John Sinclair Sonder-Edition 99 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition 99 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Hüte dich vor Dracula
von Jason Dark

Dracula lebt!
Zuerst lachte ich, als ich davon hörte. Wenig später verging mir das Lachen, denn die ersten bleichen Geschöpfe durchstreiften die Nacht auf der Suche nach Blut. Sie waren alle gezeichnet. Auf ihren Stirnen leuchtete ein grellrotes "D".
"D" - wie Dracula! Lebte er wirklich? Ich fand das heraus und war der Nächste, der das Zeichen bekommen sollte ...

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EPUB
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Seitenzahl: 178

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Hüte dich vor Dracula

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati/BLITZ-Verlag

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7748-4

„Geisterjäger“, „John Sinclair“ und „Geisterjäger John Sinclair“ sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

www.john-sinclair.de

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Hüte dich vor Dracula

von Jason Dark

Es war der staatlich verordnete Tod, der seine Klauen ausgestreckt und die Knochenhände unsichtbar über die zahlreichen Dörfer des ehemaligen Landstrichs Siebenbürgen gelegt hatte, der Heimat des Blutgrafen Dracula.

Die Dörfer sollten verschwinden, die Menschen ebenfalls. Verfall und besonders Vergessen würden Einzug halten. Es gab keine Unterstützung mehr, der Staat war gnadenlos. Keine Gelder flossen in die einsamen Landstriche, die Ortschaften siechten vor sich hin wie schwerkranke Riesen.

Frantisek Marek sah es überall.

Er gehörte zu denjenigen, die noch nicht unmittelbar davon betroffen waren. Der grauhaarige Mann stammte aus einem Dorf namens Petrila. An ihm war der Kelch bisher noch vorübergegangen. Wann sich das ändern würde, konnte niemand sagen.

Marek gehörte also zu den Privilegierten. Auch weil er einen Wagen fuhr, einen alten, klapprigen Käfer, der nicht totzukriegen war. Marek hatte ihn sich vom Bürgermeister geliehen, der ihm noch einen Gefallen schuldig war. Und wer fragte in einem gottvergessenen Landstrich wie diesem schon nach einem Führerschein?

Von Petrila aus war Marek hoch in die Berge gefahren und hatte einige Kilometer die alte Passstraße genommen. In den Schnee war er nicht gekommen.

Irgendwo war er abgebogen. Die großen Räder des Käfers wühlten sich durch die aufgeweichte Erde. Der Wagen war nicht ein einziges Mal stecken geblieben.

Diese Nebenstraße kannte Marek sehr gut. Der grauhaarige Mann saß hinter dem Lenkrad und schaute mit müde gewordenen Augen durch die Scheibe.

Wenn das stimmte, was er gehört hatte, dann konnte dies der Anfang vom Ende sein.

Vampire!

Wieder einmal ging es um Vampire, um diese elendigen Blutsauger, denen Frantisek Marek den erbarmungslosen Kampf angesagt hatte.

Die Vernichtung zahlreicher Blutsauger konnte er seinem Konto gutschreiben. Frantisek Marek hatte auch einen Kampf- oder Spitznamen bekommen.

Man nannte ihn den Pfähler!

Zudem besaß er ein Markenzeichen, eben diesen alten Eichenpflock, den er als Erbe übernommen hatte, verbunden mit der Verpflichtung, stets dafür zu sorgen, dass dieses einst so prächtige und schöne Land Rumänien vampirfrei blieb.

Ein Kampf gegen die Flügel von Windmühlen. Zahlreiche Opfer hatte der Kampf schon gekostet, nicht zuletzt Marie Marek, seine Frau, die von einem Freund aus London hatte gepfählt werden müssen, weil sie sonst als Untote durch die Wälder und Dörfer auf der Suche nach Blut geirrt wäre.

Auch Marek war auf der Suche. Nach dem Tod seiner Frau hatte er den Kampf gegen die lebenden Toten eigentlich aufgeben wollen, doch dank der Fürsprache seiner Freunde hatte er sich gewissermaßen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen und war den Weg wieder weitergegangen. Seine Jagd nach den Blutsaugern würde erst mit seinem Tod beendet sein. Daran glaubte er mittlerweile fest.

Und so kämpfte er weiter. Ging Spuren nach, horchte, sprach mit vielen Menschen. Man sah, man hörte, etwas sprach sich herum, und der oft steife und kalte Wind gab die Botschaft weiter, bis sie die Ohren erreichte, für die sie auch bestimmt oder interessant war.

Eben Frantisek Marek!

Er musste den weiten Weg in Kauf nehmen, um mit einer Person zu sprechen, die einiges wusste. Wenn es stimmte, was er gehört hatte, sah es sehr böse aus.

In seinem alten VW verließ er den Wald. Vor ihm lag ein Hochtal. An den Hängen der Nordseite klebten Schneereste. In diesem Winter hatte es so gut wie nicht geschneit. Nur in den höheren Regionen der Karpaten war die weiße Pracht gefallen, aber nicht lange liegen geblieben, denn die Wintersonne hatte sie weggetaut.

In den Tälern war es wesentlich kälter gewesen als auf den Höhen, denn in die tiefen Lagen war kein Sonnenstrahl gekommen. Selbst die Wölfe hatten genügend Nahrung gefunden und waren in diesem Winter in den Wäldern geblieben.

Vor ihm öffnete sich das Gelände!

Er sah das Tal, die Ortschaft und wusste, dass er sein Ziel erreicht hatte.

Zwischen traurig aussehenden Feldern fuhr er her, nahm seinen Weg über schlammige, weiche Pfade, rutschte hin und wieder, musste mit Gas und Bremse spielen, aber er klebte nie in den von alten Traktorreifen gezeichneten Spuren fest.

Von der Ferne aus gesehen wirkte der kleine Ort wie eine malerische Filmkulisse, auch deshalb, weil oberhalb, am Hang, noch die zerfallenen Mauerreste einer Burg standen. Vor ein paar Jahrhunderten war sie den anstürmenden Türken im Weg gewesen und bis auf einen Rest niedergebrannt und zerstört worden.

Niemand lebte mehr zwischen den Mauern, abgesehen von kleinen Wandergruppen, die hin und wieder Schutz suchten, wenn sie von einem bösen Wettersturz überrascht wurden. Marek fuhr auf den Ort zu. Das Malerische verschwand. Dieses Dorf gehörte auch zu den Orten, die die Regierung in Bukarest nicht mehr haben wollte. Es sollte dem Erdboden gleichgemacht, die Bewohner umgesiedelt werden. Noch lebten Menschen in den alten Steinhäusern, deren Fassaden abgeblättert waren, Risse und an manchen Stellen auch große Löcher zeigten.

Marek sah die Scheunen, in denen das Heu lagerte. Das Vieh stand manchmal auf der Weide, um letzte Reste des Wintergrases aus dem Boden zu zupfen.

Magere Kühe, die kein Kraftfutter mehr bekamen und sich von dem ernähren mussten, was der ausgelaugte Boden hergab.

Es war ein schlimmer Ort, über den der böige Wind wehte. Er kam diesmal aus nördlicher Richtung, brachte Kälte mit und drang auch durch die Lücken und Ritzen der Gemäuer.

Zwar sah Frantisek Marek auch Fahrzeuge am Rand stehen, trotzdem wurde sein Wagen angestaunt, als er über die schlammige Dorfstraße fuhr und auch einige Fuhrwerke passierte, vor denen die Pferde mit traurig gesenkten Köpfen standen.

Vor einem Gasthaus stand ein Mann, der sein Pferd striegelte. Marek hielt an. Die Scheibe konnte er nicht mehr nach unten kurbeln, weil sie klemmte. Er musste schon aussteigen, wenn er reden wollte.

Dunkle Augen schauten ihn an. In den Blicken lag eine tiefe Resignation. Die Bewohner rechneten damit, bald ihre Heimat verlassen zu müssen. Die meisten jüngeren waren sowieso schon in die Städte oder ins Ausland abgewandert. Nur die Alten lebten noch in den halb leeren Dörfern.

Marek grüßte.

Der Mann nickte zurück. Sein Arm sank nach unten. In den Borsten der Striegelbürste hingen noch die Pferdehaare. »Bist du von der Regierung oder der Partei?«, fragte er.

Marek strich das lange Haar zurück. »Sehe ich so aus?«

»Nein, eigentlich nicht.«

»Das ist gut.«

»Du magst sie auch nicht?«

»Nein, ich hasse die Bonzen, aber es gibt Möglichkeiten, ihnen aus dem Weg zu gehen.«

»Bald nicht mehr, bald nicht mehr.«

»Wir warten ab. Die Bonzen haben Druck aus dem Ausland bekommen. Es sind vor allen Dingen die Deutschen, die sich für uns einsetzen.«

»Ob es nutzt?« Der Pferdestriegler lachte bitter. »Aber deshalb bist du sicherlich nicht gekommen«, sagte er dann.

»Nein, ich suche eine Frau. Die alte Zuniga.«

»Die Wissende?«

»So ist es.«

Der Einheimische atmete tief ein. »Es tut mir leid für dich, aber sie ist nicht hier.«

»Was?«

»Nein, fahr wieder.«

Das wollte Marek nicht. Der Stimmungsumschwung war ihm zu plötzlich gekommen. Wahrscheinlich wollte ihm der Einheimische nicht sagen, wo er die Frau finden konnte.

»Ich will nur eine Auskunft.«

»Kann ich mir denken.«

Marek trat dicht an den Pferdestriegler heran. »Schau mal her«, flüsterte er und schlug die Schöße seiner alten Jacke zurück. »Schau mal, was ich hier habe.«

Der Blick des Einheimischen senkte sich. Der Mann starrte auf das, was aus dem Gürtel hervorschaute. Es war die Hälfte eines grauen, sehr harten Eichenpflocks.

»Verstehst du?«

»Vielleicht.«

»Ich bin Marek, der Pfähler.«

Der Blick des Pferdestrieglers änderte sich. So etwas wie ein Erkennen strahlte in seinen Augen auf. »So ist das also. Du bist der Mann, von dem man auch hier spricht.«

»Genau.«

»Hm.«

»Weißt du nun, wo ich die alte Zuniga finde, mein Freund?«

»Ja, für dich ist der Weg frei. Es wird viel geflüstert, eine Botschaft wurde weitergereicht …«

»Sie galt mir.«

Der Mann zog seine Schirmmütze tiefer in die Stirn. »Ich werde dich nicht begleiten. Setz dich in deinen Wagen und fahr geradeaus. Das letzte Haus auf der rechten Seite. Es liegt hinter einem alten Zaun und ist von Unkraut umwuchert. Dort kannst du sie finden.«

»Danke sehr.«

»Gott sei mit dir, Pfähler.«

Am Wagen drehte sich Marek noch einmal um. »Er sollte in dieser Lage mit uns allen sein.«

Der Pferdestriegler hob müde den Arm. »Wir sind seine vergessenen Kinder.«

Frantisek Marek schluckte den Kloß, der in seiner Kehle hing, hinunter. Gottes vergessene Kinder. So kam er sich manchmal vor. Oft genug lag er in den Nächten wach und dachte darüber nach, ob sich der Kampf gegen die Untoten überhaupt noch lohnte.

Der VW-Motor sprang sofort an. Durch den weichen Schlamm setzte der Pfähler seinen Weg fort. Vor einem Haus standen mehrere Kinder. Sie schauten dem vorbeifahrenden Wagen hinterher. Auch in ihren Augen lag die Hoffnungslosigkeit.

Der Ort war nicht groß, deshalb hatte Marek das Haus auf der rechten Seite schnell gefunden. Es lugte wie eine Insel aus einem verwilderten Garten hervor. Wilder Wein und Efeu rankten an der traurigen Fassade hoch, die aus Stein und Holz errichtet worden war.

Das Holz war weich geworden, faulte und stank. Auch in den Steinen hatte sich die Feuchtigkeit ausgebreitet. Wer in diesem Haus überwinterte, konnte leicht erfrieren oder sich Rheuma holen.

Aus dem Schornstein stieg Rauch auf, der dicht über der Öffnung vom Wind zerrissen wurde.

Marek stiefelte durch die Wildkräuter zum Haus.

Die Tür stand offen. Der Spalt besaß die Breite eines Arms. Marek schob die Tür auf, nachdem er geklopft und als Antwort ein heiseres Husten vernommen hatte.

Dann betrat er das Haus.

Eine alte Bude, die kurz vor dem Zusammenbruch stand. Zwischen den Wänden stank es nach Rauch, der nicht gut abzog und sich im Raum verteilte.

Vor dem Kamin, wo sich auch die Bank befand, lag oder hockte ein dick eingepacktes Bündel, das sprechen konnte. »Zieh die Tür zu, sonst stinkt es noch mehr.«

Marek drückte mit der Schulter dagegen. Ganz schließen konnte er sie nicht.

Marek entdeckte vier Fenster, durch die müdes Tageslicht sickerte. Dieser Tag gehörte zu denen, die nicht richtig hell werden wollten. Über dem Land lag ein dünner Schleier aus Dunst, der die fahle Wintersonne verbarg.

Wäre nicht das Feuer gewesen, dessen Widerschein in den Raum zuckte, hätte Marek kaum etwas erkennen können.

Das Bündel auf der Bank bewegte sich.

Klamme, gichtkrumme Finger umfassten die Stoffränder einer Kapuze und schoben sie zur Seite, sodass ein Gesicht zum Vorschein kam, dessen Haut ungewöhnlich rein und klar wirkte, setzte man sie in Relation zum Alter.

Die alte Zuniga strich durch ihr dünnes Haar. Der kleine Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Du bist der Pfähler, du kannst nur Marek sein.«

»Stimmt.«

»Ich habe dich nie gesehen, aber ich habe dich mir so vorgestellt, mein Freund.« Sie deutete neben sich. »Bevor du dich setzt, lege einige Scheite ins Feuer. Ich friere etwas, dabei ist der Winter überhaupt nicht kalt. Es liegt wohl am Alter.«

»Kann sein.«

Marek packte die Scheite und schob sie in die Flammen, die sofort gierig zugriffen.

Neben Zuniga fand er seinen Platz. Die alte Frau trug einen dunklen, langen Mantel, hatte sich zudem noch in eine löchrige Decke gewickelt und starrte zur Tür.

Auch Marek sagte nichts. Er wusste, dass die Frau von selbst anfangen würde zu reden. Einen Satz sagte sie mit leiser, brüchig klingender Stimme.

»Hüte dich vor Dracula!«

Den Pfähler hatte die Einleitung überrascht. Er schrak zusammen, was Zuniga merkte.

»Hast du Furcht?«

»Nein, kaum.« Marek räusperte sich. »Ich wundere mich nur, dass du diesen verfluchten Blutgrafen erwähnst.«

»Wieso?«

»Es hat ihn zwar gegeben, aber nie so, wie man ihn im Film und in der Literatur hinstellte.«

»Da magst du recht haben, Marek, sehr recht sogar. Aber es gibt Dinge, die in keinem Geschichtsbuch erwähnt sind. Sie stimmen trotzdem. Man kann sich auf sie verlassen.«

»Aha.«

»Du weißt es wirklich nicht?«

»Nein, Zuniga. Ich bin gekommen, weil ich eine Botschaft vernahm, das ist alles.«

»Ja, es war nur ein Flüstern, eine ungewöhnliche Einladung.« Sie bückte sich und hob einen Becher an, der vor ihr und zwischen ihren Füßen auf dem festgestampften Lehmboden stand. »Es ist Medizin«, sagte sie, bevor sie trank.

Aus dem Becher stieg ein scharfer Geruch, den Marek widerlich fand. Aber er sagte nichts.

Schlürfend leerte die alte Zuniga das Gefäß. An ihrem Kinn rannen noch einige Tropfen nach unten. Dann redete sie weiter. »Vlad Dracula hat damals mit grausamer Hand regiert. Er hat unterdrückt, er hat getötet, er hat das Grauen wahr werden lassen. Man kann sich kaum vorstellen, zu welch schlimmen Gräueltaten er fähig war. Aber davon abgesehen, es geht mir um etwas anderes. Kennst du das alte Blut?«

»Nein.«

»Das habe ich mir gedacht.« Sie kicherte. »Vielen ist es nicht bekannt. Das alte Blut ist etwas Besonderes. Es ist ein Geheimnis. Lange Zeit hat niemand mehr daran gedacht, aber Vlad Dracula hat es als Erbe hinterlassen. Das Blut«, so flüsterte sie scharf, »ist magisch verseucht.«

»Was enthält es?«

»Einen Keim«, hauchte sie. »Es enthält einen Keim, einen ungewöhnlich schlimmen Keim, von dem die meisten Menschen kaum etwas wissen, wenn du verstehst.«

»Noch nicht.«

»Du hättest es eigentlich wissen müssen, denn du bist der Pfähler. Aber so werde ich es dir sagen, mein Freund. Es ist das Blut der Opfer. Er hat es gesammelt und versteckt. Wer dieses verseuchte Blut trinkt, wird zum Vampir.«

Der Begriff Vampir löste bei Marek zwar keine Schockreaktion aus, er saß trotzdem steif und wartete darauf, dass die alte Zuniga etwas erklären würde.

Sie nickte nur, hatte die Stirn in Falten gelegt und wischte über ihre Augen, als wollte sie dort die Tränen wegwischen.

»Das alte Blut existiert. Über die Jahrhunderte hinweg ist es bewacht worden, man hat sich darum nicht gekümmert, aber die Zeit hat uns nicht das Vergessen gelehrt. Jemand ist gekommen und hat sich an das alte Blut erinnert, glaube ich.«

»Wer?«

»Es waren Fremde.«

»Und weiter?«

»Sie haben das alte Blut gefunden, glaube ich. Wie gesagt, ich glaube es nur. Deshalb möchte ich dich bitten, das Blut zu suchen. Wenn du es gefunden hast, kipp es weg. Vernichte es, denn es wird Unheil bringen und den Geist Vlad Draculas wieder auferstehen lassen.«

Marek ließ einige Zeit verstreichen, bevor er sich zu einer Antwort bequemte. »Wenn das so ist, dann muss ich tatsächlich damit beginnen, das Blut zu vernichten. Ich bin der Pfähler, ich kenne meine Aufgabe. Nur weiß ich nicht, wo ich es finde.«

»Ja, ja«, krächzte sie und nickte in Richtung Tür. »Das wissen viele nicht, mein Freund. Nur wenige sind eingeweiht. Auch ich habe lange geschwiegen, aber ich habe gespürt, dass ich es jetzt sagen muss. Hoffentlich habe ich nicht zu lange gewartet!«

»Ich werde es herausfinden, Zuniga. Wo kann ich das Blut finden?«

»Nicht weit von hier.«

»Im Ort?«

»Nein, aber du wirst, wenn du die Augen offengehalten hast, das alte Gemäuer gesehen haben.«

»Das verfallene Schloss am Hang?«

»So ist es. Dort musst du hin, denn an diesem Ort wirst du das alte Blut finden.«

Marek strich durch sein Gesicht. »Ich will mich ja nicht dumm anstellen, aber auch die Reste eines Schlosses können noch groß sein. Kennst du nicht den genauen Ort?«

»Ja und nein. Es gibt einen Eingang, der in die Tiefe führt. In ein altes, modriges Verlies. Dort soll sich das Blut befinden.«

»Einfach so?«

»Nicht ganz. Ob es stimmt, weiß ich nicht. Man sagt nur, dass es bewacht wird.«

»Von wem?«

»Es ist ein Vampir!«, flüsterte sie. »Ein bleicher, uralter Blutsauger, der nie auf Jagd nach Menschenblut gegangen ist, aber trotzdem existieren kann, weil er hin und wieder einen Schluck des alten Blutes zu sich nahm.«

»Und er bewacht es.«

»Ja, die lange Zeit, die Jahrhunderte müssen ihn gezeichnet haben, doch sei vorsichtig, wenn du dich ihm näherst.«

»Wie heißt er?«

»Ich weiß es nicht, Marek. Ich weiß kaum etwas – leider. Ich weiß nicht einmal, ob es ihn überhaupt gibt.«

»Aber du hast …«

»Ruhig, mein Freund, ruhig. Wie gesagt, man erzählt viel. Nicht alles stimmt. Geh selbst hin und schau nach.«

»Das werde ich auch. Nur möchte ich gern wissen, wie ich das Versteck finden kann?«

»Es ist, wie ich dir schon sagte, unter der Erde. Aber es gibt einen Weg, den du nehmen kannst. Einen Geheimgang, wie ich erfahren habe. Du musst ihn nur finden.«

»Das kann dauern.«

»Ich werde es dir erklären, so gut es mir möglich ist.« Sie beugte sich vor und begann zu reden. Wieder sprach sie mit einer brüchigen Stimme, unterbrochen von leichten Hustenanfällen, sodass es seine Zeit dauerte, bis sie den Weg beschrieben hatte. »Hast du alles behalten, Pfähler, oder soll ich es noch einmal wiederholen?«

»Nein, es wird schon reichen.«

Sie drückte ihm die flache Hand in den Rücken. »Geh jetzt, Marek, bevor er aus seinem Schlaf erwacht. Dieser Vampir ist gefährlich. Er lebt in den Verliesen, aber er wird sich, wenn es Tag wird, zur Ruhe legen. Auch er muss seinen Rhythmus einhalten.«

Marek stand auf. Er drehte sich um und schaute auf die dünnen Haare der alten Zuniga. »Wenn ich zurückkomme, werde ich dir berichten.«

»Tu das.«

Marek ging. Draußen atmete er tief die kalte Luft ein. Sie kam ihm vor wie Balsam. In der Hütte hatte sie doch stark in seinem Hals gekratzt. Einen Pfad sollte es geben. Nur endete dieser nicht an der Ruine, den letzten Teil der Strecke musste der Pfähler zu Fuß zurücklegen.

Bevor er in den VW einstieg, fühlte er nach seinem Eichenpflock. Mit der Handfläche strich er darüber. Lange Zeit hatte der Pflock geruht. Doch Marek ahnte, dass sich dies bald ändern würde …

Die Dunkelheit des Waldes entließ den Pfähler wie ein Gespenst. Er drückte die letzten Zweige und Äste zur Seite, hörte das trockene Knacken, wenn sie zerbrachen, und sah vor sich die verfallenen Ruinen der ehemaligen Burg.

Nichts regte sich. In den kahlen Ästen der Bäume hockten schwarze Kolkraben. Sie äugten zu Boden und bewegten nicht einmal ihre Flügel. Nur wenn der Wind über sie hinwegstrich, zitterte ihr Gefieder.

Mareks dicke Schuhe schleiften durch das hüfthohe Unkraut. Es wuchs überall und überwucherte viele Reste der alten, zerstörten Burgmauer.

Der Pfähler musste einige Male klettern, erreichte ein nicht getautes Schneefeld, knirschte hindurch und glaubte, sich dort zu befinden, wo einmal der Innenhof der Burg gewesen war.

Jetzt musste er sich nach rechts wenden.

Einst hatte der hohe Turm stolz über das Land hinweggeschaut, nun waren nur mehr Reste davon erhalten. Eine Seite war ganz verschwunden. Die Trümmer lagen verstreut.

Marek schielte in die verbliebenen Fragmente hinein. Wenn es stimmte, was ihm die alte Frau gesagt hatte, dann musste er in den Turm und dort den Einstieg suchen.

Er schob sich durch eine Lücke und ging über einen mit Gras, Moos und Unkraut bewachsenen feuchten Boden, auf dem sich einige Wasserlachen angesammelt hatten, die höchstens im Sommer verdunsteten.

Wo befand sich der Einstieg?

Marek schaute in die Höhe, weil er von dort flatternde Geräusche vernommen hatte.

Auf den Rändern der Turmfragmente hockten die schwarzen Raben mit gesenkten Köpfen und starrten auf Marek nieder, als wollten sie ihn wegen seiner Aufgabe bemitleiden.

Noch war es hell genug. Marek kam ohne Licht aus. Früher waren die Menschen mit Fackeln durch die Verliese gegangen, heute vertraute man lieber auf Taschenlampen.

Auch Marek hatte eine Stablampe mitgenommen. Rechts neben dem Eingang baute er sich auf, ging drei Schritte nach vorn, zwei nach rechts und blieb dann stehen.

An dieser Stelle musste sich der Weg in die Tiefe befinden. Er bückte sich, seine Finger strichen durch das feuchte Moos und suchten nach dem Kontakt, der ihm den Weg nach unten öffnete. Noch fühlte er nichts, bis er etwas fand, das ihn misstrauisch machte. Es war eine Erhebung, die sich sehr widerstandsfähig zeigte.

Ein Stein wahrscheinlich. Davon hatte auch die alte Zuniga berichtet. Er holte einen anderen Stein und begann damit, das Moos um die Erhebung wegzukratzen.

Es kostete ihn viel Mühe, doch die Arbeit lohnte sich.

Die Erhebung lag frei und wirkte wie eine Nase, die durch Zufall an diese Stelle geraten war.

Das war nicht der Fall gewesen, denn die Nase ließ sich bewegen, als Marek mit dem Stein einige Male dagegen klopfte. Er glaubte jetzt noch immer, die Stimme der wissenden Frau zu hören, als sie zu ihm gesagt hatte: »Du musst sehr hart dagegen schlagen und darfst nicht aufgeben.«

Marek gab nicht auf, er schlug weiter, auch als der Stein in zwei Hälften zerbrochen war.

Die Mühe lohnte sich. Plötzlich hörte er ein Knacken, das aber wieder verstummte.