John Sinclair Sonder-Edition Sammelband 2 - Horror-Serie - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Sonder-Edition Sammelband 2 - Horror-Serie E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

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Sammelband 2: Drei gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis!


John Sinclair - das besondere Gruselerlebnis: Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.

Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John mit so bekannten Gegnern wie Asmodis, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 1 bis 3 der John Sinclair Sonder-Edition:
4: Luzifers Festung

5: Albtraum in Atlantis

6: Die Rache der Horror-Reiter

Tausende Fans können nicht irren - über 320 Seiten Horrorspaß garantiert!

Jetzt herunterladen und sofort losgruseln!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 514

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Titelbild: shutterstock/Fotokostic ISBN 978-3-7325-7038-6

Jason Dark

John Sinclair Sonder-Edition Sammelband 2 - Horror-Serie

Inhalt

Jason DarkJohn Sinclair Sonder-Edition - Folge 004Die Festung lag im Nirgendwo, zwischen den Dimensionen. Asmodis selbst legte seine schützende Hand über sie, und Maddox, der unheimliche Richter, regierte hier mit eiserner Strenge. Auch der Spuk ging in dem düsteren Ort ein und aus. Ich wurde durch den Tod eines Bekannten auf die Spur gebracht, hörte von Luzifers Festung und nahm mir vor, sie zu stürmen. Es wurde die härteste Prüfung meiner Laufbahn, und die Chancen standen eins zu tausend ...Jetzt lesen
John Sinclair Sonder-Edition - Folge 005Vor langer Zeit kämpften sie um die Herrschaft im Dämonenreich. Myxin und der schwarze Tod. In Atlantis begann ihr Kampf, aber weder Myxin noch der Schwarze Tod konnten den Untergang des Kontinents aufhalten. Atlantis versank im Meer. Ich wusste um die damaligen Vorgänge, denn ich hatte Myxin aus seinem magischen Schlaf erweckt. Doch der kleine Magier hatte noch etwas zu erledigen, wie er mir sagte. Er musste zurück in seine versunkene Heimat. So reisten wir in die Vergangenheit, und ich erlebte am eigenen Leib den Albtraum in Atlantis ...Jetzt lesen
John Sinclair Sonder-Edition - Folge 006AEBA - wer erinnerte sich nicht an diesen Namen? An die Leibwächter von vier ranghohen Dämonen, die Reiter der Apokalypse. Zweimal hatte ich gegen sie gekämpft, aber ich hatte sie nicht entscheidend besiegen können. Sie waren nur in eine andere Dimension geschleudert worden. Dort waren sie wieder erstarkt. Und sie kannten nur ein einziges Ziel: Rache! Sie kehrten zurück, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Und ich, John Sinclair, machte mich bereit, zum dritten Mal gegen sie anzutreten ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Luzifers Festung

Vorschau

John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.

Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.

Lesen Sie in diesem Band:

Luzifers Festung

von Jason Dark

Scraal wimmerte!

Sein unförmiger Körper zog sich noch stärker zusammen, sodass er immer mehr einer Kugel glich. Doch auch so konnte er den Blicken des unheimlichen Richters nicht entgehen.

Sie wirkten wie Peitschenhiebe.

»Du hast versagt, Scraal. Du solltest einen Auftrag erledigen, und hast es nicht geschafft. Wir hatten dich ausersehen, um die Abtrünnigen zurückzuholen, aber du warst entweder zu feige oder einfach nicht in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen. Deshalb gibt es für mich nur eine Alternative.«

»Gnade«, wimmerte Scraal. »Habt doch Gnade!«

Er gehörte zu den Dämonen der mittleren Stufe. Man übertrug solchen Wesen gern Aufgaben, die einiges verlangten. Scraal hatte drei Köpfe. Es waren nur mit Augen bestückte Kugeln. Dafür jedoch hatte er ein gewaltiges Maul.

Aus ihm drang, wenn er angriff, eine gewaltige, schwarze Pestwolke hervor. Wie ein tödlicher Atem schwebte sie dann Scraals Feinden entgegen und vernichtete sie.

So hatte es auch bei seinem Auftrag sein sollen, doch Scraal war nicht an die Dämonen herangekommen. Als man ihn dann ließ, da hatte er zu spät bemerkt, dass er in eine Falle gelaufen war. Noch rechtzeitig konnte er fliehen, bevor die Echsenmenschen ihn mit glühenden Lanzen durchbohrten.

Und jetzt wartete er auf seine Bestrafung. Ein Fall für James Maddox, den unheimlichen Richter.

Wie immer hockte er auf seinem Stammplatz, umrahmt von zwei auf Stangen steckenden Totenschädeln. Neben Maddox lagen einige alte Bücher, und er selbst blickte in eins hinein, das er aufgeklappt hatte. Sein Gesicht war verwüstet, das Haar hing schlohweiß rechts und links seines Schädels herab, und in den rötlich schillernden Augen lebte kein Funken Gefühl.

Maddox war ein Mann, vor dem sich zahlreiche Dämonen fürchteten. Er verbreitete Angst und Schrecken, denn Dämonen, die versagt hatten, wurden von ihm erst abgeurteilt, bevor sie ihre Strafe antraten.

Das dauerte auch noch etwas. Zumeist warteten sie auf den Strafantritt in Luzifers Festung, einer wahren Hölle, die zwischen den Dimensionen im Nirgendwo lag.

Viele von ihnen verbrachten einige Jahre in der Festung, die an ein Zuchthaus auf der Erde erinnerte. Hier saßen viele Versager ihre Strafen ab.

Und auch Scraal sollte in die Festung.

Das machte ihm Maddox, der unheimliche Richter, deutlich. »Da du versagt hast, wirst du in Luzifers Festung über deine Fehler nachdenken können«, versprach er. »Ich werde dich für eine unbestimmte Zeit dorthin verbannen. Das kann tausend Jahre dauern, aber auch nur hundert oder fünf Tage. Je nach dem. Hast du noch etwas zu sagen?« Lauernd blickte Maddox den dreiköpfigen Dämon an.

»Nein.«

Der unheimliche Richter hieb drei Mal mit seinem Holzhammer auf den Tisch. Dieses Zeichen war den beiden Gestalten, die im nebelverschwommenen Hintergrund lauerten, bekannt. Sie kamen näher und packten den Dreiköpfigen.

Es waren Maddox’ Helfer, die so handelten. Sie standen auch Asmodina zur Seite, wenn es hart auf hart kam, aber zumeist halfen sie Maddox. Dafür hatte der Spuk, Herrscher im Reich der Schatten, sie ausersehen.

Scraal wurde hinausgeschleift. Er wehrte sich nicht, er sah nur Maddox an, doch in dessen Gesicht regte sich kein Muskel. Er wandte sich bereits dem nächsten Fall zu.

Als Dämonenrichter hatte er einiges zu tun. Zumeist urteilte er härter als bei Scraal. Hatte jemand versagt, so kannte Maddox kein Pardon. Es gab dann nur eine Strafe: den Tod!

Die Dämonen wurden getötet, und ihre Seelen gingen ein in das Reich des Spuks, wo sie ein jammervolles Dasein fristeten. Eine Vorstufe zum Reich des Spuks war Luzifers Festung, eine Art Dämonenzuchthaus, in dem alles versammelt war, was versagt hatte, und auf eine Begnadigung oder den Tod wartete.

Das alles war Scraal bekannt. Er hatte genug von der Festung gehört. Er wusste, dass seine Artgenossen dort dahinvegetierten. Vampire, Werwölfe, Ghouls, Zombies, widerliche Abarten irgendwelcher Tierdämonen. Sie alle besetzten die Festung und warteten darauf, dass sie irgendwann einmal entlassen wurden.

Aber diese Hoffnung hatte sich für viele als trügerisch erwiesen. Die meisten blieben in der Festung hocken, bis irgendjemand ein Einsehen mit ihnen hatte oder ihnen einen Auftrag gab.

Die Festung selbst lag im Nirgendwo.

Zwischen den Dimensionen, wo die Kälte des Alls sie wie ein Reif umfing. Sie war aus den blanken Knochen verendeter Dämonen und Menschen errichtet worden, eine gewaltige Trutzburg des Bösen.

Scraal begann zu zittern, als die beiden Wächter ihn auf die Festung zuführten. Er sah die stabilen Knochenwände und die zahlreichen kleinen Fenster, aus denen die Gefangenen blickten. Ihre Köpfe verschwanden fast hinter den vergitterten Fenstern. Auch die Gitter bestanden aus dünnen Knochen, die sich nahtlos in das Gefüge der unheimlichen Trutzburg einreihten.

Es schien sich herumgesprochen zu haben, dass ein Neuer angeschleppt wurde, denn zahlreiche Gefangene erschienen an den kleinen Fenstern.

Hohnlachen schallte Scraal entgegen. Hämisches Gekicher, denn hier war jeder des anderen Feind. Hier freute man sich, wenn wieder einer kam, den das harte Los des Schicksals getroffen hatte. Freundschaft oder Kameradschaft gab es in diesem dämonischen Zuchthaus nicht, jeder kämpfte gegen den anderen, denn unter Dämonen gab es kein Zusammengehörigkeitsgefühl. Wenigstens nicht in diesen Jenseitsreichen, wohl aber auf der Erde, wenn es gegen die Feinde, die Menschen, ging.

Ein Vampir mit rot gefärbten Lippen riss sein Maul auf und lachte schallend. Deutlich waren seine beiden Eckzähne zu sehen.

Aus dem Fenster darüber blickte ein Werwolf mit gefletschten Zähnen. In seinen tückischen Augen war die Gier zu lesen. Er wollte Opfer, hatte lange schmachten müssen, aber er kam nicht heraus. Sollte es ihm trotzdem einmal gelingen, die Zelle zu verlassen und durch die Festung zu irren, dann würde er auch andere Dämonen angreifen und, sie zerreißen. Und es waren genügend Ghouls da, die sich der Toten annehmen würden.

Weiter oben sah ein grünhäutiger Untoter aus einem Zellenfenster. Sein Blick war starr. Der Mund stand halb offen, die Augen saßen verdreht in den Höhlen, er schien den Neuankömmling gar nicht wahrzunehmen.

Aus einem weiteren Fenster wand sich der schleimige, tentakelartige Arm eines Ghouls. Er wollte nach Scraal greifen und ihn zu sich heranziehen, doch einer der Wärter stieß mit der Lanze zu und drückte sie tief in die schillernde Masse. Der Ghoul heulte auf, die Hand verschwand, und die anderen Dämonen lachten.

Hier herrschte das Grauen, das Chaos!

Nebel umwallte die Festung im unteren Teil. Von der Seite her führte eine aus Knochen bestehende Brücke auf die Festung und damit auf den Eingang zu.

Die Wärter waren bewusst von einer anderen Seite gekommen, damit Scraal sich die Festung erst ansehen konnte. Jetzt aber umrundeten sie den Komplex aus Gebeinen und gingen über die Brücke.

Hohl klapperten ihre Schritte auf den dicht aneinanderliegenden Knochen. Unter ihnen rauschte es. Das war der Blutfluss, gebildet aus Dämonenblut, dem Lebenssaft getöteter Schwarzblütler. Der Fluss versickerte irgendwo in der Unendlichkeit der Dimensionen.

Oft umzuckten Blitze die Festung. Sie leuchteten farbig und warfen gespenstische Schatten über das Knochengebilde.

Die Wächter gehörten zum Spuk. Sie waren seine Diener. Gestaltlose Wesen, die sich hier wohlfühlten und ihre Freude hatten, wenn sie andere quälen konnten.

Es war schon schlimm, als Dämon eine so grausame Strafe erdulden zu müssen, und viele hätten alles getan, um die Freiheit zu erlangen.

Aber Maddox ließ sich Zeit. Man musste schon sehr viel Glück haben, wenn man aus der Festung geholt werden sollte.

Auch zählte hier die Zeit nicht. Mit irdischen Maßstäben war sie nicht zu messen. Hier entsprach ein Jahr einer Sekunde, ein Monat zählte so viel wie tausend Jahre – die Ewigkeit regierte hier.

Vor dem Tor blieben sie stehen.

Nur die Wärter besaßen den Schlüssel, einen magischen Stab von Luzifer, den sie nie aus der Hand geben durften. Geschah dies doch einmal, so löste er sich auf.

Einer der Wärter hielt den Stab gegen die Tür. Sie schwang auf.

Heulen und Zähneknirschen herrschten in diesem Teil der Festung. Scraal zuckte zurück, als er die Laute vernahm. Sie drangen auf ihn ein, die Willkommensschreie der Geknechteten, der Gefolterten, der Bestraften.

Sie schritten durch einen düsteren Gang, der von einem rötlichen Licht erhellt wurde.

Rechts und links befanden sich die Türen der Zellen. Auch sie bestanden aus Knochen, zwischen denen es jedoch so viel Spielraum gab, dass die Gefangenen gerade noch ihre Arme hindurchstrecken konnten. Immer, wenn Klauen nach Scraal greifen wollten, stachen die Wärter mit ihren Lanzen zu, und die Hände zuckten zurück.

Sie mussten den gesamten Gang durchqueren, denn die Zelle, in der Scraal hocken sollte, lag am Ende.

Dort blieben die Wärter stehen. Sie drückten eine schmale Tür auf und schoben Scraal hinein. Dann hämmerten sie die Tür wieder zu.

Die Zelle war ein enges Loch. Scraal wand sich vor Wut und Hass auf dem Boden, sein Körper zuckte, er schlug mit den drei Köpfen gegen die Wände, aber es gelang ihm nicht, sie einzureißen.

Über sich sah er das Fenster. Er kroch hoch und konnte hinausschauen. Er blickte genau auf die Brücke und sah die beiden Wächter, die sich entfernten, weil ihre Aufgabe erledigt war.

Scraal blieb allein zurück. Jetzt erst kam ihm zu Bewusstsein, wie grausam diese Strafe war. Die enge Zelle mit dem kleinen Loch als Fenster, die bleichen Knochen und auch der Geruch, der von ihnen ausging. Moder, Verwesung …

Scraal hockte sich auf den Boden. Er hörte das hämische Lachen aus der Nachbarzelle, jemand hämmerte gegen die Wand aus Gebeinen, doch Scraal kümmerte sich nicht darum.

Er gab keine Antwort. Er dachte nur darüber nach, wie er diesem Gefängnis wieder entfliehen konnte. Schließlich hatte er es auch geschafft, sich hochzudienen. Damals war er ein Nichts gewesen, da hatten ihn die Oberen gar nicht zur Kenntnis genommen, aber heute hatte er so etwas wie Macht, wenn er sich auch nie mit Asmodina oder dem Spuk vergleichen konnte.

Aber er wusste seine Chancen genau einzuschätzen, und er gehörte zu denjenigen Dämonen, denen es gelungen war, die Dimensionen des Schreckens hin und wieder zu verlassen, um sich unter den Menschen umzusehen.

Es gab sehr viele Menschen. Unter anderem auch welche, die nicht abgeneigt waren, einen Pakt mit dem Dämonenreich zu schließen. Man musste ihnen nur viel, sehr viel, versprechen, sodass sie über die Schrecken der Finsternis gar nicht mehr nachdachten.

Zumeist Geld.

Scraal war schlau, und er hatte die Menschen genügend studiert. Zudem hatte er noch eine Eigenschaft, die es ihm ermöglichte, mit den Menschen in Kontakt zu treten. Sollte er versuchen, auch hier …?

Er dachte nach. Dabei legte er sich auf den Boden und starrte mit seinen sechs Augen gegen die gelblich schimmernde Decke, wo die Gebeine dicht an dicht nebeneinanderlagen.

Scraal dachte auch darüber nach, wem die Gebeine wohl gehörten. Menschen, die in die dämonischen Fallen gelaufen waren, auch Zombies oder Vampire, deren Körper dazu hergehalten hatten, die Festung im Nirgendwo zu errichten.

Sollte es da einen Ausweg geben?

Scraal überlegte. Seine Augen in den drei Kugelköpfen sprangen noch weiter vor. Gedankenströme durchfluteten seinen Körper und suchten sich ihren Weg durch die Unendlichkeit.

Für sie gab es keine Mauern, keine Hindernisse, und auch der magische Schutzschirm hielt sie nicht auf.

Scraal schickte seine Gedanken auf die weite Reise.

Ihr Ziel: die Erde!

***

Drei Tage lag ich im Bett. Grippe! Mich hatte es richtig erwischt. Da war es natürlich aus mit der Herrlichkeit. Keine Dämonenjagd, nicht einmal Schreibtischarbeit. Bettruhe war angesagt. Hin und wieder tauchte ein blondhaariger Engel namens Jane Collins auf, der mich pflegte.

Sie brachte mir Tee, presste mir Orangen aus, und auch Suko und Shao kümmerten sich um mich. Ich beneidete die drei, die so herrlich gesund waren, während mich das verdammte Fieber ans Bett fesselte. Sogar Sir James Powell, mein Chef, rief zweimal an und erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden.

Als ich jedes Mal ins Telefon hustete, legte er sehr rasch wieder auf. Der Arzt hatte mich erst einmal für eine Woche krankgeschrieben, aber darauf ließ ich mich nicht ein. Als die letzten Fieberträume vorbei waren, nahm ich mir fest vor, am nächsten Morgen das Bett zu verlassen.

Gegen neun war es so weit. Ich hatte das von Shao gebrachte Frühstück bis auf den letzten Toastkrümel verputzt und gab mir einen innerlichen Ruck, um auf die Beine zu kommen.

Ich kletterte aus dem Bett. Es war wirklich ein Klettern, ein vorsichtiges Hinausschwingen der Beine, das Angeln nach dem Pantoffel, hineingleiten, dann stellte ich mich auf und kämpfte sofort gegen den Schwindel, der mich überfiel. Drei Tage Bettruhe waren doch nicht das Wahre.

Der Schweiß brach mir aus allen Poren, ich biss die Zähne zusammen und wagte die ersten Schritte. Wie ein kleines Kind ging ich und war überrascht, wie gut es klappte. Ich zog mir meinen Morgenrock über und ging in die Küche, da ich einen pelzigen Geschmack im Rachen spürte, den ich gern mit einem Schluck Saft weggespült hätte.

Jane und Shao hatten sich nicht nur sehr um mich bemüht, sondern auch die Küche aufgeräumt. Sogar die Tageszeitungen hatten sie auf ihren Stammplatz gelegt.

Ich setzte mich an den weißen Tisch und trank langsam das Glas leer, wobei ich aus dem Fenster sah. Es wurde Frühling. Der Winter schaffte es nicht mehr, gegen die Märzsonne anzukommen. Die Natur forderte ihr Recht. Die ersten Knospen erschienen an den Zweigen der Bäume und standen kurz vor dem Aufbruch.

Dieses Frühlingserwachen gab auch mir wieder Kraft. Ich fühlte mich auf einmal besser. Das Fieber war sowieso verschwunden, und die Mattheit der Glieder würde bald auch der Vergangenheit angehören. Ich ging davon aus, dass ich am nächsten Tag wieder ins Büro zurückkehren konnte.

Die Zeitungen stachen mir ins Auge. Seit drei Tagen hatte ich in keiner Gazette mehr geblättert, weil ich einfach nicht die Lust dazu verspürt hatte. Jetzt aber wollte ich sie wenigstens überfliegen.

In der Politik ging es mal wieder rund. Auch in London war es nicht friedlich gewesen. Ich las viel über Verbrechen, und direkt daneben stand einiges über den englischen Thronfolger.

Nach einer Stunde legte ich die Zeitung zur Seite, womit noch längst nicht alles geschafft war, denn nun kamen die Zeitschriften an die Reihe. Die hatte mir Bill Conolly gebracht, denn er abonnierte die halbe Welt.

Ganz oben lag eine Zeitschrift, die sich mit rätselhaften, okkulten Dingen befasste. Viele Berichte waren aufgesetzt, aber in einigen steckte auch ein Körnchen Wahrheit.

Bill hatte die Zeitschriften schon gelesen. Ich sah es daran, dass er einen Bericht angestrichen hatte. Es war nur eine kurze Notiz, die sich mit einem Mann befasste, der Gebeine sammelte.

Der Bericht war sehr makaber. Ein geheimnisvoller Mensch namens Naga suchte in seiner Freizeit die Gebeine der Toten zusammen. Es wurde berichtet, dass er armen Familien die Knochen sogar abkaufte und auch gut dafür bezahlte.

Ich schüttelte den Kopf. Dass jemand Gebeine sammelte, war doch ein starkes Stück. Zudem machte er sich dabei strafbar, denn es war einem Privatmann verboten, Gräber aufzubrechen.

Im Augenblick lag nicht viel an. Von Dr. Tod und der Mordliga hörte ich nichts, und Asmodina hatte sich schon vor längerer Zeit in ihren Schmollwinkel zurückgezogen, weil ich einen ihrer großen Diener, den Dämonenhenker Destero, getötet hatte. Als kleines Andenken gehörte mir jetzt sein Schwert.

Ich hatte also Zeit, mich um diesen Naga zu kümmern. Der Name allein hörte sich fremd an. Vielleicht war es auch ein Pseudonym, wer konnte das wissen. Auf jeden Fall wollte ich die Spur verfolgen.

Es lag allerdings auch nahe, dass dieser ganze Artikel nur eine Farce war, doch darauf wollte ich mich nicht verlassen.

Bill Conolly hatte mir die Zeitung gebracht, vielleicht wusste er mehr.

Ich wollte zum Telefon im anderen Zimmer, doch ich kam nicht weit. Ein Schlüssel bewegte sich im Schloss der Wohnungstür. Jane Collins erschien.

Auch das noch. Wenn sie mich wieder auf den Beinen sah, machte sie Terror. So schnell konnte ich gar nicht mehr ins Bett wischen, wie sie im Raum stand.

Dann war sie da. Sie sah mich mit einem Blick an, der mich direkt schamviolett werden ließ. »Du willst dir wohl unbedingt den Tod holen, wie?«, moserte sie mich an. »Was die Dämonen nicht geschafft haben, das bringt bei dir eine Grippe fertig.«

»Ich fühle mich schon wieder fit«, verteidigte ich mich. »Wirklich, ich …«

Sie stellte die Tüte ab, kam auf mich zu und drückte mir die flache Hand ins Kreuz. Sanft schob sie mich aus dem Zimmer. »Mach jetzt keinen Ärger, Johnny Boy, leg dich erst einmal hin. Das ist am besten.«

»Aber ich habe keine Lust …«

»Und ob du Lust hast. Schließlich hat dich der Arzt eine Woche krankgeschrieben, und die Zeit hältst du durch.«

Was sollte ich machen? Jane war sowieso die Stärkere. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihrer Aufforderung zu folgen. Ich plumpste wieder hin. Auf der Bettkante blieb ich sitzen. Die Zeitschrift hielt ich noch immer fest.

»Was willst du eigentlich damit?«, fragte Jane.

»Lesen.«

Sie funkelte mich an. »Dass du sie nicht auffressen willst, ist mir schon klar.«

»Aber du verbietest es mir doch nicht?«

»Nein.«

»Ich danke dir für deine Großzügigkeit.«

Jane ließ die Tür offen, als sie sich in die Küche begab und dort auspackte.

»Haben wir heute Gäste?«, rief ich.

»Wieso?«

»Weil du so viel Zeug eingekauft hast.«

»Dann wirf mal einen Blick in deinen Kühlschrank. Der ist völlig leer. Da hätten nicht einmal Mäuse Lust, sich darin umzusehen. Du brauchst Nachschub.«

»Wenn ich dich nicht hätte«, stöhnte ich.

»Würde dich bestimmt Glenda Perkins versorgen«, erwiderte die Detektivin spitz.

Ich sagte nichts. Es hatte keinen Zweck, das Thema Glenda zu vertiefen. Da reagierte Jane allergisch.

»Soll ich dir was zu essen machen, John?«

»Ja.«

»Vielfraß.«

Ich grinste. Ein gutes Essen brachte bei mir die Energien zurück, und Energie brauchte ich, wenn ich daran dachte, welche Aufgaben noch auf mich warteten.

Eine Viertelstunde später brachte mir Jane eine kräftige Fleischbrühe. Danach aß ich noch zwei dick belegte Sandwiches, und dann wurde es für die Detektivin Zeit, zu gehen.

»Um dein weiteres Wohl kümmert sich Shao«, sagte die Detektivin. »Und bleib nur liegen. Ich sage auch drüben Bescheid, dass sie auf dich achten.«

»Klar, Mama.«

Jane strich mir noch einmal über den Kopf und verschwand. Ich wartete noch eine Minute, stand auf – diesmal ging es wesentlich besser –, und machte mich zum zweiten Mal auf den Weg zum Telefon.

Keiner störte mich, als ich die Nummer der Conollys wählte. An den Apparat kam Sheila.

»John!«, rief sie überrascht. »Bist du wieder gesund?«

»So leidlich.«

»Das glaube ich dir nicht. Deine Stimme klingt noch ziemlich krank. Oder hältst du dich wieder nicht an die Anordnungen des Arztes?«

»Streng.«

»Wer’s glaubt, wird selig. Was gibt es denn?«

»Ist dein Bettkumpel in der Nähe?«

Sheila lachte. »Bill strolcht im Garten herum und denkt darüber nach, ob er was tun soll.«

»Dann gib ihn mir doch mal.«

»Einen Augenblick, warte. Und gute Besserung.«

»Danke.«

Eine Minute später meldete sich Bill. »Na, du Blaumacher?«, rief er.

»Was heißt hier Blaumacher? Ich bin krank.«

Bill lachte. »Ja, das glaube ich dir sogar. Freiwillig legst du dich ja nicht ins Bett. Hast du wieder was auf der Rolle, oder wolltest du nur mal meine Stimme hören?«

»Ich bin krank, mein Lieber.«

»Hau nicht so auf den Pudding, ich sehe doch, wie du dir einen grinst.«

»Okay, du hast gewonnen. Ich wollte mich nur für die Zeitschriften bedanken, und dann hätte ich eine Frage: Du hast mir dort einen Artikel angestrichen. Erinnerst du dich?«

»Lass mich nachdenken …«

»Es geht um den Knochensammler«, sagte ich schnell.

»Ja, um diesen Naga.«

»Genau.«

»Gut, das Ding, nicht?«

»Wenn da was Wahres dran ist.«

»Ist es, John, ist es. Du weißt ja selbst, dass ein Kater wie ich das Mausen nicht sein lassen kann. Ich habe mal ein wenig nachgehakt und meine internationalen Beziehungen spielen lassen. Es gibt diesen Naga tatsächlich. Er ist ein Aussteiger, ein ehemaliger Millionär aus Japan. Er war alles leid und suchte sich einen anderen Lebensbereich auf einer Südseeinsel. Dort schlug er sein neues Domizil auf.«

»Und was macht er da?«

»Knochen sammeln.«

»Woher bist du eigentlich so gut informiert?«

»Ich kenne den Verleger der Zeitschrift, der hat mir das gesagt.«

»Hat er den Bericht auch geschrieben?«, wollte ich wissen.

»Nein, das war ein Reporter.«

»Mit dem du natürlich auch gesprochen hast.«

»Mitnichten, mein lieber John. Denn dieser Knabe sitzt in einer psychiatrischen Klinik. Ich hatte noch keine Zeit, mit ihm zu reden. Ich wollte dich ja darauf aufmerksam machen.«

»Und wo kann ich den finden?«

»In Manchester. Der Reporter heißt Fred Morgan und sitzt da erst einmal zur Beobachtung.«

»Ein schlimmer Fall?«

»Ziemlich.«

»Dann fahren wir hin«, entschied ich.

Bill war Feuer und Flamme. »Wann?«

»Morgen.«

»Gut, wir nehmen meinen Porsche, ich hole dich ab. Vielleicht kriegen wir aus ihm etwas raus, obwohl ich da ziemlich pessimistisch bin.«

»Du hast nicht zufällig erfahren, wie es kam, dass er plötzlich eingeliefert wurde?«

»Nein, aber Morgan, so sagte mir der Verleger, war an sich ein Mann fürs Ausland. Er wird diesen Naga in Japan kennengelernt haben, nehme ich an.«

»Auf jeden Fall danke ich dir.«

»Reicht dir Morgen um acht?«

»Sicher.« Ich legte auf.

Da hatte ich ja schon eine Spur. Naga, Naga, überlegte ich. Verdammt, den Namen hatte ich zwar noch nie gehört, aber das hatte nichts zu sagen. Aber ich ahnte jetzt schon, dass der Mann ziemlich gefährlich war. In Japan hatte ich schon mal einen Fall bearbeitet, als der Rote Dämon aufgetaucht war. Aber jetzt sollte Naga ja eine Insel in der Südsee besitzen.

Dann hatte ich eine Idee. Mir fiel Mrs. Goldwyn, die Horror-Oma, ein. Die wusste doch Bescheid, hatte ihr Haus vollgestopft mit okkulten Büchern. Vielleicht kannte sie diesen Naga. Oder sie hatte wenigstens Material über ihn.

Ich beschloss, Sarah Goldwyn anzurufen.

***

»Sie sehen aber schlecht aus, John!«

Mit diesen Worten empfing mich die Horror-Oma. Ich grinste ein wenig verunglückt. »Eine Grippe hat mich zurückgeworfen.«

»Warum haben Sie denn nichts gesagt?«

»Wieso?«

»Ich habe fantastische Hausmittel, gegen die alle Tabletten ein Nichts sind. Kommen Sie rein, John, setzen Sie sich. Ich mache Ihnen einen Spezialtee.«

Da hockte ich nun auf der Couch, eingepackt in eine Decke und wartete auf die Dinge, die da kamen.

Besonders gut ging es mir wirklich nicht. Deshalb hatte ich auch ein Taxi genommen und war nicht mit dem eigenen Wagen gefahren. Jetzt fühlte ich mich auch wieder so schwach, als hätte man meine Glieder mit Blei ausgefüllt.

Eigentlich war ich froh, auf der Couch sitzen zu können. Bei Lady Sarah hatte sich nichts verändert. Noch immer strahlte die Wohnung in dem alten Haus in Chelsea eine ungeheuere Gemütlichkeit aus, wo man sich einfach wohlfühlen musste. Diesmal allerdings fehlte der Teeduft, der sonst den Raum durchwehte, dafür nahm ich einen Kräutergeruch wahr, denn Lady Sarah braute mir meine Medizin zusammen.

Auch sie sah aus wie immer. Das graue Haar hatte sie im Nacken zusammengesteckt, die hellwachen Augen in dem etwas faltigen Gesicht blitzten mich an. Wenn sich die Horror-Oma bewegte, rasselten die drei Ketten, die um ihren Hals hingen, gegeneinander.

Auch die Ketten waren gewissermaßen ein Markenzeichen.

Sie kam mit dem Tee. Vorsichtig stellte sie die Tasse hin und nickte mir zu. »Das, mein lieber John, wird Ihnen bestimmt guttun. Mein Kräutertee ist weltberühmt. Da hat auch eine Grippe keine Chance. Sie wird sofort ausgemerzt.«

»Hoffentlich.«

»Da können Sie ganz beruhigt sein.«

Ich bedankte mich und nahm einen Schluck von dem Wundertee. Schon stiegen mir die Dämpfe in die Nase, und ich merkte, wie scharf sie waren. Ich verzog das Gesicht, was Lady Sarah zu der Bemerkung veranlasste: »Trinken Sie, John, keine Müdigkeit vortäuschen. Dieser Tee weckt Tote wieder auf.«

»Mal sehen.« Ich grinste. »Hoffentlich wirkt er auch bei Lebendigen.«

»Da erst recht.«

Ich leerte die Tasse. Das Zeug war heiß. Lady Sarah schien es in der Hölle gebraut zu haben. Wie Feuer rann es durch meine Kehle in den Magen, wo es sich ausbreitete und mir ein wohliges Gefühl gab. Nach dem ersten Schluck schmeckte der Tee auf einmal. Ich nahm den zweiten und auch den dritten. Schließlich hatte ich die Tasse geleert.

Lady Sarah, die mir gegenübersaß, strahlte. »Na, ist das nun ein Muntermacher?«

Ich stellte die Tasse weg. »Ich glaube, ja.«

»Das sagte ich doch gleich. Keine Pillen nehmen, nur immer zu mir kommen. Hier werden Sie versorgt.« Sie rieb sich die Hände. »So, und nun bin ich gespannt, was mir die Ehre Ihres Besuches verschafft, mein lieber John. Wieder ein Fall?« Als sie das fragte, glänzten ihre Augen stärker.

»Noch nicht.«

»Aber es könnte einer werden?«

»Das ja«, gab ich zu.

»Reden Sie schon.« Unruhig rutschte die Horror-Oma auf ihrem Stuhl hin und her.

Ich kannte ja ihren Hunger auf Horror, wenn ich das mal so sagen darf. Sie war ein Phänomen, einzigartig unter Gleichaltrigen. Für sie war das Leben einfach schön. Sie genoss es, und sie war eine Frau, die Bescheid wusste. Hinter ihrer Büchersammlung konnte sich so manche Bibliothek verstecken, besonders auf dem Gebiet des Okkultismus. Mrs. Goldwyn sah sich auch jeden neuen Horrorfilm an und hatte natürlich die entsprechenden Zeitschriften abonniert.

»Haben Sie schon mal den Namen Naga gehört?«, erkundigte ich mich.

»Naga? Hm …« Sie überlegte. »So völlig unbekannt ist mir der Name nicht. Hat das was mit Chiimal zu tun?«

Dabei spielte sie auf einen Fall an, der noch nicht sehr lange zurücklag. Der Gigant aus Atlantis war in London aufgetaucht, und es war Lady Sarah gewesen, die uns auf seine Spur gebracht hatte.

»Nein, damit hat es nichts zu tun, nehme ich doch stark an.«

»Tja, auswendig weiß ich es natürlich nicht«, sagte sie. »Ich müsste nachsehen. Aber den Namen habe ich schon gehört, und sicherlich besitze ich auch Material. Ich schaue mal nach.«

Sie stand auf und schritt die drei großen Regale ab, wobei sie immer den Namen murmelte.

Allerdings fand sie nichts, doch sie gab die Suche nicht auf und zog sich in ein anderes Zimmer zurück. Zehn Minuten hörte ich nichts von ihr, dann kam sie zurück und hielt triumphierend ein Buch hoch.

»Da wird es stehen!«, rief sie. Sie hatte schon nachgesehen und legte mir das Buch aufgeklappt auf den Schoß. Es war ein Lexikon, in dem die Namen der Personen aufgeführt waren, die irgendetwas mit Magie zu tun haben oder gehabt hatten. Von manchen waren Abbildungen zu sehen, von Naga allerdings nicht.

»Er beschäftigt sich mit Zahlenmagie.«

Dass Naga ein Aussteiger war, stand auch in dem Bericht zu lesen. Dann schrieb der Verfasser, dass sich Naga auf eine von ihm erworbene Insel zurückgezogen habe, die auf den Namen Suala-Hor hörte. Dort würde er weiterhin nur für seine Forschungen über die Zahlenmagie leben und versuchen, das Jenseits und die anderen Welten auszuforschen. Mehr erfuhr ich auch nicht.

Ich legte das Buch zur Seite.

»Was ist denn mit dem Kerl los?«, wollte Lady Sarah wissen.

Ich erklärte es ihr.

»Was sammelt der? Gebeine?«

»Ja.«

»Huch, das ist ja makaber. Aber davon habe ich nichts gehört. Wirklich nicht. Was will er denn damit?«

»Keine Ahnung, ich müsste ihn fragen.«

»Was Sie auch sicherlich machen werden.«

»Ja, Lady Sarah. Ich fliege in die Südsee und schaue mir die Insel mal näher an.«

Mrs. Goldwyns Augen strahlten. »Wie gerne wäre ich bei Ihnen, aber in meinem Alter …«

»… ist es besser, wenn Sie in London bleiben.« Ich stand auf, die Decke rutschte von meinen Schultern. »Auf jeden Fall habe ich mich gefreut, dass wir mal wieder zusammengetroffen sind. Und für den Tee möchte ich mich sehr herzlich bedanken.«

»Damit sind Sie Morgen wieder fit.«

»Ich hoffe es.«

Ein Taxi bekam ich schnell. Ich ließ mich nach Hause bringen und legte mich ins Bett. Fünf Minuten später war ich eingeschlafen.

***

Am anderen Morgen fühlte ich mich tatsächlich wie neu geboren. Ich hatte keine Kopfschmerzen mehr, fühlte ich mich nicht schlapp, sondern energiegeladen.

Lady Sarah hatte recht gehabt. Dieses Mittel war wirklich außergewöhnlich gut.

Als kleiner König stieg ich aus dem Bett. Erstarkt. Jetzt konnte Bill kommen. Es würde mir sogar Vergnügen bereiten, mit ihm nach Manchester hochzufahren.

Hoffentlich war dieser Fred Morgan in der Lage, uns ein paar vernünftige Antworten zu geben.

Bill war pünktlich. »Sheila hat Theater gemacht«, sagte er zur Begrüßung. »Sie denkt immer, du wärst halb tot.«

»Unsinn, mir geht es prächtig.«

»Ehrlich?«

»Ja.« Ich berichtete meinem Freund von Lady Sarahs tollem Hausmittel. »Das ist einfach Spitze.«

»Daran werde ich denken, wenn ich mal flachliege.«

Wenig später waren wir unterwegs. Noch immer roch die Luft nach Frühling. Ein warmer Wind wehte, die Sonne stand schon höher, und Bill setzte seine dunkle Brille auf.

Wir fuhren in Richtung Norden. Ich war froh, mal nicht hinter dem Steuer sitzen zu müssen. Deshalb machte ich es mir bequem und schloss die Augen. Schon bald war ich eingeschlafen, so fest, dass Bill Conolly mich wecken musste.

Ich zuckte hoch.

»Da liegt schon Manchester.«

Bill hatte nicht gelogen. In der Tat sah ich die ersten Viertel der großen Industriestadt vor mir. Ein Dunstfilm lag über den Dächern der Häuser und Fabriken. Aus den Öffnungen der Schornsteine quoll dicker Rauch und verpestete die Luft noch mehr.

»Hier möchte ich nicht leben«, sagte Bill.

Der Meinung war ich auch.

Wir rollten durch die ersten Vororte. Grau, trist, schmutzig. Häuserzeile neben Häuserzeile. Hin und wieder ein geparktes Auto am Straßenrand. Kein Grün, selbst die Sonne scheute sich, ihre Strahlen in die Straßen zu schicken.

Ein paar Rentner hockten in den Hauseingängen und sahen dem Porsche aus verkniffenen Augen nach, als er über das Kopfsteinpflaster rollte.

Die Klinik lag in der City. Bill hatte sich vorher genau erkundigt. Deshalb verfuhren wir uns auch nur einmal, gelangten in eine stille Seitenstraße und sahen schon den roten Bau mit den großen Fenstern hinter hohen Bäumen schimmern.

Bald fanden wir auch die Einfahrt, und Bill lenkte den Porsche nach links, wo sich die Parkplätze befanden.

Das letzte Stück liefen wir zu Fuß. Ich fühlte mich wieder fit. Als wir durch die große Glastür schritten, erhob sich eine Schwester in ihrer Loge und fragte nach unseren Wünschen.

Ich präsentierte meinen Ausweis und bat darum, mit Fred Morgan sprechen zu dürfen.

»Da müssen Sie sich einen Moment gedulden«, bekamen wir zur Antwort. »Ich werde Doktor Cassidy Bescheid geben.«

Wir nahmen auf der Wartebank Platz.

Ein paar Kranke gingen umher. Die meisten hatten kein körperliches Leiden, das sah man ihnen an, obwohl ich auch zwei Männer entdeckte, deren Köpfe verbunden waren.

Die Leute stierten uns an, grinsten manchmal und verschwanden.

Mich fröstelte, Bill ging es auch nicht besser. Dr. Cassidy entpuppte sich als ein jüngerer Mann mit rotblonden Haaren, auf denen kein Scheitel halten wollte. Als er kam, wurde er von den Kranken umlagert. Jeder fragte, wann er rauskäme. Der Arzt gab geduldig lächelnd Antwort.

Dann steuerte er auf uns zu.

Wir hatten uns erhoben. Ich hielt meinen Ausweis in der Hand, damit er sehen konnte, dass alles seine Richtigkeit hatte.

»Scotland Yard also«, sagte er lächelnd. »Ich wüsste nicht, was ich mit Ihnen zu tun hätte.«

»Sie nicht, es geht um einen Ihrer Patienten, Fred Morgan. Er lebt doch bei Ihnen?«

Der Arzt nickte und senkte seinen Blick. »Ja«, sagte er nach einer Weile, »er lebt bei uns. Ein tragischer Fall.«

»Wieso?«

Er sah mich an. »Es wäre am besten, wenn Sie sich den Patienten selbst anschauten, da könnte ich mir die großen Erklärungen sparen.«

Wir waren einverstanden.

Mit einem Aufzug ging es in die zweite Etage und dort in einen Trakt, in dem die schweren Fälle untergebracht waren. Unsere Schritte hallten auf dem blankgescheuerten Boden. Ich sah die weißen Türen mit den Gucklöchern. Hinter einigen ertönten Geräusche. Manchmal irres Lachen, dann Schreie, auch Wimmern. Es war bestimmt nicht leicht, in so einer Klinik leben zu müssen. Auch mich hatte man mal in eine Irrenanstalt stecken wollen. Mr. Mondo, ein Mitglied der Mordliga, hatte sich dafür verantwortlich gezeigt.

Vor der drittletzten Tür auf der linken Seite blieben wir stehen. Dr. Cassidy hob die Klappe vom Guckloch, sah hindurch, nickte dann und gab mir zu verstehen, dass ich ebenfalls einen Blick durch die Linse werfen solle.

Das tat ich auch. Zuerst sah ich nicht viel. Ein Zimmer mit hellen Wänden. Ein schmales vergittertes Fenster, ziemlich weit oben.

»Schauen Sie etwas nach links«, hörte ich die Stimme des Arztes.

Das tat ich auch. Und da sah ich ihn. Fred Morgan hockte auf dem Boden. Sein Gesicht wurde von einem steifen Grinsen gekennzeichnet. Zur Tür blickte er nicht, denn er war beschäftigt. Mit beiden Händen wühlte er in einem Berg von bleichen Gebeinen …

***

Als ich mich zurückbeugte, musste mein Gesicht wohl sehr bleich gewesen sein, denn Bill fragte: »Was ist los?«

Ich deutete auf das Guckloch. »Sieh selbst.«

Das tat der Reporter auch.

Ich unterhielt mich mit dem Arzt. »Verdammt, ist es so schlimm?«, fragte ich.

»Leider.«

»Aber wie kommt er an die Gebeine?«, wollte ich wissen. »Sie haben ihm doch nicht etwa echte …«

»Nein, nein, Oberinspektor. Wo denken Sie hin.« Er lächelte. »Die haben wir extra anfertigen lassen, sonst hätte er keine Ruhe gegeben. Seit er mit den Knochen spielt, geht es ihm etwas besser.«

Auch Bill war jetzt bleich geworden. »Furchtbar«, flüsterte er. »Furchtbar.«

»Wie konnte so etwas geschehen?«, wollte ich von Dr. Cassidy wissen.

»Genau haben wir es nicht erfahren. Aber er muss irgendein Erlebnis gehabt haben, das ihn stark negativ beeinflusst hat.«

Dieser Meinung waren wir auch.

»Kann man mit ihm reden?«

Der Arzt wiegte den Kopf. »Wenn Sie das auf Ihre Kappe nehmen, Mister Sinclair – bitte. Aber ich kann wirklich für nichts garantieren.«

»Klar.«

Der Arzt trug einen Generalschlüssel bei sich, der in sämtliche Türschlösser passte. Bill musste im Gang warten. Auch Dr. Cassidy wollte nicht mitkommen.

Ich betrat die Zelle, nachdem der Arzt die Tür aufgeschlossen hatte. Hinter mir drückte er sie wieder zu.

Fred Morgan nahm mich erst gar nicht zur Kenntnis, als ich die Kammer betreten hatte. Er starrte stur auf seine Gebeine und spielte damit! Er hatte sich die größten genommen und sie zu einem Fünfeck auf den Boden zurechtgelegt.

Dann versuchte er, Knochen aufzustellen, doch das klappte nicht. Jeder Knochen fiel wieder zurück, aber Morgan gab nicht auf.

Ich sah mir das Spiel eine Weile an, bevor ich mich neben ihn hockte.

Jetzt sah er mich. Seine Augen zogen sich zusammen. Er hatte dunkles, kurz geschorenes Haar, ein breitflächiges Gesicht und eine schmale Nase. Die Pupillen in seinen wässrigen Augen blickten ziemlich starr.

»Wer bist du?«, fragte er.

»John.«

»Kenne ich nicht.«

»Wir haben einen gemeinsamen Freund.«

Er nahm wieder einen Knochen und versuchte ihn aufzustellen, was aber misslang.

»Willst du nicht wissen, wie der Freund heißt?«

»Nein.«

»Es ist Naga.«

Als ich den Namen erwähnte, zuckte Morgan wie unter einem Peitschenhieb zusammen.

»Du kennst ihn«, stellte ich fest.

Er drehte sich in der Hocke. Dabei kam er nahe genug an mich heran. Sein weißer Anzug roch nach Waschmitteln. »Ja, ich kenne ihn. Er … er will mich hier rausholen, hat er versprochen. Hat er dich geschickt, um mich …«

»Vielleicht.«

Plötzlich sprang er auf und rannte zum Fenster. »Sonne!«, rief er. »Die Sonne. Ich komme hier raus, endlich. Ich kann ihn wieder sehen. Er hat mich nicht vergessen, er braucht mich.« Morgan wirbelte herum und starrte mich an. »Das hat er doch gesagt, oder?«

»Sicher.«

»Dann ist es gut.«

»Leider weiß ich noch nicht, wo er wohnt«, sagte ich. »Du könntest mir das sagen.«

»Auf einer Insel.«

»Warst du da?«

Er sprang auf mich zu und ging dicht vor mir wieder in die Hocke. »Sicher, mein Freund, sicher. Ich habe ihn besucht, ich habe alles gesehen.«

»Was macht er da?«

»Er schafft es. Er holt die Gebeine.«

»Wofür?«

Jetzt bekam ich keine Antwort, denn Morgan senkte den Kopf und blickte zu Boden. Dabei nahm er zwei Knochen auf und schlug sie gegeneinander! Das hohle Geräusch irritierte mich.

»Nein«, sagte er nach einer Weile leise. »Nein, es ist vorbei. Die Festung … er wird sie bauen … gefährlich …«

»Welche Festung?«

Fred schaute mich an. »Wenn du hingehst, nimm dich in Acht. Heulen und Zähneknirschen werden dort herrschen, wo der Satan seine schützende Hand ausstreckt, wo Verdammte dahinvegetieren und in unendlichen Qualen ihr weiteres Leben verbringen, damit der Spuk und auch Maddox sich freuen können.«

Ich war wie elektrisiert. Dieser ehemalige Reporter hatte zwei Namen genannt, die ich verdammt gut kannte. Den Spuk und Maddox!

»Was ist mit der Festung?«

»Luzifer«, sagte er.

»Genauer.«

Plötzlich sprang er auf, schaute mich wild an und schüttelte seinen Körper durch. »Nein!«, kreischte er. »Nein, verdammt noch mal. Wir können sie nicht stürmen. Sie ist untrennbar mit dem Bösen verbunden. Satan regiert … Haha … ha …« Er ließ sich auf die Knie fallen, und streckte beide Arme gegen die Decke. »Sie sind überall. Sie sammeln die Gebeine. Sie beobachten alles. Keiner kann ihnen entrinnen. Scraal mit den sechs Augen beobachtet die Welt. Er sieht jeden, und er sagt es Naga. Die beiden bauen die Festung. Sie kommen, sie sind schon da. Wehe euch, ihr Verfluchten. Flieht, solange es noch Zeit ist. Flieht, flieht. Rennt um euer Leben …«

Es waren Worte, die ich genau hörte. Immer wieder sagte er etwas von einer Festung, sie müsste eine entscheidende Rolle spielen. Leider wusste ich nicht, welche.

Dann sah er mich. »Du bist noch da?«, fuhr er mich an. »Warum fliehst du nicht wie die anderen. Sie haben die Insel verlassen. Auch du musst weg, schnell … schnell …« Er packte mich an den Schultern und drehte mich herum, wobei er mich auf die Tür zuschob, die in diesem Augenblick geöffnet wurde. Dr. Cassidy wollte nachsehen, warum der Kranke sich so aufregte.

Fred Morgan sah die offene Tür, ließ mich los und stürmte auf den Ausgang zu.

»Flieht!«, brüllte er. Mit beiden Fäusten hieb er zu.

Dr. Cassidy war nicht schnell genug. Der Schlag schleuderte ihn bis vor die gegenüberliegende Gangwand.

Fred Morgan aber hatte freie Bahn.

Doch da war noch Bill Conolly. Er reagierte goldrichtig und stellte dem Kranken ein Bein.

Fred Morgan machte einen gewaltigen Satz. Er wollte sich noch fangen, rutschte aber aus und fiel zu Boden, wo er sich sogar überschlug. Am Kragen zog Bill ihn hoch. Vom Gangbeginn liefen zwei Aufpasser herbei.

Als sie eintraten, winkte Dr. Cassidy ab. »Sie können gehen, alles klar.«

Der Kranke hing in Bills Griff. Er stierte uns an und atmete schwer. Schweiß tropfte von seiner Stirn. »Die Festung!«, keuchte er. »Flieht, solange ihr es noch könnt. Er sieht euch, er weiß alles, er beobachtet. Naga ist gefährlich und mein Freund. Er holt mich hier raus. Ich weiß es.«

»Tut mir leid«, flüsterte Dr. Cassidy, »aber wir müssen ihn wieder einsperren.«

»Natürlich.«

Bill brachte den Mann in die Zelle zurück. Dr. Cassidy schloss sofort ab. Wir hörten Morgan noch toben.

»Wirklich ein schlimmer Fall«, sagte der Arzt. »Er redet ziemlich wirres Zeug. In letzter Zeit spricht er oft von dieser Festung. Wissen Sie, was er damit meint?«

Ich hob die Schultern. »Im Augenblick noch nicht.«

Der Doktor schaltete schnell. »Heißt das, dass Sie unter Umständen nachforschen wollen?«

Ich nickte.

Dr. Cassidy blieb stehen. Ein etwas verächtliches Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich bitte Sie, Mister Sinclair, das Wort eines Kranken können Sie doch nicht als bare Münze nehmen.«

»Nicht alles muss einer krankhaften Fantasie entsprungen sein.«

»Fantasie.« Er stieß mich an. »Sie haben recht, Oberinspektor … Das sind Fantasien.«

Dr. Cassidy konnte reden, so viel er wollte. Er brachte es nicht fertig, mich zu überzeugen. Auch Bill war meiner Meinung. Ich las es an seinem Gesicht ab.

Am Ausgang blieben wir stehen. Dr. Cassidy hatte den Rest der Zeit über nicht mehr von dem Fall gesprochen.

Er reichte uns die Hand. »Ich hoffe, dass ich Ihnen ein wenig helfen konnte.«

»Das haben Sie, Doc«, sagte ich.

»Alles Gute.« Er drehte sich um und verschwand mit wehendem Kittel. Bill und ich sahen ihm nach. »Der nimmt uns nicht ernst«, meinte der Reporter.

»Kein Wunder, so wie du aussiehst.«

Bill boxte mir in die Rippen. »Du hast wohl lange nicht mehr mit einer Krankenpflegerin geflirtet, wie?«

»Nein.« Schnell wurde ich wieder ernst. »Wenn ich nur wüsste, was es mit dieser verdammten Festung auf sich hat. Das ist mein größtes Problem.«

»Du bist davon überzeugt, dass die Festung existiert?«

»Klar.«

»Fragt sich nur, wo.«

Wir waren auf dem Weg zum Wagen, und ich blieb stehen. »Es muss einen Zusammenhang zwischen der Festung und der Insel Suala-Hor bestehen. Naga, die Festung, die Insel. Zahlenmagie vielleicht auch noch. Das sind vier Dinge, die wir irgendwie unter einen Hut bringen müssen.«

»Das wird schwer sein.«

»Oder wir machen einen Ausflug in die Südsee.«

Bill sah mich aus großen Augen an. »Ist das dein Ernst, John Sinclair?«

»Ja.«

Der Reporter bekam glänzende Augen. »Mensch, da bin ich doch mit von der Partie. Die Südsee, Hulamädchen, Palmen, warmes Wetter, nur Sonne …«

»Der Traum eines Junggesellen«, erklärte ich. »Denk an deine Sheila. Die wird dir schon die Ohren lang ziehen.«

Bill verzog den Mundwinkel. »Man darf ja wohl mal träumen«, sagte er.

»Klar.«

Der Reporter schloss auf. Ich warf noch einen letzten Blick auf die Klinik, bevor ich die Wagentür öffnete. So modern die Kästen auch aussahen, ich hatte keine Lust, länger als eine Stunde darin zu verbringen. Ich bedauerte die Menschen, die in den Zellen saßen und wohl den Rest ihres Lebens darin verbringen mussten.

Was hatte Fred Morgan nur Schlimmes gesehen, das ihn so aus der Bahn werfen konnte?

Wir wussten es nicht, konnten nur raten. Erst einmal lagen aber fünfhundert Meilen Fahrt vor uns. Bill wusste noch nicht, ob er sie durchfuhr, vielleicht wollte er auch unterwegs übernachten. Mich aber drängte es zurück.

Wieder rollten wir durch die tristen Vororte der Industriestadt. Derby – Lancester – Luton – London. So sah die Strecke aus, die der Porsche danach unter seine Räder nahm.

Im Süden sahen wir die Umrisse der Berge. Es war klarer geworden. Die Hügel, mit viel Wald besetzt, hoben sich deutlich ab. Ein schönes Bild, vor allen Dingen dann, wenn man wusste, dass der Frühling langsam seinen Einzug hielt. Der letzte Winter hatte mich auch genug genervt.

Von der Grippe merkte ich nichts mehr. Lady Sarahs Mittel hatte ausgezeichnet gewirkt. Diese Frau war ein Phänomen. Sie wusste überall Bescheid, und ich sah es inzwischen als einen Glücksfall an, dass ich sie damals getroffen hatte.

Allerdings wurden meine Gedanken schon bald in eine andere Richtung gelenkt. Ich dachte an die Festung. Welche Bedeutung hatte sie wohl? Und warum spielte der kranke Fred Morgan mit bleichen Gebeinen herum? Das kam nicht von ungefähr. Der Mann musste irgendein Schlüsselerlebnis gehabt haben, das ihn so handeln ließ.

Ich dachte über diesen Naga nach. Er wurde als Aussteiger bezeichnet, als ein Mann, der genug hatte von der Hetze und dem Rennen des Alltags. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass bei ihm etwas ganz Bestimmtes dahintersteckte. Er wollte sicher nicht nur aussteigen, sondern verfolgte ganz andere Pläne. Wenn sich jemand auf eine Südseeinsel zurückzieht, dann kann er dort auch in Ruhe einer anderen Beschäftigung nachgehen.

Er kann eine große Sache vorbereiten – ein Verbrechen. Naga beschäftigte sich mit Zahlenmagie, einem Gebiet, von dem ich auch nicht sehr viel Ahnung hatte. Ich kannte wohl die magischen Quadrate, die von Mystikern ebenso aufgeteilt worden waren wie von Mathematikern. Die Mystiker maßen ihnen besondere Bedeutung bei, vor allen Dingen verbanden sie das Entstehen der magischen Quadrate mit der Astrologie. Deshalb nannte man sie auch unter anderem Planetensiegel.

Ob sich Naga allerdings mit magischen Quadraten beschäftigte, das wusste ich nicht. Überhaupt wusste ich zu wenig von ihm. Doch dass er ein Gegner von mir war, daran glaubte ich allerdings fest. Ich war gespannt darauf, ihn kennenzulernen. Allerdings würde es kaum ein Vergnügen sein, dessen war ich mir sicher.

Wir hatten mittlerweile die Berge erreicht. Auch Bill sagte nicht viel. Sicherlich hing er ebensolchen Gedanken nach wie ich.

Die Straße war gut ausgebaut. In weiten Kurven schlängelte sie sich höher. Wenn wir über die Brücken fuhren und tief unten in die Täler blickten, rüttelte der Wind an dem flachen Wagen, aber der Porsche blieb in der Spur. Man hatte wieder viel Wald angepflanzt, allerdings nur Fichten, eine Monokultur war entstanden.

Bill fuhr plötzlich langsamer.

Von der Seite her sah ich ihn an. »Willst du Sprit sparen, Meister Conolly?«

»Nein, aber mir passt da einiges nicht.«

»Wieso?«

»Wir werden verfolgt.«

Bill sagte das völlig emotionslos, trotzdem spürte ich das kalte Gefühl im Nacken.

Eine drohende Gefahr bahnte sich an.

»Welcher Wagen?«, fragte ich.

»Ein dunkelblauer Austin Princess.«

Ich blickte in den Zweitspiegel und sah den Wagen.

Bill ging noch mehr mit der Geschwindigkeit herunter.

Sechzig Meilen …

Der dunkelblaue Austin hielt das Tempo mit.

»Ich könnte ihm wegfahren«, meinte der Reporter.

»Kommt nicht infrage.«

Mein Freund grinste. »Jetzt denkst du an den Sprit?«

»Nein, ich denke daran, dass ich die Typen gern mal kennenlernen möchte, die uns da auf den Fersen hocken.«

»Wie viele sind es denn?«

Ich sah genauer in den Seitenspiegel. »Leider hat der Verfolgerwagen getönte Scheiben, sodass ich nicht viel sehen kann. Aber zwei sind es ganz sicher.«

»Soll ich abfahren?«, fragte Bill.

Ich überlegte. Die Idee war nicht schlecht. Zudem kostete sie nur einige Minuten. Wenn wir abfuhren, würde es sich ja herausstellen, ob der Wagen uns wirklich verfolgte oder ob es nur ein Zufall war.

»Okay«, sagte ich zu meinem Freund. »Dann fahr ab. Vielleicht haben unsere Freunde weiterhin Sehnsucht.«

Bill nickte.

Doch es kam anders. Plötzlich beschleunigte der Austin hinter uns. Er wurde verdammt schnell, huschte auf die rechte Seite, und es sah ganz so aus, als wollte er uns überholen.

»Verdammt!«, knirschte Bill. »Was machen wir? Gas geben?«

»Nein, lass ihn vorbei.«

Bill wurde noch langsamer, und der Austin schoss heran. Jetzt konnte ich auch erkennen, dass vier Männer in dem Wagen saßen. Sie blickten stur geradeaus. Ich sah es, als der Wagen mit dem Porsche auf einer Höhe war.

Dann wischte er vorbei. Doch sofort zog er scharf nach links, verringerte die Geschwindigkeit und setzte sich vor uns.

Bills Augen wurden schmal. »Die wollen tatsächlich was«, keuchte er.

Im selben Moment verlor der vor uns fahrende Wagen eine schwarze Flüssigkeit. Sie rann unter der Auspuffwanne her und bildete sofort einen Film.

»Scheiße, das ist Öl!«, rief der Reporter und wollte den Wagen nach links ziehen, doch da griffen die Räder bereits nicht mehr. Der Porsche machte sich selbstständig.

Für uns aber begannen höllische Sekunden.

***

In den nächsten Augenblicken hatte ich das Gefühl, alles würde in Zeitlupe ablaufen. Vorweggenommen, wir waren angeschnallt, und das ist schon viel wert.

Bill versuchte durch Gegenlenken, den Wagen noch in der Spur zu halten, doch das war nicht mehr drin. Der Porsche brach einfach aus, denn inzwischen hatten auch die anderen Räder die Haftung mit dem Boden verloren.

Plötzlich drehte sich der Wagen um die eigene Achse, wurde zu einem Kreisel, und ich wusste nicht mehr, wo rechts oder links war.

»Verdammt, John, halt dich fest!«, schrie Bill.

Gleichzeitig hörte ich auch das Horn eines Trucks.

Den Verfolgerwagen sah ich gar nicht mehr. Irgendwie hatte ich ihn in dem Chaos aus den Augen verloren. Dafür geriet der Porsche wieder auf die trockene Fahrbahn. Allerdings schoss er nicht geradeaus weiter, sondern schräg. Er raste auf die Begrenzung zu.

Und da war die hochlaufende Böschung.

»Bremsen!«, schrie ich.

Bill drückte seinen Fuß auf das Pedal, die Bremsen funktionierten ausgezeichnet. Aber die Reifen waren von einem Ölfilm überzogen, sie griffen nicht mehr.

»Ich schaffe es nicht!«, keuchte Bill Conolly.

Eine Sekunde blieb uns.

Ich setzte mich entspannt hin, denn gleich musste der Aufprall kommen. Plötzlich schienen die Leitplanken zu wachsen, dann gab es einen ungeheuren Krach. Wir wurden durchgeschüttelt, ich spürte einen brennenden Schmerz in der Brust. Als der Gurt sich spannte, bekam ich durch die Kopfstütze einen gewaltigen Schlag gegen den hinteren Teil meines Schädels. Ich hörte das Knirschen und Kreischen, da sich das Blech des teuren Porsches verbog.

Die Leitplanke hielt uns auch nicht mehr. Sie brach, als bestünde sie aus Streichhölzern. Der Porsche aber bohrte sich mit seiner Vorderfront in den schrägen Abhang. Abrupt wurde der schnelle Wagen abgebremst. Das verkraftete er jedoch nicht und stellte sich hoch.

Die Scheibe vorn zersprang. Neben mir hing Bill wie tot im Gurt. Ich sah das Blut aus seiner Nase rinnen und auch die Platzwunde am Kopf.

Dann war auch ich an der Reihe. Der Schlag traf mich wie ein Hammer und löschte bei mir alle Lichter aus.

***

Die Südsee!

Ein Traum für sonnenhungrige Touristen. Ewige Sonne, lächelnde Menschen, hübsche Mädchen mit grazilen Figuren. Jeder Besucher bekam zur Begrüßung einen Kranz um den Hals gehängt.

Palmen im Wind, ein unüberschaubarer, herrlicher Strand, klares Wasser, ein Paradies …

Es gab unzählige Inseln. Zum Glück waren nur wenige touristisch erschlossen, andere waren nicht viel größer als das Grundstück eines Reiheneigenheims. Man konnte sie als Atolle bezeichnen, Korallenriffe, deren Spitzen über den Wasserspiegel ragten.

Die größeren Inseln waren bewohnt. Es gab jedoch auch einige, die völlig leer standen und an sich niemandem gehörten. Solch eine Chance ließen sich manch clevere Geschäftsleute nicht entgehen. Sie kauften die Inseln auf und boten sie per Inserat zahlungsfähigen Kunden in aller Welt an.

Manche sprangen auch an. Vor allen Dingen reiche Amerikaner, die nicht wussten, wohin mit den Dollars. Aber auch mancher Ölscheich hatte hier seine kleine Insel gefunden und sie sich zu einem Paradies mit allem technischen Komfort ausgebaut.

Und noch jemand hatte eine Insel gekauft. Naga!

Er gehörte zu den ersten, die solch ein Eiland erworben hatten. Bevor der Boom richtig begann, hatte der Japaner schon zugeschlagen und die Insel für ein paar Dollars gekauft.

Danach begann die richtige Investition. Da die Insel sehr zerklüftet und sowohl mit Bergen als auch Tropenwald bedeckt war, hatte er sich der Natur angepasst und sein Haus so in die Landschaft hineingebaut, dass es kaum auffiel. Wer über die Insel hinwegflog, musste schon Spezialkameras besitzen, um Nagas Heim zu sehen. Das Haus hatte die Farbe der Vulkane und war kaum auszumachen.

Zudem lag Tag und Nacht ein gewisser Nebel über dem Eiland. Vorbeifahrende Fischer näherten sich der Insel nie mehr als drei Meilen, die sie Hort des Satans getauft hatten.

Das nicht ohne Grund. Eingeborene, die sich dem Eiland zu stark genähert hatten, waren verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Ein besonders Mutiger hatte sich einmal bis an die Nähe des Ufers gewagt. Er hatte den Japaner auch gesehen, eine dunkle Gestalt, die auf der Spitze eines Felsens stand und Feuer spie. So erzählte er.

Seit dieser Zeit traute sich niemand mehr an die Insel heran. Die Eingeborenen schwiegen erschrocken, wenn Fremde das Gespräch auf die Insel brachten. Dann waren sie stumm wie die Fische.

Naga hatte erreicht, was er wollte. Er konnte ruhig arbeiten und dem Dämon, der ihn gerufen hatte, seine Ehrerbietung erweisen.

Hätte jemand sein Haus genauer untersucht, so wäre er zumindest sehr erstaunt gewesen, denn es bestand praktisch aus einem großen Raum. Einer gewaltigen Halle von etwa vier Meter Höhe, die zur Südseite hin eine große Glasscheibe hatte.

Hinter der Scheibe begann eine enge, düstere Schlucht. Und hier stand das eigentliche Geheimnis der Insel. Die Knochenfestung!

Sie war noch nicht fertig, denn Naga fehlten noch Gebeine, aber die würden seine Helfer ihm schon besorgen.

Immer wieder stand Naga vor dem Fenster und blickte auf die Festung. Er hatte sie so gebaut, wie ihm der Dämon Scraal es eingegeben hatte. Nacht für Nacht hörte er die Stimme in seinem Hirn. Im Halbschlaf machte er sich die Notizen, wie die einzelnen Gebeine aufzuschichten waren, damit die Festung so aussah wie die, in der Scraal hockte.

Durch die Schlucht schlängelte sich ein Fluss, der von einem schäumenden Wasserfall gespeist wurde. Das Wasser drang aus einer Seitenwand, in die zahlreiche schief gewachsene Bäume ihr Wurzelwerk gekrallt hatten. Es sammelte sich in einem kleinen See und floss dann weiter. Über den Fluss führte eine Brücke. Sie war schon fertig und bestand ebenfalls aus Knochen.

Naga war zufrieden, denn die Festung sah bereits sehr gut aus. Es fehlte nur noch das Dach. Dicht an dicht lagen die einzelnen Knochen. Sie hielten sogar einem tropischen Regenschauer stand.

Warum Scraal diese Festung gewünscht hatte, wusste Naga nicht. Er sollte den Grund erst erfahren, wenn die Festung fertiggestellt war. All das war nur möglich gewesen, weil Naga sich mit dem geheimnisvollen Gebiet der Zahlenmagie beschäftigt hatte. In einem alten Buch hatte er gelesen, dass das magische Quadrat mit der Seitenzahl 34, das sogenannte Jupiterquadrat, weltumspannend war. Um die Magie der Zahlen wirksam werden zu lassen, hatte er das magische Zahlenquadrat auf den Hallenboden gemalt. In blutroten Buchstaben standen dort die Zahlen.

 

11514 4

12 6 7 9

81011 5

13 3 216

 

Diese geheimnisvollen Zahlen ergaben horizontal, vertikal und diagonal die gleiche Summe.

Immer 34!

Wer es erfunden hatte, wusste niemand, aber in einem Kupferstich von Albrecht Dürer war es bereits zu sehen gewesen. Zum ersten Mal wurden um 1400 nach Christi die magischen Quadrate beschrieben. Aber ihre Herkunft war ungewiss.

Naga hatten die Quadrate schon immer fasziniert. Er glaubte nicht nur an die reine Mathematik der Quadrate, er schloss eine mystische Lösung nicht aus.

Naga stellte große Versuche an. Er selbst bezeichnete sich als japanischer Mystiker, forschte, las viel, besorgte sich alte Bücher und kam zu einem überraschenden Ergebnis.

Das Jupiterquadrat war so, wie man es sah, nur eine Verkleinerung. Tatsächlich aber sollte es sich über den gesamten Erdball verteilen. Die einzelnen Quadrate, angeordnet wie ein Schachbrett, waren in Wirklichkeit gewaltig, umfassten Länder, Areale und somit die Welt.

Er wollte es wissen. Jahrelange Forschungen hatten es ihm ermöglicht, einen Teil des Geheimnisses zu lösen. Sein Haus hatte ebenfalls einen quadratischen Grundriss, und der war wiederum in diese kleinen Quadrate aufgeteilt.

Zudem hatte Naga sich einen gewaltigen Globus gekauft und das magische Quadrat als eine Folie über die Kugel gespannt, sodass die einzelnen Felder mit den tatsächlichen Realitäten übereinstimmten.

Die vier Reihen entsprachen den vier Zonen: Nord, Mittel ***, Mittel II und Süd.

Dann hatte Naga zu probieren angefangen. Er hatte die Zahlen hin und hergeschoben, hatte andere Reihen und Folgen gebildet und dabei finstere Beschwörungen durchgeführt.

Und Naga hatte es geschafft. Plötzlich war der Geist der Hölle durch diesen riesigen Raum geflutet. Er hatte sich verteilt und auch von Naga Besitz ergriffen, der die Geister, die er gerufen hatte, auf einmal nicht mehr loswurde.

Schreckliches war geschehen. Naga hatte sich plötzlich grausamen Monstern gegenübergesehen, unheimlich anzuschauenden Dämonen, die ihn, den Zauberlehrling, hatten töten wollen.

Er hatte das Grauen auf die Erde geholt, doch bevor es zu stark werden und zuschlagen konnte, hatte Naga die Zahlenreihen wieder verändert und war in ein anderes Gebiet geraten. Dann hatte sich für ihn eine andere Dimension aufgetan, er hatte neue Monster gesehen, in ein Pandämonium hineingeblickt, das ihm all seinen Schrecken offenbart und damit auch sein eigenes Denken und Fühlen ungeheuer beeinflusst hatte.

Naga – schon immer ein Eigenbrötler – war noch schlimmer geworden. Er war zu einem Menschenhasser geworden, der andere nur noch als seine Werkzeuge benutzte.

Bei einer Zahlenkombination hatte er plötzlich die Festung gesehen. Auch sie lag in einer anderen Dimension, und er hatte das Heulen und Zähneklappern gehört, das dort herrschte.

Er hatte auch etwas anderes vernommen. Einen Ruf. Naga hatte sich geistig darauf eingestellt und so den ersten Kontakt zu Scraal, dem dreiköpfigen Dämon, bekommen.

Scraal saß in der Festung, und er wollte raus. Er hatte Naga gefragt, ob er ihm dabei helfen würde.

Naga hatte zugestimmt. Er hatte nur an seinen Vorteil gedacht, denn ein Dämon, der ihm zur Seite stand, würde ihn ungeheuer mächtig werden lassen. Bedingungslos war er auf Scraals Vorschläge eingegangen.

Er hatte von dem Dreiköpfigen erfahren, dass er auch der Pestdämon genannt wurde, weil sein schwarzer Atem für andere tödlich war. Naga hatte auch gewusst, dass man Scraal gefangen hatte, und er hatte versprochen, alles zu seiner Befreiung zu unternehmen.

Gedanklich hatte ihm Scraal seine Bedingungen bekannt gegeben.

Naga hatte sie ausgeführt. Zuerst hatte er sich Helfer besorgt. Er hatte sie überall auf der Welt gefunden. In Europa ebenso wie in Asien, Afrika oder Amerika. Ein Jahr hatte es gedauert, bis er sein Netz gesponnen hatte. Keine Polizei, kein Geheimdienst hatte gemerkt, was sich da im Hintergrund zusammenbraute. Naga hatte im Stillen operiert.

Seine Leute hatten Totenhäuser ausgeräumt, Gebeine gestohlen, Leichen geraubt und die makabren Funde auf die Insel geschafft. Dort hatte sich Naga darangemacht, eine Festung zu bauen, die ebenso aussah wie die zwischen den Dimensionen.

Er war in einen Rausch geraten. Jeden Abend hatte er gedanklich mit seinem geistigen Führer gesprochen, und Scraal hatte sich von der Arbeit seines Dieners beeindruckt gezeigt.

Bis zu dem Tag, als Naga erfahren hatte, dass ein Reporter Wind von der Sache bekommen hatte. Da hatte er kalt und überlegt reagiert. Er hatte den Reporter auf die Insel eingeladen, wo er ihn sehr zuvorkommend behandelt hatte.

Am zweiten Tag jedoch hatte Naga dem Mann sein wahres Gesicht gezeigt. Er hatte diesen Fred Morgan auf sein magisches Schachbrett geführt und die Zahlen verschoben.

Plötzlich waren andere Konstellationen entstanden. Die Mathematik war durcheinandergeraten. Gleichzeitig hatte die Magie reagiert, und Weltentore hatten sich geöffnet, in die Fred Morgan hineinschauen konnte.

Was er gesehen hatte, war so grausam und schrecklich gewesen, dass sich sein Verstand geweigert hatte, die Dinge aufzunehmen. Morgan war durchgedreht und wahnsinnig geworden.

Naga aber hatte gelacht. Er hatte erst daran gedacht, Morgan zu töten, dann jedoch hatte er seinen Plan geändert und den Mann per Flugzeug nach England geschickt. Er hatte allerdings nicht wissen können, dass Morgan zwischendurch einen lichten Moment haben und einen Bericht über seinen Besuch auf der Insel schreiben würde.

Der hatte andere Leute auf den Plan gerufen. Einen gewissen John Sinclair. Das hatte Naga erfahren, indem er wieder die Zahlen verschoben und einen Blick in die Gegenwart getan hatte.

Tausende von Meilen entfernt konnte er nun in dem Quadrat wie durch ein Fenster beobachten und merkte, dass dieser Sinclair und sein Freund sich bereits auf der richtigen Spur befanden. Sie hatten Fred Morgan in der Anstalt einen Besuch abgestattet. Der Reporter war wieder vom Wahnsinn umfangen worden, aber er hatte über die Festung geredet, was dem Japaner überhaupt nicht passte.