John Sinclair Sonder-Edition 82 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 82 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Sie starben überall auf der Welt.
Agenten der CIA, mit allen Wassern gewaschene Spezialisten. Ihr Sterben gab Rätsel auf. Die CIA wurde in ihren Grundfesten erschüttert.
Nur einer dachte sich seinen Teil. Er holte mich in die Vereinigten Staaten und ins Pentagon.
Was ich dort herausfand, ließ mich an meinem Verstand zweifeln.
Der Chef der CIA war - ein Dämon!

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EPUB

Seitenzahl: 178

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Grauen im Pentagon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ballestar/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6634-1

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Grauen im Pentagon

von Jason Dark

Das dunkle Loch der Revolvermündung glotzte mich an wie ein leeres, kaltes Auge. Ein Zeigefinger umklammerte den Abzug.

Der Finger brauchte nur um eine Idee bewegt zu werden, dann war es aus mit mir.

Und das passierte mir mitten in London. Nur war meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Denn ich saß im Fond eines dunklen Opel Omega, in den man mich auf die nette Art und Weise mithilfe eines Revolvers hineinkomplimentiert hatte.

Dennoch blieb ich relativ gelassen. »Wenn Sie Geld wollen, sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Niemand wird für mich zahlen.«

Der Mann, der den Revolver hielt, schüttelte den Kopf. In seinem blassen Gesicht fielen besonders die kalten Fischaugen auf. Sein hellgelbes T-Shirt zeigte unter den Achseln Schweißflecken. Auf der Ablage hinter uns lag sein dünnes Jackett zusammengerollt. Er trug eine Jeanshose, seine Hände hatten etwas Prankenhaftes an sich.

Der Fahrer war eleganter und nicht so grobschlächtig, aber ihn konnte ich vergessen. Mein Interesse galt dem Revolvermann.

»Bitte«, sagte ich. »Geben Sie mir eine Antwort. Wie viel Geld wollen Sie haben?«

»Kein Geld«, erwiderte Fischauge.

»Oh wie nett. Dann kann ich ja wieder aussteigen und verschwinden.«

»Das wirst du bleiben lassen. Es sei denn, du willst ein drittes Auge bekommen.«

Jetzt meldete sich der Mann hinter dem Lenkrad. »Ich an Ihrer Stelle würde nicht so aggressiv werden, Mister Sinclair.«

Sie kannten also meinen Namen. Dass die Entführung kein Zufall gewesen war, daran hatte ich sowieso nicht glauben wollen. Sie wollten etwas von mir. Fragte sich nur, was ich ihnen getan hatte.

Der Kerl mit dem Revolver sprach nicht besonders gut Englisch. Außerdem schien er mir Ausländer zu sein, denn seine Aussprache klang ein wenig hart.

Der Fahrer gab sich kultivierter, das bezog sich auch auf seine Kleidung. Sommerliches Leinen, modern geschnitten, und unter dem Jackett ein gestreiftes Hemd.

»Sollen wir noch länger warten?«, erkundigte ich mich. »Allmählich wird es mir warm.«

»Nein, Mister Sinclair, wir werden eine Spazierfahrt unternehmen.«

»Und wohin, wenn ich fragen darf?«

»Sie dürfen, aber Sie bekommen keine Antwort. Das Fahrtziel bestimmen allein wir.«

»Gut.«

Fischauge verzog die Lippen. »Noch mal«, brummte er, »keine Dummheiten. Es ist in deinem Interesse.«

»In unser aller Interesse«, erklärte der Fahrer und startete den Omega.

Die beiden hatten mich nahe einer U-Bahn-Station erwischt. Es war Samstag, ich wollte etwas einkaufen und hatte den Wagen in der Garage gelassen. Zum Einkaufen war ich nicht gekommen. Die Kerle tauchten aus dem Gewühl auf, und den übrigen Passanten fiel nicht auf, dass sie mich in ihre Mitte genommen hatten.

Jetzt konnte ich nur abwarten.

Der Motor summte leise, als das Fahrzeug aus der Parklücke glitt. Bisher hatte ich aufrecht gesessen, jetzt lehnte ich mich zurück und presste den Hinterkopf gegen die Nackenstütze. Fischauge ließ mich nicht aus dem Blick. Er saß schräg, der Revolver blieb auf mich gerichtet.

Für mich wäre die Sitzhaltung des Mannes mehr als unbequem gewesen. »Gib nur acht, dass du nicht verkrampfst, Revolverheld, sonst bleibt die Kanone angewachsen in deiner Pranke.«

Fischauge gab mir keine Antwort, dafür der Fahrer, denn er musste bremsen. »Reizen Sie ihn nicht, Mister Sinclair. Es ist wirklich besser für Sie, wenn Sie gar nichts tun.«

»Heißt das, dass Sie mich nicht kidnappen oder umbringen wollen?«, fragte ich spöttisch und gleichzeitig provokativ.

»So ähnlich.«

»Dann bin ich beruhigt.«

»Dennoch würde ich es nicht darauf ankommen lassen. Auch wir haben unsere Grenzen.«

»Wie Sie meinen, Mister.«

Wir rollten der City of London entgegen, blieben einige Male im Verkehr stecken und fuhren schließlich in nördliche Richtung. In Bloomsbury wurde es mit dem Verkehr etwas besser. Nur nahe des British Museum stauten sich die Wagen. An der Schlange glitten wir vorbei und kamen bis zum Torrington Square, einer schmalen, aber lang gestreckten Grünfläche. Nördlich davon überragte der Bau des University College eine dicht belaubte Baumgruppe. Auf dem Dach des Gebäudes wehten Fahnen im leichten Wind.

Bis dorthin brauchten wir nicht. Der dunkelhaarige Mann hinter dem Lenkrad bog vorher in eine schmale Seitenstraße ein, in der ich nie zuvor gewesen war.

Man hatte hier saniert. Apartmenthäuser standen zwischen alten Bauten. Die neuen Wohnherbergen fügten sich harmonisch in das alte Straßenbild ein, sie waren nicht zu hoch gebaut worden. Da wohnten viele Studenten.

Unser Ziel war eines der älteren Häuser. Es lag etwas versetzt. Ein schmaler Weg führte an der linken Seite um das Gebäude herum. Der Wagen passte gerade hindurch, ohne mit dem zweiten Außenspiegel an der Begrenzungsmauer entlangzukratzen.

Hinter dem Haus fanden wir einen Parkplatz. Im Halbkreis rollten wir aus und blieben erst einmal für eine Weile stehen.

»Sollen wir nicht aussteigen?«, fragte ich.

»Gleich«, erwiderte der Mann am Steuer. Er drehte sich zu mir um.

Ich sah ihn jetzt besser. Auf seinem Kopf wuchs dichtes Schwarzhaar. Brauen lagen wie dunkle Balken über den Augen. Die Nase war etwas zu klein und besaß einen Schwung nach oben. Einen unsympathischen Eindruck machte der Mann nicht.

Wir schauten uns an.

»Wollen Sie ein Foto?«, erkundigte ich mich.

Er schüttelte den Kopf. »Nein, Mister Sinclair. Ich wollte Ihnen erst mal einen Gruß bestellen.«

»Wie nett. Von wem?«

Mich spannte er auf die Folter. Seine nächste Bemerkung galt dem Fischauge. »Nimm die Kanone weg!«

Fischauge wollte nicht. »Aber …«

»Steck sie weg!«

Der Typ im T-Shirt hob die Schultern und drückte das Schießeisen zwischen Gürtel und Bauch.

»Danke«, sagte ich.

Er starrte mich an, als wollte er mich im nächsten Augenblick auffressen.

»Wie war das mit dem Gruß?«, fragte ich.

»Ach ja. Ein Bekannter von mir lässt ihn ausrichten. Er hält übrigens viel von Ihnen. Der Mann heißt Wladimir Golenkow.«

Ich saß erst mal da und erwiderte nichts. Wladimir Golenkow, der Russe, der KGB-Mann, der Freund von mir. Ja, wir waren im Laufe der Zeit tatsächlich Freunde geworden. Gemeinsam erlebte Abenteuer hatten diese Freundschaft besiegelt, trotz trennender Grenzen und verschiedener Systeme. Was die Politiker nicht geschafft hatten, war uns gelungen. Abrüstung auf der unteren Ebene.

»Überrascht, Mister Sinclair?«

»In der Tat.«

»Das kann ich mir vorstellen.« Der Fahrer griff in die Tasche und holte einen Brief hervor, der versiegelt war und den er mir jetzt reichte. »Es ist eine Botschaft von Wladimir. Sie sollten sie jetzt lesen.«

Ich öffnete den Umschlag nicht. »Weshalb haben Sie mich auf diese ungewöhnliche Art und Weise eingeladen?«

»Das ist einfach. Es geht um ungeheuer viel. Außerdem wollten wir sicher sein, dass Sie kommen.«

»Ja, samstags habe ich oft frei.« Während dieser Worte riss ich den Umschlag auf, holte das Blatt hervor und faltete es auseinander. Es war nicht einmal voll beschrieben. An der Handschrift erkannte ich, dass die Zeilen tatsächlich von Wladimir Golenkow geschrieben worden waren.

Der Text lautete:

Lieber John,

es tut mir leid, dass ich nicht selbst kommen kann, aber mich halten dringende Geschäfte davon ab. Der Mann, mit dem du es zu tun bekommst, verdient mein Vertrauen. Vertraue auch du ihm. Sein Name lautet Michail Schneider. Er wird dir etwas zeigen, das der Beginn einer wahren Höllenaktion sein kann. In mühevoller Kleinarbeit ist es uns gelungen, einen roten Faden zu finden. Ich habe den Eindruck, als säße hinter dieser Aktion ein mächtiger Klan, Konzern oder der Geheimdienst einer Großmacht. Da wir es nicht sind, kommt nur eine einzige infrage. Wie gesagt, ich möchte dir nicht vorgreifen und wünsche dir viel Glück. Wir hören noch voneinander. Gruß, Wladimir.

Ich steckte den Brief ein.

Dagegen hatte Schneider etwas. »Nein, ich werde ihn verbrennen. Keine Spuren.«

Ich verließ mich auf Wladimir und vertraute dem Fahrer. Er zündete das Schreiben an und stampfte die Aschereste im Aschenbecher zusammen. Der Brandgeruch zog durch das geöffnete Fenster ab.

»Nun?«, fragte er.

»Ich hoffe, der gute Wladimir meint es ehrlich.«

Schneider nickte. »Sogar sehr ehrlich.«

»Und um was geht es?«

»Das werden wir Ihnen zeigen, sobald wir in diesem Haus sind, Mister Sinclair.«

»Sie sind vom KGB?«, fragte ich direkt.

Schneider lächelte. »Ich gehöre einer Handelsmission an.«

»Ah ja.« Die Antwort hätte er sich ersparen können. Wer als Russe im Ausland tätig war, arbeitete meist für den KGB. Es blieb ihm oft nichts anderes übrig.

»Können wir, Mister Sinclair?«

»Ich warte schon lange.«

»Dann bitte.«

Mich überraschte die Höflichkeit nicht mehr. Schließlich wollte die andere Seite etwas von mir. Außerdem hatten mich die Zeilen meines russischen Freundes neugierig gemacht. Ich war wirklich gespannt, um was es diesmal ging. Es musste eine große Sache sein, sonst hätte Wladimir anders geschrieben.

Vor einigen Stunden hatte es noch geregnet. Die Bäume waren nass. Der Wind trug einen frischen Geruch zu uns herüber. Fischauge streifte seine Jacke über. Um ihn kümmerte ich mich nicht. Dafür folgte ich Michail Schneider zum Hintereingang des Hauses.

»Sie haben einen ungewöhnlichen Namen für einen Russen.«

»Ich weiß, aber meine Eltern waren deutschstämmig. Man hatte sie nach dem Krieg in die Ukraine gebracht. Erntehelfer.«

So nannte er sie. Ich hatte dafür einen anderen Ausdruck, wollte aber nichts provozieren.

Schneider schloss auf. Die Tür besaß ein kompliziertes Sicherheitsschloss. Wer hier wohnte, wollte es den Einbrechern erst einmal schwer machen.

Er selbst betrat als Erster das Haus. Hinter mir schlich Fischauge her. Ich konnte ihn riechen.

Schneider machte Licht. Ich wollte mich im Treppenhaus umschauen, aber das hatten die beiden nicht so gern.

»Kommen Sie mit in den Keller, Mister Sinclair«, verlangte Schneider.

»Und dort?«

An der Kellertür drehte sich der Russe um und lächelte. »Keine Sorge, wir spielen nicht falsch. Denken Sie an den Brief Ihres Freundes Golenkow.«

»Natürlich.«

Die Kellertür war braun gestrichen und dick. Sie gab kein Geräusch von sich, als Schneider sie aufzog. Er kippte einen Schalter. Über der Betontreppe und tiefer im Keller flammte das kalte Licht mehrerer Leuchtstoffröhren auf. Was da unten in den breiten Betongängen gelagert wurde, konnte ich nicht entdecken. Die grauen Stahltüren waren geschlossen.

Vor einer jedoch stoppte Schneider seine Schritte. Wieder holte er einen Schlüssel aus der Jackentasche. Zweimal musste er ihn im Schloss bewegen, dann konnte er die Tür aufziehen und ließ mir diesmal den Vortritt. Wohl war mir dabei nicht, aber ich dachte an das Schreiben und trat über die Schwelle.

Der Raum war leer, bis auf zwei Hocker, die an der Wand standen.

Und doch hatte er etwas Besonderes an sich. Zur Hälfte war er durch eine Glasscheibe geteilt.

Schneider überholte mich und blieb dicht vor der Scheibe stehen, die in der Mitte einen Ausschnitt hatte, ein kleines Fenster, das sich aufziehen ließ.

»Kommen Sie her, Mister Sinclair.«

Ich warf einen Blick zurück. Fischauge war wie ein Wachtposten an der Tür stehen geblieben, die Hände hielt er auf dem Rücken verschränkt.

Neben Schneider verharrte ich.

»Bitte«, sagte der Russe, »schauen Sie durch die Scheibe, und sagen Sie mir, was Sie sehen.«

Ich hatte es schon beim Eintreten wahrgenommen. Jetzt aber sah ich es deutlicher.

Im Raum hinter der Glasscheibe stand eine Pritsche. Auf ihr lag reglos ein Mann. Er trug noch seine Kleidung, eine graue Stoffhose und eine khakifarbene Jacke. Darunter ein blaues Hemd. Jacke und Hemd wiesen zwei gleiche Merkmale auf.

Einschusslöcher!

Dreimal war der Mann erwischt worden. Die Kugeln hatten ihn in die Brust getroffen.

»Das ist Panzerglas«, erklärte Schneider.

»Hatte ich mir schon gedacht.«

»Gut, konzentrieren wir uns auf den Mann. Sie haben bestimmt erkannt, dass er tot ist.«

»Richtig.«

Schneider schaute mich an. »Ich habe ihn erschossen.«

»Danke für das Geständnis, aber deshalb haben Sie mich bestimmt nicht hergeholt.«

»Nein, das nicht. Mit diesem Mann hat es etwas Besonderes auf sich. Ich will von vorne anfangen. Wir waren Gegner und trafen in Afghanistan aufeinander. Dieser Mann, er hieß McGivern, gehörte der CIA an, deren Aktivitäten wir auch in Afghanistan spüren. Wir gerieten also aneinander, es ging dabei um Waffen und danach nur darum, wer schneller war. Ich hatte das Glück und erwischte ihn.«

»Gleich dreimal, wie?«, meinte ich gepresst.

»Ich musste sicher sein.«

»Okay, weiter.«

»Aus bestimmten Gründen konnten wir den Mann nicht der CIA oder den Amerikanern überlassen. Wir schafften ihn außer Landes und wollten gewissermaßen einen Trumpf in der Hand haben, um ihn später den Amerikanern zu präsentieren, wenn sie uns wieder provozierten.«

»Und weiter?«

Der Russe hob die Schultern. »Unsere Rechnung ging nicht auf. Drei Kugeln hat er bekommen, er ist tot, er hätte tot sein müssen, aber er ist es trotzdem nicht. Das stellten wir fest, nachdem wir ihn in dieses Haus geschafft hatten. Hinter der Scheibe befindet sich nicht gerade eine Eiskammer, aber Leichen bleiben dort relativ lange frisch. Schon auf dem Transport bemerkten wir, dass etwas nicht stimmte, denn aus dem Sarg drangen Klopfgeräusche. Sie verstehen?«

Ich nickte bedächtig. »Wollen Sie damit andeuten, dass der von Ihnen erschossene CIA-Agent ein Zombie ist?«

»Richtig.«

Ich atmete durch die Nase aus, räusperte mich und warf Schneider einen bedenklichen Blick zu. »Hat er sich bewegt?«

»Er ist sogar aufgestanden.«

»Hier?«

»Genau.«

»Kann ich das sehen?«

»Wenn Sie wollen.« Der Russe hob den Arm und legte die Rechte gegen den viereckigen Ausschnitt in der Panzerglasscheibe. Er löste zwei kleine Riegel und konnte die Scheibe aufziehen.

Kalte Luft strömte mir entgegen, die eine Gänsehaut hinterließ. Ich konnte den Toten nun besser erkennen. Er war ungefähr in meinem Alter, sein Haar besaß einen rotblonden Farbton und wuchs über die Ohren. Auf seinem Gesicht zeichneten Sommersprossen ein blasses Muster. Der Tote wandte mir das Profil zu. Die Nase wirkte wie angeklebt. Von den Augen sah ich nichts. Das Kinn war kantig. Ein paar Blutspritzer hatten sich auf seinem Hemd verteilt. Die Arme lagen zu beiden Seiten des Körpers flach auf der Pritsche.

»Kaum fassbar, dass diese Gestalt leben soll, nicht wahr?«, flüsterte mir der Russe zu.

»Ja.«

»Wie mir Wladimir berichtete, haben Sie beide Erfahrungen mit Zombies. Selbst auf dem Roten Platz und in den Weiten Sibiriens haben Sie die lebenden Toten gejagt.«

»Das stimmt, ist aber schon länger her.«

»Man hat es nicht vergessen. Stellen Sie sich vor, es ist nicht der einzige Zombie, der für die CIA arbeitet …«

»Dann wird man in Washington durchdrehen.«

»Oder auch nicht, Mister Sinclair. Zombies als Geheimwaffe, das wäre doch nicht schlecht. Uns jedenfalls würde es einigen Ärger bereiten, das können Sie sich vorstellen. Und ich weiß nicht, wie die verantwortlichen Leute in gewissen Positionen reagieren werden.«

»Dazu braucht man nicht viel Fantasie zu haben. Aber mir geht es um diesen Zombie. Bisher ist er für mich noch ein gewöhnlicher Toter. Da hat sich nichts getan.«

Schneider lachte leise. »Warten Sie ab, Sinclair. Er muss sich erst an uns gewöhnen. Er muss uns riechen, verstehen Sie? Er wird die Menschen wittern, wird unser Fleisch riechen, und das bringt ihn, mal vornehm ausgedrückt, wieder auf die Beine.«

»Na, Sie haben Humor.«

»Den braucht man manchmal.«

Der Russe hatte sich nicht geirrt. Plötzlich bewegte sich der Tote. Es fing bei den Fingern an. Sie zuckten, sie krümmten sich, und er ballte seine Hände zu Fäusten.

Danach bewegte er den Kopf und drehte ihn auf die linke Seite, sodass er uns anschauen konnte.

Ich sah in ein bleiches Gesicht mit einer bläulich schimmernden Haut, ausdruckslosen, toten Augen und blassen Lippen. Das typische Gesicht eines Zombies.

Michail Schneider neben mir wirkte fahrig. »Jetzt hat er uns wahrgenommen, er wird jetzt kommen, er riecht uns, er will uns vertilgen. Verdammt.«

Mit einem Ruck setzte sich der Untote auf. Alles geschah steif, als wäre er eine Puppe, die ferngesteuert wurde. Er drehte sich auf der Pritsche, ich blickte in sein tumbes Gesicht, dessen blutleere Lippen sich zu einem wölfischen Grinsen verzogen, bevor er die Beine herumschwang und die Füße auf den Boden stemmte.

Mit einer heftigen Bewegung stand er auf.

»Jetzt geht es los!«, flüsterte Michail Schneider neben mir.

Manchmal konnten selbst hartgesottene Kriegsveteranen und Ledernackensoldaten ihre Tränen nicht zurückhalten, wenn sie durch das weite Areal liefen und ihre Blicke über die Gräberfelder schweifen ließen, die im Schatten mächtiger Laubbäume lagen und so aussahen, als würden sie jeden Tag frisch geputzt, wie die zahlreichen breiten und schmalen Wege, die den Friedhof im Schachbrettmuster durchschnitten.

Weiße Grabsteine leuchteten dem blauen Himmel entgegen. Manchmal uniformhaft, dann wieder ausgefallen, größer, mächtiger und klotziger.

Es kam immer darauf an, wer hier begraben worden war. Man machte einen Unterschied, ob ein Rekrut oder ein General in der amerikanischen Erde lag.

Sie alle besaßen jedoch zwei Gemeinsamkeiten. Sie waren Helden und hatten ihre letzte Ruhestätte auf einem Heldenfriedhof gefunden.

Arlington hieß er.

Ein Name, der zahlreichen Patrioten Schauer der Ehrfurcht über den Rücken jagte. Jeder, der mit Leib und Seele Soldat war – davon gab es neuerdings viele –, wünschte sich, nach seinem Tod in Arlington begraben zu werden.

Doch nur wenigen war es vergönnt. Selbst ein Land wie die USA besaß nicht so viele Helden.

Arlington war ein Ort der Stille, der Andacht, der ewigen Ruhe. Hier ging man nicht so einfach hin und begoss die Blumen auf den Gräbern. Wenn der gewaltige Friedhof Besuch bekam, dann zu Beerdigungen oder offiziellen Anlässen.

Er war gesichert. Wer das Haupttor ansteuerte, musste sich kontrollieren lassen. Vor einigen Jahren hatten subversive Elemente einen Teil der Mauer mit Sprüchen beschmiert, die das Andenken der Toten in den Schmutz zogen. Der Militärpolizei war es gelungen, die Sprayer zu erwischen. Ein Gericht hatte sie hart bestraft. Was Arlington anging, da waren die Amerikaner eigen.

Um den Friedhof herum lag ein großes parkähnliches Gelände mit altem Baumbestand. In garagenähnlichen Flachbauten waren die Geräte des Personals untergebracht. Die Gärtner und Landschaftsgestalter legten größere Entfernungen auf dem Friedhof mit Elektrowagen zurück.

Man erreichte ihn über eine breite Zufahrtsstraße. Sie war oft verlassen, ein graues Band aus Beton, das in die Unendlichkeit oder direkt in den Himmel zu führen schien. Diese Straße wurde auch für Paraden benutzt, wenn Helden in ihren Särgen zum Friedhof gefahren wurden. Vor dem breiten Eingang mit dem Tor und den Wachhäusern wehten an zwei Masten Flaggen der USA. Die beiden Sternenbanner flatterten im Wind, sie überragten selbst die höchsten Bäume.

Elektronische Überwachung war garantiert. Die entsprechenden Soldaten gehörten der Militärpolizei an und versahen ihren Dienst mit äußerster Genauigkeit.

Deshalb war dem wachhabenden Captain der Wagen längst gemeldet worden, der sich auf der schnurgeraden Straße dem Eingang des Friedhofs näherte.

Der Captain hieß Ashley, strich über seinen schwarzen Bürstenschnitt und wandte sich an einen Sergeant. »Sie wissen nichts über einen Besucher?«

»Nein, Sir.«

»Gut, lassen wir ihn kommen.« Ashley verließ das Wachlokal.

Zwei Soldaten grüßten ihn zackig. Unter den Rändern ihrer Stahlhelme wirkten die Gesichter gedrungen.

Auf einem Monitor konnte der Offizier die Fahrt des Wagens beobachten. Er schob sich heran wie ein dunkles Raubtier. Vom Fabrikat her war er ein dunkler Cadillac. Wer dieses Auto fuhr, konnte aus Washington kommen, wo er an der Spitze saß.

Dennoch ließ sich Ashley nicht davon beeindrucken. Zivilisten mochte er nicht gerade. Sie waren für seinen Geschmack viel zu weich. Bei ihm zählten andere Dinge, und er ließ sich selbst durch kleine Skandale, die passiert waren, nicht von seiner sturen Routine abbringen.

Der Wagen rollte auf das Tor zu. Seidenweich lief der Motor. Es war kaum ein Geräusch zu hören. Dicht vor dem weiß gestrichenen Gitter hielt der Caddy sanft an.

Nur ein Mann saß darin, wie die beiden Polizisten bald feststellten, als sie an das Fahrzeug herangetreten waren und grüßten, wobei sie ihre Maschinenpistolen nicht ablegten.

Der Fahrer hatte die Seitenscheibe nach unten summen lassen. »Sir, Sie wünschen?«

»Einlass«, antwortete der Mann.

»Sind Sie legitimiert?«

Als Antwort bekamen die Soldaten zwei Papiere gereicht. Sie waren in Plastikfolie eingeschweißt. Die Männer lasen, gaben die Papiere zurück und salutierten wieder.

»Einen Augenblick, Sir, Sie erhalten gleich freie Durchfahrt.«

»Und Sie durchsuchen nicht meinen Wagen?«

»Nicht bei Ihnen, Sir.«

»Wie großzügig.« Der Mann ließ die Scheibe wieder nach oben fahren und schaute zu, wie vor ihm das große Gittertor lautlos zur Seite glitt, sodass eine große Lücke entstand.

Im Schritttempo rollte der schwere Wagen an und auf das Gelände des Friedhofs, wo Captain Ashley vor einem Wachhaus stand und mit einem Handzeichen zu verstehen gab, dass der Fahrer stoppen sollte.

Das tat der Mann. Er stellte den Motor ab, öffnete die Tür und stieg aus.

Ashley musste sich ein Lächeln verbeißen, als er den Mann sah, der den Wagen verließ. Er gehörte genau zu den Typen, die er nicht mochte. Kleiner als der Durchschnittsamerikaner, schütteres, graues Haar, ein dunkler Anzug, ein blasses Gesicht, in dem auf den ersten Blick nur die Brille mit Goldrand auffiel.

Ashley kam dem Mann nicht entgegen. Er wartete, bis der Besucher auf ihn zutrat.

»Sie kennen meinen Namen, Captain?«