrschte sich nur mühsam. Sie bekam einen roten Kopf, was nicht an der Wärme lag und auch nicht an dem Glas Wein, das sie getrunken hatte. Ihr gefiel die Frau nicht, ebenso wie deren Anmache nicht, und sie fühlte sich irgendwie zurückgedrängt von einer fremden Person, die kurzerhand in unsere Zweisamkeit eingebrochen war.

Ich übernahm wieder das Wort.

»Was genau wollen Sie von uns?«

Die Frau überlegte oder tat zumindest so. Sie senkte den Kopf und blickte auf ihre Füße.

»Das ist nicht einfach zu beantworten«, erklärte sie, hob den Blick an und schaute mir ins Gesicht. »Das ist es wirklich nicht, John Sinclair.«

Ich horchte und schaute auf. »Sie kennen mich?«

»Ja.«

»Ich hingegen kenne Sie nicht.«

»Ach, ich bin eigentlich unwichtig.« Sie gab sich etwas verlegen und hob in einer gestenhaften Bewegung beide Hände, die sie übereinander gelegt hatte.

Erst jetzt sah ich den Ring, den sie am linken Mittelfinger trug. Dass er mir nicht vorher aufgefallen war, musste daran liegen, dass sie die Vorderseite wohl nach innen gedreht und ihn nun wieder in die richtige Position gebracht hatte.

Er konnte nicht übersehen werden. Glenda beugte sich leicht nach vorn, denn sie musste über den Tisch hinwegsehen. Auch ich war auf diesen Anblick nicht gefasst.

Es war eigentlich ein Herrenring mit einer recht breiten und auch dunklen Steinfläche. Genau in der Mitte schimmerte in knochenbleicher Farbe ein Totenkopf.

Ich sagte nichts. Auch die dunkelhäutige Frau schwieg. Aber sie hielt den Ring so, dass wir ihn einfach nicht übersehen konnten, und wartete wahrscheinlich auf unsere Reaktion, die allerdings nicht erfolgte, denn wir hielten uns zurück.

Glenda wollte etwas sagen. Ich sah schon ihre Reaktion im Voraus, aber die Frau kam ihr zuvor.

»Wir brauchen dich, John Sinclair ...«

Es war nur ein Satz, den sie sagte. Kein Wort mehr, und sie schaute mich dabei an.

Ich gehöre nicht eben zu den Menschen, die auf den Kopf gefallen sind, in diesem Fall aber musste ich schon schlucken, denn damit hätte ich auf keinen Fall gerechnet.

»Ja, wir brauchen dich.«

Ich hob die Schultern. »Schön, dass mich jemand braucht«, erwiderte ich etwas lässig. »Man freut sich ja immer, wenn so etwas passiert. Aber wer braucht mich?«

»Wir!«

»Das ist keine Antwort«, erklärte Glenda mit scharfer Stimme. »Drücken Sie sich genauer aus.«

»Wir sind wir!«

»Ich sehe Sie allein.«

»Noch. Denn ich bin gekommen, um ein erstes Zeichen zu setzen. Andere werden folgen.« Sie drehte mir ihr Gesicht zu. Ich las darin keine Arglist, sondern einen großen Ernst. »Wir brauchen dich wirklich, mein Freund, das solltest du bedenken.«

Ich schaute Glenda an. Auf ihrer Stirn hatte sich eine Falte gebildet. Ich kannte Glenda. Es war eine Falte des Zorns, die so leicht nicht verschwinden würde.

»Wir wollen Details wissen. Einzelheiten. Und wir kennen nicht mal Ihren Namen.«

»Der ist nicht wichtig.«

»Doch! Für uns schon!«

Die Fremde ging auf Glenda erst gar nicht ein. Sie schaute mich wieder an. Ihr Blick war sehr ernst, und sie nickte mir noch mal zu. »Wir brauchen dich, und du wirst dich nicht wehren können, denn es ist dein Schicksal ...«

Sehr genau hatte ich diese orakelhaften Sätze verstanden, und ich nahm sie auch ernst. Das hier war kein Spaß. Diese Frau war zu mir gekommen, um mir eine Botschaft zu übermitteln, und sie blickte mir sehr lange ins Gesicht.

Schicksal hatte sie gesagt!

Es gab Menschen, die darüber lachten. Ich gehörte nicht dazu, denn die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass es in meinem Leben sehr viele schicksalhafte Zusammenhänge gab, wobei es oft so aussah, als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun, wobei sich jedoch im Endeffekt herausstellte, dass es einen großen Zusammenhang gab und sich ein Kreis mal wieder schloss.

»Was meinen Sie damit?«, fragte ich.

Sie schaute wieder den Ring an, als könnte sie aus ihm etwas ablesen.

»Wir brauchen dich«, wiederholte sie den Satz, den sie mir schon mal gesagt hatte.

»Wofür?«

»Du wirst es sehen ...«

Das klang nicht nur nach einem Abschied, das war auch einer. Ohne das Glas leer zu trinken, stand sie mit einer ruckartigen Bewegung auf und entfernte sich mit schnellen, kurzen Schritten von unserem Tisch.

Wir waren so perplex, dass wir nichts taten und einfach nur hinter ihr herschauten. Bis Glenda scharf atmete.

»Verdammt, John, willst du sie einfach so laufen lassen?«

»Sie kehrt zurück.«

»Ha. Aber ich lasse sie nicht laufen.«

Noch schneller als die Besucherin zuvor hatte Glenda ihren Sitzplatz verlassen. Sie war wie ein Wirbelwind auf den Beinen und lief den Weg, den auch die Frau gegangen war.

Er führte zum Blockhaus hin, wo jeder Gast sich sein Getränk oder seine kleinen Imbisse abholen musste und auch dort sein Geld loswurde.

Die Frau war an der linken Seite vorbeigegangen und wenig später zwischen den niedrigen Bäumen und dem Buschwerk verschwunden, das sich in diesen Themseauen ausbreitete. Dort waren wir nicht hergekommen, sondern von der rechten Seite, weil sich dort ein Trampelpfad bis zu den Parkplätzen hinzog.

Glenda war meinen Blicken sehr schnell entschwunden. Im Gegensatz zu ihr blieb ich sitzen. Ich wollte die Frau gar nicht einholen, weil ich genau wusste, dass es nicht die letzte Begegnung zwischen uns gewesen war. So etwas spürte ich. Ich hatte ihre Aura nicht vergessen, und wenn ich sie beschreiben sollte, dann fiel es mir schwer. Sie besaß etwas Geheimnisvolles und auch Exotisches. Ein Flair, das nicht an mir vorbeigegangen war und mich auf eine ungewöhnliche und seltsame Art und Weise berührt hatte.

Mein Krug war noch fast bis zur Hälfte mit Bier gefüllt. Als ich einen Schluck trank, schmeckte mir das Zeug nicht mehr, denn es war inzwischen warm geworden.

Mein Kreuz hatte auf diese Person nicht reagiert. Ich nahm es als ein gutes Zeichen hin. Wäre es anders gewesen, hätte ich verdammt aufpassen müssen.

Wenn ich über das Gespräch nachdachte, so hatte es mich zumindest neugierig gemacht. Ich stellte mir noch einmal die Frau vor und dachte daran, dass ich sie nicht kannte. Sie hatte ihren Namen nicht genannt. Sie war eine geheimnisvolle Person, exotisch durch ihre dunklere Haut, und die wollte mir wiederum nicht aus dem Kopf.

Ich stufte sie als eine Schwarzafrikanerin ein, aber sie musste aus einem Teil des Riesenkontinents gekommen sein, in dem die Menschen nicht so dunkelhäutig waren wie in der Mitte oder im Süden.

Diese Hautfarbe erinnerte mich eher an die der Menschen, die zu den arabischen Völkern gehörten. Möglicherweise stammte sie auch von dort ab. Oder sie kam aus dem Süden Ägyptens, wobei ich auch an den Sudan und Äthiopien dachte.

Äthiopien!

Mein Gott, dieses Land war mit meinem Leben schicksalhaft verbunden. Da brauchte ich nur an die Bundeslade zu denken, vor der ich tatsächlich mal gestanden hatte.

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich Glenda Perkins zurückkehren sah. Sie und ich hatten uns den Nachmittag oder auch den frühen Abend anders vorgestellt. Es war anders gekommen, und als ich einen Blick in ihr Gesicht warf, stellte ich fest, dass sie nicht mit der besten Laune zurückkehrte.

Sie wirkte verbissen, und mit einer fast wütenden Bewegung setzte sie sich auf ihren angestammten Platz. Glenda war schnell gelaufen. Auf ihrem Gesicht schimmerte ein dünner Schweißfilm. Sie holte noch immer durch den halb offenen Mund Luft, und dabei bewegten sich ihre Augen, als wollte sie irgendwo etwas entdecken.

»Und?«, fragte ich.

Ich hatte sie auf dem falschen Bein erwischt, denn sie funkelte mich an.

»Weg! Sie ist verschwunden! Einfach so. Ich habe sie nicht mehr gesehen. Dabei war ihr Vorsprung nicht mal so groß. Ich kann auch recht schnell laufen und hätte sie eigentlich einholen müssen, aber das war nicht der Fall. Sie war verschwunden, abgetaucht.«

»Hast du sie denn zwischendurch gesehen?«

»Ja ... kurz ...« Glenda dachte nach und senkte den Kopf. »Einmal tauchte sie für einen Moment auf, dann aber war sie wieder weg. Urplötzlich. Als hätte sie sich in Luft aufgelöst oder wäre über eine Grenze in eine andere Dimension geschritten.«

»Beides erscheint mir sehr unwahrscheinlich.«

»Mir auch, John. Aber wo ist sie dann?«

»Denk an das Gelände, Glenda. Es ist nicht eben übersichtlich. Da kann sie abgetaucht sein.«

Nach einer Weile gab sie mir Recht.

»Ja, schon, aber ist sie nach London gelaufen? Ich habe keinen Wagen abfahren hören und auch keinen gesehen.«

»Wer denkt denn an London? Es kann auch sein, dass sie in der Nähe geblieben ist. Und zwar unseretwegen.«

»Nein«, erwiderte Glenda und strahlte mich fast an. »Nicht wegen uns, John. Ihr ging es einzig und allein um dich. Ich bin Nebensache gewesen. Sie hat dir erklärt, dass sie dich brauchen. Sie, John, das ist die Mehrzahl. Wir müssen davon ausgehen, dass sie nicht allein ist und zu einer Gruppe gehört.« Schnell trank sie einen Schluck von dem ebenfalls warm gewordenen Wein. »Und hast du ihren Ring gesehen? Den hellen Totenkopf auf dem dunklen, glatt polierten Stein?«

»Habe ich.«

»Sehr schön. Was sagt er dir über einen Menschen, der einen solchen Ring trägt?«

Ich runzelte die Stirn. »Dass er zumindest ungewöhnlich ist und die Mitläufer-Mainstream-Ebene der meisten Menschen verlassen hat. Ein Individuum eben.«

»Und eine gefährliche Person. Wer trägt schon solche Ringe?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Die habe ich bei Rockerbanden gesehen.«

Glenda legte den Kopf zurück und lachte gegen den Himmel.

»Ja, das stimmt. Aber kannst du dir vorstellen, dass diese Frau zu einer Rockerclique gehört?«

»Nur schwer.«

»Ich überhaupt nicht. Sie will etwas anderes von dir, John. Sie ist eine exotische Frau. Eine, die aus einem anderen Kontinent stammt. Ich tippe auf Afrika, möchte aber auch Arabien nicht aus dem Sinn lassen.«

»Da kannst du sogar recht haben.«

Sie leerte mit einem letzten Schluck ihr Glas. »Wunderbar, John. Und was sagt dir das?«

»Dass wir sie wiedersehen werden.«

Glenda gefiel nicht, dass ich so ruhig auf dem Stuhl sitzen blieb.

»Und du machst dir keine Gedanken?«, fragte sie, nachdem sie ein paar Mal Luft geholt hatte.

»Im Moment noch nicht.«

Sie reckte ihr Kinn vor. Das tat sie immer, wenn ihr etwas nicht passte.

»Sag nur nicht, dass du Wochenende hast.«

»Doch, noch immer.«

»Das habe ich auch!«, erklärte sie und deutete auf sich. »Aber jetzt ist es vorbei. Mir ist der Spaß vergangen, John, denn ich weiß, dass der Besuch erst der Anfang gewesen ist. Es geht weiter. Sie hat von deinem Schicksal gesprochen. Was heißt das genau? Was wollte sie damit andeuten?«

»Ich weiß es nicht.«

»Ha, ha, das glaube ich dir sogar. Wie ich dich kenne, hast du dir darüber Gedanken gemacht, und du bist gespannt darauf, zu erleben, wie der nächste Besuch abläuft.«

»Ich kann es nicht verstehen. Diese Unbekannte ist eine geheimnisvolle Frau, und ich denke, dass ich persönlich etwas mit diesem Geheimnis zu tun habe.«

»Mit Afrika oder Arabien ...«

»Ja, zum Beispiel, Glenda. Womöglich sogar mit einem Land, das Äthiopien heißt.«

Sie dachte einen Moment nach. »Moment, da hattest du doch damals deine Irrreise, als deine Eltern starben und du in die andere Zeit versetzt wurdest. Da gab es König Salomo, das Schwert, das ihm gehörte und das du jetzt besitzt, das Rad der Zeit, auf dem du festgebunden warst, und ...«

»Bitte, hör auf. Ich weiß es. Ich habe schließlich selbst vor der Bundeslade gestanden. Ich sah, wie das silberne Skelett des Hector de Valois zusammenschmolz, aber es steht nicht fest, ob unsere Besucherin damit etwas zu tun hat.«

Glenda winkte ab. »Ist ja auch egal. Ich für meinen Teil habe keine Ruhe, hier noch länger zu sitzen. Ich weiß nicht, wie es dir ergeht, aber ...«

»Keine Sorge, ich wollte auch fahren.«

Aus großen Augen schaute sie mich an, während sie zugleich ihre Jacke vom Rücksitz holte.

»Und wo soll es hingehen?«

»Mach du einen Vorschlag, Glenda!«