John Sinclair Sonder-Edition 85 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 85 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Sie war plötzlich da!

Niemand wusste, woher Celeste gekommen war. Die einen verglichen sie mit einer antiken Göttin, die anderen wollten aus ihr einen Filmstar machen.
Niemand kam der Wahrheit nahe.
Ein Popsänger gab den ersten Tipp. In einer Talkshow hatte er neben der schönen Celeste gesessen und gemerkt, dass sie nach alten Leichen roch ...
Celeste wurde ein Fall für mich. Schon bald hatte ich einen Namen für sie gefunden: Lady Ghoul!

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Seitenzahl: 178

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Inhalt

Cover

Impressum

Lady Ghoul

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6851-2

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Lady Ghoul

von Jason Dark

Die Welt unter Wasser war einmalig!

Tief und unendlich weit. Verschwommen und gleichzeitig klar. Still und dennoch voller Geräusche. Eine Welt für sich, kaum zu beschreiben, aber auch tödlich!

Daran dachte Phil Garner nicht, als er sich mit ruhigen Schwimmbewegungen durch diese Welt bewegte und sich wie ein Fisch unter Fischen vorkam.

Er schwamm dicht unter der Wasseroberfläche. Wenn er tiefer ging, wurde es gefährlich, also blieb er auf dieser Höhe.

Dieser Teil des Mittelmeeres war einfach herrlich. Noch nicht so verschmutzt und relativ warm. Selbst im November tauchten hier noch die Enthusiasten.

Man soll nie allein tauchen.

An diese Regel hielt sich auch Phil Garner, obwohl er sich allein unter Wasser bewegte. Aber sein Freund und Kollege aus dem Tauchklub wartete oben im Boot. Sie hatten eine bestimmte Zeit ausgemacht. Tauchte Phil dann nicht auf, würde Ernie Balsam Maßnahmen ergreifen. Das alles kannten sie, das war abgesprochen. Da konnte sich einer auf den anderen verlassen. Zudem war diese Gegend, in der sie sich bewegten, kein absolutes Neuland mehr. Phil kannte sich unter Wasser aus, und er hatte einen bestimmten Grund gehabt, in diesem Areal wieder in die Tiefe zu gehen.

Ihn interessierte das Gebirge!

Es waren andere Berge als die Grampian Mountains seiner schottischen Heimat. Hier unter Wasser waren sie aus Korallen entstanden, die sich im Laufe der Jahrtausende gebildet und diese Umgebung geschaffen hatten.

Eine wilde Natur, durchzogen von Gängen und Höhlen. Wände mit tiefen Spalten und Rissen, die als Schlupfwinkel für scheue, aber auch für gefährliche Fische galten.

Nicht nur dieses Gebirge interessierte Phil Garner, auch noch etwas anderes.

Das Rätsel, das Geheimnis …

Es war nicht zu fassen, es war nicht zu erklären, eigentlich nur ein Gerücht, eine Legende, die durch Flüsterpropaganda zufällig an Phils Ohren gedrungen war.

Es ging um die Frau!

Ein rätselhaftes, ein geheimnisvolles Wesen. Eine Göttin, sagten die einen. Andere wiederum sprachen von einer Dämonin, und dritte redeten von der Sternenfrau. Für sie war es eine Person, die den weiten Weg aus dem Weltall nicht gescheut hatte, auf der Erde geblieben war, bereits seit Tausenden von Jahren existierte und mit dem sagenumwobenen Kontinent Atlantis versunken war. Sie war nicht gestorben, wie viele andere, sie hatte es geschafft, sich den neuen Lebensgewohnheiten anzupassen, und lebte in der Tiefe des Meeres.

Sogar einen Namen hatte man ihr gegeben.

Celeste …

Ein Name wie Musik. Allein das Aussprechen dieses Wortes ließ manchen Männern einen Schauer über den Rücken gleiten.

Niemand hatte sie bisher richtig sehen können. Einige Fischer hatten sie entdeckt. Da war sie aus dem Meer gestiegen, eingehüllt in eine Nebelwolke, und hatte nur mehr ein verschwommenes Bild abgegeben. Dennoch hatten die Fischer von ihrer überwältigenden Schönheit gesprochen und von einer Ausstrahlung, die über Meilen hinweg ging. Genauer aber waren sie nicht auf diese Aura eingegangen.

Schon fast ein Dutzend mal war Phil Garner in diesem Gebiet getaucht. Sein Freund Ernie kannte die Geschichte von Celeste zwar, er glaubte sie jedoch nicht so recht, lächelte darüber, aber Phil ließ sich davon nicht abbringen.

Er hatte die Nächte hindurch in Fischerkneipen gesessen und den Gesprächen gelauscht. Es musste einfach etwas Wahres an dieser Legende sein. Das wollte er herausfinden.

Auf seinem Rücken lagen zwei Pressluftflaschen. Der Sauerstoff reichte für eine Weile. Es würde ihm gelingen, wieder einmal tiefer in diese unterirdische Welt einzudringen und vielleicht das Versteck der schönen Celeste zu finden.

Vielleicht …

Vor ihm verdunkelte sich das grünblaue Wasser. Für Phil war es kein Grund zur Panik. Er wusste genau, dass es sich dabei um die hohen Korallenfelsen handelte, die scharf, kantig und auch riesig in die Höhe stiegen, wobei sie erst dicht unter der Oberfläche ihre Gipfel hatten. Dieses Gebiet war für Schiffe mit großem Tiefgang gefährlich. Als Fremder benötigte man einen Lotsen, und die Touristenschiffe mieden auf ihren Kreuzfahrten diesen Teil des Mittelmeeres.

Er bewegte sich auf das »Gebirge« zu. Phil Garner gehörte zu den exzellenten Tauchern. Seine Verlobte hatte mal erklärt, er wäre mehr Fisch als Mensch. In der Tat fühlte er sich im Wasser auch wohler.

Zusammen mit einem Schwarm silbrig glänzender Leiber näherte er sich der hohen Wand.

Die Stelle, die er suchte, hatte er sehr bald gefunden. Hier sah die Korallenwand aus, als hätte jemand ein Loch hineingesprengt. Es war nicht mit der Öffnung eines Tunnels zu vergleichen, denn an den Innenrändern standen zackige Steine vor und manche davon waren spitz wie Messer.

Phil gab sich Schwung und glitt hinein.

Wie ein Fisch, dachte er und lächelte. Er hatte ein gutes Gefühl. Schon am Morgen, als er den wolkenlosen Himmel über dem Meer betrachtete, wusste er, dass es ein besonderer Tag für ihn werden würde …

Jetzt tauchte er durch den Stollen.

Geschmeidig bewegte er sich dabei. Die Tauch-Routine war ihm anzusehen. Manchmal musste er sich auch drehen, weil die Strömung ihn packte und zu nah an eine der beiden Wände drückte. Für ihn bedeutete es eine Kleinigkeit, die Richtung zu korrigieren.

Am Ende des Tunnels nahm die Strömung an Stärke zu. Das spürte auch der einsame Taucher, dessen Körper ohne Hilfe schneller wurde und dem Ausgang entgegentrieb.

Dann kam er sich vor wie ein Korken, den jemand ausgespien hatte. Der Tunnel lag plötzlich hinter ihm. Die Gewalt des Wassers schleuderte ihn in eine übergroße Schüssel hinein, die auch den Namen Tal verdiente. Ein Unterwassertal, dem Phil einen zweiten Besuch abstattete. Er hatte seinem Freund Ernie viel davon erzählt, die ungefähre Lage nur angedeutet, das Rätsel wollte er allein lösen.

Der Sauerstoff würde noch ziemlich lange reichen. So lange, wie er brauchte, um das Tal zu durchschwimmen und auch zu durchsuchen. Er konnte sich gut vorstellen, dass in dieser Tiefe die geheimnisvolle Celeste ihren Wohnort besaß.

Eine sehr starke Unterwasserlampe war an seinem Gürtel befestigt. Er schaltete sie ein und folgte dem Strahl mit seinen Blicken. Die hohen Felskrallenwände, die das Tal einrahmten, erreichte der Strahl nicht. Sie stiegen noch nicht sofort steil an, sondern erst flacher, dann aber stachen sie in die Höhe.

Turmgleich, gewaltig – sie schienen für die Ewigkeit errichtet worden zu sein.

Er durchschwamm das weite Tal, durch das auch hier die Strömungen trieben und mit dem feinen Sand spielten.

Ihm fiel auf, dass er zu den wenigen Lebewesen zählte, die sich in dem Tal aufhielten. Wo waren die Fische? Vor dem Gebirge waren sie sehr zahlreich gewesen, hier allerdings nicht.

Ab und zu sah er einen, aber der machte ihm einen erschreckten Eindruck, als hätte er sich verschwommen, und fand sehr schnell seinen Fluchtweg innerhalb der zahlreichen Spalten und Risse in der Felswand.

Große Öffnungen suchte der einsame Taucher vergebens. Zwar gab es genügend breite Spalten, in die auch er sich hineinklemmen konnte, aber diese Tunnels oder Röhren waren nicht vorhanden.

So blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Kreise über dem welligen Grund zu drehen und ihn mit der Lampe anzuleuchten. Spuren dieser sagenumwobenen Celeste entdeckte er nicht.

Nachdem der Mann das Tal dreimal durchschwommen hatte, sank sein Optimismus gewaltig. Wahrscheinlich hatte er sich doch zu viel vorgenommen. Noch einmal wollte er eine Runde drehen, diesmal allerdings enger gezogen und auch dichter über dem Boden schwimmend.

Ihm war etwas aufgefallen.

Er war darüber hinweggeglitten, hatte nicht länger nachgedacht, und dennoch war es ihm im Gedächtnis haften geblieben. Jetzt erst kehrte die Erinnerung wieder zurück.

Wo war es gewesen?

Er schwamm, suchte, überlegte und folgte mit seinen Blicken dem Lampenstrahl, der den welligen, sandigen Untergrund abtastete und sich Meter für Meter voran bewegte, bis …

Ja, das war es!

Phil Garner stoppte seine Bewegungen. Er stellte sich hin und trat das Wasser.

Die Schwimmflossen an seinen Füßen ließen ihn dabei ungelenk erscheinen. Den Lampenstrahl richtete er in die Tiefe und dort sah er etwas aus dem Sand ragen und bleich schimmern.

Ein Stein?

Phil wollte es genau wissen, beugte sich nach vorn und glitt dem Grund entgegen.

Nein, ein Stein konnte es nicht sein. Der Gegenstand war ziemlich lang, er schimmerte weiß. Das Seewasser hatte ihn im Laufe der langen Zeit gewaschen, und Phil streckte den rechten Arm aus. Er umschloss mit einer Faust den Knochen.

Der Sand war weich und nachgiebig. Trotzdem musste er etwas Kraft aufwenden, um den Gegenstand hervorzuholen. Er zerrte, er drehte, schließlich hatte er ihn, zuckte zurück, trat wieder Wasser und hielt ihn so dicht vor sein Sichtfenster, dass er genau erkennen konnte, um was es sich bei diesem Fundstück handelte.

Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er es erkannte. Phil Garner hielt einen großen, bleich schimmernden Knochen in der Rechten.

Das hatte er nicht erwartet. Durch seinen Kopf rasten die Gedanken, während sich im Magen gleichzeitig ein gewisser Druck ausbreitete. Phil schloss die Augen, als fürchtete er sich davor, diesen Knochen noch länger ansehen zu müssen. Zudem wünschte er sich, dass es eine Täuschung war.

Nach einer Weile verflog der erste Schock. Phil Garner dachte wieder realistisch. Er betrachtete den Knochen im Licht der Lampe genauer.

Stammte er von einem Menschen oder von einem Tier? Er war ziemlich groß. Möglicherweise war es ein Beinknochen. Vielleicht war hier, lange vor ihm, ein Taucher unter Wasser verunglückt. Gefahren lauerten ja genug.

An der Stelle, wo er den Knochen hervorgeholt hatte, war der weiche Sand wieder nachgerieselt. Nichts wies mehr auf die Fundstelle hin. Aber wo ein Knochen gelegen hatte, da konnten möglicherweise noch weitere liegen.

Es kostete den Taucher Überwindung, im weichen Sand zu wühlen und nachzuschauen. Aber schon bald stieß er auf Widerstand, griff abermals zu und holte einen zweiten Knochen hervor, der kleiner war, aber ebenso blank wie der erste.

Phil wollte nicht mehr weitersuchen. Für ihn stand längst fest, dass hier ein Mensch gestorben und im Laufe der Jahre vom Sand des Meeresbodens zugedeckt worden war. Plötzlich raste ihm ein Kälteschauer über den Rücken, und das lag nicht an der doch ziemlich niedrigen Wassertemperatur. Es war etwas anderes, das ihm zu schaffen machte. Er spürte es, aber er konnte nicht sagen, um was es sich dabei handelte.

Vielleicht eine Ahnung?

Die hatte er nie gehabt. Nur ist unter Wasser alles anders. Da werden die Sinne eines Menschen mehr geschärft. Da achtet man automatisch auf die Umwelt, auf sichtbare und auf nicht sichtbare Dinge.

Die nicht sichtbaren waren es, die ihn störten.

Er wollte wieder zurück. Den Knochen ließ er einfach fallen, sah zu, wie er dem Boden entgegentrudelte, und bekam plötzlich große Augen, als er erkannte, was nach der Berührung des Knochens mit dem Untergrund geschah.

Er veränderte sich.

Als bestünde er aus Wasser, so liefen plötzlich Wellenberge über ihn hinweg.

Der gesamte Sand war in Bewegung geraten. Er bildete Hügel und Täler, die sich bewegten und die Gegend permanent veränderten, sodass stets neue Formationen entstanden.

Er selbst spürte die andere Kraft nicht.

Sie musste von einer Stelle kommen, die für ihn nicht einsehbar war.

Vielleicht aus der Tiefe unter dem Meeresboden?

Der Gedanke war kaum in ihm aufgezuckt, als er sah, dass er sich nicht getäuscht hatte.

Etwas stieg aus dem dicken Sand hervor, wühlte ihn auf; wuchs vor den Augen des Menschen hoch und wurde zu einer Figur, von deren Kopf die Masse an Sand nach unten rann.

War es ein Mensch, ein Gebilde, ein Riese?

Jedenfalls eine Frau.

Celeste!

Ich habe sie gefunden!

Den Satz hatte er schreien wollen, doch er musste stumm bleiben, und so schrillte er nur in seinem Hirn auf.

Ich habe sie gefunden. Ich, Phil Garner. Ein Traum ist zur Wirklichkeit geworden.

Noch konnte er die Person nicht genau erkennen, wusste aber, dass sie wesentlich größer war als ein normaler Mensch. Der aufgewühlte Sand umgab sie wie ein dichter Vorhang. Dahinter zeichnete sich nur undeutlich ihre Gestalt ab, aber Phil erkannte doch, dass sie einen bläulich schimmernden Körper hatte.

Nicht nur der feine Sand auf dem Meeresboden war in die Höhe geschleudert worden, auch das Wasser geriet in Bewegung. Es entstanden regelrechte Strömungen, die den Taucher erwischten, an ihm zerrten, ihn mal nach rechts, dann wieder nach links schleuderten, sodass er auch unter Wasser den Halt verlor.

Um nicht zum Spielball dieser gewaltigen Kräfte zu werden, suchte er sein Heil in der Flucht. Er schwamm unter Wasser wie ein Weltmeister.

Erst nahe der Felswand kam er zur Ruhe und trat Wasser.

Phil Garner war kein Dummkopf. Er wusste genau, was er sich zumuten konnte und was nicht. Dass vor ihm ein gewaltiges, aber auch gefährliches Schauspiel ablief, daran gab es keinen Zweifel. Trotzdem rechnete er noch nicht mit einer Gefahr für Leib und Leben. So sehr hielt ihn der Mythos über diese Celeste gefangen. Er hatte lange gebraucht, um eine Spur von ihr zu finden. Jetzt war es geschehen, und er wollte diese Spur auf keinen Fall mehr aufgeben.

Bisher hatte er die Frau nur schemenhaft erkennen können. Nun aber kam sie.

Sie war ein Naturereignis.

Eine Frau, ein Weib, nackt von der Stirn bis zu den Füßen und mit einem Körper versehen, den ein griechischer Bildhauer nicht besser und idealer hätte schaffen können.

Sie war einfach wunderbar. Ihre glatte Haut schimmerte in einem leichten Blauton, was auch an der Farbe des Wassers liegen konnte, woran er jedoch nicht so recht glauben wollte.

Sie stand vor ihm, bewegte sich jedoch nicht.

Lebte sie, war sie vielleicht eine Statue, die gewaltige Kräfte an die Oberfläche getrieben hatten?

Phil Garner war von Celestes Anblick fasziniert. Er konnte nicht anders, er musste sie immer nur ansehen.

Nur sie …

Das Wasser war plötzlich von einer ungewöhnlichen Klarheit. Es kam dem Mann so vor, als hätte auch Celeste dafür gesorgt. Seine Augen hinter der Taucherbrille hatten sich geweitet. Sein Herz klopfte schneller. Er spürte ein gewisses Verlangen, ja, er hatte sich spontan in diese Frau verliebt.

Endlich sah er sie so klar und rein.

Sie hatte herrliche Brüste, wunderbar geschwungene Hüften. Da war nichts zu viel und nichts zu wenig. Sie war eine rassige Schönheit mit sinnlichem Mund und ernst blickenden Augen. Sie hatten die gleiche Farbe wie der bläuliche Körper, veränderten sich aber. Etwas, das tief in den Pupillenschächten verborgen war, trat vor.

Zunächst wusste Phil Garner nicht, was es bedeuten sollte, bis er den rötlichen Schein erkannte.

Ein Schein, der gleichzeitig warm war und trotzdem eine gewisse Kälte zeigte.

Phil konnte dem Blick nicht standhalten. Er rechnete damit, dass durch ihn auch Leben in den Körper der Frau hineinfließen würde. Deshalb blickte er auf die Haare.

Die hatten eine andere Farbe. Zwar schimmerte das Blau des Körpers durch, gleichzeitig kamen sie ihm vor wie grüne lange Locken, die aus Tang bestanden.

Sie berührten die nackten Schultern, wuchsen aber am Hinterkopf noch länger und streichelten dabei die obere Rückenpartie. Die Haarpracht flatterte in einer Strömung, als ihre Pupillen plötzlich in einem intensiven Rot strahlten.

Sie kam vor.

Und Phil blieb wie erstarrt auf der Stelle stehen. Seine breiten Schwimmflossen traten den weichen Sand platt. Er wusste mit einem Mal, dass er dem ungewöhnlichen Zauber dieser Person erliegen musste.

Sie hatte etwas Besitzergreifendes, Faszinierendes und auch Gefährliches an sich.

In diesen Augenblicken erinnerte er sich wieder an die Knochenfunde. Noch einmal klärten sich seine Gedanken. Er ging davon aus, dass die Funde in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erscheinen dieser Person standen.

War sie eine Mörderin?

Er hatte den Eindruck, als würde über ihn ein grauer Schatten fallen, obwohl sie keinen warf. Dieser natürliche, dennoch unheimliche Vorgang lief mit einer völligen Lautlosigkeit ab, die schon erschreckend war.

Noch näher kam sie.

Und sie streckte Phil ihre Arme entgegen. Er sah auf ihre Hände, die sie gespreizt hatte, als wollte sie zugreifen, sich ihn holen …

Phils Blick hatte gewechselt. Jetzt starrte er ihr Gesicht an. Nicht die Augen, nein, an dieses kräftige Rot hatte er sich mittlerweile gewöhnt, es war der Mund mit den schön geschwungenen Lippen, der seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

Celeste hatte ihn geöffnet.

Er sah die Zähne …

Zähne?

Nein, das waren Reißer, die einem Raubtier zur Ehre gereicht hätten. Aus beiden Kiefern stachen sie spitz hervor.

Einmal von unten nach oben, zum anderen von oben nach unten. Und sie sahen aus, als hätte jemand zahlreiche Pfeile hineingedrückt.

Ein tödliches Gebiss.

Für ihn tödlich!

Dann war sie da. Die Hände packten ihn. Sie wühlten sich in seine Schulter, hatten eine ungeheure Kraft, drückten ihn nach hinten, sodass er die Balance verlor, auf den weichen Hintergrund prallte und fast in den Wellen des Sands versank.

Dann war sie über ihm.

Und auch ihr Maul mit den gnadenlosen Zähnen.

Sie biss zu und zerrte an ihm wie wild. Bei dem Gerangel wurde seine Luftzufuhr unterbrochen. Er verlor das Mundstück und sah den Schlauch wie einen Schlangenkörper im Wasser pendeln. Die hochsprudelnde Atemluft vermischte sich mit dem Rot des Bluts, das aus der tiefen Wunde am Hals des Tauchers pulste …

In der Kombüse roch es nach gebratenen Eiern und brutzelndem Speck.

Im Westen stand die Sonne wie ein gewaltiger Glutball, der sich nicht entscheiden konnte, ob er im Meer versinken sollte oder nicht.

Das sah Ernie Balsam nicht, weil ihn der Geruch aufgeschreckt hatte, er in die Kombüse gerannt war, um nach seinen Spiegeleiern zu sehen.

Hastig zog er den schwarzen Gegenstand vom Gaskocher und sah sofort, dass der Speck verkohlt war. Die Eier sahen auch nicht mehr appetitlich aus. Wollte er sie noch essen, musste er die Augen schließen.

Wütend schleuderte er die Eier auf einen der bereitstehenden Teller, brach Brot ab, kippte Rotwein in ein Wasserglas und ging damit an Deck. Dort standen sein Stuhl und der kleine Tisch. Auch die Taucherausrüstung, die er an diesem Tag noch nicht angezogen hatte, lag dort.

Ernie Balsam sah man an, dass er viel Sport trieb. Seine Figur war durchtrainiert. Er hatte breite Schultern, schmale Hüften und kein Gramm Fett zu viel. Die Haut war stets sonnenbraun. Sie stand im Kontrast zu seinen hellblonden Haaren, die lockig auf dem Kopf wuchsen und so lang waren, dass sie den ebenfalls blonden Bart erreichten, der die untere Gesichtshälfte des Mannes umgab.

Ein Abenteurer, dem das Leben Spaß machte, den allerdings jetzt gewisse Sorgen plagten.

Sie galten nicht ihm oder seinem Mahl, sondern seinem Freund Phil Garner, der sich noch immer in der Tiefe herumtrieb und dessen Tauchzeit allmählich ablief.

Es waren noch zehn Minuten. Die wollte Ernie Balsam abwarten, dann aber Rettungsmaßnahmen ergreifen.

Während er aß, beobachtete er das Wasser. Ernie hatte großen Hunger, die zwei Eier jedoch mussten reichen. Falls er tauchen musste, wollte er sich den Magen nicht so vollschlagen.

Er befand sich mit seinem Boot allein auf See. Den Eindruck konnte er leicht bekommen. Da es etwas diesig geworden war, konnte er auch die türkische Küste im Norden nicht erkennen.

Dafür fiel sein Blick auf die aus dem Wasser ragenden Buckel, die wie die spitzen Rücken von Ungeheuern aussahen. Sie schienen in der Tiefe zu hocken und nur auf den Zeitpunkt zu warten, um irgendwann einmal aufzutauchen. Nach dem kargen Mahl trank er den roten Landwein in kleinen Schlucken und schaute auf die grünblaue Wasserfläche des Meeres.

Hier unten konnte man es aushalten. In England dagegen war es kalt und nass. Richtig vorwinterliches Wetter, aber südlich der türkischen Küste konnte man leben. Besonders deshalb, weil der Strom der Touristen nachgelassen hatte. Die Urlaubshungrigen bereiteten sich jetzt auf den Wintersport vor. Weihnachten stand vor der Tür.

Ernie blickte auf die Taucheruhr, die er stets am linken Handgelenk trug.

Die Zeit, die sich sein Freund selbst gegeben hatte, war bereits um zehn Minuten überschritten.

Das passte einfach nicht zu Phil. Er war ein pünktlicher Mensch, ein Mann, auf den sich Ernie verlassen konnte. Wenn er noch nicht aufgetaucht war, musste das seinen Grund haben.

Trotz Sonnenbräune wurde Ernie Balsam blass. Seine Adern am Hals zuckten, obwohl er noch keinen großen Grund zur Beunruhigung sah. Der Sauerstoff reichte nicht nur für zwei Stunden, sondern für dreißig Minuten mehr.

Er ging wieder an Deck.

War die Luft kühler geworden, oder kam ihm dies nur so vor, weil er innerlich voller Sorge und Unrast steckte? Er stellte sich an die Reling und schaute über das Wasser, das flache Wellenberge produzierte und eine andere Farbe angenommen zu haben schien.

Sein Blick glitt hinüber zu den Felsen, die aus dem Meer ragten. Gegen sie schlugen die Wellen und umgaben das Gestein mit einem weißen Schaumbart.

Eine Zigarettenlänge wollte Ernie Balsam noch warten. Hin und wieder rauchte er, besonders in Stresssituationen wie diesen hier. Die Schachtel mit den selbst gedrehten steckte in der Brusttasche seines gestreiften Kurzärmelhemdes.

Er holte die zerknitterte Packung hervor und klopfte ein Stäbchen aus der Öffnung.