John Sinclair Sonder-Edition 6 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 6 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

AEBA - wer erinnerte sich nicht an diesen Namen? An die Leibwächter von vier ranghohen Dämonen, die Reiter der Apokalypse. Zweimal hatte ich gegen sie gekämpft, aber ich hatte sie nicht entscheidend besiegen können. Sie waren nur in eine andere Dimension geschleudert worden. Dort waren sie wieder erstarkt. Und sie kannten nur ein einziges Ziel: Rache!

Sie kehrten zurück, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Und ich, John Sinclair, machte mich bereit, zum dritten Mal gegen sie anzutreten ...

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Seitenzahl: 164

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Rache der Horror-Reiter

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Cebollo/Bassols

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1626-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Die Rache der Horror-Reiter

von Jason Dark

Der Kampf wurde mit erbarmungsloser Härte geführt!

Auf der einen Seite standen Myxin und seine Schwarzen Vampire. Mit ihnen zusammen kämpfte ein Verzweifelter, ein Mann, der das Kreuz und den magischen Bumerang besaß – John Sinclair.

Auf der anderen Seite standen mächtige Gegner. An erster Stelle der Schwarze Tod, unterstützt von Asmodinas Todesengeln und den vier gefährlichen Horror-Reitern.

Sie wollten zusammen mit dem Schwarzen Tod den Geisterjäger vernichten.

Es kam anders. Zusammen mit dem Bumerang entfaltete das Kreuz eine nie gekannte magische Kraft. Aus den Jenseitswelten griffen die Herrscher des Lichts ein. Die vier Strahlen aus dem geheimnisvollen Kreuz zerrissen die Horror-Reiter und schleuderten sie in die Unendlichkeit der Dimensionen.

Doch die Horror-Reiter waren nicht tot. Das Schicksal wollte es anders. Sie überlebten. Und sie sannen auf grausame Rache!

***

Asmodina hatte flammend rotes Haar, und aus ihrer Stirn wuchsen zwei Hörner. Darunter befand sich ein glattes marmornes Gesicht mit zwei eiskalten Augen. Der Mund bildete einen Strich, so hart waren die Lippen aufeinandergepresst.

Sie war eine Frau mit der Figur einer Göttin, und doch war sie so schlimm wie der Teufel selbst, denn sie war seine Tochter.

Und Asmodina hatte Sorgen. Nachdem sie die Position des Schwarzen Tods übernommen hatte, wollte sie sich zur Herrscherin im Reich der Dämonen aufschwingen. Sie wollte die unzähligen Welten erobern, sie ihrem Reich angliedern und sich große Dämonenfürsten untertan machen.

Das ließen sich andere, mächtige Dämonen nicht gefallen, auch wenn sie die Tochter des Teufels war, der angeblich an oberster Stelle in der Höllenhierarchie stand. Doch das war ein Amt, das er sich selbst gegeben hatte. Tatsächlich aber waren der Aufbau und die Hierarchie wesentlich vielschichtiger gegliedert.

Es gab andere, sogar schlimmere Dämonen, und das hatte besonders Asmodina während der internen Machtkämpfe zu spüren bekommen. Sie musste einsehen, dass sich die anderen nicht so lenken ließen. Immer wieder wurde sie in ihre Schranken verwiesen.

Hinzu kamen spektakuläre Niederlagen. Sie hatte Destero, einen ihrer wichtigsten Diener, verloren. Es war ihr zwar gelungen, die Mordliga zu gründen, doch Dr. Tod und seine Vasallen gingen eigene Wege.

Alles Beweise, die auch von den anderen hohen Dämonen registriert wurden. Niemand akzeptierte sie als Königin, man beobachtete nur. Vor allen Dingen interessierte sie der Kampf Asmodina gegen den Geisterjäger John Sinclair.

Sinclair war ein Mensch, ein Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Mächte der Finsternis zu bekämpfen. Und vor allen Dingen Asmodina. Alles hatte sie versucht, um diesen Sinclair in ihre Klauen zu bekommen. Ein paar Mal war sie nahe dran gewesen, aber im Endeffekt hatte sich der Geisterjäger als der Schlauere entpuppt.

Es gab eigentlich nur wenige Dämonen, die noch auf ihrer Seite standen. Dazu gehörten der Spuk, einer der mächtigsten und Herrscher im Reich der Schatten, sowie Maddox, der Dämonenrichter, der die Versager aburteilte.

Sie allein hielten noch treu zu ihr. Und natürlich die Heerscharen niederer Dämonen, aber die zählten im Endeffekt nicht.

Man beobachtete sie weiter, und man zog Lehren aus ihren Niederlagen.

Asmodina musste die Karten auf den Tisch legen. Und die sahen nicht besonders aus. Sie hatte nach Ausreden gesucht, doch die vier Mächtigen hatten auf diesem Treffen bestanden.

Selbst Asmodis konnte ihr nicht helfen. Sie musste sich dem Verhör stellen.

Es waren vier! Astaroth, Eurynome, Bael, Amducias.

Dämonennamen. Diese Wesen gehörten zu den Gründern der riesigen Reiche und waren so alt wie die Welt selbst, wie sie immer behaupteten.

Sie legten die Anfangsbuchstaben ihrer Namen zusammen und bildeten daraus einen Begriff.

AEBA!

Dieser Name stand für Grausamkeit, Hinterlist, Brutalität, Chaos und Verderben. Doch sie selbst griffen selten in die Geschicke der Welt ein. Dafür hatten sie ihre Diener. Die vier Horror-Reiter!

Jeder von ihnen sah gleich aus. Und sie trugen die Namen ihrer Herren auf den Brustpanzern. Allerdings nur die Anfangsbuchstaben, doch wenn sie nebeneinander herritten und die Nüstern der Pferde Feuer und Schwefel spien, dann vereinigten sich die Buchstaben zu der Schreckensversion AEBA.

Auch sie hatten gegen John Sinclair gekämpft, doch die Widersacher, die vier Erzengel, waren stärker gewesen. Ihre Kraft hatte sie weit hineingeschleudert in die Unendlichkeit, wo sie atomisiert werden sollten, um als Geister in den ewigen Kreislauf der Schwarzen Magie einzugehen.

Fast wäre es soweit gekommen, doch dann griffen die vier Erzdämonen ein. Sie wollten nicht, dass ihre Leibwächter starben. Sie sollten weiterkämpfen und Angst und Schrecken verbreiten, denn dafür waren sie erschaffen worden.

Bei ihren Dämonen fanden sie Schutz und auch die Zeit, um sich zu regenerieren, denn die Rache, die sie dem Mann geschworen hatten, der sie so gedemütigt hatte, war zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben worden.

Nur durften sie nichts überstürzen, und deshalb überließen sie es ihren dämonischen Gönnern, den Plan vorzubereiten. Und sie wollten sich mit Asmodina treffen, damit nichts schieflief. Sie mussten sich mit der Teufelstochter absprechen.

Asmodina erwartete sie.

Und sie kamen. Praktisch aus dem Nichts tauchten sie auf. Schreckliche Gestalten, denen es nichts ausmachte, hin und wieder ihre Körperformen zu wechseln.

Da war Astaroth. Er kam zu diesem Treffen als eine männliche Medusa. Sein Schädel wurde von knallroten Schlangen umringelt, und seine Augen blickten wie grüne Diamanten. Ansonsten befand sich nichts in dem Gesicht. Kein Mund, keine Nase, keine Ohren.

Eurynome erschien als ziegenköpfige, geifernde Gestalt mit den schwellenden Formen eines Frauenkörpers.

Bael wirkte kahl wie ein fetter Buddha. Er war breit und wuchtig. Seine Haut schillerte golden, die Pupillen bestanden ebenfalls aus Goldplättchen.

Amducias sah aus wie ein eleganter Beau. Wenigstens von hinten. Wenn er sich allerdings umdrehte, dann schaute der Betrachter in ein Gesicht, das auch einem Krokodil hätte gehören können.

Sie waren da und schauten Asmodina an. Ein Mensch wäre vor Angst und Grauen bei diesem Anblick dem Wahnsinn verfallen, nicht so die Teufelstochter. Sie lächelte nur spöttisch, womit sie wieder einmal ihre Überheblichkeit demonstrieren wollte.

»Willkommen, meine Freunde!«

Niemand glaubte ihr die Worte, aber man sagte nichts. Die vier Erzdämonen nahmen an dem halbrunden Steintisch Platz und schauten auf Asmodina, die ein nachtschwarzes Gewand trug, durch das ihre helle Haut schimmerte.

»Weshalb wolltet ihr mich sprechen?«, fragte sie.

»Weil es Zeit wurde, mit dir zu reden«, erwiderte Astaroth, der Schlangenköpfige.

»So? Ich wüsste nicht, worüber wir sprechen sollten.«

Die anderen drei Dämonen schauten Astaroth an, den sie zu ihrem Sprecher auserkoren hatten. Die Stimme drang von irgendwoher, nur nicht aus dem Gesicht. Vielleicht sprachen auch die Schlangen. Die folgenden Worte trafen Asmodina wie schwere Peitschenhiebe.

»Du hast große Fehler gemacht, denn du warst nicht in der Lage, deinen Feind John Sinclair zu vernichten. Wir klagen dich noch nicht an, weil wir dir weiterhin eine Chance geben wollen, aber höre auf, deine Macht zu erweitern. Du kannst nicht gewinnen, auch wenn Asmodis dein Vater ist. Mit ihm haben wir uns verständigt. Er greift nicht ein. Da du Sinclair nicht zu Boden gezwungen hast, wir mit ihm ebenfalls eine alte Rechnung zu begleichen haben, wirst du dich zurückhalten. Was demnächst geschieht, das geht auf unser Konto. Du, Asmodina, bleibst im Hintergrund, und wenn du versuchst, uns zu stören, werden wir dich vernichten.«

Die Teufelstochter lachte. »Große Worte, die ich da höre, aber das haben schon viele gesagt. Stürzt euch auf Sinclair. Ich bin gespannt, ob ihr es schaffen werdet. Glauben kann ich es nicht. Zudem habe ich das Gefühl, dass ihr euch gegen mich verbündet habt. Deine Rede, Astaroth, gleicht schon einer Kriegserklärung. Willst du einen offenen Kampf haben?«

»Nein, den wollen wir nicht. Dann wären wir nicht zu dir gekommen, sondern hätten dein Reich direkt zerstört. Du kannst gegen unsere geballte Macht nicht an. Zudem haben wir einen Plan gefasst, wie wir den Geisterjäger packen können. Denn die vier Horror-Reiter warten auf ihre Rache.«

Asmodina schüttelte den Kopf. »Mach dich nicht lächerlich, die hat Sinclair doch schon einmal fast vernichtet.«

»Diesmal jedoch sind die Vorzeichen anders. Er wird den Kampf verlieren.«

»Und wie wollt ihr es anstellen?«

»Den Plan, Asmodina, werden wir dir nicht verraten.«

»Ich hätte euch gern geholfen.«

»Diesmal hältst du dich zurück. Wir sind an der Reihe, und wir werden dir zeigen, wie man mit seinen Gegnern umgeht. Wenn die vier Reiter John Sinclair vernichtet haben, reden wir mit deinem Vater, um andere Machtverhältnisse herbeizuführen. Das nur als kleine Warnung, denn deine Machtgelüste müssen gestoppt werden.«

Die Teufelstochter zuckte zusammen. Noch nie hatte ihr jemand solche Unverschämtheiten entgegengeschleudert. Sie konnte sich nicht mehr beherrschen, ihre Augen nahmen eine knallrote Farbe an und wurden zu rotierenden Feuerrädern.

»Du wagst es!«, schrie sie. »Du wagst es wirklich, du jämmerlicher Zwerg?«

Auf einmal zischten Blitze aus den Augen, trafen die Schlangen des Astaroth und vernichteten sie. Im gleichen Moment klaffte der Schädel des Dämons auf, ein grünlich schimmernder, tentakelartiger Arm wischte daraus hervor, umschlang Asmodinas Nacken, hob sie hoch und schleuderte sie wuchtig gegen die Wand.

Doch auch die Teufelstochter reagierte. Ihr Körper schrumpfte und wurde selbst zu einer Schlange, die innerhalb von Sekunden ins Unendliche wuchs.

Apep, die Höllenschlange entstand! Zu spät, die vier Dämonen hatten sich bereits aufgelöst. Ihre Plätze waren leer.

Asmodina verwandelte sich wieder zurück. »Wartet nur!«, knirschte sie. »Meine Zeit kommt auch noch!«

Und aus den Tiefen des dämonischen Reiches erklang noch einmal Astaroths Stimme. »Hüte dich, Asmodina! Hüte dich!«

***

Die Irrenanstalt lag dort, wo Touristen normalerweise nicht hinkommen. Südlich von Madrid, mitten in der heißen Zone, nahe der kleinen Stadt Pinto, wo die Berge kahl waren und die Sonne auf das braungraue Gestein schimmerte. Sie war sehr alt und zweimal modernisiert worden. Aber auch das hatte nicht viel geholfen. Die Anstalt glich noch immer einem schaurigen Gefängnis.

Die Grundmauern des Gebäudes bestanden aus uralten Steinquadern, die schon den Angriffen der Mauren standgehalten hatten. Darauf ruhten die Gebäude. Sie waren ebenfalls aus Steinen gebaut und galten absolut ausbruchsicher. Zudem schirmte noch eine hohe Mauer das Gebäude ab. Es bestand aus drei Trakten.

Da war einmal der kleinste. Dort befanden sich die Ärzte und Verwaltungsangestellten. Im mittleren Trakt waren die leichteren Fälle untergebracht. Und ganz außen, im ältesten Teil des Gebäudes, waren die Patienten, die man praktisch abgeschrieben hatte. Aussichtslose Fälle, die Tobsüchtigen, die ein paar Mal am Tag durchdrehten und in kahlen Zellen hockten, von denen manche sogar Gummiwände besaßen.

Von einer modernen Psychiatrie hatte man hier nicht viel gehört. Man hielt auch nicht viel davon, sondern vertraute auf altbewährte Methoden, auf die Wirkung brutaler Gewalt.

So vergingen Tage, Monate und Jahre. Patienten starben, andere wurden eingeliefert. Ein ewiger Kreislauf, in dem jeder seinen festen Platz hatte.

Nichts passierte. Und die Wächter hatten sich längst an das wilde Toben der Patienten gewöhnt, wenn einer mal durchdrehte. Dann traten ihre knallharten Argumente in Kraft, und alles war wieder in Ordnung.

Und doch sollte der Tag kommen, an dem sich alles änderte. Zuerst lief in der Klinik alles ziemlich friedlich ab. Die Sonne badete die wuchtigen Mauern in ihrem strahlendsten Licht, und auch mit den Patienten schien es keinerlei Schwierigkeiten zu geben, denn an diesem Tag blieben alle ruhig.

Darüber freuten sich die Ärzte ebenso wie das Pflegepersonal, und alles sah wirklich nach einem guten Tag in der Klinik aus.

Dann wurde es Abend. Noch hatte die Dunkelheit den Tag nicht abgelöst. Weit im Westen waren bereits die grauen Schatten zu sehen, aber noch herrschte die Sonne, deren explodierende Lichtfülle noch einmal über den Himmel strahlte.

In dieser Zeit wurden die Kranken oft unruhig. Dann drängte es sie, die Klinik zu verlassen, sie wollten aus ihren Zellen nach draußen. Sie hingen an den Fenstern, pressten ihre Köpfe gegen die Gitterstäbe, schrien, tobten und winselten.

Im Trakt für die schlimmen Fälle hatten an diesem Abend zwei lang gediente Männer Dienst, die ihre Arbeit kannten. Pedro und Carlos.

Beide stammten aus Madrid, hatten mal bei der Polizei gearbeitet, waren aber dort entlassen worden und hatten einen Job in der Anstalt gefunden. Mit Pedro und Carlos konnte man keine Scherzchen treiben. Sie schlugen sofort zu. In ihrem Bereich waren sie die unumschränkten Könige.

Pedro zählte 33 Jahre, sein Kollege war zwei Jahre älter. Sie ähnelten sich auch äußerlich. Beide waren bullig, krauses Haar und beide schwärmten für rassige Blondinen. Die meisten Frauen jedoch wollten mit diesen brutalen Muskelpaketen überhaupt keinen Kontakt, und das ärgerte die beiden.

Die Zeit bis zur Essensausgabe vertrieben sie sich mit Lesen und Radiohören. Pedro schlief auch kurz mal ein, und das Magazin mit den nackten Blondinen rutschte ihm aus den Fingern.

Carlos schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. Das Geräusch jagte Pedro hoch.

»Schlaf nicht ein, Amigo. Wir müssen gleich ran. Essensausgabe!«

»Ach, Mist.« Pedro kratzte sich mit allen Fingern auf dem Kopf herum. »Ich habe überhaupt keine Lust.«

»Na los, komm!«

Pedro stand auf, schaute nach, ob sein Gummiknüppel auch umgeschnallt war und nickte seinem Kumpan zu. Gemeinsam verließen sie ihre Bude. Vor ihnen lag ein langer Gang. Er war sogar ziemlich breit und irgendwie deprimierend öde. Die Lampen an der Decke wurden durch kleine Gitter geschützt, rechts befand sich nur Wand, links führten mehrere Türen zu den Zellen.

Eine Gittertür trennte diesen Trakt von den anderen ab. Die Stäbe waren so dick, dass eine Kinderhand sie nicht umfassen konnte. Pedro und Carlos besaßen die Schlüssel zur Tür.

Jenseits davon hörten sie das Klappern der Töpfe und Kübel. Ein Kalfaktor brachte das Essen. Der Mann sollte eigentlich schon vor drei Jahren als geheilt entlassen werden, doch er hatte sich so an die Klinik gewöhnt, dass er da geblieben war und die Aufgabe eines Mädchens für alles übernahm.

Er winkte, als er die beiden Wächter sah.

Pedro schloss auf.

Der Kalfaktor kam mit dem Wagen angefahren und grinste. Er trug einen blauen Kittel und auf dem Kopf eine Mütze.

Der Mann verschwand.

Carlos drehte den Wagen und sie begannen mit der Essensausgabe.

***

Acht Zellen befanden sich hier. Sieben hatten die beiden Männer hinter sich, als sie vor der letzten schließlich stehen blieben. Lange genug arbeiteten sie bereits in der Klinik. Sie waren abgebrüht und abgestumpft, doch der Mann, der in der letzten Zelle hockte, war ihnen nicht geheuer. Er konnte den beiden regelrecht Angst einjagen, denn das war kein normaler Irrer, obwohl er hier einsaß. Und das seit drei Jahren.

Der Mann hieß Don Alvarez. Bevor man ihn hier einlieferte, war er Abt eines Klosters hoch oben in den Pyrenäen gewesen. Den genauen Grund der Einweisung kannten wohl nur die Ärzte, aber es hatten sich gewisse Flüsterparolen herumgesprochen, die besagten, dass der Abt sich mit dem Teufel verbündet hätte und dadurch wahnsinnig geworden wäre.

Er war in der Tat anders als die übrigen Kranken. Er redete kaum, vielleicht zehn Worte in einer Woche. Aber wenn er etwas sagte, dann sprach er nur vom Teufel, von der Hölle und von seiner blutigen Rache an dem Mann, der ihn hierher gebracht hatte. Zudem war er davon überzeugt, dass man ihn befreien würde.

Die Pfleger erinnerten sich noch deutlich an die Worte bei der letzten Essensausgabe.

»Ich spüre es. Ich spüre es genau. Der Tag der Befreiung ist nahe, und niemand kann mich aufhalten. Denn sie werden kommen, und vom Himmel werden Feuer und Flammen regnen und euch vernichten.«

Auch jetzt war ihnen nicht wohl, als Pedro die Klappe öffnete. Don Alvarez hockte auf seiner festgeschraubten Bank. Er schaute kurz hoch, als er das offene Rechteck in der Tür sah, und stand langsam auf.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund trug er andere Kleidung als die übrigen Insassen des Trakts. Keinen grauen Anstaltskittel, sondern seinen Umhang oder sein Gewand, das er auch bei seiner Einlieferung angehabt hatte. Es war eine Kutte, die eine Kapuze besaß. In der Taille wurde sie durch eine weiße Kordel gehalten, und reichte bis auf die Füße des Mannes.

Der ehemalige Abt war überdurchschnittlich groß. Seine Pupillen wirkten wie schwarze Steine, der Blick war zwingend. Der dunkle Vollbart wucherte ihm fast bis auf die Brust, und wenn er die Kapuze überstreifte, dann erinnerte er an Rasputin, den dämonischen Russen aus dem letzten Jahrhundert.

»Das Essen«, sagte Pedro und schaufelte den Pappteller voll.

Alvarez trat vor. Seine Schritte waren geschmeidig. Die drei Jahre schienen an dem Mann wirklich spurlos vorübergegangen zu sein.

Er schaute durch das Rechteck. Sein Blick traf mit denen der Männer zusammen.

»Es wird das letzte Mal sein, dass ihr mir das Essen bringt«, sagte er mit dumpfer Stimme, »denn die Stunde meiner Befreiung ist nahe. Sobald sich die Schatten der Nacht über dieses Land gelegt haben, öffnet die Hölle ihre Pforten und schickt ihre Diener, die mich aus diesem unwürdigen Gefängnis herausholen. Die Horror-Reiter werden erscheinen, denn die Stunde der Rache ist gekommen.«

Selten hatte Don Alvarez so viele Worte auf einmal gesprochen. Den beiden Männern kam dies direkt komisch vor. Pedro versuchte es mit einem Witz. »Wer soll dich hier rausholen, du komischer Heiliger?«

»Die Horror-Reiter!«, flüsterte Don Alvarez.

»So, so.«

»Oh, ihr Ignoranten. Wartet noch ein paar Stunden, und ihr werdet eines Besseren belehrt. Dann bekomme ich wieder die Macht, die mir zusteht, und ich weiß nicht, ob ich für euer Leben garantieren kann. Stellt euch auf meine Seite. Jetzt und hier, dann werde ich für euch ein gutes Wort einlegen.« Er schaute sie aus seinen dunklen Augen an, und die Männer hatten das Gefühl, als würde der Blick des Mannes sie bis in die Seele treffen.

»Nimm dein Essen!«, fauchte Pedro und haute die Klappe zu.

»Ihr Narren!«, keifte Don Alvarez. »Ihr verdammten Narren!« Er lachte. Gellend und grell tönte es hinter der Zellentür auf. »Ihr werdet das Feuer erleben, und ihr werdet zittern und beben, wenn meine Rache mit der Gewalt eines Sturms über euch kommt.«

Die beiden Pfleger schoben den fahrbaren Tisch wieder den Gang entlang.

»Da kann man ja wirklich Angst kriegen«, meinte Carlos. »Soviel hat er noch nie gesagt. Glaubst du ihm?«

»Ich?« Pedro schüttelte den Kopf. »Feuer vom Himmel regnen. Der redet, als würde die Welt gleich untergehen.«

Sie ließen den Wagen an der Gittertür stehen und begaben sich wieder in ihre Bude.

Dort rauchten sie erst einmal eine Zigarette. In einer halben Stunde würde der Kalfaktor erscheinen und die Pappteller aus den Zellen holen.

Pedro stand am Fenster. Es hatte keine Gitter. Von hier aus konnte er in das Tal schauen, wo ein paar Schafe weideten und kärgliche Grasbüschel aus dem Boden zupften. Dort war es schon dunkler geworden, obwohl der Himmel noch im tiefen Rot der untergehenden Sonne glänzte.

Eine Gänsehaut lief über den Rücken des Mannes, und er schüttelte sich.

Das sah Carlos. »Was ist?«, fragte er.

»Ach verdammt, mir gehen die Worte dieses komischen Mönchs nicht aus dem Kopf heraus.«

Carlos lachte auf. »Erzähl doch nichts. Der Alte ist ein Spinner. Oder glaubst du ihm?«

»Mit welcher Bestimmtheit er das sagte. Ich weiß nicht, irgendwie bedrückt mich das.«

»Hör auf zu spinnen, der erzählt immer diesen Kram. Denk an Morgen, da haben wir frei und steigen voll ein ins Wochenende. Mann, ich weiß da von einer Puppe, die in Madrid wohnt und überhaupt nicht teuer ist. Die könnte ja ihre Freundin …«

»Keine Lust.«