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Rosslyn-Chapel, die wundersame Kirche in Schottland, stand auf der Liste der Templer-Hinterlassenschaft ganz oben. Geheimnisse umrankten sie schon immer, aber bisher hatte ich damit noch nichts zu tun gehabt. Das änderte sich, als ich erfuhr, wer die Kirche damals gebaut hatte. Henry St. Clair, mein Ahnherr und derjenige, der den Schatz der Templer angeblich nach Amerika in Sicherheit geschafft hatte. Allerdings nicht alles. Einen Teil davon sollte er in Rosslyn-Chapel versteckt haben. Plötzlich interessierten sich mehrere Parteien für das Gold der Templer. Die Weiße Macht, ich, und der israelische Geheimdienst Mossad. Doch mir blieb es durch eine Reise in die Vergangenheit überlassen, das Rätsel um das Templer-Gold zu lösen ...
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Seitenzahl: 196
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Die Jerusalem-Krise
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
John Sinclair ist der Sohn des Lichts.Der Kampf gegen die Mächte derFinsternis ist seine Bestimmung.
von Jason Dark
Rosslyn-Chapel, die wundersame Kirche in Schottland, stand auf der Liste der Templer-Hinterlassenschaft ganz oben. Geheimnisse umrankten sie schon immer, aber bisher hatte ich damit noch nichts zu tun. Das änderte sich, als ich erfuhr, wer die Kirche damals gebaut hatte: Henry St. Clair, mein Ahnherr und derjenige, der den Schatz der Templer angeblich nach Amerika in Sicherheit geschafft hatte. Allerdings nicht alles. Einen Teil davon sollte er in Rosslyn-Chapel versteckt haben.
Plötzlich interessierten sich mehrere Parteien für das Gold der Templer. Die Weiße Macht, ich und der israelische Geheimdienst Mossad. Doch mir blieb es durch eine Reise in die Vergangenheit überlassen, das Rätsel um das Templer-Gold zu lösen ...
»Sinclair, in Gottes Namen, Sie müssen kommen! Sie müssen, verstehen Sie? Wir müssen uns sehen. Es ist wichtig. Es geht nicht nur um mich, sondern auch um Sie.«
Der Anrufer hatte gesprochen, gefleht, gebettelt, nur eines hatte er nicht getan. Er hatte mir seinen Namen nicht genannt. Dafür wusste ich allerdings, wo ich ihn treffen sollte. Nicht hier in London, sondern im hohen Norden, in Schottland, südlich der großen Stadt Edinburgh, und zwar auf einem Rastplatz.
Mit meinem Freund und Kollegen Suko hatte ich über den Anruf gesprochen und auf seine Reaktion gewartet.
Zuerst lächelte er. Danach meinte er nur lakonisch: »Wie ich dich kenne, willst du fahren.«
»Ich denke daran.«
»Dann nenne mir den Grund.«
»Der ist ganz einfach. Ich habe die Stimme gehört, und sie hat verdammt echt geklungen. Da hat mir niemand etwas vorgespielt, das weiß ich genau. Hier geht es um ein echtes Problem, das kann ich schon unterscheiden. Außerdem kennst du ja mein großes Gefühl, und das hat mich nicht im Stich gelassen.«
»Und das Treffen soll auf einem Rastplatz stattfinden?«
»Sicher.«
»Hast du da keine Probleme?«
»Nein.«
»Auch nicht mit einer Falle?«
Ich hob die Schultern. »Meine Güte, Suko, wie oft haben wir in einer derartigen Situation gestanden? Es ist etwas im Busch, das weiß ich. Und wie sagte der Unbekannte? Es würde auch mich etwas angehen. Mich persönlich.«
»Ja, schon«, gab Suko zu. Er blickte nicht mich an, sondern schielte zum Bürofenster hin, hinter dessen Scheibe sich die dünnen Nebelschwaden abmalten. »Kannst du dir denn vorstellen, was du damit zu tun haben solltest?«
»Nicht konkret.«
»Was dann?«
Ich zeigte ihm ein Grinsen. »Meine Affinität zu Schottland ist nach wie vor groß. Ich muss nur daran denken, woher der Name Sinclair stammt, dann weiß ich Bescheid. Da liegen die Wurzeln, und die Stimme des Anrufers hat sich angehört, als wäre dies alles, nur kein Spaß. Daran sollten wir wirklich denken.«
»Gut, dann machen wir uns auf den Weg.«
»Wir?«
Diesmal grinste Suko. »Klar, John, wir. Oder meinst du, dass ich dich allein fahren lasse?«
»Nun ja, es ist immerhin meine Angelegenheit.«
»Das kann wohl sein, aber dagegen habe ich etwas. Und Schottland im Herbst ...«
»Kann verdammt kalt und feucht sein.«
»Damit habe ich keine Probleme.«
Ich war ja froh, dass Suko mich begleiten wollte. Probleme mit unserem Chef würde es nicht geben, denn Sir James Powell hatte sich tatsächlich eine Woche Urlaub genommen. Mal ausspannen und sich durchchecken lassen, das war es, was ihm der Arzt nach einer Untersuchung geraten hatte.
In diesem Fall ging ich auch meiner Nase nach. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht mal ahnte, welch ein sensationeller Fall da auf mich zurollte, in den auch ich durch meine historische Vergangenheit verstrickt war ...
Der Ort hieß Milton Bridge. Ich kannte ihn nicht, aber es war insofern wichtig, dass in seiner Nähe die A 703 vorbeiführte und es einen kleinen Rastplatz gab. Edinburgh, die Stadt am Meer, lag nördlich von uns, aber an diesem Ort war von ihrem Dunstkreis nichts mehr zu spüren. Uns umgab schon jetzt die Einsamkeit einer schottischen Hügellandschaft, obwohl hier noch einige Straßen entlangführten oder sich auch kreuzten. Weiter südlich wurde es dann einsamer. Da begann der Teil des Landes, der nur etwas für Kenner war.
In Milton Bridge hatten wir uns zwei Zimmer genommen. Eine private Pension mit Breakfast, das uns beiden allerdings nicht geschmeckt hatte. Wir hatten uns das Haus allerdings auch nicht ausgesucht. Es war uns durch den Anrufer empfohlen worden, als er sich noch mal gemeldet hatte, und nach einem weiteren Anruf hatte er uns dann zu diesem Rastplatz bestellt, auf dem wir nun warteten.
Den großen Trubel gab es hier nicht. Auch dieser Flecken lag ziemlich einsam. Die Fahrzeuge, die über die Bahn hinwegrollten, waren nicht zu sehen und nur zu hören. Ein Gürtel aus Büschen nahm uns die Sicht auf die Straße.
Eine genaue Uhrzeit hatte man uns nicht genannt. Gegen 17.00 Uhr hatte es geheißen, und so waren Suko und ich auch etwa eine halbe Stunde früher eingetroffen.
Wir waren nach Edinburgh geflogen und hatten uns dort einen Leihwagen genommen. Suko hatte auf einen Mini bestanden und bei mir keinen Widerspruch geerntet. Mein Freund war das kurze Stück gefahren und hatte seinen Spaß daran gehabt. Über die gute Straßenlage des Mini konnte er sich gar nicht beruhigen.
Und dann mussten wir nachdenken und miteinander reden. Ich war der Meinung, dass sich Suko zurückhalten sollte, um mir Rückendeckung zu geben.
»Und wo?«
»Kriech in einen Busch.«
»Toll. Immer ich.«
»Man will ja mich sprechen. Von dir ist nicht die Rede gewesen. Ich weiß nicht, ob du den Unbekannten nicht verscheuchst.«
»Der weiß längst, dass du nicht allein unterwegs bist.«
»Trotzdem möchte ich auf Nummer Sicher gehen.«
Suko moserte zwar noch etwas herum, war aber schließlich einverstanden und tauchte ab. Der Vergleich stimmte sogar, denn mittlerweile wurde der Nebel immer dichter und breitete sich als grauer Vorhang aus. Seine Farbe entsprach genau meiner Stimmung, denn happy war ich über das Wetter nicht. So etwas konnte man ideal als eine Falle nutzen. Und ob sich nur ein Mensch mit mir treffen wollte, war auch noch die große Frage.
Obwohl nichts passierte, stieg die Spannung bei mir an. Es konnte auch an der Umgebung liegen, die tatsächlich ideal für einen Hinterhalt war. Zur Straße hin wuchs die Wand aus Sträuchern. Das war die eine Seite, aber es gab noch eine zweite, und die war weniger schön. Zur anderen Richtung hin war das Gebiet ebenfalls nicht einsehbar. Da gab es die hohen Bäume und auch das Unterholz, das hohe Gras, und es gab auch Äste, die miteinander verflochten waren.
Wir hatten kurz nachgeschaut, wie das Gelände dahinter aussah. Es fiel dort ab. Ein flacher Hang, über den sich ebenfalls Dunstschwaden hinwegschoben, die diese Welt so fremd und dicht machten.
Ich hatte die Scheibe an der Fahrerseite um eine Handbreit nach unten fahren lassen. Es machte mir nichts aus, dass die graue Suppe zusammen mit einer gewissen Feuchtigkeit in meinen Wagen drang. Für mich war es wichtig, dass ich hörte, was draußen vorging. Von der Straße her klangen die Geräusche der vorbeifahrenden Wagen nur sehr gedämpft an meine Ohren. Wäre nicht meine innere Spannung gewesen, ich hätte auch die Augen schließen und schlafen können.
Das tat ich nicht. Ich blieb hellwach und schaute nach vorn zu einer der beiden Zufahrten hin, die allerdings nicht mehr zu sehen waren, weil der Nebel sie verschluckt hatte.
Ebenso wie Suko. Aber ich wusste, dass er in der Nähe war und die Augen offen hielt.
Dann bewegten sich zwei schwammige Lichter vor mir. Sie wirkten im Nebel wie faserige Augen, die nicht viel näher kamen, denn das Fahrzeug wurde angehalten.
War darin der unbekannte Anrufer?
Ich stellte mich darauf ein, verwünschte den Nebel und wünschte mir freie Sicht.
Jedenfalls wurde die Fahrertür des Wagens aufgestoßen. Ein Mann verließ das Auto. Er blieb stehen und reckte sich. So reagiert jemand, der lange hinter dem Steuer gesessen hat und jetzt etwas Bewegung braucht.
Der Mann schaute auch zu meinem Fahrzeug hin, das sich schwach innerhalb des Dunstes abmalte. Ich wartete darauf, dass er zu mir kam. Den Gefallen tat er mir nicht, denn er ging mit schnellen Schritten an den Gebüschrand und öffnete seine Hose.
Ich musste grinsen, als er Wasser ließ. Eine Minute später saß er wieder in seinem Fahrzeug und fuhr damit dicht an mir vorbei. Falscher Alarm also.
Ich schaute zur Uhr hin.
Die Zeit war reif. Der Unbekannte hätte jetzt erscheinen müssen, aber er kam nicht. Dafür meldete sich mein Handy.
Es war Suko, der mich fragte, ob sich schon etwas getan hatte.
»Nein. Aber das müsstest du doch auch wissen.«
»Stimmt. Nur halte ich mich hier versteckt und bekomme leider nicht so viel zu sehen.«
»Es ist ruhig.«
»Und was war mit dem Wagen?«
»Der Fahrer musste mal.«
»Ah ja.«
»Bleib cool, mein Lieber.«
»Gern. Wie lange willst du warten?«
»Ich weiß es noch nicht. Aber wenn ich kalte Füße bekomme, dann hauen wir ab.«
»Gut. Bis dann.«
Hatten wir einen Fehler begangen? Hätten wir einfach die Zeit ignorieren sollen? Ich wusste es nicht, aber ich war hin- und hergerissen. Ich wusste, dass etwas auf mich zukam. Nur der Auslöser des Ganzen ließ sich entsprechend Zeit.
Um mich herum hatte die Stille wieder die Oberhand gewonnen. Ich hörte so gut wie nichts, aber der Nebel verdichtete sich zum Glück nicht weiter. So gelang es mir einigermaßen, den Blick über den Parkplatz schweifen zu lassen.
Ich überlegte auch, ob ich aussteigen sollte. Mir ein wenig die Beine zu vertreten war gar nicht so verkehrt. So öffnete ich die Tür und verließ den Wagen.
Es wurde kalt. Der Nebel klebte in meinem Gesicht fest. Vor den Lippen dampfte der Atem. Wieder sanken Blätter zu Boden. Nach den ersten Stürmen würden die Bäume leer sein, und dann blieb auf dem Boden der farbige Teppich liegen.
In meiner Nähe raschelte es.
Ich drehte mich um, dachte auch an ein Tier, aber es war ein Mensch, der mich ansprach.
»Sie haben Ihr Wort gehalten, John, das ist gut.«
»So bin ich nun mal.«
Ich hatte mich noch weiter gedreht, um den Mann anschauen zu können, aber er hielt sich noch bedeckt. Zudem schützte ihn der Nebel.
»Steigen Sie wieder in den Wagen, John.«
»Und wohin soll ich fahren?«
»Wir bleiben hier stehen. Außerdem ist es gut, dass jemand Ihren Rücken deckt. Man kann nie wissen.«
Er hatte Suko also gesehen. Es freute mich, dass er es auf die leichte Art nahm. Sein Vertrauen uns gegenüber schien doch ziemlich groß zu sein.
Ich stieg wieder ein, und der Mann öffnete die Beifahrertür. Erst jetzt sah ich ihn richtig, aber zuvor fiel mir schon der Geruch auf, den er ausströmte. Okay, da überwog die Feuchtigkeit, aber irgendwie roch er auch nach Staub und alten Steinen. Als hingen gewisse Erinnerungen an die Vergangenheit im dunklen Stoff seines Mantels.
Vom Aussehen her konnte man ihn eher als unscheinbar beschreiben. Er war ein Mensch, der nicht auffiel. Mittelgroß, eine kahle Stelle auf dem Kopf, ein rundes Gesicht, zu dem das weiche Kinn passte, und eine kleine Nase, die leicht nach oben zeigte. In der Hand hielt er eine flache Mütze. Er hatte sie vor dem Einsteigen abgenommen.
»Sie sind also der Mensch, der mich herbestellt hat?«
»Genau, Mr. Sinclair.«
»Wenn Sie mich schon kennen, würde ich auch gern Ihren Namen erfahren, wenn es möglich ist.«
»Natürlich. Ich heiße Peter Graves.«
»Gut. Stört es Sie, wenn ich Ihnen sage, dass ich den Namen noch nie zuvor gehört habe?«
»Nein.«
»Aber Sie kennen mich!«
Er lachte und drehte mir seinen Kopf zu. »Wer kennt Sie nicht, Mr. Sinclair?«
»Bitte. Da gibt es einige Menschen, die noch nichts von mir gehört haben.«
»Ja, das schon, aber in gewissen Kreisen haben Sie schon einen Namen. Was ich nicht nur auf Sie persönlich beziehe, sondern auch auf das, was man persönliche Vergangenheit nennt, die doch gerade hier in Schottland ziemlich präsent ist.«
»Das kann ich nicht bestreiten. Der Name Sinclair hat hier schon einen Namen. Da brauche ich nur an Sinclair Castle an der Nordostküste zu denken.«
»Richtig. Aber darum geht es in diesem Fall nicht. Auch den Sinclair-Clan können Sie vergessen. Dafür sind Dinge passiert, die ...«, er hob die Schultern, »nicht einfach zu erklären sind. Da könnten Sie schon Probleme bekommen.«
»Machen Sie es doch nicht so spannend.«
»Bitte, Mr. Sinclair, ich mache es nicht spannend. Es ist spannend und gefährlich.«
»Deshalb bin ich ja hier, um diese Gefahr möglicherweise abzuwenden oder ihr entgegenzutreten. Oder nicht?«
»So ähnlich.«
»Und was wollten Sie mir mitteilen?«
Peter Graves nagte an seiner Unterlippe. Ich bekam keine direkte Antwort, denn er sprach zunächst über sich.
»Ich bin von Beruf Steinmetz und Restaurator. Es ist wichtig, dass Sie das wissen, Mr. Sinclair. In meinem Beruf gibt es viel zu tun, und er ist auch nicht so einfach gestrickt, wie es sich vielleicht anhören mag. Man muss schon ein bestimmtes Wissen haben, um erfolgreich zu sein.«
»Ich werde mich hüten, Ihnen das abzuerkennen. Dann hat Sie Ihr Wissen also auf meine Spur gebracht, nehme ich mal an.«
»Das kann man so sagen.«
»Jetzt möchte ich nur noch wissen, worum es geht.«
Graves schaute sich so vorsichtig um, als rechnete er damit, heimlich beobachtet zu werden. Sein Blick glitt durch die Fenster, doch draußen bewegte sich nur der Nebel.
»Es geht um einen tiefen Griff in die Vergangenheit, Mr. Sinclair. Um eine Vergangenheit, die sich hier in dieser Gegend abgespielt und auch Spuren hinterlassen hat.«
»Von wem?«
»Templer«, flüsterte er.
Ich nickte und war nicht mal zu sehr überrascht, denn zahlreiche Spuren dieser Ritter vom Tempel Salomons zu Jerusalem führten in viele Länder Europas und sogar nach Übersee. Ich wusste auch, dass hier einiges noch verborgen lag, das einer Aufklärung bedurfte.
»Sind Sie überrascht, Mr. Sinclair?«
»Nicht allzu sehr.«
»Gut.« Er schaute mich kurz an und lächelte dabei. »Ich weiß etwas über Sie Bescheid, das steht außer Frage, aber was ich hier entdeckt habe, wird auch Ihnen neu sein.«
»Dann sollten Sie jetzt reden, Mr. Graves.«
Zunächst drehte er seine flache Kappe zwischen den Fingern.
»Wie ich Ihnen schon sagte, arbeite ich als Restaurator. Ich bin spezialisiert auf Fresken und Bilder und hoffe immer darauf, mal einen historischen Schatz zu entdecken.«
»Was Ihnen auch gelungen ist – oder? Sonst hätten Sie mich nicht angerufen.«
»So könnte man das sagen.«
»Und was haben Sie entdeckt?«
Nach dieser für mich entscheidenden Frage hoffte ich, auch die entsprechende Antwort zu erhalten, aber Peter Graves verhielt sich zunächst ruhig und schaute sich wieder um.
Ich wollte ihn beruhigen und sagte: »Keine Sorge, wir sind hier allein.«
»Man kann nie wissen.«
»Mehr sage ich nicht.«
»Das weiß ich doch, Mr. Sinclair, aber glauben Sie mir, ich habe meine Probleme. Eine Frage zuvor. Kennen Sie Rosslyn Chapel?«
Ich sagte nichts, denn ich überlegte. Nach einigen Sekunden nickte ich.
»Ja, dieser Name ist mir schon ein Begriff. Es ist eine Kirche ...«
»Nicht nur das«, unterbrach Graves mich. »Sie ist mehr, viel mehr.«
»Was genau?«
»Ein kryptisches Bauwerk. Etwas, das von den Templern geschaffen worden ist. Das man auch als gut erhalten bezeichnen kann und das noch immer von bestimmten Geheimnissen umgeben ist«, gab er flüsternd seine Erklärung ab. »Zudem befindet sich Rosslyn Chapel nur ein paar Meilen von hier entfernt. Sie ahnen, worauf ich hinauswill?«
»Ja, schon, auf die Kirche.«
»Ich habe dort gearbeitet.«
»Restauriert?«
»Ja.«
»Und weiter?«
Er zog seine Wangen zusammen. »Und jetzt habe ich Angst, Mr. Sinclair, eine hündische Angst. Das können Sie sich nicht vorstellen, aber es ist so.«
»Woher stammt die Angst?«
»Ich habe Drohungen bekommen, die Finger von Rosslyn Chapel zu lassen. Ich darf nicht weitergehen, wenn mir mein Leben lieb ist. Es ist wirklich der reine Wahnsinn.«
»Haben Sie sich darauf eingelassen?«
»Nein, das habe ich nicht. Das ist mir viel zu wichtig gewesen. Aber ich sah mich nicht in der Lage, allein weiterzumachen. Ich habe um Hilfe gebeten ...«
»Wen?«
»Zunächst im Vatikan.«
»Oh ...«
»Die Weiße Macht«, flüsterte er. »Father Ignatius hörte von meinen Problemen. Er war sehr kooperativ und hat mir geraten, mich an Sie zu wenden. Daran hatte ich schon gedacht, doch ich traute mich nicht so recht. Ich befürchtete, dass Sie mich auslachen würden, doch Father Ignatius hat mir Mut gemacht.«
»Darf ich fragen, woher Sie ihn und die Weiße Macht kennen?«
Er räusperte sich und sagte: »Ich bin jemand, der für die Weiße Macht arbeitet.«
»Tatsächlich?« Meine Überraschung war nicht gespielt.
Der Mann neben mir zuckte mit den Schultern. Er rang sich dann ein Lächeln ab.
»Nun ja, ich bin kein Superagent, das auf keinen Fall. Ich bin jemand, den man durchaus als einen Zuträger bezeichnen kann, wenn Sie verstehen. Ich sammle Informationen. Man hat Kontakt mit mir aufgenommen. Ich komme recht weit in meinem Job herum. Während meiner Ausbildung habe ich auch ein Jahr im Rom gelebt, um mich auf gewisse Dinge einstellen zu können. Ich wollte an der Quelle sein, verstehen Sie?«
»Alles klar. Da hat man Sie angeworben?«
»Nein, so kann man das nicht sagen. Man warb mich nicht an. Ich selbst bin auf die entsprechenden Menschen zugegangen und habe mich angeboten. Ich bin so etwas wie ein freier Mitarbeiter für diesen Geheimdienst. Ich besorge Informationen über Kirchen und deren Geschichte. Ich arbeite an alten Fresken, Bildern und Figuren. Hin und wieder entdecke ich etwas, das sehr wichtig für die Kenntnisse über die Vergangenheit ist.«
»Aha«, sagte ich leise. »Und das ist Ihnen jetzt passiert, Mr. Graves?«
»Genau.«
»Was ist es?«
»Ein Bild und ein Fresko. Man kann es nicht so genau unterscheiden. Aber es ist vorhanden. Ich habe es nicht in Rosslyn Chapel selbst entdeckt, sondern in dem Gewölbe, das unterhalb der Kirche liegt. Es war auch mehr Zufall und hatte ebenfalls etwas mit meiner brennenden Neugierde zu tun.«
»Was haben Sie denn gesehen?«, fragte ich.
»Eine Szene.«
Ich zuckte die Schultern. »Das sagt mir nicht viel, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Das weiß ich, Mr. Sinclair. Das Bild zeigt drei Männer. Einer trägt die Tracht eines hohen geistlichen Würdenträgers. Ich gehe davon aus, dass er ein Kardinal oder zumindest ein Bischof gewesen ist. Die anderen beiden sind weltlich gekleidet. Sie stehen zusammen und haben eine Haltung eingenommen, die den Betrachter irgendwie abschrecken soll. Einer der Männer streckt dem Zuschauenden sogar seine Hand entgegen, als wollte er sagen: Bis hier und nicht weiter.«
»Das soll so aufregend sein?«, fragte ich bewusst provozierend.
»Ja, das ist es.«
Ich lächelte und räusperte mich. »Wenn Sie nicht wissen, wer die drei Männer sind und ...«
»Moment, Moment«, unterbrach er mich, »das habe ich nicht gesagt. Ich gehe davon aus, dass einer der Männer ein gewisser Prinz Henry St. Clair ist. Und jetzt müssen Sie doch aufhorchen, Mr. Sinclair.«
Ich horchte nicht nur auf, ich war auch leicht alarmiert. Der Name Henry St. Clair war mir schon ein Begriff. Er stand in einem direkten Zusammenhang zu dem sagenumwobenen Templerschatz. Teile davon sollte er damals in Sicherheit gebracht haben, und zwar nach Amerika, das offiziell noch nicht entdeckt worden war.
»Sie wissen Bescheid, nicht?«
»Leider nicht gut genug, Mr. Graves.«
»Aber mit dem Namen Henry St. Clair können Sie schon etwas anfangen?«
»Natürlich.«
»Und deshalb habe ich mich an Sie gewandt.«
Ich musste erst mal schlucken. »Sie gehen also davon aus, dass einer dieser Männer Henry St. Clair ist?«
»Ja, so ist es.«
»Und die anderen beiden?«
»Da stehe ich noch vor einem Rätsel«, gab er zu.
»Haben Sie keinen Verdacht?«
Er senkte den Kopf. »Schon. Sagt Ihnen der Name Hugo de Payens etwas?«
Beinahe hätte ich laut gelacht. Im letzten Augenblick verkniff ich mir diese Gefühlsregung und gab eine normale Antwort. »Wann hat Hugo de Payens den Orden gegründet? Um 1119 herum?«
»Genau. Man wollte bei den Kreuzzügen dabei sein. Man weiß heute, mit welch wahnsinnigen Problemen die Menschen damals auf ihrem Weg ins Heilige Land belastet waren. Und so waren es die Templer, die zum Schutz der übrigen Ritter antraten und sich auch um deren medizinische Versorgung kümmerten. Am Ende des 13. Jahrhunderts ging das Heilige Land endgültig an die Muslime über. Was dann geschah, brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen. Die Templer wurden verfolgt und fast aufgerieben. Der Kirche waren die Mönchs-Soldaten zu mächtig geworden.«
»Alles bekannt.«
»Sehr gut. Und deshalb gehe ich davon aus, dass Hugo de Payens auf diesem Bild ist.«
»Das kann sein«, sagte ich, »trotzdem will mir nicht in den Kopf, was dieser Gründer des Ordens mit Henry St. Clair zu tun hat, der ja viel später lebte.«
»Das ist das große Problem«, gab Peter Graves zu und atmete hörbar durch. »Darüber habe ich mir meine Gedanken gemacht, und ich denke auch, einen kleinen Erfolg erreicht zu haben.«
»Hört sich gut an.« Ich wollte, dass er weitersprach, um tiefer in dieses Geheimnis eindringen zu können.
»Ich möchte bei dem Gründer des Ordens bleiben. Sie wissen selbst, Mr. Sinclair, dass nicht alles gut gewesen ist, was die Kreuzfahrer taten. Sie haben gemordet, gefoltert, geplündert, und es ist verdammt viel Unrecht geschehen. Besonders stark wurden die Städte geplündert. Gold, Edelsteine, Juwelen, kostbare Stoffe ...«
»Wobei wir wieder beim Schatz der Templer wären«, sagte ich.
»Genau. Beim Schatz und bei Henry St. Clair, der ihn in Sicherheit hat bringen sollen. Denken Sie an seine Reise über das Meer hinweg.«
»Wissen Sie mehr darüber?«
»Nein«, sagte Graves etwas betrübt. »Aber ich glaube daran, dass er einiges hat in Sicherheit schaffen können, bevor die Feinde an die Schätze herankamen. Sie mussten ja zwischengelagert werden, und ich gehe davon aus, dass dies in der Templer-Kirche Rosslyn Chapel geschehen ist.«
»Nicht schlecht«, sagte ich.
»Das ist nicht alles«, flüsterte Graves. »Wenn überhaupt, dann hat Henry St. Clair nur Teile davon wegschaffen können. Einiges ist noch hier im Land geblieben. Auch Hugo de Payens soll sich im Orient bereichert haben. Er brachte einiges mit. Er versteckte die Beute, und es gibt einige Menschen, die behaupten, das Versteck auch zu kennen. Ich weiß das aus alten Fragmenten von Niederschriften.«
»Wo soll das Versteck denn gewesen sein?« Die Antwort ahnte ich schon, ich wollte sie trotzdem aus dem Mund des Mannes hören.
»In Rosslyn Chapel.«
»Also doch.«
Mein Nebenmann schwieg. »Mehr sagen Sie dazu nicht, Mr. Sinclair?«
»Nein. Denn es lief alles darauf hinaus. Und so unbedarft bin ich auch nicht.«
Zum ersten Mal, seit er neben mir saß, begann er zu lachen.
»Da habe ich mir doch den richtigen Menschen ausgesucht.«
Ich brachte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
»Das kommt ganz darauf an, Mr. Graves.«
»Wieso?«
»Ich möchte bestimmte Dinge der Vergangenheit gern ruhen lassen, wenn Sie verstehen. Ich will einfach nicht, dass sie so weit in die Öffentlichkeit gelangen, dass ...«
Er ließ mich nicht ausreden. »Das denke ich auch. Sie brauchen nicht zu meinen, dass Sie mir bei der Schatzsuche helfen sollen, das auf keinen Fall. Darum geht es wirklich nicht. Ich will da nichts rauben. Das habe ich auch mit Father Ignatius von der Weißen Macht abgesprochen. Es geht hier einfach darum, dass ich einen Unterstützer finde. Ich möchte auch das Rätsel des Bildes klären, und ich möchte Sie schon um einen gewissen Schutz bitten, Mr. Sinclair.«
»Wovor soll ich Sie schützen?«
»Vor Feinden.«
Ich schwieg. Gleichzeitig überlegte ich, ob er es ernst gemeint hatte. Das war möglich, denn für einen Spaßvogel hielt ich ihn nicht.
»Sie glauben mir nicht?«
»Können Sie konkreter werden?«